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Myokarditis nach mRNA

Myokarditis nach mRNA-SARS-CoV-2-Impfung

Die Pathogenese ist derzeit noch unklar und wird intensiv erforscht

SerieKARDIO

Eine Myokarditis nach mRNA-SARSCoV-2-Impfung ist ein sehr seltenes unerwünschtes Ereignis. Diese Nebenwirkung wird häufiger bei jungen und vor allem männlichen Patienten beobachtet. Bei klinischem Verdacht ist eine sorgfältige Abklärung der Beschwerden mittels einer Labordiagnostik inklusive des Troponins, einer Echokardiographie und gegebenenfalls einer Herz-MRT indiziert. Rezente Studienergebnisse zeigen in der erweiterten Abklärung anhand einer Endomyokardbiopsie bei Patientinnen und Patienten mit eingeschränkter linksventrikulärer Ejektionsfraktion neben einer akuten Myokarditis in vielen Fällen alternative Ursachen, etwa chronische und abgeheilte Myokarditisformen sowie unspezifische Myokardschädigungen.1 Die Wirksamkeit und der Nutzen der mRNA-SARS-CoV-2-Impfstoffe wurden in zahlreichen Studien belegt und die SARS-CoV-2-Impfung stellt die

© shutterstock.com/ya_blue_ko wichtigste präventive Maßnahme in der globalen Bewältigung der COVID-19Pandemie dar.

Höheres Risiko durch Infektion als durch Impfung

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) wies erstmals im Juli 2021 auf ein gehäuftes, allerdings sehr seltenes Auftreten von Myokarditis- und Perikarditisfällen nach mRNA-SARS-CoV-2 Impfung hin.2 Diese seltenen unerwünschten Ereignisse kamen vorwiegend bei jüngeren männlichen Patienten vor. In Registerstudien aus Israel und den USA konnte dies bestätigt werden.3,4 Rezentere Studien belegen eine Myokarditisinzidenz von 2,1 pro 100.000 geimpfte Personen und von 10,7 pro 100.000 geimpfte männliche Personen in einem Alter von 16 bis 29 Jahren.5 Die Myokarditis trat häufiger nach der zweiten Impfung auf, sie verlief bei 76 % der Patienten mild und bei 22 % intermediär. Eine fulminante Myokarditis wurde nur bei einer von insgesamt 2,5 Millionen geimpften Personen beschrieben.5 Bei einer COVID-19-Erkrankung bzw. einer Infektion mit SARS-CoV-2 hingegen zeigte sich ein 18-fach erhöhtes Risiko einer Myokarditis im Vergleich zur Normalbevölkerung – nach einer mRNASARS-CoV-2-Impfung ein nur dreifach erhöhtes Risiko.6

Sicherheitsmonitoring und Reporting fortführen

Die Pathogenese von mRNA-SARSCoV-2-assozierten Myokarditisfällen ist derzeit noch unklar und wird intensiv erforscht. Als Ursache wird die Induktion von inflammatorischen Zytokinen durch antiidiotypische Antikörper diskutiert.7 Wichtig erscheint, ein Sicherheitsmonitoring und ein standardisiertes AUTOR:: OA Dr. Daniel Kiblböck Reporting von unerwünschten Ereignissen nach SARS-CoV-2Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin, Kepler Impfung fortzuführen, um damit Risikogruppen zu defiUniversitätsklinikum, nieren und daraus Empfehl-Linz ungen für die weltweite SARSCoV-2-Impfkampagne abzuleiten.

Fazit

Zusammengefasst ist derzeit bekannt, „Lediglich bei einer von dass Myokarditisfälle nach mRNAinsgesamt 2,5 Millionen geimpften Personen SARS-CoV-2-Impfungen insgesamt sehr selten vorkommen und überwiegend jüngere – vorwiegend männliche – Patiwurde eine fulminante enten betreffen. Eine sorgfältige AbkläMyokarditis beschrieben.“ rung mittels einer Laboruntersuchung inklusive des Troponins, einer Echokardiographie und einer Herz-MRT ist für die Diagnose einer mRNA-SARSCoV-2-assoziierten Myokarditis notwendig. Gegebenenfalls kann bei einer eingeschränkten Linksventrikelfunktion eine erweiterte Diagnostik mit einer Endomyokardbiopsie indiziert sein. Die Nutzen-Risiko-Bewertung für mRNASARS-CoV-2-Impfstoffe belegt eindeutig ihren positiven Effekt als wichtigste Präventivmaßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie.

Kardiale Vorschädigung als möglicher Trigger?

Unsere rezent im ESC Heart FailureJournal publizierte Fallserie untersuchte 24 Patienten mit klinisch suszipierter Myokarditis nach mRNA-SARSCoV-2-Impfung (22 männlich, medianes Alter: 30 Jahre).1 Die Diagnose wurde durch myokarditistypische Symptome wie Fieber, Abgeschlagenheit, verbunden mit thorakalen Schmerzen sowie mit erhöhten Entzündungsparametern und seriell erhöhten hochsensitiven Troponin-Werten, gestellt. Des Weiteren fanden sich bei diesen Patienten pathologische Befunde in der Echokardiographie und bei der Herz-MRTUntersuchung. Die linksventrikuläre Ejektionsfraktion lag im Median bei 48 %. In der Endomyokardbiopsie zeigten sich eine akute lymphozytäre Myokarditis bei fünf (21 %), eine chronische Myokarditis bei sechs (25 %), eine abgeheilte Myokarditis bei sechs (25 %), eine kardiale Sarkoidose bei einem (4 %) und unspezifische Myokardschädigungen unklarer Ätiologie bei sechs (25 %) Patienten. Mithilfe viraler PCR konnte bei sechs Patienten (25 %) ein Virennachweis (humanes Herpesvirus 6, Parvovirus B19, Ebstein-Barr-Virus) im Myokard erbracht werden. Bei 75 % der Patienten war der Virusnachweis negativ. Diese Ergebnisse bedürfen einer sorgfältigen Analyse und es muss diskutiert werden, ob der zeitliche Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Myokarditis und der zuvor erfolgten mRNASARS-CoV-2-Impfung auch notwendiger weise einen kausalen Rückschluss zulässt. Es ist in Betracht zu ziehen, dass möglicherweise eine kardiale Vorschädigung einen Trigger bei diesen Myokarditisfällen darstellt.

Referenzen: 1 Kiblboeck D et al., ESC Heart Failure. 2021. doi: 10.1002/ehf2.13791. 2 European Medicine Agency. Comirnaty and Spikevax: possible link to very rare cases of myocarditis and pericarditis. 2021, July 9th: ema.europa.eu/en/news/ corminaty-spikevax-possible-link-very-rare-casesmyocarditis-pericarditis 3 Ministry of Health. Surveillance of myocarditis (inflammation of the heart muscle) cases between

December 2020 and May 2021 (including). June 2021: gov.il/en/departments/news/01062021-03 4 Montgomery J et al., JAMA Cardiol. 2021 Oct 1;6(10):1202-1206. 5 Witberg G et al., N Engl J Med. 2021 Dec 2;385(23):2132-9. 6 Barda N et al., N Engl J Med. 2021 Sept 16;385(12):1078-90. 7 Murphy WJ, Longo DL. N Engl J Med. 2022;386:394-6.