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ROLLSTUHLSPORT

FRAUENPOWER IM SPORT

Herausforderung Trainingsplanung Bekanntlich sind Männer und Frauen nicht gleich. Doch findet dieser Aspekt in Trainingsund Wettkampfplänen Platz? Wir haben bei Badminton-Ass Cynthia Mathez nachgefragt. Von Linda Wiprächtiger

Das Zitat von der Sportwissenschaftlerin Dr. Stacy T. Sims bringt es auf den Punkt: «Women are not small men. Stop eating and training like one.» Frauen sind nicht Männer und sollten dementsprechend auch nicht essen und trainieren wie Männer. So einfach. Oder etwa doch nicht? Die Kam­ pagne «Frauenpower im Sport» von Swiss Olympic spricht Unterschiede zwischen Mann und Frau in Bezug auf die sportliche Leistung an. Alleine die Notwen­digkeit ei­ ner solchen Kampagne zeigt, dass diesem Aspekt im Leistungs- und Breitensport bei der Planung zu wenig Beachtung ge­ schenkt wird. Auch im Rollstuhlsport? Erholung muss sein Cynthia Mathez gehört seit einigen Jahren dem Nationalkader im Rollstuhl-Badmin­ ton an. Am Spiel reizt sie besonders die Tak­tik und Technik, aber auch die Schnell­ kraft. «Der Badmintonsport vereint alles!», schwärmt die 35-Jährige.

In ihren Trainings liebt Cynthia Mathez die Herausforderung. «Ich brauche Adre­ na­­lin. Ohne kann ich nicht trainieren.» Dabei behält sie immer ihr Ziel vor Augen, die Paralympics in Tokio dieses Jahr. Rund 13 Stunden Training pro Woche, mehr liegt bei der an MS-erkrankten Sportlerin kör­ perlich nicht drin. Aufgrund ihrer Krank­ heit muss sie besonders auf genügend Er­ holungszeit achten. «Dies nimmt einen gros­­sen Platz in meinem Tagesablauf ein», sagt sie. Eine Gratwanderung Für Mathez ist das Körperbewusstsein be­ sonders wichtig. «Gewicht, das ist ein gros­ ses Thema bei mir», gesteht sie. Durch ihre Paracontact I Frühling 2021

Medikamenteneinnahme stösst die in Bo­ ningen wohnhafte Badmintonspielerin im­ mer wieder auf das Problem der Gewichts­ zunahme. In der Kampagne «fastHER, smartHER, strongHER» beschäftigt sich Swiss Olympic unter anderem mit ungenü­ gender Energiezufuhr und deren Folgen. Wird der Körper mit zu wenig Energie ver­sorgt, erhöht dies die Verletzungsanfäl­ ligkeit oder führt zu Leistungseinbussen. Besonders unter Frauen ist dies ein weitverbreitetes Problem. Bei Rollstuhlsport­ lern besteht die Herausforderung vor al­ lem darin, die Energie zum richtigen Zeit­ punkt zuzuführen, damit sie für Training und Wettkampf zur Verfügung steht, nicht aber ungebraucht abgelagert wird. Denn Rollstuhlfahrerinnen und Roll­stuhl­fah­rer haben oft einen verminderten Grundum­ satz.

Trainingsplanung ist essenziell

Auch Cynthia Mathez hat schon von der Kampagne von Swiss Olympic gehört. «Die Muskelmasse ist bei Frauen anders als bei Männern. Aber grundsätzlich bin ich der Meinung, dass jeder Körper unterschied­

KAMPAGNE «fastHER, smartHER, strongHER» Frauenspezifische Themen wie Menstruationszyklus oder Schwangerschaft werden noch viel zu wenig thematisiert und diskutiert. Mit der Kampagne versucht Swiss Olympic erhöhte Aufmerksamkeit dafür zu schaffen.

lich ist und das in den Trainingsplänen bei­ der Geschlechter beachtet werden soll­te», findet sie. MS beeinflusst das Training Aus Sicht von Nationalspielerin Cynthia Mathez beeinflusst ihre Krankheit die Trai­ ningsplanung also mehr als ihr Geschlecht und die damit einhergehenden körperlichen Besonderheiten. Da sie wegen der Hor­monspirale keine normale Menstrua­ tion hat, ist sie dem weiblichen Zyklus we­ niger ausgesetzt. Was ihr und ihrem Kon­ ditionstrainer Gregor Boog jedoch Kopfzerbrechen bereitet, ist das Spiel mit dem Feuer betreffend ihrem erhöhten Erho­ lungsbedarf. Wie viel Training geht? Wo muss sich die Athletin überwinden, um besser zu werden? Wann ist Ruhe sinnvol­ ler? Dies ist der schmale Grat, den sie im­ mer wieder neu ausloten muss und der sie vor grössere Herausforderungen stellt als geschlechterspezifische Unterschiede. Mehr zur Kampagne www.swissolympic.ch (Frau und Spitzensport) 39


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