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Der gewiefte Professor Bienlein
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Vor einigen Jahren habe ich ein Reisebuch über die Provence und die Côte d’Azur geschrieben. Wochenlang war ich unterwegs, um mich mit Franzosen zu unterhalten, Gerichte zu verkosten, Berge zu erklimmen und mich per Boot oder Pferd fort zu bewegen. Ich wähnte mich als Entdeckungsreisende, die den Geheimnissen der Provence auf den Grund geht. Ich traf einen Bauern, der in einer dunklen Scheune nach Rezepturen seiner Großmutter Getränke und Stoffe aus Lavendel herstellte. Er nannte sich Professor Tournesol, (Professor Bienlein aus Tim und Struppi) und die schwarzen Ränder unter seinen Fingernägeln, sein durchdringender Blick und sein Kräuterlabor haben mich überzeugt. Hier würde ich die wahre Provence vorfinden. Bald aber kam ich dahinter, dass er ein noch viel gewiefterer Geschäftsmann mit einem straffen Marketingplan war, der seine verstaubten Fläschchen bis nach Japan exportierte.
Genauso wenig existiert die provenzalische Seele, denn Südfrankreich ist keine Einheit. Es gibt spanische Akzente und Gerichte auf der einen Seite und italienische auf der anderen. Die Cowboys, schuftenden Bauern, weltentrückten Schäfer und eleganten Stadtbewohner haben alle ihre eigenen Traditionen. Es gibt Berge, Sümpfe, subtropische
Strände, ungemütliche Vorstädte und verschlafene Weingüter. Jeder ist aus unterschiedlichen Gründen verrückt auf le Sud
In diesem Special über Südfrankreich erkunden wir die Gegend um das Dorf Roussillon im Luberon, wo die ockerfarbene Erde die Häuser orange, gelb oder rot einfärbt. Auch schauen wir hinter die Kulissen der bekannten Dörfer Saint-Paul-de-Vence und Vence, wo sich seit Anfang des 20. Jh. Maler, Filmstars und Schriftsteller niederlassen. Wobei es junge Künstler heutzutage bisweilen auch nicht einfach haben, erzählt die 28-jarige Leila: „Das Leben an der Côte d’Azur ist für Bohemiens kostspielig geworden.“ Wir fahren durch die unbekannte Isère, wo eine Handvoll Bauern und ehemaliger Städter ein ruhiges Leben und die Natur genießen. Nicht zuletzt zweigen wir zur Atlantikküste ab, wo die Pariser im Sommer ihre teuren Schuhe ausziehen, um so zu tun als seien sie Fischer, wo man in Strandhütten schläft und wo die Austern direkt aus dem Meer auf den Teller kommen.
Ich wünsche Ihnen eine gute Reise!
Cathelijne van Vliet, Chefredakteurin redaktion@frankreichmagazin.org
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