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Am Sonnabend Die Woche ist verflossen, Und mit ihr Freud’ und Leid; Des Guten viel genossen Hab’ ich in dieser Zeit.
Zur Arbeit reichen Segen Gabst du mir, guter Gott! Auf deiner Güte Wegen Fand ich mein täglich Brod.
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Vor jedem Unfall schützte Mich deine Vaterhand; Und was mir immer nützte, Hast du mir zugewandt.
Wie füllt sich mein Gemüte Mit neuer Lebenslust. Nimm hin, du Gott der Güte, Den Dank aus treuer Brust!
Hab ich gefehlt, verzeihe Mir, Vater, meine Schuld! Und schenke mir aufs Neue, Herr, deine Gnad’ und Huld.
Gern möchte’ ich dir nur leben, Dir weihen jeden Tag, Geduldig mich ergeben, Wie’s auch noch kommen mag,
Die Kirchenglocken schallen Am Morgen nah und fern, Und leb’ ich, will ich wallen Gern in das Haus des Herrn. Doch wenn der Herr es wollte, Der Alles wohl bedacht, Dass ich schon sterben sollte, Noch eh der Morgen lacht:
So will ich mich ergeben, Mit wahrem Christenmut, Zum Sterben oder Leben; Gott meint es ewig gut.155
Sprache
Dass im Gedicht über die «Guitarre» diese dem Reim geschuldet als «Laute» bezeichnet wird, haben wir schon gehört. Auch dass im Gedicht «Der Sonntag Morgen» die erste Zeile heisst: «Die Sabat Glocken schallen» statt «Sonntagsglocken»156. Zwar hätte «Sonntag» auch nur zwei Silben mit einer Hebung auf der ersten und würde so weder Rhythmus noch Versmass stören.
Es gibt auch andere ungebräuchliche Begriffe, über die man als Leserin oder Leser zunächst stolpert. Etwa wenn es heisst: «Und lass auch sie auf deinen Wegen wallen;» Die Erklärung ist aber einfach: Früher wurde «wallen» auch im Sinne von «gehen» oder «pilgern» verwendet. Im Wort Wallfahrt ist diese Bedeutung noch enthalten. Solche Irritationen sind sprachgeschichtlichen Ursprungs. In diese Kategorie gehören auch «würdiglich» im heutigen Sinne von «würdevoll», «treulich» im Sinne von «getreu» oder etwa «tröstvoll» im Sinne von «voll des Trostes». Auch die Aufforderung, miteinander «vertragsam» zu sein, tönt in unsern Ohren reichlich veraltet. All diese Begriffe sind in der Zwischenzeit aus der Mode gekommen oder ganz verschwunden.
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Hingegen scheinen die Begriffe wie «Schmerzgedränge», «Vaterhuld», «Himmelslichter» oder der «erblasste Mund» und der Himmel, der «sich wölkt» eher poetische Wortschöpfungen im Sinne dichterischer Freiheit zu sein.
In der Berkmüller’schen Hinterlassenschaft befindet sich eine Rechnung der Buchhandlung Beyel von Frauenfeld für ein Schweizerisches Fremdwörterbuch. Zwar ist die Rechnung auf einen Kreisgerichtssuppleanten Wiesmann in Wängi ausgestellt. Ob die Berkmüllers das Buch von ihm übernommen haben? Denkbar wäre es.
Insgesamt finden wir bei Katharina Berkmüller einen relativ begrenzten Wortschatz. Das mag mit ihrer – weiter oben ausgeführten – literarischen Sozialisation in ihren frühen Jugendjahren zu tun haben. Die Fokussierung auf allerhand Unbill des Lebens und deren Bewältigung mittels eines tugendhaften und gottesfürchtigen Lebenswandels führt konsequenterweise zu einer gewissen Verengung des Vokabulars. Auch die Beschränkung auf Poesie mit Versmass und Reimen mag bestimmten Wiederholungen förderlich sein.
Wir haben uns die Mühe genommen, das Vokabular aller 72 Gedichte im Bändchen «Zum Andenken der lieben Luise» mit einer speziellen Software zu analysieren und die 100 am häufigsten vorkommenden Wörter auszuzählen. Um hier nicht allzu sehr in die Details zu gehen, wurden ähnlich verwendete Wörter zu Clustern zusammengefasst.
Rechnung der Frauenfelder Buchhandlung Beyel für ein Schweizerisch Fremdwörterbuch zum Preis von f. 2.–. Inv.Nr. B510.R30. Ortsmuseum Wängi.
Anzahl Nennungen
still 18/Stille 15/stillen 13/stiller 9/ruhig15/Ruh 11 Liebe 28/lieben 36/liebes 8 Herz 48/Herzen 21 Schmerz 26/Leiden 14/Sorgen 7/Not 12/klagen 10 Erde 15/Erden 10/Welt 25/hienieden 10 Freude 13/Freuden 18/Lust 12/erfreun 7/freundlich 8 Grab 13/Grabe 11/Tode 7/Himmel 16/Ziel 11 Gott(es) 12/Vater 22/Herr 12/(Heiland 8) Glück 16/glücklich 14/froh 13/zufrieden 7 stets 25/ewig 13/immerdar 7 Leben 26/Lebens 9/lebt 8 Seele 18/selig 13/Geist 11 seh 13/sehn 15/sieht 9 einst 36 Kind 20/Kindlein 14 Nacht 15/Sturm 8 schlafe 10/schlafen 11 treu 21 schöne 11/schönen 9 Tränen 11/traurig 8 Mutter 16 Trost 14 fromm 14
81 72 69 69 60 58 58 46 (8) 50 45 43 42 37 36 34 23 21 21 20 19 16 14 14
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