
4 minute read
VON HARNISCHSCHAUEN BIS FRITSCHIUMZÜGE
Die Fasnachtsumzüge gehören zu den Höhepunkten der Lozärner Fasnachtstage. Seit wann aber gibt es Umzüge und wie haben sich diese im Verlauf der Jahrhunderte entwickelt und verändert?
Advertisement
Peti Federer Text_ Archiv Bilder_
Zehntausende Fasnächtler säumen heute die Fasnachtsumzüge.
BILD MITTE Der Fritschikopf, ein Trinkgefäss der Zunft zu Safran von ca. 1550 –dies befindet sich noch heute im Zunftschatz.
Die Fasnacht geht in unseren katholischen Gebieten bis ins 13. und 14. Jahrhundert zurück. Der Begriff Fasnacht, früher «Fastnacht» stammt vom mittelhochdeutschen «vastnaht», was auf auf die Zeit «vor dem Fasten» hindeutet, also die vierzigtägige Fastenzeit ab Aschermittwoch. Ähnliches gilt auch für den Begriff Karneval: Vermutlich geht der Wortstamm auf das Lateinische «carne levare» zurück, was auf «Fleisch wegnehmen» und die fleischlose Fastenzeit hinweist. Vor der Fastenzeit wurde nochmals üppiger gegessen und getrunken, aber auch getanzt und gefeiert. Diese Tanzfreude belegt ein Auszug aus dem ältesten Ratsbüchlein (ca. 1300 bis 1402) im Text Nr. 17 mit «... ouch ist der Rat überein komen, daz nieman sol in der stat nach der aue Marie gloggen tanzen noch gigen ...», dass also nach dem Läuten der Maria-Glocke bei Nachteinbruch das Tanzen und Musizieren eingestellt wurde.
Von der Harnischschau ...
In frühesten Beschreibungen der Umzüge, damals «Fritschizüge» genannt, wird Anfang der 1500er Jahre von der Gewohnheit der Fritschigesellschaft (später Zunft zu Safran) berichtet, dass sie den Bruder Fritschi am SchmuDo in ihrem Harnisch mit Bannern, Pfeifen, Trommeln und allerhand Belustigungen in die Stadt geführt haben. Um den wehrpflichtigen Bürgern diese Landsknechtumzüge in Erinnerung zu rufen, zogen vier Fritschiamtsleute – der Fritschihauptmann, der Fritschivenner mit Banner, Bruder Fritschi und der Fritschikopfträger – an der Usgüüglete um 9 Uhr mit Trommlern und Pfeifern mit dem mit Wein gefüllten Fritschikopf durch die Stadt. Der Fritschikopf ist ein grosses, hölzernes Trinkgefäss in Form eines Doppelbechers – dieses von ca. 1550 stammende Gefäss befindet sich noch heute im Zunftschatz. Der nachmittägliche Fritschiumzug begann bei der Hofkirche und führte durch die Hertensteinstrasse, die Weggisgasse bis vor das Zunfthaus der Gesellschaft zum Fritschi. Dieses befand sich erst in der Kleinstadt «am Platz» nahe der Jesuitenkirche, ab 1589 beim heutigen Hotel Des Balances. Die jungen Männer, Lehrlinge und Schüler, die an der Spitze des Umzuges teilnahmen, erhielten in den Trinkstuben der Zünfte vom Rat gespendeten Wein, bis Ende des 16. Jahrhunderts wegen unschöner Auswüchse und Unfälle
dieser Brauch abgestellt wurde. Als gegen Ende dieses Jahrhunderts die Kriegsgefahr zurückging und ruhigere Zeiten anbrachen, nahm man die Söldnerumzüge nicht mehr so ernst. Zunehmend begannen sich Maskierte unter die Waffentragenden zu mischen, wodurch der grosse Rat Mühe hatte, Maskeraden und Mummenschanz unter Kontrolle zu bringen. Den Ratsherren missfiel insbesondere, dass die jungen Männer «... in wybs und andere unzüchtige Chleider an thun ...».
... zu den Schauumzügen mit Prunkwagen im 18. und 19. Jahrhundert
Als 1713 auch die Harnischschau abgeschafft wurde, führte der Rat als Ersatz den alten «frütschi umzug» wieder ein. Von jetzt an war er ein eigentlicher Fasnachtsumzug, der vor allem unter der Federführung der Zunft zu Safran, ab 1819 von der Maskenliebhaber-Gesellschaft und ab 1892 von der Fidelitas und von anderen Gesellschaften gestaltet und durchgeführt wurde. In Italien war es seit dem antiken Rom Tradition, sogenannte «Trionfi» oder Siegeszüge mit farbenprächtigen Wagen durchzuführen. Die Renaissance im 16. Jahrhundert liess diese Triumphzüge mit verkleideten, maskierten Gruppen der Commedia dell’Arte und mit stolzen Militärparaden wieder aufleben. Luzern pflegte durch die Lage an der Gotthardroute seit je gute Beziehungen zu den oberitalienischen Städten und so war es kein Zufall, dass diese Prunkwagen die Lozärner Fasnacht beeinflussten und prägten. 1749 fand der erste Umzug dieser neuen Art unter dem Motto «Das goldene Friedensjahr» statt, aus dieser Zeit stammt das älteste in Luzern vorhandene Programm eines Fasnachtsumzuges.
Häufig wurden an den Umzügen Darstellungen aus Geschichte und Mythologie gewählt, um dem «einfachen Volk» eine etwas höhere Kultur beizubringen. Einige Beispiele von Umzugsthemen: die sieben Planeten und zwölf Himmelszeichen (1813), die sieben Todsünden (1814), die Handwerke nach dem Alphabet (1829), Einzug des Prinzen Carneval (1852), die vier Jahreszeiten (1858), die Indianer (1863), Dichtung, Sage und Wahrheit (1870), Bilder aus Ägypten (1888).
Guuggemusigen prägen die Umzüge
Nach 1925 und mit der späteren Gründung der Wey-Zunft gab es nicht nur den Fritschiumzug am SchmuDo, sondern einen Umzug am Güdismäntig (siehe 70 Jahre LFK). Dieser Umstand, man könnte von einer Konkurrenzsituation sprechen, tat der qualitativen Entwicklung beider Umzüge keinen Abbruch – im Gegenteil. Mit der Gründung des Fasnachtskomitees 1951 wurden die Umzüge gemeinsam organisiert und waren inhaltlich, mit wenigen Ausnahmen, identisch. Diese Umzüge hatten nebst vielen kreativen Nummern ein neues Highlight: Ab Anfang der 1950er Jahre prägten die Guuggemusigen das Umzugsbild und so auch die Fasnacht mit.

Die Umzugsroute hat sich allerdings erheblich verändert, wie ein Blick auf die Strecke des Fritschiumzuges von 1952 verrät: Bruch- und Baselstrasse, Hirschengraben, Pilatusplatz, Obergrundstrasse, Moosegg, Habsburger- und Winkelried-
strasse, wieder Pilatusstrasse, Bahnhofplatz, Seebrücke, Schweizerhofquai, Alpen- und Hertensteinstrasse, Falkenplatz, Grendel (Kapellplatz nur für den Fritschiwagen), Seebrücke, Bahnhofstrasse und Auflösung beim Hirschengraben. Die heutigen Umzugsrouten sind noch halb so lang.
Seit 1969 wird der Lozärner Fasnachtsumzug live vom Fernsehen übertragen. So konnten Zehntausende von Schweizern einen Eindruck der Tradition der Lozärner Fasnacht gewinnen. Aber live dabei sein ist alles, so säumen bis zu fünfzigtausend Fasnächtler die Umzugsstrecken und bestaunen die vierzig Nummern. Auch wenn sich vieles in der Fasnacht verändert und weiterentwickelt hat, eines ist wohl seit je unverändert: die einzigartige Kreativität und Festfreudigkeit der Lozärner Fasnächtler – im Spiegel der Entwicklung der Fasnachtsumzüge!
Fritschiumzug 1852 mit dem Einzug des Prinzen Carneval.

Guuggemusigen prägen die Fasnachtsumzüge, wie hier 1952 die «Original Luzerner Guggenmusig 4711».