Einblicke in das Gedichtbändchen für ihre Tochter Louise
Meinem lieben Nanni*, auf den Tod seines theuren Bruders. Wenn Geliebte von uns scheiden, Wenn nach langen schweren Leiden Sich ihr müdes Auge schliesst, Stehn wir da mit tiefen Schmerzen, Doch auf die verwundten Herzen Stiller Frieden niederfliesst. Sehn wir auf das stille bleiche Antlitz der geliebten Leiche, Welche Ruhe schauen wir! Jeder Seufzer ist verklungen, Jeder Kampf ist ausgerungen, Friede nur schwebt über ihr. Und wir können nicht mehr klagen, Jedes muss voll Sehnsucht sagen: Ach, ich möchte auch so ruhn!
* Näni, Nani, Nanni für Grossmutter
Hätt auch ich so überwunden, Und im Tode Ruh gefunden, O wie wohl, wie wohl wird’s thun! Ja es zeigt ein gläubig Hoffen Uns die ew’ge Heimath offen, Den entbundnen Geist verklärt; Wie er frei von jedem Leide, Nun geniesst des Himmels Freude, Eine Lust die ewig währt. Nein, von ihrem reinsten Glücke Wünschen wir sie nicht zurück [e], Auf die trübe Erdenwelt. Nein wir alle wünschen lieber Uns zu ihnen dort hinüber, In die Heimath jener Welt. Doch der Herr giebt Kraft zu tragen, Was auch in den Erdentagen Seine Weisheit uns bestimmt; Darum lasst uns muthig wandeln, Christlich leben, christlich handeln, Bis er uns hinüber nimmt.
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