Hausärzt:in medizinisch
„Coping-Mechanismus Angst vs. Angststörung“ Über die Wichtigkeit einer klaren Differenzierung
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Vor dem Hintergrund der Coronapandemie erörtert Prim.a Dr.in Christa Rados, Leiterin der Abteilung Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin am Landeskrankenhaus Villach, im Gespräch mit der Hausärzt:in omnipräsente Themen rund um Angst und Angststörungen. HAUSÄRZT:IN: Mit welchen Ängsten sind die Menschen aktuell zunehmend konfrontiert? Prim.a RADOS: Viele Menschen reagieren auf die Gegebenheiten der COVID-19-Pandemie mit Verunsicherung, Besorgtheit, leiden unter schlechterer Schlafqualität, deren Folgen und
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Februar 2022
unter allgemeiner Angespanntheit. Es gilt als psychologisch erforschtes Phänomen, dass vor allem neuartige Bedrohungen, die – ganz unabhängig von ihrem Ausmaß – meist mit großer Ungewissheit einhergehen, vermehrt Ängste hervorrufen. Nach zwei Jahren Pandemie wünschen sich die Menschen zudem ihre frühere Lebensqualität zurück. Sie wurden dahingehend in ihren Hoffnungen jedoch bereits mehrfach enttäuscht. Eine Folge davon ist zunehmende Mutlosigkeit. Hinzu kommt nun ein neues Phänomen der psychologischen Abwehr, im Zuge derer insbesondere Verleugnung der Bedrohung und Aggression zutage
treten können. Sofern sich diese Emotionen im Rahmen befinden, sind sie nicht weiter besorgniserregend. Eine potenzielle psychologische oder sogar psychopathologische Relevanz für die Zukunft ergibt sich allerdings dann, wenn sich aus der aggressiven Abwehr Feindseligkeit und infolge Letzterer oft auch Isolation und Einsamkeit entwickeln. Wann ist die Rede von krankheitswertigen Ängsten? Es ist sehr wichtig, auf eine klare Differenzierung zwischen realistischer bzw. angemessener Angst sowie Angststörung zu achten. Ängste in Bezug auf ver-