Frankreich Magazin 2023-2

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Das

Kreative

SAINT-PAUL-DE

Hinter

Cap Ferret & Atlantikküste

41 9 7956 706905 02 D: € 6,90 CH: CHF 12,50 A: € 7,70 FR: € 8,70 LUX: € 8,20 NR. 2 - 2023
D'AZUR
CÔTE
Hotspots Hyères und Toulon
ein Fest der Farben
PROVENCE Luberon:
VENCE
den touristischen Kulissen
FISCHERDÖRFER UND PARISER CHIC
Hallyday & Laeticia Boudou
Johnny
Mädchen
Wolf zähmte
das den

D ISC O V E R

A U NIQUE SI T E W W W . A VI GN O N - T OURIS M E.CO M 2 0 19 © ww w .agen c eanonymes. c om Crédits photo Shutterstock

Der gewiefte Professor Bienlein

Vor einigen Jahren habe ich ein Reisebuch über die Provence und die Côte d’Azur geschrieben. Wochenlang war ich unterwegs, um mich mit Franzosen zu unterhalten, Gerichte zu verkosten, Berge zu erklimmen und mich per Boot oder Pferd fort zu bewegen. Ich wähnte mich als Entdeckungsreisende, die den Geheimnissen der Provence auf den Grund geht. Ich traf einen Bauern, der in einer dunklen Scheune nach Rezepturen seiner Großmutter Getränke und Stoffe aus Lavendel herstellte. Er nannte sich Professor Tournesol, (Professor Bienlein aus Tim und Struppi) und die schwarzen Ränder unter seinen Fingernägeln, sein durchdringender Blick und sein Kräuterlabor haben mich überzeugt. Hier würde ich die wahre Provence vorfinden. Bald aber kam ich dahinter, dass er ein noch viel gewiefterer Geschäftsmann mit einem straffen Marketingplan war, der seine verstaubten Fläschchen bis nach Japan exportierte.

Genauso wenig existiert die provenzalische Seele, denn Südfrankreich ist keine Einheit. Es gibt spanische Akzente und Gerichte auf der einen Seite und italienische auf der anderen. Die Cowboys, schuftenden Bauern, weltentrückten Schäfer und eleganten Stadtbewohner haben alle ihre eigenen Traditionen. Es gibt Berge, Sümpfe, subtropische

Strände, ungemütliche Vorstädte und verschlafene Weingüter. Jeder ist aus unterschiedlichen Gründen verrückt auf le Sud

In diesem Special über Südfrankreich erkunden wir die Gegend um das Dorf Roussillon im Luberon, wo die ockerfarbene Erde die Häuser orange, gelb oder rot einfärbt. Auch schauen wir hinter die Kulissen der bekannten Dörfer Saint-Paul-de-Vence und Vence, wo sich seit Anfang des 20. Jh. Maler, Filmstars und Schriftsteller niederlassen. Wobei es junge Künstler heutzutage bisweilen auch nicht einfach haben, erzählt die 28-jarige Leila: „Das Leben an der Côte d’Azur ist für Bohemiens kostspielig geworden.“ Wir fahren durch die unbekannte Isère, wo eine Handvoll Bauern und ehemaliger Städter ein ruhiges Leben und die Natur genießen. Nicht zuletzt zweigen wir zur Atlantikküste ab, wo die Pariser im Sommer ihre teuren Schuhe ausziehen, um so zu tun als seien sie Fischer, wo man in Strandhütten schläft und wo die Austern direkt aus dem Meer auf den Teller kommen.

Ich wünsche Ihnen eine gute Reise!

Cathelijne van Vliet, Chefredakteurin redaktion@frankreichmagazin.org

© REBECCA MARSHALL
FOTO: ADOBE STOCK
Vorwort

6 Bienvenue

Neue Tipps und Adressen für Ihre Frankreich-Reise

Besondere Unterkünfte, spannende Ausflüge & tolle Ideen

Reise

12 Ein Fest der Farben

Wandern in den bizarren Ockerfelsen der Provence

24 Cap Ferret und Atlantikküste

Fischerdörfer und Pariser Chic

40 Vence & Saint Paul de Vence

Hinter den touristischen Kulissen

62 Zehn Tipps für Hyères & Toulon

Kreative Hotspots für Kunst an der Côte d'Azur

76 Unbekannte Isère

Grandiose Natur und viel Savoir vivre

88 Grüne Hoteloase bei Paris

Auszeit im Forêt de Rambouillet

Kultur & Design

34 Une belle histoire

Die Liebesgeschichte von Rocklegende

Johnny Hallyday und Laeticia Boudou

51 Boutique

Mode und Accessoires mit französischem Flair

40 24 88 12 62 76 4 FRANKREICH MAGAZIN
Frankreich Magazin - 2023 - 13 Jahrgang - Nummer 2 87 62 12 52
Inhalt

40

51

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73 Kultur

Ausstellungen in Frankreich und Deutschland

87 Maison

Einrichtungsideen mit französischem Flair

92 Auslese

Neue Bücher aus Frankreich und ein Kinostart

Essen & Trinken

52 Rezepte

Krimiheld Luc Verlain ermittelt an der Atlantikküste die besten Rezepte und entdeckt besondere Restaurants

61 Bon appétit

Küchenfreuden auf Französisch

Und außerdem...

23 Sonnenland

Kolumnistin Christine Cazon staunt, was Regen in Südfrankreich so alles bewirkt

98 Impressum

FRANKREICH MAGAZIN 5
76
34

Bienvenue

Tipps für Unterkünfte, die Reise und Ausflüge

Wunderbarer Stadtpark in Nîmes

Im geschäftigen Nîmes ist der Stadtpark Jardins de la Fontaine eine Oase der Ruhe. 1745 von König Ludwig XV. in Auftrag gegeben, gilt er als einer der ältesten Europas. Er liegt direkt in der Altstadt. Um einen römischen Brunnen herum entstand eine symmetrische, 15 Hektar große Anlage mit Statuen und Treppen voller schöner Balustraden, die entlang der Wasserspiele verlaufen, gesäumt von uralten Bäumen. Der Dianatempel ist eine Ruine aus römischer Zeit. Auf dem höchsten Punkt der Stadt thront der Tour Magne aus dem 1. Jh. v. Chr., der Turm ist das einzige Überbleibsel der römischen Stadtmauer. Jardins de la Fontaine, Nîmes, 26, Quai de la Fontaine.

Geöffnet: 7.30-22.00 Uhr, nimes.fr (AW)

Blumen in Paris

Sie lieben Paris und Blumen? Dann sollten Sie den Blumenmarkt im Zentrum auf keinen Fall verpassen. 1808 gegründet, erstreckt er sich von der Place Louis-Lépine auf der Île de la Cité bis zum Ufer der Seine. Die eleganten gusseisernen Pavillons aus dem frühen 19. Jh. bieten Schutz vor der Witterung und verleihen dem Markt sein einzigartiges Flair. Besucher finden dort saisonale Gartenpflanzen, Sträucher und sogar Bäume. Auch exotische Zimmerpflanzen, Blumen sowie eine große Auswahl an praktischen und modischen Gartenaccessoires gehören zum Angebot. Die ehemalige Königin von England war ein gern gesehener Gast, weshalb der Markt seit 2014 offiziell Marché aux Fleurs Reine Elizabeth II heißt. Marché aux Fleurs Reine Elizabeth II, Place Louis-Lépine und Quai de la Corse, Île de la Cité, Paris, Öffnungszeiten: 8.00-19.30 Uhr (AW)

VON ANNA SOPHIE BAKKER AMÉLIE DUFOUR EUGENIE GOLDSCHMEDING & ANJA WINTER
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Originelles Glas

Das kreative Ehepaar Valentina und Sébastien Nobile gründete das gemeinnützige Familienunternehmen La Soufflerie, um den Fortbestand der jahrhundertealten Kunst des Glasblasens zu sichern. Ebenso elegante wie originelle Gläser, Schalen, Kuchentabletts, Teller oder bieten sich als persönliche Mitbringsel an, denn jedes Stück ist ein handgefertigtes Unikat. Jetzt nicht nur über den Webshop, sondern auch im gemütlichen Laden in Saint-Germain erhältlich.

7, rue de l’Odéon (6. Arr.) lasoufflerie.com

1980er-Revival

Irgendwie waren die 1980er Jahre toll. Man hatte genug von schlabbrigen Hippieklamotten, vieles musste anders und neu sein. Und alles war erlaubt. Das Credo lautete Do It Yourself, denn seinerzeit waren Geschäfte mit modischen Klamotten noch rar. In der Provinz waren sie sowieso nicht zu finden. Also musste man sich aus einer alten Lederjacke des Vaters, Stoff aus dem Flickenkorb und Stücken aus der Altkleiderkiste etwas zusammenschustern, was sonst niemand hatte. Jean Paul Gaultier brachte Streetstyle und MultikultiEinflüsse auf den Laufsteg, Thierry Mugler kleidete seine athletischen Schaufensterpuppen wie Amazonen. François Mitterrand veränderte mit seinen Grands Travaux, das Gesicht von Paris, und im Theater Le Palace zelebrierten die Hauptstadt und der internationale Jetset der Kreativen gemeinsam das Nachtleben. Es waren die Jahre von Mitterrands Kulturminister Jack Lang, der den 200. Jahrestag der Revolution mit einer großen Parade auf den Champs-Elysées feiern ließ, die von dem berühmten Designer und Fotografen Jean-Paul Goude inszeniert wurde. Das Musée des Arts Décoratifs zeigt nun in die schwindelerregende Vielfalt der neuen Stile, die in den 1980er Jahren entstanden, sei es in der Mode, im Design oder in der Architektur.

Années 80. Mode, design et graphisme en France, bis 16. April 2023. mad.paris.fr

Monumentale Croissants

Wollten Sie schon immer lernen Croissants zu backen, die einer Boulangerie würdig sind? Der renommierte Bäcker Éric Kayser (von der gleichnamigen Bäckereikette La Maison Eric Kayser - 20 Filialen in Paris, 80 weltweit) gibt einen Crashkurs auf Youtube. Er warnt jedoch: Dieses „Monument der französischen Gastronomie“ ist nicht einfach zuzubereiten. Zum Glück kommt Éric zur Hilfe und gibt in einem zehnminütigen Video Tipps, wie man relativ einfach zu einem guten Ergebnis kommt. Wichtigste „Zutat“? Ihre Hände und Muskeln sowie ein Nudelholz.

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Bienvenue

An den Sinnen rühren

Les Jardins de L'Imaginaire (Périgord Noir) ist kein üblicher Schaugarten, wo Sie Inspiration für den eigenen Garten auftun können. Vielmehr handelt es sich um ein Erlebnis für alle Sinne. Die 13 Gärten des L'Imaginaire liegen auf einer sechs Hektar großen Terrasse mit Blick auf das VézèreTal. Jeder einzelne bildet einen Teil der Geschichte ab. Dazu gehören ein Garten mit unzähligen Baugerüststangen unter denen Hunderte von Rosen blühen, ein heiliger Wald sowie ein Pflanzentunnel aus Hopfen, Jasmin und Glyzinien. Besonders imposant sind die Wassergärten mit ihren 120 Springbrunnen. Elemente wie Wasser, Stein, Moos und Wind spielen in diesem modernen Garten eine entscheidende Rolle, ebenso wie die 8 000 Bäume und 20 000 Pflanzen. Die renommierte amerikanische Gartenund Landschaftsarchitektin Kathryn Gustafson hat den Garten entworfen. Wer mag, kann ihn virtuell auf YouTube besuchen. Les Jardins de L‘Imaginaire, Place de Genouillac, Terrasson-Lavilledieu (Périgord Noir). jardins-imaginaire.com.

Sterne-Burger

„Ich liebe New York und habe eine echte Leidenschaft für Burger entwickelt. Er ist die Ikone des Street Food, wird oft von der Industrie missbraucht und ich möchte ihm seine gastronomische Qualität zurückgeben.“ So der ehrgeizige Anspruch der französischen Drei-Sterne-Köchin Hélène Darroze in der Zeitschrift admagazine. Im Februar eröffnete sie ein StreetfoodRestaurant im zweiten Arrondissement von Paris: Jòia Bun. Qualitätsprodukte, Respekt vor den Jahreszeiten, kurze Lieferketten und authentische Geschmacksrichtungen stehen an erster Stelle. Besucher können dort von 11.30 bis 23 Uhr leckere Sterne-Burger essen. Jòia Bun, 16 rue de la Michodière, Paris. joiahelenedarroze.com

Gartenglück

Diesen Termin sollten Gartenfreunde sich merken: Das bezaubernde Pflanzenfest von Péré wird jedes Jahr am zweiten Wochenende im Juni auf der Domaine de Péré (Departement Deux-Sèvres) organisiert. Mehr als 100 Teilnehmer stellen sich hier vor, darunter Gartenarchitekten aus Frankreich, England und Belgien, aber auch Botaniker und spezialisierte Züchter von Pflanzen, Bäumen, Sträuchern, Samen und Blumenzwiebeln. Es gibt einen Stand mit einer umfangreichen

Iris-Sammlung, man kann seltene Zitrusbäume kaufen und viele Rosenzüchter sind mit alten und neueren Sorten vertreten. Ein weiterer Schwerpunkt widmet sich unter anderem durch den Verkauf von dürreresistenten Pflanzen und Zubehör für die Bienenhaltung dem Klimawandel. Und natürlich gibt es reichlich Gartendekorationen, Foodtrucks und köstliche französische Speisen für die Besucher. Domaine de Péré, Prissé-la-Charrière (Département Deux-Sèvres), geöffnet von 10.00 - 18.00 Uhr. fetedesplantesdepere.fr

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Tropische Tierwelten in der Drôme

Erfahrungen machen und die Geheimnisse der Bewohner entdecken. Tägliche Vorführungen, Fütterungen, Tierbegegnungen, Dokumentarfilme und interaktive Spiele garantieren Abwechslung!

Die Krokodilfarm ist der einzige Ort im Departement Drôme, der das Label „Site Emblématique Touristique“ der Region Rhône Alpes trägt. Sie befindet sich in Pierrelatte in der Drôme Provençale.

Besuch bei jedem Wetter möglich, Rundgang auf 10.000 m2 überdachter und temperierter Fläche sowie 4.000 m2 Außenbesichtigung. Durchschnittliche Dauer des Besuchs: 2,5 Stunden.

Ganzjährig geöffnet außer 2 Wochen im Januar, 7 Tage die Woche, sonntags und an Feiertagen.

NEU: Seit Juli 2022: Entdecken Sie unseren neuen Außenbereich: die Monster des Flusses, „River Monsters“. Ein Abenteuerparcours, der rund um drei riesige, heute ausgestorbene Wassertierarten aufgebaut ist. Der Sarchosuchus imperator, der Kaiser der Krokodile; der Spinosaurus, ein fleischfressender Dinosaurier, der größer als der T-Rex war, und schließlich der Titanoboa, eine Riesenschlange, die 10 Millionen Jahre lang die Erde beherrschte!

Die Krokodilfarm - Réserve Tropicale ist der erste europäische Reptilienpark. Erleben Sie eine Reise in das Herz unseres Tropenreservats, das mehr als 1.000 Tiere beherbergt: Krokodile, Riesenschildkröten, Schlangen, Eidechsen, Fische und Vögel in Halbfreiheit sowie fast 600 exotische Pflanzen. Dank eines spielerischen pädagogischen Rundgangs können Sie einzigartige

Kassenöffnungszeiten:

• März - Juni : 10–17 Uhr

• Juli - August : 9.30–17 Uhr

• September - Oktober : 10–17 Uhr

• November – Februar : 10–16 Uhr

Ende der Besuche 1 Stunde nach Schließung der Kassen

Weitere Informationen: www.lafermeauxcrocodiles.com

ADVERTORIAL
BOUTIQUE

Gemütliches Chamonix

In diesem Chalet-Hotel im Zentrum von Chamonix lässt es sich nach einem Tag auf der Piste herrlich nachglühen. Nur 200 Meter vom Skilift entfernt können Sie im Whirlpool entspannen oder in der Gemeinschaftslounge den fantastischen Blick auf den Mont Blanc genießen. Das moderne Design mit natürlichen Materialien und einem Hauch Vintage schafft ein warmes, wohnliches Gefühl. Chalet hôtel Le Whymper, Chamonix, ab €105/Nacht. hameaufaucigny-chamonix.com

Neu ist alt ist neu

Inspiriert von der 1980er-JahreAusstellung im Musée des Arts

Décoratifs? Gehen Sie dann gleich weiter in die neue Abteilung des Kaufhauses Printemps: das Second Printemps. Hier gibt es nur Secondhand-Kleidung. Mäntel mit Schulterpolstern, Fledermausärmeln und Leder-Patchwork-Applikationen, die jahrelang in den Mottenkugeln der Flohmärkte lagen, sind plötzlich wieder möglich. Waren es früher nur Kunststudenten, die aus Geldmangel, Wagemut und Kreativität eklektische Outfits zusammengestellt haben, kleidet sich so heute der modische Mainstream. SecondhandLäden und -Websites sind eine Schatzgruben für junge Modeliebhaber. Der Trend wirkt der systematischen Überproduktion der großen Modeketten entgegen. Sie können Ihre abgelegten Kleidungs-

(Un)möglich?

Gleich hinter der luxemburgischen Grenze befindet sich im schönen Metz (ein Zwischenstopp auf dem Weg nach Süden lohnt sich!), das Centre Pompidou-Metz, eine Dependance des gleichnamigen Museums für moderne Kunst in Paris. Es öffnete 2010 seine futuristischen Türen und überrascht Besucher seither mit vielfältigen Ausstellungen. Zurzeit: Les portes du possible (Die Tore des Möglichen), eine Ausstellung über Science Fiction in der Kunst. „Science Fiction ist die Kunst des Möglichen“, schrieb der amerikanische Schriftsteller Ray Bradbury. Die Ausstellung zeigt mehr als 200 Werke von den 1960er Jahren bis heute. Les portes du possible. Art & Sciencefiction, bis einschließlich 10. April, Pompidou-Metz, 1 parvis des Droits-del’Homme, Metz. Geöffnet täglich außer Dienstag. centrepompidou-metz.fr

stücke auch im Second Printemps abgeben und erhalten im Gegenzug mit etwas Glück einen Gutschein per E-Mail. Falls Sie einen Mantel im Stil der 1980er Jahre ohne den Geruch nach Mottenkugeln bevorzugen, schauen Sie sich am besten die hübsche Pariser Marke Sixsoeurs an, die Jacken anbietet, die von dieser Epoche inspiriert sind, und Stoffreste in neue, schnörkellose Patchwork-Jacken verwandelt. printemps.com sixsoeurs.fr

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Ein Fest der Farben

Die Ockerfelsen des Luberon

Eine Entdeckungstour durch das „Colorado der Provence“, wo neben einer einzigartigen Landschaft auch alte Gruben, Felsnadeln, viel Sonne und leuchtender Staub warten.

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TEXT PAUL SMIT FOTOS MICK PALARCZYK & PAUL SMIT
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Einer goldenen Krone gleich ruht das Dorf Roussillon hoch oben auf dem Hügel. Es schimmert warm im Licht der aufgehenden Sonne; wegen der Ockertöne, in denen alle Fassaden ausnahmslos leuchten. Es ist ein Leichtes diese Farbe hier in den Putz zu mischen, denn überall in der Gegend wird Ocker abgebaut, das im Ofen gebrannt werden kann, bis es rot wird. Bis heute existiert ein traditioneller Handwerksbetrieb, der dieses natürliche Pigment verarbeitet.

Romantisches Dorf

Es ist früh und wir haben das später angenehm geschäftige Roussillon noch ganz für uns allein. Außer auf dem Marktplatz vor dem Dorftor, wo Verkäufer ihre Stände aufbauen. Unter ihnen befindet sich auch ein Huthändler. Genau das, was ich brauche: einen provenzalischen Strohhut! Denn hier sieht es nicht nur ein bisschen wie in Arizona aus, auch die Sonne brennt ähnlich stark. Trotz seiner bescheidenen Größe verfügt Roussillon über ein Stadttor, durch das wir den alten Kern betreten. Wir passieren reizvolle Geschäfte und saugen die angenehme Atmosphäre des Dorfes auf. Etwas außerhalb des alten Kerns erwartet uns in der Nähe des Stadttores der schönste Laden von allen: Le Comptoir des Ocres. Es ist das Geschäft des Ockerproduzenten La Compagnie des Ocres. Neben den eigenen Produkten bietet es auch Pigmente aus anderen Regionen feil. Sie sind überwiegend natürlicher Art, Pigmente also, die man selbst in die Farbe einarbeiten muss, sei es Öl, Aquarell oder Acryl. Zusätzlich gibt es fertig angemischte Produkte sowie Fachliteratur. Das Schöne an dem Laden ist die persönliche Beratung. Rachael Pignatel hat Grafik studiert und

Das provenzalische Ockerland

besitzt Erfahrung mit Restaurierungen. Sie kennt alle Tricks der großen Maler, wenn es um das Mischen und Auswählen von Pigmenten geht. Die gebürtige Engländerin ließ sich nach einem Aufenthalt in Paris hier im Süden nieder und hat es nie bereut. Ihr Geschäft liegt am Anfang des Sentier des Ocres, des Ockerweges, der zum ehemaligen Ockersteinbruch von Roussillon führt. Jahrelange Erosion durch Wind und Wetter hat dieses Gebiet in eine Märchenlandschaft verwandelt, die sich der Wald langsam zurückerobert. Wir treffen bei unserem Besuch auf vier junge Frauen, die in dieser wunderbaren Kulisse eine moderne Tanzaufführung proben. Die afrikanischen Rhythmen harmonieren toll mit dem tropisch anmutenden, rostroten Boden.

Felsnadeln

Das schmeckt nach mehr! Und mehr, viel mehr, bekommen wir am nächsten Tag auf dem berühmten Colorado de la Provence bei Rustrel, 20 Kilometer östlich von Roussillon. Hier rissen Menschen einst die Erde auf, um Ocker zu

Aufschlagseite: Felsnadeln bei Rustrel, Sommer in der Provence. Diese Seite links oben: Roussillon balanciert auf einem Hügel nahe der alten Ockersteinbrüche; darunter: auf dem Markt von Roussillon. Unten: Läden in Roussillon.

ROUSSILLON
Erosion hat dieses Gebiet in eine Märchenlandschaft verwandelt, die sich der Wald zurückerobert hat
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Die orangefarbenen Felsnadeln ragen aus dem Wald hervor. Der Panoramaweg balanciert derweil

über weiße Felsen

Diese Seite, oben: Künstlerin neben ihrem Geschäft in Roussillon; unten: die ockerfarbenen Wände von Roussillon.

Rechts: Place du Septier in Apt, der zentralen Stadt im Okerland.

gewinnen. Die vielen Steinbrüche hinterließen eine bizarre Landschaft, die heute mitsamt ihrer Flora und Fauna geschützt ist. Sie erinnert stark an den Westen der USA. In einer „Sahara“ genannten Sandebene, die als zentraler Platz des Naturschutzgebiets fungiert, herrscht reges Treiben. Drumherum ist es nicht weniger schön, aber sogar in der Hochsaison wesentlich leerer. Ein Beispiel ist der Belvédère-Weg mit seinen vielen Aussichtspunkten, von denen der wichtigste die orangefarbenen Felsnadeln überblickt, die man vor Ort als Chéminées de Fées bezeichnet. Andernorts balanciert dieser Panoramaweg über weiße Felsen, wo das Mineral Ocker aus dem Sandstein ausgewaschen wurde. Zurück blieb nur Kaolin, also

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weiße Tonerde, ein Rohstoff für Porzellan. Etwas weiter von der „Sahara“ entfernt gibt es in diesem Naturschutzgebiet auch ruhigere Ecken, in die sich kaum jemand vorwagt. Hier machen wir unsere spannendste Entdeckung.

Verzauberter Ort

Als wir einem Pfad aus schneeweißem Sand durch den Wald folgen, sehen wir plötzlich eine kleine Abzweigung, die zwischen den Bäumen zu einem geheimnisvollen, dunklen Loch wird. Sie führt uns zu einem verlassenen Stollen im vielleicht rötesten Ocker der Region. Der im Wald gelegene Ort mutet fast ein wenig magisch an. Ein von Hand erbauter Tunnel bohrt sich mitten durch einen Hügel, um auf

der anderen Seite über einem Abgrund zu enden. Wir haben einen Stollen „entdeckt“, der auf keiner Karte verzeichnet ist, das macht uns neugierig. Wir wollen mehr über den Bergbau hier erfahren. Also fahren wir zu den Mines de Bruoux in der Nähe von Gargas, wo die Geschichte des Ockerabbaus erklärt wird. Das viel größere ehemalige Bergbaugebiet ist öffentlich zugänglich. Insgesamt 40 Kilometer Stollen durchziehen ein Plateau von zehn Quadratkilometern Größe. Von 1884 bis 1950 wurde hier Ocker abgebaut, vor allem von Bauern, die sich im Winter und am frühen Morgen etwas dazuverdienen wollten. Schulter an Schulter trieben sie von Hand die Stollen in den Berg, der eine Kumpel schlug die rechte Wand, der andere die ›

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Das provenzalische Ockerland

Oben links: jeder Arbeiter in der Ockerfabrik trug einen Kittel in der Farbe „seines“ Ockers, daneben: Rachael Pignatel vom Pigmentgeschäft Le Comptoir des Ocres in Roussillon. Rechts: der Ockerweg, in der Nähe von Roussillon. Nächste Doppelseite links: der Weg zu den Burgruinen von Saint-Saturnin-lesApt führt durch ein Tor. Rechts: Vater und Sohn beim Päuschen in Roussillon, verlassener Stollen im Colorado der Provence.

Linke. Das erforderte ebenso viele links- wie rechtshändige Bergleute. Die selteneren Linkshänder wurden daher besser bezahlt. Heute sind die stillgelegten Stollen ein Rückzugsort für Fledermäuse.

Farbexplosion

Doch was genau wurde eigentlich in dem Ockerfelsen gemacht? Etwas außerhalb des Dorfes Roussillon steht die verfallene Ockerfabrik Usine Mathieu, die von 1921 bis 1963 in Betrieb war. Heute beherbergt das Gebäude ein Museum und eine Kreativschmiede, in der Besucher in Workshops alles über Pigmente, Gips und Farbe lernen können. Die dazugehörige Buchhandlung ist eine Fundgrube, die sich auf das Thema spezialisiert hat. Spannend sind auch die Mühlen, jene Räume, in denen die Arbeiter den reinen, in der Sonne getrockneten Ocker zu Pulver verarbeitet haben. Anschließend verschickten sie ihn in Holzfässern an Kunden in aller Welt.

In der Mühle ist alles mit ockerfarbenem Staub bedeckt, als wäre hier ein Farbeimer explodiert: die Maschinen, die Antriebsriemen der Zahnräder, die Wände und Decken. Nicht einmal die Arbeiter wurden verschont. Da jede Mühle ihren eigenen Ockerton produzierte und die Pigmente auf keinen Fall vermischt werden durften, arbeiteten die Menschen jeweils fest in einer Mühle. Das zeigt sich im wohl amüsantsten Raum: der Kaue, wo die Arbeiter ihre Kittel aufgehängt haben. Jeder trug einen Kittel mit individueller Farbe, die genau dem von ihm verarbeiteten Ocker entsprach, weil der Staub die Kleidung sonst ohnehin so eingefärbt hätte.

Falls Sie das Ockerland besuchen, denken Sie also daran, dass Ocker ein widerstandsfähiges farbechtes Pigment ist. Es eignet sich fantastisch zum Anstreichen oder Verputzen. Aber es nicht gut für Ihre Kleidung. Hätte ich das nur vorher gewusst. Nicht nur meine weißen Socken, mit denen ich auf dem Ockerweg gewandert bin und die ich bei allen anderen Aktivitäten getragen habe, sondern auch mein neuer provenzalischer Strohhut leuchtet jetzt ockergelb.

Die vielen Steinbrüche hinterließen eine bizarre Landschaft, die stark an den Westen der USA erinnert
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Tipps & Adressen

Entfernung

Die Entfernung von Frankfurt am Main nach Roussillon beträgt 956 Kilometer

Fahrradroute

Es gibt einen schönen, ausgeschilderten Radweg durch das Ockerland: Les Ocres à vélo. Er ist 51 km lang, kann aber auch in drei Runden um Roussillon, Apt und Rustrel unterteilt werden, wobei alle Sehenswürdigkeiten mit dem Fahrrad erreicht werden. Informationen über Fahrradvermietungen mit Broschüre und Handyrouten

unter:

veloloisirprovence.com/page/lesocres-a-velo

Übernachten

Hôtel Le Clos de la Glycine

Für seine drei Sterne bemerkenswert komfortables

Hotel mit neun individuell eingerichteten Zimmern, die luxuriöseren mit eigener Terrasse. Gutes Restaurant (Restaurant David, siehe unten).

1, place de la Poste, Roussillon.

leclosdelaglycine.fr

Hôtel La Clé des Champs

Eingebettet in einen provenzalischen Garten in der Nähe von Roussillon mit Blick auf das Dorf und die Ockerfelsen in der Ferne, bietet dieses moderne Hotel mediterranes Ambiente. Reichhaltiges Frühstück am Pool. Andere Mahlzeiten sind für Gäste nach Reservierung möglich.

222, chemin du Garrigon, Roussillon. hotelcledeschamps.com

B&B La Médiévale du Luberon

Drei Zimmer mit einzigartiger Atmosphäre, unvergessliches Schwimmbad und ein schöner Garten vor den Toren Roussillons. Besitzerin Christelle tut alles, damit Sie sich wie zu Hause fühlen.

11, chemin de la Mutte, Roussillon. chambre-hote-roussillon.fr

Hôtel La Ferme de la Huppe

Zehn Zimmer Mit Blick an einen schönen, geschlossenen Garten mit Pool. Westlich von Roussillon in der Nähe von Gordes. Die Besitzer sind jung und sehr aufmerksam, das Restaurant ausgezeichnet.

570, Route de Goult, Hameau des Pourquires, Gordes. lafermedelahuppe.com

Essen & Trinken

Restaurant Le Piquebaure

Seit Jahren gilt es als das beste Restaurant in Roussillon, mit Gerichten, die sowohl das Auge als auch den Gaumen erfreuen.

Wenn Sie sich im Sommer einen Platz auf der Terrasse mit Blick auf den Mont Ventoux sichern wollen, müssen Sie reservieren. 266, avenue Dame Sirmonde, Roussillon. facebook.com/ restaurant-le-piquebaure

Restaurant David Das Restaurant David bietet einen Blick auf die ockerfarbenen Felssäulen von Roussillon. Draußen ermöglicht die Terrasse Ausblicke über das Tal, eine andere ist dank der GlyzinienPergola stets kühl. Sie erklärt zugleich den Namen des dazugehörigen Hotels: Le Clos de la Glycine.

1, place de la Poste, Roussillon. leclosdelaglycine.fr/restaurant

Restaurant La Treille

Mitten im Dorf, mit einer gemütlichen Terrasse über einem ebenso schönen kleinen Platz. Atmosphäre zwischen

Bistro und Restaurant, frische provenzalische Küche, freundliches Personal.

8, rue du Four, Roussillon.facebook. com/ajentil

Restaurant

Le Saint Hubert Saint­Saturnin­lès­Apt liegt am Rande des Ockerlandes. Obwohl es keine alte Ockergrube gibt, ist das Dorf einen Besuch wert. Das gilt auch für das Restaurant Le Saint Hubert, wo Sie auf der Terrasse mit Blick auf das Pays des Ocres und den Luberon lokale Küche und frische Zutaten genießen können.

1, place de la Fraternité, SaintSaturnin-lès-Apt. le-saint-hubertluberon.com

Weitere Infos

• luberon-apt.fr/ocres-en-luberon offizielle Website des Ockerlandes

• lacompagniedesocres.fr

Website des Ockerwegs in Roussillon und des Pigmentgeschäfts Le Comptoir des Ocres

• minesdebruoux.fr

Museum der unterirdischen Ockergruben

• okhra.com - Verein Ôkhra und das Écomusée des Ocres ocres-de-france.com - der letzte aktive Ockerhersteller

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Christine Cazon

Nur die Sonne trotzt dem Regen

Tür auf. Tür zu. Und wieder auf. Die Katze weiß nicht, was sie will, setzt zögerlich eine Pfote in die Nässe, aber nur eine. Flugs ist sie wieder drinnen, maunzt unzufrieden und starrt den Rest des Tages missmutig in den Regen. Raus ist nicht. Es regnet, mon dieu! Seit drei Tagen und Nächten. Es ist grau und kalt. Und für morgen ist weiterhin Regen angesagt. „Na und?“, sagen Sie vielleicht und zucken mit den Schultern, „So ist das im Winter“. „Aber hallo!“, sage ich, „Wir sind in Cannes!“ Hier haben wir nach drei Tagen Regen schon dramatische Zeitungsüberschriften über den langen und ungemütlichen Winter. Sollen wir uns gleich aufhängen? Oder im Meer ertränken? Wir könnten uns auch einfach unter die laut platschenden Wassermassen einer der vielen überlaufenden Regenrinnen stellen, und uns langsam wegschwemmen lassen. Sie lachen? Ich sag’s Ihnen, bei jedem heftigen Regen passiert das hier. Menschen verschwinden über Kilometer in der Kanalisation und werden irgendwo halb ertrunken kurz vor dem Meer wie von Wunderhand errettet. Oder auch nicht. Die Zeitung ist jedes Jahr wieder voll von diesen aufwühlenden Geschichten. Wehe es regnet!

Anfangs habe ich mich über die Hilflosigkeit der Südfranzosen bei Regenwetter lustig gemacht. Aber ich habe nun schon das eine oder andere heftige Gewitter miterlebt, bei dem ganze Landstriche überschwemmt und verwüstet wurden. In der Stadt ist manch einer in der Tiefgarage ertrunken, weil er versucht hatte, schnell noch sein Auto vor dem Hochwasser zu retten. Uns schwamm vor ein paar Jahren eine Büchersammlung davon, das ist vergleichsweise Nichts, aber seither nehme ich es ernst, wenn Météo France

Alarmstufe Rot ausruft.

Derzeit geht zwar nur ein sanfter Landregen über der Côte nieder, aber schon am dritten Tag sind die Menschen zutiefst deprimiert. Man kann ja nicht raus, wenn es so regnet – logisch, wenn man bei jedem Schritt Angst haben muss, in einem Gully zu versinken, bleibt man besser drinnen. Die Menschen hier sind aber nicht für drinnen gemacht. Und die winzigen Wohnungen oft ebenso wenig. Feucht, kalt, schlecht isoliert, schlecht zu heizen, schlecht schließende Fenster, brrr. Wer denkt im Süden schon an Isolierung und gute Fenster? Also flüchtet man sich besser in ein Bistro, da

gibt es Heizstrahler und andere Menschen, mit denen man verdrießlich übers Wetter reden kann. Dies ist ein Sonnenland! Bei Regen funktioniert das Leben hier nur halb. Sie haben einen Termin mit einem Handwerker? Er kommt nicht? Na, das müssen Sie verstehen, bei dem Wetter! Die Bauarbeiter, die mir tagelang mit ihren Presslufthämmern den Kopf und das Haus dröhnen ließen, stehen rauchend und fluchend unter einem Balkon und telefonieren mit ihrem Chef, ob sie wirklich hier und heute arbeiten müssen, es regne doch, merde! Einzig die afrikanischen Straßenhändler trotzen dem Wetter und bieten an strategisch geschickten Orten freundlich lächelnd Regenschirme zum Verkauf an. Der Preis variiert je nach Wetterlage. Das Regenschirmbusiness funktioniert. Angeblich ist Nizza weltweit der Ort mit dem höchsten Regenschirmumsatz:

Regenschirme sind in diesem Sonnenland quasi Einweg produkte. Hier gibt es auch keine praktische Regenkleidung. Also, die gäbe es schon, aber erstens besitzt sie niemand – lohnt sich ja nicht für die paar Mal, die es hier regnet, und zweitens, wer trägt denn so was bitte? Wir sind an der Côte d’Azur! Mit Funktionsjacke und festem Schuhwerk laufen bei Regen allenfalls deutsche Touristen herum. Die Verachtung der Südfranzosen, vor allem der Südfranzösinnen ist ihnen gewiss. Hier wird bei jedem Wetter dekorativ weitergestöckelt.

Ich persönlich mag es, wenn es regnet, weil dieses Wetter mich zu nichts Aktivem verpflichtet, endlich kann ich, genau wie die in der Zwischenzeit resigniert eingerollte Katze, auf dem Sofa dösen, lesen und einen Tee trinken. Etwas, was ich bei strahlendem Sonnenschein einfach nicht vermag. Es kommt auch niemand und keiner erwartet, dass ich irgendwohin gehe. Wir wollen ja nicht schuld sein, wenn jemand in die Kanalisation fällt. Sagen Sie es nicht weiter, aber ich genieße diese kleine Auszeit vom trubeligen Côte d’Azur-Dasein. Auch wenn die stürmische Wetterberichterstattung anderes vermuten ließe, sehr lange dauert der Regen nie. Unvermittelt reißt der Himmel wieder auf und danach ist er verlässlich blau. Und auch wenn die Südfranzosen es nicht wahrhaben möchten, so bleibt sie dann, die Sonne. Mindestens bis Ende des Jahres.

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Christine Cazon, alias Christiane Dreher, ist Krimiautorin und Wahlfranzösin. Zusammen mit ihrer Romanfigur Kommissar Duval erlebt sie Cannes sowohl vor als auch hinter den Kulissen der südfranzösischen Glitzerwelt.
Angeblich ist Nizza weltweit der Ort mit dem höchsten Umsatz an Regenschirmen

Im Land von Ebbe und Flut

Kurorte aus der Belle Époque, Austern, Leuchttürme, Wellenreiter, Bootsfahrten und Nadelwälder machen die französische Westküste zu einem attraktiven Reiseziel.

Ein Küsten-Trip am Atlantik von Arcachon nach Rochefort.

TEXT ANNEMIQUE DE KROON FOTOS ANNEMIQUE DE KROON, IMAGESELECT (P15)
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Atlantikküste
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CÔTE D’ARGENT, CÔTE DE BEAUTÉ & CÔTE SAUVAGE

Im Hafen von Arcachon wartet die Empreint auf mich, das Boot von Patrick und Laurent. Die beiden Freunde – natürlich mit gestreiftem T-Shirt, Tätowierungen und wilden Haaren – organisieren Bootsfahrten im Bassin d’Arcachon. Der joviale Patrick manövriert am Steuer und erklärt, der zurückhaltende Laurent schenkt den Wein ein und serviert herrliche Häppchen. Als die Männer vernehmen, dass ich schon seit ein paar Stunden an der Küste bin und noch keine Austern verkostet habe, reagieren sie fast empört. „C’est impossible!” Das geht aber wirklich nicht! Patrick telefoniert mit einem kleinen Restaurant in Cap Ferret und im Nu steht eine brünette Dame lächelnd am Strand, watet durch die Brandung und reicht uns eine großzügige Schale Austern mit Zitronenvierteln. Dass ihre Hosenbeine nass werden, stört sie nicht.

„Restaurant“ ist in diesem Falle übrigens ein großes Wort, denn Cap Ferret sollte nicht verbaut werden, sondern sein ursprüngliches Aussehen erhalten. Das ist gelungen, Häuser dürfen die Baumwipfel nicht überragen und Gastronomie ist nur begrenzt zugelassen. Ausschließlich Austernzüchter dürfen in der Bucht ein Strandlokal betreiben. Das Angebot ist klar begrenzt: Austern, große Garnelen, Wellhornschnecken, Pasteten, Brot mit gesalzener Butter, Weißwein, Rosé und Wasser. Sonst nichts, nicht einmal Rotwein oder Kaffee. Laurent zeigt, wie man eine Auster isst. „Ganz einfach,“ sagt er.

„Den Muskel, mit dem die Auster sich an der Schale festhält, trennt man mit der Seite der Gabel durch, dann etwas Zitrone hineingeben und die Auster direkt aus der Schale schlürfen.“ Er warnt vor der tripoliden Auster, also genmanipulierten sterilen Exemplaren. „À éviter“, zu vermeiden. Patrick zufolge ist sie an der Form der Schale zu erkennen, das eine Ende kräuselt sich nach oben. Der Etikette nach gehört es sich übrigens nicht, die ausgeschlürften Schalen ins Meer zu werfen, für Badegäste sind die scharfkantigen Schalen nämlich eine unwillkommene Überraschung.

Auf Stelzen

Wie Patrick erzählt, ist der südlichste Zipfel der Presqu’île, also der Halbinsel Cap Ferret, Eigentum von Benoît Bartherotte. Der Mittsiebziger verbrachte als kleiner Junge seine Sommerferien am Cap Ferret, später erstand er ein großes Grundstück, das er bis heute mit Mann und Maus gegen die Erosion und das gierige Wasser verteidigt, indem er tonnenweise Schutt im Meer versenkt.

Neugierige Zaungäste werden nicht toleriert, Bartherotte hat nicht einmal davor zurückgeschreckt, zwei Fischer, die auf sein Gelände kamen, unter Beschuss zu nehmen. Sie könnten ja die Ruhe seiner Gäste stören – der Prinz von Monaco, Isabelle Adjani, Leonardo DiCaprio und andere waren schon hier. Der Schriftsteller Frédéric Beigbeder war einst ein Pariser Dandy. Heute ist er bekannt als der

Einsiedler von Guétary, das südlich von Biarritz liegt. Er schildert in Un barrage contre l'Atlantique (2022) Bartherottes wahnwitzigen Kampf gegen das steigende Wasser. Er schrieb das Buch als Gast von Bartherotte am Cap Ferret, wo der Ozean und das Bassin d’Arcachon zusammentreffen. Die Größe des Bassins ist übrigens sehr veränderlich. Bei Ebbe ist es kaum 60 Quadratkilometer groß, bei Flut erstreckt es sich über fast 160. Wenn die Flut steigt, bleiben nur ein Teil der Île aux Oiseaux und zwei Cabanes tchanquées über Wasser, große Holzhütten, die auf hohen Stelzen stehen.

Kulturwald

Das Land hinter den Dünen ist ein regionaler Naturpark, der vornehmlich aus Wäldern besteht, die im Auftrag von Napoleon III. angelegt wurden. Ursprünglich war die Gegend um Bordeaux sandiges Sumpfland, wo ständig Krankheiten und

Erosion auf der Lauer lagen. In dem Bemühen, die Gegend bewohnbar zu machen, startete der Kaiser 1857 ein Aufforstungsprojekt. Landbesitzer wurden verpflichtet, Nadelbäume zu pflanzen. Die blühende Forstindustrie ist in dieser Gegend bis heute neben dem Weinbau der größte Wirtschaftszweig; das Holz wird hauptsächlich zu Papier oder Pellets verarbeitet. Die Wälder und die ebene Landschaft sind ein Paradies für Radfahrer.

Mitten in den Wäldern liegen die Seen Lacanau und

Aufschlagseite links: rustikal-schöner Blick auf Cap Ferret von der Bucht aus; rechts: Buchhandlung Corinne in Soulac-surMer. Linke Seite, v.l.n.r.: Patrick und Laurent, die Bootsführer von Des Hommes et des Mers; frische Austern; der rot-weiße Phare de la Coubre.

Oben: Strandrestaurant.

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In den Wäldern liegen die Seen Lacanau und Hourtin. Es sind Oasen für Wassersportler, die hier nicht auf Ebbe und Flut zu achten brauchen

Hourtin, seines Zeichens der größte Süßwassersee Frankreichs. Es sind Oasen für Wassersportler, die hier nicht auf Ebbe und Flut zu achten brauchen. Lacanau-Océan liegt nur wenige Kilometer vom See entfernt und ist bei Surfern wegen der hohen Wellen sehr beliebt, dieses Stückchen Küste gehört zum Golf von Biskaya. Hier findet jedes Jahr im August der Surfwettbewerb Lacanau Pro statt. Auch Anfänger aber kommen hier auf ihre Kosten, zum Beispiel in der Surfschule Big Mama. Anfang des 20. Jh. gab ein Dichter dem Küstenabschnitt den schönen Namen Côte d’Argent (Silberküste), an der Lacanau und Arcachon liegen. Sie erstreckt sich über mehr als 200 Kilometer in einer fast schnurgeraden Linie von der Mündung der Gironde bis zum Fluss Adour nördlich von Biarritz.

Nostalgie in Soulac-sur-Mer

Arcachon ist bekannt für seine Häuser aus der Belle Époque, die in der Ville d'Hiver stehen. Die Winterstadt ist ein höher gelegenes, sehr grünes Viertel. Auch die Badeorte nördlich von Arcachon punkten mit wunderschönen Villen. In Soulac-surMer hat das Tourismusbüro einen Circuit des villas soulacaises zusammengestellt: Eine zwei Kilometer lange Spazierroute entlang pracht- und fantasievoller Häuser, die an der Basilique Notre-Dame-de-laFin-des-Terres beginnt. Im Sommer stehen Strandkörbe mit blau-weiß-gestreiftem Tuch verstreut auf den breiten Sandstränden von Soulac. Dasselbe Blau schmückt die Fassade der Librairie de Corinne. Die gut sortierte Buchhandlung ist ein „petit paradis du livre, en bord de mer“. Zusammen mit den Villen und kleinen Strandcafés wie Martine à la plage (benannt nach der süßen Kinderbuchheldin) verbreitet Soulac eine angenehme Nostalgie –zumal es hier keine modernen Hochhäuser gibt. Von Soulac aus ist das etwa acht Kilometer entfernte Port de Talais ein schönes Ausflugsziel. Der ehemalige kleine Hafen zählt etwa 30 blauweiße Häuschen. Françis, der im Zweiten Weltkrieg geboren wurde, ist einer der stolzen Besitzer – und geistiger Vater des blau-weißen Anstrichs. „Es sind die Farben der Fähre über die Gironde, wo ich gearbeitet habe“, erklärt er. Ein Foto seines Großvaters aus dem Ersten Weltkrieg ziert die Wand seiner vier mal fünf Meter großen Cabane, sein Vater war in der Austernfischerei beschäftigt. Françis’ Tochter kommt mit ihren Kindern gerne in dieses Häuschen. „Sie joggt viel, speziell für sie habe ich eine Dusche eingebaut“, sagt er und zeigt stolz sein winziges Badezimmer. Die Ferienwohnungen hier sind für die Menschen aus der Gegend gedacht. Außerdem erfahre ich, dass man hier im

Guinguette Le Relais de Sophie gut Austern essen kann. Guinguettes sind kleine SommerRestaurants, die ursprünglich eine Bühne für Dorffeste mit Musik und Tanz waren. Anwohner bieten Besuchern von Port de Talais schon mal spontan einen Aperitif an, erzählen Françis und sein Nachbar. Gut gelaunt empfehlen sie das hiesige Austernfest Fête de l’Huître, das am zweiten Samstag im Juli steigt.

Entlegener Winkel

Lange Zeit war die vom Mündungsarm der Gironde und dem Atlantik umgebene Landzunge nordwestlich von Bordeaux ein vergessenes Stückchen Frankreich. Das änderte sich, als die Fähre über die Gironde zwischen Le Verdon-sur-Mer und Royan kam. Sie kann nur bei Flut fahren, aber die Wartezeit stellt kein Opfer dar. Sie lässt sich wunderbar mit einem schönen Lunch in einer Pêcherie vertreiben, oder beim Spaziergang nach Pointe de Grave, der an einem Leuchtturm, Pinien und üppigen Teppichen aus Steinkraut vorbeiführt, dessen zierliche weiße Blüten einen starken Duft verbreiten. Vom Ufer und während der Überfahrt ist der Cordouan zu sehen, der älteste Leuchtturm des Landes, der noch in Betrieb ist. Die Trichtermündung von Gironde ist ein Ästuar, wo sich das süße Flusswasser und das salzige Meerwasser in der seichten Bucht zu Brackwasser mischen. Dieses

größte Ästuar Westeuropas entstand aus dem Zusammenfluss der Dordogne und der Garonne und es erstreckt sich zwischen Mooren, sumpfigem Grasland, Kalkfelsen und den Weingärten des Médoc. Im Watt und auf den Salzwiesen leben besondere Tiere und Pflanzen. Blaureiher, kleine Silberreiher, Storch sowie Wanderfische wie Stör, Aal und das blutrünstige Meerneunauge (Lamproia marine) sind hier zu finden. An den Ufern stehen die charakteristischen Carrelets, Fischerhütten auf Stelzen mit speziellen Netzen: quadratische Fischernetze an zwei gekreuzten Stangen, die von der Hütte aus hochgezogen werden.

Gesund und salzig

Nördlich der Gironde heißt die Küste Côte de Beauté Nicht nur wegen ihrer eigenen Schönheit, sondern auch, weil sie der Schönheit der Besucher zuträglich ist, Franzosen schwören auf die Thalasso-

Links oben: Honigverkäufer auf dem Mittwochsmarkt von Saint-Vivien-de-Médoc; unten: die blau-weißen Häuschen von Port de Talais, mit Françis' „Cabane“ im Vordergrund. Oben links: eine junge Dame serviert Austern an Bord; rechts: Place Colbert in Rochefort in der Nachmittagssonne.

„Auf 100 Kilo graues Meersalz ernte ich durchschnittlich sieben Kilo Fleur de Sel, deshalb ist dieses feine klare, handgeschöpfte Meersalz zehn Mal so teuer.“
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Therapie. Viele kommen mehrmals im Jahr zur Meerwasserkur hierhin. Es ist reich an Salzen, Spurenelementen und Algen. Auch in Royan ist diese Behandlung beliebt, die bis vor 20 Jahren von der Krankenkasse finanziert wurde. Doch man kann natürlich auch einfach nur ins Meer hüpfen. In Royan befinden sich einige geschützte Sandstrände. Mal sind die gesäumt von Belle-ÉpoqueVillen, Carrelets und Terrassen (etwa die Plage Bureau in Saint-Palais-sur-Mer mit dem beliebten Restaurant Chez Bob), dann wieder sind sie von Dünen und Wald umgeben. Der Wanderweg Sentier des Douaniers verbindet die Strände miteinander. Über dem Strand bei Palmyre wacht wieder ein Leuchtturm. Er hat 300 Treppenstufen, eine weniger als der Leuchtturm von Cordouan. Es ist schon der dritte Turm an dieser Stelle, seine Vorgänger aus Holz und Stein hat sich die Flut

geholt. Der heutige Turm mag zwar auf Stahlbeton gebettet sein, doch auch sein Untergang naht: Ursprünglich stand er ganze zwei Kilometer landeinwärts, jetzt trennen ihn nur noch 200 Meter vom Ufer. Vorläufig bietet der Turm eine wunderbare Panoramaaussicht auf die See, den Strand und die geordneten Nutzwälder der Côte Sauvage. Nur wenige Kilometer entfernt etwas außerhalb des reizvollen Dörfchens Mornac-sur-Seudre gewinnt der Salzbauer Sébastien Rossignol auf traditionelle Weise Meersalz. Er erzählt, dass in dieser Gegend im 18. Jh. mehrere tausend Salzbauern aktiv waren und kein einziger Austernzüchter. Heute tummeln sich hier tausende Austernzüchter, aber nur noch drei Salzbauern. „Wir haben von Juni bis September Saison und arbeiten mit fünf Elementen: Meer wasser, Sonne, Wind, Ton und menschlicher Kraft. Ich benutze Wasser aus dem Fluss Seudre, der bei Île d’Oléron mündet. Das Brackwasser leite ich in die Salzpfannen, dann tut die Natur ihr Werk. Sonne und Wind lassen das Wasser in den Becken verdunsten, nach zehn bis 20 Tagen kann ich ernten. Das Salz, dass ich morgens früh herausschöpfe, enthält Sedimentteilchen wie Ton und ist deshalb grau, der Handel verkauft es grobes graues Meersalz. Mittags, wenn die Sonne das Wasser erwärmt hat, „pflücke“ ich an windstillen Tagen die

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Hier bestimmen die Gezeiten das Bild, mal hohe Fluten und aufgewühltes Wasser, dann wieder endlose Strände und Schlick

feinen Salzkristalle, die auf dem Wasser treiben, mit einem Lousse à fleur, einem feinmaschigen flachen Sieb an einem langen Stiel. Das ist Fleur de Sel, also die Salzblüte. Auf 100 Kilo graues Meersalz ernte ich durchschnittlich sieben Kilo Fleur de Sel, deshalb ist dieses feine klare, handgeschöpfte Meersalz zehn Mal so teuer.“

Illustre Figuren

Rochefort ist fast völlig von einer Schleife umgeben, die der Fluss Charente hier macht. Vor den Toren des Städtchens hilft die Fähre Pont Transbordeur Fußgängern und Radfahrern ans andere Ufer. Eine hübsche Ingenieurleistung, denn die riesige Gondel scheint über dem Wasser zu schweben. Im Ort sind vor allem das Musée de la Marine, die Corderie Royale (die 374 Meter lange ehemalige Seilerei) und der kleine Hafen interessant. Einiges erinnert an die Vergangenheit als Arsenal; Ludwig der XIV. machte den Ort zur Werft für Kriegsschiffe. Ein farbenfrohes Standbild erhebt sich über der Place Colbert, es erinnert an den Musikfilm Les Demoiselles de Rochefort (Die Mädchen von Rochefort) von 1967 mit Catherine Deneuve und ihrer Schwester Françoise Dorléac in den Hauptrollen. Rocheforts bekanntester Bürger war vermutlich Julian Viaud (1850-1923). Der Schriftsteller und

Seefahrer war eine schillernde Figur, die auch unter dem Namen bekannt war, den er von der Königin von Tahiti bekommen hatte: Pierre Loti. Sein Haus ist nun ein Museum, das gerade renoviert wird. Es sollte anlässlich seines 100. Todestages wiedereröffnet werden, aber dieses Ziel erwies sich als zu ehrgeizig. Es ist ja auch nicht irgendein Haus: Loti hatte sich bei der Einrichtung von seinen Reisen inspirieren lassen, also verfügt es unter anderem über einen blauen Salon, ein türkisches Zimmer und einen chinesischen Saal. Zur Einweihung des Saals gab Loti ein großes Fête chinoise mit mehr als 200 Gästen in Marineuniformen und Kostümen aus dem fernen Osten.

Zum Schutze des Städtchens mit seinem Arsenal zogen die Franzosen an der Küste Festungen hoch, die bekanntesten sind Fort Boyard und Fort Vauban. Auch hier bestimmen die Gezeiten das Bild, mal hohe Fluten und aufgewühltes Wasser, dann wieder endlose Strände und Schlick. Ein Küstenweg führt vorüber an Festungen, Fischerhütten und Villen aus der Belle Époque auf die Halbinsel von Fouras, wo es Austern für einen Euro gibt. An ihrer Spitze legt die Fähre zur Ile d’Aix ab, einer Insel mit weißen Fischerhäuschen, die wie ein i-Tüpfelchen die Erkundung dieser Ecke Frankreichs perfekt abrundet.

Links: Cap Ferret vom Bassin d'Arcachon aus gesehen. Oben von links nach rechts: Lucas und seine Kollegin vom Club de Voile Lacanau Guyenne am Lac de Lacanau; Wandmalereien am Phare de la Coubre; stattliche Villa mit Meeresblick am Boulevard de la Côte d'Argent in Royan.

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Tipps & Adressen

ÜBERNACHTEN

Vanessa und Xavier, beide Luftfahrtingenieure, öffnen ihr malerisch gelegenes Herrenhaus Château de l'Isle aus dem 18. Jh. für Gäste. Vier große Zimmer, weiche Bettwäsche von Anne de Solène (aus Paris) und Frühstück auf Geschirr von Gien (für Kenner: Oiseau Bleu), mit hausgemachter Marmelade und Honig aus dem Gartens. Ab €140 DZ/Nacht. 52 bis, rue de Campet, Castelnau-de-Médoc chateaudelisle.com

MARKT

Schöner Zwischenstopp: der Markt auf dem Kirchplatz von Saint-Vivien-de-Médoc (mittwochs von 8 bis 13 Uhr) ist eine Institution. Mit frischem Gemüse aus der Region, Canelé (kleiner Kuchen) in allen möglichen Geschmacksrichtungen, Meeresfrüchten, Wurstwaren, Honig und der Mikroalge Spirulina, sowie Socken (grüne Jägerstrümpfe), Unterwäsche und Kleidung.

THALASSOTHERAPIE

Thalassotherapie ausprobieren?

Das Hotel Cordouan Thalazur in Royan bietet eine breite Palette an Anwendungen.

6, allée des Rochers, Royan hotelcordouanthalazur.com

ENTSPANNT

WEIN TRINKEN

Wenn man Médoc sagt, sagt man (oft) Wein. Das Château Meyre produziert Rotwein (Merlot, Cabernet usw.) und zwar biologisch, ohne Sulfite und Chemikalien. Im Schloss können Sie übernachten, aber vor allem: verweilen. Gastgeberin Sophie betont, dass die Umgebung zu Entspannung und Achtsamkeit anregen soll. Deshalb kann man dort nicht nur Wein verkosten, sondern auch an Sophrologie (Achtsamkeits)-Workshops teilnehmen. Ein Beispiel ist die Marche afghane, bei der Atmung und Schrittfrequenz aufeinander abgestimmt sind.

16, route de Castelnou, Avensan chateaumeyre.com

BOOTSTOUR ARCACHON

Die Firma von Patrick und Laurent im Bassin d'Arcachon: Des Hommes et des Mers, Lège-Cap-Ferret deshommesetdesmers.com

AUSTERN & MEERESFRÜCHTE

Le Relais de Sophie ist ein zwangloses Lokal in einem blau-weißen Häuschen in Port de Talais. Meeresfrüchte und gegrillter Fisch werden auf der Terrasse am schmalen Kanal hinter den Häusern serviert, der weiter unten in die Gironde mündet. Geöffnet von Ostern bis Allerheiligen.

Le Port de Les Baluards, Talais lerelaisdesophieenguinguette.fr

REITEN

Das Médoc eignet sich nicht nur zum Radfahren, Surfen und Segeln, sondern auch zum Reiten in den ausgedehnten Wäldern. Mit einem scharfen Auge für die Sicherheit der Reiter und den Tierschutzes nimmt Marion Gelot Anfänger und Fortgeschrittene unter ihre Fittiche für eine Balade im Herzen des Médoc. Auch ein Ausritt bei Vollmond gehört zu den Optionen. Ranch des Lamberts, Moulis-en-Médoc ranchdeslamberts.fr

FISCHERHÄUSCHEN MIETEN

Das ist sehr französisch: In Fouras können Sie ein Carrelet für einen halben oder ganzen Tag mieten. Lassen Sie das große Netz herunter und fangen Sie Ihr eigenes Mittagoder Abendessen. Am besten bringen Sie einen Grill mit. lecarreletpedagogiquedefouras. ellohaweb.com

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Une belle histoire

Was wäre Frankreich ohne die Liebe? Das Frankreich Magazin porträtiert die berühmtesten Liebespaare der Geschichte. In dieser Ausgabe Johnny Hallyday und Læticia Boudou.

DAS MÄDCHEN, DAS DEN WOLF ZÄHMTE

Johnny Hallyday & Lae�icia Boudou

Wie der Sänger nach seinem fünften Ja-Wort die Geborgenheit fand, nach der er sich sein Leben lang gesehnt hatte.

TEXT CHANTAL VAN WEES FOTOS IMAGESELECT 34 FRANKREICH MAGAZIN

Als Johnny Hallyday, Frankreichs größter Rockstar aller Zeiten, Laeticia heiratet, erwarten die wenigsten, dass diese Ehe halten wird, denn er war zuvor bereits viermal verheiratet. Dennoch hält die Beziehung 21 Jahre bis zu seinem Tod. Was die Magie ihrer Ehe ausmachte, zeigt sich, wenn wir Hallydays Lebensgeschichte unter die Lupe nehmen.

Wolfsaugen

Der „französische Elvis Presley“ kommt am 15. Juni 1943 als Jean-Philippe Smet in Paris zur Welt. Sein Vater ist Belgier, seine Mutter Französin. Der Vater verlässt die Familie, als Johnny erst sieben Monate alt ist; ein Trauma, unter dem er sein Leben lang leidet. Das Einzige, was er von seinem Vater hat, sind die leuchtend blauen Augen, die denen eines Wolfes ähneln. Seine Mutter, die als Model für das Modehaus Lanvin arbeitet, verbringt wenig Zeit mit ihrem Sohn. Die Schwester seines Vaters kümmert sich schließlich um Johnny.

Über seine Tante lernt er Lee Halliday kennen, einen amerikanischen Cousin, der Sänger ist und der zu einer Vaterfigur für Johnny wird. Lee ist es auch, der seine Liebe zur amerikanischen Rockmusik schürt.

Er nimmt den kleinen Johnny mit auf eine Tournee durch Europa und lässt ihn in den Pausen Gitarre spielen. Da Lee den Namen Jean-Philippe nicht aussprechen kann, nennt er ihn Johnny. Damit ist der Künstlername des jungen Rockers geboren.

Kaum dass er als Teenager zum ersten Mal Elvis Presley singen hört, ist Johnny fest entschlossen: Er will der französische Elvis werden. Er arrangiert Auftritte für sich selbst und imitiert seinen Helden mit Verve. Johnny ist äußerst attraktiv: wie eine Mischung aus Elvis Presley und James Dean, auch hat er musikalisches Talent und Charisma. Er weiß die Funken sprühen zu lassen, wenn er wie Elvis auf der Bühne seine Hüften schwingt. Aber im Frankreich der 1960er Jahre mögen die meisten Erwachsenen den Rock 'n' Roll nicht. Sie sind an biedere Auftritte gewöhnt, während Johnny wie ein

Links: Johnny und Laeticia Hallyday am 12. Dezember 2011 bei der Premiere der Komödie „Les tribulations d'une cassière“ in Paris. Diese Seite, oben: der junge Johnny Hallyday; unten: bei einem Auftritt.

Bei seinen Auftritten spielen sich hysterische Szenen ab wie bei Elvis: kreischende Mädchen und Jungs, die den Saal in Stücke reißen
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Im Uhrzeigersinn:

Johnny und Laeticia während des internationalen Krimifestivals in Cognac am 9. April 2004; Laeticia posiert während einer Party der Femmes

Formidables in La Cantine du Faubourg in Paris, 25. November 2008; Johnny Hallyday während eines Konzerts im Le Zénith in Paris, 1998.

Besessener mit seiner Gitarre über die Bühne springt. Er kann sich glücklich schätzen, trotzdem eine Platte aufnehmen zu dürfen. Hello Johnny ist sein erstes Album und ein großer Erfolg bei der französischen Jugend, die sich sehr wohl mit dem damals 16-jährigen Johnny identifiziert. Auch hat sie auch die Nase voll vom steifen französischen Showbiz. Johnnys Stern steigt schnell. Es hilft, dass die originalen amerikanischen Rock'n'Roll-Platten in Frankreich nicht veröffentlicht werden. Johnny nutzt dies geschickt aus, indem er Lieder kopiert und französische Texte dazu singt. Bei seinen Auftritten spielen sich die gleichen hysterischen Szenen ab wie bei Elvis: kreischende Mädchen, Jungs, die den Saal buchstäblich in Stücke reißen. Im Interview zu dieser Gewalt befragt, antwortet er mit einem verschmitzten Lächeln: „Ich nenne es lieber Temperament.“ Charles Aznavour nimmt den Jungen unter seine Fittiche und wird zu dem, was

Johnny später seinen „geistigen Vater“ nennt. Etwa zwei Jahre lang lebt er bei dem Chansonnier, der Johnny auf eine steile Karriere vorbereitet, die letztendlich 50 Jahre dauern wird.

Affären und Hochzeiten

Mit 20 hat Johnny alles: Geld, Ruhm, eine blühende Karriere, einen Ferrari und Kisten voller Briefe von sehnsüchtigen Mädchen, die alle zu ihm gehören wollen. Johnny hat nichts gegen die weibliche Aufmerksamkeit, aber tief in seinem Inneren sehnt er sich nach der Geborgenheit, die ihm als Kind fehlte. Er verliebt sich in die hübsche Sängerin Sylvie Vartan. Sie heiraten 1965 und lieben sich sehr, aber auch für Sylvie ist das Leben oft auch hart. Johnny ist dauernd auf Tournee und verbringt höchstens drei Monate im Jahr an ihrer Seite. Als sie mit 22 Jahren den gemeinsamen Sohn David zur Welt bringt, reist Johnny noch am selben Abend ab zu einem Konzert nach Venedig.

Nach 15 Jahren reicht sie die Scheidung ein. Es ist ihr nicht gelungen, zusammen mit ihm das Familienleben zu genießen. Johnny unternimmt einen missglückten Suizidversuch und schafft es nicht, aus dem Tal herauszukriechen. Er trinkt, raucht und arbeitet zu viel. „Wenn ich acht Tage lang nicht arbeite, bin ich todunglücklich“, sagt er in einem Interview. Nach einigen Affären gibt er der Ehe eine

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neue Chance, als er die Schauspielerin Babeth Étienne kennenlernt. Er möchte wieder eine Familie gründen. Doch als Frau Hallyday fühlt sich Babeth schon bald in ihrem Handeln eingeschränkt. Ein Jahr später sind sie bereits getrennt. Die berühmte Schauspielerin Nathalie Baye ist die nächste Kandidatin. Sie ist intelligent und sehr gebildet, das ist neu für Johnny. Dank ihr lernt er Menschen kennen, denen es um mehr geht als nur ums Geldausgeben und Feiern. Sie bekommen eine Tochter, Laure. Johnnys Karriere befindet sich seit einiger Zeit in einer Flaute, aus der er sich jedoch befreien kann. Er rackert sich jahrelang ab und wird wieder zum Superstar. Das macht Baye zu schaffen: Die Schauspielerin kann sich nur schwer damit abfinden, dass sie plötzlich hauptsächlich als „die Frau von“ bekannt ist. Auch sie verliert sich im Alkohol. Eine weitere Scheidung folgt.

Das nächste Fiasko

Johnny sucht daraufhin Geborgenheit bei seinem Jugendfreund Christian Blondieau. Er zieht bei ihm und seiner Familie ein und verliert sein Herz an dessen Tochter Adeline. An ihrem 18. Geburtstag machte er ihr einen Heiratsantrag. Sie sagt ja. Zu diesem Zeitpunkt ist er 46 Jahre alt.

Gemeinsam fahren sie mit dem Motorrad quer durch die Vereinigten Staaten, das Land, das weiterhin eine magische Anziehungskraft auf ihn ausübt. „Wenn wir zusammen die Straße hinuntergingen, sahen wir die missbilligenden Blicke der Leute. Aber wir hatten eine tolle Zeit, wir waren wie ein paar Kinder“, erzählt sie rückblickend auf ihre Beziehung. Doch als sie verheiratet ist, stellt sie fest, dass sie einen Mann mit Dämonen in Form von Angst und Wut getroffen hat, die durch Drogen und Alkohol noch verstärkt werden. Auch diese Ehe scheitert. Auf die Frage, warum jede Ehe mit einer Scheidung endet und er es trotzdem weiter versucht,

antwortet Johnny: „Man denkt, es liegt daran, dass ich unberechenbar bin, aber ich bin ein Romantiker.“ Als er sich wieder in die Tochter eines Freundes verliebt, ist es nicht verwunderlich, dass niemand an diese Beziehung glaubt. Laetitia Boudou, mit ihren Locken, Sommersprossen und ihrem unschuldigen Lächeln, wird als Johnnys nächstes süßes kleines Mädchen und ein weiteres Ehefiasko abgetan. Aber nichts liegt der Wahrheit so fern.

Endlich die Wahre

Als sie schon eine Weile zusammen sind, sagt Johnny: „Ich traue mich nicht, gut über meine Partnerin zu reden, weil ich Angst habe, dass die Leute sagen: ‚Und er sagt wieder, dass sie die Richtige ist.‘ Aber ich glaube wirklich, dass es so ist. Sie ist ein großartiges Mädchen und sie macht mich völlig glücklich.“ Dass das Model Laeticia Marie Christine Boudou 32 Jahre jünger ist als Johnny, sollte den Spaß nicht trüben. Für beide ist es Liebe auf den ersten Blick. Sie ist die richtige Mischung aus liebevoll und schön für ihn. Trotz ihrer Jugend

„Wir hatten beide eine Menge Dämonen, die wir von allen Seiten bekämpfen mussten. Er seine Drogen, ich meine Magersucht“
FRANKREICH MAGAZIN 37 Une belle histoire
› Laeticia und Johnny mit ihren adoptierten Töchtern.

Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, und Laeticia Hallyday bei der Einweihung der Esplanade Johnny Hallyday in Paris; rechts: das Grab von Johnny Hallyday auf dem Cimetière de Lorient, SaintBarthélemy (Französische Antillen).

trägt sie für ihn eine erkennbare, belastende Vergangenheit mit sich. Denn als sie zehn Jahre alt war, ließen sich ihre Eltern scheiden und sie entwickelte die Essstörung Magersucht. Sie zog zu ihrem Vater nach Miami. Dort begegnet sie Johnny.

Zweifel und Dämonen

Am 25. März 1996 heiraten Johnny und Laeticia. Über ihre Ehe mit Johnny sagt sie: „Ich habe keinen durchschnittlichen Mann geheiratet, aber mein Schicksal ist auch nicht durchschnittlich.“ Nach mehreren Fehlgeburten adoptiert das Paar im November 2004 Jade, ein kleines Mädchen vietnamesischer Abstammung. Vier Jahre später nehmen sie Joy auf, ebenfalls vietnamesisch. „Als Jade ihre ersten Schritte machte, war es das erste Mal, dass ich dieses Ereignis bei einem meiner Kinder erlebte“, sagt Johnny.

Er arbeitet immer noch hart, ist nach Jahrzehnten des Ruhms für seine spektakulären Shows bekannt, aber im Gegensatz zu seinen früheren Ehefrauen schafft sie es, dass er zu Hause zur Ruhe kommt und endlich von Alkohol und anderen Drogen loskommt. In einem Interview sagt sie: „Ich habe

meinem Mann etwas gegeben, was ihm noch nie jemand gegeben hatte. Wir hatten beide eine Menge Dämonen, die wir von allen Seiten bekämpfen mussten. Er seine Drogen, ich meine Magersucht. Ich lernte sein Schweigen, seine Ängste und Zweifel kennen.“ Ein Freund von Johnny sagt: „Sie war fantastisch zu ihm. Sie war die präsenteste Frau aller Frauen, war immer an seiner Seite und begleitete ihn fast immer auf Tournee. Johnny sagt, er sei nie glücklicher gewesen als in den Jahren mit Laeticia.“ Die Ehe endet, als Johnny 2017 an Lungenkrebs stirbt. Ganz Frankreich sieht mitleidig zu, wie sie bei der Beerdigung weint, aber tapfer durchhält.

Doch auch sie musste an seiner Seite viel schlucken. Er konnte nicht nur anspruchsvoll sein, er hatte auch Affären mit anderen Frauen. Die Reaktion Laeticias ist bezeichnend: Sie vergibt ihm. „Ich hätte mich bei ihm bedanken sollen, denn es lehrte mich, ihn wieder neu zu verführen. In den ersten drei Jahren nachdem Jade zu uns kam, war ich nur Mutter und keine Ehefrau mehr für ihn.“ Vielleicht ist das Geheimnis ihrer langen Liebesbeziehung, dass sie es geschafft hat, sich anzupassen. Johnny war kein gewöhnlicher Ehemann, sondern ein Star, der sein Leben lang vergöttert wurde. Johnny sagte dazu einmal: „Bei Frauen habe ich viele Fehlschläge erlebt, aber bei meinem Publikum läuft es immer.“

In Wirklichkeit hatte er wohl nur eine wahre Liebe: sein Publikum. Im Gegensatz zu seinen anderen Ehefrauen verstand Laeticia dies und akzeptierte ihre Position an der Seite der Ikone, die bis heute in den Herzen fast aller Franzosen verehrt wird.

Sie vergibt ihm seine Affären.
„Ich hätte mich bei ihm bedanken sollen, denn es lehrte mich, ihn wieder neu zu verführen.“
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Was nicht im Reiseführer steht

Vence & Saint-Paul de-Vence

Saint-Paul-de-Vence ist wohl der bekannteste Ort an der Côte d’Azur. Das Nachbardorf Vence ist vielleicht weniger bekannt, war aber vor 100 Jahren ebenso beliebt bei Künstlern. Die Fotografin Rebecca Marshall lebt dort und verrät die Insidertipps der Einheimischen.

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TEXT & FOTOS REBECCA MARSHALL

VENCE

„Bonjour Rebecca!“ Der Postbote saust auf seinem gelben Moped an der Terrasse meines Lieblingscafés vorbei, das die Kellner liebevoll mein „Büro“ nennen, denn hier tippe ich häufig meine Texte. Die Platanen filtern den goldenen Schein der Morgensonne, während Passanten auf dem Weg zur Arbeit einen schnellen Kaffee trinken. Ich lebe jetzt seit zwölf Jahren in Vence und es wird nie langweilig.

„Als ich 1988 meine Buchhandlung eröffnete, konnte man morgens noch im Café Le Clémenceau 50 Maler beim Kaffee beobachten“, sagt Didier Bonnet von La Librairie de la Basse Fontaine. Das Antiquariat ist spezialisiert auf Kunstbücher und seltene Drucke, die bisweilen fünfstellige Beträge erzielen. An der Wand hängen Gemälde, die er von seinen künstlerischen Kunden gekauft hat. Didiers derzeitige Kundschaft ist jedoch nicht von hier. „Die Côte d'Azur ist international ausgerichtet und Vence ist bekannt bei Kunstinteressierten“, sagt er. Seine Kunden besitzen Rennpferde oder Schlösser, aber sie alle sind von dem kleinen Dorf angetan.

„Ein Millionärspaar aus Deutschland kam zu mir, um eine seltene Ausgabe des Gedichtbandes

L'Amour von Stendhal von 1823 zu kaufen, von dem es weltweit nur drei oder vier Exemplare gibt. Sie waren hungrig, wollten aber nicht in der Öffentlich­

keit essen, also bestellte ich im Restaurant N'Essence des Sens das Tagesgericht. Ich habe ein Tischtuch über meinen Schreibtisch gelegt und wir haben hier im Laden gegessen. Sie liebten es!“

Filme, Gastronomie & neue Kunst

Die 28 ­jährige Leila Chaix gehört zu der neuen Generation Künstler. Ihrer Meinung nach sind die Zeiten des alten Künstlerdorfs längst vergangen.

„Vence poliert seine Vergangenheit für die Außenwelt auf“, sagt sie. Sie wurde in Vence geboren, besuchte aber mit 18 Jahren eine Kunstschule in Paris. Doch sie folgte dem Ruf ihres Heimatdorfs und zog vor kurzem in das alte Haus ihrer Großeltern. „Nach Paris fühlt sich Vence klein an, aber ich finde hier die Ruhe, die ich für meine Arbeit brauche“, sagt sie. Vence ist teuer geworden, findet sie. „Die einheimischen Künstler haben nur ein

Links: Blick auf Vence. Diese Seite im Uhrzeigersinn: Straßenbild in Vence; Antiquar Didier Bonnet; Künstlerin Leila Chaix.

„Vence ist bekannt bei Leuten, die sich für Kunst interessierten“
VENCE FRANKREICH MAGAZIN 41

Im Uhrzeigersinn: Straße in Vence; Villa Le Rêve in Vence, das Haus, in dem Matisse lebte (das man mieten kann, siehe villalerevevence.com);

Maître-Fromager

Thomas Métin; die Kinoliebhaberin Chantal Aurella.

VENCE DAMALS

La Baou des Blancs, der dramatische Kalksteinfelsen, der Vence überragt, war bereits in der Eisenzeit besiedelt. Die mittelalterlichen Ruinen können besichtigt werden, nach einem schönen Spaziergang von der Avenue du Maréchal Joffre aus entlang eines gelb markierten Weges. Die Kathedrale aus dem 11. Jh innerhalb der mittelalterlichen Stadtmauern der Altstadt ist die kleinste in Frankreich und die einzige mit einem Mosaik von Marc Chagall. Während des Zweiten Weltkriegs zog Matisse von Nizza nach Vence. Er ließ dort eine Kapelle errichten, die das meistbesuchte Wahrzeichen von Vence ist. Andere Künstler folgten: Chagall, Dubuffet, Soutine und Dufy, die Fotografen Henri Cartier-Bresson und Brassaï sowie die Schriftsteller D.H. Lawrence, Jacques Prévert und Witold Gombrowicz. In den 1950er und 1960er Jahren entwickelte sich Vence zu einem echten Künstlerdorf.

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begrenztes Einkommen, so dass die echte Bohème größtenteils weg ist. Auch die Kunst selbst hat sich verändert. Wir machen Illustrationen, Rap oder Science Fiction, nicht mehr nur Gemälde.“ Auch das Kino hat seine Spuren hinterlassen. Die Physiotherapeutin Chantal ist eine bekennende Cineastin. Als sie vor 30 Jahren nach Vence zog, wurde das kleine unabhängige Filmhaus des Dorfes ihr zweites Zuhause. Es zeigt ein breites Spektrum an Filmen, es gibt einen wöchentlichen Filmclub und jedes Jahr im November ein zehntägiges Filmfestival, Les Rencontres. „Es ist in der ganzen Region wegen der exklusiven Premieren und der hervorragenden Schauspieler und Regisseure bekannt, die hier ihre Werke zeigen. Unglaublich, dass ein so kleines Dorf ein solches Festival hat!“

Chantal erklärt, dass Vence auch oft als Drehort genutzt wurde. So spielt beispielsweise Renoirs erster Film Une vie sans joie (1924) hier; Walt Disney

hat den Col de Vence mehrfach als Drehort genutzt und 2014 wurde Woody Allens Magic in the Moonlight teilweise hier gedreht.

Die natürliche Vegetation auf den trockenen, steinigen Hügeln oberhalb von Vence wird als Garrigue bezeichnet. Ziegen sind die einzigen Tiere, die hier weiden können, erklärt Thomas Métin. Er ist ein führender Maître ­Fromager und der einzige Käseverkäufer in der Region, der über eine eigene Cave d'affinage, also einen Reifekeller, verfügt. „Vence ist ein gastronomisches Juwel. Die Rue du Marché ist eine der wenigen Fußgängerzonen in der Gegend, in der es mehr Geschäfte mit frischen Lebensmitteln als mit Souvenirs gibt.“ Welches ist der beste Ziegenkäse aus der Region, den man probieren sollte? Le banon fermier, sagt er ohne zu zögern, ein in Kastanienblätter eingewickelter Käse. „Dieser hat meiner Meinung nach das komplexeste Aroma.“

Tipps & Adressen in Vence

ESSEN

La Régence

Dieses traditionelle BrasserieCafé ist seit dem Zweiten Weltkrieg eine Institution. Mittagsmenü 20 €, Dessert und Wein inbegriffen. regencecafe.com

N’Essence des Sens

Überraschungsmenü (Menu découverte) auf der Basis von Gemüse und Obst der Saison. 36 Pl. Antony Mars, Vence, Tel: +33 6 33 39 49 89

Les Agapes

Der junge Gourmetkoch Jean

Philippe Douroux kauft seine frischen Produkte in der Rue du Marché, um ein täglich wechselndes Menü mit asiatischen Einflüssen zu kreieren. les-agapes.net

EINKAUFEN

L’Atelier Français

Concept Store und Salon de thé mit Inneneinrichtung, Kleidung und Spielzeug Made in France. latelierfrancais.net

Les Délices du Roy Albert Charlie ist der jüngste Spross einer Familie, die seit Generationen Süßigkeiten herstellt. Weißer Nougat ist seine Spezialität, für die er noch die Maschinen und Rezepte seines Großvaters verwendet. In seiner duftenden Werkstatt liegen Confits, Jasmin aus seinem Garten und Aperitifwein mit wildem Lavendel. delices-roy-albert.com

AKTIVITÄTEN

Schwimmen

Im Sommer zieht es die Touristen in der Regel an die überfüllten Strände, während die Vençois zum Picknick und Baden die schattigen Becken des nahe gelegenen Flusses La Cagne aufsuchen. Folgen Sie dem Chemin du Riou 3,5 km lang, parken Sie und gehen den Weg hinunter bis zu einer Kläranlage. Nach weiteren 5-10 Minuten erreichen Sie die ersten Badestellen und Wasserfälle.

Kunst genießen

Die älteste Galerie in der Region Nizza wurde 1947 von Pierre Chave gegründet und wird bis heute von dessen Familie geführt. Kunst auf drei Etagen in einem schönen alten Gebäude. galeriechave.com

In die Sterne gucken

In einem bequemen Liegestuhl können Sie auf dem Col de Vence 900 Meter über dem Meeresspiegel alles über den Sternenhimmel erfahren. Ein Experte führt (auf Französisch) mit einem Laserstift und einem Teleskop zu Sternen und Planeten. Erw. 10 €, Reservierung im Laden des Musée de Vence vence.fr/etoiles-grandeur-natureobservation-du-ciel-etoile-au-colde-vence

ÜBERNACHTEN

L’Auberge des Seigneurs et du Lion d’Or

Das älteste Hotel-Restaurant von Vence und das einzige innerhalb der alten Stadtmauern

mit mittelalterlicher Atmosphäre. Wie viele Gasthäuser für Postkutschen trug es den Namen Lion d'Or (goldener Löwe). Ein Wortspiel mit „Le lit ou on dort“ (das Bett, in dem man schläft). Zimmer ab €65/Nacht. auberge-seigneurs.fr

L’Hôtel Miramar

Dieses Maison bourgeoise verströmt den Charme der 1930er Jahre, der ruhige Garten mit Lavendel und Swimmingpool bietet eine unvergleichliche Aussicht auf die Hügel und das Meer. Zimmer ab €78/Nacht. hotel-miramar-vence.com

Moulin de Boursac Versteckt im Tal wurden die Ruinen der größten Olivenölmühle aus dem 15. Jh. in eine von nur drei Fünf-SterneUnterkünften in den AlpesMaritimes verwandelt. Schöne Designer-Innenausstattung. Ab €170/Nacht. moulindeboursac.com

Vence & Saint-Paul-de-Vence FRANKREICH MAGAZIN 43

TIPP

Anstatt mit dem Auto zu fahren, können Sie von Saint-Paul-de-Vence nach Vence über einen ruhigen Waldweg wandern. Von Vence aus gehen Sie bis zum Ende der steilen Straße unterhalb der Chapelle Sainte-Anne (Chemin du Baric), dann überqueren Sie den Fluss Malvan und folgen der Beschilderung nach Saint-Paul über den Chemin des Gardettes (4 km, 1 Stunde).

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MAGAZIN
Eine Gasse in Saint-Paulde-Vence.
FRANKREICH

SAINT-PAUL-DE-VENCE

Saint­Paul­ de ­Vence ist viel kleiner als Vence (3.000 Einwohner im Vergleich zu 20.000 in Vence). Doch zum Leidwesen der Vençois ist Saint­Paul­ de ­Vence wesentlich bekannter. Wenn mich jemand irgendwo in Frankreich fragt, wo ich wohne, kommt auf meine Antwort Vence garantiert: „Ah oui, Saint-Paul de Vence!“

Manu, der Chef­Barkeeper des La Colombe d'Or, zählt einige der Gäste auf. „Elton John war letzte Woche hier, er wohnt bei Nizza... Madonna kommt seit Jahren her... Clint Eastwood auch... REM waren vor ein paar Jahren für zwei Monate hier.“ Manu arbeitet schon seit 30 Jahren im La Colombe d'Or und scheint daher alles über die Auberge zu wissen. Der Kunstliebhaber Paul Roux eröffnete sie 1920. „Er sagte den Künstlern: ‚Kommen Sie für ein Wochenende und tauschen Sie ein Gemälde oder eine Skulptur gegen ein gutes Essen und ein Bett‘.“ So entstand eine riesige Kunstsammlung, die heute an den Wänden des Speisesaals und der Lounge zu sehen ist, mit Originalwerken von Fernand Léger, Georges Braque, Picasso, Miró, Yves Klein und César, um nur einige zu nennen. Aber Manu versichert mir, dass La Colombe d'Or trotz all der Kunst nicht prätentiös sei: „Es ist sehr einfach, jeder wird hier gleich behandelt.“

Jetset, Fondation Maeght & süße Erinnerungen

Ich treffe Chloé, die in der Kinderbetreuung arbeitet, an ihrem freien Tag. Es ist acht Uhr morgens, sie frühstückt in aller Ruhe auf dem Platz. Sie wurde in Saint­Paul­ de­Vence geboren und wuchs in der Welt der Reichen und Berühmten auf. Ihr Großvater war der legendäre niederländische Fußballer Dick van Dijk, der ­ als er für OCG Nizza spielte ­ mit seiner

Familie in Saint­Paul­ de­Vence lebte. „Als ich klein war, waren meine Großeltern ständig zu Besuch. Sie organisierten viele schicke Partys und Abendessen. La Rue Grande war für sie wie eine große Familie.“ Die meisten Freunde ihrer Kindheit sind inzwischen weggezogen und sie selbst wohnt aus beruflichen Gründen in Nizza, aber sie kommt immer noch oft in „ihr“ Dorf. „Ich genieße die Ruhe und den Frieden hier außerhalb der Hochsaison“, sagt sie.

Saint­Paul­ de­Vence zieht weit mehr Touristen an als Vence. Im Sommer kommen ganze Busladungen, werfen durch das Tor einen Blick auf La Colombe d'Or und stolpern dann die Rue Grande mit all ihren Galerien hinauf und hinunter, bevor sie sich wieder auf den Weg zur Küste machen. Authentizität ist innerhalb der Stadtmauern manchmal schwer zu finden. Aber wenn man wie Chloé frühmorgens einen Kaffee im Café de la Place trinkt, kann es sein, dass man einem Saint-Paulois begegnet, der sich an die guten alten Zeiten erinnert, als noch Hühner durch die Straßen hüpften.

So ein Mensch ist der 91­jährige Rémi Pesce, einer der ältesten Einwohner von Saint­Paul de Vence und einer der wenigen, die dort aufgewachsen sind. Von den Kellnern wird er „das Gedächtnis von SaintPaul de Vence“ genannt. Rémi erinnert sich, wie er als kleines Kind in der Schule mit rassistischen Bemerkungen schikaniert wurde, weil er der Sohn ›

Im Uhrzeigersinn (alle Saint-Paul-de-Vence):

Pétanque auf dem Platz; Manu von La Colombe d'Or; Chloé, Enkelin des verstorbenen niederländischen Fußballspielers Dick van Dijk.

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„Elton John war hier letzte Woche, Madonna kommt seit Jahren her, Clint Eastwood auch“

Oben: der 91-jährige Rémi Pesce; unten: Parfümeurin Sonia Godet; gegenüber: Blick auf Saint-Paul-de-Vence.

Rechte Seite: der Laden von Sonia Godet.

eines armen italienischen Einwanderers ist.

„Damals war es ein Provinzdorf! Wo es heute Galerien und Souvenirläden gibt, waren Bäcker, Lebensmittelhändler, ein Blumenladen, ein Metzger und ein Markt. Es hat sich so viel verändert. Nicht alles zum Besseren.“

Sonia Godet hingegen verbindet die Vergangenheit mit der Zukunft von Saint­Paul. Für ihre Ausbildung zur Parfümeurin verließ sie die Provence und arbeitete jahrelang in New York. Sie wusste, dass ihr Urgroßvater 1901 in Saint­Paul­ de­Vence ein Parfümgeschäft gegründet hatte, aber erst 2016, als sie kurz zurückkehrte und ein paar Kisten auf dem Dachboden ihres Großvaters ausräumte, fand sie

ihre Bestimmung. „Es war, als hätte ich einen Schatz gefunden. Auf dem Boden eines alten Koffers entdeckte ich eine Flasche Folie Bleue, ein preisgekröntes Parfüm. Mein Urgroßvater hatte es für Henri Matisse kreiert, um es seiner Muse zu schenken. Aber nicht nur das, ich habe auch alle seine Formeln gefunden! Also zog sie zurück nach Saint­Paul de Vence, um Maison Godet wiederzubeleben. Heute ergänzen ihre eigenen Parfums die ihres Urgroßvaters. Sie ist stolz darauf, mit lokalen Erzeugern zusammenzuarbeiten, die sie mit Veilchen, Rosen und der Tuberose beliefern, einer weißen Blüte, die seit über 100 Jahren in SaintPaul­ de­Vence gezüchtet wird.

SAINT-PAUL DAMALS

Im 14. Jh. war Saint-Paul eine Festung strategisch gelegen an der Grenze zwischen Savoyen und der Provence. Wie in Vence ließen sich auch in Saint-Paul-de-Vence zu Beginn des 20. Jh. bekannte Maler nieder, angezogen von den Farben und dem Licht der Stadt. Raoul Dufy, Chaim Soutine, Marc Chagall und die Kunstsammlerin und Lithografin Aimée Maeght, die 1964 die Fondation Maeght gründete: das berühmte Museum für moderne Kunst. Dann entdeckte der Schauspieler Yves Montand das Dorf und lernte dort seine Frau Simone Signoret kennen. Auch sie wurden Stammgäste der inzwischen legendären Auberge La Colombe d'Or.

Stars zogen Stars an, Kunstgalerien schossen wie Pilze aus dem Boden und Saint-Paul wurde eine feste Adresse für viele Künstler und Prominente.

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Tipps & Adressen Saint-Paul-de-Vence

ESSEN

Café de la Place

Von denselben Besitzern wie La Colombe d'Or, aber der Salade niçoise ist hier deutlich günstiger. Innenraum aus den 1930er Jahren und Pétanque vor der Terrasse.

Place du Général de Gaulle, Tel.: +33 4 93 32 80 03

Café Timothé

Hier kommen viele Einheimische zum Mittagessen her, obwohl es in einer dunklen Gasse gegenüber dem Haus von Yves Montand und Simone

Signoret versteckt liegt (die Angestellten wissen, welches).

cafetimothe.com

Les Ramparts

Genießen Sie hier vor dem Essen bei Sonnenuntergang einen originellen Cocktail mit Blick bis zum Cap d'Antibes oder darüber hinaus. lesremparts.co

EINKAUFEN

La Maison Godet

Artisan-parfumeur Sonia Godet präsentiert ihre Parfums inmitten alter Familienfotos und Erbstücke, darunter ein Gemälde von Pierre Bonnard von 1908, das seine Frau mit einem Flakon von Fleurs de Reine zeigt, einem von Sonias Urgroßvater kreierten Parfüm. parfumsgodet.com

Revolv’air Eventails

An einer Nähmaschine im hinteren Teil des Ladens stellen die Freundinnen Patricia und Marlene Fächer aus Kirschholz und Baumwolle in verschiedenen Stilen und Farben her. Ab 10 €. instagram.com/revolvair_eventails

Kalliste

Ob nun Sie eine Tischdecke aus feinem französischen Leinen (u.a. Le Jacquard Français, Beauvillé) oder einen fröhlichen provenzalischen Stoff für den Gartentisch suchen, hier werden Sie fündig. frenchictoyou.com

AKTIVITÄTEN

Petanque spielen

Wie wäre es am frühen Abend mit einer Partie Pétanque auf dem Platz, auf dem sich auch Yves Montand einst die Zeit vertrieb? Das Fremdenverkehrsbüro organisiert im Sommer jeden Tag Kurse für Anfänger (auf Französisch oder Englisch).

€7 für 1 Stunde. Place de Gaulle. saint-pauldevence.com

Konzeptkunst

Anstatt durch die Touristengalerien zu schlendern, können Sie in einem beeindruckenden Gebäude aus den 1950er Jahren den neuen Ausstellungsraum Fondation Cab besuchen.

Eintritt 12 €. fondationcab.com

Gastronomisch kochen lernen Das Sterne-Restaurant von Chefkoch Alain Llorca organisiert das ganze Jahr über Koch- und Verkostungsworkshops zu Themen wie Patisserie oder Trüffel. Dabei lernen Sie Gourmet-Kochkünste, die nur selten mit Laien geteilt werden (auf Französisch). Ab 70 €. alainllorca.com

ÜBERNACHTEN

Le Mas du Chanoine Maison d’hôtes in einem Bauernhaus aus dem 17. Jh., fünf Minuten vom Dorf entfernt. Vier Schlafzimmer, schöner Rosengarten und beheizter Pool mit atemberaubendem Blick über Saint-Paul. Zimmer ab €200. masduchanoine.com

Fondation CAB

Galerie, Restaurant und vier Gästezimmer (gestaltet vom Architekten Charles Zana), sowie ein freistehendes Holzhaus, entworfen von Jean Prouvé (1944). Gemälde, Beleuchtung und Möbel geben das Gefühl, in einem Kunstwerk zu schlafen. Zimmer ab €225. fondationcab.com/guest-roomssaint-paul-de-vence

La Colombe d’Or

Man gönnt sich ja sonst nichts!

Buchen Sie eine Nacht im berühmtesten Hotel von SaintPaul-de-Vence, wo schon so viele Stars abgestiegen sind. Zimmer 36 war angeblich das Lieblingszimmer von Yves Montand. Zimmer ab €380. Place de Gaulle. la-colombe-dor.com

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Frédéric, Besitzer des Café Timothé.
BOUTIQUE

IMMER SCHÖN

Das ist der schöne Helmut von Jérôme Dreyfuss. Er kann sowohl über der Schulter als auch crossbody getragen werden. Das Label bietet neuerdings online eine Vintage-Kollektion mit Modellen aus älteren Kollektionen an. Eine nachhaltige Idee, die Taschen sind eh zeitlos schön.

Jérôme Dreyfuss, Helmut S Taurillon Tabac, €690. jerome-dreyfuss.com

Boutique

Bretonischer Charme

Kleidung mit den klassischen bretonischen Streifen kann man nie genug haben. Haben Sie schon diesen leichten Pullover aus Merinowolle? Comptoir des Cotonniers, Pullover im Marinelook, €95. comptoirdescotonniers.com

Sonnengelb

Diese weiche Strickjacke von Sézane mit den farblich abgestimmten Knöpfen bringt Sonne in Ihre Garderobe. Dank des V-Ausschnitts auf der Rückseite auch als Pullover zu tragen. Sézane, Strickjacke Barry hellgelb, €100. sezane.com

Mit Schwung

Designerin Annelise Michelson hat den Dreh raus mit diesen sinnlich geschwungenen vergoldeten Ohrringen. Kein Wunder, denn sie hat lange für Modehäuser wie Vanessa Bruno und Hermès gearbeitet. Annelise Michelson, Créoles Eden, €270. annelisemichelson.com

Elegant am Abend

Dieses verwegene Kleid mit langen Ärmeln und Spitzendetails ist robust und feminin zugleich. Es passt deshalb sowohl zu Turnschuhen als auch zu hohen Absätzen oder Cowboystiefeln. Maje, gesmoktes Kleid mit Stickerei, €275. maje.com

Auf in den Frühling mit stilvollen Stücken aus französischen Designerstuben.
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KRIMINELL

lecker

Luc Verlain ist die Hauptfigur der beliebten Krimireihe von Alexander Oetker. Diesmal ermittelt der Kommissar in Gourmettempeln und Geheimadressen, allesamt kulinarische Institutionen in Frankreichs Südwesten. So legen der Autor und sein Held gemeinsam ein bildstarkes Kochbuch vor, das zugleich Reiseführer und Liebeserklärung an die Aquitaine ist.

Das Risotto erlebt in Frankreichs Gourmetküchen seine Renaissance: Denn Zwiebel, Weißwein und viel Zeit – was könnte französischer sein? Die Leichtigkeit des Spinats trifft hier auf das Salz des Meeres.

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RISOTTO AUX CALAMARS Spinatrisotto mit Kalmar

Für 4 Personen

ZUTATEN

• 1 kg frische Kalmare

• 2 Bund Spinat (ca. 400 g)

• 1 Zwiebel

• 6 EL Olivenöl

• 250 g Risottoreis

• 200 ml Weißwein

• 400 ml heiße Hühnerbrühe

• 50 g geriebener Parmesan

• Salz

• 30 g Mascarpone

Die Kalmare unter fließendem Wasser waschen, dann Innereien und Chitinstücke entfernen. Die Tintenfischkörper längs halbieren, noch einmal waschen und trocken tupfen. Den Spinat verlesen, waschen und trocken schleudern. Grobe Stiele

entfernen. Den Spinat in einem Topf in kochendem Wasser ca. 10 Min. garen, in ein Sieb abgießen und gut abtropfen lassen. Dann in einem hohen Rührbecher mit dem Pürierstab so lange mixen, bis ein feines Püree entstanden ist. Für das Risotto die Zwiebel schälen und fein würfeln. In einem Topf in 2 EL Olivenöl anschwitzen, den Reis dazugeben und unter Rühren so lange dünsten, bis das Öl ganz aufgenommen ist. Mit dem Wein ablöschen, dann die Brühe nach und nach dazugeben und das Risotto insgesamt 20–25 Min. köcheln lassen. Währenddessen regelmäßig rühren. Anschließend das Spinatpüree sowie den geriebenen Parmesan unterrühren und das Risotto, falls nötig, mit Salz abschmecken. Währenddessen die Kalmarstücke in einer Pfanne im übrigen Olivenöl anbraten. Zum Servieren jeweils 1 Portion Spinatrisotto auf Teller setzen und einige Kalmarstücke in die Mitte legen. Zuletzt jeweils 1 Klecks Mascarpone daraufsetzen.

Rezepte FRANKREICH MAGAZIN 53

Rezept s. Seite 56

Wo gibt es in Frankreich das beste Geflügel?

Keine Frage: In den Landes. Die riesigen Maisfelder zeugen davon. Hier picken die Hühner den ganzen Tag entweder frisches Gras oder werden mit dem leuchtenden Mais gefüttert, der ihr Fleisch so gelb, so zart, so süßlich­würzig macht. Perfekt für diesen Klassiker der italienischen Küche, hier französisch interpretiert.

VITELLO LANDAIS Maishähnchen-Vitello aus den Landes
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CALÇOTS ET SAUCE ROMESCO

Calçots mit Romescosauce und Fischmousse

Die Sprösslinge der Frühlingszwiebel sind wichtiger Teil des gastronomischen Erbes in Katalonien. Auf riesigen Grills röstet man die Calçots über offenem Feuer, bis ihre Haut schwarz ist, dann werden die Strünke traditionell auf halbrunden Dachziegeln serviert.

Rezept s. Seite 58
Rezepte FRANKREICH MAGAZIN 55

VITELLO LANDAIS

Maishähnchen-Vitello

aus den Landes

Für 4 Personen

ZUTATEN

• 2 Brustfilets vom Maishähnchen (ca. 450 g)

• 150 g Möhren

• 150 g Zwiebeln

1 Knoblauchzehe

• 1 Bouquet Garni (1 Zweig Thymian, 1 Lorbeerblatt, 3 Stängel Petersilie)

• 5 g bunte Pfefferkörner

• 17 g Salz

• 2 Eier

• 5 g Kapern (in Salz eingelegt)

• 100 g hochwertiger Thunfisch (in Öl eingelegt)

• 3 Sardellenfilets (in Öl eingelegt)

• 250 ml Hühnerbrühe (von der Zubereitung der Maishähnchenbrüste)

• 150 ml Olivenöl

Für das Hähnchen vom Fleisch ggf. Haut und Sehnen entfernen, die Hähnchenbrüste beiseitestellen. Möhren, Zwiebeln und Knoblauch putzen, schälen und in feine Würfel schneiden (en Brunoise)

1,5 l Wasser in einen Topf geben, das Gemüse und die Gewürze hinzufügen und den Ansatz zugedeckt bei mittlerer Hitze ca. 15 Min. köcheln lassen. Dann die Hähnchenbrüste in die heiße, aber nicht mehr kochende Brühe geben und darin zugedeckt bei kleiner Hitze 15–20 Min. pochieren/gar ziehen lassen. Das Fleisch soll geschmeidig bleiben und im Inneren gerade nicht mehr rosa sein. Vom Herd nehmen und in der Brühe im Kühlschrank abkühlen lassen (dabei 250 ml Brühe für die Sauce abnehmen). Für die Sauce die Eier in kochendem Wasser in ca. 12 Min. hart kochen. Herausnehmen, kalt abschrecken, abkühlen lassen und pellen. Die Kapern abbrausen und trocken tupfen. Thunfisch,

CHIPIRONS EN PERSILLADE

Tintenfisch mit Petersilie und Knoblauch

Für 4 Personen

ZUTATEN

• 600 g Tintenfisch (küchenfertig)

• 50 g Petersilie

• 2 Knoblauchzehen

• 100 ml Olivenöl

• Salz

• Piment d’Espelette

Die Tintenfische gründlich waschen und trocken tupfen, dann in mundgerechte Stücke schneiden. Wer will, kann die Tintenfischstücke noch in reichlich kochendem Salzwasser ca. 1 Min. überbrühen. In ein Sieb abgießen und gut abtropfen lassen. Die Petersilie waschen, trocken tupfen, die Blätter abzupfen und fein hacken. Den Knoblauch schälen und in feine Würfel schneiden. Beides mit dem Olivenöl mischen. Den Tintenfisch auf der Plancha (alternativ in einer Pfanne ohne Fett) erst einige Sekunden rundum anbraten. Dann das Petersilienöl hinzufügen und alles noch kurz weiterbraten. Zum Servieren mit Salz und reichlich Piment d’Espelette würzen und sofort auf Teller verteilen.

Eier, Sardellen und Kapern in einem hohen Rührbecher mit dem Pürierstab fein mixen, dabei so viel kalte Brühe dazugeben, dass eine cremige Konsistenz entsteht. Dann das Olivenöl dazugeben und unterschlagen. Falls nötig, noch etwas Brühe dazugeben, die Sauce sollte cremig, aber nicht zu dick sein.

Zum Servieren das Hähnchenfleisch aus der Brühe nehmen, in dünne Scheiben schneiden und jeweils rosettenförmig auf Tellern anrichten. Mit etwas Olivenöl beträufeln und mit Pfeffer würzen. Großzügig mit der Thunfischsauce bedecken.

TIPP:

Wer möchte, garniert das Ganze noch mit frittierten Kapern sowie Croûtons und richtet Parmesanspäne und Kräuter harmonisch darauf an. Etwas BioZitronenschale darüberreiben und sofort servieren.

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À la plancha, so ist die Hauptzubereitungsart von Fisch und Fleisch im Baskenland. Die Plancha (spanisch für „Eisen“) ist ähnlich der japanischen Teppanyaki­Technik eine Grillplatte, die es erlaubt, Gerichte ohne Fett bei sehr großer Hitze zuzubereiten. Das Ergebnis sind knusprig auf der Haut gebratener Fisch und Steaks mit Röstnoten, die beim Zubereiten noch an Aroma gewinnen. Perfekt gelingen auf der Plancha die kleinen Tintenfische, die Chipirons, die sowohl zart bleiben als auch knusprige Elemente erhalten.

Rezepte

CALÇOTS ET SAUCE ROMESCO

Calçots mit Romescosauce und Fischmousse

Für 6 Personen

ZUTATEN

• je 125 g Mandeln und Haselnüsse

• 4 Knoblauchzehen

• 150 g passierte Tomaten (aus der Dose)

• 2 gehäutete rote Grillpaprika

• 4 EL Xérès­Sherryessig

• 1 TL Piment d‘Espelette

• 2 TL geräuchertes Paprikapulver

• 125 ml Olivenöl

• Salz, Pfeffer

• 1/2 rote Zwiebel

• 25 g geräuchertes Forellenfilet (auch Reste von der Lachsforelle auf S. 278)

• 25 g Crème double

• je 1 Msp. abgeriebene

• 1 Bio ­Zitrone

• 3 kg Calçots

• (katalanische Frühlingszwiebeln)

• 2 EL frische Erbsen

Alexander Oetker; Chez Luc, Verlag Hoffmann und Campe, €38, 384 Seiten

Für die Romescosauce Mandeln und Haselnüsse in einer Pfanne ohne Fett kurz anrösten, herausnehmen und abkühlen lassen. Den Knoblauch schälen und mit Mandeln, Haselnüssen, Tomaten und Paprika in den Blitzhacker geben. Essig und Gewürze hinzufügen und alles fein mixen, das Olivenöl unterrühren und die Sauce mit Salz und Pfeffer abschmecken. Für die Fischmousse die Zwiebel schälen und fein würfeln. Den Fisch ggf. entgräten und fein zerzupfen, dann mit Zwiebel, Crème double, Zitronenschale und ­saft mit einer Gabel mischen oder im Blitzhacker pürieren. Die Mousse mit Salz und Pfeffer, abschmecken. Von den Calçots nur die welken Blätter entfernen. Dann die Frühlingszwiebeln so lange am besten auf einem Holzfeuer oder Lagerfeuer grillen, bis sie innen zart sind. Falls die äußeren Blätter zu dunkel werden, zum Servieren entfernen. Die Calçots mit der Romescosauce und der Fischmousse auf einer großen Platte servieren, dabei die Mousse mit den Hülsenfrüchten garnieren.

Ein kulinarischer Roadtrip

Frankreichs Südwesten von Bordeaux bis Biarritz

durch
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GRATIS KOCHBUCH „CHEZ LUC“

(zzgl. € 6 Versand)

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(Montag bis Freitag, 10.00 – 18.00 Uhr)

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Food-Tour durch die Provence

Ein Schwätzchen mit dem Schäfer halten und ihn nach seinem Käse befragen. Anschließend typisch provenzalische Märkte besuchen, auf einem Weingut edle Tropfen probieren und danach an einer Olivenölverkostung teilnehmen. So stellen sich Liebhaber südfranzösischer Lebensmittel den perfekten Urlaubstag vor. Das etwa 35 Autominuten von Cannes entfernte Hotel Terre Blanche ermöglicht dieses Erlebnis nun - und zwar auf dem E-Bike in Begleitung eines ortskundigen Führers. Nach einem an Höhepunkten reichen Tag geht es zur Krönung in eines der typischen Bistros in den umliegenden Dörfern. Der Ausflug kostet für 2 Personen 510 € inklusive Rädern und dauert 7 Stunden, die Kunden können die Route individuell abstimmen. terre-blanche.de

Bon appétit

Tipps, Neuigkeiten und Wissenswertes aus der französischen Küchenwelt

Illustres Lebenswerk

Zu den Auszeichnungen, mit denen Joël Robuchon (1945-2018) bedacht wurde, zählt auch die des „Kochs des Jahrhunderts“. Fünf Jahre nach seinem Tod haben seine Fans nun Gelegenheit, seine Kreationen nachzukochen. Über 800 Rezepte hat Tochter Sophie für den opulenten Band zusammengestellt.

Joel Robuchon, Die klassische Französische Küche, Verlagshaus 24, 69 €x

Museumsreifer Wein

Die Identität des Burgund ist eng mit seinen Weinbergen verknüpft. Seit 2015 gehören die „Climats de Bourgogne“ gar zum UNESCOWelterbe. 2023 feiert die Region ihr Erbe durch die Eröffnung der Cité des Climats et Vins (Zentrum für Weinparzellen und Wein). Diese ist auf Standorte in Dijon, Macon und Beaune (unser Bild) verteilt, die bis Mai nacheinander ihre Pforten öffnen. cite-vins-bourgogne.fr

Appetitlicher Elsass

Dank Guglhupf, Flammkuchen und Gewürztraminer sind Essen und Trinken im Elsass standardmäßig ein Fest. In diesem Jahr aber dürften Feinschmecker besonders viel Freude haben, denn die Region wurde zur Hauptstadt der Gastronomie ausgerufen. Zudem feiert die Elsässer Weinstraße den 70. Jahrestag ihres Bestehens. Prost! visit.alsace

VON RALF JOHNEN
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© KLAUDIA IGA / VISIT ALSACE © SIZ-IX ARCHITECTES GOLF RESORT FRANKREICH MAGAZIN 61
TERRE BLANCHE HOTEL SPA GOLF RESORT
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MeerSonne,und… Kunst

10 Tipps für Hyères & Toulon

Eine Woge der Kreativität umspült die Küstenstädte Hyères und Toulon. Überall Kunst und Design: auf dem Teller, im Hotel, auf der nahe gelegenen Insel Porquerolles und sogar einfach auf der Straße.

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TEXT & FOTOS ANNETTE SPAAN

Aufschlagseite: Der Strand Notre Dame auf Porquerolles wurde 2015 von European Best Destinations zum schönsten Strand Europas gewählt. Unten: Illustrationen von Hyères und Umgebung; eines der Zimmer des Castel Pierre Lisse mit Kunst des 20. Jh. an der Wand.

Hyères

1 Villa Noailles Schmelztiegel der Kunst

Auf dem Rasen im Garten der modernistischen

Villa Noailles versuche ich mir vorzustellen, wie Salvador Dalí hier einst malte, Jean Cocteau an seinem ersten Film arbeitete und Alberto Giacometti bildhauerte. Sie waren dort auf Einladung des Pariser Ehepaars Charles und Marie-Laure de Noailles. Zwischen 1923 und 1933 ließen sie in Hyères die Villa Noailles errichten, wo Künstler überwintern und arbeiten konnten. Das Paar wollte, dass die Villa nüchtern und praktisch gebaut wurde, ohne unnötigen Schnickschnack, im Gegensatz zu dem Luxus ihres Pariser Hauses. Ein gesunder Lebensstil war „Pflicht“, daher gab es ein Schwimmbad und einen Sportlehrer.

Marie-Laure starb 1970, woraufhin Charles die Villa Noailles für einen symbolischen Betrag der Stadt Hyères verkaufte. Heute werden dort Ausstellungen mit zeitgenössischer Kunst organisiert, flankiert von einem Museumsladen und einem Gartencafé.

Die Idee von Charles und Marie-Laure lebt weiter: Jedes Jahr finden Wettbewerbe statt, um neuen Designtalenten eine Chance zu geben, wie das internationale Festival für Mode und Fotografie in der Villa selbst und die Design-Parade für Architektur und Innenarchitektur in Toulon. Große

Namen wie Jean Paul Gaultier saßen in der Jury. Vom Garten der Villa Noailles aus blickt man über Hyères bis zum Meer: von den exotischen Gärten und Gebäuden der Altstadt bis zu den modernen Vierteln, den Salinen der Halbinsel Giens und den drei Inseln vor der Küste, den Îles d'Hyères. Kein Wunder, dass Hyères die erste Stadt an der Côte d'Azur wurde, in der im 18. Jh. die europäische Elite überwinterte. Die Liste der Aristokraten, berühmten Schriftsteller und Künstler ist lang, darunter Napoleons Schwester Pauline, Königin Victoria und die Schriftstellerin George Sand. Montée de Noailles. villanoailles.com

2 Castel Pierre Lisse Übernachten unter Kunst des 20. Jahrhunderts

Ein weiteres Stück „altes Hyères“, kombiniert mit Kunst des 20. Jh. und einem Hauch von Rock 'n' Roll, findet sich in den Chambres d'hôtes Castel Pierre Lisse. Die typisch provenzalische Villa stammt aus dem Jahr 1850 und war einst im Besitz der amerikanischen Schriftstellerin Edith Wharton. Vor fast neun Jahren kaufte der heutige Eigentümer und Kunstsammler Nicolas Broche die Villa: „Ich habe jedem Zimmer ein eigenes Design gegeben, das von einem bestimmten Künstler inspiriert ist, und es mit meiner eigenen Kunstsammlung ausgestattet.“ Im Wohnzimmer fallen ein Bild von Mick Jagger und Keith Richards des Fotografen

HYÈRES PORQUEROLLES TOULON

Mario Testino und sowie das Regal mit den Roboter-Actionfiguren ins Auge. In „meinem“ Zimmer sind die Wände golden gestrichen und an der Schranktür hängt Lego. „Das war früher Spielzeug meines Sohnes“, erzählt Nicolas liebevoll. DZ ab €100/Nacht. castelpierrelisse.fr

3 Hôtel La Reine Jane Mediterrane Designer-Zimmer

Auch im Hotel La Reine Jane an der Küste von Hyères dreht sich alles um Kunst. 1965 waren das Hotel und der kleine Hafen davor Kulisse für Jean-Luc Godards Film Pierrot le fou („Elf Uhr nachts“) mit Anna Karina und Jean-Paul Belmondo. Das blau-weiße Gebäude und die Inneneinrichtung wirken frisch, sommerlich und mediterran.

Eigentümer David und Lisa Pirone haben dem Hotel 2017 einen völlig neuen Look verpasst. 14 ehemalige Teilnehmer oder gar Gewinner der Design Parade durften jeweils einen Raum gestalten, das Mittelmeer diente als Inspiration.

Lisa: „Gäste kommen auch wegen der Gestaltung des Zimmers und der Kunst her, nicht nur wegen des Komforts. Deshalb schlafen sie hier oft nur eine Nacht.“ In Erinnerung an den Film wurde an der Außenseite des Gebäudes nichts verändert. Das Strandrestaurant Le Marais ist ein weiteres großes Projekt des Paares.

• DZ ab €105/Nacht. lareinejane.fr, lemaraisplage.fr

4 Parcours des Arts

Von Galerie zu Galerie schlendern

Eine weitere Möglichkeit, Kunst in Hyères zu erleben, ist der Parcours des Arts, ein zwei Kilometer langer Spaziergang im historischen Zentrum, der an verschiedenen Kunsthandwerkern, Galerien und Künstlern vorbeiführt. Zum Beispiel das LadenAtelier Lily Blanche, wo Schmuck, Aquarelle und Duftkerzen (sogar eine Kerze mit den Düften von Hyères) zu finden sind. Sous les Palmiers bietet unter anderem schöne Strick- und Häkelarbeiten und hübsche Accessoires aus recycelten Werbebannern des Tourismusbüros von Hyères. parcoursdesarts.hyeres.fr

Oben links: die Villa Noailles, daneben die Terrasse des Hotels La Reine Jane; gegrillter Oktopus im Restaurant Le Jardin in Hyères

› Hyères & Toulon FRANKREICH MAGAZIN 65

Rechts: Eleganz pur auf dem Parcours des Arts in Hyères, der an Kunsthandwerkern, Galerien und Künstlern vorbeiführt.

Oben: Rouge Lola verkauft Kinderkleidung.

Unten: Im Geschäft Un brin c'est tout! werden Keramik und Accessoires aus Korbgeflecht feilgeboten.

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Porquerolles

5 Villa Carmignac

Kunst und Kulinarik

Vor der Küste von Hyères liegen die drei Inseln Porquerolles, Port-Cros und Île du Levant, wobei erstgenannte am besten erreichbar und folglich meistbesucht ist. Auch die Kunst spielt auf Porquerolles eine wichtige Rolle: Inmitten der Pinienwälder und Weinberge wurde 2018 ein Museum für zeitgenössische Kunst eröffnet, die Villa Carmignac. Eine der Ideen dahinter: Kunstbetrachtung macht klüger. Die Ausstellung The Imaginary Sea kann nur barfuß besucht werden. Die Dame,

die umherführt, erklärt dies so: „Wir wollen dass sich die Menschen hier wohlfühlen, dass die Distanz zwischen Kunst und Betrachter geringer ist und es keine sozialen Unterschiede gibt“. Im Restaurant Poisson Ivre speisen die Gäste unter Pinienbäumen und Küchenchef Hugo Mancel zaubert die leckersten Gerichte: „Ich gehe von einem Gemüse der Saison aus und kreiere dazu verschiedene Gerichte mit Fleisch, Fisch und mehr.“ Der Name des Restaurants bedeutet „betrunkener Fisch“ und spielt auf die am Meer gelegenen Weinberge an. fondationcarmignac.com

› Hyères & Toulon FRANKREICH MAGAZIN 67
Links: Blick auf den Strand von Notre Dame auf Porquerolles; oben: am Eingang der Villa Carmignac steht die Skulptur „L'Alycastre“. von Miquel Barceló, inspiriert vom mythischen Drachen von Porquerolles.

Oben: Illustrationen von Monsieur Z in der Galerie LISA; Hommage an den berühmten Touloner Schauspieler Jules Auguste Muraire (Raimu).

Toulon

6 Rue des Arts

Das neue Toulon Toulon liegt eine halbe Autostunde von Hyères entfernt zwischen den Bergen und dem Meer. Das Viertel Rue des Arts in der Altstadt war schäbig und heruntergekommen, wurde aber 2017 renoviert. Jetzt schmücken Gedichte, eine Fotoausstellung und Street Art die Wände. Es gibt viele Restaurants und Bars, Kunsthandwerk, Concept Stores, Museen, Galerien und (Kunst-)Geschäfte. Unternehmer und Kreative fühlen sich vom „neuen Toulon“ angezogen. So auch Romain Pappon von Le Petit Biscuitier: „Ich bin nach Toulon zurückgekommen, weil sich die Stadt so sehr verändert hat. Sie erlebt eine Metamorphose und ich möchte daran teilhaben.

„Selbst die Girlanden mit großen, bunten Schmetterlingen in den Straßen scheinen Teil dieses Gefühls zu sein. Galerie LISA zeigt umwerfende Arbeiten des französischen Illustrators und Grafikdesigners Monsieur Z aus Hyères. Seine Illustrationen für verschiedene Städte, Dörfer und Marken an der Côte d'Azur versprühen einen unverkennbaren Hauch von Glamour und Vintage. ruedesarts.fr

7 Hôtel L’Eautel Rund ums Wasser

In der Rue des Arts liegt die Place de l'Équerre mit ihren Fassaden in warmen Farben, Olivenbäumen und Bars. Hier spielt abends die Musik. An diesem Platz gegenüber des Hafens von Toulon liegt das neue Hotel L'Eautel. Hier dreht sich alles um das Thema Wasser. Der Empfang findet in einem Boot statt, neben dem Bett hängen Ruder und an die Wände sind Wellen gemalt. Ein prächtiges, restauriertes Glasdach aus dem 19. Jh. von Gustave Eiffel ziert das Hotelrestaurant L'Équerre, das mit einer ausgezeichneten Speisekarte glänzt. DZ ab €79/Nacht. 1 leautel-toulon.com

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Hôtel Les Voiles Segel-Legenden

Auch das Hôtel Les Voiles im Stadtteil Mourillon, außerhalb des Zentrums ist vom Wasser inspiriert. Die Wände der Zimmers erzählen Geschichten. Eigentümer Jérôme Suere: „Wir wollen die Geschichte des alten Toulon und ausgewählter Gewinner des Segelwettbewerbs Giraglia Cup erzählen. Ich habe sie ausgesucht, weil sie mich berühren.“ Das Hotel hat das einzige Dachrestaurant in Mourillon mit Blick auf das Meer, seine Karte schließt an die dort servierten Cocktails an. DZ ab €99/Nacht. hotel-voiles.com

9 Design Parade

Modernes Design mit altem Grandeur

In Toulon haben zehn Finalisten der Design Parade die Inneneinrichtung zum Thema „Méditerranée“ entworfen. Hinter dem Entwurf Folle Envie verbirgt sich eine Indoor-Poolbar ohne Pool. Er atmet die alte Pracht der Riviera. Der Entwurf Mirage gewann mit einer Vintage-Terrasse im Innenbereich den Publikumspreis. Ein riesiger gelb-olivgrüner Sonnenschirm beherrscht diesen Raum. Auch

Oben: auf dem Feinschmeckermarkt Les Halles; unten: VintageTerrasse im Innenbereich der Design Parade in Toulon; Hotel L'Eautel. Nächste Seite, von oben nach unten: bunte Schmetterlinge in der Rue des Arts; unten: das Restaurant Beam, das zum Le Télégraphe gehört; Le Chantilly, Toulons ältestes Café mit traditionellen provenzalischen Gerichten.

› Hyères & Toulon FRANKREICH MAGAZIN 69

das Modehaus Chanel nimmt an der Design Parade teil und veranstaltet einen eigenen Designwettbewerb für die Finalisten. villanoailles.com/en/festivals/design-parade-toulon

10 Le Télégraphe Kreatives Selbstbewusstsein

Hier kommen alle Arten von Kunst zusammen. Das ehemalige Postamt von 1850 wurde zu einem Theater-, Opern- und Konzertsaal umgebaut und verfügt über eine eigene Töpferwerkstatt. Dort entsteht zum Beispiel das Geschirr für das dazugehörige Restaurant Beam, wo die Gerichte von Sternekoch Arnaud Tabarec wahre Kunstwerke sind: „Ich habe keine Speisekarte und ich entscheide, was Sie essen. Ich wiederum suche mir die Produkte nicht aus, denn ich verwende das, was mein Lieferant hat. Wenn das Tomaten sind, improvisiere ich damit. Die Gerichte serviere ich persönlich, weil ich sie erklären möchte.“ Auch hier scheinen also Selbstbewusstsein und Kreativität durch. Und genau das ist es, was das „neue Toulon“ so attraktiv macht.

2, rue Hippolyte Duprat.

• letelegraphe.org

• facebook.com/beamkitchentoulon

Essen

HYÈRES

Restaurant Le Jardin

Menü mit provenzalischer Küche (viel Fisch, Meeresfrüchte und vegetarische Gerichte) in einem hübschen Hofgarten.

19, avenue Joseph Clotis. lejardin-hyeres.fr Au Fil de l’Eau

Französische Küche mit ausschließlich frischen Produkten. Die Lage auf einem kleinen, abgelegenen Platz macht es besonders angenehm.

2, place des Savonniers. facebook.com/restaurantaufildeleauahyeres

TOULON

Les Halles

Neuer Gourmet-Foodmarkt mit Dachterrasse.

28, place Vincent Raspail. biltoki.com/hallestoulon

La Calanque

Verstecktes Bar-Restaurant am Strand Anse Magaud, das als Geheimtipp für Verliebte gilt.

367, chemin de la Mer. lacalanque.com

Le Chantilly

Das älteste Café von Toulon (1907) mit schmackhaften, traditionellen provenzalische Gerichten.

15, place Pierre Puget. facebook.com/lechantillytoulon

Austern beim Züchter

Mit dem Boot vom Hafen von Toulon zum Les Sablettes-Resort, wo es frische Austern und andere Köstlichkeiten von den sechs

Fischfarmen der Baie du Lazaret gibt. Allée de la Petite Mer, Seyne-sur-Mer (links halten nach Ankunft des Bootes)

WEITERE INFORMATION

hyeres-tourisme.com

toulontourisme.com

tourisme-ouestvar.com

tourismeprovencemediterranee.com

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Paul Smith und Picasso

Am 8. April jährt sich der Todestag von Pablo Picasso zum 50. Mal. Anlass für das nach ihm benannte Museum, einen frischen Blick auf das Oeuvre des einflussreichen Künstlers zu werfen. Hierzu hat das Haus den britischen Modedesigner Paul Smith eingeladen, der eine Auswahl von Prunkstücken aus der hauseigenen Sammlung neu inszeniert und diese gleichzeitig an Arbeiten zeitgenössischer Künstler spiegelt. So ist es unter anderem Guillermo Kuitca und Mickalene Thomas vorbehalten, Picasso neue Aspekte abzugewinnen.

Célébration Picasso – La collection prend des couleurs!, Musée national Picasso in Paris, bis 27. August 2023, museepicassoparis.fr

Kulturtipps

Scharfe Kurven

Im französischen Mülhausen präsentiert das Nationale Automobilmuseum ab April die berühmten Autos aus den Filmen von Louis de Funès. Die Sonderausstellung vereint neben Filmausschnitten Automodelle aus Filmen, Plakate, Filmfotos und Origianal-Requisiten, zum Beispiel die nach einem Zusammenprall mit einem RxollsRoyce völlig zerlegte 2CV-„Ente“ oder der berühmte Citroën Méhari aus der Serie „Der Gendarm von Saint Tropez“. Die Erläuterungen sind auf Deutsch und Autofans finden in der Dauerausstellung zudem mehr als 500 Oldtimer. Unterwegs mit Louis de Funès, 4. April bis 5. November 2023, musee-automobile.fr

Schillerndes Paar in Schleswig

Die künstlerische Entwicklung von Christo und Jeanne-Claude von Mitte der 1950er Jahre bis zu Christos Tod im Mai 2020 steht im Mittelpunkt einer Ausstellung, die das Museum im Schloss Gottorf bis zum 3. September zeigt. Die Schau beginnt mit Christos Frühwerk und ersten künstlerischen Arbeiten in Paris, wo der in der Kunstakademie Sofia ausgebildete und später aus Bulgarien geflohene Christo Vladimirov Javacheff in Kontakt mit internationalen Kunstschaffenden kommt. In Paris auch begegnet er 1958

Jeanne-Claude Denat de Guillebon, als er ihre Mutter porträtieren sollte. Es ist der Ausgangspunkt für eine steile Karriere, die mit der Verhüllung des Berliner Reichstags und des Triumphbogens in Paris spektakuläre Höhepunkte erreicht. Die Schau führt vor Augen, wie es dazu gekommen ist. Auch erlaubt sie einen Ausblick auf die noch nicht realisierte Mastaba in Abu Dhabi. Christo und Jeanne-Claude - Paris. New York. Grenzenlos, bis 3.9.2023, Museum für Kunst und Kulturgeschichte, Schleswig.

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Mit vier Händen

Eine Freundschaft, die über Gemälde anstelle von Worten funktioniert. So hat Keith Haring das Verhältnis von Jean-Michel Basquiat (19601988) zu Andy Warhol (1928-1987) beschrieben. Die beiden Künstler haben 1984 und 1985 rund 160 Werke à quatre mains geschaffen. Diese von vier Händen gestalteten Werke sind ab dem 5. April in der Pariser Fondation Louis Vuitton zu sehen. Sie führt auf bisher unbekannte Weise vor Augen, wie die beiden Avantgardisten sich gegenseitig beeinflusst haben: Während Basquiat Warhol als Schlüsselfigur der Kunstszene schätzte, fand Warhol über Basquit zu einem neuen Interesse für die Malerei. Basquiat x Warhol. Painting 4 hands, Fondation Louis Vuitton, Paris, 5.April - 28. August, fondationlouisvuitton.fr

Niki und ihre Nanas

Die Frankfurter Schirn nimmt sich in diesem Frühjahr einer Protagonistin der europäischen Pop-Art an: Niki de Saint Phalle. Die französischamerikanische Künstlerin (1930–2002) gilt darüber hinaus als Mitbegründerin des Happenings. Genug Stoff also für eine umfassende Werkschau, die mit rund 100 Arbeiten einen Überblick über alle Schaffensphasen bietet. Die Ausstellung gewährt Einblicke in die Art und Weise, wie Niki de Saint Phalle eine unverwechselbare Formensprache und ein facettenreiches Werk

entwickelt hat. Zwar gelten die Nanas, ihre bunten, großformatigen Frauenskulpturen, bis heute als ihr Markenzeichen. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass die Künstlerin auch unbequem sein konnte: Sie kritisierte Institutionen und Rollenbilder und behandelte in ihrem Werk soziale und politische Themen wie die Stigmatisierung durch AIDS, das Recht auf Abtreibung, Waffengesetze oder den Klimawandel.

Niki de Saint Phalle, Frankfurt Schirn Kunsthalle, bis 21. Mai 2023, schirn.de

Unterschiede zwischen Manet & Degas

Dass Édouard Manet (1832-1883) und Edgar Degas (1834-1917) von Pferderennen über Café-Szenen bis zu Prostitution ähnliche Motive verwendet haben und auch sonst viel gemeinsam haben, ist hinlänglich bekannt. Höchste Zeit also, einmal nach den Unterschieden zwischen den beiden wegweisenden Malern zu schauen. Dieser Aufgabe nimmt sich nun das Pariser Musée d‘Orsay an. Hierzu werfen die Kuratoren einen Blick auf zwei Künstler, die über einen völlig unterschiedlichen persönlichen Hintergrund verfügen

und die einen dezidiert anderen Geschmack in Sachen Musik und Literatur hatten. Auch interessieren sich die Ausstellungsmacher für Entscheidungen, welche die beiden Maler im Verlauf ihrer Karrieren getroffen haben, was zu einer merklichen Abkühlung ihrer Freundschaft geführt hat. Ein spannender Ansatz, der das Ziel verfolgt, einen neuartigen Blick auf den Entstehungsprozess des Impressionismus zu werfen. Manet/Degas, Musée d’Orsay, 28. März bis 23. Juli, musee-orsay.fr

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Eine Landschaft voller Geschichten

AUSFLUG NACH FRANKREICH INS PAYS DE MONTBÉLIARD

Mömpelgard! Dieser lustige Name ist die deutsche Bezeichnung für die französische Stadt Montbéliard. Die Grafschaft gehörte von 1397 bis 1793 zum Herzogtum Württemberg. Deutsch wurde hier jedoch nie gesprochen. Bis heuten ist es spannend, in Montbéliard in eine französische Stadt einzutauchen.

Geschichte und Kulturerbe

Geschichte wird im nahen Mandeure lebendig. Vor 2000 Jahren hatte man dort ein Theater errichtet. Es war eine der größten Anlagen der galloromanischen Epoche. Ihre Überreste sind heute ganzjährig zugänglich. In der Altstadt von Montbéliard enthüllen im Schlossmuseum Möbelstücke, Gegenstände und Kunstwerke die tausendjährige Geschichte der Grafschaft. In den Straßen von Montbéliard sind noch heute Spuren der protestantischen Bourgeoisie sichtbar. Die evangelische Martinskirche (16011607) ist ein Meisterwerk Heinrich Schickhardts. Sie ist dem italienischen Baustil des Cinquecento nachempfunden. Ein Spaziergang durch die Stadt eröffnet den Blick auf Häuser mit bunten Fassaden wie im alemannischen Raum.

Natur

Natur und Weite des Pays de Montbéliard verbinden sich auf wunderbare Weise mit dieser tausendjährigen Geschichte. Besuchen Sie am Fuße des Jura bemerkenswerte Naturgebiete, das regionale Naturschutzgebiet „Crêt des Roches“, die „Teiche der Prinzen“ und die Felsbrücke „Pont Sarrazin“. Steigen Sie zu den Aussichtspunkten in die Höhe, um die Weite der Landschaft zu bewundern. Natur und Kulturerbe lassen sich ideal zu Fuß, mit dem Fahrrad oder sogar in einem Oldtimer über das Fremdenverkehrsamt erkunden.

Natur und Stadt Natur und Stadt

Im Pays de Montbéliard gibt es dank der grünen Umgebung und des Kulturerbes viel zu entdecken.

Montbéliard, Frankreich (Franche-Comté)

120 km von Freiburg/Breisgau

170 km von Offenburg

220 km von Baden-Baden

300 km von Stuttgart

TGV-Bahnhof Belfort-Montbéliard

Für Feinschmecker und Traditionsbewusste Geräucherte Montbéliard-Würste und Comté-Käse aus der frischen Milch der Montbéliard-Kühe gehören zu den Spezialitäten des Pays de Montbéliard. Auch der typische Schmelzkäse Cancoillotte darf auf einer traditionellen Speisekarte nicht fehlen. Wichtige künstlerische Traditionen sind die Verquelure, ein Hanfstoff, der auf das Mittelalter zurückgeht, und die Diairi, eine Kappe die als Symbol des Protestantismus den Frauenkopf bedeckte. Eine große Auswahl schmucker Verquelure-Objekte ist in der Touristeninformation zu erstehen.

Französische Kulturhauptstadt 2024 Entdecken Sie eine Region mit einem bedeutenden kulturellen Leben. Es ist kein Zufall, dass das Pays de Montbéliard als „Französische Kulturhauptstadt 2024“ ausgezeichnet wurde! Die Region bereitet ein außergewöhnliches, nachhaltiges Kulturprogramm für jedermann vor.

www.staccato.fr© Pays de Montbéliard Tourisme, A.Doire/BFC Tourisme © Stéphanie Durbic –PMA Manon Adolph

Auvergne-Rhône-Alpes

Grandios einfach

Der tiefe Süden der Isère treibt zufrieden mit der Zeit. Die kleinsten Dörfer werden von einer Handvoll mutiger Bauern und ehemaligen Städtern bewohnt, die ein reicheres Leben fernab der hektischen Zivilisation suchen. Oh, und hatten wir bereits erwähnt, wie schön es dort ist?

HANS AVONTUUR
TEXT & FOTOS
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ISÈRE

In einem Sträßchen voller verwitterter Häuser strahlen Stockrosen in der prallen Sonne. Ich suche nach einem Lokal fürs Mittagessen, doch die Auswahl ist eher spärlich in den kleinsten Dörfern der Region. Doch wie mir zuflüstert wurde, befindet sich am Marktplatz von Clelles eine gute Adresse. Auf den Tisch kommt, was gerade vorhanden ist. Alles ist lecker, frisch und größtenteils aus biologischem Anbau vom eigenen Hof.

Le Bistrot de la Place entpuppt sich als Volltreffer, eine Adresse, wie man sie auf Reisen überall zu finden hofft. Mit Stühlen unter dem Dachvorsprung des ehemaligen Dorfbrunnens und Büchertausch. Das Stimmengewirr der Gäste weht über den Platz, um bei der Mairie Widerhall zu finden. Links und rechts vom Rathaus stehen – ordentlich getrennt –die ehemalige Mädchen- und Jungsschule.

Ursprünglich wollte ich nur eine Plat du jour, daraus aber ist eine Formule complète geworden. Es ist einer

dieser Momente, in denen plötzlich alles stimmt. Ein Tisch im Schatten, einfache Häuser in der Umgebung, eine unprätentiöse Terrasse und ein gesunder vegetarischer Hauptgang der schmeckt. „Das Gemüse kommt von unserem Hof“, sagt die Bedienung. „Im Sommer vollständig und im Winter immerhin zur Hälfe“.

Ich rücke meinen Stuhl nach hinten und genieße noch ein bisschen weiter. Links plätschert der Springbrunnen, aus der Küche klingt ein Lachen und am Nebentisch bestellen die Gäste noch eine Flasche Wein und einen freien Nachmittag. Gleich lasse ich mich weitertreiben durch die Matheysine und die Trièves, eine Region im tiefsten Süden des Departements. Einen Plan? Brauche ich nicht. Ich lasse mich einfach treiben, von Dorf zu Dorf und schaue was alles passiert.

Schöne Weiler

Die Isère ist vor allem für ihre hohen Berge bekannt. Für Wanderer, Kletterer, Mountainbiker

und im Winter für Skifahrer. Auch die Seen gehören zu den Top-Attraktionen. Doch jener Zipfel im tiefen Süden, wo die Regionen Matheysine und Trièves liegen, ist immer ein bisschen unbeachtet geblieben. Abgesehen von La Mure vielleicht, wo sich ein kleiner Zug quer durch die Felsen seinen Weg zu einem Aussichtspunkt bahnt. Die Bahn wurde vor über 130 Jahren für den Kohletransport nach Grenoble angelegt. Damals galt sie als technische Meisterleistung, denn auf einer Strecke von 30 km mussten 142 Tunnel, Viadukte und Brücken errichtet werden. Später dienten die Gleise dem Personenverkehr zum Klosterkomplex Notre-Dame de la Salette. Vorbei an kleinen Dörfern setze ich meinen Weg durch die Täler fort. Die Gegend liegt auf einem Plateau, das von den Gipfeln des Vercors, des Massif de Dévoluy und des Massif des Écrins umgeben wird. Auf dem Plateau ist die Landschaft nur leicht gewellt. Nacheinander erreiche ich Le Perrier, Lalley, Saint-Maurice-en-Trièves und Le

Monestier-du-Percy. In Prébois, noch so einem hübschen Weiler, begegne ich dem Winzer Samuel Delus. Auch ihn hat es nach Trièves verschlagen, um ein ruhiges und gehaltvolleres Leben zu führen. „Hier bin ich aufgewachsen, aber ich habe jahrelang in Paris gewohnt”, erzählt er unterwegs zum Weinkeller seiner Domaine de l’Obiou. „Ich habe als Techniker in der Filmbranche gearbeitet. Seit einigen Jahren bin ich Winzer. Die Region eignet sich gut zum Anbau von Trauben. Früher waren die ganzen Hänge rundum das Dorf damit bepflanzt, doch durch die Landflucht sind die meisten

Aufschlagseite links: ein kleines Schloss in Clelles; rechts: das Bistrot de la Place in Clelles. Links: das Plateau am Fuß des Grande Tête; unten: Winzer Samuel Delus; schmale Gassen in Mens, für Packesel gemacht.

Isère FRANKREICH MAGAZIN 79
Eigentlich war ein Plat du jour der Plan, doch daraus ist eine Formule complète geworden. Es ist einer dieser Momente, in denen plötzlich alles stimmt
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verschwunden oder verwildert. Gemeinsam mit einigen Winzern arbeite ich daran, dies rückgängig zu machen.“ Samuel spricht bescheiden über die Wiederauferstehung des Weinbaus: „In der französischen Weinbranche spielen wir mit unseren zwölf Hektar keine Rolle. Doch wir sind mit Liebe und Leidenschaft dabei. Die Weine werden immer besser und bekannter. Auf dem Lande verdient man weniger Geld, aber das Leben ist gehaltvoller.“

Gemeinschaftssinn

In ihrem Atelier bei Clelles bestätigt die Schmuckdesignerin Dorothée Brunel diesen Eindruck. Ihre kleinen Kunstwerke stellt sie vor allem aus Abfallprodukten von Glas und gebrauchten Kaffeekapseln her. „Die Menschen, die sich hier niederlassen, haben eine Gemeinsamkeit“, erklärt sie. „Wir haben uns alle für ein ähnliches Leben entschieden, das sorgt für ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Wir versuchen gemeinsam, die Infrastruktur aufrecht zu erhalten. Und das funktioniert immer besser.“

Natürlich hat dieses Leben auch seine Nachteile. Wer in die Stadt möchte – Gap und Grenoble sind mit dem Auto ungefähr eine Stunde entfernt – oder einkaufen will, kann das kaum mit öffentlichen Verkehrsmitteln tun. „Doch wir haben eine Whatsapp-Gruppe, in der die Bewohner kundtun, wo sie hinfahren. So können andere mitfahren. Das ist

praktisch und gesellig. Auch gibt es ein Elektroauto, das wir für solche Zwecke teilen.“ Die Gegend ist weniger ausgestorben, als dies auf den ersten Blick scheint. Ja, aus einigen Dörfern sind viele Bewohner weggezogen, doch andernorts ist der Gemeinschaftssinn geblieben. Das ist auch historisch bedingt, da sich hier viele Protestanten niedergelassen haben, die andernorts vertrieben worden waren. Hier konnten sie ihr eigenes Leben führen. Dieses Gefühl sitzt tief und zieht andere an.

So existiert zum Beispiel eine Route, die zu Handwerkern führt: La route des savoir-faire du Trièves. Sie führt zu Menschen wie Winzer Samuel und Schmuckdesignerin Dorothée, die ihrer Arbeit mit Leidenschaft nachgehen, das entschleunigte Leben genießen und die sich mit weniger Komfort und Luxus begnügen. Neben Bauern warten auch Töpfer, Korbflechter, Geigenbauer, Goldschmiede, Schreiner, Kaffeeröster sowie diverse Künstler

Links: der azurblaue See Lac de MonteynardAvignonet; oben: Craft-Beer in der Brasserie Matheysine; das hübsche Zentrum von Mens.

Die schroffen Felsformationen bilden einen herben Kontrast zur lieblichen Landschaft im Tal: ein plätschernder Bach, ein Weiler mit Kapelle, eine schlichte Brücke, Blumenfelder
› Isère FRANKREICH MAGAZIN 81

auf Besucher. Von meinem Standort in La Mure, das sich leicht erhöht auf einem Grat befindet, folge ich einer Weile der Route Napoléon, jener berühmten Strecke, die der gefallene Kaiser nach seinem Exil auf Elba genommen hat, um abermals nach der Macht zu greifen. Unterwegs nehme ich eine Abzweigung zum Ende der Welt, das den kuriosen Namen Le Désert (die Wüste) trägt.

Himmlischer Gesang

Das Tal ist formvollendet. Nachdem die Straße eine Biegung macht, gibt sie für einen Moment den Blick

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„Es gibt eine WhatsappGruppe, in der die Bewohner melden, wann sie in die Stadt fahren. So können andere mitfahren. Das ist praktisch und zugleich gesellig“

auf die mächtigen mehr als 3000 m hohen Gipfel des Parc National des Écrins frei. Die schroffen Felsenformationen bilden einen herben Kontrast zu der lieblichen Landschaft im Tal. Ein leise vor sich hinplätschernder Bergbach, ein Dorf mit Kapelle, eine schlichte Brücke, Blumenfelder. Der Asphalt endet bei einer Handvoll Häuser in, genau, Le Désert. Dahinter beginnt eine andere Welt: das Hochgebirge. Doch man braucht kein Kletterer zu sein, um ein paar Kilometer über den Weg zu wandern. Je weiter man läuft, desto kleiner fühlt man sich hier, denn die hohen Felsen scheinen einen hier vollständig zu umschließen. Der Wasserfall La Pisse eignet sich gut als Wendepunkt. Mit dem Massif des Écrins im Rücken kehre ich vollends zufrieden in die Zivilisation zurück. Zur Krönung des Tages bietet sich nun noch ein Bad in einem der azurblauen Seen an. Oder auch ein Gläschen auf einer Terrasse am Wasser wie der von La Guinguette – inklusive ihrer fürstlichen Aussicht auf den Lac du Sautet und das Massif du Dévoluy in Richtung Süden.

Am Abend schlendere ich noch ein wenig durch die Altstadt des Örtchens Corps. Auf dem Weg zur Machtergreifung hat Napoleon hier übernachtet. Ein Schild an der Fassade eines Hauses erinnert

daran. In der Abenddämmerung höre ich durch die offenen Kirchentüren einen himmlischen Gesang. Ich suche einen Tisch fürs Abendessen und schmiede einen Plan für meinen letzten Tag in der Region.

Vom See in die Schlucht

Eigentlich stand das große Kloster Notre-Dame de la Salette auf dem Programm, doch davon sehe ich ab, weil ich mich noch ein letztes Mal treiben lassen möchte. Frei sein, mal links abbiegen und dann wieder rechts. Also folge ich einer Straße, die am Seeufer vorbei durch die Schlucht von Le Drac führt, um über eine große Brücke die Fahrt zu Dörfern und Weilern zu erlauben, die im Morgenlicht leuchten. Auf einmal denke ich: Hier war ich schon mal. Das Prébois von Winzer Samuel, das ökologische Zentrum Terre Vivante mit seinen Gärten, Clelles mit dem wunderbaren Bistrot de la Place und links die steilen Wände von Vercors. Über schmale Sträßchen geht es auf und ab, als würde ich mich zwischen Himmel und Erde fortbewegen. Und dann geht es plötzlich eine Passstraße hinauf, zum Col de l’Arzelier. Auf einmal merke ich, dass ich mich nicht mehr im tiefsten Süden der Isère befinde. Die Region hat mich sanft von dannen ziehen lassen.

Links: das Dorf Mens: oben: Weiler auf dem Weg nach Le Désert; schlichte Schönheit in Prébois.

Isère FRANKREICH MAGAZIN 83

Tipps & Adressen

Die Region

Matheysine und Trièves liegen im Süden des Departements

Isère, ungefähr eine Stunde von Grenoble entfernt. Bekanntester Ort ist La Mure, das an der Route Napoléon liegt. Auch das Städtchen Corps ist für sein historisches Zentrum und das Haus, in dem Napoleon übernachtet hat, bekannt.

Anreise

Die Regionen Matheysine und Trièves sind etwa 750 Kilometer von Frankfurt am Main entfernt. Grenoble hat Zuganbindung und einen Flughafen. Zur Erkundung braucht es ein Auto.

Übernachten

Hôtel de la Poste (Corps) Das Hôtel de la Poste in Corps ist eine charmante, historische Bleibe. Die Zimmer sind auf klassische Weise individuell eingerichtet. Chefkoch Jérémy da Fonseca pflegt eine exzellente Küche mit einer Mischung aus traditionellen und modernen Techniken. Die Terrasse grenzt an die Route Napoléon. hotel-poste-corps.com

Château de Pâquier, (Pâquier)

Gutes Beispiel für ein französisches Landschloss. Ursprünglich

stammt es auf dem 16. Jh., doch es wurde mehrmals renoviert. Das Domizil verfügt über fünf unterschiedlich große, individuell eingerichtete Zimmer. Die meisten verfügen über historische Elemente wie gewölbte Decken, Holzböden oder alte Balken. chateaudepaquier.fr

Essen & trinken

Bistrot de la Place (Clelles)

Traumadresse am Dorfplatz neben der Mairie. Beliebt bei den Dorfbewohnern, Menschen aus der Region und Besuchern. Meist gibt es die Wahl aus zwei Gerichten. Viele Produkte kommen vom eigenen Hof oder von befreundeten Bauern aus der Region. lebistrotdelaplace.fr

Brasserie Matheysine

Da das Hobby von Jérome und Elodie Viallet etwas außer Kontrolle geraten ist, können Besucher hier diverse Sorten wunderbares Craft-Beer wie Blondes, Braunen oder IPA verkosten. Am Wochenende gibt es außerdem eine kleine Karte mit leckeren Gerichten. brasseriematheysine.fr

La Guinguette (Lac du Sautet)

Unkompliziertes Lokal am Lac du Sautet. Tagsüber kommen viele Badegäste. Schöne Terrasse mit Ausblick und umfangreiche Karte mit Salaten, Burgern und französischen Klassikern wie Tatar und Bavette. guinguette-corps.com

La Patine (Le Collet)

Restaurant mit guter Atmosphäre in einem alten Hof, etwas versteckt auf dem Lande. Auf der Karte stehen französische Klassiker mit modernem Dreh. Im Garten locken PicknickTische, für einen schwülen Sommerabend. Keine Website. +33 (0)476812362

Unternehmen

Petit Train Rouge (La Mure)

Die bekannteste Attraktion der Region. Das rote Bähnchen fährt von La Mure zu einer Plattform oberhalb der Stauseen mit traumhafter Aussicht. Die Gleise bahnen sich ihren Weg quer durch die Berge. Mit Zwischenstopp am Bergbaumuseum. lepetittraindelamure.com

Distillerie La Salettina (Corps)

Boutique-Destillerie im Geburtshaus von Maximin Giraud in Corps, dem Schäferjungen, der Zeuge jenes Wunders wurde, das die Wallfahrten nach La Salette ausgelöst hat. Vor Ort wird ein Likör nach altem Rezept zubereitet. Es gibt ein kleines Museum. salettina.com

Kloster (oberhalb von Corps)

Der riesige Klosterkomplex Notre-Dame de la Salette wurde im 19. Jh. auf 1800 Metern Höhe errichtet. Es handelt sich um den meistbesuchten Wallfahrtsort in Frankreich nach Lourdes mit 150 000 bis 200 000 Besuchern pro Jahr. La Mine Image (La Motte d’Aveillans)

Das Bergbaumuseum befindet sich zum Teil in der ehemaligen Kohlegrube. Dies vermittelt Besuchern eine gute Vorstellung vom harten Leben der Bergarbeiter. mine-image.com

Informationen

matheysine-tourisme.com trieves-vercors.fr alpes-isere.com

84 FRANKREICH MAGAZIN

Côte d’Azur

Urlaub an der Côte d’Azur, direkt am Strand? Im Schatten eines weitläufigen Pinienwaldes an der Küste finden Sie den FünfSterne-Campingplatz Camp du Domaine, ein idealer Ort für die ganze Familie.

Wenn Sie abends vor Ihrem Wohnmobil, Zelt oder Wohnwagen unter dem Sternenhimmel das Rauschen des Meeres hören, sind Sie wie verzaubert. Dies ist der Campingplatz am Meer, von dem Sie geträumt haben. Für jeden ist etwas dabei, da man auch mieten kann. Die Bungalows, die etwas höher auf einem bewaldeten Hügel liegen, bieten von der Terrasse einen Meerblick. Auf diesem großen Campingplatz finden Sie alles, was Sie brauchen, von Restaurants und Bars bis hin zu einem Supermarkt.

Sehenswürdigkeiten

Wer gerne die Umgebung erkunden möchte, kann Monaco und Saint-Tropez besuchen. Bormes-Les-Mimosas, ein typisches provenzalisches Dorf mit verwinkelten Gassen, liegt nur wenige Gehminuten vom Campingplatz entfernt. Das alte Fischerdorf Le Lavandou ist über einen Pfad entlang der Küste zu erreichen. Es gibt einen Markt am Donnerstagmorgen. Der Campingplatz organisiert auch Ausflüge mit dem Minibus und einer Führung. Einfach praktisch.

Auf dem Campingplatz

Für kleine Kinder gibt es schöne Spielplätze, Wasserfontänen und einen kostenlosen Miniclub. Sie finden sogar spezielle Babybäder! Die Kinder können Bogenschießen, Windsurfen und Wasserski fahren, für Jugendliche gibt es die Möglichkeit, Tennis oder Beachvolleyball zu spielen. Herausforderung: vielleicht sogar einen Tauch- oder Segelkurs machen. Abends sorgt das Animationsteam für Spaß. Camp du Domaine ist ein großartiges Urlaubsziel und weit genug vom Trubel von St. Tropez entfernt.

CAMP DU DOMAINE

2581 La Favière

F-83230 Bormes-les-Mimosas

Tel. (0033) 4 94 71 03 12

GPS 43.1179, 6.35183

Der Campingplatz liegt in einem 45 Hektar großen Park direkt am Strand mit vielen Plätzen für Camping und Bungalow. www.campdudomaine.com

Camp du Domaine versichert seinen Gästen, dass alle notwendigen Vorkehrungen getroffen wurden, um die Verbreitung des Coronavirus zu verhindern.

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Blätterdach

Subtile Schatten von handgemachten

„Blütenblättern“ wirft diese Hängelampe an die Decke. Sie ist aus Messing, Rattan und einem mit natürlichem Pigmenten gefärbten Stoff gefertigt. In verschiedenen Farben erhältlich.

Georges, Applique, Pale Nomade, €190. georgesstore.fr

Maison

Französisches Design für daheim

Lavendeltraum

Sommer in der Provence! Mit diesen Duftstäbchen von Carrière Frères bringen Sie einen dezenten Hauch von Südfrankreich in Ihr Zuhause. Carrière Frères, Lavender Diffuser, €65. carrierefreres.com

Loungen, wo Sie wollen

Mit dieser federleichten aufblasbaren Sitzgelegenheit verwandeln Sie jedes schöne Fleckchen dieser Erde im Handumdrehen in eine Lounge - und zwar ohne Aufpumpen. Sie passt in jede Tasche, aber das ist natürlich kein Grund, sie in einer beliebigen Tasche zu transportieren! Fatboy hat deswegen eine zur französischen Kulttasche Pliage von Longchamp passende Sonderedition aufgelegt. Fatboy x Longchamp limited edition, Glamping O, ab Frühjahr 2023 erhältlich. fatboy.com

Clair de lune

Auch Details wollen schön sein. Wie diese hölzernen Untersetzer, deren Retrodesign in sechs Varianten mit der Form des Mondes spielt. Maison Sarah Lavoine, Dessous de verre de Tchin (6x), €65.

maisonsarahlavoine.com

VON ANNA SOPHIE BAKKER
FRANKREICH MAGAZIN 87

Pariser Schick in Gummistiefeln

Es waren einmal ein Pferdeliebhaber und ein Naturfreund, die etwas Geld und einen Traum hatten. Sie wünschten sich einen Ort, an dem Sie als reizüberflutete Städter nächtigen können, in aller Ruhe und in den besten Betten, mitten in der Natur und nicht allzu weit von Paris entfernt. Einen Ort, wo sie sich nicht aufzubrezeln brauchen, aber reiten und hervorragend essen können. Wo Kinder im Beet Möhren ernten, während die Eltern in der Hängematte Champagner trinken. Und all dies ohne hippes Getue oder den Prunk eines Schlosses. Als sie diesen Ort nirgendwo finden konnten, haben sie ihn 2018 kurzerhand selbst ins Leben gerufen, und zwar im Forêt de Rambouillet, der mit dem Auto eine Dreiviertelstunde von Paris entfernt ist. Dort haben sie 200 Hektar Land gekauft mit zwei riesigen Scheunen und einem Bauernhof aus dem 18. Jh. In den Scheunen haben sie komfortable Zimmer und ein Spa eingerichtet,

LE BARN: LE BARN

im Hof Restaurant, Rezeption und Bar. Als wir in diesem grünen Idyll ankommen, blicken wir zunächst auf eine Wiese, die von Bäumen und ein Pferdeweiden umringt ist. Gäste dösen in Liegestühlen. Ihre Kinder vergnügen sich in der Ferne beim Badminton und Tischtennis oder sie drehen eine Runde mit dem Rad. Unsere Kinder ignorieren die Sprachbarriere und dürfen sofort am Workshop zum Bogenschießen teilnehmen.

Im Liegestuhl dösen

Wir trinken einen Spritz in der Nachmittagssonne und lauschen den Vögeln. Wir haben Glück, denn es ist halb fünf, dann wird den Gästen das tägliche Goûter angeboten: Teller voller noch warmer Törtchen, von denen das eine besser schmeckt als das andere. Auf dem Weg zum Zimmer gehen wir an einem Beet vorbei, wo jemand grad die Zucchini pflückt, die wir vermutlich am Abend im Restaurant

TEXT CATHELIJNE VAN VLIET FOTOS CATHELIJNE VAN VLIET & LE BARN
FRANKREICH MAGAZIN 89

Tipps

• Die beliebten Massagen und Pferde sollten Sie vorbuchen

• Golfspielen können Sie auf dem Platz Château de Rochefort

• Für Freiluftaktivitäten stehen den Gästen Räder, Gummistiefel, Reitstiefel, Regenjacken, Spiele, Angeln, Räder und Roller zur Verfügung

• Ausritte gehören ebenso zum Angebot wie Kurse zur Kommunikation mit Pferden

• Wenn Ihr Zimmer nicht reserviert ist, können Sie es auch am Abreisetag noch benutzen. Très sympa

La Serre essen werden. Der Gärtner erzählt, dass er Seminare über Gemüse abhält. Auch dürfen wir im Weiher angeln. „Wenn ihr die Fische wieder reinwerft.“ Die Zimmer spiegeln die Atmosphäre wider: Einfach, beruhigend, und hin und wieder taucht auf einem Gemälde oder beim Blick aus dem Fenster ein Pferd aus.

Atmosphäre wie im Ferienhaus

Am Abend haben wir das Gefühl, im Wochenendhaus von Freunden zu sein. Lounge-Sofas und Bücherschrank warten auf Benutzer. Der Kamin brennt und im Hintergrund ist leiser Jazz zu hören, während Großeltern an Holztischen Gesellschaftsspiele mit ihren Enkeln spielen. Viele Gäste sind Stammkunden, Pariser, die hier regelmäßig ihre Wochenenden mit der Familie verbringen, als Alternative zum eigenen Ferienhaus. Wenn die Eltern tiefgründige Gespräche führen wollen,

können die Kinder mit einem Betreuer woanders essen und danach Filme schauen. Es ist an alles gedacht. Am nächsten Tag aber gibt es die Qual der Wahl: Sollen wir mit dem Pony spazieren, reiten, das nahe Schloss besuchen, radfahren oder doch lieber ins Spa? Wir entscheiden uns für die Räder (die ebenso wie Mountainbikes, E-Bikes, Kinderfahrräder und Kindersitze im Preis inbegriffen sind) und erkunden die Umgebung. Nicht zufällig sind wir rechtzeitig zum Goûter zurück, mit noch besseren Törtchen als Tags zuvor.

INFORMATIONEN

Das Hotel Le Barn (4 Sterne) liegt 45 km außerhalb von Paris in der Nähe des Dorfes Bonnelles. Preis für ein Chambre classique (das einfachste) ab €185 für 2 Personen inkl. Frühstück. Es gibt auch größere Familienzimmer für minimal sechs Personen für €50 p. P. mit Frühstück. lebarnhotel.com

90 FRANKREICH MAGAZIN

Die Tücken des Auswanderns

Ein fröhliches Bonjour. Das sollten Neulinge in einem französischen Dorf grundsätzlich allen Menschen entgegenwerfen, denen sie auf der Straße begegnen. Diese Erfahrung zumindest macht Verlagsmanager Trevor Dolby, nachdem er gemeinsam mit seiner Frau ein Gebäude im Süden des Landes erwirbt. Als sich das Paar zu diesen Schritt entschließt, ahnt es noch nicht, auf was es sich eingelassen hat: Das Haus erweist sich als mittlere Ruine und die Patina des Mobiliars ist keineswegs nur pittoresk. Schritt für Schritt aber bewältigen die beiden die Herausforderungen, wobei ihnen die Freude über Wetter und Lebensart treue Begleiter sind. Über die Jahre entdecken die beiden Briten, dass sie neben der Renovierung ihres Domizils noch eine ganz andere Aufgabe meistern: Die Tücken der französischen Lebensart, die recht schrullig sein kann, sobald es über das nackte Bonjour hinausgeht. Eine Erkenntnis: Wenn Handwerker Englisch sprechen, dann immer nur so gut, dass man sie nicht missversteht. Ein französisches Abenteuer,

Auslese

Auf dem Sofa nach Frankreich reisen

Ein Roadtrip gegen die Trauer

Palma ist elf Jahre alt, als ihr Vater plötzlich stirbt. Noch während die Familie trauert, beschließt die Mutter auf die Insel La Réunion zu ziehen. Es ist die erste von vielen Stationen, an denen Palma und ihre beiden Brüder in den folgenden Jahren leben. Der hoch begabte Victor vertreibt sich die Zeit, indem er Schach gegen sich selbst spielt. Charles hingegen wendet sich weniger redlichen Beschäftigungen zu: Er findet Gefallen an Glücksspielen und Autoknacken. Während sich die Mutter ihrer Melancholie hingibt, neigt die zunehmend desillusionierte Palma zum Sarkasmus. So etwas wie einen Lebenssinn erkennt die Familie erst, als sie von Lanvin erfahren, dem ihr Vater eine Menge Geld schuldete. Gemeinsam fassen sie einen Plan, den Störenfried loszuwerden. So nimmt eine ebenso amüsante wie nachdenklich Geschichte ihren Lauf, die zwischen Roadtrip und Entwicklungsroman changiert. Villa Royale, Emmanuelle Fournier-Lorentz, Dörlemann Verlag, €25

Ein Verlust und viel Freude

Eine Familie bekommt Nachwuchs. Erst nach einigen Monaten merken die Eltern, dass der charakterlich sanftmütige Sprössling seinen Kopf nicht aus eigener Kraft hochhalten kann und sein Blick ziellos umherschweift. Fortan ist für Eltern und Geschwister nichts mehr, wie es war. So geht der große Bruder voll in der Pflege des Benachteiligten auf, während die Schwester sich nicht damit abfinden mag, dass das hilflose Wesen einen riesigen Schatten auf ihr Leben wirft.

Dieses Plot klingt nach schwerem Stoff, doch Autorin Dupont-Monod (1973) bringt mit der autobiografisch eingefärbten Geschichte etwas anderes zum Ausdruck: Der Verlust eines Menschen ist schlimm, aber die Freude ihn gekannt zu haben, wiegt schwerer. Eine Botschaft, die in Frankreich auch bei jungen Menschen ankommt: Brüderchen wurde 2021 mit dem Prix Goncourt des lycéens ausgezeichnet, über dessen Vergabe Gymnasiasten entscheiden.

Clara Dupont-Monod, Brüderchen, Piper Verlag, € 22

92 FRANKREICH MAGAZIN
RALF
VON
JOHNEN
Trevor Dolby, Dumont Verlag, €17,95

Retro-Reiseführer

In der Erinnerung ist die Vergangenheit oft schöner, als dies tatsächlich der Fall gewesen ist. Dieses auch als Nostalgie bekannte Gefühl bildet den Ausgangspunkt für eine neue Reihe im Kunth-Verlag, die gewissermaßen als Reiseführer in die Vergangenheit fungiert. Mit Hilfe von Retro-Fotos haben die Leser Gelegenheit, zurück in das Deauville zu reisen, das die Pariser Boheme bereits Ende des 19. Jh. aufgesucht hat, oder Cabourg eine Visite abzustatten, wo Marcel Proust zu urlauben pflegte. Das Buch aber beschränkt sich nicht auf Retro-Fotos, sondern besucht auch Orte von historischer Bewandtnis, um deren heutigen Zustand abzubilden, zum Beispiel Monets bekannten Garten in Giverny. Schön!

Heute so schön wie damals - Legendäre Urlaubsort in Frankreich, Kunth, € 29,95

Das große Schweigen

Bernard lebt in einem unscheinbaren Bergdorf, ist Mitte 60 und Alkoholiker. Als er seiner Schwester zum Geburtstag eine teure Brosche schenkt, erregt dies den Argwohn seines Umfeldes. Woher hat der Taugenichts das viele Geld? Bald schlägt der Verdacht in Aggressionen um, die Bernard seinerseits an seinen algerischen Nachbars auslässt. Anfang versteht niemand, was vor sich geht, doch dann tritt Bernards Cousin Rabut in Erscheinung, der Jahrzehnte zuvor mit Bernard in Algerien stationiert war. Schritt für Schritt tritt eine Biografie zutage, die von unerfüllter Liebe und der Hitze des Hochlands geprägt ist, wo Gewalt und Verzweiflung herrschen. Ein Plot, mit dem Laurent Mauvignier (1967) an das Grauen des Algerien-Krieges erinnert, das auch mehr als 40 Jahren später noch schwer in Worte zu fassen ist. Zentrales Thema des Romans ist denn auch das Schweigen - sei es kollektiv oder in der Familie.

Laurent Mauvigner, Von Menschen, Wagenbach €15

Französisch lernen am Puls der Zeit

La fête de la Chandeleur a lieu tous les 2 février. En France, elle est, pour petits et grands, l’occasion de se régaler de crêpes. Mais d’où vient cette coutume ? Lire l’article en page 9

Bestellen Sie gleich Ihr kostenloses Probeexemplar: www.sprachzeitungen.de

Au-delà de l’exercice convenu auquel il s’est livré samedi soir [le 31 décembre] en adressant ses vœux aux Français, Emmanuel Macron avait un message essentiel: confirmer la nécessité à ses yeux d’engager rapidement la réforme des retraites. Elle sera présentée le 10 janvier. Le sujet est évidemment très important, et clivant. Nous aurons très vite l’occasion d’y revenir. Mais com ment ne pas s’alarmer d’entamer ce nouvel an en bras de chemise sans frissonner ; comment ne pas sourire jaune en regardant ces 2

Le minitel, ancêtre de l’ordinateur, a révolutionné le quotidien des Français dans les années 80. Aujourd’hui, cet objet enthousiasme les férus d’anciennes technologies.

Lire l article en page 13

Comment ne pas s’alarmer d’entamer ce nouvel an en bras de chemise, sans frissonner? Le journaliste Paul Quinio

aux effets spectaculaires» et cette «bataille» de la transition écologique que «nous devons gagner». De nouvelles mesures gouvernementales entrent en vigueur en ce début janvier, de l’instauration des zones à faibles émissions à l’incitation au covoiturage en passant par la lutte contre les passoires thermiques Mais une nouvelle fois, le chef de l’État a raté avec ses vœux l’occasion de nous convaincre qu’il allait faire de ces enjeux climatiques la priorité des priorités. En préférant passer son message essentiel sur les mettant au cœur de

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Artikel aus führenden französischsprachigen Medien und unserer Redaktion Sprachtraining • Landeskunde • Vokabelhilfen • Übungsmaterial Février 2023 € 3,00 [d] • No 2 70º Année • ACTUALITÉ • Lützerath: ce charbon qui nous mine Page 3 ÉCONOMIE • Le come-back du made in France • Quand l’inflation menace la baguette française Pages 4–5 SOCIÉTÉ • Vaulx-en-Velin: après les flammes, les braises de la colère • Un milliard de jeunes menacés de surdité Pages 6–7 ff FRANÇAIS FACILE ff • Coup de frein au commerce des requins Page 8 CULTURE • Proust et «Maman»: l’impossible séparation • La dictée de Mérimée entre dans la légende B1–C2 ÉDITORIAL Les vœux d’Emmanuel Macron,
nouvelle
le climat 1 À CHACUN ses priorités.
une
occasion ratée pour
Übungsmaterial Neu im Einzelverkauf € 5,95 für nur
Photo: Getty Images

Kommunisten unter

sich

Auch 50 Jahre nach seinem Tod gilt Pablo Picasso als Meister der Selbstinszenierung, dem die Welt fast uneingeschränkt zu Füßen liegt. Doch die Biografie des Multitalents hat immer noch kaum bekannte Seiten. Eine davon ist seine Freundschaft zum Friseur Eugénio Arias, den er 1947 kennenlernt. Zwischen beiden entwickelt sich eine tiefe Beziehung, die unter anderem auf der kommunistischen Überzeugung fußt, welche die beiden im südfranzösischen Exil lebenden Spanier teilen. Wie Arias den beiden Autorinnen dieses Buches viel später mitteilt, können sich beiden Männer auch über Stierkampf mit großer Leidenschaft unterhalten. Es ist ein ebenso erhellendes wie unterhaltsames Zeugnis einer ungewöhnlichen Freundschaft.

Auslese

Die Tochter des Ingenieurs

Im Paris des Jahres 1887 herrscht Aufregung, denn der Ingenieur Gustave Eiffel hat den Auftrag erhalten, zur Weltausstellung einen unverwechselbaren Turm zu errichten. Doch die einen zweifeln an seiner Stabilität und rechtzeitigen Fertigstellung. Andere rebellieren unter Anführung von den Schriftstellern Guy de Maupassant und Alexandre Dumas gegen das Bauwerk, weil es die Stadt verschandele. In dieser Situation steht Eiffels

Tochter Claire, ihrem Vater in allen wichtigen Fragen zur Seite. Ein schönes Stück historischer Literatur von Erfolgsautorin Sophie Villard.

Mademoiselle Eiffel und der Turm der Liebe, Sophie Villard, Penguin Verlag, € 15

Missmutige Katze

Einige Vierbeiner können es nicht ausstehen, als Schmusetiere herhalten zu müssen. So auch Toby Tatze, der insbesondere vor seinen Freunden nicht abgeknutscht werden möchte. Doch seine Mutter ist wenig beeindruckt: Sie will ihn ständig küssen, hätscheln und kosen, wobei sie ihm mal „Schätzchen“ und dann wieder „Honigschneck“ nennt. Eine lustige Geschichte, die auf Tomi Ungerer zurückgeht, und die der französische Illustrator Mathieu Sapin nun als Graphic Novel vorlegt.

Kein Kuss für Mutter, Mathieu Sapin, Diogenes Verlag, € 20

Der Süden ruft

Lust auf einen Roadtrip durch Frankreichs Süden? In diesem Fall könnte der just erschienene Reiseführer über die Ardèche, die Cevennen und den Languedoc genau das richtige sein. Das Buch stellt insgesamt sechs Routen durch die drei Regionen vor, die speziell für Camper zusammengestellt wurden. Gleichzeitig eignen sie sich natürlich auch als Inspirationsquelle für einen Urlaub ohne Zelt oder Wohnmobil. Neben den schönsten Campingplätzen stellt das Buch auch eine handverlesene Auswahl an Sehenswürdigkeiten sowie die besten Restaurants vor. Auch Ideen für schlechtes Wetter und Tipps für die Anreise kommen nicht zu kurz. Nichts wie los! Camper-Guide Südfrankreich, Verlag Marco Polo, Carina Hofmeister & Michael Kruse, € 19,95

Picassos Friseur, Monika Czernin & Melissa Müller, Diogenes, € 25
FRANKREICH MAGAZIN 95

4 MEISTER, 1 GEHEIMNIS

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HÉLÈNE LIKÖRMEISTER SÉBASTIEN KRÄUTERMEISTER YVES DESTILLIERMEISTER LUCIE MAZERATIONSMEISTER

Menschenhandel in Montpellier

Rémy betreibt in Montpellier unter dem Deckmantel von Hotels und Casinos skrupellos Handel mit Drogen und Menschen. Seine Ehefrau Fleur will dies nicht länger mittragen: Mithilfe des gemeinsamen Freundes Kylian versucht sie sich und die beiden gemeinsamen Töchter aus dem Einflussbereich des Kriminellen zu befreien. Was anfangs nach einer guten Idee aussieht, entpuppt sich bald für alle Beteiligten als große Gefahr, denn Rémy hat noch eine Rechnung mit Kylian zu begleichen. So entwickelt sich vor der malerischen Kulisse der lebendigen Studentenstadt ein Plot aus Intrigen und Gefühlen, der viele Wendungen nimmt.

Im Zauber der Stille, Silke Ziegler, Grafit Verlag, € 15

Auslese

Fragwürdige Aktivitäten

Ein Elsässer Ladenbesitzer handelt unter anderem mit heimischen Heilkräutern, wobei er sich auch als Heiler aufspielt. Nachdem seine Leiche auf einer Anhöhe über dem idyllischen Städtchen

Thann gefunden wird, stellt sich heraus, dass der Mann auch anderen fragwürdigen Aktivitäten nachgegangen ist.

Ex-Kommissar Jean Paul Rapp sieht darin eine perfekte Zielscheibe für einen Mord, doch der offizielle Ermittler Rimbout denkt in eine ganz andere Richtung. Ein Konflikt, mit dem das deutsche Autorenduo, das sich hinter dem Pseudonym versteckt, geschickt spielt.

Suzanne Cryon, Verlockungen Elsässer Art. Emons, €11,50

Verschwörung im Kino

Fans von Isabelle Huppert aufgepasst! Ab Ende April verkörpert die Schauspielerin in Jean-Paul Salomés gleichnamigem Thriller nach einer wahren Geschichte die Gewerkschafterin Maureen Kearney, die in ihrer Wohnung gefesselt und traumatisiert aufgefunden wird. Vom Täter fehlt jede Spur. Die Ermittler arbeiten unter Hochdruck, da Maureen dubiosen Geschäften in der Atomindustrie auf der Spur war. Bald aber tauchen neue Indizien auf, die den Überfall in Frage stellen. Tatsache oder Verschwörung?

Die Gewerkschafterin, ab 27. April im Kino

Neuer Blick auf Le Corbusier

Die „Chapelle Notre-Dame-du-Haut“ von Le Corbusier in Ronchamp zu betrachten wird nie langweilig - vor allem, wenn jemand einen neuartigen Blick auf den zum UNESCO-Weltkulturerbe zählenden Sakralbau wirft. Ebendiesen Ansatz verfolgt die Künstlerin Siegrun Appelt, die das Meisterwerk mit enormer Freude am Detail aus bislang nicht bekannten Perspektiven abbildet. Ein minimalistischer Genuss. Le Corbusier Ronchamp, Siegrun Appelt, Scheidegger & Spieß, € 38

FRANKREICH MAGAZIN 97

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Aix-en-Provence ist die XL-Version eines reizvollen Provence-Dorfes. Alles ist hier schön und gemütlich, aber stets einen Tick größer, intensiver und feiner.

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Anneke Wardenbach, Ralf Johnen

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Suzy Benjamin, Sander Buningh

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Hans Avontuur, Anna Sophie Bakker, Christine Cazon, Amélie Dufour, Eugenie Goldschmeding, Annemique de Kroon, Rebecca Marshall, Mick Palarczyk, Paul Smit, Annette Spaan, Fabian Takx, Chantal van Wees, Anja Winter.

HERAUSGEBER

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VERLEGER

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PASTIS, VON HAND GEMACHT

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Auslese

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Kommunisten unter

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Französisch lernen am Puls der Zeit

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Auslese Auf dem Sofa nach Frankreich reisen

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Pariser Schick in Gummistiefeln

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Maison

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Côte d’Azur

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Tipps & Adressen

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Natur und Stadt Natur und Stadt

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Eine Landschaft voller Geschichten

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Kulturtipps

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T E R R E D E S 2 C A P S

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Toulon

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Porquerolles

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Hyères

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Bon appétit Tipps, Neuigkeiten und Wissenswertes aus der französischen Küchenwelt

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Frankreichs Südwesten von Bordeaux bis Biarritz

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CALÇOTS ET SAUCE ROMESCO

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CHIPIRONS EN PERSILLADE

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CALÇOTS ET SAUCE ROMESCO

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RISOTTO AUX CALAMARS Spinatrisotto mit Kalmar

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Tipps & Adressen Saint-Paul-de-Vence

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Tipps & Adressen in Vence

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Vence & Saint-Paul de-Vence

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Johnny Hallyday & Lae�icia Boudou

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Tipps & Adressen

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Im Land von Ebbe und Flut

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Nur die Sonne trotzt dem Regen

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Tipps & Adressen

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Die orangefarbenen Felsnadeln ragen aus dem Wald hervor. Der Panoramaweg balanciert derweil

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Das provenzalische Ockerland

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Ein Fest der Farben

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Tropische Tierwelten in der Drôme

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Bienvenue

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Bienvenue

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Der gewiefte Professor Bienlein

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