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Durch Bewegung LDL-C in den Griff bekommen?“

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Sport fördert die Gesundheit, senkt den Cholesterinspiegel jedoch nur marginal

© MedUni Wien/F. Matern

Assoc. Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Yvonne Winhofer-

Stöckl, PhD, Klinische Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel, MedUni Wien.

Die Datenlage überzeugt: LDL-C steht in kausalem Zusammenhang mit dem Risiko, atherosklerotisch kardiovaskuläre Erkrankungen (ASCVD) zu entwickeln – und wird das LDL-Cholesterin gesenkt, verringert sich das ASCVD-Risiko proportional zu der absolut erreichten LDL-C-Reduktion.1 Die Medikation für die Primär- und Sekundärprävention wird von den Patientinnen und Patienten jedoch vielfach nicht wie verordnet eingenommen. So liegen die Adhärenzraten diversen Studien zufolge bei weniger als 50 Prozent.1 Die Adhärenz sinkt mit der Behandlungsdauer, was besonders auf Personen zutrifft, welche im Sinne der Primärprävention eingestellt werden. Ein häufig angegebener Grund, die medikamentöse lipidsenkende Behandlung nicht beginnen zu wollen: „Ich möchte zuerst lifestylebezogene Maßnahmen ausprobieren. “1 Dass ausreichend Bewegung aus einem gesunden Lebensstil nicht wegzudenken ist, dürfte auch weiten Teilen der Bevölkerung klar sein. Aber lässt sich das LDL-C wirklich „wegtrainieren“? Im Gespräch mit der Hausärzt:in thematisiert Assoc. Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Yvonne Winhofer-Stöckl, PhD, Fachärztin für Innere Medizin, Endokrinologie & Stoffwechsel in Mattersburg und Wien, diese Fragestellung.

HAUSÄRZT:IN: Inwieweit lässt sich der LDL-C-Spiegel mit Bewegung tatsächlich senken?

Prof.in WINHOFER-STÖCKL: Ein gesunder Lebensstil, bestehend aus ausgewogener Ernährung und regelmäßiger körperlicher Aktivität, ist essenziell für die Prävention beziehungsweise Begleittherapie chronischer Erkrankungen. Das ist unumstritten. Auf das LDL-Cholesterin hat Bewegung aber nur einen marginalen Effekt, da es sich hierbei um ein Transportmolekül handelt, das sich – wenn es nicht in der Leber abgebaut wird – in den Arterienwänden ablagern kann. Beispielsweise wurde in zwei Chochrane-Reviews2,3 lediglich eine limitierte Evidenz bezüglich des Einflusses von Bewegung auf den LDL-C-Spiegel beschrieben, wenngleich etwa bei Yoga3 eine moderate statistische Heterogenität vorhanden war. Laut den aktuellen ESC-Leitlinien kann die Steigerung von regelmäßiger Bewegung das LDL-C um weniger als fünf Prozent senken – Übergewicht zu reduzieren, kann eine Auswirkung von fünf bis zehn Prozent haben.

Warum kann es gefährlich sein, den Beitrag von Bewegung für die Cholesterinsenkung zu überschätzen?

Heute wissen wir: LDL-Cholesterin ist kausal und kumulativ bei der Entstehung der Atherosklerose. Umgekehrt gibt es sehr gute Evidenz, dass eine deutliche Absenkung des LDL-C in den individuellen Zielbereich sowohl der Entstehung als auch der Progression der Atherosklerose entgegenwirkt. Gerade bei Menschen, die ein kardiovaskuläres Ereignis, etwa einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder peripheren Gefäßverschluss, hinter sich haben, liegt das LDL-C-Ziel bei < 55 mg/dl. Zudem wird empfohlen, bei Personen mit hohem und sehr hohem Risiko zusätzlich eine Reduktion von mindestens 50 % des Ausgangswertes anzustreben. Wenn ein Betroffener zum Beispiel ein Ausgangs-LDL-C von 100 mg/dl hat und mit Sport eine Senkung von weniger als zehn Prozent schafft, wird er rein mit dieser Maßnahme seinen Zielwert nicht erreichen.

Welche Behandlungsschritte braucht es sonst noch?

Die uns heute zur Verfügung stehenden lipidsenkenden Substanzen sind in der Lage, den LDL-C-Spiegel in den gewünschten Bereich zu bringen, jedoch nur, wenn die Patienten das verschriebene Präparat auch tatsächlich wie verordnet einnehmen.

Cholesterin Fake News vs. Fakten

Was sollte getan werden, um den Mythos „Durch Bewegung erreiche ich meinen Cholesterinzielwert“ zu entkräftigen?

Die Information, wie viel mit Sport oder Gewichtsabnahme tatsächlich erreicht – bzw. auch nicht erreicht – werden kann, ist wichtig. Wird das nicht klar kommuniziert, verzögert sich der Therapiebeginn. Hingegen sind die Patientinnen und Patienten in der Regel mit einer medikamentösen Behandlung einverstanden, wenn sie hinreichend aufgeklärt wurden.

Das Interview führte Anna Schuster, BSc.

Referenzen: 1 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias (plus Supplementary data). 2 Seron P et al., DOI: 10.1002/14651858.CD009387.pub2. 3 Hartley L et al., DOI: 10.1002/14651858.CD010072.pub2.

DAS WICHTIGSTE IN KÜRZE

Mit einer Bewegungssteigerung lässt sich das

LDL-C um weniger als 5 % senken – mit einem

Verlust von Übergewicht um bis zu 10 %.

Somit bedarf es häufig einer medikamentösen

Therapie, um das LDL-C in den gewünschten

Bereich zu bringen. • Werden Patient:innen nicht darüber aufgeklärt, verzögert sich der Behandlungsbeginn.

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