ANDERE ZÜNFTE UND GESELLSCHAFTEN
Eine einzigartige Vorfasnachtstradition wird 100-jährig:
Das legendäre Männer-Gnagiessen der Gnagi-Zunft Luzern
Der amtierende, erst vierte Gnagivater Hans Pfister bei seiner Festansprache.
Es ist in der Art eine unvergleichliche Institution in der Vorfasnachtszeit in Luzern, und diese feiert 2021 ihren 100. Geburtstag. Beziehungsweise: Sie würde dies feiern! Der hundertste Gnagi-Frass der 1921 gegründeten Gnagi-Zunft Luzern wird
Text_ Peti Federer Bilder_ Heinz Steimann
demnach erst 2022 stattfinden. Eine ehrfürchtige Huldigung.
Es gibt Anlässe, die nur schon dank dem wohlklingenden Namen Legendenstatus erreicht haben. Wenn die Mannen der Gnagi-Zunft schon vor Jahrzehnten zum Gnagi-Verzehr gerufen haben, kamen die Herrschaften, sprich: Gnagibrüder, in Strömen herbei. Wobei dies früher wohl einiges beschaulicher ablief.
Die Gnagi-Zunft wurde 1921 von Sakristanen gegründet. Kurz zur Begriffserklärung: Ein Sakristan ist gemäss Lexikon ein Kirchendiener – in der Deutschschweiz auch Sigrist genannt –, der in Diensten der Kirche steht. Die Kirchenbediensteten der Pfarrei St. Leodegar im Hof Luzern trafen sich seinerzeit im benachbarten katholischen Gesellenhaus und späteren Restaurant Kolping zu diesem Essen. Der Tag dieses Essens ist ebenso fix: immer montags zehn Tage vor dem SchmuDo. Und: Die Stadtmetzgereien offerierten die Schweinshaxen oder eben Gnagis als Dankeschön für die Dienste der Sakristane. Erst vier Gnagiväter in hundert Jahren Der Zunftmeister der Gnagi-Zunft ist der Gnagivater und ist auf Lebzeiten ernannt. Von 1921 bis 1961 führte Julian Roos, Sakristan der Kapellkirche HAUPTSACH FASNACHT – DAS MAGAZIN DER LOZÄRNER FASNACHT
St. Peter, die Gnagi-Zunft an. Bei ihm wurde während dieser sagenhaften vierzig Jahre vor dem Gnagischmaus noch zweimal gebetet. Zu seinem Nachfolger für die Jahre 1961 bis 1996 wurde Jules Willi gewählt, Sakristan der Pfarrei St. Josef im Maihof. Offenbar wurde während seiner Regentschaft 1978 der Versuch eines Wyber-Gnagiessens eingeführt. Gnagivater Nr. 3 wurde der stadtbekannte Blumenhändler und Grossstadtrat Ruedi Bürgi. Er war bereits seit 1966 als Gnagibruder mit dabei, später als Revisor, und zeichnete sich von 1996 bis 2014 mit unvergleichlicher Eloquenz aus. Seit 2015 schwingt der langjährige Schatzmeister Hans Pfister als erst vierter Gnagivater das Zepter der Gnagi-Zunft. Der heutige Zunftrat konstituiert sich neben dem Gnagivater aus dem Landschreiber Guido Jacopino sowie dem Herold (Fähnrich) Hans Ochsenbein. Und mit dem Vize-Gnagivater Seppi Schärli, welcher während über zwanzig Jahren als Kirchensigrist in Littau amtete, wird die Tradition der Sakristane weitergeführt.
121