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WINTER-/SOMMERVERGNÜGEN

WINTER- UND SOMMERVERGNÜGEN

Erlebnispark auf dem Genussberg

Die Madrisa ist ein Berggebiet nahe Klosters mit dem Madrisahorn auf 2826mü.M. und einem Sonnenplateau auf 1887 m mit traumhafter Rundsicht. Und Madrisa ist rollstuhlgängig.

Von Gabi Bucher

Es war der 18. Dezember 2020, WinterSaisonauftakt in Klosters, ein spezieller Auftakt in diesem speziellen Jahr, aber immerhin Auftakt! Strahlend blauer Himmel, gerade genug Schnee, um erste Kurven zu ziehen und die Kleinsten der Kleinen in die Skifahrkunst einzuführen. So kam es einem mindestens vor, wenn man aus den Gondeln ins Freie trat, wobei etliche unter den Knirpsen bereits halsbrecherische Manöver hinlegten. Madrisa werde einerseits «Genussberg», andererseits aber auch «Familienberg» genannt, erklärte mir Olivia Pajarola, Marketingverantwortliche der KlostersMadrisaBergbahnen. Die Pisten sind breit und offen, das Gebiet liegt auf der Sonnenseite des Tales, ideale Voraussetzungen für einen Familienausflug.

Von der Gondel direkt in den Schnee

Madrisa wirbt auf der Homepage mit Barrierefreiheit. Die Mitarbeitenden würden beim Ein und Aussteigen in die Gondeln zur Verfügung stehen, steht geschrieben. Das ist keine leere Versprechung. Kaum erschien Peter Brägger, Paraplegiker, mit seinem Rollstuhl am Eingang der Bergbahn, stand auch schon ein Mitarbeiter bereit, um

ihn mit dem Rollstuhl in die Gondel zu heben. Oben angekommen dasselbe, und sein Monoskibob, welcher eine Gondel früher raufgefahren war, erwartete ihn bereits. Peter, der im nahegelegenen Saas wohnt, ist gerne auf Madrisa unterwegs. «Ich mag das Gebiet wegen der Nähe zu meinem Wohnort. Da kann ich ganz kurzentschlossen auf die Piste.» Zudem schätzt er die Tatsache, dass bei der Bergstation alles flach und ohne Barrieren zugänglich ist. «Du kommst aus der Gondel, rollst geradeaus und bist bereits auf der Piste.» Keine langen Gänge, Treppen oder Umwege. «Zudem verfügt die ‹MadrisaAlp›, das im 2016 neu erbaute Restaurant der Bergstation, über rollstuhlgängige WCAnlagen.»

Intelligenter Sessellift

Ein paar Meter weiter unten befindet sich die 6erSesselbahn «MadrisaSchaffürggli». Beim Einstieg erkennt ein Sensorsystem die Grösse der auf den Lift wartenden Kinder und Monoskibobfahrer. Ein spezieller Hubtisch hebt die Passagiere auf die korrekte Sitzhöhe an. Die Sesselbügel verfügen über einen automatischen Schliess und Öffnungsmechanismus. So kann Peter mühelos und ohne Hilfe mit seinem Monoskibob Richtung Berg fahren.

Auf der Sonnenseite

Dass nur dieser eine Sessellift rollstuhlgängig ist, stört Peter nicht. Einerseits steht auch noch ein Schlepplift zur Verfügung, den er auch benutzen kann, andererseits gibt es vier verschiedene Abfahrten, zwei blaue und zwei rote, das reiche durchaus. «Und ab und zu fahre ich runter ins Dorf, auf der schwarzen Piste, und bin dann rasch und ohne Umsteigen mit der Gondel wieder auf dem Berg.» Nicht zu verachten ist auch die Sonnenterrasse, wo er gerne zwischen den Abfahrten die herrliche Aussicht geniesst und sich, wenn nicht gerade Massnahmen zur Pandemieeindämmung die Schliessung aller Gastrobetriebe erzwingt, im absolut barrierefreien Restaurant etwas zu essen holt. Wer keinen Monoskibob besitzt, kann in Saas einen mieten. Erfahrene Skilehrer stehen zur Verfügung, um Instruktionen zu geben.

Für Jung und Alt

Nicht nur Peter fährt gerne Ski auf der Madrisa. Im Jahr 2020 wurde zum ersten Mal der «SnowDream Madrisa»Event durchgeführt. Er ist auch für 2021 geplant, kann aber aufgrund der aktuellen Situation nur im kleinen Rahmen durchgeführt werden. Die Veranstaltung richtet sich an Kinder und Jugendliche mit Spina bifida oder Cerebralparese. Die beiden Initianten Maria Walliser (Präsidentin und Botschafterin der Stiftung Folsäure) sowie Thomas Erne (Geschäftsführer der Stiftung Cerebral) bringen den Teilnehmenden das Schneesporterlebnis in allen Facetten näher. Speziell ausgebildete Skilehrer, darunter auch zwei Mono und Dualskiboblehrer aus Sörenberg, leiten die Kinder und Jugendlichen in den einzelnen Sportarten an und begleiten sie durch den Tag. Die Madrisa ist dank ihrer Barrierefreiheit beliebt. 2019 fanden hier die Para Ski Schweizer Meisterschaften statt. Kriegsveteranen aus England verbringen seit Jahren jeweils eine Woche in Klosters und lassen sich in die verschiedenen SkifahrTechniken einführen. Dieses Jahr müssen auch sie verzichten.

Der Baum im Schlafzimmer

Madrisa machte aber ursprünglich bei Rollstuhlfahrern vor allem als Sommerdestination von sich reden. Vor zehn Jahren wurde das «MadrisaLand» eröffnet, ein Erlebnispark, welcher auch für körperund sehbehinderte Kinder zugänglich ist. Zuständig war damals der Verein «Erlebnis mit Herz – Madrisa», die Schweizer ParaplegikerStiftung unterstützte das Projekt, das Zentrum für hindernisfreies Bauen gab fachliche Inputs. Eine grosse Attraktion im «MadrisaLand» sind die Baumhütten. Es gibt zwei 6erBaumhütten und eine Suite. Alle sind komplett rollstuhlgängig. Die Suite hat eine private Plattform, eine gemütliche Sitzecke und eine Badewanne mit herrlicher Aussicht in die umliegende Bergwelt. Anfänglich befanden sich die sanitären Anlagen in Containern bei den Hütten. Heute sind diese im Bergrestaurant «MadrisaAlp» zu finden. Der Sagenturm ist mit einem Lift erreichbar, es gibt eine spezielle Schaukel, welche auch mit

Schlafen im Baumhaus, auf der Madrisa wirds möglich

Rollstuhl benutzbar ist, Wasserspiele, eine Märligondel, einen Streichelzoo. Ein unvergesslicher Ausflug für Familien, und wie oft kann man sagen, man habe mitten im Wald und mit einem Baum im Zimmer geschlafen?

Mach mal eine Pause

Peter seinerseits fährt im Sommer gerne mal mit seinem Handbike von seinem Wohnort auf den Berg. Was er dort oben mache? «Eine Pause», sagt er lachend, seien es doch 900 Höhenmeter, die er zu bewältigen habe. Und dann eben, die Sonnenterrasse geniessen, bevor er die Abfahrt unter die Räder nehme. Geplant sei auch die Anschaffung eines «Mountain Drive», welcher dann auf der Madrisa zur Verfügung stehe, erklärt Marketingverantwortliche Olivia Pajarola. Dieser spezielle Rollstuhl ist für naturbelassene Bergwanderwege, Kopfsteinpflaster, groben Schotter und Wegstufen entwickelt worden. Dank seines intelligenten Fahrwerks und Elektroantrieb bietet er alle Eigenschaften für ein sicheres Vorankommen in unwegsamem Gelände. Alle GastronomieBetriebe auf dem Berg sind rollstuhlgängig, auch das EventLokal MadrisaHof mit dem Weinkeller. An der Talstation der Bergbahn gibt es drei BehindertenParkplätze. Einem herrlichen Naturerlebnis steht auf der Madrisa also weder im Sommer noch im Winter etwas im Weg.