Hausärzt:in 04/2022

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Hausärzt:in pharmazeutisch

Herausforderung Polypharmazie

© Anditsch, privat

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Vor allem bei älteren Menschen: Ein Medikament kommt selten allein

Medikamente sind für viele Menschen den. Aber auch unter jüngeren Personen, vor allem jenen mit psychischen (lebens-)wichtig. Müssen mehrere ArzErkrankungen, findet man Polypharmaneien gleichzeitig eingenommen werden, kann der Schuss allerdings nach ziepatienten. Polypharmazie beeinflusst nicht nur die medikamentöse Behandhinten losgehen, weil sich gewisse lung der Patienten, sondern stellt auch Medikamente miteinander nicht verein ökonomisches Problem dar. tragen. Dadurch kann es zu verschiedenen unerwünschten Interaktionen der einzelnen Wirkstoffe und folglich Vier Arzneien, zu Symptomen kommen. Bei täglicher sechs Interaktionen möglich Einnahme von fünf oder mehr Medikamenten spricht die WHO von Mul„Schätzungen gehen davon aus, dass timedikation bzw. Polypharmazie oder etwa 6,5 Prozent aller stationären AufPolypharmakotherapie. Vor nahmen auf unerwünschte allem betrifft dies ältere MenArzneimittelereignisse zurückschen, da mit fortschreitenzuführen sind“, so Mag.a Martina dem Alter auch die MultimorAnditsch, Leiterin der Anbidität zunimmt. Ab dem 65. staltsapotheke am AKH Wien. Lebensjahr zählt ein Viertel „Studien zufolge sind zwischen der Bevölkerung zu den Poly30 und 70 Prozent dieser Unpharmaziepatienten. Bei den verträglichkeiten potenziell verüber 80-Jährigen ist es bereits meidbar. Von diesen mögliEXPERTIN: jeder Zweite. Bei dieser Percherweise abwendbaren EreigMag.a Martina Anditsch sonengruppe kommt hinzu, nissen werden etwa 60 Prozent Leiterin der dass die Nierenfunktion und auf unangemessene VerordAnstaltsapotheke des AKH Wien damit die Ausscheidung genungen zurückgeführt (bspw. inadäquate Dosierungen, Arzneimitwisser Arzneistoffe nachlässt. Dadurch telinteraktionen, Nichtbeachtung von können Nebenwirkungen verstärkt wer-

Kontraindikationen) – und etwa 20 Prozent auf mangelnde Therapietreue von Patienten.“ Generell gilt: Mit der Anzahl der verordneten Medikamente steigt auch das Risiko unerwünschter Wirkungen. Bei Einnahme von vier Arzneien sind sechs Interaktionen möglich. Bei zehn Medikamenten steigt das Wechselwirkungspotential auf 45. Eine Therapie mit mehreren Medikamenten ist nicht per se schlecht. Allerdings gilt es, die Balance zwischen unangemessener auf der einen Seite und einer für den Patienten relevanten Untertherapie auf der anderen Seite zu finden.

Verschreibungskaskaden vermeiden Personen mit Mehrfacherkrankungen, die zusätzlich indikationsbedingt bei mehreren Fachärzten in Behandlung sind, gehören zum hausärztlichen Alltag. Werden alle Krankheiten dieser Patienten einzeln leitliniengerecht behandelt, kann das eine unüberschaubare Fülle von Medikamenten zur >

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