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Johnny Hallyday & Lae�icia Boudou

Wie der Sänger nach seinem fünften Ja-Wort die Geborgenheit fand, nach der er sich sein Leben lang gesehnt hatte.

Als Johnny Hallyday, Frankreichs größter Rockstar aller Zeiten, Laeticia heiratet, erwarten die wenigsten, dass diese Ehe halten wird, denn er war zuvor bereits viermal verheiratet. Dennoch hält die Beziehung 21 Jahre bis zu seinem Tod. Was die Magie ihrer Ehe ausmachte, zeigt sich, wenn wir Hallydays Lebensgeschichte unter die Lupe nehmen.

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Wolfsaugen

Der „französische Elvis Presley“ kommt am 15. Juni 1943 als Jean-Philippe Smet in Paris zur Welt. Sein Vater ist Belgier, seine Mutter Französin. Der Vater verlässt die Familie, als Johnny erst sieben Monate alt ist; ein Trauma, unter dem er sein Leben lang leidet. Das Einzige, was er von seinem Vater hat, sind die leuchtend blauen Augen, die denen eines Wolfes ähneln. Seine Mutter, die als Model für das Modehaus Lanvin arbeitet, verbringt wenig Zeit mit ihrem Sohn. Die Schwester seines Vaters kümmert sich schließlich um Johnny.

Über seine Tante lernt er Lee Halliday kennen, einen amerikanischen Cousin, der Sänger ist und der zu einer Vaterfigur für Johnny wird. Lee ist es auch, der seine Liebe zur amerikanischen Rockmusik schürt.

Er nimmt den kleinen Johnny mit auf eine Tournee durch Europa und lässt ihn in den Pausen Gitarre spielen. Da Lee den Namen Jean-Philippe nicht aussprechen kann, nennt er ihn Johnny. Damit ist der Künstlername des jungen Rockers geboren.

Kaum dass er als Teenager zum ersten Mal Elvis Presley singen hört, ist Johnny fest entschlossen: Er will der französische Elvis werden. Er arrangiert Auftritte für sich selbst und imitiert seinen Helden mit Verve. Johnny ist äußerst attraktiv: wie eine Mischung aus Elvis Presley und James Dean, auch hat er musikalisches Talent und Charisma. Er weiß die Funken sprühen zu lassen, wenn er wie Elvis auf der Bühne seine Hüften schwingt. Aber im Frankreich der 1960er Jahre mögen die meisten Erwachsenen den Rock 'n' Roll nicht. Sie sind an biedere Auftritte gewöhnt, während Johnny wie ein

Links: Johnny und Laeticia Hallyday am 12. Dezember 2011 bei der Premiere der Komödie „Les tribulations d'une cassière“ in Paris. Diese Seite, oben: der junge Johnny Hallyday; unten: bei einem Auftritt.

Im Uhrzeigersinn:

Johnny und Laeticia während des internationalen Krimifestivals in Cognac am 9. April 2004; Laeticia posiert während einer Party der Femmes

Formidables in La Cantine du Faubourg in Paris, 25. November 2008; Johnny Hallyday während eines Konzerts im Le Zénith in Paris, 1998.

Besessener mit seiner Gitarre über die Bühne springt. Er kann sich glücklich schätzen, trotzdem eine Platte aufnehmen zu dürfen. Hello Johnny ist sein erstes Album und ein großer Erfolg bei der französischen Jugend, die sich sehr wohl mit dem damals 16-jährigen Johnny identifiziert. Auch hat sie auch die Nase voll vom steifen französischen Showbiz. Johnnys Stern steigt schnell. Es hilft, dass die originalen amerikanischen Rock'n'Roll-Platten in Frankreich nicht veröffentlicht werden. Johnny nutzt dies geschickt aus, indem er Lieder kopiert und französische Texte dazu singt. Bei seinen Auftritten spielen sich die gleichen hysterischen Szenen ab wie bei Elvis: kreischende Mädchen, Jungs, die den Saal buchstäblich in Stücke reißen. Im Interview zu dieser Gewalt befragt, antwortet er mit einem verschmitzten Lächeln: „Ich nenne es lieber Temperament.“ Charles Aznavour nimmt den Jungen unter seine Fittiche und wird zu dem, was

Johnny später seinen „geistigen Vater“ nennt. Etwa zwei Jahre lang lebt er bei dem Chansonnier, der Johnny auf eine steile Karriere vorbereitet, die letztendlich 50 Jahre dauern wird.

Affären und Hochzeiten

Mit 20 hat Johnny alles: Geld, Ruhm, eine blühende Karriere, einen Ferrari und Kisten voller Briefe von sehnsüchtigen Mädchen, die alle zu ihm gehören wollen. Johnny hat nichts gegen die weibliche Aufmerksamkeit, aber tief in seinem Inneren sehnt er sich nach der Geborgenheit, die ihm als Kind fehlte. Er verliebt sich in die hübsche Sängerin Sylvie Vartan. Sie heiraten 1965 und lieben sich sehr, aber auch für Sylvie ist das Leben oft auch hart. Johnny ist dauernd auf Tournee und verbringt höchstens drei Monate im Jahr an ihrer Seite. Als sie mit 22 Jahren den gemeinsamen Sohn David zur Welt bringt, reist Johnny noch am selben Abend ab zu einem Konzert nach Venedig.

Nach 15 Jahren reicht sie die Scheidung ein. Es ist ihr nicht gelungen, zusammen mit ihm das Familienleben zu genießen. Johnny unternimmt einen missglückten Suizidversuch und schafft es nicht, aus dem Tal herauszukriechen. Er trinkt, raucht und arbeitet zu viel. „Wenn ich acht Tage lang nicht arbeite, bin ich todunglücklich“, sagt er in einem Interview. Nach einigen Affären gibt er der Ehe eine neue Chance, als er die Schauspielerin Babeth Étienne kennenlernt. Er möchte wieder eine Familie gründen. Doch als Frau Hallyday fühlt sich Babeth schon bald in ihrem Handeln eingeschränkt. Ein Jahr später sind sie bereits getrennt. Die berühmte Schauspielerin Nathalie Baye ist die nächste Kandidatin. Sie ist intelligent und sehr gebildet, das ist neu für Johnny. Dank ihr lernt er Menschen kennen, denen es um mehr geht als nur ums Geldausgeben und Feiern. Sie bekommen eine Tochter, Laure. Johnnys Karriere befindet sich seit einiger Zeit in einer Flaute, aus der er sich jedoch befreien kann. Er rackert sich jahrelang ab und wird wieder zum Superstar. Das macht Baye zu schaffen: Die Schauspielerin kann sich nur schwer damit abfinden, dass sie plötzlich hauptsächlich als „die Frau von“ bekannt ist. Auch sie verliert sich im Alkohol. Eine weitere Scheidung folgt.

Das nächste Fiasko

Johnny sucht daraufhin Geborgenheit bei seinem Jugendfreund Christian Blondieau. Er zieht bei ihm und seiner Familie ein und verliert sein Herz an dessen Tochter Adeline. An ihrem 18. Geburtstag machte er ihr einen Heiratsantrag. Sie sagt ja. Zu diesem Zeitpunkt ist er 46 Jahre alt.

Gemeinsam fahren sie mit dem Motorrad quer durch die Vereinigten Staaten, das Land, das weiterhin eine magische Anziehungskraft auf ihn ausübt. „Wenn wir zusammen die Straße hinuntergingen, sahen wir die missbilligenden Blicke der Leute. Aber wir hatten eine tolle Zeit, wir waren wie ein paar Kinder“, erzählt sie rückblickend auf ihre Beziehung. Doch als sie verheiratet ist, stellt sie fest, dass sie einen Mann mit Dämonen in Form von Angst und Wut getroffen hat, die durch Drogen und Alkohol noch verstärkt werden. Auch diese Ehe scheitert. Auf die Frage, warum jede Ehe mit einer Scheidung endet und er es trotzdem weiter versucht, antwortet Johnny: „Man denkt, es liegt daran, dass ich unberechenbar bin, aber ich bin ein Romantiker.“ Als er sich wieder in die Tochter eines Freundes verliebt, ist es nicht verwunderlich, dass niemand an diese Beziehung glaubt. Laetitia Boudou, mit ihren Locken, Sommersprossen und ihrem unschuldigen Lächeln, wird als Johnnys nächstes süßes kleines Mädchen und ein weiteres Ehefiasko abgetan. Aber nichts liegt der Wahrheit so fern.

Endlich die Wahre

Als sie schon eine Weile zusammen sind, sagt Johnny: „Ich traue mich nicht, gut über meine Partnerin zu reden, weil ich Angst habe, dass die Leute sagen: ‚Und er sagt wieder, dass sie die Richtige ist.‘ Aber ich glaube wirklich, dass es so ist. Sie ist ein großartiges Mädchen und sie macht mich völlig glücklich.“ Dass das Model Laeticia Marie Christine Boudou 32 Jahre jünger ist als Johnny, sollte den Spaß nicht trüben. Für beide ist es Liebe auf den ersten Blick. Sie ist die richtige Mischung aus liebevoll und schön für ihn. Trotz ihrer Jugend trägt sie für ihn eine erkennbare, belastende Vergangenheit mit sich. Denn als sie zehn Jahre alt war, ließen sich ihre Eltern scheiden und sie entwickelte die Essstörung Magersucht. Sie zog zu ihrem Vater nach Miami. Dort begegnet sie Johnny.

Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, und Laeticia Hallyday bei der Einweihung der Esplanade Johnny Hallyday in Paris; rechts: das Grab von Johnny Hallyday auf dem Cimetière de Lorient, SaintBarthélemy (Französische Antillen).

Zweifel und Dämonen

Am 25. März 1996 heiraten Johnny und Laeticia. Über ihre Ehe mit Johnny sagt sie: „Ich habe keinen durchschnittlichen Mann geheiratet, aber mein Schicksal ist auch nicht durchschnittlich.“ Nach mehreren Fehlgeburten adoptiert das Paar im November 2004 Jade, ein kleines Mädchen vietnamesischer Abstammung. Vier Jahre später nehmen sie Joy auf, ebenfalls vietnamesisch. „Als Jade ihre ersten Schritte machte, war es das erste Mal, dass ich dieses Ereignis bei einem meiner Kinder erlebte“, sagt Johnny.

Er arbeitet immer noch hart, ist nach Jahrzehnten des Ruhms für seine spektakulären Shows bekannt, aber im Gegensatz zu seinen früheren Ehefrauen schafft sie es, dass er zu Hause zur Ruhe kommt und endlich von Alkohol und anderen Drogen loskommt. In einem Interview sagt sie: „Ich habe meinem Mann etwas gegeben, was ihm noch nie jemand gegeben hatte. Wir hatten beide eine Menge Dämonen, die wir von allen Seiten bekämpfen mussten. Er seine Drogen, ich meine Magersucht. Ich lernte sein Schweigen, seine Ängste und Zweifel kennen.“ Ein Freund von Johnny sagt: „Sie war fantastisch zu ihm. Sie war die präsenteste Frau aller Frauen, war immer an seiner Seite und begleitete ihn fast immer auf Tournee. Johnny sagt, er sei nie glücklicher gewesen als in den Jahren mit Laeticia.“ Die Ehe endet, als Johnny 2017 an Lungenkrebs stirbt. Ganz Frankreich sieht mitleidig zu, wie sie bei der Beerdigung weint, aber tapfer durchhält.

Doch auch sie musste an seiner Seite viel schlucken. Er konnte nicht nur anspruchsvoll sein, er hatte auch Affären mit anderen Frauen. Die Reaktion Laeticias ist bezeichnend: Sie vergibt ihm. „Ich hätte mich bei ihm bedanken sollen, denn es lehrte mich, ihn wieder neu zu verführen. In den ersten drei Jahren nachdem Jade zu uns kam, war ich nur Mutter und keine Ehefrau mehr für ihn.“ Vielleicht ist das Geheimnis ihrer langen Liebesbeziehung, dass sie es geschafft hat, sich anzupassen. Johnny war kein gewöhnlicher Ehemann, sondern ein Star, der sein Leben lang vergöttert wurde. Johnny sagte dazu einmal: „Bei Frauen habe ich viele Fehlschläge erlebt, aber bei meinem Publikum läuft es immer.“

In Wirklichkeit hatte er wohl nur eine wahre Liebe: sein Publikum. Im Gegensatz zu seinen anderen Ehefrauen verstand Laeticia dies und akzeptierte ihre Position an der Seite der Ikone, die bis heute in den Herzen fast aller Franzosen verehrt wird.