KULTUR UND FREIZEIT
FERIENTIPP
Wo Berge sich erheben Wer gerne Berge hat und nicht nur Entspannung sucht: Das Kaunertal ist der ideale Ausgangspunkt für Bergtouren mit Swiss-Trac und dem Handbike. Von Gabi Bucher
Reisen war im vergangenen Jahr nicht wirklich angesagt, vor allem nicht ins Ausland. Rollstuhlfahrer Harry Suter sehnte sich aber nach einem Tapetenwechsel und besann sich auf eine Destination im Tirol, welche er zum letzten Mal vor zirka 20 Jahren be sucht hatte: Das Hotel Weisseespitze im Kaunertal. «Damals nannte es sich das 1. Rollihotel der Alpen und war wirklich total rollstuhlgängig.» Als er sich die Web seite des Hotels ansah, stellte er fest, dass sich inzwischen einiges getan hat. «Es gab schon damals einen Saunabereich und ein kleines Schwimmbad, dieses haben sie herausgerissen und einen grossen barrie refreien Wellnessbereich geschaffen. Für den Pool gibt es eine Einstieghilfe, durch eine Schiebetür gelangt man in den Aus senbereich zu den Liegestühlen zum Aus spannen.» Berg- und Talfahrten Erholung allein ist aber nicht Harrys Ding. Er wollte in die Berge. Oft sei es ja halt so, dass man mit dem Auto irgendwohin fahre, dann mit einer Bahn auf einen Gip fel, «und oben angekommen, kannst du gerade Mal einen Kaffee trinken, sonst ist meist nicht viel möglich». Nicht so im Kau nertal. «Es gibt ganz tolle Routen. Das Ho tel befindet sich bereits auf über 1200 m, da ist man schnell über 2000 m, also wirk lich mitten in der Bergwelt.» So ganz be wusst war ihm die Höhe offenbar doch nicht, denn am ersten Tag nach der Tour zum Gletscher sei er mit einem ziemlich respektablen Sonnenbrand zurückgekom men. Paracontact I Frühling 2021
Vor 20 Jahren erhielten die Gäste jeweils kopierte Blät ter mit Tourenvorschlägen für Rollstuhlfahrer, welche das Hotel zusammengestellt hatte. Heute gibt es das Rolli roadbook. «Die Regionen Tirol, Süd tirol und Graubünden haben sich zusam mengeschlossen und ein tolles Buch herausgegeben.» Darin findet sich für jeden etwas. «Von Touren auf flachem Gelände, welche auch von Tetraplegikern bewältigt werden können, über kulturelle Ausflugs ziele bis hin zur richtigen Bergtour ist alles vorhanden.» Dazu kommen Informationen über Anfahrten, Schwierigkeitsgrad, Weg beschaffenheit, Toiletten usw. Weiche Knie Ziemlich eindrücklich fand Harry die Aus sichtsplattform beim Naturpark Kauner grat, einer Plattform mit Aussichtsfenster sozusagen ins Nichts. «Ich war beruhigt,
dass auch die deutschen Motorradfahrer, welche ich dort traf, weiche Knie bekom men haben.» Die Tour im Piller Moor sei zwar nicht sehr lang, aber der Weg über den Steg durchs Hochmoor lohnenswert. Ziemlich anstrengend war die Tour auf die Nassereinalm, da habe seine Begleitung dann trotz seinem Swiss-Trac kurz helfend eingreifen müssen. «Oben gabs eine Jause platte und ungefragt auch gleich detaillier te Informationen zu den diversen ‹Gustis› und Mutterkühen, die dort den Sommer verbringen.» Die Menschen in dieser Re gion seien auffallend nett, kommunikativ und aufmerksam. Dolcefarniente Zurück im Hotel gibt es viele Möglichkei ten: Kaffee und Kuchen, Relaxen im Well nessbereich, einen Drink an der längsten Rollibar der Welt oder ganz einfach gut essen und danach herrlich schlafen. «Bes ser als zu Hause», bekräftigt Harry. Auch bei schlechtem Wetter hilft das Roadbook: Innsbruck ist in der Nähe. (Was das Road book nicht wusste: Es wurden dort gerade Renovationsarbeiten an der Kanalisation ausgeführt.) Meran, die Swarovski Kristall welten oder der Reschensee mit der ver sunkenen Kirche sind vom Kaunertal in einem Tagesausflug erreichbar. Harry kann nur wiederholen: «Hier lässt es sich wun derbar Ferien machen!»
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Unbegrenzte Ausflugsmöglichkeiten für ein perfektes Feriengefühl 33