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FASZINATION DER KRIENSER MASKEN

Michael Eicher mit typischen Krienser Holzmasken.

Schon seit Kindsbeinen von den Krienser Masken fasziniert!

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Träumten andere Jungs im gleichen Alter von Helden wie Superman, war Michael Eicher von ganz anderen – durchaus furchterregenden – Figuren begeistert: den Krienser Masken. Rrrrrrrrrhhhh...!

Im modernen Wohnquartier in Kriens erwartet der Besucher viel, aber eher nicht diese Überraschung in Michael Eichers Keller: Er besitzt eine der wohl grössten und umfassendsten Sammlungen der traditionellen Krienser Holzmasken. Diese Begeisterung packte ihn schon als kleiner Bub, obwohl ihn beim Auftritt dieser gurrenden Figuren wie des Bärnerwybs oder des Krienser Deckels irgendetwas zwischen Faszination und Angst beschlich. Aufgewachsen ist der 1985 geborene Eicher zwar in Littau, als er im

Alter von zehn Jahren von seinem Vater eine erste Holzmaske geschenkt bekam, war’s um ihn geschehen: Seit 1996 ist er nun Mitglied bei den «Original Krienser Maske». Traditionelles Krienser Masken-Brauchtum Zurück zu den Krienser Masken. Von der TraText_ Peti Federer Bilder_ Heinz Steimann dition dieser Holzmasken wird bereits Anfang der 1800er Jahre berichtet. Dem Ende des 18. Jahrhundert geborenen Gallus Rüttimann wird die Ehre zugesprochen, der wohl erste Krienser Maskenschnitzer zu sein – ob der diese Masken selber geschnitzt oder nur gesammelt hat, ist nicht schlüssig geklärt. Diese Tradition der aus Lindenholz geschnitzten Masken wurde unter anderem vom Lehrer Franz Schütz (1900–1989) gefördert: Die Oberschüler durften jedes Jahr bei ihm eine Maske schnitzen. Grundsätzlich wird zwischen Charakter- und Schreckmasken unterschieden.

Bei der Charaktermaske sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt; diese «Charakter-Grende» wirken denn auch eher fröhlich, verschmitzt, bauernschlau – so erkennbar in traditionellen Figuren aus dem Bauernstand wie Korber, Mauser, Güggelipeter, Wöschwyb oder Bärnerwyb. Bezeichnend für die Schreckmasken sind grosse, runde Augen, ein schielender Blick auf die Nasenspitze, hervortretende schwarze Augenbrauen, eine lange spitze Nase, ein stark hervorstehendes spitzes Kinn und eine vorstehende Unterlippe mit einer Reihe Unterkieferzähnen. Diese Masken werden vor allem vom bekannten Krienser Deckel und vom Buuremaa getragen, früher auch vom Bärnerwyb.

Intrigieren – das Spiel mit dem Publikum

Diese Vielfalt an Masken und Figuren begeistert Michael Eicher. Keine Maske ist wie die andere, die von Hand geschnitzten Kunstwerke weisen immer einzelne individuelle Züge auf. Mit seiner 1980 gegründeten Gruppe der Original Krienser Maske pflegt er dieses Brauchtum mit der Vielfalt dieser

Figuren, sie spielen vor allem mit dem Publikum – beim sogenannten «Intrigieren». Auf eine Lieblingsfigur oder -maske angesprochen, schmunzelt Michael Eicher. Es könne an einem SchmuDo durchaus sein, dass er bei der Tagwach, beim nachmittäglichen Fritschiumzug und abends beim Intrigieren in den Beizen drei verschiedene Kostüme trage.

Seine beeindruckende Maskensammlung umfasst mittlerweile über 400 verschiedene Masken. Die Begeisterung dieser Tradition mit der Einzigartigkeit und Individualität der Holzkunstwerke ist greifbar, weiss Michael Eicher zu fast jeder Maske eine Geschichte oder eine Episode zu erzählen. Einzig: Das Talent zum Maskenschnitzen sei ihm nicht vergönnt gewesen; umso mehr bewundere er die Arbeiten von bekannten Schnitzern wie Alois Blättler, Toni Meier, Robert Bucher, Seppi Schnyder, Josef Wolf oder Alois Peter. Auch um die Zukunft dieser Maskentradition macht sich Michael Eicher keine Sorgen: Die Krienser GalliZunft (nomen est omen: Sie nennt sich «Brauchtums-Gesellschaft seit 1922») organisiert seit 1973 Maskenschnitzkurse. Michael Eicher erwähnt dies, schlüpft in eine Schreckmaske mit dem typischen «Rrrrrrrhhhhh...».

Typische Krienser Maskenfiguren

Das Wöschwyb: Das alte, ursprüngliche Wöschwyb trägt typischerweise eine Jacke der 1900er Jahrhundertwende, mit dunklem Rock und buntem Unterrock, einer Halbschürze sowie einem bunten Kopftuch. Das neue Wöschwyb kleidet sich in rot-weissem oder blau-weissem Kölsch-Muster, mit gleichfarbigem Kopf- und Halstuch und einer weissen Schürze. Der weisse Spitzenunterrock wird dem Publikum zur Schau gestellt, um quasi die «saubere Wäsche» zu präsentieren. Beide Wöschwyber tragen eine Charaktermaske mit verschmitzten, vielwissenden Gesichtszügen und schleppen natürlich einen Wäschekorb oder ein Waschbrett mit sich.

Das Bärnerwyb und das Buurewyb: Historisch eine Marketenderin, die jeweils den Rock hebt, um die Männer zu bezirzen. Typischerweise gekleidet in einer Art Berner Tracht. Früher häufig mit Schreck-, heute ebenso mit Charaktermaske getragen.

Der Krienser Deckel (auch Teckel) und der Buuremaa: Der Krienser Deckel fällt vor allem aufgrund seiner markanten Kopfbedeckung, einer 80 bis 120 cm langen Holzrinde – oder eben Deckel – auf. Gewandet ist der Deckel in einen blauen Militärmantel, der an die napoleonische Zeit erinnert. Der Buuremaa trägt einen Schlapphut, ist weiss gekleidet mit rotem Gilet, und den Rücken ziert ein Tierfell. Mit ihren Schreckmasken und einem langen Holzknüppel, den sie mit sich schleppen, jagen beide Figuren Angst und Furcht ein.

Impressionen aus der beeindruckenden Sammlung von Michael Eicher.

Die Karnöffelzunft Willisau

Die typischen Zunftfiguren der Karnöffelzunft im Städtli Willisau. Willisau hat eine lange Fasnachtstradition, die bis ins frühe 16. Jahrhundert zurückreicht. Die eigentliche Zunftgründung erfolgte am 16. Januar 1891. Nach einem zwischenzeitlichen «Abtauchen» fand am 2. März 1949 die Neugründung statt. Seither entwickelte die Zunft eine rege und erfolgreiche Tätigkeit, die auch öffentlich anerkannt wird: Im Jahr 2012 verlieh die Stadt Willisau ihren Kulturpreis an die Karnöffelzunft «für ihre Verdienste in der Erhaltung und die Erneuerung fasnächtlichen Brauchtums zugunsten der ganzen Bevölkerung». Als eine der wenigen Schweizer Zünfte ist die Karnöffelzunft seit 1985 Mitglied der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte (VSAN) und pflegt einen regen Austausch mit süddeutschen Zünften, die in internationalen Narrentreffen gipfeln.

Die Kostüme der Zunft stellen das Karnöffelspiel – auch Kaiserspiel genannt – dar, welches im 15. und 16. Jahrhundert sehr verbreitet war und in unserer Gegend bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts gespielt wurde. Die Zunft hat das Spiel nach alten Regeln wieder zum Leben erweckt. Einmal im Monat treffen sich einige Mitglieder zum Karnöffeln. Im Jahr 2000 wurden auf Basis der im Original noch bestehenden Willisauer Karnöffelspielkarten neue Gewänder angefertigt. Jeder Zünftler trägt eine Karte dieses Spiels. Auch die Willisauer Brauchtumsfiguren sind nicht einfach originelle «Fasnachtsgeuggel», sondern Gestalten, die den Sagen und Mythen der Napfregion entsprangen: Enzilochmannen, Stadttier und Nachtwächter, Wöschwyber und Moorsträggele.

Text_ Stefan Calivers Bilder_ Karnöffelzunft

Karnöffelzunft Willisau 6130 Willisau

info@karnoeffelzunft.ch www.karnoeffelzunft.ch

Zum eigentlichen Aushängeschild der Willisauer Narrenzeit ist die Städtlifasnacht geworden, die jeweils am Sonntag vor dem Schmutzigen Donnerstag stattfindet. Das Städtchen Willisau bietet wie keine andere Häuserzeile im Kanton Luzern und darüber hinaus den perfekten Rahmen, ja die Bühne schlechthin für ein sinnenfrohes Fasnachtsschauspiel, bei dem die Trennung von Akteuren und Publikum aufgehoben wird und alle Beteiligten zu einer einzigen närrischen Festgemeinschaft verschmelzen.

Eine weitere Willisauer Spezialität ist der Sprüchliabend vom Güdismäntig, wo in den übervollen Gaststätten allerhand lustige und schräge Sachen, welche die Willisauerinnen und Willisauer im abgelaufenen Jahr bewegt haben, an den Tag gebracht werden.

Für 2021 mussten wegen der Corona-Pandemie leider alle Veranstaltungen abgesagt werden.

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