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EIN VIERTELJAHRTAUSEND GELEBTE BADEGESCHICHTE Ein Stückchen oberhalb des Drauufers, schattseitig, kaum mehr als einen Steinwurf vom vielbefahrenen Drauradweg entfernt, steht es da in seiner ganzen schlichten Pracht, das Aigner Badl. TEXT & FOTOS: MARIAN KRÖLL
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s ist gewissermaßen ein Relikt, das Aigner Badl, ein sogenanntes Bauernbadl, eine ganz aus Holz gemachte Antithese zu den uferlosen Wellnesslandschaften, wie sie heute üblich sind. Das Bauernbadl befindet sich in fast unverändertem Zustand, seit vor einem Vierteljahrtausend – das Badl wurde 1772 von Anton Aigner erbaut – der erste Gast seinen Körper im heilsamen Wasser der Calcium-Sulfat-Mineralquelle gebadet hat. Im Aigner Badl erwacht bis heute ein Stück Geschichte zum Leben, lässt sich am eigenen Leib nachspüren und nachfühlen. Das geht freilich nur in den warmen Sommermonaten. Im Winter schläft das denkmalgeschützte Badl. Im Haus, das nach den Standards des 18. Jahrhunderts gebaut wurde, ist es nur unwesentlich wärmer als im Freien.
IM WECHSELBAD DER MODEN
Einst war Tirol mit Heilquellen und Bädern reich gesegnet. „In jedem Tal und in fast jedem Dorf gab es die Bauernbadln, die dieses kostbare Geschenk der Natur dem Heilungsuchenden anbieten konnten“, schreibt Autorin Eva Lechner zum Thema „Heilende Wasser“. Bei der damaligen Badekultur soll zwar angeblich nicht immer das heilende Wasser im Mittelpunkt des Interesses gestanden haben, sondern mitunter auch geistvollere Flüssigkeiten, die zur innerlichen Anwendung gelangt sind und dazu geführt haben, dass das Baden im heilsamen Wasser samt Rahmenprogramm bisweilen nicht ausschließlich eine besinnliche Angelegenheit war, sondern eine echte Hetz. Das kann man sich lebhaft vorstellen, wenn man weiß, dass ein Bauernbad, das etwas auf sich hielt, immer mit einem Wirtshaus einherging.
Ob Baden gerade „in“ war, hing wesentlich von den jeweils herrschenden gesellschaftlichen Verhältnissen ab. Und auch das einsetzende Sommerfrischewesen habe, hieß es in einem 1905 vom Mediziner und Pharmakologen Josef Nevinny gehaltenen und anschließend verschriftlichen Vortrag in Innsbruck, „Anstoß zur Entwicklung des Badewesens in Tirol“ gegeben. Die Heilbäder im Lande „wurden aber bald nicht nur krankheitshalber, sondern vorzugsweise des Vergnügens wegen, insbesondere von vornehmen Frauen besucht. Im 18. Jahrhundert kam es häufig vor, daß Bräute eine alljährliche Badereise ‚ehekontraktlich‘ sich sicherten“, trug Nevinny vor. Und, Stand 1905: „Eine Reihe solcher ‚Badln‘ besteht heute noch, andere wieder wurden in Sommerfrischen und Kurorte für Fremde umgewandelt.“ Die Längenfelder Schwefelquelle – heute gibt es dort ein großes Thermenresort – wurde beispielsweise bereits im 16. Jahr-
hundert als Bauernbadl genutzt. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es dort an Infrastruktur nur ein einfaches, hölzernes Badhaus mit Wannenhaus und einigen Zimmern sowie eine Holzkapelle. Die Entwicklung ist allerorts so weitergegangen. Die früheren Badln sind entweder aufgelassen worden oder modernen Einrichtungen gewichen und deshalb steht das Aigner Badl heute als originales Bauernbadl allein auf weiter Flur. Von Nevinny erfahren wir auch, wie es um die Einrichtung der Bauernbadln bestellt war und wie es eben heute in Abfaltersbach noch ist: „Die Einrichtung der ‚Bauernbadln‘ war eine primitive. Im ‚Badhäusl‘, zumeist ein Holzbau, standen in der ‚Badstuben‘ einige Wannen aus Holz in 1 bis 2 Reihen, die eine für die Männlein, die andere für die Weiblein, durch ‚Firhäng‘ oder hölzerne Zwischenwände getrennt. Zu den Wannen gehörten ‚Schaffeln‘, ‚Brenten‘ (Bottiche),