Hausärzt:in 09/2022

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Österreichische Post AG, MZ16Z040661M, 32. Jahrgang, RMA Gesundheit GmbH, Am Belvedere 10 / Top 5, 1100 Wien Dos und Don’ts der Typ-1-Allergiediagnostik Sie mich auf alles … Herr Doktor, testen Von Atem- und Harnwegsinfekten bis Wachstumshormonmangel Pädiatrie Hausärzt:in DIALOG 09/2022Praxis-Magazin für Primärversorgung mit Sonderteil Pharmazie VERSORGUNGS LÜCKEN Steht das medizinische System vor dem größten Umbruch seit dem 2. Weltkrieg?

Editorial

Eine kurze Zeitreise

Begeben Sie sich, werte Leserinnen und Leser, mit uns auf eine Zeitreise in die späten 1980er Jahre. Nicht alles war damals für angehende Ärztinnen und Ärzte „besser“ als heute: Es gab zwar noch einen freien Zugang zum Medizinstudium, also kei nen Aufnahmetest. Jedoch zählte allein die Fakultät in Wien am Peak um die 16.000 Studierende. Die Ausbildung war sehr pra xisfern. Der erste Patientenkontakt erfolgte oft erst im dritten Studienabschnitt. Die Drop-out-Rate betrug bis zu 50 Prozent. Hinzu kam, dass bis in die 2000er-Jahre Kampagnen betrieben wurden, um wegen der sogenannten „ Ä rzteschwemme“ jungen Menschen vom Medizinstudium abzuraten. Tatsächlich mussten Absolventen zur Jahrtausendwende bis zu drei Jahre auf einen Turnusplatz warten.

Ab 2004 passierten dann mehrere große Revolutionen zeit gleich – vorrangig auf Basis von EU-Gesetzen: Die drei Me dizinfakultäten wurden in eigene Universitäten umgewandelt, eine Studienplatzlimitierung (in Wien auf 660!) sowie ein neuer Studienplan eingeführt. Patientenkontakte waren vom ersten Studientag an vorgesehen. Man setzte auf Anwesenheitspflicht und praktischen Kleingruppenunterricht.

Von der Ärzteschwemme zum Ärztemangel

Die Ausbildung sei seither, so der Vorwurf mancher, deutlich „verschulter“ als früher. Ja, der „Traum vom Medizinstudi um“ scheitert jedes Jahr bei vielen jungen Menschen schon am Aufnahmetest. Dafür liegt die Drop-out-Rate heute nur mehr bei zirka zehn Prozent. Und: Die Absolventen sind besser auf den klinischen Alltag vorbereitet. Ein großes Problem besteht hingegen darin, dass Österreich etwa die Hälfte der rund 1.300 gut ausgebildeten Absolventen jährlich ans Ausland oder an einen anderen Beruf verliert. Das ist mit ein Grund, warum heute immer öfter ein „Ä rztemangel“ beklagt wird, obwohl sich laut ÖÄK die Zahl der in Österreich tätigen Mediziner seit den 1990ern fast verdoppelt hat. Ein weiterer ist die Pensionie rungswelle unter den Ärzten. Insbesondere in Spitälern an der Peripherie lassen sich Facharztstellen oft schwer nachbesetzen. Und in ländlichen Gegenden gibt es mittlerweile viele Kassen plätze, für die sich jahrelang kein Nachfolger findet. Hier spielt wiederum hinein, dass die nachkommenden Generationen an dere Vorstellungen vom Arbeitsalltag haben als ihre Vorgän ger. Und dass sich die Zahl der niedergelassenen Ärzte ohne Kassenvertrag – die nur teilweise versorgungsrelevant sind – in

den vergangenen Jahrzehnten fast verdreifacht hat. Im Grunde herrscht Einigkeit darüber, dass am Imageproblem der Kassen stellen gearbeitet werden muss. Vor allem die Betreuungszeit pro Patient sei für junge Ärztinnen und Ärzte wesentlich, sagt Dr. Richard Brodnig, Obmann der Jungen Allgemeinmedizin, in unserer aktuellen Coverstory. Eine spannende Lektüre und einen guten Start in den Herbst wünscht Ihnen

Ihre Mag.a Karin Martin

Redaktionsleiterin RegionalMedien Gesundheit karin.martin@regionalmedien.at

Hausärzt:in
© RegionalMedien Gesundheit

06 „Nikotinkarenz, Enzymsubstitution und Rehabilitation“

Außer Atem – wie bei AAT-Mangel die Lebensqualität Betroffe ner nachhaltig verbessert werden kann

12 Herr Doktor, testen Sie mich auf alles … Dos und Don’ts in der Typ-1-Allergiediagnostik

25 „Durch Bewegung LDL-C in den Griff bekommen?“

Sport fördert die Gesund heit, senkt den Cholesterinspiegel jedoch nur marginal

26 Zwischen Guidelines und Real World Vorhofflimmern – ein genauerer Blick auf den klinischen Alltag

30 Was hilft gegen Herzschmerz?

Personalisierte Medizin bei Angina pectoris

32 Wenn das Schultergelenk schmerzt

Die instabile Bizepssehne

– Promotor der Rotato renmaschettenruptur?

35 Ein Wechselspiel Immunsystem & Sport: Wann ist körperliches Training förderlich, wann kontraproduktiv?

38 „Der Demenz immer einen Schritt voraus“ Der Kampf gegen das langsame Vergessen –Prophylaxe und Herausforderungen

42 In Schieflage geraten Schlaf-wach-Rhythmus störungen erhöhen das Risiko, Depressionen, einen Myokardinfarkt und Unfälle zu erleiden

44 Die Menge macht's Metaanalyse zeigt: je höher der Konsum von Isoflavonen, desto geringer das Brustkrebsrisiko

46 Leber in Not Nichtalkoholische Steatohepatitis: Die Fibrosierung bestimmt primär die Prognose

THEMA DES MONATS

16 Versorgungslücken Steht das medizinische System vor dem größten Umbruch seit dem Zweiten Weltkrieg?

19 Belastende Verhältnisse Österreich ist weit davon entfernt, eine umfassende Versorgung von Kindern zu garantieren

22 Das Team um die Patient:innen Fünf Jahre Primärversorgungsgesetz

48 DFP Praxiswissen: Harnwegsinfekte im Kindesalter

Eine unterschätzte Krankheit – verspätete Diagnostik kann zu irre versiblen Schäden führen

52 Die Erkältungssaison naht Vieles, aber nicht alles lässt sich allein mit „Flower Power“ behandeln

57 Die ersten drei Lebensjahre sind entscheidend Wachstumshormonmangel bei Kindern –(Be-)Handlungsbedarf, Diagnose und Therapie

66 Schlank ohne Zwang Mit Hypnose lassen sich unterbewusste Verhal tensmuster verändern

68 „Das Atomphantom als Klimaretter?“

Ein Expertenkommentar zu umweltmedizinischen Aspekten der Kernenergie

60 Komplementärmedizin: Optionen bei Krebs ausschöpfen Lebensqualität und Prognose verbessern

73 Impressum

Hausärzt:in Inhaltsverzeichnis
pharmazeutisch DIALOG Pädiatrie: Gesund & fit im Herbst. Vorhofflimmern: „CC to ABC“ in der Praxis. 47 26 medizinisch politisch DIALOG Pädiatrie extra © shutterstock.com/Magic mine © shutterstock.com/PhotoJuli86 September 20224

Außer Atem – wie bei AAT-Mangel die Lebensqualität Betroffener nachhaltig verbessert werden kann

DerAlpha-1-Antitrypsin-Mangel/ALPHA-1 zählt zu den „Rare Diseases“ – welt weit sind weniger als fünf von 10.000 Menschen betroffen. Die autosomalrezessive Erbkrankheit bewirkt unter anderem, dass die Leberzellen aufgrund einer Mutation im SERPINA1-Gen das Enzym Alpha-1-Antitrypsin (AAT) feh lerhaft, in zu geringer Menge oder gar nicht bilden oder freisetzen. Unbehan delt kann sich die Stoffwechselerkran kung je nach Ausprägung früher oder später in Lunge und Leber – in selte neren Fällen auch auf der Haut und in weiteren Organen – manifestieren. So

gilt ALPHA-1 als häufigste Ursache für genetisch bedingte Lebererkrankun gen im Kindesalter. Bei Erwachsenen geht der ALPHA-1-Mangel mit einem erhöhten Risiko einher, eine COPD zu entwickeln – insbesondere ein panlobu läres Lungenemphysem. Dieses kann alle Bereiche der Lunge betreffen und zu gravierender Behinderung und frü hem Tod führen. Deshalb kommt der Früherkennung besondere Bedeutung zu. Und deshalb ist es wichtig, das Be wusstsein von Allgemeinmedizinern und Patienten für die Seltene Erkran kung zu steigern.

„Nikotinkarenz, Enzymsubstitution und Rehabilitation“
Prim. Priv.-Doz. Dr. Christopher Lambers Leiter der Abteilung Pneumologie am Ordensklinikum Linz, Elisabethinen, im Gespräch.
Hausärzt:in medizinisch September 20226
© Ordensklinikum Linz SeriePULMO
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HAUSÄRZT:IN: ALPHA-1 wird nach wie vor selten als Ursache für eine COPD bzw. ein schweres Lungen emphysem in Betracht gezogen. Wäre in diesem Kontext mehr Awareness notwendig?

Prim. LAMBERS: Ja, denn die Früher kennung ist wichtig, um von der Selte nen Erkrankung Betroffene zu identifi zieren und in der Folge rechtzeitig einer Therapie zuzuführen.

Der Verdacht auf einen Mangel liegt aus pneumologischer Sicht etwa dann vor, wenn sich ein Lungenemphysem bei vergleichsweise jungen Patientinnen und Patienten – unter 45 Jahren – entwi ckelt hat oder ohne dass Risikofaktoren wie aktives Rauchen oder eine berufli che Schadstoffbelastung bestehen. Oder auch, wenn aus unerfindlichen Gründen eine Leberzirrhose vorliegt. Es gibt ja sehr unterschiedliche Varian ten der Erkrankung: Wird ein Alpha1-Antitrypsin-Mangel im Serum nachge wiesen – die Diagnose sollte unbedingt durch eine erfahrene Kollegin/einen erfahrenen Kollegen erfolgen –, ist al lerdings in jedem Fall eine Nikotinabs tinenz der erste wichtige Schritt. In der Folge muss der Mangel genetisch abge klärt werden.

Worauf kommt es dabei an?

Da es sich beim ALPHA-1 um eine auto somal-rezessive Erkrankung handelt, gilt es, mittels Sequenzierung des Alpha-1Antitrypsin-Gens/SERPINA-1 heraus-

zufinden, ob nur ein Elternteil oder beide das Erbmerkmal weitergegeben haben. Während bei der heterozygoten Form das Krankheitsbild fast gar nicht auftreten kann, schreitet die Erkran kung bei der homozygoten Form oft sehr rapide voran. Der genetische Test liefert diesbezüglich wichtige Informa tionen.

Es gibt jetzt auch Testkits mit Wan genabstrich, welche die Ärzte einschi cken können. Die DNA wird per Invitro-Diagnostik in Hinblick auf 14 Varianten des AATM-Gens analysiert. Was ist von diesen zu halten? Tatsächlich gibt es Angebote, Wangen abstriche in der Praxis durchzuführen. Mir fehlen leider noch genaue Daten darüber, welchen Effekt diese im Ver gleich zur Blutuntersuchung haben, die derzeit als Goldstandard gilt. Aber ja, wenn sie der verbesserten Früherken nung dienen, sind sie ebenfalls sinnvoll.

Können auch Haus- oder niedergelassene Fachärzte die Erstdiagnose stellen?

Grundsätzlich schon, wobei man acht sam sein muss: Das Alpha-1-Antitrypsin ist auch ein Akute-Phase-Protein, es wird also zum Beispiel bei Infekten vermehrt gebildet (siehe Infokasten). Nach Rück sprache mit Experten und unter Berück sichtigung gewisser Anforderungen kann den Bluttest aber durchaus ein erfahre ner niedergelassener Arzt durchführen.

Liegt ein verdächtiger Alpha-1-Antitrypsin-Konzentrationsnachweis bei normalem CRP-Wert oder aufgrund der Symptomatik ein Verdacht vor, sollte man Betroffene an ein spezialisiertes

UNTERSUCHUNG

„ Der Gehalt an Alpha-1-Antitrypsin (AAT) kann im Blutserum bestimmt werden, um die Erkrankung nachzuweisen bzw. sicher auszuschließen. Dazu erfolgt eine einfache Blutentnahme, entweder am Ohr oder aus einer Vene.

„ Wenn der Serumwert unter 50 Prozent des Normalwertes beträgt (das heißt: < 100 mg/dl), sollte eine genetische Analyse er folgen, um festzustellen, welcher Genotyp (homo- oder heterozygot) vorliegt.

„ Beträgt der AAT-Gehalt des Blutserums dauerhaft unter 35 Prozent des Normal wertes, also unter 80 mg/dl, kann sich die Erkrankung in Lunge oder Leber oder selten in weiteren Organen manifestieren.

„ Wichtig zu wissen ist, dass Alpha-1-Anti trypsin bei Infektionen vermehrt gebildet wird. Wird der AAT-Spiegel während einer Infektion bestimmt, kann der Wert daher fälschlicherweise im Normalbereich liegen und so ein eventuell vorhandener AAT-Mangel übersehen werden.

„ Daher wird meistens gleichzeitig ein Entzündungsparameter wie das C-reaktive Protein (CRP) bestimmt. Ist der CRP-Wert normal, ist eine Infektion mit hoher Wahr scheinlichkeit ausgeschlossen und der AAT-Spiegel aussagekräftig.

Quelle: lungenaerzte-im-netz.de

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Zentrum überweisen. Untersuchungen der Lunge und Leber helfen dabei, den Schweregrad etwaiger Organschäden einzuschätzen.

Wie lässt sich nach der Diagnose die Lebensqualität Betroffener nachhaltig verbessern?

Egal, auf welche Therapien man setzt –Nikotinkarenz steht ganz oben. Denn im Rauch sind Substanzen enthalten, die den pathologischen Prozess weiter triggern.

Als therapeutische Maßnahmen kom men z. B. inhalative Medikamente zur Anwendung, entsprechend den Lungen funktionsveränderungen, die gemes sen werden. Die Behandlung ori entiert sich an den Empfehlungen für eine COPD.

Eine weitere Therapieform ist die Enzymsubstitution. Sie ist für Patienten mit mit telgradig fortgeschrittenem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel zugelassen. Um den Krank

IM ÜBERBLICK

Indikationen einem

heitsverlauf abzumildern oder zu inhi bieren, wird das Protein parenteral oder inhalativ substituiert. Das Antitrypsin kann entweder genetisch oder aus ge pooltem Blutplasma hergestellt sein. Impfungen sind ebenfalls wichtig, z. B. die Influenzavakzine, um zu verhindern, dass die Lunge durch einen massiven Entzün dungsstress weiter geschädigt wird. Bei Patienten in fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung sind darüber hinaus Rehabilitationsmaßnahmen und/oder Sporttherapien von großer Bedeutung. Wir wissen: Je mehr wir auf physikalische Therapien setzen und damit die physika lische Mobilität Betroffener erhöhen,

ihnen ist meist der Wille vorhanden, die „l ifestyle modification“ als wichtigen Parameter zu akzeptieren. Die Rehabi litation bietet eine zusätzliche Motivati on. Sie kann entweder ambulant oder im Rehabilitationszentrum durchgeführt werden.

Welche Rolle kommt der Untersuchung potenziell Betroffener zu? Da es sich – wie gesagt – um eine auto somal-rezessive Erbkrankheit handelt, sollte man Familienmitglieder jedenfalls auch testen.

Was möchten Sie unseren Leser:innen abschließend noch mitgeben?

Nichtreversibles Obstruktionssyndrom (chronisch obstruktive Lungenerkrankung oder Asthma, vor allem im Erwachsenenalter aufgetretenes Asthma)

Nicht erklärbare Lebererkrankung

ANCA-assoziierte Vaskulitis

Nekrotisierende Pannikulitis

Bronchiektasie

Eltern und Geschwister mit AAT-Mangel

Bei Kinderwunsch: Partnerin bzw.

Quellen: European Respiratory Society statement: Eur Respir J. 2017;50(5):1700610.

Strnad P et al., Alpha1-Antitrypsin Deficiency. N Engl J Med. 2020;382(15):1443–55.

Die Angst vor der Atemnot kann ebenfalls die Lebensqualität beeinträchtigen – wie lässt sich ihr entge gentreten?

Diese Angst vor der Atemnot kann auch am ehesten gelindert werden, indem die Patienten Rehabilitations maßnahmen zugewiesen werden. Re gelmäßig! Wir können die Patienten damit aus ihrer Passivität herausholen. Ihnen werden Trainingsmaßnahmen gezeigt, die sie selbst zuhause umset zen können. Oft sind Erkrankte ja von einer Muskelatrophie betroffen. So be kommen sie die Möglichkeit, sich trotz der muskulären Beeinträchtigung und der Atemnot wieder mehr zu bewegen. Somit steigen die Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität.

Ist es schwierig, Betroffene zu not wendigen Lebensstiländerungen zu motivieren?

Viele Patienten werden mit einem frühen Zufallsbefund konfrontiert. Bei

Der Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist eine Seltene Erkrankung. Daher ist es wich tig, dass man daran denkt, zumal es meist eher jüngere Patienten sind, die mit zunehmenden Lungenfunktionsveränderungen in die Praxis kommen. Wenn man den Verdacht oder das Gefühl hat, dass es keine klas sische COPD ist, wenn z. B. ein pan lobuläres Lungenemphysem oder eine rapide Lungenfunktionsverschlechte rung vorliegt, sollte man immer auch an ALPHA-1 denken und nicht nur an die COPD.

Wie erfolgt die weitere Betreuung und welche Rolle kommt den niedergelas senen Kolleg:innen dabei zu?

Die Betreuung erfolgt in spezialisier ten Zentren – nicht zuletzt, weil es sich häufig um jüngere Patienten handelt, bei denen abgewogen werden muss, ob auch eine Lungentransplantation in Frage käme.

Unterstützen können uns die niederge lassenen Kolleginnen und Kollegen zum Beispiel bei der Motivation zum Rauch verzicht. Wenn sie aus Zeitmangel im Or dinationsalltag nicht näher auf die Not wendigkeit der Nikotinkarenz eingehen können, können sie z. B. das Rauchertelefon (0810 810 013) empfehlen. Natür lich haben auch Passivrauchen, Stäube und Rauch generell oder Feinstaubpar tikel einen schädlichen Einfluss. Es gilt: Möglichst meiden!

Das Interview führte Mag.a Karin Martin.

Hausärzt:in medizinisch 8 September 2022
für die Suche nach
Mangel an Alpha-1-Antitrypsin
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Partner einer Person mit AAT-Mangel
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Herr Doktor, testen Sie mich auf alles …

Dos und Don’ts in der Typ-1-Allergiediagnostik

Allergiediagnostik gestaltet sich prin zipiell einfach, solange man gewisse Richtlinien beachtet. Die eigentliche Kunst ist die Interpretation der Ergeb nisse. Gerade hier gibt es immer wie der Probleme, die eine Irreführung des Patienten und – insbesondere bei ver meintlichen Nahrungsmittelallergien –unnötige Einschränkungen verursachen können. Die Typ-1-Allergiediagnostik besteht immer aus einer ausführlichen Anamnese inklusive der Evaluierung potenzieller Allergenbelastungen am Arbeitsplatz und/oder durch Hobbys, beispielsweise die Zucht sel tener Tiere. Zudem beinhaltet sie eine Hautpricktestung und die Serologie unter Bestim mung von Allergenkompo nenten – soweit verfügbar.

Fragestellung: „ Herr Doktor, testen Sie mich auf alles … “ Diesen Satz werden Sie wohl schon einmal gehört haben. Wie bei jedem diagnostischen Vorgehen ist zuerst eine kon krete Fragestellung erforder lich, um ein konkretes Ergeb nis zu erzielen. Die Allergiediagnostik beginnt mit einer gründlichen Anamne

se, wobei die Aussagen der Patientinnen und Patienten nicht immer schlüssig sind. Daher ist etwa bei der Abklärung einer Pollenallergie die Testung auf alle häufigen Pollen notwendig. Selbver ständlich stellt ein umfassendes allergo logisches Wissen die Vorausetzung für eine zielführende Diagnostik und ihre Interpretation dar.

Was kann man (nicht) pricken?

Bei der Prüfung in Hinblick auf in halative Allergene ist die Verwen dung handelsüblicher Testsubstanzen Standard – die Herstellung eigener, soweit dies nötig ist, gehört in die Hand von Spezialistinnen und Spezialisten. Techniken wie der Scratchtest auf Tierhaare sind nur dann sinnvoll, wenn keine Testsubstanzen zur Verfügung stehen. Generell müssen bei selbstgemachten Stoffen immer Kontrollen bei Nichtallergikern durchgeführt werden, um falsch positive Re aktionen zu vermeiden. Auch die Sensitivität des Scratchtestes ist zu hinterfragen.

Ebenso sollten bei der Testung auf Le bensmittel handelsübliche Extrakte eingesetzt werden, allerdings ist die Prick-to-Prick-Testung mit nativen Nah rungsmitteln oftmals notwendig, da zu wenige Präparate existieren oder ihre Qualität fraglich ist. Auch hier empfiehlt sich bei seltenen Allergenen eine Über prüfung an Kontrollpersonen, um falsch positive Reaktionen auszuschließen –z. B. Reizungen bei sehr sauren Nah rungsmitteln. Scharfe Nahrungsmittel wie Chilli kann man aufgrund der Irrita tionen nicht Prick-to-Prick testen. Generell sind Expertise und Praxiserfah rung bei der Durchführung notwendig, da sich das Ablesen mitunter schwierig gestaltet und bei Dermatographismus gerne eine Fehlinterpretation im Sinne von „auf alles allergisch“ kommuni ziert wird. Das Testen der Positiv- und der Negativkontrolle (NaCl) ist obligat. Auch ist das Mitpricken von Profilin bei Pollen- oder Nahrungsmittelallergi kern ratsam, um das Pricktestergebnis besser interpretieren zu können. Eine Selbstverständlichkeit am Rande: Pro Allergen muss eine eigene Pricknadel verwendet werden, das Abwischen ist nicht zulässig, da es falsch positive Re aktionen ergeben würde.

GASTAUTOR: Allergie
Hausärzt:in medizinisch 12 September 2022
© shutterstock.com/Pixel-Shot © privat
Univ.-Doz. Dr. Felix Wantke Facharzt für Pneu mologie, Leiter des Floridsdorfer
zentrums, Wien SeriePULMO

Don’ts:

• Testung ohne klare Fragestellung,

• Testung mit nichtstandardisierten, selbstgemachten Testsubstanzen,

• Testen ohne Positiv- und Negativkontrolle,

• Pricktest mit nur einer Nadel,

• Fehlinterpretation eines Tester gebnisses aufgrund von Dermato graphismus oder bei Pollenextrakt aufgrund von Profilinpositivität.

Serologie

Die serologische Diagnostik hat in den letzten Jahren die größten Fortschritte gemacht. Dank der Komponentendia gnostik können die Majorallergene der wichtigsten inhalativen Allergene, vieler Nahrungsmittel und von Bienen- und Wespengift bestimmt werden. Wo immer es möglich ist, ist die Allergenkomponen te zu bevorzugen. Wir wissen, dass Pol len auch klinisch nicht relevante Minor-/ Panallergene enthalten, die sowohl die

Pricktestung (Profilin) als auch die Se rologie bei Verwendung von Gesamtex trakten „stören“, da sie irrelevante positi ve Resultate liefern. In der Serologie bei Pflanzen- und Insektengesamtextrakten besteht noch die CCD(„cross-reactive carbohydrate determinants“)-Proble matik, die bei etwa 20 % der Patienten vorkommt. Die Allergenchiptestung ist ein breites serologisches Testverfahren, das meines Erachtens insbesondere bei komplexen Lebensmittelallergien seine Berechtigung hat, aber bei der Interpre tation großes Fachwissen voraussetzt.

Don’ts:

• Nichttesten oder Ignorieren von Profi linsensibilisierung oder CCD-Positivität bei Gesamtextrakten in Bezug auf Pollen, Nahrungsmittel oder Insekten,

• generelles Nichtverwenden von Komponentendiagnostik,

• Komponenten für unfehlbar halten (eine gute, aber sehr spezifische Testung),

SEROLOGISCHE BESTIMMUNGEN IM VERGLEICH

Vorteil

Nachteil

Gesamtextrakt enthält (fast) alle Allergene Profilin- und CCD-Problematik

Komponente enthält nur ein Allergen; keine Profilin- und meist keine CCDProblematik

Allergenmixes Screening

Komponenten sind nach wie vor unvollständig – falsch negative Ergebnisse möglich

wenn positiv, ist eine weitere Testung nötig

Hausärzt:in

• Allergenchiptestung, nachdem bereits mehrere ausführliche Tests negativ waren,

• Überinterpretation der Serologie bei sehr hohem Gesamt-IgE (falsch positiv),

• Sensitivitätsschwäche der Serologie bei sehr niedrigem Gesamt-IgE nicht berücksichtigen (falsch negativ),

• alleinige serologische Diagnostik, ohne den Patienten je gesehen zu haben.

Interpretation

Die Kunst der Allergologie besteht in der Interpretation der Ergebnisse. Diese sollte bzw. müsste durch eine allergolo gisch geschulte Person erfolgen, welche auch die Untersuchung angeordnet oder durchgeführt hat. Die wichtigste Unter scheidung betrifft Allergie und Sensibili sierung: Eine allergische Sensibilisierung liegt dann vor, wenn ein positives Tes tergebnis gefunden wurde, der Patient jedoch beschwerdefrei ist. Eine Allergie besteht nur dann, wenn der Patient bei einem positiven Ergebnis auch klini sche Symptome hat. Das zeigt, dass eine Interpretation der Untersuchungen nur

Der Gastautor ist Vortragender bei der 46. Jahrestagung der Österreichischen Gesell schaft für Pneumologie (ÖGP) und der Öster reichischen Gesellschaft für Thoraxchirurgie (OGTC), 29.9.–1.10.2022, Salzburg Congress. ogp-kongress.at >

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im Gespräch mit dem Patienten möglich ist, eine Bewertung von Befunden ohne Anamnese lässt sich nicht vornehmen. Fairerweise muss erwähnt werden, dass unsere Diagnos tik in gewissen Bereichen noch suboptimal ist. Inhalative Allergien, z. B. gegen Pollen, Milben, Tiere, sind weitgehend abklärbar, da die wichtigsten Allergenkomponenten zur Verfügung stehen. Die Schimmelpilzdiagnostik wäre aber noch ausbaufähig, etwa die Testsubstanzen betreffend. Die wesentlichsten Lebensmittelallergien, also gegen Milch, Ei, Erdnuss, Haselnuss, Fisch etc., lassen sich gut ermitteln, allerdings wären weitere Allergenkomponenten zur Abklä rung der Weizenallergie wünschenswert.

Dont´s:

• Interpretation eines positiven Allergenmixes ohne Aufsplitterungstestung,

• Interpretation des Ergebnisses, ohne den Patienten je gesehen zu haben,

• Interpretation des Risikoprofils von Nussallergien bei alleiniger Testung mit Gesamtextrakt – hier ist die Komponententestung unumgänglich (DD: Kreuzreaktion Birke, Profilin, CCD, Lipidtransferprotein, echte Speicherproteinsensibilisierung),

• Allergietestergebnisse Laien vorlegen (etwa in Schulen, Kindergärten usw.).

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Dos der Allergiediagnostik:

„ klare Fragestellung,

„ Testung nur nach ausführlicher Anamnese,

„ Pricktest: standardisierte Testsubstanzen verwenden,

„ Serologie: CAVE: Profilin & CCD,

„ Interpretation der Ergebnisse nur nach ausführlicher Anamnese gemeinsam mit dem Patienten,

„ Provokation: bei unklaren Ergebnissen –CAVE: systemische Reaktionen, daher nur stationär in Zentren.

Provokationstests

Bei unklaren Ergebnissen oder unklarer/widersprüchlicher Anamnese empfiehlt sich die spezifische Provokation, weil ein positiver Allergietest lediglich über die Sensibilisierung, aber nicht über die klinische Relevanz des Ergebnisses Auf schluss gibt. Insbesondere bei Nahrungsmittelallergien lie fert die Provokation wichtige Informationen, ob das Lebens mittel noch gemieden werden muss oder ob es schon wieder konsumiert werden darf. Bei einer Monoallergie auf ein inhalatives Allergen mit einer klaren Beschwerdenanam nese ist eine spezifische Provokation nicht nötig. Generell birgt jene Untersuchung Risiken, wobei im Extremfall eine schwere systemische Reaktion (Anaphylaxie) auftreten kann. Daher dürfen Provokationen nur in klinischen Set tings mit Notfallausrüstung durchgeführt werden. <

Versorgungslücken

Trotz einer verhältnismäßig hohen Dich te praktizierender Ärztinnen und Ärzte – 5,2 auf 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner – existiert in Österreich eine Schieflage im Gesundheitssystem: Zu wenige Allgemeinmediziner, Ärzte wan dern ab, und viele Kassenplätze bleiben unbesetzt. Gründe dafür gibt es viele – sie erstrecken sich von den Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen bis hin zu geografi schen und finanziellen Aspekten. Auf Einladung der RegionalMedien Aust ria und des Fachmagazins Hausärzt:in diskutierten namhafte Expertinnen und Experten die größten Herausforderun gen im österreichischen Gesundheitswe sen im Rahmen einer „Runde der Regi onen“ am 14. Juni in Wien.

Attraktivierung der Allgemeinmedizin

Ein Problemfeld wird in der Allge meinmedizin geortet, die unter ange henden Ärzten nicht unbedingt das beste Image hat. Eine geografische Dysbalance und damit ein regionaler Mangel sind die Folgen. Die Attrak tivierung der Allgemeinmedizin ist

deshalb bereits seit Jahren ein Thema. Dr.in Katharina Reich, Sektionsleiterin für Öffentliche Gesundheit, versichert: „Uns ist bewusst, dass wir ein bisschen moderner, breiter und regional diverser werden müssen. Wir müssen attrakti ve Arbeitsbedingungen schaffen “ Für junge Allgemeinmediziner stehe die Verbesserung der Qualität der Ausbil dung an oberster Stelle, wie Dr. Richard Brodnig, BSc, Obmann der Jungen All gemeinmedizin (JAMÖ), betont. „Vie le Turnusärzte, die sich zunächst für Allgemeinmedizin entschieden haben, wechseln im Laufe der Ausbildung das Fach. Wir verlieren diese jungen Ärzte in der Ausbildung“, so der Jungmedizi ner. Aber auch die Arbeitsbedingungen seien ein wichtiges Thema. Vor allem die Betreuungszeit pro Patient sei für jun ge Ärzte wesentlich. Diese würden sich gerne mehr Zeit nehmen, das derzeitige Entlohnungssystem lasse das allerdings nicht zu.

Unbesetzte Kassenplätze

Mit Imageproblemen haben in Öster reich auch Kassenstellen generell zu

kämpfen, was sich in vielen unbesetz ten Kassenplätzen äußert. In der Kin derheilkunde sind das derzeit rund 15 Prozent der Stellen. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. „ E s gibt Dinge im niedergelassenen Bereich, die einfach ärgerlich sind“, bedauert Prim. DDr. Peter Voitl, MBA, Leiter des ersten Wiener Kindergesundheitszentrums Donaustadt. So sei zum Beispiel das Nebenbeschäftigungsverbot im Kas senbereich ein großes Problem. Viele Mediziner wollten sowohl im Spital als auch nebenbei in einer Ordination arbeiten. Das derzeitige System ver biete eine solche Beschäftigungsform allerdings, weswegen Kassenstellen für viele nicht in Frage kämen. Als bedenklich erachtet Prim. Voitl auch das Honorarsystem im Kassenbereich. So seien beispielsweise die MutterKind-Pass-Honorare seit 30 Jahren nicht mehr an die Inflation angepasst worden. „ Da geht es nicht nur um das Geld, da geht es auch um Wertschät zung “ , betont er. Zudem gebe es große regionale Unterschiede. So verdiene beispielsweise ein Kassenkinderarzt in Wien im Durchschnitt 360.000 Euro

Steht das medizinische System vor dem größten Umbruch seit dem Zweiten Weltkrieg?
Hausärzt:in politisch 16 September 2022
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im Jahr, in Niederösterreich hingegen nur 240.000 Euro –„ein Überbleibsel aus der historischen Zeit der Gebiets krankenkassen“

„Ich halte das Honorarsystem, wie wir es in Österreich ha ben, für höchst ‚überarbeitungswürdig‘“, sagt auch ÖGKArbeitnehmerobmann Andreas Huss. Die Frage nach dem Einkommen sei allerdings eine schwierige. Hier gehe es vor allem um die Relationen zwischen den unterschiedlichen Fachbereichen. Aufholbedarf gebe es beispielsweise in der

Allgemeinmedizin und Kinderheilkunde sowie bei Psych iatern und generell überall, wo es um die Hinwendung zu Patienten gehe. Unterbezahlt seien diese aber keineswegs: „ M it 6.000 Euro netto ist man in Österreich nicht unterbe zahlt.“

Wahlarztsystem abschaffen

Ein Problem der Kassenstellen liege auch darin, dass sich vie le Mediziner stattdessen für eine Privat- oder Wahlarztpraxis entschieden. Huss ist allerdings davon überzeugt, dass das Kassensystem mit den anderen Formen mithalten könne. Am Einkommen könne es jedenfalls nicht liegen. Das Wahlarzt system sei für Mediziner aber insofern interessant, als sie dort ihr Honorar selbst festlegen und so mit weniger Arbeitszeit >

Wollen Sie mehr über Gentherapien erfahren?

Herr DDr. Reinisch und Frau Prof. Pabinger beleuchten in diesem eLearningVideo auf verständliche Art und Weise das Thema Gentherapien aus verschiedenen Richtungen.

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Teilnehmer:innen der Runde der Regionen (v.l.n.r.): Obmann Huss (ÖGK), Dr. Brodnig (JAMÖ), Mag. a Jelenko-Benedikt und Mag. a Martin (RegionalMedien), Dr. in Reich (Gesundheitsministerium), Dr. Voitl (ÖÄK).
Hausärzt:in politisch
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das Gleiche verdienen könnten. Während ein Wahlarzt einen Patienten behandle, müsse der Kassenarzt also unter Umstän den drei behandeln, rechnet Huss vor. Der ÖGK-Obmann

© SGKK

„Diese intransparente Vermischung der beiden Systeme – privater und öffentlicher Gesundheitsversorgung – gibt es in ganz Europa nicht und jene muss man zumindest infrage stellen.“

fragt sich allerdings, wie viele der Wahlärzte tatsächlich ver sorgungsrelevant seien. Man habe sich bei der Krankenkas se zuletzt intensiv mit Wahlarztrechnungen beschäftigt und festgestellt, dass hier teilweise obskure Behandlungen ange führt würden, die mit dem Kassensystem eigentlich nichts zu tun hätten: „ Man kommt sich dann – wenn man diese Rech nungen sieht – vor, als wäre man eher bei einem mittelalter lichen Schamanen als bei einem modernen Mediziner.“ Ei genurintherapien oder Eigenbluttransfusionen seien an der Tagesordnung. Geht es nach Huss, sollte das Wahlarztsystem abgeschafft werden: „ Diese intransparente Vermischung der beiden Systeme – der privaten und öffentlichen Gesundheits versorgung – gibt es sonst nirgends in Europa und jene muss man zumindest infrage stellen.“

Spitäler im Wandel der Zeit

Ein weiteres Grundproblem des österreichischen Ge sundheitssystems liege in einem veralteten Denken aus der Zeit des Ärzteüberschusses, als es auf eine freie Stel le zehn Bewerber gab, so Prim. Voitl. „ Das ist aber nicht mehr so und jetzt ist man plötzlich erstaunt, dass es an ders läuft. Neu ist, dass die Spitäler als Arbeitgeber plötz lich attraktiv und konkurrenzfähig für die Angestellten werden müssen, und daran sind sie nicht gewöhnt.“ Auch Dr.in Reich betont, dass sich Krankenhäuser an die neuen Ge gebenheiten anpassen müssten: „ Schön langsam bekommen alle Spitäler mit, dass es um den Wettbewerb der besten Köpfe geht “ Ein wichtiges Thema sieht sie zudem im Austausch zwi schen dem Krankenhaus- und dem niedergelassenen Bereich. Immerhin seien die Patienten auf diesen angewiesen: „Wir brauchen ein Netzwerk, in dem der Spitalsbereich mit dem niedergelassenen in einem strukturierten Miteinander arbei tet. Das sind wir den Patienten schuldig.“

„Wir brauchen ein Netzwerk, in dem der Spitalsbereich mit dem niedergelassenen in einem strukturierten Miteinander arbeitet.“

Gesundheitssystem im Umbruch

© kinderarzt.at

„Das Nebenbeschäftigungsverbot im Kassenbereich ist ein großes Problem. Viele Mediziner wollen sowohl im Spital als auch in einer Ordination arbeiten.“

Prim. DDr. Peter Voitl, MBA, Kinderarzt in Wien, ÖÄK-Referent

Das duale System in der Medizin löst sich zusehends auf. Me diziner haben aktualisierte Anforderungen an ihren Job, und auch Patienten kommen zum Teil mit neuen Erwartungen und einem anderen Selbstverständnis in Praxen und Spitäler als noch vor einigen Jahren. Auf all das muss sich das Gesund heitssystem künftig einstellen, um attraktiv und modern zu bleiben respektive zu werden. Prim. Voitl stellte eine markan te Bemerkung in den Raum, die alle anderen Teilnehmer be stätigten: „Ich glaube, das medizinische System steht vor dem größten Umbruch seit dem Zweiten Weltkrieg “ An vielen Verbesserungen werde bereits gearbeitet, betont Dr.in Reich. Nun sei es erstmals wichtig, die Dinge zum Ab schluss zu bringen, die beinahe fertig und tatsächlich unter schriftsreif seien. Als Beispiel führt sie an, dass Allgemein mediziner schon in Bälde als Fachärzte anerkannt würden. Auch eine Überarbeitung der Regelungen zu Primärversor gungseinheiten stehe kurz bevor. Daneben seien die Teleme dizin sowie die weitere Digitalisierung des Gesundheitswe sens wichtige Themen der Zukunft.

Dominique Manuel Rohr, Margit Koudelka

„Viele Turnusärzte, die sich zunächst für Allgemeinmedizin entschieden haben, wechseln im Laufe der Ausbildung das Fach. Wir verlieren diese jungen Ärzte in der Ausbildung.“
Dr. Richard Brodnig, BSc, Obmann der Jungen Allgemeinmedizin (JAMÖ)
Andreas Huss, ÖGK-Obmann Dr.in Katharina Reich, Sektionsleiterin für Öffentliche Gesundheit, Gesundheitsministerium © Martin Wiesner © Florian Schrötter/BKA
Hausärzt:in politisch 18 September 2022

Belastende Verhältnisse

Österreich ist weit davon entfernt, eine umfassende Gesundheitsversorgung von Kindern zu garantieren*

Der beste Sozialstaat bietet allen die beste gesundheitliche Versorgung – doch im Bereich Kindergesundheit ist Österreich kein Vorbild. Der Nationale Aktionsplan zur Umsetzung der EU-Kindergarantie bietet die Chance, die Versorgungslücken zu schließen.

Im Juni 2021 hat der EU-Rat die „ Europäische Garantie für Kinder “ beschlossen, die unter anderem den kostenlo sen Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung beinhaltet. Der Nationale Aktionsplan, den Österreich zur >

Hausärzt:in politisch
©shutterstock.com/ New Africa

Umsetzung vorlegen wird, muss dem Problem begegnen, dass Österreich weit davon entfernt ist, eine umfassende Gesundheitsversorgung von Kindern zu garantieren.

Neue Therapieformen erforderlich

Beim Behandlungsbedarf von Kindern hat sich ein Wandel vom Zeitalter der Infektionserkrankungen hin zu einer Zunahme von Entwicklungsstörungen, psychischen und Lebensstilerkrankun gen vollzogen. Durch Belastungen der Familiensysteme aufgrund von Armut, Migration, psychischen Erkrankungen der Eltern und vielem mehr steigt die Komplexität zusätzlich. Hier sind die sozialpädiatrischen Ambulatorien mit multiprofessionellen Teams oft das ideale Behandlungsset ting. Dort wird die Versorgung unter einem Dach geboten und reicht von pädiatrischer Diagnostik und Behandlung über die bei Entwicklungsstörungen – etwa der Motorik oder der Sprache – wesentlichen funktionellen Therapien (Physio therapie, Ergotherapie, Logopädie) bis hin zu Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapie. Da die Ambulato rien in manchen Regionen nur spärlich vorhanden sind und rasch an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen, sind viele Familien mit Aufnahmesperren oder Wartezeiten von einem Jahr und mehr konfrontiert – mit der Folge, dass Zeitfenster in der kindlichen Entwicklung, zum Beispiel die Sprache betref fend, unwiederbringlich versäumt werden. Multidisziplinarität ließe sich auch im klassischen nieder gelassenen Bereich umsetzen, indem Kinderärztinnen und -ärzte ein PVZ betreiben. Jedoch: Ohne erkennbaren Grund schließt der Gesetzgeber diese von der Gründung von Pri märversorgungszentren aus.

ordnung zumindest in der Einzelpraxis möglich sind. Freilich nur „ solange der Vorrat reicht“ Gibt es zu wenige Therapie stellen im Stellenplan des Gesamtvertrages oder finden sich nicht genug Therapeutinnen und Therapeuten dafür, müssen die Eltern auf „Wahltherapeuten“ ausweichen. Sie zahlen also das verlangte Honorar und bekommen 80 Prozent des Tarifs laut Gesamtvertrag erstattet. Die Leistung vorauszu zahlen und auf einem beträchtlichen Teil der Kosten sitzen zubleiben sind leider für Kinder aus sozial belasteten Ver hältnissen, welche die Versorgung am nötigsten bräuchten, oft unüberwindliche Hürden. Wenn dann ein oder zwei Jahre auf den Sachleistungsplatz beispielsweise bei einer Logopä din gewartet werden muss, sind Phasen der Sprachentwick lung versäumt, die nicht mehr nachgeholt werden können.

(Spärliche) Datenlage belegt Unterversorgung Für eine solide Planung fehlen allerdings Daten. Ein Aspekt des Versorgungsproblems besteht darin, dass Österreich bei den Zahlen über Prävalenzen und die Versorgung im Blind flug unterwegs ist. Die engagierten Pädiaterinnen und Pädiater der Initiative „Politische Kindermedizin“ belegen das Versor gungsproblem aber deutlich mit einem Vergleich des Anteils von Kindern und Jugendlichen mit funktionellen Therapien, die über die Sozialversicherung abgerechnet werden, sowie den dabei erhaltenen Therapieeinheiten zwischen Österreich und Deutschland. Der Anteil der in Österreich logopädisch bzw. physiotherapeutisch behandelten Kinder und Jugendlichen macht weniger als die Hälfte und bei der Ergotherapie sogar weniger als ein Viertel aus. Dass deutsche Patienten mehr als doppelt so viele Ergotherapie- und fast dreimal so viele Logo pädieeinheiten erhalten, ist auf Stundenlimitationen und die ab schreckenden Selbstbehalte bei den Wahltherapeuten zurück zuführen. Deutschland zahlt die volle Sachleistung! Alarmierend ist – trotz der neuen Gesamtverträge – das Verhältnis zwischen kassenfinanzierten Planstellen und Wahltherapeuten: Für nur drei Prozent aller freiberuflich tätigen Physiotherapeuten gibt es eine Kassenstelle, bei den Ergotherapeuten für einen von zehn und bei den Logopäden für zwei von zehn.

Fehlende Ressourcen in der Psychotherapie

In der Psychotherapie gibt es anstelle von Gesamtverträgen „ Poolverträge“ zwischen ÖGK und regionalen psychothe rapeutischen „Versorgungsvereinen“, welche Sachleistungs kontingente zur Verfügung stellen. Wer keine solche Sach leistung erhält, weil das Kontingent des Therapeutenpools erschöpft ist, muss sich mit 28 Euro Kostenzuschuss pro Stun de beim Privattherapeuten begnügen.

Kassenpädiater:innen dringend gesucht

Sachleistungen – nur solange der Vorrat reicht

Seit kurzem gibt es immerhin Gesamtverträge für die funk tionellen Therapien, sodass logopädische, physio- und ergo therapeutische Behandlungen auf e-card über ärztliche An

Sogar in einem Bereich, der eigentlich über Jahrzehnte für gute Versorgung stand, ist mittlerweile Feuer am Dach: Immer weniger Kinderärztinnen und -ärzte sind bereit, einen Kas senvertrag anzunehmen – damit finden immer weniger Eltern eine kostenlose pädiatrische Betreuung ihrer Kinder. Bundes weit ist ein Viertel der kinderärztlichen Vertragsstellen unbe

„Jetzt ‚ersparte‘ Kosten treffen später –um ein Vielfaches vermehrt – die gesamte Gesellschaft.“
„Die Nichtzulassung pädiatrischer Primärversorgungszentren durch den Gesetzgeber ist Unsinn.“
© Lisi Specht, BAK GASTAUTOR: Hon.-Prof. Dr. Christoph Klein ehem. Direktor der AK Wien und der Bundesarbeitskammer
Hausärzt:in politisch 20 September 2022

setzt, in Niederösterreich und Wien ein Drittel oder mehr! Große Wiener Be zirke wie Brigittenau oder Penzing, mit jeweils fast 100.000 Einwohnern, haben gerade noch einen Kassenkinderarzt; Städte wie Purkersdorf oder Bad Ischl keinen einzigen mehr.

Da die Berufsgruppe ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Wichtigkeit der multiprofessionellen Zusammenarbeit hat und ein Primärversorgungszentrum insofern gerade für viele Junge ein at traktiverer Arbeitsplatz wäre als die klassische Einzelpraxis: auch hier der Hinweis, dass die Nichtzulassung pä diatrischer Primärversorgungszentren durch den Gesetzgeber Unsinn ist.

Eine weitere Möglichkeit der Attrakti vierung kassenärztlicher Mangelfächer könnten bezahlte Lehrpraxen bieten. Das konkrete Kennenlernen der Arbeit in der Kassenpraxis sollte dazu beitragen, junge Kolleginnen und Kollegen dafür zu ge winnen. Und das wäre wahrlich leistbar:

• Anzahl jährlich approbierter Fachärztinnen und -ärzte: ca. 70

• davon ca. 50 % mit Interesse für niedergelassene Tätigkeit + Lehrpraxis: ca. 35

• monatliche Kosten pro Lehrpraktikant:in im Vollkostenmodell: ca. 4.000 €

• durchschnittliche Ausbildungszeit in der Lehrpraxis: 6 Monate Gesamtkosten somit 35 x 4.000 € x 6 = 840.000 €

Um die inakzeptable Situation kurzfris tig zu mildern, wird auch zu überlegen sein, wie die zahlreichen Wahlkinder ärztinnen und -ärzte, die mehr als die

Hälfte der niedergelassenen Pädiatrie ausmachen, stärker in die Versorgung der weniger finanzstarken Bevölkerung einbezogen werden können.

Hilfsmittel: Hindernislauf für Eltern und Kinder

Ein weiterer Schandfleck der österrei chischen Gesundheitspolitik: die (unzu reichende) Finanzierung von Hilfsmit teln für Kinder mit Behinderung, welche häufig beispielsweise auf Steh- und Gehhilfen, individuell angefertigte or thopädische Schuhe, Rollstühle usw. an gewiesen sind, um am normalen Leben teilhaben bzw. sich überhaupt bewegen zu können. Die Krankenversicherung leistet nach derzeitiger Rechtslage zum Teil nur bescheidene Zuschüsse. Die Folge: Weniger vermögende Eltern wer den monatelang im Kreis geschickt, um bei Behörden und Wohltätigkeitsorga nisationen eine möglichst vollständige Finanzierung zu erreichen.

... auch wirtschaftlich dumm

Die beschriebene Unterversorgung nimmt nicht nur Kindern Lebensqualität und verbaut Entwicklungsmöglichkei ten, sondern kommt uns auch teuer zu stehen. Jetzt „ersparte“ Kosten treffen später, um ein Vielfaches vermehrt, die gesamte Gesellschaft – in Form chroni fizierter Krankheiten das Gesundheits system, in Form nicht genutzter geistiger und physischer Entwicklungsmöglich keiten das Bildungssystem, den Arbeits markt und die Wirtschaft, des Weiteren den Sozialstaat in Form von Kosten über den ganzen Lebenszyklus der Betroffe

nen, durch institutionelle Betreuung, Arbeitslosengeld, Sozialhilfe, Invalidi tätspensionen, Ausgleichszulagen usw.

Fazit

Der Nationale Aktionsplan zur Umset zung der EU-Kindergarantie muss da her einen strukturierten mehrjährigen Prozess vorlegen, in dem die Lücken in der Gesundheitsversorgung der Kinder systematisch geschlossen werden. Dafür werden – neben brauchbaren Daten – zu sätzliche Mittel des Bundes erforderlich sein, die sich über einen mehrjährigen Betrachtungszeitraum freilich mehr als rechnen. Zur Sicherstellung der kosten freien Behandlung bei niedergelassenen Kinderärztinnen und -ärzten müssen pädiatrische Primärversorgungszentren und Lehrpraxen ermöglicht sowie syste matische Lösungen zur Einbindung der Wahlärzteschaft erarbeitet werden.

Literatur beim Verfasser. <

* Der Gastautor war Vortragender bei den 7. Praevenire Gesundheitstagen 2022 von 18. bis 20. Mai in Seitenstetten.

„Bundesweit ist ein Viertel der kinderärztlichen Vertragsstellen unbesetzt, in Niederösterreich und Wien ein Drittel oder mehr.“
Hausärzt:in politisch
Quelle: Kerbl, ÖGKJ

Das Team um die Patient:innen

Fünf Jahre Primärversorgungsgesetz: ein steiniger Weg zur Regelversorgung

Die sechste Primärversorgungstagung von AM PLUS, der Initiative für Allgemein medizin und Gesundheit, lud im Sommer 2022 Vertreter der Stakeholder aus dem Gesundheitsbereich und der Gemeinde verwaltung nach Haslach (OÖ) ein, um Stand, Probleme und Zukunftsaussichten in der Primärversorgung zu referieren und diskutieren. Fakt ist, dass es zur künftigen Absicherung einer flächendeckenden in tegrativen, wohnortnahen Grundversor gung enormer Anstrengungen aller Ver antwortungsträger bedarf.

„Eigentlich sollten mindestens 30 Prozent jener, die ein Medizinstudium absolvie ren, Hausärztinnen oder -ärzte werden. Davon sind wir weit entfernt“, sagte Dr. Erwin Rebhandl, Präsident von AM PLUS (amplusgesundheit.at) und Allge meinmediziner im Primärversorgungszen trum Haslach, der die zufriedenstellende Grundversorgung in den nächsten Jahren in Gefahr sieht.

Seit dem Gesetz von 2017 ist einiges zur Stärkung der Primärversorgung (PV) in Bewegung gekommen. Von den bis 2023 avisierten 75 Primärversorgungs einrichtungen (PVE) in Österreich sind derzeit 36 umgesetzt – 32 davon als Pri märversorgungszentrum und vier als Netzwerk. „Auftrieb erhoffen wir uns von dem 100 Millionen Euro schweren

EU-Förderungstopf zur Attraktivierung und zum Ausbau der Primärversorgung bis 2026“, erklärte Dr. David Wachabauer, Leiter der Koordination Primärversor gung bei der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG). Für Mitte September kündigte er den Start der „Plattform Pri märversorgung“ an, eines Begegnungs raumes für alle, die sich für multiprofes sionelle Primärversorgung interessieren (primaerversorgung.gv.at). Das Überwinden von Standesdünkel, Synergien von Gesundheitsinstitutionen, -berufen und -dienstleistern, die ver pflichtende Konfrontation aller Medi zinstudenten von Beginn der Ausbildung an mit der Allgemeinmedizin, die Um setzung „des Facharztes/der Fachärztin für Allgemeinmedizin“, eine umfassende Unterstützung von Jungärztinnen und -ärzten bei der Konzeptentwicklung und Umsetzung einer PVE sowie die Zusam menarbeit mit den Gemeinden – das sind wesentliche Aspekte, die bei der „Fach tagung für Ärzt:innen, Politik und Ge sundheitsberufe“ thematisiert wurden. Die Vortragenden erörterten notwen dige Maßnahmen zum beschleunigten Ausbau der wohnortnahen, integrativen Grundversorgung und zur leichteren Bil dung der „Teams um den Patienten“ in PVE.

Dr. Erwin Rebhandl, Dr. Thomas Pein bauer und Mitglieder des Teams der PVE „Hausarztmedizin plus“ in Haslach stell ten das zukunftsweisende Projekt „Ge sundheit Steinerne Mühl“ vor, zu dem sich vier Gemeinden im Oberen Mühlviertel zusammengeschlossen haben. Alle ge sundheitsrelevanten Aktivitäten von Ge meinden sowie Dienste von Institutionen in der rund 5.100 Einwohner umfassen den Region wurden zu folgenden Zwe cken vernetzt: Steigerung der Awareness für Gesundheitsthemen und Prävention, Verbesserung der Gesundheitskompe tenz der Bevölkerung, Unterstützung von Menschen mit chronischen Erkrankungen, Angebote zur Lebensstiländerung für alle Altersgruppen, Social Prescribing und bes sere Erreichung vulnerabler Zielgruppen.

Förderung von Community Nursing

Zentral im „Team um den Patienten“ in PVE sind Vertreterinnen und Vertreter von Gesundheitsberufen, etwa der Phy siotherapie, Ergotherapie, Logopädie, Diätologie, Sozialarbeit, Psychotherapie. Neuerdings arbeitet man in der Region „Gesundheit Steinerne Mühl“ mit ei ner Community Nurse (CN) zusammen. Seit heuer werden nach internationalem Vorbild EU-geförderte Pilotprojekte für

„Medizinstudent:innen müssen von Beginn an mit der Allgemeinmedizin konfrontiert werden. Mit dem Kennenlernen der Aufgaben und Möglichkeiten in der Praxis oder einer PVE wächst bei vielen das Interesse am Beruf des Hausarztes/der Hausärztin.“

Dr. Erwin Rebhandl, Präsident von AM PLUS

© Kirschner

„Erste PVE-Evaluierungen zeigen die Zufriedenheit aller Beteiligten. Durch die PVE war mancherorts eine erfolgreiche Nachbesetzung von sonst schwer besetzbaren Planstellen möglich.“

Fabio König, Vizebürgermeister in Perg Kirschner Kirschner

Mag. Franz Kiesl, Fachbereichsleiter des Versorgungsmanagements 1 der ÖGK

„Zum Ausbau und zur Attraktivierung der Primärversorgung gibt es bis 2026 einen 100 Millionen Euro schweren EU-Fördertopf.“

Dr. David Wachabauer, Leiter der Koordination Primärversorgung bei der Gesundheit Österreich GmbH

„Welche Art der Grundversorgung Gemeinden haben möchten, können sie sich meist nicht aussuchen. Sie müssen oftmals froh sein, wenn sich nach einer Pensionierung überhaupt ein neuer Hausarzt/eine neue Hausärztin findet. Bei uns in Perg sind von fünf Stellen derzeit nur drei besetzt.“

NACHGEFRAGT: Erfahrung mit Primärversorgung
© Kirschner
Hausärzt:in politisch 22 September 2022
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Community Nursing in Österreich umge setzt. Bis 2024 sollen in 500 Gemeinden solche Dipl. Gesundheits- und Kranken pflegekräfte arbeiten.

Community Nursing zielt auf die För derung und Aufrechterhaltung der Ge sundheit sowie die bestmögliche Le bensqualität aus pflegerischer Sicht ab. Vornehmliche Zielgruppe sind ältere Menschen, die noch in den eigenen vier Wänden leben, sowie pflegende Ange hörige. Ein zentrales Element der Arbeit einer CN stellen zum Beispiel präventive Hausbesuche bei der Generation 75 plus dar, bei denen erhoben wird, ob und wel cher Pflegebedarf besteht. Sie kann aber auch präventive Maßnahmen initiieren, damit Senioren mobil bleiben. Die CN in formiert über Hilfsangebote und vernetzt ihre Klienten mit Gesundheitsdienstleis tern, um ihnen die optimale Begleitung zu ermöglichen.

PV-Modelle weiterentwickeln

„Erste Evaluierungen bestehender PVE zeigen, dass es eine hohe Zufriedenheit

von Gesellschaftern, Gesundheitsper sonal sowie Patientinnen und Patienten gibt. Durch die PVE war eine erfolgrei che Nachbesetzung von sonst schwer besetzbaren Planstellen möglich. Es be stätigt sich, dass nichtärztliche Gesund heitsberufsgruppen wie diplomiertes Krankenpflegepersonal, Sozialarbeiter und PV-Manager die Ärzte entlasten und die Versorgung durch multiprofessionelle Teams klare Vorteile für chronisch Kran ke hat“, sagte Mag. Franz Kiesl, Fach bereichsleiter des Versorgungsmanage ments 1 der ÖGK. Er sieht einen klaren Aufwärtstrend bei Neugründungen und Interessenten. „Die ÖGK bekennt sich zum Ausbau der Primärversorgung, deren Weiterentwicklung und Stärkung darf sich nicht auf PVE beschränken, sondern muss umfassender gedacht werden“, erklärte Dr. Arno Melitopulos-Daum, Leiter des Fachbereichs Versorgungsmanagement 3 der ÖGK.

In der Diskussion zeigten sich Sorgen und Ohnmacht der Gemeindevertreterinnen und -vertreter, wenn hausärztliche Stellen nicht nachbesetzt werden können. „Auch

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wenn wir keine rechtliche Handhabe ha ben, liegt es aus Sicht der Bevölkerung in der Mitverantwortung der Bürgermeiste rinnen und -meister, sich um die hausärzt liche Versorgung zu kümmern. Das baut Druck auf. Wir müssen froh sein, wenn eine offene Stelle überhaupt besetzt wer den kann. Welche Art der Grundversor gung man haben möchte, kann man sich meist nicht aussuchen“, schilderte Fabio König, Vizebürgermeister von Perg, die prekäre Situation stellvertretend für an dere Gemeinden. In Perg sind drei von fünf Hausarztposten besetzt. Sollte eine dieser Stellen vakant werden, bricht die Versorgung zusammen.

„Bei der Unterstützung für die Ent wicklung von Konzepten in der Pri märversorgung muss man gezielt auf die individuellen Bedürfnisse eingehen, denn die Materie ist komplex“, betonte Dr. Rebhandl abschließend. AM PLUS helfe gerne und könne diese individu elle Erstberatung von Gemeinden so wie interessierter Ärztinnen und Ärzte übernehmen.

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Sport fördert die Gesundheit, senkt den Cholesterinspiegel jedoch nur marginal

Fachärztin für Innere Medizin, Endokri nologie & Stoffwechsel in Mattersburg und Wien, diese Fragestellung.

HAUSÄRZT:IN: Inwieweit lässt sich der LDL-C-Spiegel mit Bewegung tatsächlich senken?

Die Datenlage überzeugt: LDL-C steht in kausalem Zusammenhang mit dem Risiko, atherosklerotisch kardiovasku läre Erkrankungen (ASCVD) zu entwi ckeln – und wird das LDL-Cholesterin gesenkt, verringert sich das ASCVD-Ri siko proportional zu der absolut erreich ten LDL-C-Reduktion.1 Die Medikation für die Primär- und Sekundärprävention wird von den Patientinnen und Patienten jedoch vielfach nicht wie verordnet ein genommen. So liegen die Adhärenzraten diversen Studien zufolge bei weniger als 50 Prozent.1 Die Adhärenz sinkt mit der Behandlungsdauer, was besonders auf Personen zutrifft, welche im Sinne der Primärprävention eingestellt werden. Ein häufig angegebener Grund, die medika mentöse lipidsenkende Behandlung nicht beginnen zu wollen: „Ich möchte zuerst lifestylebezogene Maßnahmen auspro bieren.“1 Dass ausreichend Bewegung aus einem gesunden Lebensstil nicht wegzudenken ist, dürfte auch weiten Tei len der Bevölkerung klar sein. Aber lässt sich das LDL-C wirklich „wegtrainie ren“? Im Gespräch mit der Hausärzt:in thematisiert Assoc. Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Yvonne Winhofer-Stöckl, PhD,

Prof.in WINHOFER-STÖCKL: Ein ge sunder Lebensstil, bestehend aus ausge wogener Ernährung und regelmäßiger körperlicher Aktivität, ist essenziell für die Prävention beziehungsweise Be gleittherapie chronischer Erkrankungen. Das ist unumstritten. Auf das LDL-Cho lesterin hat Bewegung aber nur einen marginalen Effekt, da es sich hierbei um ein Transportmolekül handelt, das sich – wenn es nicht in der Leber abge baut wird – in den Arterienwänden abla gern kann. Beispielsweise wurde in zwei Chochrane-Reviews2,3 lediglich eine limi tierte Evidenz bezüglich des Einflusses von Bewegung auf den LDL-C-Spiegel beschrieben, wenngleich etwa bei Yoga3 eine moderate statistische Heterogeni tät vorhanden war. Laut den aktuellen ESC-Leitlinien kann die Steigerung von regelmäßiger Bewegung das LDL-C um weniger als fünf Prozent senken – Über gewicht zu reduzieren, kann eine Auswir kung von fünf bis zehn Prozent haben.

Warum kann es gefährlich sein, den Beitrag von Bewegung für die Choleste rinsenkung zu überschätzen?

Heute wissen wir: LDL-Cholesterin ist kausal und kumulativ bei der Entstehung der Atherosklerose. Umgekehrt gibt es sehr gute Evidenz, dass eine deutliche Absenkung des LDL-C in den individu ellen Zielbereich sowohl der Entstehung als auch der Progression der Atherosklerose entgegenwirkt. Gerade bei Men schen, die ein kardiovaskuläres Ereignis, etwa einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder peripheren Gefäßverschluss, hin ter sich haben, liegt das LDL-C-Ziel bei < 55 mg/dl. Zudem wird empfohlen, bei Personen mit hohem und sehr hohem Risiko zusätzlich eine Reduktion von mindestens 50 % des Ausgangswertes

anzustreben. Wenn ein Betroffener zum Beispiel ein Aus gangs-LDL-C von 100 mg/dl hat und mit Sport eine Sen kung von weniger als zehn Prozent schafft, wird er rein mit dieser Maßnahme seinen Zielwert nicht erreichen.

Cholesterin Fake News vs. Fakten

Welche Behandlungsschritte braucht es sonst noch?

Die uns heute zur Verfügung stehenden lipidsenkenden Substanzen sind in der Lage, den LDL-C-Spiegel in den ge wünschten Bereich zu bringen, jedoch nur, wenn die Patienten das verschriebe ne Präparat auch tatsächlich wie verord net einnehmen.

Was sollte getan werden, um den Mythos „Durch Bewegung erreiche ich meinen Cholesterinzielwert“ zu entkräftigen?

Die Information, wie viel mit Sport oder Gewichtsabnahme tatsächlich erreicht –bzw. auch nicht erreicht – werden kann, ist wichtig. Wird das nicht klar kommuni ziert, verzögert sich der Therapiebeginn. Hingegen sind die Patientinnen und Pati enten in der Regel mit einer medikamen tösen Behandlung einverstanden, wenn sie hinreichend aufgeklärt wurden.

Das Interview führte Anna Schuster, BSc.

Referenzen:

1 2019 ESC/EAS

2 Seron P et al., DOI: 10.1002/14651858.CD009387.pub2.

3 Hartley L et al., DOI: 10.1002/14651858.CD010072.pub2.

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Mit einer Bewegungssteigerung lässt sich das LDL-C um weniger als 5 % senken – mit einem Verlust von Übergewicht um bis zu 10 %.

Somit bedarf es häufig einer medikamentösen Therapie, um das LDL-C in den gewünschten Bereich zu bringen.

• Werden Patient:innen nicht darüber aufge klärt, verzögert sich der Behandlungsbeginn.

„Durch Bewegung LDL-C in den Griff bekommen?“
Hausärzt:in medizinisch 25September 2022
Guidelines for the management of dyslipidaemias (plus Supplementary data).
© MedUni Wien/F. Matern Assoc. Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Yvonne WinhoferStöckl, PhD, Klinische Abteilung für Endokrino logie und Stoffwechsel, MedUni Wien.

Das Risiko eines Schlaganfalls bei un behandelten Patienten mit Vorhofflim mern steigt dramatisch mit dem Alter. Die Abbildung (Seite 28) zeigt den

Zusammenhang zwischen der Insult prävalenz und dem Alter der Patientin nen und Patienten mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern, also VHF in Abwesen heit einer Mitralstenose. Bei den über 80-jährigen Betroffenen liegt die Präva lenz des Schlaganfalls bei ca. 30 Prozent, während sie bei den unter 40-jährigen lediglich fünf Prozent beträgt.

Diagnostik in der Ordination

Die neuen Guidelines der ESC1 haben versucht, mit einem plakativen Akro

nym – „C C to ABC “ – eine Eselsbrü cke für die Diagnose und Therapie bei Patienten mit Vorhofflimmern zu bau en. Das erste C steht für „c onfirm AF “ , also die Diagnose stellen. Dies ist im klinischen Alltag oft eine Herausforde rung, da in der allgemeinmedizinischen oder internistischen Praxis viele Perso nen mit Palpitationen vorstellig wer den. Hilfreich ist hier die Frage nach der Häufigkeit und Dauer der Palpitati onen. Handelt es sich um „ Einzelschlä ge“ oder „ Aussetzer“, ist am ehesten an Extrasystolen zu denken. Kommt

„Etwa 30 Prozent der Personen mit Vorhofflimmern und einer Indikation zur Gerinnungshemmung sind nicht adäquat antikoaguliert.“
Hausärzt:in medizinisch 26 September 2022
© shutterstock.com/Magic mine
Zwischen Guidelines und Real World Vorhofflimmern – ein genauerer Blick auf den klinischen Alltag

es zu Palpitationen, die etwas länger – nämlich zumindest einige Sekunden – anhalten, sollte der Patient als Nächs tes gefragt werden, wie häufig diese auftreten. Werden sie täglich wahrge nommen, lohnt sich die Überweisung zu einem 24-Stunden-EKG. Treten die Palpitationen jedoch selten auf, also z. B. alle 14 Tage, dann ist der Versuch einer Dokumentation der Arrhythmie mit einem Eventrecorder oder mithilfe einer Smartwatch mit EKG-Funktion sinnvoll. Während komplexe Arrhyth mien in der 1-Kanal-Ableitung der meisten Devices nicht darstellbar sind, lässt sich Vorhofflimmern aufgrund der absoluten Arrhythmie auch im 1-Ka nal-EKG oft gut erkennen. Wichtig ist, dass die Dokumentation zumindest 30 Sekunden dauert, um den Di agnosekriterien für Vorhof flimmern gerecht zu werden. Das zweite C des Akronyms stellt die Charakterisierung des Vorhofflimmerns in den Vordergrund. Diese Charak terisierung geht meines Er achtens im Detail zu weit, um für den klinischen Alltag in der Niederlassung geeignet zu sein. Sie sollte teilweise den Spezialambulanzen bzw. der Facharztordination überlas sen werden, da weder die Zeit noch das Equipment (Echo kardiographie, CT, MRT) in jeder Or dination zur Verfügung steht. Wichtige

Punkte aus der Charakterisierung, die es jedenfalls zu beachten gilt, sind das vom CHA2DS2-VASc-Score abgeleitete Schlaganfallrisiko, der individuelle Lei densdruck – von asymptomatisch bis hä modynamisch relevant reichend – sowie die Dauer (paroxysmal/permanent).

„ABC“ des Managements

Hier kommt der zweite Teil des Ak ronyms, nämlich ABC, zum Tragen. A steht für Antikoagulation (bzw. „avoid stroke“), B für bessere Symptomkon trolle und C für „comorbidities and cardiovaskular risk“. Bezüglich der Antikoagulation gilt es, mithilfe des CHA2DS2-VASc-Scores das Schlagan fallrisiko individuell zu beurteilen. Je nach Komorbiditäten, Alter und Geschlecht des Patienten ist die Entscheidung bezüglich des Beginns einer Antikoagu lation zu treffen. Wichtig: Die meisten Personen mit hohem Blutungsrisiko haben auch ein hohes Ischämierisiko und pro fitieren besonders von einer Antikoagulation. Alle Patien tinnen mit einem CHA2DS2 VASc-Score von ≥ 3 und alle Patienten mit einem Wert von ≥ 2 sollten jedenfalls antiko aguliert werden. Was den individuellen Lei densdruck betrifft, also das Ziel der Symptomkontrolle („B“), ist jede The

rapiemöglichkeit mit dem Patienten zu besprechen und eine gemeinsame – auf ausreichend Aufklärung und Informati on basierte – Entscheidung zu treffen. Die Strategien reichen von Frequenz kontrolle mittels bradykardisierender Medikamente über Rhythmisierung mittels Antiarrhythmika (wobei der Stellenwert von Sedacoron in den re zenten Guidelines wieder etwas höher wurde) bis hin zu der immer häufiger verfügbaren Ablation.

Beim letzten Buchstaben im Akronym „ A BC “ geht es um Komorbiditäten, die Reduktion des kardiovaskulären Risi kos und eine etwaige Modifikation des Lebensstils. Entscheidend für die Prog nose des Patienten sind, neben der ad äquaten Antikoagulation, die Diagnose und ggf. die Therapie der Hypertonie, der Hyperlipoproteinämie und des Dia betes – zudem eine absolute und sofor tige Nikotinkarenz, die Aufnahme von moderatem Ausdauer- und Krafttrai ning von zumindest 2,5 Stunden in der

GASTAUTOR: Univ.-Prof. Dr. Thomas Weiss, PhD, Freud Wien Karl Landsteiner für Pölten, Wien
„Der Vorteil von Real-WorldDaten: Patient:innen, die in RCT meist nicht zu sehen bzw. unterrepräsentiert sind, werden eingeschlossen.“ >
Hausärzt:in medizinisch
© privat
FESC Sigmund
Privatuniversität
und
Institut
Kardiometabolik, St.
Ordination: 1040

SCHLAGANFALLRISIKO NACH ALTER

Insultprävalenz Patient:innen

Quelle: Hu D et al., Chin J Intern Med, 2003; 42(3):157-161.

Woche sowie das Vermeiden von Trig gern der Arrhythmieepisoden, beispiels weise von Alkoholkonsum.

Antikoagulation –RCT versus Praxis

In einer rezenten Publikation2 über die 2-Jahres-Follow-up-Daten der ETNAStudie (Edoxaban in der „ Real World“) konnte ich gemeinsam mit Kollegen aus Europa zeigen, dass die Anwen dung von Edoxaban auch im klinischen Alltag sicher ist und gerade bei älteren Personen – also genau bei jenen, die das höchste absolute Risiko haben und das Gros unserer Patienten in der Praxis ausmachen – ein besonders gutes Nutzen-Risiko-Profil hat.

Der Vorteil von Real-World-Daten (RWD) besteht darin, dass Patienten eingeschlossen werden, die in RCT meist nicht zu sehen bzw. jedenfalls unterrepräsentiert sind. Die bei jener Gruppe vorliegenden Faktoren bein halten beispielsweise Frailty, Sturznei gung, St. p. Blutungsereignis, St. p. Ko ronarintervention, hohes Lebensalter, mangelhafte Adhärenz, Off-Label-Use (falsche Dosierung) oder aktive onko logische Erkrankungen. Diese Infor mation können wir aus RWD bezie hen, insbesondere wenn es sich wie bei ETNA um ein prospektives Register mit individuellen Patientendaten und adjudizierten Ereignissen handelt. Einer sehr gute im Jahr 2022 publizier te Metaanalyse3 von Real-World-Daten kam zu dem Schluss, dass NOAK im

Vergleich zu Vitamin-K-Antagonisten eine ähnliche Wirksamkeit in Bezug auf die Verhinderung eines ischämischen Schlaganfalls aufweisen – in puncto Reduktion von Blutungsereignissen zeitigten insbesondere Apixaban, Da bigatran und Edoxaban hervorragende Ergebnisse.

Ein Appell

Noch wichtiger als die akademisch in teressante Frage nach der richtigen Wahl des NOAK ist der Hinweis, dass weiterhin ca. 30 Prozent der Patientin nen und Patienten mit Vorhofflimmern und einer Indikation zur Gerinnungs hemmung nicht adäquat antikoaguliert sind. Diese erhalten zumeist entweder einen Plättchenaggregationshemmer oder gar keine antithrombotische The rapie. Daher erlaube ich mir, mit dem Appell zu schließen, bei Patienten, die über Palpitationen berichten, mit ei nem adäquaten diagnostischen Mittel nach Vorhofflimmern zu suchen und – neben den oben beschriebenen Maß nahmen – bei einem CHA2DS2-VAScScore von ≥ 2 bei Männern bzw. von ≥ 3 bei Frauen eine Antikoagulation mit einem NOAK einzuleiten.

Literatur:

1 Hindricks G et al., Eur Heart J. 2021 Feb 1;42(5):373498.

2 de Groot JR et al., Eur Heart J Cardiovasc Pharmaco ther. 2021 Apr 9;7(FI1):f30-f39.

3 Deitelzweig S et al., Future Cardiol. (2022) 18(5), 393–405.

<
bei
mit nichtvalvulärem Vorhofflimmern
Prävalenz (%) 30 25 20 15 10 5 0 Alter in Jahren < 40 ≥ 8040–49 50–59 60–69 70–79

Was hilft gegen Herzschmerz?

Personalisierte Medizin bei Angina pectoris

Nachdem die European Society of Car diology (ESC) bei der Überarbeitung der Leitlinien im Jahr 2019 die Emp fehlung aufgenommen hat, die antian ginöse medikamentöse Behandlung zu personalisieren, haben Forscher rund um Prof. Dr. Christoph Maack und Dr. Edoardo Bertero vom Deutschen Zen trum für Herzinsuffizienz Würzburg die Studienlage zu derzeitigen medika mentösen Angina-pectoris-Therapien unter die Lupe genommen. Das Er gebnis: Kein Medikament verlängert das Leben, und keines ist dem anderen wirklich überlegen. „ E s sei denn, man nimmt die Auslöser der Erkrankung und die Pathophysiologie bei jedem einzelnen Patienten als Entscheidungs grundlage für die Behandlung“, so Prof. Maack in einer Aussendung*. Wer Me dikamente personalisiert verschreibt, der kann zumindest die Lebensqualität seiner Patienten deutlich verbessern. Um das in der Praxis gut umsetzen zu können, erstellten die Wissenschaftler einen Kompass für die Therapie von Patienten mit chronischem Koronar syndrom mit und ohne Herzinsuffizienz (siehe Grafik).

Wichtige Parameter

Die Palette der pharmazeutischen Be handlungsmöglichkeiten bei Angina

pectoris wächst. Klassische Medika mente gegen den Brustschmerz sind Betablocker, Kalziumantagonisten und Nitrate. Sie verringern den Sauerstoff

Blutdruck

Herzfrequenz

Herzfrequenz

Blutdruck

Der antianginale Kompass empfiehlt Medikamente für Patienten mit chronischem Koronarsyndrom mit und ohne Herzinsuffizienz. Abkürzungen: CCB Kalziumantagonisten; CCB-DHP Kalziumkanalblocker vom Dihydropyridin-Typ; LAN langwirksame Nitrate; RNLZ Ranolazin; TMZD Trimetazidin; rEF Herzinsuffizienz mit reduzierter systolischer Funktion; pEF erhaltene linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF ≥ 40 %).

© adaptiert von Bertero et al., Nat Rev Cardiol 2021.
Hausärzt:in medizinisch 30 September 2022
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verbrauch des Herzens, erweitern die Gefäße und verbes sern so die Durchblutung des Herzmuskels. Zur neuen Medikamentengeneration gehören Wirkstoffe wie Rano lazin, Trimetazidin und Ivabradin. Während Ivabradin die Herzfrequenz verlangsamt, greifen Ranolazin und Trime tazidin in den Stoffwechsel des Herzens ein. Wichtige Parameter des Kompasses sind Blutdruck und Herzfrequenz. Hier sind nicht nur die hohen Wer te relevant, sondern auch die normalen und niedrigen. Die Kombination sei entscheidend, so Prof. Maack. Ist der Blutdruck höher als 140 zu 80 mmHg, und liegt die Herzfrequenz über 70 Schlägen pro Minute, wer den zum Beispiel Betablocker und Nitrate empfohlen, bei reduzierter Herzleistung kann neben Betablockern auch Ivabradin gegeben werden, bei erhaltenem Aus wurf sind Kalziumantagonisten ratsam. Bei niedri gem Puls und Blutdruck bietet sich die Einnahme von Ranolazin und Trimetazidin an.

Empfehlungen bei Diabetes

Bei Diabetes ist die Gabe von Ranolazin besonders wirk sam, da durch die verbesserte Aufnahme von Zucker in die Zellen die Blutzuckerspiegel abnehmen. Ferner, und das ist gut belegt, hilft ein gesunder Lebensstil. Dazu ge hören Nikotinverzicht, gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und das Erlangen sowie Halten des Normal gewichts. Auch Statine sind Teil des Behandlungsplans bei Menschen mit Diabetes, da ihr Risiko, Ereignisse wie Infarkte zu erleiden, erhöht ist. Die Statine senken das Cholesterin, stabilisieren die Gefäßinnenschicht und schützen so vor einem Infarkt, der oft durch akutes Auf reißen der Gefäßinnenschicht verursacht wird.

Positiver Stress fürs Herz

Ob das Aufdehnen eines verengten Herzkranzgefäßes mittels Katheter und die Implantation eines Stents rat sam sind, sollte den Autoren zufolge ebenfalls individu ell entschieden werden. „ Bei der KHK in stabiler Situ ation bringt die Katheterbehandlung zwar meist eine Verbesserung der Symptome, verlängert aber auch nicht das Überleben“, erklärt Prof. Maack. Somit könnte ein personalisierter Medikamentenplan oft eine sinnvolle Alternative zum Katheter sein. Medikamente könnten dem Muskel helfen, mit der Engstelle umzugehen. „ Ein bisschen Stress kann dem Herzen auch guttun“, schil dert Prof. Maack die so genannte Präkonditionierung. „Das Herz aktiviert molekulare Selbstschutzmechanis men und optimiert seinen Stoffwechsel, sodass es resis tenter gegen Sauerstoffmangel wird.“

PA/AS

JEDER ANDERS

EINFACH MESSEN

* Deutsches Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg, 15.07.2021.

Publikation: Bertero E et al., Nat Rev Cardiol (2021). doi.org/10.1038/s41569-021-00573-w

MAG’S
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Wenn das Schultergelenk schmerzt

Die instabile Bizepssehne – Promotor der Rotatorenmaschettenruptur? Ein Anatomie-Update

1. intrinsische – innere – Faktoren, die altersbedingt und durchblutungsbe dingt vorliegen, 2. extrinsische – äußere –Faktoren, die sich auf ein mechanisches Impingement zurückführen lassen und ent weder einen fortschreitenden Abrieb der Sehne oder nach zusätzlichem Trauma eine Ruptur bewirken.

GASTAUTOR: Dr. Martin Schwarz, MSc, Prim. A. D. Ordination für Unfallchirurgie und Orthopädie, Health Service Center, Wien Vienna Shoulder Institute, schulter.wien Dr. M.

Schmerzen im Schultergelenk mit Ris sen bzw. Teileinrissen der Rotatoren manschette sind die häufigste patho logische Veränderung des Schultergelenkes. Bei allen Rissen kommt es zu einer fortschreitenden Verschlech terung mit zunehmender Re traktion des Sehnenstumpfes. Die Muskelfasern verlieren an Elastizität, verschmächti gen, und das Fettgewebe in der Muskulatur überwiegt. Sehnenrisse beeinträchtigen nicht nur die aktive Beweg lichkeit der Schulter, son dern auch die Beziehung vom Oberarmkopf zum Glenoid. In der Entstehungsgeschichte der Sehnenveränderungen der Rotato renmanschette werden heute zwei Me chanismen als Ursachen generell aner kannt:

Anatomisch besteht die Ro tatorenmanschette aus einem Sehnenspiegel, der aus der Subskapularis- (SSC), der Su praspinatussehne (SSP) und der Sehne des M. infraspina tus (ISP) gebildet wird. Ihre Funktion ist die Zentrierung des Oberarmkopfes in die Schulterge lenkpfanne. Manche Autoren rechnen auch die lange Bizepssehne (LBS) in die Rotatorenmanschette mit ein. Sie

verläuft anatomisch im Intervall zwi schen Subskapularis- und Supraspina tussehne und wirkt synergistisch mit der Rotatorenmanschette.

Anatomie der Bizeps-Region

In der Genese der Rotatorenmanschet tenpathologie spielt der anterosupe riore Schulterquadrant eine tragende Rolle. Dieser setzt sich im Großen und Ganzen aus sieben anatomischen Teil gebieten zusammen.

• Das Rotatoren-Kabelsystem: Diese Kabelverdickung spannt sich zwi schen der oberen Facette des Tuber culum minus bzw. am anterioren Eck des Tuberculum majus bis zur pos teroinferioren Ecke des Tuberculum majus.

• Der Ansatz des M. Subskapularis erfolgt im Wesentlichen am Tubercu lum minus, gibt aber auch Fasern an

Hausärzt:in medizinisch 32 September 2022
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Schwarz 2019

das Lig. Coracohumerale ab – zudem an die Fovea capitis, an das BizepsPulley-System und den Sulcus inter tubercularis. Tiefe Faserzüge sind mit der Gelenkkapsel verwoben.

• Das Rotatorenintervall ist eine Lücke zwischen dem oberen Rand der Sub skapularissehne und dem vorderen Rand der Supraspinatussehne. Hier befindet sich die Rotatorenintervall schlinge. Die Basis dieser dreieckigen Struktur ist das Korakoid, die Spitze besteht aus dem Lig. humerale trans versum und dem Sulcus intertubercu laris. Das Dach des Rotatorenintervalls stellt das Lig. Coracohumerale dar.

• Das Pulley-System (FlaschenzugSystem) setzt sich aus dem Lig. cora cohumerale als Dach sowie dem Lig. glenohumerale superius zusammen. Es bildet die Schlinge für die lange Bizepssehne als Teil des Rotatoren intervalls und wird aus den beiden zuvor genannten Strukturen geformt. Dabei bildet das Lig. coracohumerale die kraniale halbmondförmige Um scheidung der Bizepssehne bis zum

Lig. transversum humeri, das Lig. glenohumerale superius entspringt dem Tuberculum supraglenoidale und dem kranialen Labrum, kreuzt den Boden des Rotatorenintervalls und setzt am superioren lateralen Bereich des Tuberculum minus an. Es wird somit eine nach lateral offene U-förmige Schiene um die Bizeps sehne gebildet.

Der Sulcus intertubercularis ist die Knochenrinne am Oberarm zwi schen Tuberculum majus und minus.

Die Sulkustiefe ändert sich vom pro ximalen Eingang bis zum distalen Ausgang. Die Subluxierbarkeit der langen Bizepssehne ist besonders im proximalen Anteil zu beachten. Ein objektives Maß für die Luxations tendenz stellt der mediale Sulkus randwinkel dar, der von 15° bis 90° variiert. Zur Stabilisierung der Bi zepssehne am Eintritt in den Sulkus dient das Lig. transversum humeri. Ein weiterer Stabilisator ist das Lig. coracohumerale mit seinen zwei Schenkeln zum Tuberculum majus

und zum minus. Auch die Subskapu larissehne und die zwei Anteile des M. pectoralis major (Pars sternocos talis und Pars clavicularis) tragen mit ihren sulkusübergreifenden Fa sern zur Stabilität bei.

• Das Tuberculum supraglenoidale fungiert als Ansatzpunkt für das Labrum glenoidale, für Fasern vom Lig. coracoglenoidale und besonders für die lange Bizepssehne. In diesem Bereich spielen der sublabrale Re zessus und das Foramen sublabrale eine Rolle bei der Abgrenzung von einer SLAP-Läsion oder einem La

„Sehnenrisse beeinträchtigen nicht nur die aktive Beweglichkeit der Schulter, sondern auch die Beziehung zwischen Oberarmkopf und Glenoid.“
Hausärzt:in medizinisch
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brumschaden. Im vorderen oberen Schulter-Quadranten vervollständi gen das Lig. glenohumerale superius, mit Fasern am Tuberculum supraglenoidale und verbindenden Fasern zur Bizepssehne, den oberen periar tikulären Ring.

• Der Processus coracoideus ist ein prominenter Teil der Skapula und wird zum Schulterdach gerechnet. Es besteht eine Verbindung mit der Klavikula durch die zwei Struktu ren des Lig. Coracoclaviculare und es besteht eine Bandverbindung mit dem Tuberculum supraglenoidale mittels des Lig. Coracoglenoidale. Vom Processus coracoideus aus ver läuft das Lig. coracohumerale als Dach des anterioren Rotatorenintervalls bis hin zum Lig. transversum humeri. Weiters dient der Processus dem kur zen Kopf des M. biceps brachii (dem sogenannten Caput breve), dem M. pectoralis minor und dem M. coracobrachialis als Ansatz.

Die Gegenzugstruktur für diese Mus keln sind die Ligg. Coracoclavicularia.

Das Korakoid und das Akromion, bei de Anteile der Skapula, sind mittels des Lig. coracoacromiale als Zuggur tung zwischen den beiden Knochen fortsätzen verbunden. Dieser Bogen überspannt vorne den Oberarmkopf sowie das Schulterhauptgelenk mit den unter diesem Bogen ziehenden Strukturen der Rotatorenmanschette sowie der Subskapularissehne.

In dieser aufwendigen anatomischen Konstruktion bildet die Bizepssehne in ihrem anatomischen Verlauf – aus dem Schultergelenk hinaus in den Oberarm – einen 90 Grad gewinkelten Knick. Und das scheint die Schwach stelle des Systems zu sein. Klinisch ist der typische Bizepssehnenschmerz im Sulcus auffällig, und in einer Ultra schalluntersuchung lässt sich fast im mer ein Flüssigkeitssaum um die lange Bizepssehne im Recessus nachweisen, der mit dem Gelenkbinnenraum, dem

glenohumeralen Gelenk, in Verbin dung steht. Das erklärt traumatologisch die hohe Rate intraartikulärer Begleitverletzun gen bei Schultereckgelenksprengun gen. Besteht eine Instabilität der LBS an einem der Fixationspunkte, so führt dies zu einer schrittweisen Ablösung der benachbarten Sehnenstrukturen (Subscapularis vorne oder Supraspina tus oben). Die Pulley-Schlinge ist late ral offen und wandert nach lateral aus und löst zuerst die Supraspinatus-Seh ne ab. In der Bildgebung (MRT, Ultra schall) präsentiert sich dieser Zustand als Teilruptur.

Endzustand ist die Ablösung des obe ren Randes der Subscapularis-Sehne mit Verlagerung der LBS aus dem Sul cus nach medial, und die komplette Ab lösung der SSC-Sehne ist zu befürchten. Als stärkste und einzige ventral liegen de Sehne der Rotatorenmanschette verhindert sie den gefürchteten Hu meruskopfhochstand mit hochgradiger Funktionseinschränkung des Schulter gelenkes. <

Bizepssehnenschmerz und intraartikuläre Begleitverletzungen
Hausärzt:in medizinisch

Ein

Wir lesen einerseits vielfach, wie wich tig es sei, das eigene Immunsystem auch durch regelmäßige körperliche Aktivität zu stärken, andererseits, dass es gerade bei sportlicher Aktivität wie derholt zu Infekten und auch schweren Komplikationen wie Perimyokarditis kommen könne. Was sollten wir unse ren Patientinnen und Patienten nun empfehlen?*

Moderat versus intensiv

Das menschliche Immunsystem ist ein komplexes Zusammenspiel verschie dener Organe, Moleküle und Zellen

zur Abwehr von potenziellen exo genen und endogenen Pathogenen. Es untergliedert sich in die unspezifische – auch als „ a ngeborene“ bezeichnete – und in die spezifische, also „ a daptive“, Immunabwehr.

Die Reaktion des Immun systems auf körperliche Ak tivität unterscheidet sich in Abhängigkeit von der Trai ningsintensität.1 So kommt es bei moderater Bewegung unter anderem zur Akti vierung von dendritischen Zellen (antigenpräsentieren

GASTAUTOR: Assoc. Prof. Dr. Manfred Wieser, MSc FA für Innere Medizin, Kardiologie, Geriatrie und Sportmediziner in Grafenwörth

den Zellen) sowie von Interleukin 2, TH1-Zellen, Interferon Gamma und TNF-Alpha – die Folge ist ein immunstimulierender, an tiviraler und antitumoraler Effekt. Intensivere Trainings belastungen, also von mehr als 90 Min. bzw. im anaeroben Be reich, führen zu einer vermehr ten Aktivität der Interleukine 4 und 10 sowie des TumorGrowth-Factors Beta, wo durch die Makrophagenaktivi tät vermindert wird. Aufgrund der häufigeren Zellbeein trächtigungen (zum Beispiel

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Hausärzt:in medizinisch 35September 2022
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Wechselspiel Immunsystem & Sport: Wann ist körperliches Training förderlich, wann kontraproduktiv? >

Microtears von Muskelzellen) bei inten siven Belastungen, kommt es zu einer vermehrten Zellapoptose, was wieder um Toll-like-Receptors downreguliert, die vereinfacht gesagt der Erkennung pathogener Moleküle und einer ent sprechenden Gensteuerung dienen. Die Leukozytenzahl fällt – nach einem pas sageren Anstieg – ab. Daraus entsteht das sogenannte „i nfectious oder open window“, d. h. eine erhöhte Infektan fälligkeit in der unmittelbaren Zeit nach einer Trainingseinheit.

Individuelle Einflussfaktoren

Das Infektionsrisiko sinkt also bei moderatem Training, steigt allerdings bei intensiven Trainingsbelastun gen an. Dies wird grafisch in einer j-förmigen Kurve dargestellt.2 Un tersuchungen zeigen jedoch, dass diese Beziehung auf Leistungssportlerinnen und -sportler so nicht zutrifft.3 Bei ausdauertrainierten Sportlerinnen und Sportlern dürfte die Kurve eher einen s-förmigen Verlauf nehmen (siehe Abbildung) – es demnach rasch zu einer Normalisierung des Infekti onsrisikos kommen.

Zudem sind bei der Beratung von Sportlern die Auswirkungen von Stress, Ernährung, dem Alterungspro

zess sowie von Begleiterkrankungen auf die Leistung des Immunsystems in Betracht zu ziehen. Stress(-Empfin den) führt aus physiologischer Sicht über die sympatico-adreno-medulläre (SAM-)Achse zu einer Aktivierung des Nebennierenmarks und zur ver mehrten Freisetzung von Katecho laminen. Über die hypothalamischhypophysär-adrenale (HPA-)Achse kommt es zu einer vermehrten Frei setzung von Glukokortikoiden. Beide Achsen unterdrücken bei anhalten der Aktivierung die Immunfunktion.4 Bezüglich der Ernährungseinflüsse auf die Immunfunktion von Sport lerinnen und Sportlern sind – neben einer ausgewogenen Ernährung als Grundlage – positive Einflüsse ei ner Kohlenhydratzufuhr kurz vor und während des Trainings sowie ei ner höheren Zufuhr von Probiotika bzw. hochnormaler Spiegel von Zink, Vitamin C und D beschrieben.5 Re gelmäßiges moderates Training dürfte teils auch das Altern des Immunsys tems, die Immunseneszenz, antagoni sieren.6 Wenig überraschend erhöhen proinflammatorische Einflüsse wie Adipositas, Rauchen und Bewegungs mangel das Infektionsrisiko bzw. beeinträchtigen chronische Erkran kungen die Immunfunktion.6

Nach überstandenem Infekt

Es besteht Konsens, dass unter gewis sen Rahmenbedingungen, etwa bei jeglichen symptomatischen und/oder fieberhaften Erkrankungen bzw. einer dekompensierten Stoffwechsellage, kein körperliches Training absolviert werden soll. Hinsichtlich der Wiederaufnahme sowie der Notwendigkeit einer sportme dizinischen Untersuchung davor wurde – speziell bezogen auf COVID-19 – re zent ein Konsensus veröffentlicht7 und aktualisiert. So sollen asymptomatische Personen intensive Belastung jedenfalls in den ersten beiden Wochen vermei den, symptomatischen Patientinnen und Patienten ist immer eine Trainings- und Sportpause bis zur völligen Genesung zu empfehlen. Bei schwereren bis sehr schweren Krankheitsverläufen, die mit Fieber und stationären Aufenthalten einhergehen, ist vor dem Wiedereinstieg eine sportmedizinische Untersuchung, ggf. mit zusätzlichen fachärztlichen Ab klärungen, anzuraten.

Fazit

Die Wechselwirkungen zwischen Sport und dem Immunsystem sind komplex und bedürfen einer Analyse der in die sem Artikel geschilderten Einflussfakto ren. Eine „One fits all“ Empfehlung ist nicht angebracht. Die Beratung hinsicht lich optimaler körperlicher Aktivität zur Förderung des Immunsystems und der Wiederaufnahme des Trainings nach ei ner Unterbrechung sollte personalisiert erfolgen – unter Berücksichtigung indi vidueller Parameter wie der körperlichen Leistungsfähigkeit, des Trainingsalters, der Trainingsumfänge und -intensitäten.

Literatur:

1 da Silveira MP et al., Clin Exp Med. (2021); 21(1): 15–28.

2 Nieman DC, Wentz LM, J Sport Health Sci. 2019;8(3):201-217.

3 Nieman DC et al., Br J Sports Med. 2011;45:987-992.

4 Walsh NP, Eur J Sport Sci. 2018 Jul;18(6):820-831.

5 Walsh NP, Sports Med. 2019 Dec;49(Suppl 2):153-168.

6 Alack K et al., Dtsch Z Sportmed. 2019; 70: 250-260.

7 Burgstahler C, Nieß AM, Sports Orthopaedics and Traumatology. 2021;37(3):249-254.

* Beim „Kärntner Ärztesymposium – Sportmedizin und Prävention“, 21.–24. Juli 2022 in Bad Kleinkirchheim, ging der Gastautor dieser Frage mit den Teilnehmenden nach.

Prof. Dr. Manfred Wieser ist Vizerektor für Lehre und Leiter des Masterstudiums Humanmedizin, Karl Landsteiner Privatuniversität für Gesundheitswissenschaften, Krems.

Hausärzt:in medizinisch 36 September 2022
Zusammenhang zwischen Bewegung, Immunfunktion und Gefahr von Atemwegserkrankungen Quelle: Cline K et al. (2020), dublindietitian.com/2020/04/20/research-review-the-relationship-between-exerciseinflammation-and-respiratory-immunity/ Immunfunktion Infektionsrisiko Athlet erhöht durchschnittlich vermindert Elite?? hoch/intensiv intensiv und/oder prolongiert aktiv/moderat moderat niedrig/inaktiv Ruhephase chronische Trainingsbelastung akute Trainingsreaktion (Immunsystem) Infektionsrisiko <
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„Der Demenz immer einen Schritt voraus“

Der Kampf gegen das langsame Vergessen – Prophylaxe und Herausforderungen

Die Menschheit wird immer älter. Mitt lerweile kann man damit rechnen, über 90 Jahre alt zu werden. Besonders das Krankheitsbild der Demenz bereitet jedoch Sorgen, denn fast ein Drittel der über 85-jährigen Österreicherinnen und Österreicher leiden an dieser Er krankung, die somit als endemisch be zeichnet werden kann.

HAUSÄRZT:IN: Eine Demenz beginnt schleichend. Welche ersten Symptome gilt es nicht zu übersehen? Prim. Dr. KAINZ: Das Zeitfenster, in dem bereits Veränderungen im Gehirn erkennbar sind, die Demenz selbst aber noch nicht oder nur teilweise sympto matisch geworden ist, beträgt zehn oder mehr Jahre. In dieser Zeit können un terschiedlichste Symptome beobachtet werden, je nachdem, welche Areale im Gehirn betroffen sind. So können verän derte Emotionen, etwa ein ungewöhnli ches soziales Verhalten, ungewöhnliche sexuelle Aktivitäten oder eine verän derte Stimmung, beobachtet werden. Es kann aber auch passieren, dass man die Namen enger Freunde oder auch Fa milienmitglieder nicht mehr kennt oder dass man in einer Stresssituation, zum Beispiel beim Autofahren im Stoßver kehr oder in der Nacht, die Orientierung verliert. Dass man den Autoschlüssel nicht findet oder die Namen von Men

schen nicht kennt, die man nur ab und zu trifft, ist jedoch völlig normal. Besteht ein begründeter Verdacht, so ist es sinn voll, sich, mit Bildgebung/Laborunter suchung, internistisch und neurologisch abklären zu lassen. Das ist notwendig, da eine Vielzahl anderer Erkrankungen die Symptome einer Demenz auslösen kann.

Lässt sich das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, vermindern? Wenn eine Alzheimer-Demenz einmal aufgetreten ist, kann diese häufig nur ein geschränkt behandelt werden. Medika mente sind zwar nach wie vor in Entwick lung, die bisherigen Erfolge sind jedoch bescheiden. Im Vorfeld kann die Demenz jedoch oft mittels einfacher Maßnahmen

verhindert werden. Dazu gehört in erster Linie eine Aktivierung auf körperlicher, sozialer und geistiger Ebene. Wer sich mit interessanten Themen beschäftigt, regel mäßig Sport macht und soziale Kontakte pflegt, hat ein deutlich reduziertes Risiko, im späteren Leben an Demenz zu er kranken. Weitere wichtige Maßnahmen sind die Reduktion von negativ erlebtem Stress, ein ausgeglichener Tagesrhythmus mit ausreichend Schlaf und eine gesunde Ernährung – etwa die mediterrane Diät. Typische Ursachen einer Demenz sind auch Rauchen, Hypertonie, Diabetes mellitus oder Depressionen. All diese Krankheiten können gut behandelt wer den. Das Risiko, an einer Demenz zu erkranken, ist in der Folge deutlich geringer.

Prim. Dr. Elmar Kainz, MBA, Klinik für Neurolo gisch-psychiatrische Gerontologie am Kepler Universitätsklinikum Linz, im Interview. © shutterstock.com/anitage
Hausärzt:in medizinisch 38 September 2022
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AKTUELL

Wissensforum Demenz – Veranstaltungen, die Mut machen

Am 21. September wird der Weltalzheimertag begangen, der im Zeichen von 145.000 in Österreich lebenden Menschen mit Demenz steht. Die MAS Alzheimerhilfe, seit vielen Jahren verlässlicher Partner von Betroffenen und begleitenden Angehörigen, und die MeinMed-Veranstaltungsreihe schnüren zu diesem Anlass ein umfassendes Infopaket.

Das Herzstück des „Wissensforum Demenz“ bildet eine Podiums diskussion, die am Campus der Johannes Kepler Universität in Linz stattfindet. Unter dem Titel „Der Demenz immer einen Schritt voraus“ kommen am 21. September vier Expertinnen und Experten aus verschiedenen Bereichen zusammen. Neben Prim. Dr. Elmar Kainz, MBA, Klinik für Neurologisch-psychiatrische Gerontologie, und Mag. Gerald Kienesberger, Geschäftsleitung der MAS Alzheimerhilfe, diskutieren Mag.a Brigitte Juraszovich von der Gesundheit Österreich GmbH und Hanna Fiedler, Vizepräsidentin der IG-Pflege.

Tipp 1: Auf MeinMed.at und alzheimerhilfe.at finden sich das Infopaket sowie fünf Mitmachvideos, die zeigen, wie Betroffene Körper und Geist trainieren können.

Tipp 2: Unter demenz.info ist das Präventionsprogramm „7 Schritte weg von der Demenz“ abrufbar, außerdem die Broschüre „Demenzprävention – 7 Schritte weg von der Demenz“, erstellt von Prof. Kainz und Team.

Wie kann ein Fortschreiten der Demenz verlangsamt werden?

Wenn eine Demenz einmal ausgebrochen ist, helfen die zuvor genannten Präventionsmaßnahmen immer noch, jedoch eingeschränkt. Medikamente sind leider nicht dazu geeignet, die Krankheit in ihrem Fortschreiten auf zuhalten. Wenn man das Leben des Betroffenen struk turiert und damit vereinfacht, ist es möglich, auch mit einer fortgeschrittenen Demenz ein erfülltes und kaum beeinträchtigtes Leben zu führen. Wenn es sekundäre Ursachen der Erkrankung gibt, etwa bei der vaskulären Demenz, so liegt dem häufig eine Hypertonie oder ein schlecht eingestellter Blutzucker zugrunde. Werden die se Krankheiten gut behandelt bzw. richtig eingestellt, so kann das Fortschreiten einer Demenz sehr wohl verlang samt werden.

Welche Rolle nimmt die Alzheimer-Demenz unter den unterschiedlichen Formen der Erkrankung ein?

Sie ist die häufigste Form. Neben der Alzheimer-Demenz, die im Zusammenhang mit Amyloid-Plaques im Gehirn auftritt, gibt es noch etliche andere Formen wie eben die vaskuläre bzw. eine gemischte Demenz aus einer Alzhei mer- und einer vaskulären Demenz. Von der Sympto matik her sind die verschiedenen Formen ähnlich, nicht gleich. Ein wichtiger Unterschied ist, dass es Formen der Demenz gibt, die gut behandelbar oder sogar teilweise heilbar sind.

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Manchmal erkranken auch junge Menschen – woran kann dies liegen?

Wenn junge Menschen an einer De menz erkranken, hat dies häufig eine exogene Ursache wie eine Schädigung

des Gehirns, etwa durch Drogen oder den übermäßigen Konsum von Alko hol. Aber auch ein Hirntumor kann eine derartige Schädigung verursachen – oder eine genetisch bedingte Alzhei mer-Demenz.

Diese kommt allerdings extrem selten vor. Sie kann bereits ab dem 50. Lebens jahr auftreten. Ansonsten ist eine Alzhei mer-Demenz vor dem 70. Lebensjahr ja sehr selten!

Das Interview führte Gabriella Mühlbauer.

„Angst resultiert aus Unwissenheit“ Information und Sensibilisierung im Rahmen der Demenzstrategie

HAUSÄRZT:IN: Demenz ist nach wie vor ein Tabuthema. Warum ist gerade bei dieser Erkrankung die Scham bei den betroffenen Familien so groß?

Mag.a JURASZOVICH: Demenzielle Erkrankungen sind oft mit kognitiven Beeinträchtigungen und Veränderun gen der Verhaltensweisen und Orien tierungsproblemen verbunden. Dies verursacht zuerst bei der betroffenen Person Unsicherheit und Angst. Da her versuchen viele Menschen, die se Beeinträchtigungen zu vermeiden oder zu überspielen. Gerade die Angst

Signale der Patient:innen von Anfang an ernst nehmen

resultiert aber sowohl bei den betrof fenen Personen als auch bei den Ange hörigen aus Unwissenheit hinsichtlich der möglichen Verläufe einer demen ziellen Erkrankung. Viele Menschen wissen nicht, dass man dank der rich tigen Unterstützung sehr lange mit demenziellen Erkrankungen selbstän dig und gut leben kann. Daher ist es uns im Rahmen der Demenzstrategie wichtig, die Öffentlichkeit zu sensibili sieren und die betroffenen Menschen zu informieren, dass eine rechtzeitige Abklärung und Diagnose helfen kann, die richtige Unterstützung zu finden, um zielgerichtet medikamentöse und nichtmedikamentö se Therapien in An spruch nehmen zu können.

Die Schlüsselrolle der Hausärztinnen und -ärzte bei Demenz ist Fakt. Daher freut es die MAS Alzheimerhilfe sehr, dass immer mehr Allgemeinmediziner auf das Thema Demenz/ Alzheimer sensibilisiert sind, erste Anzeichen ernst nehmen und eine schnelle Weiterleitung an den Facharzt oder an örtliche Beratungsstellen erfolgt.

„Demenz beginnt beim Verdacht“, sagt Karin Laschalt, Leite rin der Demenzservicestellen der MAS Alzheimerhilfe. Mit ei ner guten frühzeitigen Diagnose ist oft auch die Unsicherheit der ganzen Familie beendet. Noch ist Alzheimer nicht heil bar. Aber durch eine frühzeitige medizinische Diagnose und Begleitung, psychosoziale Betreuung sowie durch einen ra schen Therapiebeginn (stadiengerechte Ressourcentrainings) gelingt es, die Krankheit zu verzögern und Betroffene mög lichst lange in ihrer vertrauten Umgebung zu belassen.

Eine gute Demenzversorgung beginnt oft bei den Hausärztin nen und -ärzten. Gemeinsam können wir die Hemmschwellen abbauen, damit Menschen frühzeitig in die Serviceeinrichtun gen (MAS Demenzservicestelle) sowie zu Fachärzten und Psy chologen kommen und so von den regionalen Hilfsangeboten profitieren.

Weitere Infos unter: alzheimerhilfe.at und ig-pflege.at

Wohin können sich Betroffene bzw. ihre Familie wenden, wenn sich Anzeichen einer Demenz zeigen? Eine erste Anlaufstelle zur Abklärung ist sicherlich die Haus ärztin/der Hausarzt. Diese/dieser kennt die betroffenen Menschen, kann erste Anzeichen einer Veränderung im Ver gleich zu früher auch erkennen und den Patienten an die rich tigen Stellen zur Abklärung verweisen.

Diese Stellen sind einerseits Gedächt nisambulanzen und Memory-Kliniken, andererseits neurologische oder psych iatrische Fachärzte.

Das Interview führte Gabriella Mühlbauer.

Wertvolle Links: gesundheit.gv.at/krankheiten/gehirn-nerven/demenz/ gedaechtnisambulanzen.html pflege.gv.at/leben-mit-demenz demenzstrategie.at/fxdata/demenzstrategie/ prod/ media/Wegweiser-Demenz.pdf

Mag.ª Brigitte Juraszovich arbeitet als Ökonomin für die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) in den Bereichen Langzeitpflege und -betreuung.
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In Schieflage geraten

Schlaf-wach-Rhythmusstörungen erhöhen das Risiko, Depressionen, einen Myokardinfarkt und Unfälle zu erleiden – wie sich Schlafdruck aufbauen lässt

Rund 25 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher sind von Insomnien, sprich anhaltend ungenügender Schlafdauer oder Schlafqualität, betroffen. Ist der Schlaf-wach-Rhythmus langfristig gestört, hat dies entscheidende Auswirkungen auf den Menschen.

„Ein Schlafzyklus dauert ca. 90 Minuten und umfasst die REM-Phase, in welcher wir träumen, sowie die Schlafstadien I, II, III und IV. Letzteres bezeichnet den Tiefschlaf “ , erklärt Dr.in Margit Mehlmauer, Oberärztin an der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin am Klinikum WelsGrieskirchen. „I n einer Nacht durchlaufen wir mehrere Schlafzyklen “ Die Schlafstunden pro Tag und der Prozentanteil des REM-Schlafes nehmen mit zunehmendem Alter ab.

Der individuelle Schlafbedarf und der persönliche Biorhythmus sind gene tisch festgelegt – CLOCK-Gene steuern unsere innere Uhr. „ Schlafgesunde Menschen geben Wohlbefinden bei vier bis zwölf Stunden Schlaf am Tag an“, fasst OÄ Mehlmauer zusammen.

„Die Lerche, der Morgentyp, zeigt ein frühes Aktivitätsmaximum, die Eule, der Abendtyp, ein spätes zweites Akti vitätsmaximum.“

Insomnische Beschwerden sind häufig

Als vorübergehendes Problem beträfen insomnische Beschwerden mehr als die Hälfte der Bevölkerung, führt die Psychiaterin weiter aus. „Ursachen dieser Ausprägung sind zum Beispiel aktueller Stress, ungünstige Umgebungsbedingungen wie Lärm und nicht ideale Temperatur, eine Störung des Schlaf-wach-Rhythmus durch einen Jetlag sowie Nebenwirkungen von Medikamenten.“ Eine chronische Form der Insomnie trete bei ca. zehn Prozent der Bevölkerung auf, Frauen seien davon öf ter betroffen als Männer. Ein erhöhtes Vorkommen werde unter älteren Menschen und innerhalb von Familien verzeichnet. „Zu den auslösenden Fakto ren der Chronifizierung zählen körperliche Erkrankungen wie Nieren- und Herzerkrankungen, Asthma, Schilddrüsenüberfunktion, Schlafapnoe- oder Rest less-Legs-Syndrom, aber auch Depression, Konsum von Koffein, Alkohol oder Beru higungsmitteln, chronischer Stress oder Schichtarbeit“, erläutert OÄ Mehlmauer. Die Folgen einer lang andauernden Schlafstörung reichen von kognitiven Einschränkungen über Störungen der

psychischen Befindlichkeit bis hin zu somatischen Beschwerden und verminderter Lebensqualität. „Chronische Insomnien sind mit einem erhöhten Risiko verbunden, Depressionen, Angststörungen und einen Alkoholmissbrauch zu entwickeln“, gibt die Expertin zu bedenken. „Auch stellen sie einen Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen, Diabetes mellitus und neurodegenerative Erkrankungen dar.“

Umfangreiche Abklärung, wirkungsvolle Therapie

Die Diagnosestellung erfolgt in der Re gel mittels Schlaffragebögen und Schlaftagebücher, die morgens und abends vom Patienten auszufüllen sind. „Ferner sollten eine organmedizinische Abklärung in klusive Laboruntersuchung und psychiatrischer Untersuchung sowie gegebenenfalls eine spezifische Untersuchung des Schlafes mittels Aktigraphie, einer Messung des Ruhe- und Aktivitätsrhyth mus über mehrere Wochen, oder mit tels Polysomnographie im Schlaflabor durchgeführt werden“, schildert OÄ Mehlmauer. In der medikamentösen Behandlung wird zum Beispiel auf Schlaf mittel gesetzt. „Sowohl klassische Benzo-

Hausärzt:in medizinisch 42 September 2022
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Hausärzt:in

diazepine als auch die neuen Z-Substanzen sollten aufgrund des ausgeprägten Missbrauchs- und Abhängigkeitspotentials ausschließlich in der Kurzzeitbehandlung mit einer maximalen Dauer von vier Wochen eingesetzt werden“, betont die Expertin. „Die Einschlafzeit wird dadurch verkürzt, die Gesamtschlafzeit verlängert, wobei es allerdings zur Abnahme von Tiefschlaf und REM-Phase kommt “ Wirkungsvoll sind zudem sedie rende Antidepressiva. „Vor allem für Pa tienten ab 55 Jahren ist auch Melatonin eine Option. Die Schlafarchitektur wird dadurch nicht wesentlich beeinflusst, es verbessert sich allerdings die subjektive Schlafqualität.“ Wichtig seien darüber hinaus die Einhaltung schlafhygienischer Regeln sowie Psychotherapie in Form kog nitiv-verhaltenstherapeutischer Techniken wie Entspannung, Bettzeitrestriktion und die Reduktion nächtlicher Grübeleien.

Quellen: neurologen-und-psychiater-im-netz.org Riemann D et al., S3-Leitlinie Nicht erholsamer Schlaf/ Schlafstörungen/Insomnie bei Erwachsenen, 2017, doi.org/10.1007/s11818-016-0097-x

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Den Schlafrhythmus (wieder-)finden:

„ Eigenen Chronotyp berücksichtigen: Bei wiederkehrenden Ein- und Durchschlafstörungen ist es entscheidend, das individuelle Schlaffenster so gut wie möglich an den eigenen Chronotyp –also die innere Uhr – anzupassen und dann einen regelmäßigen Schlafrhythmus beizubehalten. Das heißt, möglichst regelmäßig – sowohl unter der Woche als auch am Wochenende –entweder immer früh aufstehen und auch früh zu Bett gehen (Stichwort „Lerchen“) oder später aufwachen und dann auch abends später einschlafen („Eulen“).

„ Schlafdruck aufbauen: Es ist bei wiederkehrenden Ein- und Durchschlafstörungen kontrapro duktiv zu versuchen, den versäumten Schlaf am Wochenende oder tagsüber nachzuholen. Vielmehr empfiehlt es sich, ein ausreichendes Bedürfnis nach Schlaf (Schlafdruck) über die Wachdauer (also die Dauer des Wachseins) aufzubauen, indem man die Bettzeit kontrolliert bzw. kurzhält. Was bedeutet das in der Praxis? Wird man nach einer nächtlichen Schlafdauer von circa fünfeinhalb oder sechs Stunden wach, sollte man – anstatt immer wieder auf den Wecker zu schauen, sich herumzuwälzen und zu grübeln – lieber einfach aufstehen und ak zeptieren, dass gelegentliches Wachliegen oder Schwankungen der Schlafdauer ganz normal sind. So wird Schlafdruck aufgebaut. Und gleichzeitig (durch positive Konditionierung) das Bett nicht mit Frust und Ärger über schlechten Schlaf verknüpft, sondern mit Ruhe und Erholung. Auch zusätzliche Nickerchen tagsüber gilt es bei Schlafproblemen zu vermeiden, um genügend nächtlichen Schlafdruck für die Nacht aufzubauen.

„ Lebensstilmaßnahmen: Wesentlich ist, sich tagsüber genügend zu bewegen bzw. ausreichend körperlich aktiv zu sein und sich hinreichendem Tageslicht auszusetzen. Den Konsum von Kaffee, Cola und ähnlichen Wachmachern sollte man ab Nachmittag einschränken und Alkohol nur in Maßen trinken.

„ Fachärztliche Abklärung: Ein- und Durchschlafstörungen, die mehr als dreimal pro Woche vorkommen, über einen Zeitraum von drei Monaten andauern und Leidensdruck verursachen, sollten immer fachärztlich abgeklärt werden. Sie können auf psychische Erkrankungen wie eine Depression oder eine posttraumatische Belastungsstörung hinweisen, aber auch – wie das Restless-Legs-Syndrom oder die Schlafapnoe – organische Ursachen haben.

medizinisch

Die Menge macht's

Metaanalyse zeigt: je höher der Konsum von Isoflavonen, desto geringer das Brustkrebsrisiko

Isoflavone sind vor allem wegen ihrer lindernden Wirkung bei Wechselbe schwerden wie Hitzewallungen oder Schweißausbrüchen bekannt. Anfäng liche Bedenken hinsichtlich der Sicher heit jener sekundären Pflan zenstoffe konnten durch ihre intensive Erforschung aus dem Weg geräumt werden. So bestätigte die Europäische Behörde für Lebensmittel sicherheit (EFSA) im Jahr 2015, dass die Einnahme von Isoflavonen – sowohl über die Nahrung als auch isoliert in Form von Supplementen – bei einer Dosis von bis zu 150 mg pro Tag kein erhöhtes Risiko birgt, klinisch relevante Pa thologien von Mamma, Endo metrium und Schilddrüse zu entwickeln.1 Der Zusammenhang zwi schen Isoflavonen und Brustkrebs dürf te sogar ein gegenteiliger sein. „Große epidemiologische Studien in Kanada, Ja pan und den Niederlanden zeigten, dass

hohe Blutspiegel von Isoflavonen mit einem verringerten Brustkrebsrisiko ver bunden sind“2 –4, macht Univ.-Prof. DDr. Johannes Huber, Facharzt für Gynäkolo gie und Geburtshilfe sowie Hormonspe zialist in Wien, aufmerksam. Bis vor kurzem war allerdings nicht geklärt, ob die eingenom mene Menge direkt mit dem schützenden Effekt korreliert. Eine aktuelle Metaanalyse5 ging dieser Frage nun nach.

Wirkmechanismen

SERMS“ – Selektive ÖstrogenrezeptorModulatoren – treffender sei. „Denn im Gegensatz zu menschlichen Hormonen sind Isoflavone Pflanzenstoffe, die sehr selektiv an einer zellulären Bindungsstel le andocken, nämlich am Östrogenrezep tor Beta. Dieser ist für die Hemmung des Zellwachstums verantwortlich “6

Isoflavone in Sojaprodukten

„ Sojabohnen – reif, roh: 154,5

EXPERTE: Univ.-Prof. DDr. Johannes Huber Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe sowie Hormonspezialist in Wien

In natürlicher Form kommen Isoflavone zum Beispiel in Soja oder Rotklee vor. Erste re Pflanze enthält vorwiegend Genistein und Daidzein, letzte re ihre methylierten Vorstufen Biochanin A und Formononetin. Isofla vone wirken zwar östrogenähnlich, je doch ist die gängige Bezeichnung „Phy tohormone“ irreführend. Prof. Huber betont, dass der Ausdruck „Phyto-

„ Sojabohnen – reif, gekocht: 65,1

„ Sojasprossen – roh: 34,4

„ Sojasprossen – gekocht: 12,5

„ Sojajoghurt: 33,2

„ Sojamilch: 10,7

„ Tofu – fest, gekocht: 22,1

„ Tempeh (aus fermentierten Sojabohnen hergestellt): 60,6

„ Sufu (aus Tofu hergestellt, käseartig): 13,8

„ Sojasauce: 1,2

Hausärzt:in medizinisch 44 September 2022 © shutterstock.com/Anda Audy © Lukas Beck
(mg/100 g)17

Die Bindung der Phyto-SERMS an den Östrogenrezeptor bewirkt eine Aktivierung desselben und in der Folge nimmt die Produktion des Sexualhormons ab.5, 7–9 Weiteren Un tersuchungen zufolge können Isoflavone durch eine östrogenrezeptorunabhängige Inhibition von DNATopoisomerasen und Tyrosinkinasen das Wachstum von Mammakarzinomzellen reduzieren.5, 10–13 Außerdem hat Genistein antiangiogenetische sowie antiphlogistische Eigenschaften, welche auf die Regulation vaskulärer en dothelialer Wachstumsfaktoren (VEGF) und der VEGFRezeptor-2-Expression zurückzuführen sind.5, 14–16

Ergebnisse der Untersuchung5

Boutas et al. haben bei ihrer Literaturrecherche insge samt 441 Studien zum Thema Isoflavone und Brustkrebs identifiziert. Aus acht prospektiven Untersuchungen – mit rund 485.000 Teilnehmerinnen – ließen sich eindeutige Informationen über die Mengen der aufgenommenen Iso flavone ableiten. Die Metaanalyse jener Daten ergab ein signifikant reduziertes Brustkrebsrisiko bei einem höheren Konsum von Isoflavonen (p < 0,00001). Die Ergebnisse für prä- und postmenopausale Frauen waren ähnlich:

Bei prämenopausalen Frauen kamen 77,3 % der Brustkrebsfälle in der Gruppe vor, die keine oder kaum Isoflavone konsumierte, und 22,7 % in jener mit einem Kon sum von mehr als 15 mg täglich.

Bei postmenopausalen Frauen traten 77,5 % der Brustkrebsfälle in der Gruppe mit einem Isoflavonkonsum von 0–15 mg/Tag auf und 22,5 % in der Gruppe mit einer Zufuhr von mehr als 15 mg täglich.

Fazit: inverse Korrelation

„Die Autorinnen und Autoren kamen nach statistischer Berücksichtigung der unterschiedlichen Zahl von Proban dinnen in den beiden Gruppen zu dem Schluss, dass der Konsum von Isoflavonen das Brustkrebsrisiko signifikant reduzieren kann. Der Effekt äußerte sich sowohl bei postals auch bei prämenopausalen Frauen und nahm mit der aufgenommenen Menge zu“, zeigt sich Prof. Huber von den Ergebnissen der rezenten Metaanalyse überzeugt.

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Die Hormonumstellung in den Wechseljahren bringt für viele Frauen Begleiterscheinungen wie plötzliche Hitzewallungen, Schweißausbrüche und Stimmungs schwankungen mit sich.

Referenzen:

1 EFSA Journal 2015;13(10):4246.

2 Boucher BA et al., Int J Cancer 132(6):1439-50; 2013.

3 Iwasaki M et al., J Clin Oncol 26:1677-1683; 2008.

4 Verheus M et al., J Clin Onc 25(6):648-655; 2007.

5 Boutas I et al., Soy Isoflavones and Breast Cancer Risk: A Meta-analysis. In Vivo. 2022 Mar-Apr;36(2):556-562.

6 Kuiper G et al., Endocrinology 39:4252-4263; 1998.

7 Ziaei S, Halaby R, Medicines (Basel) 4(2): 18, 2017.

8 Fritz H et al., PLoS One 8(11): e81968, 2013.

9 Chen M et al., PLoS One 9(2): e89288, 2014.

10 Hirano T et al., Res Commun Chem Pathol Pharmacol 64(1): 69-78, 1989.

11 Pagliacci MC et al., Eur J Cancer 30A(11): 1675-1682, 1994.

12 Kuriu A et al., Blood 78(11): 2834-2840, 1991.

13 Cunningham BD et al., Anticancer Drug Des 7(5): 365-384, 1992.

14 Buteau-Lozano H et al., J Endocrinol 196(2): 399-412, 2008.

15 Guo Y et al., J Nutr Biochem 18(6): 408-417, 2007.

16 Farina HG et al., Oncol Rep 16(4): 885-891, 2006.

17 United States Department of Agriculture (USDA): Database for the Isoflavone Content of Selected Foods. Release 2.0. Stand: September 2008.

Die S3-Leitlinie (wichtigste Entscheidungshilfe für Ärzte) sowie die Österreichische Menopausegesell schaft² empfehlen hier hochdosierte Isoflavone.

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Leber in Not

Nichtalkoholische Steatohepatitis: Die Fibrosierung bestimmt primär die Prognose

Im Rahmen eines Fortbildungsabends* gab Dr.in Ina Söllradl, Abt. für Gastroen terologie & Hepatologie, Endokrinolo gie und Stoffwechsel, Ernährungsmedi zin am Ordensklinikum Linz, ein Update zur Nichtalkoholischen Steatohepatitis (NASH), die durch eine makrovaskulä re Verfettung mit Inflammation definiert wird, nicht durch Alkohol bedingt ist und ein Fibrose-, Zirrhose- und Leber krebsrisiko birgt. Davon abzugrenzen ist die Vorstufe Nichtalkoholische Fettle ber (NAFLD), bei der über fünf Prozent der Leberzellen eine makrovaskuläre

Verfettung aufweisen. Um dieser hepati schen Manifestation des Metabolischen Syndroms und ihren Auswirkungen auf die Entwicklung und Progression einer NAFLD Rechnung zu tragen, wurde im Jahr 2020 eine neue Bezeichnung vorge schlagen – metabolisch bedingte Fettle bererkrankung (MAFLD). Immerhin 80 Prozent der NAFLD-Patientinnen und -Patienten sind adipös und 65 Prozent haben Typ-2-Diabetes – von der Nor malbevölkerung sind 25 Prozent betrof fen. Insbesondere der rasante Anstieg der Adipositas ist mit einer steigenden Prävalenz der NAFLD assoziiert.

Screening in der Primärversorgung

tabolischem Syndrom und dergleichen. Ein Fatty-Liver-Index (FLI) – der BMI, Taillenumfang, GGT und Triglyceride umfasst – unter 30 schließt eine Fettle ber mit hoher Wahrscheinlichkeit aus. Ein FLI über 60 weist auf eine NAFLD hin. Dann wird der FIB-4 oder NFS er hoben und entsprechend den Werten (siehe Leitlinie1) weiter beobachtet oder an eine Fachärztin, einen Facharzt für Gastroenterologie bzw. Hepatologie überwiesen. Auch wenn GPT/ALT wie derholt oder kontinuierlich erhöht ist, soll an Spezialisten zugewiesen werden. Unter anderem erfolgt dann eine Elas tographie.

Kardiovaskuläres Risiko

Onkologie für die Praxis 2022:

TABUTHEMEN IN DER ONKOLOGIE

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Anmeldung unter: www.ordensklinikum.at/ onkologie2022

Dr.in Söllradl hob hervor, dass nur Pati entinnen und Patienten mit fortgeschrit tener Fibrose eine erhöhte leberbezo gene Mortalität aufwiesen. Primär sei somit die Fibrosierung der prognose relevante Faktor. Um den Grad dersel ben zu messen, emp fahl sie für die tägliche Praxis den nichtinvasi ven NAFLD-FibroseScore (NFS), der on line unter nafldscore. com leicht zugänglich ist. Ein Wert unter -1,455 schließt eine fortgeschrittene Fibro se mit 90 Prozent Sen sitivität aus. Ein NFS > 0,676 diagnostiziert eine fortgeschrittene Fibrose mit 97 Pro zent Spezifität und 67 Prozent Sensitivität. Alternativ kann der Fibrosescore FIB-4 zum Einsatz kommen. Das Screening auf eine NAFLD soll in der Primärversorgung erfolgen, mit Fokus auf der Risikopopu lation mit Typ-2-Dia betes, Adipositas, Me

Einen besonderen Zusammenhang führ te Dr.in Söllradl näher aus: Die NAFLD ist mit einer höheren Prävalenz kardio vaskulärer Erkrankungen assoziiert, und zwar unabhängig von einzelnen CVDRisikofaktoren. Sie stellt ebenso einen unabhängigen Risikofaktor für das Auf treten und die Schwere einer KHK dar. Zudem ist die NAFLD mit einem erhöh ten kardiovaskulären Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko verknüpft, was die Be deutung des Screenings und einer früh zeitigen Therapie unterstreicht. Auch be steht eine Verbindung zwischen NAFLD und dem Risiko, ein Malignom zu entwi ckeln, was bei Vorsorgeuntersuchungen bedacht werden sollte.

Aktuell gibt es keine Medikamente, die für die Behandlung der NASH zu gelassen sind. Immerhin laufen 1.075 NASH-Studien, wovon sich 123 in Phase III befinden. Eine Lebensstilmodifikation sowie die Behandlung der Grunderkrankung(en) sind somit der einzige Hebel, um die Progression nach haltig zu stoppen bzw. zu verlangsamen.

Referenz:

1 Aktualisierte S2k-Leitlinie nicht-alkoholische Fettle bererkrankung der Deutschen Gesellschaft für Gastro enterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), April 2022.

* Fortbildungsabend „Neuigkeiten aus der Gastroenterolo gie & Hepatologie“, 14. Juni 2022, Ordensklinikum Linz.

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Gesund & fit im Herbst PÄDIATRIE DIALOG Akute respiratorische Infektionen Was kleinen Patient:innen hilft Oft unterschätzt: Harnwegsinfekte Praxiswissen: © shutterstock.com/PhotoJuli86

Praxiswissen: Harnwegsinfekte im Kindesalter

Eine unterschätzte Krankheit – verspätete Diagnostik kann zu irreversiblen Schäden führen

LITERATUR

Harnwegsinfekte im Kindesalter ge hören zu den häufigsten bakteriellen Infektionen, welche in der Praxis von Allgemeinmedizinern und Pädiatern ge sehen werden. Die Diagnose sowie die Unterscheidung von nichtfieberhaften und fieberhaften Harnwegsinfekten sind nicht immer einfach. Vor allem fieber hafte Harnwegsinfekte, welche Ausdruck der Mitbeteiligung des oberen Harntraktes sind, sollten immer weiter abgeklärt werden, da im Rahmen dieser Pyelonephritiden Nieren ir reparabel geschädigt werden können. Dadurch steigt das Ri siko einer später auftretenden Hypertonie, einer Präeklamp sie und einer chronischen Nie reninsuffizienz.

Rund 10 % der Mädchen und 3 % der Knaben erleiden bis zum 18. Lebensjahr einmal ei nen fieberhaften Harnwegsin fekt. Während Knaben besonders in den ersten beiden Lebensjahren betroffen sind, steigt die Häufigkeit von Harn

wegsinfekten (HWI) bei Mädchen ab dem zweiten Lebensjahr signifikant an.

Pyelonephritis: Die Diagnose ist anspruchsvoll

Aufsteigende Infektionen mit Beteili gung des Nierenparenchyms entsprechen klinisch einem schweren fieberhaften – d. h. 38,5 Grad Celsius übersteigenden – Harnwegsinfekt. Im Kindesalter sind die Nieren im Rahmen ihrer postnatalen Ausreifung in einer sehr vulnerablen Ent wicklungsphase, eine verspä tete Diagnostik und ein verzö gerter Therapiebeginn können darum zu ausgeprägten, irre versiblen Nierenschäden bzw. Narben führen.

Das Vorhandensein von ho hem Fieber ist in der Regel ein verlässlicher Indikator für eine Nierenparenchymbeteiligung, die Begriffe Pyelonephritis und (hoch) fie berhafter Harnwegsinfekt werden daher

synonym verwendet. Eine Pyelonephritis wird durch das Aufsteigen von Keimen aus dem Gastrointestinaltrakt über eine periurethrale Besiedelung verursacht. Typische Keimeigenschaften, Wirtsfak toren der Schleimhaut sowie kongenitale Fehlbildungen der Uretermündungen mit der Folge eines intermittierenden oder kontinuierlichen Pendelharns zwischen Blase und Nierenbecken sind wesentliche Risikofaktoren, einen fieberhaften Harn wegsinfekt zu akquirieren. Die Diagnose einer Pyelonephritis bzw. in der Folge einer Urosepsis bei Säuglingen sowie Kleinkindern ist anspruchsvoll. Die Symptome sind – im Gegensatz zu jenen, die bei älteren Kindern wie auch bei Er wachsenen auftreten – unspezifisch. Ne ben einem pathologischen Urinbefund sind Allgemeinsymptome wie hohes Fie ber, Erbrechen, Inappetenz sowie Apathie Hinweise auf eine Urosepsis. Typische Symptome eines HWI bei Schulkindern sind Dysurie, Pollakisurie, diffuse Bauch schmerzen, Flankenschmerzen, Erbrechen und bei Pyelonephritis hohes Fieber. Zu den häufigsten uropathogenen Keimen

DFP-Punktesammler
Hausärzt:in DFP 48 September 2022
GASTAUTOR: Prim. Univ.-Doz. Prof. Dr. Josef Oswald, FEAPU Abteilung für Kinderurologie, Ordensklinikum Linz GmbH Barmherzige Schwestern © Ordensklinikum Linz © Ordensklinikum Linz © shutterstock.com/megaflopp

zählt Escherichia coli, aber auch andere Organismen wie Klebsiella, Enterococcus, Enterobacter, Proteus und PseudomonasArten werden häufig isoliert.

Diagnoseweg

Die Harndiagnostik wird, nach Säu berung des äußeren Genitales, primär mittels Sackerlharns durchgeführt. Um eine höhere Spezifität zu erreichen, soll te jedoch die Clean-Catch-Methode an gewandt werden. Eine suprapubische Stimulation kann zur Kontraktion der Blase und damit zur Miktion führen. Falsch positive Werte werden durch ei nen Katheterharn ausgeschlossen. Eine Harnkultur sollte im Anschluss immer angelegt werden, damit kann man eine Verunreinigung („M ischkultur") erken nen; die Keimzahlbestimmung ermög licht die weitere Bestätigung eines HWI. Als signifikant positive Keimzahl wird im Spontan- bzw. Sackerlharn ein Wert von > 105 KBE/ml („koloniebildende Einheit" oder CFU; „colony-forming unit“) an genommen, beim Katheterharn ist eine Keimzahl von > 104 KBE/ml eindeutig. Neben der Keimidentifizierung sowie der Keimzahlbestimmung ist die Resistenzevaluation für die gesamtklinische Beur teilung und antibiotische Therapie essen tiell. Dipstick-Tests für Nitrite und/oder Leukozytenesterase ergänzen die bisher beschriebene Diagnostik: Die Sensitivi tät für Nitrit beträgt jedoch nur ca. 50 % (unter anderem ernährungsabhängig), in Kombination mit einem positiven Leu kozytenesterasenachweis erhöht sich die Sensitivität bei steriler Harnabnahme technik auf ca. 95 %. Die Urinuntersu chung im Mikroskop kann, in erfahrenen Händen, bei fraglich positivem DipstickTest sinnvoll sein.

Als bekanntester Entzündungsparameter im Blutlabor gilt das C-reaktive Protein (CRP), es ist der klassische Marker zur Diagnostik der akuten Phase einer In flammation. Zu beachten ist dabei, dass das Maximum des Anstiegs erst ca. 48–72 Stunden nach Beginn des Entzündungs geschehens zu erwarten ist. Ein deutlich spezifischerer Marker für eine Nierenbe teiligung ist das Procalcitonin (PCT), eine Vorstufe von Calcitonin, die Spezifität des PCT liegt bei ca. 94 % – verglichen mit der Spezifität des CRP von ca. 30 % (Tabelle).

KLINISCHE UND LABORCHEMISCHE PARAMETER BEI PYELONEPHRITIS

Fieber

> 38,5° C

> 104 KBE/ml (Katheterharn)

> 2

> 0,5

Bei unklarer Sepsis wird (vor allem im klinischen Kontext) eine akute 99mTcDimercaptobernsteinsäure-Untersuchung (99mTc-DMSA) durchgeführt, dabei kön nen auch kleinste Ausfälle bzw. entzündliche Areale sowie die Seitenverteilung evaluiert werden. Diese Isotopenevaluierung wird im angloamerikanischen Raum als Primärdiagnostik zur Evaluie rung von HWI durchgeführt. Dieser als „top-down approach“ bezeichnete Diagnoseweg verzichtet also auf eine – in unseren Breiten empfohlene – primäre MCUG (Miktionszystourethrographie), eine Untersuchung zum Ausschluss oder zur Beweissicherung eines vesikoureteralen Refluxes (VUR). Vor allem bei älteren Kindern hat sich diese Vor gangsweise bewährt, werden doch pri mär Nierenschäden ausgeschlossen oder bewiesen. Die deutlich verminderte Sen sitivität der MCUG bei solchen Kindern scheint diese Politik zu unterstützen.

Abklärung mit Ultraschall, MCUG und DMSA-Scan

Prinzipiell sollte nach jedem – idealer weise katheterharngesicherten – fieber haften HWI eine spezifische Abklärung mit Ultraschall, MCUG und DMSA-Scan erfolgen. Als Screeninguntersuchung nach erstem Harnwegsinfekt hat sich die Ultraschalluntersuchung etabliert, spezi fische kongenitale Fehlbildungen wie der höhergradige VUR oder der obstruktive Megaureter können damit erkannt wer den. Beidseitige Dilatationen des oberen Hohlsystems deuten, insbesondere beim Knaben, auf eine infravesikale Prob lematik hin. Begonnen wird die Ultra schalluntersuchung immer mit der Beur teilung der Blase, insbesondere anhand der Detrusordicke, der intravesikalen Auffälligkeiten (z. B. einer Ureterozele)

und der prävesikalen Strukturen (z. B. von erweiterten Ureteren). Die Nieren beurteilung umfasst die Größe, die Struk tur des Nierenparenchyms, das ableiten de Harnsystem (Hydronephrose?) sowie die proximalen Abschnitte der Ureteren. Die Power-Doppler-Untersuchung kann, in erfahrenen Händen, bereits eine ge naue Diagnostik im Hinblick auf Par enchymausfälle bei der Pyelonephritis ermöglichen.

Vesikoureteraler Reflux als Risikofaktor Bislang gilt der vesikoureterale Reflux als wichtigster Risikofaktor für die Bil dung von Nierennarben, die MCUG gilt daher als Primärdiagnostik vor al lem bei Säuglingen und im Kleinkin desalter („bottom-up approach“). Beim VUR fehlt die natürliche Ventilfunktion des Ureterostiums, ein kontaminierter Harn kann damit rasch das Nierenparenchym erreichen. Dieser retrograde Urinfluss bedingt in unterschiedlichem Ausmaß einen Restharn, der wieder zur Harnwegsinfektion prädisponiert. Beim Buben ist immer an eine funktionelle und/oder infravesikale Problematik zu denken: Die häufigste Fehlbildung – im Röntgen nur bei ausgeprägten Formen darstellbar – ist die Urethralklappe. Eine unvollständige Apoptose der hier em bryologisch entstehenden Membranen führt zu sogenannten Residualklappen („mini valves“), die jedoch klinisch ein relevantes Abflusshindernis darstellen. Lediglich eine endoskopische Evaluie rung mit der Möglichkeit der Klappenin zision und der gleichzeitigen Beurtei lung der Ureterostien kann hier Abhilfe schaffen. Eine konventionelle MCUG mit einem Röntgenkontrastmittel ist die Standardmethode, damit lassen sich der Refluxgrad, die Ureterdilatation, die >

Hausärzt:in DFP 49September 2022
Harnkultur
CRP
mg/dl Procalcitonin
ng/ml Leukozytose Ja

Blasenform sowie die Urethra beurtei len. Mit zunehmendem Alter nimmt die Sensitivität dieser MCUG-Modalität ab, d. h.: Bei älteren Kindern wird eine SonoMCUG unter Verwendung eines Ultraschallkontrastmittels indiziert. Neben der Strahlenfreiheit weist diese Un tersuchung auch eine höhere Sensitivität auf. Sollte die MCUG negativ bleiben und/oder Rezidivharnwegsinfekte so wie DMSA-Veränderungen nachweis bar sein, wird ein PIC-Zystogramm („Positioning Instillation of Contrast“) empfohlen. Dabei erfolgt in einer Kurz narkose die Kontrastmittelirrigation vor den Ureterostien. Zeigt sich in der daraufhin durchgeführten Durchleuchtung ein sogenannter PIC-VUR, wird dieser gleich mittels endoskopischer Ostien unterspritzung therapiert. Der Grad des PIC-VUR korreliert signifikant mit dem Schweregrad von ipsilateralen DMSAVeränderungen, außerdem konnte ge zeigt werden, dass die endoskopische Therapie eines PIC-VUR die Rate von Harnwegsinfekten deutlich senken kann.

Therapie

Die Behandlung einer Harnwegsinfektion sollte sich an den Symptomen, der Anam nese und dem Antibiogramm orientieren. Wesentlich ist der rasche Therapiebeginn, um eine mögliche Narbenbildung der Nieren zu verhindern. Eine verzögerte Diagnose und Therapie erhöht das Risiko irreversibler Nierenschäden mit den ent sprechenden Konsequenzen.

Antibiotikagabe

Orale Antibiotika können, bei Fehlen einer schweren Beeinträchtigung des Kindes, als Erstbehandlung empfohlen werden. Bei nichtseptischen, nichtdehy drierten Kindern, welche Flüssigkeit oral zu sich nehmen können, werden daher z. B. Trimethoprim/Sulfonamid, Cephalosporin (z. B. Cephalexin, Cefuroxim) oder Amoxicillin/Clavulansäure verwen det. Ein Ansprechen der Therapie ist nach ca. 36 Stunden zu evaluieren, bei fehlen der Besserung der Symptome ist eine Behandlungsumstellung im Sinne einer I.-v.-Therapie indiziert. Bei Kindern mit einer Urosepsis, die mit hohem Fieber, Erbrechen sowie signifikant erhöhtem Procalcitonin und CRP einhergeht, sollte

primär unverzüglich mit einer intravenö sen Antibiotikatherapie begonnen wer den. Cephalosporine der dritten Gene ration (z. B. Ceftazidim oder Cefotaxim), kombiniert mit einem ß-Lactam-Anti biotikum (z. B. Amoxicillin/Clavulansäu re), sind heute die erste Wahl. Orale Ste roide zur Verhinderung von irreversiblen Parenchymschäden werden derzeit im klinischen Kontext bzw. im Rahmen von Studien eingesetzt – es scheint, dass da mit die Entzündungskaskade gehemmt werden kann. Nach Identifizierung des Erregers wird entsprechend dem Anti biogramm die Therapie modifiziert bzw. im Sinne der Resistenzlage angepasst.

Dyskoordination des Detrusors und Beckenbodens

Besonders bei älteren Mädchen sind funktionelle Blasenentleerungsstörun gen mit einer Dyskoordination des De trusors und Beckenbodens als Ursache für Harnwegsinfekte zu diagnostizieren. Diese funktionellen Blasenentleerungs störungen lassen sich mit der Unterstüt zung entsprechender Urotherapeutinnen und -therapeuten gut behandeln.

Kindlicher vesikoureteraler Reflux Eine kausale Therapie des kindlichen ve sikoureteralen Refluxes, der häufigsten Ursache von fieberhaften Harnwegsin fekten im Kindesalter, wird heute ab dem zwölften Lebensmonat im Sinne der en doskopischen Refluxtherapie empfohlen. Diese minimalinvasive Therapie – es ist lediglich eine Kurznarkose nötig – gilt pri mär als Alternative zur Antibiotikalang zeitprophylaxe. Die Voraussetzung dafür stellt eine weitgehende Unversehrtheit des Nierenparenchyms dar, d. h. ein un auffälliger DMSA-Scan. Beim Knaben ist im Rahmen der Endoskopie immer die prostatische Urethra zu evaluieren, auch abortive Klappen („mini valves“) können Pyelonephritiden verur sachen. Die Kombination mit einer (phy siologischen) Phimose führt bereits im Säuglingsalter über einen VUR zur Nie renschädigung. Bei diesen Kindern wird – im Rahmen der endoskopischen Evalu ierung bzw. Klappeninzision – immer eine Zirkumzision empfohlen. Als Injektions material hat sich in den letzten zwei Jahr zehnten eine Mischung aus Dextranomer und Hyaluronsäure (Dexell®, Deflux®)

durchgesetzt. Die definitive Heilungsrate nach dieser Therapie hängt vom Schwere grad des Refluxes ab, niedriggradige Re fluxe (I–III) zeigen eine Resolutionsrate von 70 bis 80 %. Eine offene Operation im Sinne einer Harnleiterneuimplantation (z. B. Cohen-Operation) oder einer extravesikalen Antirefluxplastik (z. B. Lich-Grégoire-Operation) ist bei höher gradigen Refluxen (IV, V) mit DMSAVeränderungen indiziert.

Zusammenfassung

Therapieziel einer Harnwegsinfektion im Kindesalter ist – neben der frühzeitigen Diagnose –, die entsprechende Antibiose frühzeitig durchzuführen, um dauerhafte Schäden des Nierenparenchyms zu ver hindern. Wesentlich ist die Unterschei dung zwischen nichtfieberhaften – auf die Blase beschränkten – Infekten und fieberhaften Harnwegsinfekten im Sinne einer Pyelonephritis unter Beteiligung des Nierenparenchyms. Insbesondere bei Letzterem ist eine weiterführende Diagnostik im Sinne einer Miktionszystogra phie sowie Nierenszintigraphie (DMSA) zum Ausschluss oder Beweis eines ve sikoureteralen Refluxes mit oder ohne Nierennarben indiziert. Die Behandlung des VUR erfolgt risikoadaptiert und in dividualisiert – abhängig von Geschlecht, Alter, Grad des Refluxes sowie eventuel ler Nierenschädigung. Die Mehrzahl der Kinder mit VUR kann heute mit einer minimalinvasiven endoskopischen Re fluxtherapie versorgt werden.

Literatur beim Verfasser.

DFP-Pflichtinformation

Fortbildungsanbieter: Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

Lecture Board:

Prim. Univ.-Prof. Dr. Lukas Lusuardi Universitätsklinik für Urologie und Andrologie Universitätsklinikum der PMU, Salzburg

Dr.in Johanna Holzhaider

2. Vizepräsidentin der OBGAM Gruppenpraxis Sandl, Oberösterreich <

Hausärzt:in DFP 50 September 2022

Rund 10 % der Mädchen und 3 % der Knaben erleiden bis zum 18. Lebensjahr einmal einen fieberhaften Harnwegsinfekt. Aufsteigende Infektionen mit Beteiligung des Nierenparenchyms entsprechen klinisch einem schweren fieberhaften –d. h. 38,5 Grad Celsius übersteigenden – Harnwegsinfekt.

Im Kindesalter sind die Nieren im Rahmen ihrer postnatalen Ausreifung in einer sehr vulnerablen Entwicklungsphase, eine verspätete Diagnostik und ein verzögerter Therapiebeginn können darum zu ausgeprägten, irreversiblen Nierenschäden bzw. Narben führen.

Das Vorhandensein von hohem Fieber ist in der Regel ein verlässlicher Indikator für eine Nierenparenchymbeteiligung, die Begriffe Pyelonephritis und (hoch) fieberhafter Harnwegsinfekt werden daher synonym verwendet.

DFP-Literaturstudium HAUSÄRZT:IN

Die Harndiagnostik ist wesentlich für die Keimidentifizierung (Harnkultur) sowie für die spezifische antibiotische Therapie. Neben der Clean-Catch-Methode ermöglicht der „Katheterharn“ die exakteste Harngewinnung. Jeder fieberhafte Harnwegsinfekt (Pyelonephritis) bedarf, unabhängig von Geschlecht und Alter, einer Abklärung. Die Basisdiagnostik besteht neben dem Ultraschall aus der MCUG (Miktionszystourethrographie) zum Ausschluss oder Beweis eines vesikoureteralen Refluxes und aus einem DMSA-Scan zum Nachweis eventueller Nierenparenchymschäden. Die häufigste Ursache einer kindlichen Pyelonephritis ist der vesikoureterale Reflux. Dieser kann heute, bei Fehlen von Nierennarben und unter Ausschluss einer infravesikalen Problematik beim Knaben (Urethralklappen), minimalinvasiv in Form einer endoskopischen Refluxtherapie behandelt werden.

LITERATUR

So machen Sie mit: Entsprechend den Richtlinien der ÖÄK finden Sie im Anschluss an den Fortbildungsartikel Multiple-Choice-Fragen. Eine Frage gilt dann als richtig beantwortet, wenn Sie von den vorgegebenen Antworten alle richtigen angekreuzt haben. Für eine positive Bewertung ist erforderlich, dass Sie 2 der 3 Fragen richtig beantworten. In diesem Fall wird 1 DFP-Fachpunkt angerechnet.

Online lesen und beantworten: Dieser Fortbildungsartikel inkl. Test steht online auf meindfp.at noch 2 Jahre zur Verfügung. Wenn Sie dieses elektronische Angebot nutzen, erhalten Sie auch die Teilnahmebestätigung elektronisch.

Per E-Mail oder Post: Schicken Sie den beantworteten Fragebogen bitte per Mail als Scan-Dokument an office@gesund.at oder per Post an Redaktion HAUSÄRZT:IN/RMA Gesundheit GmbH, Am Belvedere 10 / Top 5, 1100 Wien. Einsendeschluss: 31. März 2023.

DFP-Fragen zu „Praxiswissen: Harnwegsinfekte bei Kindern“

Die Anzahl der richtigen Antworten ist nach jeder Frage in Klammern angegeben.

1

Fieberhafte Harnwegsinfektionen im Kindesalter … (3 richtige Antworten)

… entsprechen bei hohem Fieber einer Pyelonephritis. … können bei verspäteter Therapie zu irreversiblen Nierenschäden führen.

… brauchen nicht sofort mit einem Antibiotikum therapiert zu werden. … sollten unabhängig von Alter und Geschlecht weiter abgeklärt werden.

2

Die Standarddiagnostik eines HWI beinhaltet … (3 richtige Antworten)

… eine exakte Harndiagnostik, idealerweise mittels Katheterharns.

… eine Harnkultur mit Antibiogramm.

… ein intravenöses Ausscheidungsurogramm (IVP). eine weiterführende Abklärung mittels Ultraschalls, MCUG und DMSA.

Was sind die häufigsten Ursachen einer Pyelonephritis im Kindesalter? (3 richtige Antworten)

Virale Infekte. Aufsteigende Infektionen im Urogenitaltrakt. Eine vesikoureterale Refluxerkrankung. Eine Kombination von Urethralklappen und VUR beim Knaben.

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Hausärzt:in DFP – Das Wichtigste in Kürze
Hausärzt:in DFP 51September 2022
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Die Erkältungssaison naht

Was kleinen Patient:innen bei Atemwegsinfekten hilft – vieles, aber nicht alles lässt sich allein mit „Flower Power“ behandeln

Hausärzt:in Pädiatrie 52 September 2022 © shutterstock.com/KAMONRAT

Akute respiratorische Infektio nen (ARI) sind für eine Vielzahl von Arztbesuchen verantwortlich: Rund sechs- bis zehnmal pro Jahr erwischt es Mädchen und Buben im Kleinkindalter. Zumeist – in etwa 90 Prozent der Fälle – liegt Erkäl tungskrankheiten eine virale Infek tion zugrunde. Häufige Erreger sind Rhino-, Grippe- und Parainfluenza viren, das respiratorische SynzytialVirus, Entero- und Coronaviren sowie bestimmte Stämme von Ade noviren. Wesentlich seltener sind bakteriell bedingte Infektionen, etwa durch Mykoplas men oder Pneumokokken. In den meisten Fällen handelt es sich um banale Infekte, die rund sieben bis zehn Tage lang andauern.

Schlaf ist die beste „Medizin“

Die Therapie erfolgt symptomatisch. Zwar lässt sich die Krankheitsdauer nicht nennenswert verkürzen, jedoch können verschiedene Therapeutika die Beschwerden lindern, somit dem Kind den so wichtigen erholsamen Schlaf ermöglichen und für mehr Wohlbefinden sorgen. Zudem wird das Risiko einer Sekundärinfektion einge dämmt, welche beispielsweise zu Tonsillitis, Otitis media acuta oder Sinusitis führen kann. Mögliche Anzeichen dafür sind hohes Fieber (über 39° C) sowie das Andau ern der Erkrankung über einen Zeitraum von mehr als einer Woche. Zu den ersten Anzeichen einer ARI gehö ren Halsschmerzen. Dagegen stellen Lutschpastillen zur Befeuchtung, Gurgellösungen (bei größeren Kindern) oder Rachensprays mit lokal desinfizierenden Wirkstof fen eine wirksame Option dar. Bei einer akuten Rhinitis können abschwellende und se kretionshemmende Nasensprays oder -tropfen gegeben werden. Diese sollten jedoch maximal zehn Tage lang angewendet werden, um eine Schädigung des Flimmer epithels zu vermeiden. Dampfinhalationen mit Salz hel fen ebenfalls, das Atmen zu erleichtern. Allerdings dür fen diese nur unter Aufsicht erfolgen, um Verbrühungen zu vermeiden.

Für Säuglinge ist eine akute Rhinitis besonders unange nehm, da unter der beeinträchtigten Nasenatmung auch die Nahrungsaufnahme leidet. Ihnen können koch- bzw. meersalzhaltige Nasensprays Linderung bringen. Sie verflüssigen das Sekret, die an der Nasenschleimhaut haftenden Keime werden somit rascher entfernt. Zudem kann Sekret mit einem Gummisauger „ abgepumpt “ werden. Für zusätzliche Erleichterung empfiehlt Dr.in Sevinc Yildirim, Fachärztin für Kinder- und Jugendheil kunde in Wien, Kaltvernebler: „ D iese helfen, den Atem zu befeuchten. Kaltvernebler wirken schleimlösend und sie befeuchten die Schleimhäute. Kratzen im Hals, Hus tenreiz und Schnupfen werden so gelindert.“

EXPERTIN: Dr.in Sevinc Yildirim Fachärztin für Kinderund Jugendheilkunde, Kinder- und Jugend ärzte CAPE 10, Wien
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Auszug aus dem Heilpflanzen-Lexikon

Efeu: bei Katarrhen der Luftwege; zur sym ptomatischen Behandlung chronisch entzündlicher Bronchialerkrankungen.

Eibischwurzel: bei Schleimhautreizungen im Mund- und Rachenraum und damit verbundenem trockenem Reizhusten; leichten Entzün dungen der Magenschleimhaut.

Isländisch Moos: bei Schleimhautreizungen im Mundund Rachenraum und damit verbundenem trockenem Reizhusten; gegen Appetitlosigkeit.

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Kapland-Pelargonie: bei Symptomen von Atemwegsinfektionen und banalen Erkältungen wie verstopfter oder laufender Nase, Halsschmerzen und Husten.

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Hilfe bei Husten und Bronchitis

Auch die akute Bronchitis ist zumeist viral bedingt. In der Regel kommt es dabei zunächst zu unproduktivem Hus ten. Auswurf kommt erst später hinzu. Dieser kann schleimig-eitrig werden, was aber nicht unbedingt auf eine bak terielle Genese hinweist. Bei der obs truktiven Bronchitis kann zudem eine starke Atemnot mit dem charakteristi schen Giemen hinzukommen. Ruhe und ausreichende Flüssigkeitszufuhr sind die Basis für eine gute Genesung. Eine The rapieoption stellen zudem Mukolytika dar. Allerdings sind diese vielfach erst für Kinder ab einem Alter von zwei Jah ren zugelassen, da die Hustenmechanik davor für ein effizientes Abhusten phy siologisch noch zu schwach ausgebildet ist. Antitussiva hemmen das Abhusten des Sekrets und sollten nur bei stark quälendem, unproduktivem Reizhusten in Erwägung gezogen werden. Kinder mit obstruktiver Bronchitis profitieren hingegen von einer Behandlung mit in halativen Sympathomimetika. Gute Er fahrungen hat die Fachärztin zudem mit altbewährten Hausmitteln wie Topfen wickeln, Honigmilch, Rettichhonig oder Hühnersuppe.

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Spitzwegerich: innerlich bei Katarrhen der Luftwege und entzündlichen Veränderungen der Mund- und Rachenschleimhaut; äußer lich bei Entzündungen der Haut.

Thymian: innerlich bei Symptomen der Bronchitis und des Keuchhustens und bei Katar rhen der oberen Luftwege.

Quelle: ESCOP European Scientific Cooperative on Phytotherapy; Kooperation Phytopharmaka: arzneipflanzenlexikon.info (abgerufen am 02.08.2022).

Kraft der Pflanzen nutzen

Bei Erkältungskrankheiten können Phytopharmaka gute Dienste leisten. Die Mittel der Pflanzenheilkunde kom men sowohl bei leichteren Beschwer den als alleinige Medikation als auch adjuvant bei schwereren Erkrankun gen zum Einsatz. Zwar haben phyto therapeutische Präparate eine mildere

Eine Abgrenzung der Pneumonie von einer Bronchitis aufgrund der Symptomatik ist schwierig, deshalb muss diese mittels Thoraxröntgens abgeklärt werden.
Hausärzt:in Pädiatrie 54 September 2022
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Wirkung als synthetische Arzneimit tel, allerdings sind sie auch nebenwir

zählen etwa Isländisch Moos, Eibisch, Malve und Spitzwegerich. Auch Sa ponindrogen eignen sich durch ihre schleimlösenden und -mobilisierenden sowie leicht entzündungshemmenden Eigenschaften zur Behandlung von Erkältungskrankheiten. Zu diesen gehören Efeublätter, Primelwurzel, Schlüsselblumenblüten und die Süß holzwurzel. Diese Pflanzen werden häufig in Form von Hustensaft einge setzt. Doch nicht alles lässt sich allein mit „ F lower Power“ behandeln.

Wann Antibiotika zum Einsatz kommen

kungsarm. Zudem haben sie eine große therapeutische Breite. Das Vertrauen von Patientinnen und Patienten – in diesem Fall das ihrer Eltern – in pflanz liche Mittel ist mittlerweile sehr groß. Bei Husten und Bronchitis eignen sich beispielsweise Präparate aus der Gruppe der Schleimstoffdrogen, die reizlindernd, antiinflammatorisch und schleimhautschützend wirken. Dazu

Tachypnoe kann ein An zeichen für eine Pneu monie sein. Durch ei nen beeinträchtigten Gasaustausch in der Lunge kommt es zu Hypoxie und Hyper kapnie. Dies versucht der Körper durch eine schnelle und flache At

mung auszugleichen. Eine Abgrenzung von der Bronchitis aufgrund der Sym ptomatik ist schwierig, deshalb muss diese mittels Thoraxröntgens abgeklärt werden. Bestätigt sich der Verdacht auf Lungenentzündung, kommen Antibio tika zum Einsatz. Eine antimikrobielle Therapie ist ebenso bei protrahierter Sinusitis bakterieller Genese, schweren Verläufen der Otitis media oder Per tussis indiziert. Je nach verschriebenem Antibiotikum sollten Eltern darauf hingewiesen werden, dass sie diese dem Kind nicht zusammen mit Milch geben dürfen. Einige Antibiotika-Wirkstoffe verbinden sich im Darm mit Calcium zu Molekülkomplexen. Die sind so stabil, dass sie die Darm wand nicht mehr passieren können. Die Kinderärztin empfiehlt zudem eine Begleittherapie mit Pro biotika und mahnt zur „Vorsicht bei Antiemeti ka-Therapie bei Kindern unter drei Jahren“

Je nach verschriebenem Antibiotikum sollten Eltern darauf hingewiesen werden, dass sie diese dem Kind nicht zusammen mit Milch geben dürfen. shutterstock.com/KanKhem
Hausärzt:in Pädiatrie
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Die ersten drei Lebensjahre sind entscheidend

Wachstumshormonmangel bei Kindern – (Be-)Handlungsbedarf, Diagnose und Therapie

Wenn Kinder nicht ausreichend wach sen, kann das multiple Ursachen haben. In manchen Fällen ist ein Wachstums hormonmangel (Growth Hormone Deficiency – kurz GHD) für den Klein wuchs verantwortlich. Um die Awa reness für die Krankheit zu steigern, findet weltweit am 20. September der International Child Growth Day statt. Organisiert wird die Veranstaltung von der International Coalition of Organi zations Supporting Endocrine Patients (ICOSEP).

Kleinwuchs – ab wann?

Wann spricht man nun konkret von Kleinwuchs? Im Zusammenhang mit Wachstumshormonmangel geben Ge

burtsgröße und -gewicht grundsätzlich noch keinen Hinweis auf die Erwach senengröße (Adult Height –kurz AH). Denn der Mensch wächst zunächst nur zum Teil abhängig vom normalen Wachstumshormon (Somato tropin). Erst im Laufe seiner Entwicklung nimmt die wech selseitige Abhängigkeit von Längenwachstum und So matotropin zu. „Ob ein Kind unzureichend wächst, lässt sich daher erst innerhalb der ersten drei Lebensjahre fest stellen – und zwar dann, wenn es in der Perzentilenkurve deutlich kleiner als 97 Prozent seiner Altersge nossen ist. Das ist auch der Marker, bei

dem niedergelassene Pädiater hellhö rig werden und weitere Schritte in die Wege leiten sollten“, erklärt Mag. DDr. Werner Schlegel, Facharzt für Kinder- und Ju gendheilkunde und Hormon spezialist mit Ordination in Wien. Weitere Schritte stellen etwa nähere Abklärungen oder eine Überweisung an den Spezialisten dar.

EXPERTE: Mag. DDr. Werner Schlegel Facharzt für Kinderund Jugendheilkunde und Hormonspezialist in Wien

Behandlungsbeginn ab viertem Lebensjahr

Aufgrund der zunehmenden wechselseitigen Abhängigkeit von Län genwachstum und Somatotropin se hen die internationalen Guidelines bei

Hausärzt:in Pädiatrie 57September 2022
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tatsächlich (!) vorliegendem Klein wuchs erst ab dem vierten Lebensjahr einen Behandlungsbeginn vor. Auch bei SGA-Kindern (Short for Gestati onal Age; zu klein für das Gestations alter), also Kindern, die zu klein zur Welt kommen, wartet man in puncto Therapie die ersten drei Lebensjahre ab. „ Selbst wenn ein Kind am Ende des dritten Lebensjahres kleiner als seine Altersgenossen ist, gilt es zunächst, dif ferenzialdiagnostisch vorzugehen und potenzielle weitere Ursachen für den Kleinwuchs auszuschließen. Das könn te etwa eine Schilddrüsenproblematik oder bei Mädchen ein Turner-Syndrom sein“, so DDr. Schlegel. In vielen Fäl len spiele auch der Druck seitens El tern eine große Rolle. Wenn diese etwa glaubten, ihr Kind sei zu klein, obwohl das laut Guidelines und medizinischen Parametern gar nicht zutreffe.

Eindeutige Diagnose wesentlich

Bei Verdacht auf Wachstumshormon mangel und zwecks Treffsicherheit der Diagnose führt der Spezialist zunächst einen endokrinologischen Funktionstest durch, den sogenannten GHRH-Argi nin-Test (GHRH für Growth Hormone -Releasing Hormone; Somatoliberin).

Dieser gibt Aufschluss darüber, ob das betroffene Kind in der Lage ist, Somato tropin auszuschütten. Im Zuge des Tests wird auf glykämischer Ebene eine Stress situation herbeigeführt, die im Normal fall bewirkt, dass das Kind Somatotropin ausschüttet. „Geschieht dies nicht, so liegt tatsächlich ein Wachstumshor monmangel vor. Dieser Test liefert demnach eine eindeutige Diagnose und zeigt, dass das Kind von einer entsprechenden Therapie höchst wahrscheinlich auch profitieren wird“, erläutert DDr. Schlegel.

Therapie mit rhGH

Ergibt der GHRH-Arginin-Test tatsäch lich einen Wachstumshormonmangel, ist laut dem Experten etwa ab dem vierten Lebensjahr die Gabe von rekombinan tem menschlichem Wachstumshormon (recombinant human Growth Hormo ne) State of the Art. Ziel einer Thera pie mit Wachstumshormon ist stets das

Erreichen eines Aufholwachstums, das letztlich zu einer normalen Erwachse nengröße führt. Die Behandlung erfolgt zumindest bis zum Eintritt der Pubertät, dem Zeitpunkt, an dem sich die Wachs tumsfugen schließen. In Einzelfällen ist auch eine niedrig dosierte Behandlung über den Pubertätseintritt hinaus indi ziert. „Beginnt man mit der Therapie erst sehr spät, so sollte man sicherstel len, dass man zumindest zwei Jahre lang behandelt, um ein gewisses Aufhol- bzw. Längenwachstum zu ermöglichen“, so DDr. Schlegel.

Behandlungsprognose

Im ersten Behandlungsjahr mit rhGH sollte das Kind bereits eine vernünftige Perzentile erreichen, entlang welcher es dann auch weiterwachsen sollte – in den meisten Fällen gelingt das auch. Behand lungserfolg und -prognose hängen aller dings von multiplen Faktoren ab – u. a. von der Compliance. „Im Zuge der Lang zeittherapie sind die Eltern dafür verant wortlich, ihrem Kind täglich Wachstums hormon zu spritzen. Das ist vor allem bei kleineren Kindern, deren Leidens druck noch nicht so hoch ist, nicht im mer eine leichte Aufgabe und erfordert Konsequenz sowie Durchhaltevermögen von allen Beteiligten“, unterstreicht der Experte. Obgleich die Prognosen bei Wachstumshormongabe aus medizi nischer Sicht grundsätzlich gut seien, seien eindeutige dies bezügliche Versprechungen aufgrund der genannten Umstände nicht möglich.

Ausblick

Um die Compliance zu erhöhen und die betroffenen Familien zu entlasten, haben Experten bereits langwirksame Wachs tumshormone enwickelt („long acting growth hormones“), die nur mehr einmal pro Woche verabreicht werden müssen. „Ganz wesentlich ist es auch, die Aware ness für das Krankheitsbild und vor allem die Therapie zu steigern. Denn werden Kinder mit Wachstumshormonmangel nicht adäquat diagnostiziert bzw. behan delt, leiden sie ein Leben lang darunter – vor allem unter den psychosozialen Auswirkungen der Erkrankung“, betont DDr. Schlegel. Einschränkungen durch Kleinwuchs betreffen stets das eigene Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl, die Partnerwahl und meist berufliche so wie sportliche Karrieren. „Ich halte die Therapie mit Wachstumshormonen aus diesen Gründen für gut und richtig – so fern man sauber diagnostiziert und davor andere Erkrankungen ausgeschlossen hat. Denn obgleich die Gabe von Wachs tumshormon sicher und effektiv ist, han delt es sich um einen hormonellen Ein griff, der stets gut überlegt sein sollte“, resümiert der Experte.

Hausärzt:in Pädiatrie 58 September 2022
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Komplementärmedizinische Optionen bei Krebs ausschöpfen

Verbesserung der Lebensqualität und Prognose onkologischer Patient:innen

Die Diagnose Krebs zu bekommen, erschüttert Patientinnen und Patienten in ihren Grundfesten. Eine aktuelle Studie aus Kalifornien deutet darauf hin, dass die Pandemie dazu beitragen könnte, dass die Diagnose von Krebs erkrankungen erst in späteren Stadien erfolgt. Ein Mammakarzinom wurde 2020 signifikant seltener in Stadium I und signifikant häufiger in Stadium IV diagnostiziert als noch 2019.1 Dieses Ergebnis macht deutlich, wie wichtig die Nutzung von Vorsorgeprogrammen sowie die rasche Behandlung maligner Neoplasien ist.

Rund zwei Drittel der Patientinnen und Patienten wünschen sich, zusätzlich zur klinischen Therapie Behandlungen nutzen zu können, welche die Neben wirkungen von Chemo- und Strahlen therapie lindern und im besten Fall auch das Tumorwachstum einschrän ken. Verschiedene Behandlungsmög lichkeiten und insbesondere die Mistel therapie besprachen Ass.-Prof. Dr. Leo Auerbach, Leiter der Komplementären Ambulanz an der Frauenheilkunde, MedUni Wien, sowie Dr.in Ilse FleckVáclavik, Allgemeinmedizinerin in Perchtoldsdorf und Mödling, im Rah men eines Symposiums in Wien.2

betont: „Wir brauchen für alle Kol leginnen und Kollegen so eine evi denzbasierte Zusammenfassung der komplementärmedizinischen Möglich keiten. Diese Leitlinie erfolgte gemeinsam mit den relevanten onkologi schen Gesellschaften und sollte hiermit allen Patientinnen und Patienten im Rahmen der onkologischen Therapie angeboten und diskutiert werden.“ Unter den federführenden onkologi schen Fachgesellschaften der S3-Leit linie herrscht starker Konsens darüber, dass alle onkologischen Patienten frü hestmöglich über komplementärmedi zinische Maßnahmen informiert wer den sollen. Außerdem empfehlen sie die Aus-, Weiter- und Fortbildung des medizinischen Fachpersonals im Be reich der Komplementärmedizin.

zu nennen. Vitamin-C-Infusionen kön nen ebenfalls eine sinnvolle Ergänzung bei der Behandlung von Krebs-Patien ten darstellen (unbedingt mit mindes tens fünf Tagen Abstand zur Chemo therapie). Auch zur Misteltherapie gibt es eine Vielzahl von Studien. „ Sie ver bessert die Lebensqualität, reduziert die Menge und Intensität der Neben wirkungen und mildert Fatigue-Syn drom und tumorbedingte Schmerzen“, hebt Prof. Auerbach hervor. Außerdem mehren sich die Hinweise, dass auch das Tumorwachstum gehemmt werden könne (siehe Tabelle).

„D ie Misteltherapie moduliert die kör pereigene Abwehr, sie fördert sowohl die Nekrose als auch die Apoptose der Tumorzellen. Darüber hinaus sorgt sie für eine DNA-Stabilisierung“, be richtet Dr.in Fleck-Václavik. Bei einer Inkubation von Zellen mit Cyclophos phamid komme es in der Regel zu einer Erhöhung der SchwesterchromatidAustauschrate, welche ein Maß für die Zellschädigung sei. Werde dem Ge misch allerdings Mistelextrakt hinzu gefügt, sinke diese Rate.4 Zwei Studien sprechen sogar dafür, dass die Überle benszeit durch den komplementären Einsatz der Mistel bei onkologischen Patienten verlängert werden kann.5,6

Tipps für die praktische Anwendung

Maßnahmen von Sport bis Misteltherapie

Patient:innen über Komplementärmedizin informieren

Die Allgemeinmedizinerin betreut in ihren Praxen auch viele Mammakar zinom-Patientinnen. „ D iese Frauen haben fast nie Beschwerden durch den Tumor, werden aber durch des sen Behandlung in eine Lebensphase gedrängt, in der sie relativ starke Be schwerden haben und ihre Lebens qualität deutlich abnimmt“, so Dr.in Fleck-Václavik. „ Sie wünschen sich eine Therapie, die es ihnen ermöglicht, selbst aktiv zu werden und nicht nur Passagierin zu sein “ Hierfür – aber auch für das palliative Setting – sei die Misteltherapie verbessert u. a. die Lebensqualität, das Fatigue-Syndrom und tumorbedingte Schmerzen.

Im vergangenen Jahr wurde die erste deutschsprachige Leitlinie für Kom plementärmedizin in der Onkologie publiziert, als S3-Leitlinie auf höchs tem Qualitätsniveau.3 Prof. Auerbach

Verschiedene komplementäre Maß nahmen ermöglichen es, die Lebens qualität und die Nebenwirkungen der klinischen Therapien wirksam zu be einflussen. So kann laut Prof. Auerbach körperliche Aktivität Fatigue und an dere Nebenwirkungen reduzieren und die Lebensqualität steigern. Weitere wichtige und evidenzunterstützte Be handlungen sind die Therapie mit Se len, Mariendistel, Cannabis und etwa japanischen Heilpilzen, um nur einige

Hausärzt:in pharmazeutisch 60 September 2022
© shutterstock.com/Marina Lohrbach Die

Misteltherapie gut geeignet, da die Pa tientinnen und Patienten geschult wür den, sich die Mistelextrakte selbst sub kutan zu verabreichen.

In Österreich ist die Misteltherapie für die Behandlung aller soliden Tumoren zugelassen. Vorteilhaft sei, dass sie nicht nur vor oder nach der klinischen The rapie stattfinden könne, erläutert Prof. Auerbach: „Es gibt mittlerweile vie le Studien, die zeigen, dass die Mistel

therapie auch gefahrlos neben einer Behandlung mit Chemotherapeutika oder monoklonalen Antikörpern ver abreicht werden kann. Es kommt zu keinen Interaktionen zwischen den Arz neimitteln “ Laut Dr.in Fleck-Václavik ist aber darauf zu achten, dass die Mistel therapie zu einem geeigneten Zeitpunkt begonnen wird, wenn man die Möglich keit hat, die Patienten langsam an ihre ideale Mistelextraktdosis heranzuführen.

Fazit

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NACHGEWIESENE WIRKUNGEN DER MISTELTHERAPIE Wirkungen

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„E s gibt eine Reihe von guten kom plementärmedizinischen Optionen, die man problemlos einsetzen kann“, fasst Prof. Auerbach zusammen. „ Komple mentäre und klinisch-onkologische Behandlungen bilden letztlich eine Partnerschaft, sie vereinen das Beste aus allen Welten “ Das spiegele sich im Konzept einer integrativen Onkologie wider. Dr.in Fleck-Václavik fügt hinzu: „ D ie Misteltherapie stellt eine bewähr te und mit Studien sehr gut untermau erte Methode dar, mit der man sich aus einandersetzen sollte.“

Mag.a Marie-Thérèse Fleischer, BSc

Quellen:

1 Zhou JZ et al., JAMA Netw Open 2022; 5(2): e2148581.

2 Symposium „Neue Standards in der komplementären Krebstherapie. Erste S3-Leitlinie von Mistel, Selen & Co im deutschsprachigen Raum“ am 06.09.2022 in Wien.

3 Leitlinienprogramm Onkologie, S3-Leitlinie „Komple mentärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen“, Stand: 09/2021.

4 Bussing A et al., Eur J Cancer 1994; 30(12): P1836-41.

5 Tröger W et al., Eur J Cancer 2013; 49(18): P3788-97.

6 Schad F et al., PLoS One 2018; 13(8): e0203058.

Hausärzt:in pharmazeutisch
Wirkungen auf zellulärer Ebene Systemische
Aktivierung von natürlichen Killerzellen, Monozyten/Makrophagen, Granulozyten, Zytokinen
Steigerung der Zelldifferenzierung „ Verminderung der chronischen Entzündung
Angiogenese-Hemmung
DNA-Stabilisierung
Direkte Zytotoxizität und Apoptose
Mehr Appetit
Bessere Stimmung
Weniger Schmerzen
Weniger Fatigue

Schlank ohne Zwang

Mit Hypnose lassen sich unterbewusste Verhaltensmuster verändern

ger Fokussierung mit nach innen gerich teter Aufmerksamkeit – ähnlich dem des Tagträumens oder jenem des künstleri schen Schaffens, bei welchem kreative Impulse aus dem Inneren, sprich dem Unterbewusstsein, aufsteigen.

Viele Menschen haben den Wunsch, ihr Gewicht zu reduzieren, und machen bei entsprechenden Versuchen leider häu fig frustrierende Erfahrungen. Zahlreiche Diäten scheinen Wunder zu versprechen, doch das Geheimnis des Erfolges ist komplexer als eine reine Ernährungsumstellung und so vielschichtig wie die Ursa chen des Übergewichts selbst.

Aus ärztlicher Sicht gilt es zu nächst, mögliche körperliche Ursachen des Übergewichts, beispielswiese eine Schilddrü senunterfunktion oder Stoff wechselerkrankungen, auszu schließen oder gegebenenfalls zu behandeln. Ein besonderes Augen merk sollte aber auch auf die psychosozi ale Bedeutung des individuellen Essver haltens gelegt werden, denn Essen hat für jeden von uns – neben dem Genuss – noch andere wichtige Rollen.

GASTAUTOR:

Dr. Wolf-Dieter Nagl Arzt für Allgemeinmedizin, Psychosomatische Medizin und Medizinische Hypnose, Mödling

Langeweile vertreiben oder eine andere emotionale Leere füllen. Die übermä ßige Körperfülle kann als schützender Wall gegenüber Mitmenschen empfunden oder aber unter bewusst mit der liebenden Fürsorge der Großmutter assoziiert werden. Wenn sol che tiefsitzenden Muster für das Übergewicht mitverant wortlich sind, dann führt die reine Diät meist nicht zum gewünschten Erfolg. Hier kommt die Hypnose ins Spiel, da sie unbewusste Mechanis men aufzudecken und auch zu ändern vermag.

Ein „urnatürlicher“ Zustand

Im Rahmen der Hypnose werden die Patientinnen und Patienten angeleitet, die Aufmerksamkeit nach innen zu fo kussieren sowie Körper und Geist zu entspannen. Dadurch senken sich die Gehirnfrequenzen in den Alpha- und Thetawellenbereich ab und es entsteht ein Trancezustand, in dem innere Bil der sehr lebendig werden. Dieses innere Erleben wird als Erfahrung im Gehirn abgespeichert und kann somit das Un terbewusstsein verändern.

Das breite Einsatzgebiet der Hypnose

Auf diese Weise können vergangene Traumata, die sich tief ins Gehirn ein gegraben haben und fest verdrahtet scheinen, sich wieder lockern und oft gänzlich lösen. Andererseits lassen sich gewünschte Ereignisse und Gefühlszu stände in Hypnose durch die Vorstel lungskraft erleben. Dadurch werden neurologische Bahnen gelegt, die den

X HAUSÄRZT:IN-Buchtipp

Meist trainieren wir uns bereits im Kindesalter bestimmte Essensmuster ein, die uns ein Leben lang begleiten können. Essen kann dabei zum Freund in Zeiten von Einsamkeit werden, die

Häufig haben Menschen einen übermä ßigen Respekt oder sogar einen inneren Widerstand gegenüber der Hypnose, weil sie meist mit Vorurteilen behaftet ist. Dies betrifft sowohl Ärzte als auch Patienten. Dabei zählt die Hypnose zu den ältesten Behandlungsmethoden –sie wurde bereits von den alten Römern praktiziert. Zu vieles jedoch wird – vor allem im Fernsehen – über Menschen berichtet, die in Hypnose Dinge täten oder sagten, die sie eigentlich nicht woll ten. Auch dass man willenlos gemacht werden könne, die Kontrolle verliere oder dabei bewusst nichts mitbekomme, ist ein Mythos. Mit der Realität hat das nichts zu tun. Denn in Hypnose erlebt man schlichtweg einen Zustand geisti

Denke, was dein Herz fühlt Von Wolf-Dieter Nagl Kneipp Verlag Wien 2021

„Hypnose ist das direkte In-Kontakt-Treten des Wachbewusstseins mit dem Unterbewusstsein.“
Hausärzt:in extra 66 September 2022
© Achtsamkeits-Akademie Wien © shutterstock.com/ New Africa

Patienten später im Alltag zur Verfügung stehen, um neue und erwünschte Verhaltensweisen umzusetzen. Auch kann das Erzeugen innerer Bilder einige autonome Or ganfunktionen beeinflussen, die sich üblicherweise der wil lentlichen Ansteuerung entziehen. Ein einfaches Beispiel ist das Anregen der Speicheldrüsen, was durch die Vorstellung, eine Zitrone zu verzehren, bewusst erfolgen kann. Die Wahl der betreffenden Bilder ist dabei entscheidend für die Be einflussung der jeweiligen Körperfunktionen. Dadurch lassen sich mit Hypnose sowohl psychosomatische Beschwer debilder wie das Reizdarmsyndrom behandeln – als auch entzündliche Darmerkrankungen oder etwa die Migräne.

Abnehmen beginnt im Kopf

Jede Veränderung im menschlichen Handeln beginnt be kanntlich im Geiste. Und der Geist ist das, was das Gehirn tut. Er ergibt sich also aus der Summe aller neuronalen Ak tivitäten. Heute geht man davon aus, dass das Gehirn zehn Millionen Bits, also Informationseinheiten pro Sekunde, verarbeitet – das Wachbewusstsein hingegen lediglich rund 60 davon. Weit über 99 Prozent des Geistes werden also unterbewusst verarbeitet. Diese Prozesse reichen von automatisierten Bewegungsabläufen über Denk- und Ver haltensmuster bis hin zum gewohnten Gemütsempfinden. Wenn Menschen nun ihr Gewicht reduzieren möchten, müssen sie mehr oder weniger umfangreiche Änderungen ihrer Alltagsgewohnheiten vollziehen. Dies betrifft sowohl die Menge und Auswahl der Nahrungsmittel als auch die Frequenz oder Intensität sportlicher Aktivität. Nachhaltig kann dies nur gelingen, wenn man das Unterbewusstsein mit auf die Reise nimmt und unbewusste, dem Ziel wider läufige Muster verändert sowie die motivationalen stärkt. Durch Hypnose lassen sich Muster, wie sie oben beschrie ben wurden, aufspüren und modulieren.

Indikationen versus Kontraindikationen

Voraussetzung für eine erfolgreiche Hypnosebehandlung ist die Fähigkeit der Patienten, ihre Aufmerksamkeit für einen Zeitraum von 20 bis 40 Minuten zu fokussieren. Eine rela tive Kontraindikation besteht daher für Patienten mit De menz oder ausgeprägtem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom. Bei Menschen mit psychotischer Symptomatik und/oder entsprechender Medikation liegt je nach Ausprägungsgrad eine relative bis absolute Kontraindikation vor. Ansonsten sind so gut wie alle Patientinnen und Patienten für eine Behandlung mit Hypnose geeignet. Ein eindeuti ger Veränderungswunsch muss allerdings vorhanden sein, außerdem das Verständnis, dass Hypnose der Mitarbeit des Patienten bedarf und der Behandler nicht einfach „einen Schalter umlegen“ kann. Wenn hingegen ein klarer Verän derungswille besteht, der innere Schweinehund aber immer wieder zuschlägt oder alte Muster die Oberhand behalten, dann stellt die Hypnose eine sehr effektive Therapieform dar. Je nach Therapeut und Patient sollte man bei der Hyp nosebehandlung mit ein bis fünf Sitzungen rechnen. <

„Das Atomphantom als Klimaretter?“

Ein Expertenkommentar zu umweltmedizinischen Aspekten der Kernenergie

trag von 1993 verbietet nur, dass Fässer mit Atommüll im Meer versenkt werden. In Kürze will auch Japan riesige Mengen radioaktives Kühlwasser aus der Atom ruine Fukushima ins Meer leiten. Dort fallen pro Tag unvorstellbare 140 Tonnen an verstrahltem Wasser an. Aufgrund der spärlichen Datenlage sind die Folgen für die Meeresökologie und die Nahrungs kette unbekannt. Ein Umstand, der nur wenigen bewusst ist: Auch Binnenländer wie Österreich haben ein Anrecht auf Unversehrtheit und Schutz internationa ler Gewässer, denn Radioaktivität kennt keine Grenzen.

Fracking als potienzielle Gefahr

Aktuell sind wir mit einer Teuerungs rate, einer hohen Inflation, den Folgen einer Pandemie und diversen Kriegen und Konflikten – leider auch in nächster Nähe – konfrontiert. Dazu gesellt sich ein Klimawandel, der sich längst als Klimakrise manifestiert hat. Es erwartet uns eine „strahlende“ Zukunft, denn gerade die Klimaschutzdebatte hat zu einer Renais sance der Kernenergie geführt. So wird auch die Atomkraft von der Europäi schen Kommission als grüne und umwelt freundliche Energieform eingestuft. Ach tung – spätestens jetzt gilt es, wieder den Vernunftschalter umzulegen: Wollen wir wirklich die Büchse der Pandora öffnen?

Radioaktive Freisetzung

Betrachtet man den gesamten Ablauf – vom Uranabbau bis zur Endlagerung des Atommülls –, so führt der dafür not wendige Ressourcen- und Energieeinsatz die Klimafreundlichkeit ad absurdum. Was den Umgang mit dem radioaktiven Abfall betrifft, wird eine enorme Inter pretationsplastizität der Gesetzestex te angewandt. Beispielsweise spült die französische Wiederaufarbeitungsanlage La Hague jeden Tag ca. 400 Kubikmeter radioaktives Abwasser durch ein vier einhalb Kilometer langes Rohr in den Ärmelkanal. Ganz legal. Denn der Ver

Bedrohungsszenarien im Krieg

Die Nuklearkatastrophe von Fukushima war das folgenschwerste Atomunglück seit dem Unfall in Tschernobyl im Jahr 1986. Inzwischen sind seit dem Tscher nobyl-Super-GAU mehr als 35 Jahre vergangen. Während aufgrund der jahr zehntelangen Latenzzeiten nach wie vor über die Langzeitfolgen kontroversiell diskutiert wird, hat sich die unbewohnba re Sperrzone mittlerweile auf 4.300 Qua dratkilometer ausgedehnt. Die Wolken mit dem radioaktiven Fallout haben sich damals über weite Teile Europas und der nördlichen Hemisphäre verteilt, immer noch sind landwirtschaftliche Flächen und Waldgebiete radioaktiv belastet. Die Ukraine unterhält an vier Standor ten Atomkraftwerke mit insgesamt 15 Druckwasserreaktoren, wobei das AKW Saporischschja mit sechs Reaktoren das größte in ganz Europa ist. In Tscher nobyl sind zwar alle Reaktoren stillge legt, der schützende Sarkophag über dem Unglücksreaktor stellt aber eine vulnerable Struktur dar. Die AKWs im Konfliktgebiet können jederzeit durch Querschläge oder fehlgeleitete Raketen beschädigt, wichtige Sicherheits- und Versorgungsinfrastruktur durch Kampf handlungen beider Konfliktparteien funktionsunfähig gemacht werden.

Auch die – wegen der sich zuspitzenden Gaskrise erneut entfachte – Diskussion, mittels Frackings die Förderung von Gas aus Tausenden Metern Tiefe zu ermögli chen, muss ernsthaft hinterfragt werden. Und zwar unabhängig davon, ob Che mikalien oder eine „umweltschonende re“ Methode angewandt wird. Aufgrund der potenziellen Gefahr, Mikroerdbeben zu provozieren, gibt es in vielen Län dern mittlerweile ein Frackingverbot. In Kenntnis der in Österreich für das Fracking vorgesehenen Gebiete muss hinsichtlich der tektonischen Folgen auf ein apokalyptisch anmutendes Gefähr dungspotential hingewiesen werden: Den allerwenigsten mag bekannt sein, dass im Jahr 2011 der Beschluss für ein atomares Endlager in Mochovce und für ein ato mares Integrallager in Trnava unweit der österreichischen Grenze gefasst wurde.1 Die Folgen einer Freisetzung der dort gelagerten radioaktiven Stoffe durch ein Erdbeben würden ein Einzugsgebiet von mehreren Millionen Menschen in und um Österreich betreffen.

Gesundheitsverantwortung

Fatal sind die gesundheitlichen, ökologi schen und sozioökonomischen Folgen, wenn sich eine nukleare Katastrophe im Umfeld von Millionenmetropolen ereig net. Man denke hier auch an die poten ziellen Gefährdungen durch die technisch veralteten Kraftwerke in Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Slowenien, die teil weise keine hundert Kilometer von der österreichischen Grenze entfernt sind. Was nützen die beste medizinische Ver sorgung und das beste medizinische System, wenn Menschen ihren Lebens raum vernichten oder lebensfeindlich machen? Auch die Flucht auf andere Planeten und Galaxien ist keine Lösung beziehungsweise wird diese nur wenigen Menschen möglich sein.

Dr. Piero Lercher, Umweltmediziner und ÖÄK-Referent für Umweltmedizin.
FOKUS UMWELT Hausärzt:in Arzt Sicht Sache © Andrea Hausmann

Es ist daher nicht nur ein rasches Umdenken, sondern auch ein rasches Handeln gefordert. Letztendlich sind Maßnah men notwendig, die das Umwelt- und Klimabewusstsein stärken, sei es durch Motivation, sei es durch empfindliche Strafen und Sanktionen bei Nichtbefolgung. Dass die Atomenergie als geeignete klimaschützende Al ternative angepriesen wird, ist mittlerweile unvertretbar. Nach wie vor ist die Frage nach der atomaren Endlagerung weltweit ungeklärt, es gibt keine Versicherungen für Kern kraftbetreiber und keine verbindliche Rechtssicherheit in Haftungsfragen bei Katastrophenfällen für Betroffene. Ein sofortiger Ausstieg aus der Kernkrafttechnologie ist da her unabdingbar und muss umgehend erfolgen. Hinsichtlich der Energiegewinnung ist ein Umstieg auf umweltfreund liche, nachhaltige Energieformen empfohlen und es muss endlich offen angesprochen werden, dass von politischer und gesellschaftlicher Seite auch das Energiesparen forciert wer den sollte. Es sei explizit nochmals darauf hingewiesen, dass Atomkraft wegen der technischen Unbeherrschbarkeit keine umweltschonende Energieform darstellt, welche gefördert werden sollte. Atomenergie ist zudem aufgrund der Irrever sibilität bei Unfällen im Sinne der generationsübergreifenden Gesundheitsverantwortung gänzlich abzulehnen.

Referenz:

1 Umweltbundesamt: UVP Endlager Standort Mochovce, umweltbundesamt.at/ uvpendlager-emo (abgerufen am 17.8.22).

TIPPS FÜR BESORGTE PATIENT:INNEN

Vorbereitung für den Fall einer Nuklearkatastrophe

„ Einen Vorrat an lagerfähigen Lebensmitteln und Getränken anlegen, erwachsene Personen sollten pro Tag bis zu drei Liter Wasser trinken können.

„ Die Hausapotheke auf Vollständigkeit prüfen.

„ Hygieneartikel beschaffen.

„ Wichtige Dokumente und Unterlagen griffbereit in einer Mappe in einem Rucksack für den Bedarfsfall bereithalten.

„ Bargeld (auch in kleinen Scheinen) vorrätig halten.

„ Sich erkundigen, wo es einen möglichen Schutzraum gibt, für die Einrichtung eines Schutzraumes gibt es Fördermöglichkeiten.

Was im Ernstfall zu tun ist

„ Ruhe bewahren.

„ Aufenthalte im Freien meiden, Fenster und Türen verschlossen halten oder – falls möglich bzw. vorhanden – einen Schutzraum aufsuchen.

„ Vorsicht, bei Frischgemüse und Obst – auch aus dem Garten –besteht Kontaminationsgefahr.

„ Die Atemwege mit einer speziellen Schutzmaske, behelfsmäßig mit einer FFP3-Maske, schützen – diese später entsorgen.

„ Einen Schutzanzug tragen und den Haushalt bzw. den Schutzbe reich nicht mit kontaminierter Bekleidung betreten.

„ Kaliumjodidtabletten schützen speziell die Schilddrüse vor der Aufnahme radioaktiver Jodpartikel, sind jedoch nur unter speziellen Bedingungen indiziert und auch nur für spezielle Personen geeignet.

Weiterführende Informationen: Strahlenschutzratgeber des Bundesministeriums für Inneres: bmi.gv.at/204/Download/files/007_Strahlenschutzratgeber.pdf <

In der EU entwickelt und hergestellt

VLA2001: der erste inaktivierte COVID-19-Ganzvirusimpfstoff

Am 29. August gab Valneva die Auslie ferung seines inaktivierten COVID-19Ganzvirusimpfstoffs in Österreich be kannt. Dieser ist in der Europäischen Union zur Verwendung als Erstimpfung bei Menschen im Alter von 18 bis 50 Jahren zugelassen und für berechtigte Stellen über das Portal der Bundesbe schaffungs GmbH (BBG) abrufbar. Bei VLA2001 handelt sich nicht nur um den einzigen inaktivierten

COVID-19-Ganzvirusimpfstoff, son dern auch um das erste Coronavakzin mit Standard-Marktzulassung in der EU. Die Technologie basiert auf Val nevas bereits zugelassenem Impfstoff gegen Japanische Enzephalitis kom biniert mit zwei Wirkverstärkern. Die Phase-3-Studie zeigte, dass das Vakzin eine Immunreaktion gegen das SpikeProtein auslöste und außerdem gegen die M- und N-Proteine, welche (bisher

Awareness-Monat Blutkrebs

Innovative Therapien erhöhen die Chancen auf langes Überleben bei guter Lebensqualität

in der Pandemie) weniger anfällig für Mutationen sind.

Der COVID-19-Impfstoff kann im Kühlschrank (2 bis 8° C) gelagert wer den. Nach dem Öffnen der Ampulle kann VLA2001 sechs Stunden lang ver wendet werden. Nähere Informationen zur europäischen Zulassung finden Sie unter: covid19-vaccine-valneva.com

Der Monat September steht ganz im Zei chen von Leukämien, Lymphomen und dem Multiplen Myelom. Aus diesem An lass lud der Verein „L eben mit Krebs“ am 30. 8. zu einem Pressefrühstück in Wien. Im Fokus der Expert:innen-Vorträge

standen innovative Therapien der chro nisch lymphatischen Leukämie (CLL) und des Multiplen Myeloms. Zwei Bei spiele: Moderne Inhibitoren blockieren bei Patienten mit CLL bestimmte Protei ne, die für das Wachstum und Überleben der Krebszellen zuständig sind. Aufgrund überzeugender Studienergebnisse kom men sie zunehmend bereits als Erstlini entherapie zum Einsatz. Beim Multiplen Myelom ist die CAR-T-Zell-Therapie eine innovative Option – eine Immunthe

rapie, bei der den Betroffenen T-Zellen entnommen werden. Diese werden ver mehrt und genetisch so verändert, dass sie sich nach ihrer Wiedereinbringung in den Körper gegen Myelomzellen richten und diese eliminieren können.

Tipp: Am 26. 9. lädt der Verein zu einem Infoabend „Hämatologie“ in Wien. Auf der Website leben-mit-krebs.at finden sich Infos dazu. Die Vorträge werden nach der Veranstaltung online gestellt.

Quelle: Verein „Leben mit Krebs“

Hausärzt:in informativ 71September 2022
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IMPRESSUM

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Die HAUSÄRZT:IN – Praxis-Magazin für Primärversorgung –ist ein interdisziplinäres Informations- und Fortbildungsmedium.

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73September 2022
Familienmedizin –alle Lebenslagen Programm • Die gestörte Hautbarriere in unterschiedlichen Lebensphasen • Rheumatische Erkrankungen – von Jung bis Alt • Adipositas geht die ganze Familie an • Moderne Wundversorgung in jedem Alter • e-card System: neue Kartenleser und Update zum e-Rezept • Long-Covid: Biopsychosoziale Herausforderungen BdA Kongress Wien Samstag, 15. Oktober 2022 08.45 Uhr bis 16.30 Uhr Hotel Savoyen Rennweg 16 1030 Wien © shutterstock.com/NDAB Creativity Anmeldung www.arztassistenz.at Kosten Mitglieder: 75 € Nicht-Mitglieder: 95 € Programmänderungen vorbehalten zum Programm

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Hausärzt:in 09/2022 by RMA Gesundheit GmbH - Issuu