marie 51/ Juli August

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Mittendrin in V

TIERISCHER KÄMPFER Er hat ein echtes Kämpferherz. Einer, der sich seit 25 Jahren für den Tierschutz einsetzt. Bedingungslos. Gegen viele Widerstände .Heuer feiert Rudi Längle, Gründer der Tierhilfe Vorarlberg, seinen 60er. Das Porträt eines Unbeugsamen. Text: Frank Andres, Foto: privat

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r hat schon viele Sträuße ausgefochten. Mit Politikern, Bauern und Behörden. Und immer ging es um den Schutz der Tiere. „Sie sind die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Sie können weder reden noch sich selbst helfen. Deshalb setze ich mich für sie ein. Für diese Überzeugung gehe ich durchs Feuer“, sagt der studierte Jurist Rudi Längle im Brustton der Überzeugung. Seine Kritiker werfen ihm hingegen vor, dauernd Streit zu suchen. „Das stimmt einfach nicht. Ich bin zwar streitbar, aber ich war in den letzten 25 Jahren so diplomatisch wie möglich“, ist der Obmann der Tierhilfe Vorarlberg-Gut Bozenau in Doren überzeugt. In der Politik müsse man dicke Bretter bohren. Und das gehe nicht ohne Konflikte ab. Diese Erfahrung mache jeder, der sich im Tierschutz engagiere. Auch er.

Kann kein Blut sehen

Rudi Längle, geboren in Götzis, kam nach der Scheidung seiner Eltern 1965 gemeinsam mit seinen sieben Geschwistern ins Kinderdorf Au-Rehmen. Dort wohnte er bis zum Abschluss der Hauptschule. Danach übersiedelte er als inzwischen 14-Jähriger nach Dornbirn und absolvierte das Gymnasium. Tierarzt, Richter oder Professor wollte er werden. „Tierarzt hat mich am meisten interessiert. Aber ich kann bis heute noch kein Blut sehen. Dieser Berufswunsch fiel also flach“, erin-

nert er sich. Stattdessen studierte er zunächst Jus, Geografie und Germanistik, ehe er sich schließlich gänzlich den Rechtswissenschaften widmete. Sein Ziel: das Richteramt. Doch im Leben kommt es meist anders als man denkt. So auch bei Rudi Längle. Nach dem Studium und dem Gerichtsjahr absolvierte er seinen Zivildienst. Bei der Lebenshilfe. Dort blieb er hängen. 15 Jahre lang. Zuerst war er dort Betreuer, kurze Zeit später wurde er zum Obmann des Betriebsrates gewählt. „In dieser Zeit habe ich mich nicht nur für die Angestellten, sondern auch für die Interessen der Lebenshilfe-Schützlinge eingesetzt“, betont er. 2000 ereilte den Gewerkschafter den Ruf der Politik und er wechselte als Geschäftsführer zur SPÖ Vorarlberg. Doch der berufliche Ausflug war nur von kurzer Dauer. Nach einem Jahr hatte Rudi Längle von den internen Querelen genug.

Reportage als Wendepunkt

Aber wie wurde aus Rudi Längle, der sich ganz für die Interessen von Menschen eingesetzt hatte, zum Vollzeit-Tierschützer? „Begonnen hat es Mitte der 90er Jahre. Ich sah im ZDF einen Reportage-Vierteiler von Manfred Karremann über die brutalen Tiertransporte quer durch Europa. Die Bilder waren einfach nur grauenhaft und an Brutalität nicht zu überbieten. Da war für mich klar: Ich will auch Tiere retten, um sie vor der Vernichtung zu schüt-

zen“, erzählt Rudi Längle. Und er habe zu sich selbst gesagt: „Mensch Rudi, jetzt warst 20 Jahre lang für die Menschen da. Hast dich für bessere Arbeitsbedingungen eingesetzt. Jetzt will ich mich für die Rechte der Tiere einsetzen.“ Es war dann aber ein Zufall, dass er seinen Vorsatz, sich um notleidende Tiere zu kümmern, auch kurze Zeit später in die Tat umsetzen konnte. Dieser Zufall hieß Gebi, war Kriegsinvalider, wohnte in Schwarzenberg und züchtete Haflinger in kleinem Rahmen. Eines Tages trifft ihn Rudi Längle. Gebi hat ein Pferd und ein Fohlen dabei. Rudi Längle fragt ihn, was er mit dem Ross tun will. „Gebi antwortet: „Ich habe den Auftrag, es zum Schlachter zu bringen.“ Rudi fragt verwundert: „Warum? Das Pferd ist doch gesund.“ Gebi erwidert: „Die Pferde gehören einem Hotelier und er will sie nicht mehr. Es habe ihm schon zehn Fohlen gebracht. Und jetzt soll es geschlachtet werden.“ Da er-


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