Hausärzt:in 02/2025 ohne FKI

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Weniger suchen, mehr wissen.

Ihr Begleiter im medizinischen Berufsalltag.

Ihr Arbeitsalltag ist stressig genug –verlieren Sie nicht auch noch Zeit mit der Suche nach medizinischen Informationen oder Terminen. Mit Gesund.at haben wir ein Portal geschaffen, das Ihnen diese Arbeit abnimmt. Selbstverständlich haben wir auch an Weiterbildung gedacht, so können Sie ab sofort DFP-Punkte auch unterwegs sammeln! Klingt gut, oder?

Editorial

Chronik einer Erkrankung

Sie erinnern sich vielleicht noch dunkel daran? Oder Sie waren anno dazumal noch gar nicht auf der Welt ... Wir schreiben das Jahr 1981: In den USA treten gehäuft ungewöhnliche Krankheitsbilder von Lungenentzündungen und Kaposi-Sarkomen bei jungen homosexuellen Männern auf. Sie werden anfangs als GRID („Gay-Related Immune Deficiency “) bezeichnet. Die meisten Betroffenen versterben.

1982 werden die ersten Fälle in Europa bekannt, Übertragungswege identifiziert und die Krankheit in AIDS („ Acquired Immune Deficiency Syndrome“) umbenannt.

1983 isolieren der französische Virologe Luc Montagnier und die französische Virologin Françoise Barré-Sinoussi am Pariser Institut Pasteur das HI-Virus.

1984 wird der erste Antikörpertest vorgestellt, mit dem eine HIV-Infektion nachgewiesen werden kann.

1985 ist der homosexuelle Hollywoodstar Rock Hudson ein erster prominenter AIDS-Kranker, der stirbt und der Krankheit ein Gesicht gibt. Das Virus breitet sich inzwischen weltweit immer schneller aus.

1987 wird Azidothymidin als erstes antiretrovirales Medikament zur Behandlung von HIV-Infektionen zugelassen. AIDS bleibt eine tödliche Krankheit, aber die Lebenserwartung der Patient:innen steigt.

1988 rufen die Vereinten Nationen den Welt-AIDS-Tag aus. Seitdem findet er jedes Jahr am 1. Dezember unter einem bestimmten Motto statt.

Schreckgespenst rund um die Jahrtausendwende

Während sich Ende der 1980er-Jahre immer mehr prominente Betroffene outen, erfahren die meisten unbekannten HIV-Positiven vor allem Stigmatisierung und Diskriminierung. AIDS wird zum Schreckgespenst des ausklingenden 20. Jahrhunderts und bestimmt den Alltag und das Sexualleben vieler. Längst hat die tödliche Krankheit auch Heterosexuelle erreicht. Es scheint das Ende der freien Liebe zu sein, die in den 60er- und 70er-Jahren propagiert wurde.

Wendepunkte der AIDS-Behandlung

1996 gelingt der AIDS-Forschung ein bedeutender Schritt nach vorn. Im Rahmen der 11. Internationalen AIDSKonferenz in Vancouver wird erstmals die antiretrovirale Kombinationstherapie vorgestellt. Die dort präsentierten Erkenntnisse gelten als Wendepunkt der AIDS-Behandlung: Von nun an gilt AIDS nicht mehr als tödliche, sondern als chronische Krankheit.

2008 wird der sogenannte „ Berliner Patient“ als Erster nach einer Stammzellspende für geheilt erklärt.

2016 wird die Präexpositionsprophylaxe (PrEP) in Europa zugelassen. Menschen mit einem hohen HIV-Ansteckungsrisiko können vorsorglich Medikamente einnehmen und so eine Infektion mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit verhindern.

2025: Und wo stehen wir heute? Univ.-Prof. Dr. Alexander Zoufaly, Präsident der Österreichischen AIDS-Gesellschaft, gibt – im Interview mit unserer Kollegin Felicia Steininger im Vorfeld des Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongresses – einen Einblick in neue Erkenntnisse und innovative Therapien. Der Kongress findet zum ersten Mal seit 20 Jahren wieder in Wien statt: von 20. bis 22. März in der Hofburg. Lesen Sie mehr darüber in der aktuellen Ausgabe der Hausärzt:in ab Seite 14.

Geschichte eines medizinischen Fachbereichs

Einen spannenden Rück- und Ausblick bietet ab Seite 6 auch ein Interview mit Univ.-Prof. Dr. Jörg Weber, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie, das ich Ihnen ans Herz legen möchte: Was hat sich in den vergangenen 35 Jahren in der Neurologie getan? Was kommt noch in Zukunft? Das Interview ist Teil der Jubiläumsserie „ 35 Jahre Hausärzt:in“ , die uns das ganze Jahr 2025 begleiten wird. Die Artikel und Interviews entstehen in enger Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachgesellschaften – ein großes Dankeschön an sie!

Eine spannende Lektüre wünscht

Die 90er-Jahre stehen ganz im Zeichen der Aufklärung über AIDS, HIV und mögliche Übertragungswege. Große Kampagnen werben für die Nutzung von Kondomen, der Ausdruck „ Safer Sex“ erobert den deutschen Sprachgebrauch. Die Rote Schleife wird zum Symbol der Solidarität mit Betroffenen, außerdem UNAIDS gegründet, um den weltweiten Kampf gegen AIDS zu koordinieren. Vor allem in afrikanischen Ländern ist die Krankheit allgegenwärtig.

Ihre

Mag.a Karin Martin Redaktionsleiterin RegionalMedien Gesundheit, karin.martin@regionalmedien.at Quellen: dw.com , fernarzt.com , aidsgesellschaft.at

06 „Von rein symptomatischen zu zielgerichteten Therapien“

Jubiläumsserie, Teil 2: Neurologie einst und jetzt – ein Überblick

09 Kunst zur Förderung der Hirngesundheit

Social Prescribing: Interventionen für die gezielte geistige Stimulation

12 „Unerlässlich in der modernen Schmerztherapie“ Pain Update: Verdienen „dirty drugs“ ihren Namen?

13 Helfen Apps … … bei generalisierter Angststörung?

18 DFP-Praxiswissen: Enuresis nocturna Ein Konzept zur evidenzbasierten

Therapie in der hausärztlichen Praxis

24 Wirksame Vorsorge

Das war der Impftag 2025 – unterschiedliche Blickwinkel

28 Fortschritte in der Diabetesforschung Präzisionsmedizin soll Komplikationen vorbeugen

30 „Man braucht eine hohe Frustrationstoleranz“

Die österreichischen Kinder werden immer adipöser

Nächtliches Einnässen kann belastend sein – eine gezielte Diagnostik und Therapie hilft betroffenen Kindern und Familien.

Ein gesunder Lebensstil mit geistiger Stimulation kann das Risiko für Demenz senken.

AIDS-KONGRESS 2025

14 „Manch neuer Durchbruch, alte Herausforderungen“ Die HIV-Forschung macht Fortschritte, zur Heilung ist es noch weit

17 Mängel in sexueller Gesundheitsversorgung Aids Hilfe Wien fordert umfassende nationale Strategie

42 Termine Aktuelle Kongresse und mehr

43 Familiäre Hypercholesterinämie Screening bei Kindern laut Expert:innen notwendig

44 Gastrointestinale Neoplasien Praxisrelevante Studienergebnisse

45 Innovationen beim Lungenkarzinom Ein Update aus der Praxis

46 SPRECHStunde „Erneut Schmerzen im Knie – was tun?“

Apotheken spielen eine zentrale Rolle in der Beratung und Unterstützung bei Atemwegserkrankungen.

Adipositas bei Kindern nimmt zu, doch Therapieangebote fehlen.

pharmazeutisch

32 Die Top-Antiepileptika nach Menge und Wert Marktanalyse von Beatrix Linke, Country Lead IQVIA Austria

33 Beratung von Patient:innen mit Lungenerkrankungen Kommentar zur Rolle der Apotheker:innen

36 Klimawandel und Hausstaubmilben

Steigende Belastung für Allergiker:innen

39 Gefährlicher Etagenwechsel Warum unbehandelte Symptome einer Allergie zu Asthma führen können

32 Impressum

„Von rein symptomatischen zu zielgerichteten Therapien“

Jubiläumsserie, Teil 2: Neurologie einst und jetzt –ein Überblick für Allgemeinmediziner:innen

Prim. Univ.-Prof. Dr. Jörg R. Weber, Abteilung für Neurologie, Klinikum Klagenfurt, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie, im Interview.

HAUSÄRZT:IN: Die Neurologie 1990 und heute: Wie war es damals, und was hat sich seither verändert?

Prof. WEBER: Eine spannende Frage. Ich bin schon sehr lange als Neurologe tätig, seit 1987, daher überblicke ich den Zeitraum im Wesentlichen. Die Neurologie war damals in erster Linie ein diagnostisches Fach. Es gab große Überschneidungen mit der Psychiatrie, viele gemischte Abteilungen. Und die Neurologie war damals in vielerlei Hinsicht ein deskriptives Fach. Man hat einzelne Symptome zu Syndromen und dann meist zu Krankheiten zusammengeführt, ohne dass man notwendigerweise alles verstanden hätte. Man hat dann auch meistens symptomatisch behan-

Serie NEURO/PSY

Die Neurologie war früher in vielerlei Hinsicht ein deskriptives Fach.

delt, meist nicht die Ursachen. Das hat sich seither drastisch verändert.

Können Sie uns herausragende Beispiele nennen?

Beginnen wir mit dem Schlaganfall. Jener wurde um 1990 noch fast als schicksalshaft hingenommen. Mittlerweile kennen wir die Schlaganfallsyndrome viel besser und auch die Ursachen gut. Es gibt Überschneidungen mit der Inneren Medizin, insbesondere mit der Kardiologie, weil die Schlaganfälle oft aus einer arteriosklerotischen Grunderkrankung entstehen, die mehrere Organsysteme betreffen kann, so auch das Gehirn. Diese Zuordnung, nach Ursache des Schlaganfalls, brachte mit sich, dass man heute Betroffene differenziert behandeln kann. Ischämische Schlaganfälle können der Thrombolyse zugeführt werden oder man setzt auf die mechanische Thrombektomie. Damit ist der Schlaganfall heute gut therapierbar. Wir verstehen auch die Interaktionen mit dem Herzen besser, wissen beispielsweise, dass Vorhofflimmern das Embolierisiko erhöht. Schon 1990 konnte eine Studie zeigen, dass es sinnvoll ist, das Vorhofflimmern mittels Kardioversion zu beeinflussen und das Embolierisiko durch Antikoagulation zu reduzieren. Moderne Blutverdünner haben heute aber ein wesentlich besseres Sicherheitsprofil als zu jener Zeit.

Die Multiple Sklerose ist ein zweites gutes Beispiel …

Ja, man hat die Multiple Sklerose damals im Grunde noch als Syndrom beschrieben, hatte noch kein gutes Verständnis der Mechanismen dieser Erkrankung und letztlich auch keine Therapie. Wir verfügen heute über sichere diagnostische Kriterien durch Klinik, MRTund vor allem Liquordiagnostik. Wir verfügen über zielgerichtete und wirksame Therapien. Die Lebenserwartung von Patient:innen mit MS konnte an jene der Normalbevölkerung angenähert werden. Die Urosepsis als Todesursache z. B. ist zur absoluten Rarität geworden. Auf wissenschaftlichen Kongressen hat man vor 30 Jahren darum gerungen, wie man die MS charakterisiert. Heute diskutiert man darüber, wie man sie im Alter, also bei Patient:innen über 60 Jahre, weiter behandelt bzw. begleitet. Wir reden heute über ein Patient:innengut, das wir damals gar nicht hatten, weil die Betroffenen dieses Alter nicht erlebt haben.

Sehr viel hat sich auch im Bereich der genetischen Erkrankungen getan … Genau, das ist ein drittes eindrucksvolles Beispiel. Bei Muskelerkrankungen etwa konnten wir früher die Diagnose ebenfalls nur deskriptiv stellen. Ein wesentlicher Schritt vorwärts ergab sich, als wir die Erkrankungen molekularbiologisch beziehungsweise genetisch zuordnen konnten. Heute ist man oft schon in der Lage, mit modernen molekulargenetischen Therapien (Enzymersatz, siRNA, CRISPR etc.) ins Krankheitsgeschehen

einzugreifen. Ich denke dabei etwa an die spinale Muskelatrophie oder an Glykogenspeicherkrankheiten wie Morbus Pompe. Auch diese Krankheiten können zwar noch nicht geheilt, jedoch auf einem gewissen Level stabilisiert und Defekte teilweise repariert werden.

Wie gut hat sich die Trennung der Fachgesellschaften für Neurologie und Psychiatrie im Jahr 2000 bewährt? Die Trennung war – angesichts der Spezialisierung in beiden Fächern – dringend notwendig. In der Neurologie ermöglicht uns die Bildgebung mittlerweile, Defekte in verschiedenen Systemen zu sehen, ich denke zum Beispiel an die Abnahme von Hirnvolumen bei degenerativen Erkrankungen. In der Psychiatrie spielt das noch eine untergeordnete Rolle. Wir können z. B. auch den Schlaganfall oder die MS Gehirnregionen zuordnen und haben genetische oder molekulare Defekte für viele Erkrankungen identifiziert. Diese Entwicklungen waren die Grundlage für eine Spezialisierung in der Neurologie. Vergleichbare Entwicklungen gab es natürlich ebenso in der Psychiatrie. Große Aufgaben, wie die anstehenden Demenztherapien, werden beide Fächer weiterhin oft auch interdisziplinär fordern.

Welche Rolle wird der künstlichen Intelligenz künftig zukommen?

Die KI erachte ich einerseits für unterbewertet, andererseits für überbewertet. Am Ende sind das Expertensysteme, die von menschlicher Intelligenz gefüttert werden und nicht von der Maschine selbst. Sie stellt nur Zusammenhänge schneller her. Und darin liegen große Chancen. Vorwiegend wird sich unsere Arbeitsweise dramatisch verändern. Die KI wird uns beim Erheben der Anamnese ebenso helfen wie bei der Umwandlung in Diagnosevorschläge etc. Den Trend, die Patient:innen wie in Visualisierungsfächern, etwa der Dermatologie oder der Pathologie, zu scannen, um so zur Diagnose zu gelangen, kann ich in der Neurologie nicht erkennen. Bei Bewegungsstörungen z. B. ist die elektronische Erfassung äußerst kompliziert, sie lassen sich nicht so einfach dreidimensional scannen. Ich kenne noch keine entsprechende Anwendung.

Die Bildgebung setzt bekanntlich bereits auf KI-assistierte Systeme. Es gibt schon Detektionsprogramme für Hirnblutungen und, und, und. Auch der gezielte Einsatz von intelligenten Medikamenteninteraktionsprogrammen wird zu Verbesserungen führen. Innerhalb der nächsten zehn Jahre wird es noch einen großen Sprung geben. Aber Diagnose, Therapie und Letztverantwortung bleiben ärztlich und menschlich.

Ähnelt die Situation aus Ihrer Sicht nicht jener rund um die Einführung von Computern in den Spitälern? Tatsächlich war der Spitalsalltag, als ich als junger Arzt begonnen habe, faktisch noch computerfrei. Den ersten Rechner gab es dann im Labor. Der Portier war Herr des Faxes, es gab nur ein einziges. Als zu erkennen war, dass die ersten Computer in den Spitälern Einzug halten werden, kann ich mich noch an die Diskussionen erinnern, und meine Meinung, dass über kurz oder lang auf jedem ärztlichen Schreibtisch ein Computer stehen wird, wurde belächelt. Momentan fließt zunehmend Mobile Computing in den Arbeitsablauf ein, jeder hat seine mobilen Devices auf dem kleinen Visitenwagen. Die ärztliche Plausibilisierung und die ärztliche Letztverantwortung bleiben jedenfalls bestehen, sind aber virtuell oft herausfordernd.

Das Motto der diesjährigen ÖGNJahrestagung (siehe Termin) lautet „ Herausforderungen annehmen“ . Sie selbst moderieren zum Thema „Wenn Standardtherapien nicht mehr helfen“ Können Sie uns kurz einen Einblick geben?

INFO

Die Österreichische Gesellschaft für Neurologie (ÖGN) vertritt die Interessen von Neurolog:innen in standespolitischen und wissenschaftlichen Belangen, fördert die Neurologie in Aus- und Fortbildung, Lehre und Forschung. Sie betreibt Öffentlichkeitsarbeit und unterstützt die Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen, Patient:innen und Interessenträgern. Weitere Infos: oegn.at

Dass wir lernen, uns in digitalen Räumen zu bewegen, ist ein erstes Beispiel dafür, wie sich unsere Arbeitswelt verändert, und eine erste große Herausforderung. Eine zweite ist das Arbeitsverständnis der jungen Generation. Zum Glück muss sich eine junge Ärzt:in heute nicht mehr alles gefallen lassen. Das ist gut so. Für Klinikleitungen ist es notwendig, ein attraktives Berufsumfeld für die jungen Kolleg:innen zu schaffen, mit Anerkennung, Wertschätzung und exzellenter Ausbildung. Da unser Beruf mittlerweile ein sehr weiblicher ist, 70 Prozent der Neurolog:innen sind Frauen, muss man sich nicht nur aktiv um gleiche Karrierechancen für alle kümmern, sondern auch die Führungsebenen entsprechend besetzen.

Drittens gibt es, ganz grundsätzlich, nie nur die einfachen Patient:innenfälle, sondern immer auch komplizierte Einzelfallsituationen. Alle Standardtherapien wurden ausgelotet und man muss überlegen, welche Argumente vielleicht für eine Off-Label-Therapie sprechen. Das ist eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, die Diskussionen sind daher für alle lehrreich. Solche Themen sollen beim Kongress neben vielen anderen spannenden Themen Platz finden.

Ihr abschließender Appell an die Gesundheitspolitik?

Die medizinische Versorgung, Ausbildung und Forschung muss sich ein reiches EU-Land leisten. Schließlich geht es darum, die Lebensqualität aller Österreicher:innen zu steigern und die Wirtschaft zu stärken. Nur ein solidarisches System kann das leisten. Das galt in der Vergangenheit und gilt auch für die Zukunft.

Das Interview führte Mag.a Karin Martin.

TERMIN

22. Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Neurologie – ÖGN´25: Herausforderungen annehmen, 12. bis 14. März 2025, Congress Innsbruck. Online-Infos, Vorprogramm und Anmeldung: oegn-jahrestagung.at

Kunst zur Förderung der Hirngesundheit

Social Prescribing: Interventionen für die gezielte geistige Stimulation

„Das Museum soll als Umgebung wahrgenommen werden, die sich – so die Hypothese –zur geistigen Stimulation eignet.“

Serie NEURO/PSY

GASTAUTORINNEN-TEAM:

Univ.-Prof.in Dr.in Stefanie Auer#

Mag.a Dr.in Margit Höfler, BA#

Dr.in Hanna Brinkmann, MA##

Lea Prüwasser, BSc, MSc#

Tina Lackner##

Mag.a Elisabeth Pinter#

Univ.-Prof.in Dr.in Anja Grebe##

Universität für Weiterbildung Krems

# Department für Demenzforschung und Pflegewissenschaft

## Department für Kunst- und Kulturwissenschaften

40 % aller Demenzerkrankungen könnten durch einen gesünderen Lebensstil verhindert werden.1 Die auf die kardiovaskuläre Gesundheit Einfluss nehmenden Elemente, die in der sogenannten FINGER-Studie1 untersucht wurden, gehören zu den Bereichen Bewegung, Ernährung, geistige Stimulation und Kontrolle von bekannten medizinischen Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und Übergewicht. Die Entwicklung spezifischer Maßnahmen, die einen gesünderen Lebensstil nachhaltig unterstützen, wird von der WHO gefordert.2 Einen wichtigen Beitrag dafür leistet auch die Erforschung der Risikofaktoren für Demenz.3,4 Präventionsmaßnahmen sind kosteneffizient.5 Aus diesem Grund sollten Aktivitäten mit breiter Wirksamkeit rasch umgesetzt werden. Alzheimer’s Disease International hat 2019 eine weltweite Umfrage mit 70.000 Teilnehmer:innen durchgeführt – mit folgendem Ergebnis: 95 % der Befragten (jeden Alters) fürchten sich davor, später in ihrem Leben eine De-

INFO

Zusammenhänge zwischen Kunst und Gesundheit11

1. Effekte von Kunst bzw. durch Kunst aktivierte Bereiche

� ästhetische Stimulation

� Vorstellungskraft

� sensorische Aktivierung

� Emotionen

� kognitive Stimulation

� soziale Interaktion

� physische Aktivität

� Beschäftigung mit Gesundheitsthemen

� Interaktion mit Gesundheitsversorgungssettings

menz zu entwickeln.6 Diese hohe Zahl legt einen dringenden Handlungsbedarf seitens der Gesundheitspolitik nahe – sie sollte erweiterte Strategien entwickeln und Angebote finanzieren, die der Förderung der Hirngesundheit und der Aufklärung über die Präventionsmöglichkeiten dienen. Wissen zum Thema gesunder Lebensstil ist in der breiten Bevölkerung zwar zum Teil vorhanden, die Gesundheitskompetenz liegt in Österreich jedoch unter dem europäischen Durchschnitt.7,8 Die große Frage lautet: Durch welche Maßnahmen lässt sich die Motivation wecken, nachhaltig einen gesünderen Lebensstil zu verfolgen? Die Lebensstilforschung gibt uns heute wichtige Hinweise für die Förderung, Optimierung und Erhaltung der Hirngesundheit über die gesamte Lebensspanne.3 Neben bedeutsamen Lebensstilaktivitäten, etwa ausgewogener Ernährung sowie ausreichender Bewegung, und der regelmäßigen Kontrolle wesentlicher medizinischer Parameter ist die geistige Stimulation – Neues lernen, sich in Gesellschaft aufhalten, wertgeschätzt werden etc. – von größter Wichtigkeit, um die geistige Leistungsfähigkeit zu erhalten und die Pflegebedürftigkeit zu reduzieren. Unter anderem kann Kunst hier eine mögliche Lösung darstellen, da sie im öffentlichen Raum angeboten wird. Allerdings sollten der Zugang und die Bedingungen reflektiert sowie der Effekt, der durch Interventionen erzielt wird, untersucht werden.

In diesem Beitrag präsentieren wir die Idee zum Projekt „Gesundes Museum“,

das im Dezember 2023 von der Universität für Weiterbildung Krems initiiert wurde. Es wird vom Fonds Gesundes Österreich und von der Wiener Gesundheitsförderung finanziert und nun mit zahlreichen Kooperationspartnern umgesetzt.

Globale Evidenz

Im Bereich Gesundheitswissenschaften wurde Kunst innerhalb von fünf Kategorien beschrieben, die jeweils eine aktive wie auch passive Teilnahme beinhalten:9

u Darstellende Kunst: z. B. Tanz, Theater, Film.

v Visuelle Kunst: z. B. Design und Handwerk, Malen, Fotografie. w Literatur: z. B. Schreiben, Lesen, Teilnahme an Literaturfestivals.

x Kultur: z. B. Museen, Ausstellungen, Konzerte.

y Online- und Digitale Kunst: z. B. Animationen, Filme herstellen.

In den Definitionen wird auf die Flexibilität und Fluidität dieser Kategorien hingewiesen. Auch andere Aktivitäten könnten Kriterien von Kunst erfüllen, u. a. die Schaffung und Pflege eines Gartens und das Kochen. Konsens dürfte aber vor allem dahingehend herrschen, dass diese Aktivitäten zwar als kreativ angesehen, aber allgemein nicht als Kunst definiert werden.10

In einer von der WHO durchgeführten Literatursynthese11 wurde die globale Evidenz für den Einfluss von Kunst auf

2. Reaktionen

� psychologisch: erhöhte Selbstwirksamkeit, Coping, Emotionsregulation

� physiologisch: reduzierte Stresshormonausschüttung, erhöhte Aktivität des Immunsystems, erhöhte Reaktivität des kardiovaskulären Systems

� sozial: Reduktion von Einsamkeit und Isolation, Verstärkung sozialer Unterstützung und Verbesserung sozialer Verhaltensweisen

� Verhaltensebene: erhöhte körperliche Aktivität, Aneignung gesünderer Verhaltensweisen, Skill-Entwicklung

3. Resultate

� Prävention

� Gesundheitsförderung

� Krankheitsmanagement

� Behandlung

unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden beurteilt. Resultate von über 3.000 Studien identifizierten wesentliche positive Effekte von Kunst auf die Bereiche Gesundheitsförderung sowie Prävention, Behandlung und Management von Krankheiten über die gesamte Lebensspanne. Die Zusammenhänge, die der Wirkung von Kunst auf die Gesundheit zugrunde liegen, wurden von Fancourt et al. mittels eines logischfundierten Modells beschrieben (siehe INFO).11

Das Projekt „Gesundes Museum“

Das Kunsthistorische Museum in Wien, das in den letzten Jahren spezielle Expertise in der Entwicklung innovativer Projekte für ältere Menschen erworben hat, konnte von uns als Kooperationspartner für das Projekt gewonnen werden. Weitere Kooperationspartner sind u. a. die Wiener Senior:innenverbände, der Fonds Soziales Wien sowie die Wiener Bezirksmuseen. Die Projektleitung

ist in der Universität für Weiterbildung Krems angesiedelt. Das Hauptziel des Projekts besteht darin, Museen in Wien bei ihrer Entwicklung hin zu einem „Gesunden Museum“ besonders auch für ältere Menschen, die von Einsamkeit und Isolation bedroht sind, zu unterstützen. Das Museum soll als Umgebung wahrgenommen werden, die sich – so die Hypothese dieses Projektes – zur geistigen Stimulation eignet und somit die Hirngesundheit fördern kann. Besondere Anstrengungen werden unternommen, um vor allem Gruppen von Senior:innen zu erreichen, die bisher kaum Gelegenheit hatten, sich mit Kunst auseinanderzusetzen und in ein Museum zu gehen. Damit soll das Projekt einen Beitrag für die Entwicklung bzw. Etablierung breit angelegter und attraktiver Angebote zur Förderung der Gesundheit allgemein und speziell zur Förderung der Hirngesundheit in der Gesellschaft leisten. Am Ende der Arbeitszeit 2026 wird ein Praxisleitfaden zur Verfügung gestellt, der es anderen Museen ermöglicht, die Idee eines „Gesunden Museums“ um-

zusetzen. Dank attraktiver Angebote in den Museen können sich Gesundheitseinrichtungen in der Folge besser mit Kunst- und Kultureinrichtungen vernetzen und im Sinne des „ Social Prescribing“ ein Portfolio an Optionen zur Erhaltung der Gesundheit anbieten.

Literatur:

1 Ngandu T et al., Lancet. 2015; 385(9984):2255-63.

2 WHO (2017), Global action plan on the public health response to dementia 2017-2025. who.int

3 Livingston G et al., Lancet. 2020; 396(10248):413-446; Livingston G et al., Lancet. 2024; Lancet. 404(10452): 572-628.

4 Mukadam N et al., Lancet Glob Health. 2019;7(5): e596-e603.

5 Braun A, Höfler M, Auer S, J Prev Alzheimers Dis. 2024; 11(2):402-413.

6 Alzheimer’s Disease International (2019), World Alzheimer Report 2019: Attitudes to dementia. alzint.org

7 Sørensen K et al., Eur J Public Health. 2015; 25(6):1053-8.

8 Griebler R et al., ÖPGK-Arbeitsgruppe (2021), Gesundheitskompetenz in Österreich: Ergebnisse der österreichischen Gesundheitskompetenzerhebung HLS19-AT. BMSGPK, Wien.

9 Davies CR et al., Arts Health. 2012; 4(3):203-16.

10 Arts Council England (2013), Great art and culture for everyone: 10-year strategic framework, 2nd edition. artscouncil.org

11 Fancourt D, Finn S (2019), What is the evidence on the role of the arts in improving health and well-being? A scoping review. WHO, Regional Office for Europe. iris.who.int/handle/10665/329834 (Lizenz: CC BY-NC-SA 3.0 IGO).

„Unerlässlich

in der modernen Schmerztherapie“

Pain Update: Verdienen „dirty drugs“ ihren Namen?

Die Österreichische Schmerzgesellschaft (ÖSG) bietet seit 2021 mit ihrer Schmerzakademie ein erweitertes Aus- und Fortbildungsportfolio an.* Teil dessen ist die Online-Fortbildungsreihe „Pain Updates“, bei der jeweils ein Thema von unterschiedlichen Seiten beleuchtet wird. DDr. Thomas Weber, Gründungsmitglied der Akademie, moderierte zuletzt das Pain Update zum Schwerpunkt Pharmakotherapie und gab der Hausärzt:in einen Überblick über die wichtigsten Key-Messages.

HAUSÄRZT:IN: Welchen Hintergrund hat die Initiierung und Etablierung der Pain Updates?

DDr. WEBER: Die Pain Updates sind während der Coronapandemie entstanden. Wir wollten ein Format schaffen, womit Ärzt:innen sich trotzdem fortbilden und hinsichtlich der Hot Topics in der Schmerzmedizin auf dem aktuellen Stand bleiben können. Dieses sehen wir nach wie vor als optimale Ergänzung in der Schmerzakademie. Die Pain Updates sind inhaltlich breit gestreut, kompakt gestaltet und sollen so für alle, die sich interessieren, zugänglich sein.

Im rezenten Pain Update über die systemische Schmerztherapie erörterte Prim. Nenad Mitrovic im ersten Vortrag die Frage: Pregabalin und Co – sind das wirklich „ d irty drugs “? Gab es eine Schlussfolgerung?

Die Neuroleptika sowie die Antidepressiva, die wir regelmäßig im Rahmen einer multimodalen Schmerztherapie einsetzen, werden zunehmend als „d irty drugs“ gesehen. Diese wirken an verschiedenen Rezeptoren, was wir uns ja in der Behandlung zunutze machen. Problematisch sind leider oft die Nebenwirkungen, die häufig die Therapie limitieren. Pregabalin wird nicht selten auch missbraucht, wie Prim. Mitrovic erläutert hat. In Frankreich gibt es bereits

erste Zahlen, wonach Pregabalin auf den Schwarzmarkt gelangt ist.

Was sollte man bei der Verordnung von Schmerzmedikamenten beachten, die an verschiedene Rezeptoren binden?

Man sollte die Patient:innen korrekt über die zu erwartende Wirkung bzw. die Nebenwirkungen aufklären. Diese Medikamentengruppe ist unerlässlich in der modernen Schmerztherapie und bei entsprechender Compliance der Patient:innen – unter Beachtung der Komorbiditäten sowie nach vorheriger Aufklärung – sehr gut wirksam. Sie hat nach wie vor die niedrigste NNT.

Der zweite Vortrag, von PDin Irene Lagoja, hatte den Einfluss unserer Gene auf die Schmerztherapie zum Thema –was ist der Stand der Wissenschaft?

Die Forschung im Bereich der Pharmakogenetik steckt noch in den Kinderschuhen. Ich denke, hier liegt äußerst großes Potenzial. Aktuell gibt es einige Ansätze, die intermenschlichen Unterschiede in der Wirkung diverser Arzneimittel zu erklären. Zwei österreichische Unternehmen bieten derzeit Tests an, die vorhersagen lassen, wie ein Medikament bei der individuellen Patient:in wirkt. Diese sind aber noch recht teuer.

Über die Bedeutung des Mikrobioms sprach Prof.in Sabrina Mörkl. Welche Erkenntnisse haben Sie mitgenommen?

Das menschliche Mikrobiom hat großen Einfluss im Bereich der Schmerzmedizin. Vor allem bei chronischen Schmerzsyndromen, zum Beispiel dem Fibromyalgie-Syndrom, liegen aktuelle Forschungsergebnisse vor. Nicht nur Medikamente, auch der Lifestyle sowie die Bewegung wirken sich auf das Mikrobiom aus. Ein verändertes Mikrobiom beeinflusst die Darm-Gehirn-Achse und kann so Effekte auf die zentrale Sensibilisierung haben.

NACHBERICHT

DDr. Thomas Weber, Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin in Gralla und Graz, im Gespräch.

Welche Take-home-Messages für die Praxis möchten Sie insbesondere an Hausärzt:innen richten?

In der täglichen Routine werden sogenannte „d irty drugs“ regelmäßig eingesetzt. Wenn man die Patient:innen engmaschig kontrolliert, überwacht und entsprechend aufklärt, sind diese Medikamente sehr erfolgreich in der modernen medikamentösen Schmerztherapie. Sollte ein Medikament einmal nicht wirken, wie man es erwartet, kann ein pharmakogenetischer Grund dahinterstecken. Rapid Metabolizer beispielsweise brauchen oftmals sehr hohe Dosen, um eine Wirkung zu erreichen. Auch das menschliche Mikrobiom spielt in der zeitgemäßen Schmerzmedizin zunehmend eine wichtige Rolle. Vor allem Lifestylefaktoren sowie eine Dauermedikation können das menschliche Mikrobiom verändern.

Das Interview führte Anna Schuster, BSc.

* Nähere Informationen unter: oesg.at/unsere-arbeit/schmerzakademie/index.html

Pain Update der ÖSG: „Was Sie über die systemische Schmerztherapie vielleicht noch nicht wussten“, 24. September 2024.

Helfen Apps …

… bei generalisierter Angststörung?

Im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat ein interdisziplinäres Team unter der Federführung der Gesundheit Österreich GmbH erhoben, welchen Nutzen digitale Anwendungen zur Behandlung einer generalisierten Angststörung bei Jugendlichen und Erwachsenen haben.1 Hierfür werteten die Wissenschafter:innen die Ergebnisse von 20 Studien aus, die die Anwendung von Apps untersucht hatten. Ihr Fazit: Anders als bei keiner Behandlung können Personen mit generalisierter Angststörung von digitalen Anwendungen, die auf kognitiver Verhaltenstherapie beruhen, zumindest kurzfristig profitieren – es fanden sich Hinweise auf positive Effekte in puncto Krankheitssymptomatik, Lebensqualität und Alltagsfunktionen. Allerdings lässt die bisherige Studienlage keine Aussage über langfristige oder unerwünschte Effekte zu. Ebenso fehlen bislang Vergleiche zwischen Apps und einer Psychotherapie im persönlichen Setting.

Zusätzliche Unterstützung

Ausgangspunkt dieses ThemenCheck-Berichts2 war übrigens die Anfrage eines Bürgers. Er wies darauf hin, dass gesetzlich Krankenversicherte einen Anspruch auf die Versorgung mit digitalen Gesundheitsanwendungen haben, und wollte wissen, ob nachgewiesen ist, dass Betroffene von der Anwendung von Apps zur Behandlung von Angststörungen grundsätzlich profitieren können. Für die Behandlung der generalisierten Angststörung werden in der Regel psychologische und psychotherapeutische Methoden empfohlen, vor allem die kognitive Verhaltenstherapie. Auch Entspannungsverfahren, Medikamente oder Selbsthilfegruppen können den Betroffenen helfen. Digitale Anwendungen bieten eine weitere Möglichkeit der Unterstützung. Häufig sind sie an die Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie angelehnt und stellen z. B. Texte und Videos bereit, mit denen Betroffene selbst arbeiten und üben können. Andere mögliche Optionen sind ein Angsttagebuch, automatische Erinnerungsfunktionen oder Kontakte zu Therapeut:innen.

Quellen:

1 Stürzlinger H et al., Generalisierte Angststörung: Helfen Apps Betroffenen bei der Bewältigung ihrer Erkrankung? doi.org/10.60584/HT22-02

2 iqwig.de/sich-einbringen/themencheck-medizin

„Manch neuer Durchbruch, alte Herausforderungen“

Die HIV-Forschung macht Fortschritte, aber bis zur Heilung für alle ist es noch weit

Univ.-Prof. Dr. Alexander Zoufaly, Präsident der Österreichischen AIDS-Gesellschaft und Facharzt für Infektions- und Tropenmedizin an der Klinik Favoriten, im Vorabgespräch.

Das Thema HIV war im vergangenen Jahr mehrmals in den Schlagzeilen. Neben der neuen, langwirksamen Präexpositionsprophylaxe (PrEP) Lenacapavir sorgte der sogenannte „2. Berliner Patient“ für Aufsehen. Er wurde durch eine Stammzelltransplantation geheilt, obwohl die Spenderin lediglich eine Kopie der gegen HIV immun machenden Genmutation besaß. Bisher gelang das nur mit homozygoten Spender:innen. Über die aktuellen Entwicklungen und noch viele andere Themen wird nun am 12. Deutsch-Österreichischen AIDS-Kongress diskutiert, der von 20. bis 22. März in der Wiener Hofburg stattfindet. Die Hausärzt:in sprach vorab mit Kongresspräsident Univ.-Prof. Dr. Alexander Zoufaly.

HAUSÄRZT:IN: Zum ersten Mal seit 20 Jahren wird der DeutschÖsterreichische AIDS-Kongress wieder in Wien stattfinden –was erwarten Sie sich davon?

Prof. ZOUFALY: Der Kongress steht unter dem Motto „ P rävention, Therapie, Heilung“. In all diesen Bereichen hat es in den letzten Jahren wichtige Fortschritte gegeben, die auf dem Kongress präsentiert werden. Neben renommierten Expert:innen aus dem Bereich der HIV-Medizin ist die Community, also jene Menschen, die mit HIV leben oder die einem erhöhten Ansteckungsrisiko ausgesetzt sind, elementarer Partner bei der Programmgestaltung und wichtiger Diskussionspartner. Denn: Nur wenn Fortschritt auch bei den Menschen ankommt, ist er sinnvoll.

Was sind aktuell die größten Herausforderungen bezüglich HIV in Österreich?

Österreich ist in Hinblick auf die Kontrolle und Zurückdrängung der HIV-Pandemie auf einem guten Weg. Dennoch bleiben weiterhin viele Neuinfektionen für Jahre unerkannt, was zu gesundheitlichen Nachteilen von Betroffenen und zur Verbreitung der Infektionskrankheit beiträgt. Nach wie vor erfahren Menschen mit HIV eine erhebliche Stigmatisierung und Diskriminierung in der Gesellschaft, auch im Gesundheitsbereich. Das erzeugt unnötiges zusätzliches Leid, denn therapierte Menschen mit HIV können ein weitgehend gesundes Leben ohne Beeinträchtigung führen. Von erfolgreich behandelten HIV-Infizierten geht zudem keine Ansteckungsgefahr aus, egal ob sexuell, im Gesundheitsbereich oder anderswo.

In Österreich wie auch weltweit werden HIV-Diagnosen oft erst spät gestellt –bei ca. 42 % ist das Immunsystem bei

Diagnosestellung bereits geschwächt.1

Warum ist das so?

Einerseits sind sich manche Menschen des eigenen Risikos nicht bewusst und lassen sich nach einem Risikokontakt nicht testen. Einmaliger ungeschützter Sex mit einem unbehandelten HIVpositiven Menschen kann ja bereits zu einer Ansteckung führen. Deshalb ist ein breit verfügbares Angebot an Schutzmöglichkeiten wie Kondomen oder der PrEP sowie an HIV-Testmöglichkeiten erforderlich. Andererseits wird auch seitens der Ärzt:innenschaft oftmals nicht an das eventuelle Vorliegen einer Infektion gedacht und eine indizierte, dringliche Testung nicht durchgeführt, obwohl Betroffene typische Anzeichen einer HIV-Infektion zeigen. Hier sind Wachsamkeit bei Mediziner:innen und ein gezieltes Fortbildungsangebot für diese Berufsgruppe notwendig.

„Die Erstattung der PrEP durch die Sozialversicherung ist ein Meilenstein in der HIV-Prävention und in den meisten Ländern Europas bereits Standard. In vielen Ländern zeigen sich [seither] rückläufige HIV-Diagnosezahlen.“

Die ÖAG forderte stets einen kostenfreien Zugang zu PrEP-Medikamenten – seit April 2024 werden nun bis zu 60 €/Monat rückerstattet. Ist die Forderung der ÖAG damit erfüllt?

Die Erstattung der PrEP durch die Sozialversicherung ist ein Meilenstein in der HIV-Prävention und in den meisten Ländern Europas bereits Standard. In vielen Ländern zeigen sich rückläufige HIV-Diagnosezahlen infolge breiterer Verfügbarkeit der PrEP. Auch rückt das Thema sexuelle Gesundheit und Vermeidung von anderen sexuell übertragbaren Infektionen mehr in den Fokus, was sehr wichtig ist. Es ist erfreulich, dass Österreich hier nachgezogen hat. Die Erstattung erfolgt in den meisten Fällen reibungslos. Allerdings sind nicht krankenversicherte Personen, die manchmal in prekären Verhältnissen leben und keine eigenen Mittel für eine PrEP haben, aber ein erhöhtes Ansteckungsrisiko aufweisen können, derzeit von einer Erstattung ausgenommen.

„Bei extrem früher Therapie ist eine funktionelle Heilung, also die vollständige immunologische Kontrolle der Infektion ohne Therapie, auch heute schon möglich.“

In Ländern, in denen eine lückenlose Bereitstellung von täglich einzunehmenden Medikamenten wie der oralen PrEP Schwierigkeiten bereitet, ist das Angebot von solchen langwirksamen Substanzen sicherlich noch bedeutender. Dennoch wird Lenacapavir nach der Zulassung, die in Europa für die nahe Zukunft zu erwarten ist, vermutlich auch hierzulande eine wichtige Rolle spielen.

Die Kosten für Lenacapavir sind aktuell viel höher als jene für herkömmliche PrEP-Mittel – ist das Medikament unter diesen Umständen tatsächlich ein brauchbarer Ersatz?

Dieses innovative Medikament wird bei uns erst dann weite Verbreitung finden und damit eine messbare Rolle in der Vermeidung von Neuinfektionen haben, wenn es leistbar ist bzw. eine Kostenübernahme geklärt werden kann. Derzeit ist leider noch nicht absehbar, wann das sein wird. Bis dahin steht auch die kostengünstige orale PrEP zur Verfügung.

Heuer wurde der Fall des „ 2 . Berliner Patienten“ bekannt. Welche Bedeutung hat dieser für die HIV-Forschung?

Auch wenn hier ein neuer Weg beschritten wurde, der zu wissenschaftlich höchst interessanten Erkenntnissen geführt hat, handelt es sich bei einer Stammzelltransplantation immer noch um einen beträchtlichen Eingriff mit sehr hoher Komplikationsrate, der praktisch nur im Falle einer schweren Krebserkrankung vorgenommen wird. Daher ist eine Heilung weiterhin nur in seltenen Ausnahmen möglich und hat einen sehr hohen Preis. Eine Heilung für alle ist heute noch Zukunftsmusik.

Aus diesen Zellen kann das Virus jederzeit freigesetzt werden und eine neue Aussaat in andere Zellen bewirken. Um es vollständig zu eliminieren, muss man es aus diesen Gedächtniszellen herausbekommen. Hier gibt es einige theoretisch interessante, aber praktisch derzeit nicht ausreichend gute Möglichkeiten, die Zellen zu erwecken und eine Neuinfektion von anderen Zellen durch eine antiretrovirale Therapie zu verhindern. Dies scheint umso schwieriger, je länger sich das Virus bereits im Körper ausgebreitet hat. Bei extrem früher Therapie ist eine funktionelle Heilung, also die vollständige immunologische Kontrolle der Infektion ohne Therapie, auch heute schon möglich.

Absehbarer als die endgültige Heilung ist eine Form einer äußerst langwirksamen Therapie, die – einmal verabreicht – über viele Monate eine Virusvermehrung erfolgreich verhindern können wird, auch wenn sich das Virus im Körper nicht endgültig eliminieren lässt.

Während der Coronapandemie wurde wesentlich weniger auf HIV getestet, was sich auch in den Diagnoseraten niedergeschlagen hat.

Welche Auswirkungen hat das auf die Zurückdrängung von HIV?

Die HIV-Testungen waren in der Coronapandemie rückläufig – und damit auch die Neudiagnosen. Deswegen ist die Dunkelziffer vermutlich temporär gestiegen und man wird in den nächsten Jahren Nachholeffekte sehen.

Die Zurückdrängung von HIV hat sich damit sicherlich verzögert. Umso wichtiger ist es daher, jetzt alle Möglichkeiten der Prävention und Testung effektiv einzusetzen.

Mit Lenacapavir gibt es nun einen PrEP-Wirkstoff, der nur halbjährlich statt täglich verabreicht werden muss. Welche Bedeutung hat das für Österreich?

Wie auch in anderen Bereichen der Medizin ist es sinnvoll, verschiedene Applikationsformen von Medikamenten anzubieten, damit möglichst viele Menschen, die alle unterschiedliche Bedürfnisse haben, von einem guten und dauerhaften Schutz profitieren können.

Welche Ansätze für die Heilung von HIV gibt es? Ist sie abseits von Stammzelltherapie-Einzelfällen noch zu unseren Lebzeiten realistisch?

Heilung wird irgendwann möglich sein, über den Zeithorizont kann derzeit keine Aussage getroffen werden. HIV hat die Eigenschaft, sich bereits kurz nach der Infektion in ruhende immunologische Gedächtniszellen einzunisten, die eine extrem lange Lebenszeit haben.

Das Interview führte Felicia Steininger.

Quelle:

1 Leierer G et al., 45. Österreichischer HIV-Kohortenbericht, November 2023.

TERMIN

12. Deutsch-Österreichischer AIDS-Kongress 20.-22.03.2025, Hofburg Wien.

Mängel in sexueller Gesundheitsversorgung

Aids Hilfe Wien fordert umfassende nationale Strategie

Die Sexualmedizin ist nicht ausreichend in das österreichische Gesundheitssystem integriert. Das geht aus dem GenderGesundheitsbericht mit Schwerpunkt auf sexueller und reproduktiver Gesundheit hervor, den das Sozialministerium um den Jahreswechsel veröffentlichte. Demnach ist die sexualmedizinische Versorgung in Österreich fragmentiert, und der Zugang zu ihr variiert regional stark. Hohe Kosten und Stigmatisierung erschweren vor allem Frauen, LGBTIQ+ -Personen, Sexarbeiter:innen, Menschen mit Behinderungen und älteren Menschen den Zugang zu angemessenen medizinischen Angeboten. Auch im Bereich der sexuell übertragbaren Krankheiten bestehen Mängel. Der Bericht zeigt hier einen großen Informationsbedarf unter Jugendlichen auf. Sexuelle und geschlechtliche Minderheiten haben nach wie vor ein erhöhtes Infektionsrisiko, was unter anderem an der schlechteren gesundheitlichen Versorgung dieser Personengruppe liegen dürfte. Transfrauen etwa sind einem besonders hohen HIV-Infektionsrisiko ausgesetzt.1

Aufklärung fördern, Barrieren abbauen

Die Aids Hilfe Wien reagierte auf den Bericht mit einem Appell an die Bundesregierung: „ Es ist höchste Zeit, dass die künftige Regierung eine strategische Herangehensweise an das Thema sexuelle Gesundheit entwickelt und umsetz t “ , so die Vorsitzende Dr. in Mirijam Hall.

Hier geht´s zum Gender-Gesundheitsbericht 2024:

Es brauche einen klaren politischen Einsatz für eine nationale Strategie, die Prävention, Diagnostik und Beratung stärkt. „ Darüber hinaus ist es unerlässlich, die Institutionen, die in diesem Bereich bereits wertvolle Arbeit leisten, finanziell zu unterstützen, damit sie ihre Angebote nachhaltig ausbauen können “

Neben der Entwicklung einer bundesweiten Strategie fordert die Aids Hilfe Wien eine Stärkung der Sexualpädagogik, den Ausbau von Test- und Beratungsangeboten und die Schaffung diskriminierungsfreier Räume, in denen sich Menschen ohne Angst vor Stigmatisierung über sexuelle Gesundheit informieren können. 2

Noch-Gesundheitsminister Johannes Rauch sieht das ähnlich: „ Es ist an der Zeit, die sexuelle und reproduktive Gesundheit aus einer vielschichtigen und gendersensiblen Perspektive zu betrachten, um die Bedürfnisse aller zu erkennen und die Chancengleichheit im Gesundheitswesen zu fördern “3

Aus diesem Grund habe das Gesundheitsministerium ein E-Learning Tool für Menschen in Gesundheitsberufen entwickelt, das diese in sensiblem Umgang mit genderdiversen Personen schulen soll (siehe INFO). In vier zehnminütigen Modulen wird dort in die Gesundheitsversorgung von LGBTIQ+-Personen eingeführt. Der Inhalt umspannt gesundheitliche Ungleichheiten sexueller und geschlechtlicher Minderheiten, inklusive Kommunikation sowie Möglichkeiten zur Reduktion bestehender Barrieren.

Felicia Steininger Quellen:

1 Gender-Gesundheitsbericht 2024, BMSGPK.

2 Presseaussendung Aids Hilfe Wien, 13.01.2025.

3 Presseaussendung BMSGPK, 13.01.2025.

INFO

LGBTIQ+ E-Learning Tool des Gesundheitsministeriums:

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Praxiswissen: Enuresis nocturna

Ein Konzept zur evidenzbasierten Therapie in der hausärztlichen Praxis

GASTAUTORINNEN-TEAM:

Ordensklinikum Linz

Dr.in Christa Gernhold DGKP Marion Zauner

Priv.-Doz.

Bernhard Haid, FEAPU, FEBU

Abteilung für Kinderurologie, Ordensklinikum Linz Barmherzige Schwestern

„Bettnässen“ tritt häufig auf und stellt in unterschiedlichem Umfang eine Belastung für die Betroffenen sowie ihre Familien dar. Die Lebensqualität der Kinder ist messbar reduziert – insbesondere wenn Tagessymptome hinzukommen – und stark abhängig von der Reaktion des Umfelds.1,2 Sowohl die Aufklärung als auch die Behandlung können zeitaufwändig sein – für eine erfolgreiche Therapie ist das Verständnis des Problems wesentlich und meist auch urotherapeutische Betreuung sinnvoll. Damit Familien bestmöglich unterstützt werden können, sollen in diesem Artikel die Diagnostik, die Basis- sowie die spezifische Therapie erläutert werden.

Klassifikation

Von der International Children’s Continence Society (ICCS) wird Enuresis als unwillkürliches, intermittierendes Einnäs-

DFP-Punktesammler

sen im Schlaf definiert, das bei Kindern ab fünf Jahren auftritt. Man unterscheidet dabei zwischen der primären Enuresis nocturna – bei der das Kind noch nie länger als sechs Monate trocken war – und der sekundären Enuresis nocturna, die nach einer mindestens sechsmonatigen trockenen Phase auftritt. Eine weitere wichtige Unterscheidung ist die zwischen monosymptomatischer Enuresis nocturna (MEN) und nichtmonosymptomatischer Enuresis nocturna (NMEN). Von monosymptomatischer Enuresis spricht man, wenn Bettnässen das einzige Symptom darstellt. Kinder mit einer nichtmonosymptomatischen Form haben zusätzlich Symptome wie gesteigerten Harndrang, Inkontinenz tagsüber, Miktionsschwierigkeiten (schwacher Strahl oder Hinauszögern der Miktion) oder eine verminderte/gesteigerte Miktionshäufigkeit (< viermal/ > siebenmal am Tag).3

Epidemiologie

Die Häufigkeit von Enuresis nimmt mit zunehmendem Alter ab: Etwa 10 % der siebenjährigen Kinder, 5 % der zehnjährigen und 0,5 bis 1 % der Erwachsenen sind betroffen. Der Anteil spontaner Remissionen beträgt etwa 15 % pro Jahr. Bei Jungen tritt Bettnässen häufiger auf als bei Mädchen.

Eine genetische Prädisposition für Enuresis nocturna ist gut dokumentiert. Mögliche Genloci befinden sich auf den Chromosomen 12, 13 und 21. Der Zusammenhang zwischen Genetik und Phänotyp ist trotz eines wahrscheinlich in vielen Fällen dominanten Erbganges komplex sowie uneinheitlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind eine Enuresis entwickelt, liegt bei 15 %, wenn diese bei keinem

Elternteil vorgekommen ist, bei 44 %, wenn einer daran litt, und bei 77 %, wenn beide Elternteile davon betroffen waren.4

Pathophysiologie5

Die Entstehung der Enuresis nocturna stellt ein multifaktorielles Geschehen dar, das sich vor allem auf drei Hauptfaktoren zurückführen lässt: u Schwere Erweckbarkeit: Man vermutet, dass betroffene Kinder eine Unreife des zentralen und peripheren Nervensystems haben, die zu einer unzureichenden Unterdrückung des Harndrangs bzw. zu einer Detrusorüberaktivität während des Schlafs führt. Die Inkontinenz tritt beim Erwachen aus dem Tiefschlaf auf und ist fast nie mit der REM-Phase verbunden. Trotz der hohen Aufweckschwellen leiden die Kinder häufig unter einer schlechten Schlafqualität. Damit in Zusammenhang stehen pathologische Schlafmuster – einerseits als Ursache, andererseits als Folge der veränderten Blasenfunktion.6 v Reduzierte funktionelle Blasenkapazität: Viele Kinder mit einer Enuresis haben eine reduzierte funktionelle Blasenkapazität. Ab circa zwei Jahren erlangen Kinder untertags die Kontrolle über die Blase im Sinne einer Unterdrückung der Detrusorkontraktionen – damit verbunden ist eine Zunahme der funktionellen Kapazität. Die Blasen-Sphinkter-Achse wird zunehmend von höheren neuralen Zentren moduliert und die Miktion an soziale Normen angepasst, wodurch es zur Kontinenz zunächst am Tag und dann in der Nacht kommt. Bei vielen Kindern mit Enuresis scheint dieser Reifungsprozess eingeschränkt oder zumindest verzögert zu sein, was zu einer eingeschränkten funktionellen Blasenkapazität und einer damit einhergehenden größeren Wahrscheinlichkeit einer Inkontinenz führt. w Nächtliche Polyurie: Die hormonelle Kontrolle der nächtlichen Urinproduktion spielt eine wichtige Rolle in der Pathophysiologie. Dabei beeinflussen sowohl Trinkgewohnheiten als auch die Korrelation zwischen funktionellem Blasenvolumen und Miktionsvolumen die Hormonproduktion.

Ein erhöhter nächtlicher Urinoutput wird oft mit niedrigen Vasopressinspiegeln in Verbindung gebracht. Kinder mit nächtlicher Polyurie produzieren in der Nacht mehr Urin, als ihre Blase fassen kann, was unfreiwilligen Urinabgang zur Folge hat.

Einfluss nehmende

Komorbiditäten

Obstipation: Eine Ausscheidungsstörung im Sinne eines „ Bladder-andBowel-Dysfunction“- Syndroms scheint häufig aufzutreten. Es besteht eine hohe Inzidenz bei Kindern mit Enuresis. Eine adäquate Stuhltherapie sollte zusätzlich immer angedacht werden.7

Atemwegsobstruktion: Enuresis wurde auch mit obstruktiven Atemwegserkrankungen in Verbindung gebracht, wobei eine deutliche Besserung der Symptome nach Atemwegsoperationen wie Tonsillektomien beobachtet wurde.8

Psychiatrische und neurologische Erkrankungen, Entwicklungsverzögerung: Kinder mit Aufmerksamkeitsdefizit-, Autismus-Spektrum- oder Angststörungen haben ein deutlich höheres Risiko, an einer Enuresis zu leiden. Diese Grunderkrankungen stehen auch mit einem beträchtlich eingeschränkten Therapieerfolg in Zusammenhang.9

Adipositas: Die Enuresis tritt bei adipösen Kindern häufiger auf als bei normalgewichtigen – außerdem sprechen erstere schlechter auf die Therapie an.10 In einer Querschnittstudie waren Kinder mit einem BMI über der 95. Perzentile in 30 % aller Fälle und damit viermal häufiger als eine normalgewichtige Kontrollpopulation betroffen.11 Psychische Probleme sind in aller Regel eher die Folge einer Enuresis als ihre Ursache. Stressoren wie Schuleintritt, die Geburt eines Geschwisterchens oder Konflikte im familiären Umfeld machen eine Enuresis wahrscheinlicher – ein Therapieansatz sollte diese Punkte berücksichtigen, aber nicht ausschließlich darauf aufbauen.

Diagnose

Die zielgerichtete Diagnostik der Enuresis erfordert einen strukturierten Ansatz, um die Ursachen zu identifizieren.

Anamnese

Eine genaue Anamnese stellt die Grundlage der weiteren Diagnostik dar. Hierbei sollten das Muster und das Auftreten der Harninkontinenz, das Trinkund Miktionsverhalten sowie die Stuhlgewohnheiten erfragt werden:

• Häufigkeit und Muster des Einnässens: Wie oft tritt das Problem auf? Wann tritt es auf? (In der ersten oder zweiten Nachthälfte?)

• Familienanamnese: Gibt es in der Familie ähnliche Probleme?

• Trink- und Miktionsverhalten: Wie viel, wann und was trinkt das Kind, und wie oft sucht es die Toilette auf?

• Tageszeitliche Inkontinenz: Treten auch am Tag Symptome auf? Vermehrte Drangsymptomatik? Haltemanöver?

• Stuhlgewohnheiten: Gibt es Hinweise auf Verstopfung oder andere gastrointestinale Probleme?

• Psychosoziale Faktoren: Gibt es Stressfaktoren in der Familie, in der Schule oder im sozialen Umfeld?

Red Flags

Warnsignale bei der Erstuntersuchung des Kindes mit Enuresis sollten ebenfalls strukturiert abgefragt und gegebenenfalls weiter untersucht werden (siehe Tabelle, Seite 21).

Blasentagebuch

Ein Blasentagebuch über 48 Stunden bildet neben einer umfassenden Anamnese den Grundpfeiler der Diagnostik von Harninkontinenz. Aus der – bei jeder Miktion – ausgeschiedenen Urinmenge werden die durchschnittlichen und maximalen Miktionsvolumina berechnet. Um diese Werte mit denen anderer Patient:innen zu vergleichen, wird die „erwartete maximale Blasenkapazität“ (EBC) für das Alter des Kindes mithilfe folgender Formel berechnet: ([Alter in Jahren] + 1) x 30 ml. Diese Formel gilt für Kinder bis circa zwölf Jahre, wenn die Kapazität eines Erwachsenen von 400 ml erreicht ist. Dabei ist zu beachten: Nicht jede einzelne Harnportion muss diesen Wert aufweisen, damit von einer „normal großen“ Blase gesprochen werden kann.

Nächtliche Polyurie ist definiert als eine nächtliche Urinproduktion (Gewicht >

der Windel plus erste Miktion am Morgen) von mindestens 130 % der EBC des Kindes.

Körperliche Untersuchung

Eine detaillierte Untersuchung des äußeren Genitale ist primär nicht notwendig.12 Die Untersuchung des äußeren Genitals und eine orientierende neurologische Untersuchung sind bei Tagessymptomatik und permanentem Harnverlust relevant.

Ultraschall

Die Sonographie erbringt bei ansonsten unauffälliger Anamnese nur mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit relevante Zusatzbefunde, kann aber für die Detektion bzw. Beurteilung von funktioneller Obstipation (Rektumquerdurchmesser, siehe Abbildung 1), möglichen Harntraktfehlbildungen und für Hinweise auf eine relevante Blasenentleerungsstörung (infravesikale Obstruktion, Veränderungen der Blasenwand) sowie für die Ermittlung möglicher zusätzlicher Veränderungen des oberen Harntraktes sinnvoll sein. Während die internationale Literatur insbesondere bei monosymptomatischer Enuresis keine Notwendigkeit sonographischer Diagnostik sieht, sollte sie bei Vorhandensein von Tagessymptomatik oder zusätzlichen komplizierenden Faktoren durchgeführt werden.

Behandlung

Grundlage für eine erfolgreiche Therapie sind die Aufklärung über die Häufigkeit der Enuresis, die Entmystifizierung sowie ein Gespräch über notwendige Verhaltensänderungen. Die wesentlichsten Punkte dabei: das altersadäquate Miteinbeziehen des Kindes, die unbedingte Vermeidung eines Transfers

von Schuld oder Verantwortung und die Berücksichtigung innerfamiliärer Konflikte. Hier sollte in Abhängigkeit vom Muster der Enuresis (monosymptomatisch – nichtmonosymptomatisch) auf Folgendes geachtet werden:

• bewusstes Wahrnehmen von Symptomen,

• Unterstützung des Kindes und der Familie bei der Optimierung des Miktionsverhaltens: regelmäßige Toilettenbesuche, insbesondere vor dem Schlafengehen,

• adäquates Flüssigkeitsmanagement: Flüssigkeitszufuhr tagsüber verteilen, abends reduzieren. Wenn eine Tagessymptomatik besteht, sollte diese zuerst behandelt werden und sich der Fokus erst danach auf die Behandlung der nächtlichen Enuresis verschieben. Beispielsweise kann eine – oft im familiären Umfeld gar nicht einfach umzusetzende – Trinkmengenreduktion keinerlei Erfolg bringen, wenn die funktionelle Kapazität noch sehr klein ist (Einnässen vor Mitternacht).

Die Tagestrinkmenge sollte hauptsächlich am Vormittag und frühen Nachmittag aufgenommen werden. Kleine Gläser („ Stamperl“) helfen, die abendliche Trinkmenge zu reduzieren. Kohlensäurehaltige Getränke sowie Milchprodukte sollten ab dem späten Nachmittag vermieden werden.

Auf eine regelmäßige entspannte Blasenentleerung gilt es zu achten: In erster Linie lässt sich diese durch die Verwendung eines kindgerechten Toilettensitzes und einer Fußablage ermöglichen.

Management von Kofaktoren

Die funktionelle Obstipation stellt einen Hauptkofaktor der (N)MEN dar: In 80 % der erfolgreich abgeführten Kinder sistiert die Harntraktsymptomatik (Inkontinenz/Drangsymptomatik). Auf eine regelmäßige bzw. tägliche Entleerung einer großen Portion geformten Stuhls sollte somit immer geachtet werden. Hilfreich sind die Verwendung der „ Bristol Stool Scale“ und der sonographisch gemessene Rektumquerdurchmesser. Häufig ist eine längerfristige, mindestens sechs bis acht Wochen dauernde Therapie mit einem osmotischen Laxans indiziert: mit Macrogol 4000 oder löslichen Ballaststoffen (Lebensmittel für besondere medizinische Zwe-

cke). Diätetische Maßnahmen lassen sich bei Kindern oft schwer in effizienter Art und Weise umsetzen.

Urotherapie

In der Regel kann eine sinnvolle und erfolgreiche Therapie in der pädiatrischen, hausärztlichen oder urologischen Praxis problemlos umgesetzt werden. Die kind- und elterngerechte Aufklärung über die Pathophysiologie der Enuresis ist essenziell und kann, wie auch die Intervention bei schlechtem Therapieansprechen, deutlich von urotherapeutischer Mithilfe profitieren. Gerade in komplexeren Familiensituationen oder bei entsprechenden Komorbiditäten ist nur eine intensive Therapie zielführend. Zentren bieten dazu sowohl Gruppenschulungen für Eltern und Kinder als auch gezielte intensive Diagnostik und Therapie in komplizierten Einzelfällen sowie bei Therapieversagen an.

Alarmtherapie5

Die Alarmtherapie hat eine hohe Erfolgsquote von 50 bis 70 % bei einer Anwendung von mindestens acht Wochen. Die Funktionsweise der Alarmtherapie besteht in einem Training der Miktionshemmung durch Biofeedback: In dem Moment, in dem vor einer nächtlichen unbemerkten Miktion (= Enuresis) Detrusorkontraktionen auftreten, erfolgen durch den Alarm die bewusste Wahrnehmung und die zentrale Hemmung.

Kind, > 5 Jahre, therapiewillig

detaillierte Anamnese + Blasentagebuch

Untertags Symptome?

Zuerst Tagessymptome behandeln!

Blasentraining, Anticholinergika bei Drangsymptomatik und hoher Frequenz sowie geringer Menge

Wenn nur mehr nachts Symptome -->> Alarmgerät, Desmopressin

Abb. 2: Therapiealgorithmus.5

Nur nachts Symptome?

Alarmgerät, Desmopressin

So kann der Mechanismus konditioniert werden, das Kind schläft durch und die Miktion wird unterdrückt. Folglich wird auch die funktionelle Blasenkapazität gesteigert.

Praktisches Vorgehen:

• Vor dem Zu-Bett-Gehen ist auf eine entspannte, komplette Blasenentleerung zu achten. Sollte das Kind nach dem Toilettengang noch lange wach bleiben (lesen etc.), wird ein neuerlicher Toilettengang unmittelbar vor dem Schlafen empfohlen.

• Bevor das Gerät tatsächlich zur Anwendung kommt, erfolgt ein „Training“: Vor dem Zu-Bett-Gehen wird jeden Tag ein neues Codewort vereinbart, das von den Kindern bei Ertönen des Alarmgerätes und am Morgen abgefragt wird, um eine bewusste Wahrnehmung zu garantieren.

• Im Rahmen des Trainings wird zwei Stunden nach dem Einschlafen mithilfe des Klingeltones das Kind geweckt. Danach soll das Kind mithilfe der Eltern und des vereinbarten Codewortes das Alarmgerät deaktivieren und selbstständig die Toilette aufsuchen.

• Nach fünf Tagen Training kann das Alarmgerät tatsächlich eingesetzt werden. Für den optimalen Trainingserfolg reicht es, das Alarmgerät einmal pro Nacht, drei- bis viermal wöchent-

lich zu verwenden, um einen erholsamen Nachtschlaf zu ermöglichen.

• Das Alarmgerät soll zwei Wochen, nachdem trockene Nächte erzielt worden sind, noch weiter verwendet werden.

• Falls ein Rückfall passiert – in dessen Rahmen typischerweise „salvenhaft“ nasse Nächte vorkommen –, kann das Alarmgerät nach der ersten nassen Nacht neuerlich verwendet werden.

• Wenn Verhaltensänderungen und die Alarmgerättherapie nicht ausreichend wirksam sind, kann eine medikamentöse Therapie in Betracht gezogen werden.

Medikamentöse Therapie4

Anticholinergika: Bei Kindern mit einer hohen Miktionsfrequenz (> siebenmal/Tag), einem geringen Blasenvolumen (< 65 % der geschätzten Blasenkapazität) und Drangsymptomen kann eine Behandlung mit Anticholinergika die Blasenkapazität erhöhen und die Drangsymptomatik reduzieren. Die häufigsten Nebenwirkungen bei Kindern sind Verstopfung, die zu einer Verschlechterung der Enuresissymptomatik beiträgt, Mundtrockenheit, die zu Karies führen kann, trockene Augen und ZNS-Nebenwirkungen (Seh-, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit). Alle Nebenwirkungen sind reversibel.

WARNSIGNALE BEI DER ERSTUNTERSUCHUNG DES KINDES MIT ENURESIS UND WEITERFÜHRENDE MASSNAHMEN

febrile Harnwegsinfekte

afebrile Harnwegsinfekte

Gewichtsverlust, Wachstumsverzögerung und/oder Übelkeit, übermäßiger Durst mit nächtlichem Trinkbedürfnis

Schwierigkeiten mit dem Wasserlassen, schwacher Strahl, Bedürfnis, sich beim Wasserlassen anzustrengen

sekundäre nächtliche Enuresis mit kürzlichem Auftreten

starkes Schnarchen oder Schlafapnoe

ständiger Harnverlust, Tröpfeln

Sonographie, weitere Ursachendiagnostik (Vesikoureteraler Reflux, Harntraktfehlbildung?)

weitere Abklärung der Blasenentleerungsstörung

Kreatinin und Harnzucker prüfen. Kreatinin und morgendliche Urinosmolalität berücksichtigen. Miktionsprotokoll

Uroflow und Restharn, Sonographie (Blasenwanddicke, oberer Harntrakt?), körperliche Untersuchung (Hinweise auf eine neurologische Erkrankung?)

Harn prüfen: Uricult, Harnzucker; körperliche Untersuchung, genaue psychologische Evaluation

HNO-Untersuchung (Indikation für TE/AT?), körperliche Untersuchung

Sonographie (Doppelniere? Extraurethrale Inkontinenz?)

Desmopressin kommt als Erstlinienbehandlung bei monosymptomatischer Enuresis mit nächtlicher Polyurie in Form einer adjuvanten Therapie in „besonders wichtigen Nächten“ zum Einsatz. Als Analogon des antidiuretischen Hormons erhöht es die Rückresorption von Flüssigkeit aus den Nierentubuli. Ein Ansprechen erfolgt zwar in 80 % der Kinder, allerdings bei hoher Rezidivrate. Aus diesem Grund ist eine schrittweise Reduktion sinnvoll (z. B. RiccabonaSchema: Dosishalbierung alle vier Wochen). Desmopressin wird eine Stunde vor dem Schlafengehen eingenommen, dabei sollte die Trinkmenge reduziert werden, um die seltene Nebenwirkung einer hypervolämen Hyponatriämie mit Ödembildung zu verhindern.

Psychosoziale Unterstützung

Die psychosoziale Unterstützung stellt einen wichtigen Bestandteil der Therapie dar. Es kann hilfreich sein, psychologische Beratung oder Verhaltenstherapie anzubieten – insbesondere älteren Kindern oder Patient:innen, die stark unter ihrer Inkontinenz leiden. Die Unterstützung des Kindes sowie der Familie kann Stress reduzieren und das Selbstwertgefühl des Kindes stärken.

Literatur:

1 Rangel RA et al., Int Braz J Urol. 2021;47:535-41.

2 Schast AP et al., J Pediatr Urol. 2008;4:127-33.

3 Austin PF et al., Neurourol Urodyn. 2016;35:471-81.

4 Ferrara P et al., Cent European J Urol. 2024;77:42-57.

5 Haid B, Tekgul S, Eur Urol Focus. 2017;3:198-206.

6 Neveus T, Int J Urol. 2017;24:174-82.

7 Neveus T et al., J Pediatr Urol. 2020;16:10-9.

8 Kovacevic L et al., J Pediatr Urol. 2013;9:145-50.

9 Tsai HL et al., Clin Epidemiol. 2020;12:163-71.

10 Ma Y et al., Int Braz J Urol. 2019;45:790-7.

11 Weintraub Y et al., Int J Obes (Lond). 2013;37:75-8.

12 Austenfeld L et al, J Pediatr Urol. 2024 Dec 24: S1477-5131(24)00677-6.

DFP-Pflichtinformation

Fortbildungsanbieter: Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin

Lecture Board:

Dr.in Johanna Holzhaider 2. Vizepräsidentin der OBGAM; Gruppenpraxis Sandl, Oberösterreich

OA Dr. Stephan Doblhammer LK Korneuburg, Urologie / Praxis Kettenbrücke, Wien

Hausärzt:in DFP – Das Wichtigste in Kürze

Enuresis ist häufig und oft belastend für die Betroffenen und ihre Familien.

Eine Therapie ist ab dem Alter von fünf bis sechs Jahren indiziert.

Ein Blasentagebuch über mind. 48 Stunden und eine detaillierte Anamnese sind für eine korrekte Diagnose und Behandlung essenziell.

Trink- und Miktionsverhalten verbessern, auf einen regelmäßigen Stuhlgang achten, Komorbiditäten erkennen und behandeln.

Alarmgerät: Goldstandard für Kinder, die keine Tagessymptomatik und eine altersentsprechende Blasenkapazität aufweisen (Minimum 60-70 % der EBC).

Medikamentöse Therapie: Anticholinergika und Desmopressin haben nach sorgfältiger Abwägung bei manchen Kindern einen Stellenwert.

DFP-Literaturstudium HAUSÄRZT:IN

So machen Sie mit: Entsprechend den Richtlinien der ÖÄK finden Sie im Anschluss an den Fortbildungsartikel Multiple-Choice-Fragen. Eine Frage gilt dann als richtig beantwortet, wenn Sie von den vorgegebenen Antworten alle richtigen angekreuzt haben. Für eine positive Bewertung ist erforderlich, dass Sie 2 der 3 Fragen richtig beantworten. In diesem Fall wird 1 DFP-Fachpunkt angerechnet.

Online lesen und beantworten: Dieser Fortbildungsartikel inkl. Test steht online auf Gesund.at und meindfp.at noch 2 Jahre zur Verfügung. Wenn Sie dieses elektronische Angebot nutzen, erhalten Sie auch die Teilnahmebestätigung elektronisch.

Per E-Mail oder Post: Schicken Sie den beantworteten Fragebogen bitte per Mail als ScanDokument an office@gesund.at oder per Post an Redaktion HAUSÄRZT:IN/RMA Gesundheit GmbH, Am Belvedere 10 / Top 5, 1100 Wien. Einsendeschluss: 31. August 2025.

Unsere aktuellen Fortbildungen finden Sie unter Gesund.at (DFP Fortbildungen).

DFP-Fragen zu „Praxiswissen: Enuresis nocturna“

Die Anzahl der richtigen Antworten ist nach jeder Frage in Klammern angegeben.

Was ist der Unterschied zwischen einer primären und einer sekundären Enuresis nocturna? (1 richtige Antwort)

Eine primäre Enuresis tritt nach einer trockenen Phase von mindestens drei Monaten auf, eine sekundäre nach einer erfolglosen Therapie.

Die primäre Enuresis betrifft Kinder unter fünf Jahren, die sekundäre jene über fünf Jahre.

Bei der primären Enuresis war das Kind nie länger als sechs Monate trocken, die sekundäre Enuresis tritt nach einer mindestens sechsmonatigen trockenen Phase auf.

Die primäre Enuresis tritt tagsüber auf, die sekundäre nur nachts.

Welche diagnostische(n) Maßnahme(n) wird/werden bei Kindern mit Enuresis nocturna routinemäßig empfohlen? (1 richtige Antwort)

Ein Blasentagebuch über 48 Stunden.

Eine Ultraschalluntersuchung, insbesondere bei Tagessymptomatik.

Eine Anamnese des Trink- und Miktionsverhaltens.

Alle genannten Maßnahmen.

Welches Hormon spielt eine wichtige Rolle bei der nächtlichen Urinproduktion und wird mit Enuresis nocturna in Verbindung gebracht? (1 richtige Antwort) 3

Insulin.

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Wirksame Vorsorge

Das war der Impftag 2025 – unterschiedliche Blickwinkel

Am 18. Jänner fand unter dem Vorsitz von Univ.-Prof.in Dr.in Ursula WiedermannSchmidt, Leiterin des Zentrums für Pathophysiologie, Infektiologie und Immunologie der MedUni Wien, der Österreichische Impftag 2025 im Austria Center Vienna statt. Auch eine Online-Teilnahme war möglich. Unter dem Motto „G eimpft – Geschützt –Sicher!“ erwartete die Teilnehmenden ein abwechslungsreiches Programm. Einerseits wurden impfpräventable Erkrankungen wie die Masern beleuchtet, die trotz Impfprogrammen nach wie vor eine Bedrohung darstellen, andererseits neue Impfstoffentwicklungen vorgestellt. Stellvertretend sind die Inhalte von vier Vorträgen hier zusammengefasst:

Rückkehr der Masern verhindern

Die hochansteckende Infektionskrankheit Masern konnte aufgrund erfolgreicher Impfkampagnen in den letzten Jahrzehnten effektiv zurückgedrängt werden. „I n den letzten beiden Jahren

wurden jedoch in Österreich ungewöhnlich große Masernausbrüche beobachtet“, hielt Dr. David Springer, Zentrum für Virologie, MedUni Wien, fest. „ 2 024 wurden sogar 507 Fälle bestätigt (Stand: 28.11.), es war das stärkste Jahr seit zumindest 2001 und belegte einen unrühmlichen Platz im europäischen Spitzenfeld. Das Zentrum für Virologie der MedUni dient als Referenzzentrale und bestätigt Masernverdachtsfälle mittels PCR, Serologie und Sequenzierung, was uns ermöglicht, die Ausbrüche besser zu verstehen “ Der Experte über den aktuellen Erkenntnisstand:

• Insbesondere durch Genotypisierung wurde rasch klar, dass es sich nicht um ein singuläres Ausbruchsgeschehen handelte, sondern um eine hohe Anzahl unabhängiger Importe, von denen die meisten allerdings nur zu wenigen Folgefällen führten und nur einzelne größere Ausbrüche verursachten.

• Bei Wiederauftreten desselben Genotyps kann Whole-Genome-Sequencing helfen, einen Re-Import von einer

kontinuierlichen Zirkulation zu unterscheiden.

• Wichtig ist es in diesem Kontext aber auch, zu verstehen, ob es zu einer Zunahme von Immunitätslücken in den letzten Jahren oder in bestimmten Altersgruppen kam, etwa weil durch die SARS-CoV-2-Pandemie weniger Impfungen verabreicht wurden.

• Um diese und weitere Fragen zu beantworten, wurde am Zentrum für Virologie eine SeroprävalenzAnalyse an einem großen retrospektiven Datensatz von diagnostisch angeforderten Masern-Antikörpertests labordurchgeführt. Dabei zeigten sich große Immunitätslücken besonders in Kindern und jungen Erwachsenen, jedoch kein besonderer Einfluss der Pandemie.

Dr. Springer: „ Es ist also unerlässlich, diese bestehenden Immunitätslücken zu schließen, um auch in den kommenden Jahrzehnten eine solide Bevölkerungsimmunität gegen Masern aufrechtzuerhalten.“ >

Impfstoffentwicklungen im Bereich respiratorischer Erkrankungen

Ein wissenschaftlicher Höhepunkt des Impftages war der Vortrag des renommierten Impfstoffforschers Univ.-Prof. Dr. Florian Krammer, der über neue Entwicklungen auf dem Gebiet der Impfungen gegen respiratorische Erkrankungen sprach. „Respiratorische Erkrankungen, die durch virale Erreger verursacht werden, fordern jedes Jahr eine große Anzahl von Todesopfern“, gab der Leiter des interuniversitären Ignaz Semmelweis Instituts an der MedUni Wien zu bedenken. Gegen einige dieser Pathogene, zum Beispiel Influenza- und Coronaviren, seien Impfstoffe vorhanden. In den letzten Jahren, vor allem durch Innovationen während der Zeit der COVID-19Pandemie, sei es zur Entwicklung vieler zusätzlicher Impfstoffe gegen weitere respiratorische Viren gekommen – bzw. zur Entwicklung von verbesserten Impfstoffen gegen Viren, gegen die schon Impfstoffe vorhanden sind. Das Wichtigste, gemäß Prof. Krammer, in Kürze:

• KP.2/JN1-COVID-19-Impfstoffe sind erhältlich und funktionieren gut.

• Intranasale COVID-19-Impfstoffe werden in Phase-IIb-Studien erprobt.

• RSV-Impfstoffe sind erhältlich und funktionieren gut.

¿ Monoklonale Antikörper zur Prophylaxe in Babys sind auch zugelassen und empfehlenswert.

• Impfstoffe gegen das Humane Metapneumovirus (HMPV) und das Parainfluenzavirus (PIV3) befinden sich im Anfangsstadium der klinischen Entwicklung.

• Viele unterschiedliche Influenzaimpfstoffe sind zugelassen und funktionieren gut.

¿ Neue Influenzaimpfstoffe, basierend auf der mRNA-Technologie, sind in Entwicklung begriffen.

• COVID-19+Influenza-Kombinationsimpfstoffe (mRNA) könnten bald zugelassen werden.

Öffentliche Impfprogramme und neuer Impfplan

PD Mag.a Dr.in Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung Impfwesen im Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, hob die wichtigsten Neuerungen bezüglich der öffentlichen Impfprogramme in Österreich hervor:

• Die Impfung gegen humane Papillomaviren (HPV) steht bis 31. Dezember 2025 allen Personen bis zum 30. Geburtstag kostenfrei im Impfprogramm des Bundes, der Bundesländer und der Sozialversicherung zur Verfügung.

• Im öffentlichen Impfprogramm Influenza konnten in der Saison 2024/25 Influenzaimpfungen erstmals österreichweit für die gesamte Bevölkerung kostenfrei angeboten werden.

• Seit Dezember 2024 steht der passive Schutz gegen das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) im kostenfreien Kinderprogramm zur Verfügung.

• Außerdem kann im Rahmen des Schulimpfprogramms eine zweite Auffrischungsimpfung gegen Diphtherie, Tetanus, Polio und Keuchhusten bis zum Ende der Schulpflicht bereitgestellt werden.

Details zu den Neuerungen und die aktuellen Impfempfehlungen sind im Österreichischen Impfplan 2024/25 zu finden (siehe INFO). NEU: Ende Jänner wurde bekanntgegeben, dass ab Februar die kostenfreie RSV-Immunisierung für Säuglinge schrittweise ausgeweitet werden soll. Nachdem die Verfügbarkeit des Impfstoffs gesichert ist, können nun auch Babys bis 5 kg geimpft werden. Das erklärte Ziel ist, alle Kinder bis zum vollendeten ersten Lebensjahr zu schützen. An der sukzessiven Realisierung wird gearbeitet.

Prävention für die werdende Mutter und ihr Kind

Dr.in Marianne Röbl-Mathieu, Stv. Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut,

verwies auf die Besonderheiten des Immunsystems der Schwangeren, des Fetus und des Neugeborenen. Bestimmte impfpräventable Infektionen vor und während der Schwangerschaft sowie in der Postpartalzeit seien mit erhöhten Risiken für die Gesundheit der Frau, den Schwangerschaftsverlauf und die Gesundheit des un- bzw. neugeborenen Kindes verbunden. Eine zeitgerechte Verabreichung der empfohlenen Standardimpfungen vom Säuglingsalter an sowie die Vermeidung von Impflücken im gebärfähigen Alter bieten laut der Expertin den besten Schutz:

• Die STIKO empfiehlt in jeder Schwangerschaft die Impfung gegen saisonale Influenza und gegen Pertussis.

• Schwangeren, die noch keine Basisimmunität gegen SARS-CoV-2 aufweisen, sowie Schwangeren mit Grunderkrankungen, die das Risiko eines schweren Verlaufs einer COVID-19-Erkrankung erhöhen, wird die Impfung gegen COVID-19 in der Regel ab dem zweiten Trimenon empfohlen.

• Zum Schutz des Säuglings vor schweren Verläufen von RSV-Infektionen wird die postpartale passive Immunisierung angeraten. Die Datenlage zur maternalen Immunisierung gegen RSV ist noch begrenzt, die Impfung während der Schwangerschaft kann jedoch individuell nach partizipativer Entscheidungsfindung durchgeführt werden.

• Stillende Frauen können alle von der STIKO empfohlenen Standardimpfungen erhalten. Zusätzlich sollte zum Schutz der Gesundheit von Mutter und Kind im Sinne einer Kokonstrategie auf einen vollständigen Impfschutz enger Kontaktpersonen geachtet werden.

Mag.a Karin Martin

Hier geht’s zum Impfplan für Österreich:

NACHBERICHT

Österreichischer Impftag, 18. Jänner 2025, Austria Center Vienna (in Präsenz und online), impftag.at

Fortschritte in der Diabetesforschung

Präzisionsmedizin soll Komplikationen vorbeugen © shutterstock.com/siam.pukkato

EXPERTE:

Univ.-Prof. Dr. Michael Roden Direktor der Klinik für Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Düsseldorf

Diabetes mellitus Typ 2 ist eine der größten Herausforderungen des Gesundheitssystems. In Österreich sind etwa 600.000 Menschen von der Stoffwechselerkrankung betroffen 1, die schwere Komplikationen wie HerzKreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle, Nieren- und Fettlebererkrankungen verursacht. Mit der Übergewichtsrate steigt die Prävalenz stetig, auch Kinder sind immer häufiger von Typ-2-Diabetes betroffen.

Die Früherkennung eines Prädiabetes bzw. des Risikos, an Typ-2-Diabetes zu erkranken, ist daher von großer Bedeutung, denn eine rechtzeitige Behandlung kann die Manifestation der Krankheit verhindern oder zumindest hinauszögern. „ Sehr gut definierbar ist dieses Risiko durch das Metabolische Syndrom, das sich aus verschiedenen Risikofaktoren zusammensetzt: Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, erhöhte Triglyceride, ein niedriges HDL-Cholesterin, Hypertonie und ein erhöhter Nüchternblutzuckerspiegel. Liegen drei dieser fünf Messwerte über den Schwellenwerten, spricht man vom Metabolischen Syndrom – dann ist das Risiko eines Diabetes mellitus Typ 2 sehr hoch“, erläutert der Endokrinologe und Diabetologe Univ.-Prof. Dr. Michael Roden. Eine milde Hyperglykämie ist zwar meist asymptomatisch, kann aber bereits Prädiabetes anzeigen. Routineuntersuchungen sind für die Früherkennung deshalb besonders wichtig.

Die Person behandeln, nicht die Krankheit

Eine frühzeitige Therapie kann Komplikationen verzögern oder sogar gezielt verhindern. Patient:innen sprechen als Individuen auf die Behandlung allerdings unterschiedlich gut an. Daher setzt sich die Präzisionsmedizin inzwischen auch in der Diabetologie durch. „ Seit einigen Jahren versucht man etwa, den Typ-2-Diabetes in Subtypen zu unterteilen. Denn mittlerweile ist bekannt, dass einzelne Varianten ein unterschiedlich hohes Risiko mit Diabetes verbundener Komplikationen aufweisen“, so Prof. Roden, „es wird daher angenommen, dass Risikogruppen mit der Präzisionsmedizin in Zukunft besser identifiziert und damit früher therapiert werden können “ 2018 schlug ein schwedisch-finnisches Forschungsteam eine Unterscheidung von fünf Subtypen vor. 2 Und auch bei der Vorstufe von Diabetes spricht man mittlerweile von sechs verschiedenen Subtypen mit jeweils unterschiedlichem Gefähr-

dungspotenzial. 3 Die Datenlage ist hier aber noch eher gering, qualitativ hochwertige Studien fehlen bisher. Medikamente, die gezielt für einzelne Subtypen entwickelt werden, sind aktuell noch Zukunftsmusik.

Fettleber und Diabetes gehen Hand in Hand

Mehr Aufmerksamkeit bekommt inzwischen die metabolismusassoziierte Fettlebererkrankung. Sie ist sowohl Risikofaktor als auch Begleiterkrankung des Typ-2-Diabetes, wurde aber über Jahrzehnte vernachlässigt. Laut Prof. Roden handelt es sich um eine Epidemie: „ Auch ohne Diabetes weisen 25 % der Bevölkerung zumindest eine einfache Steatose auf, und mehr als 60 % der Menschen mit Typ-2-Diabetes haben eine Form der Fettlebererkrankung “ Sie allein erhöht bereits das Risiko diabetesbedingter Komplikationen, vor allem, aber nicht nur bei Herz-KreislaufErkrankungen. Eine fortgeschrittene Leberschädigung wie eine Hepatitis

oder gar eine Fibrose erhöht dann zudem das Risiko leberbedingter Komplikationen, also einer Zirrhose bzw. eines Leberkrebses. In solchen Fällen ist häufig eine Lebertransplantation erforderlich. Prof. Roden: „ Die gute Nachricht lautet: Diese Krankheit entwickelt sich über Jahrzehnte, sodass für Prävention und Therapien ein wenig Zeit bleibt. Sie umfassen in erster Linie die Gewichtsabnahme, eine fett- und zuckerreduzierte Ernährung und insbesondere natürlich den Verzicht auf Alkohol.“

Quellen:

1 Österreichischer Diabetesbericht 2017.

2 Ahlqvist E et al., Lancet. Diabetes & Endocrinology 2018; 6(5):361-369.

3 Wagner R et al., Nature Medicine (2021). doi: 10.1038/s41591-020-1116-9.

Hier geht´s zum Video-Interview auf Gesund.at:

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„Man braucht eine hohe Frustrationstoleranz“

Die österreichischen Kinder werden immer adipöser, das Therapieangebot ist jedoch recht mager

Prim. Prof. Dr. Walter Bonfig, Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin am Klinikum Wels-Grieskirchen, im Interview.

Gemäß einem Report der WHO nimmt der Anteil übergewichtiger sowie adipöser Kinder und Jugendlicher in Europa seit Jahrzehnten stark zu. Demnach sind in Österreich etwa 28 von 100 Kindern im Alter von fünf bis neun Jahren übergewichtig oder adipös. Bei Jugendlichen im Alter von zehn bis 19 Jahren sind dies circa 26 von 100. Buben sind von Fettleibigkeit deutlich öfter betroffen als Mädchen. Häufig wird das gesundheitliche Risiko unterschätzt und die Therapieangebote sind in Österreich nicht ausreichend vorhanden. Darüber hat die Hausärzt:in mit Prim. Prof. Dr. Walter Bonfig vom Klinikum WelsGrieskirchen gesprochen.

„Oft ziehen sich die Betroffenen einfach komplett zurück. Sie sind dann lost to follow-up.“

HAUSÄRZT:IN: Wie sehr beeinträchtigt Adipositas die Lebensqualität der Betroffenen?

Prof. BONFIG: Eine Studie zeigt, dass die Lebensqualität von adipösen Kindern vergleichbar ist mit jener von Kindern mit einer onkologischen Erkrankung.* Wie stark diese Kinder eingeschränkt sind, finde ich erschütternd.

Haben Sie das Gefühl, dass das Problem von den AdipositasPatient:innen respektive deren Eltern unterschätzt wird?

Ja, das glaube ich schon. Häufig ist es so, dass die ganze Familie schlechte Ernährungsgewohnheiten hat und auch die anderen Familienmitglieder adipös sind. Dementsprechend empfinden das alle als normal.

Wenn Eltern mit einem übergewichtigen Kind wegen eines anderen gesundheitlichen Problems zu einer niedergelassenen Ärzt:in kommen:

Haben Sie einen Tipp, wie diese:r das Thema Übergewicht ansprechen kann?

Das ist schwierig. Natürlich muss man möglichst empathisch vorgehen. Nur zu sagen „ Du bist dick“ ist ein schlechter Anfang. Ich glaube, es ist besser, sich die Situation aus der Perspektive des Kindes oder der Jugendlichen schildern zu lassen und zu fragen, was als störend empfunden wird.

Was ist bei der Diagnostik zu beachten?

Beim Erstkontakt geht es darum, die Ursache für das Übergewicht zu beleuchten. Gibt es eine somatische Ursache oder besteht eine frühkindliche Adipositas? Letztere ist definiert als krankhaftes Übergewicht, das vor dem Alter von fünf Jahren auftritt. In diesem Fall kann eine syndromale oder monogenetisch bedingte Adipositas vorliegen. Zudem gehört zu einer umfassenden

© stock.adobe.com/freshidea

Adipositas-Abklärung bei frühkindlicher Adipositas auch die genetische Diagnostik, weiters der Ausschluss einer schweren Hypothyreose, von CortisolExzessen oder einem Wachstumsknick, etwa bei einem Karniopharyngeom. Im Rahmen der Anamnese ist deshalb auch zu erheben, ob es Hinweise auf Alarmsymptome wie Hypophysenhormonausfall/Hypophyseninsuffizienz oder auf Diabetes insipidus (ADH-Mangel) gibt.

Was sind die nächsten Schritte, wenn die Untersuchungen ergeben, dass die Adipositas rein nutritiv bedingt ist?

Dann ist der nächste Schritt, zu versuchen, die Patient:in oder die Eltern zu motivieren, ein Ernährungsprotokoll zu führen. Das ist eine wichtige Grundlage, um zu ermitteln, wie die Ernährungsgewohnheiten aussehen und was sich verbessern lässt.

© privat

„Man bräuchte – wie das in den USA üblich ist – wirklich hochspezialisierte Adipositas-Kliniken, in denen man in jeder Sprechstunde Sozialarbeiter:innen, Psycholog:innen, Diätolog:innen usw. hinzuziehen kann.“

Wie realistisch ist die Erstellung eines Ernährungsprotokolls? Viele Kinder essen oft außer Haus oder holen sich Snacks …?

Ja, aber das müsste man dann auch wirklich dokumentieren. Man benötigt einen Anhaltspunkt, um zu sehen, was zu verbessern ist. Sind primär kohlenhydrathaltige Getränke, eher fettes oder süßes Essen oder generell einfach zu große Portionen das Problem? Das muss man aus diätologischer Sicht überprüfen. Dabei geht es darum, eine Woche lang wirklich aufzuschreiben, was man gegessen hat. Da müssen auch die Eltern mitmachen. Man setzt sich beispielsweise am Abend gemeinsam hin und trägt alles ein. Natürlich setzt das voraus, dass die Kinder nicht schwindeln.

Wie hoch schätzen Sie die Rücklaufquote bei Ernährungsprotokollen ein?

Man bietet das eben an. Viele sagen am Anfang, sie würden das machen. Tatsächlich gibt aber nur ein Bruchteil der Patient:innen respektive ihrer Eltern diese Ernährungsprotokolle ab. Aber ohne solche Dokumentationen kann man einfach nicht weiterarbeiten, das muss man ganz klar sagen. Oft ziehen sich die Betroffenen einfach komplett zurück. Sie sind dann „lost to follow-up“ In diesem Bereich braucht man als Ärzt:in eine hohe Frustrationstoleranz.

Wie steht es Ihrer Meinung nach in Österreich um die Versorgung durch speziell ausgebildete AdipositasÄrzt:innen bzw. -Trainer:innen?

Das Angebot an Anlaufstellen ist, vor allem im niedergelassenen Bereich, nicht ausreichend vorhanden. Es gibt aber auch kaum Kliniken, die ausreichend Ressourcen haben. Allerdings: Selbst wenn wir mehr Ärzt:innen hätten, die eine Adipositas-Trainerausbildung absolviert haben, würde dies nicht für eine hinlängliche Versorgung ausreichen, weil es ein interdisziplinäres Team braucht. Das ist das Hauptproblem. Man bräuchte – wie das in den USA üblich ist – wirklich hochspezialisierte Adipositas-Kliniken, in denen man in jeder Sprechstunde Sozialarbeiter:innen, Psycholog:innen, Diätolog:innen usw. hinzuziehen kann. Diese Ressourcen benötigt man einfach, aber sie sind nicht verfügbar – auch an den Unikliniken nicht.

Das Interview führte Margit Koudelka.

* Schwimmer JB et al., JAMA. 2003 Apr 9;289(14):1813-9.

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Die Top-Antiepileptika

nach Menge und Wert

• Die Kategorie der Epilepsie-Produkte erzielt in den öffentlichen Apotheken und Hausapotheken im MAT Dezember 2024 mit ~3 Mio Packungen ~51,3 Mio Euro Umsatz FAP.

• Der entsprechende Markt wächst aktuell im Vergleich zum Vorjahr um +0,6 % nach Menge und sinkt um -8,5 % nach Wert.

• 38,5 % der verkauften Packungen beinhalten die Substanz Pregabalin, 15,0 % Lamotrigine und 10,9 % den Wirkstoff Levetiracetam.

• Der Mengenanteil der generischen Produkte beträgt 68,8 %.

• Die Top-10-Produkte nach Menge machen 45,8 % des Gesamtabsatzes aus. Pregabalin-Krka (Kwizda) liegt nach Einheiten an erster Stelle, gefolgt von Lyrica® (Viatris) und Depakine® (Sanofi-Aventis).

• Die Top-10-Produkte nach Wert umfassen 47,3 % des Gesamtumsatzes. Nach Umsatz führt Epidyolex® (Jazz Pharmaceutica) vor Lamictal (Glaxosmithkline) und PregabalinKrka. Handelsname

Marktanalyse von Beatrix Linke, Country Lead IQVIA

* Quelle: IQVIATM DPMÖ sell-out Österreich, Verkäufe der öffentlichen österreichischen Apotheken sowie Großhandelslieferungen an ärztliche Hausapotheken, ATC-Klasse: N03A Antiepileptika, ausschließlich registrierte Arzneimittel aus dem Warenverzeichnis I, Absatz/Menge in Einheiten, Umsatz/Werte in Euro, bewertet zum Fabrikabgabepreis (FAP), Wachstum vs. Vorjahr, MAT Dezember 2024 (Jänner 2024 bis Dezember 2024 kumuliert).

Wichtig

IMPRESSUM

Herausgeber und Medieninhaber: RegionalMedien Gesundheit – RMA Gesundheit GmbH, Am Belvedere 10 / Top 5, 1100 Wien, Tel. 01/74321708114, office@gesund.at.

Geschäftsführung: Mag.a Birgit Frassl, Marlis Rumler. Redaktionsleitung: Mag.a Karin Martin.

Redaktion: Mag.a Karin Martin, Anna Schuster, BSc, Margit Koudelka, Felicia Steininger, Justyna Frömel, Bakk. MA, Mag.a Sandra Burin, BA. Lektorat: Mag.a Katharina Maier. Produktion & Grafik: Angie Kolby.

Cover-Foto: stock.adobe.com/HaJung

Verkaufsleitung: Mag.a Birgit Frassl, birgit.frassl@regionalmedien.at. Kundenbetreuung: Mag.a Dagmar Halper, dagmar.halper@regionalmedien.at, Claudia Szkutta, claudia.szkutta@regionalmedien.at.

Druckerei: Bösmüller Print Management GesmbH & Co. KG. Verlags- und Herstellungsort: Wien.

Grundlegende Richtung: Unabhängige österreichische Fachzeitschrift für niedergelassene Ärzt:innen.

Die HAUSÄRZT:IN – Praxis-Magazin für Primärversorgung –ist ein interdisziplinäres Informations- und Fortbildungsmedium.

(6) Genericon-Pharma

Selbstverständlich erarbeiten wir alle Inhalte unserer Ratgeber sorgfältig. Dennoch können wir nicht garantieren, dass alles vollständig und aktuell ist bzw. sich seit dem Druck keine Gesetzesänderung ergeben hat.

(28) Sandoz

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Unsere Ratgeber dienen Ihnen als Erstinformation. Sie enthalten die häufigsten Fragen, viele anschauliche Beispiele, Hinweise auf Stolpersteine und einen Überblick über die wichtigsten gesetzlichen Regelungen. Bei individuellen Fragen steht Ihnen unsere Hotline zur Verfügung: (01) 501 65 0

Weitere Informationen finden Sie auch im Internet: www.arbeiterkammer.at

In unserem Fachmagazin setzen wir auf genderneutrale Sprache. Verwendet wird der Doppelpunkt – als beste Symbiose aus Leserlichkeit und Inklusion. Zugunsten der besseren Lesbarkeit verzichten wir teilweise auf die gänzlich orthografisch/ grammatikalisch korrekte Schreibweise. Etwa geben wir bei Artikeln und Pronomen jeweils nur eine Variante an – jene, die zur längeren Variante des gegenderten Wortes gehört. Weitere Informationen siehe: meinmed.at/kommunikation/genderneutrale-sprache/2688 issuu.com/hausarzt/docs/ha_2023_12/3 (Hausärzt:in 12/23, Editorial, S. 3)

Alle aktuellen AK Publikationen stehen zum Download für Sie bereit: wien.arbeiterkammer.at/publikationen

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Artikelnummer 456

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Beratung von Patient:innen mit Lungenerkrankungen

KOMMENTAR: Warum eine multidisziplinäre Betreuung und Versorgung wichtig ist –die Rolle der Apotheker:innen

GASTAUTOR:

Mag. Dr. Bernhard Ertl

Chronische Lungenerkrankungen wie Asthma und die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) gehören weltweit zu den häufigsten Krankheitsbildern. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) prognostiziert, dass COPD bis 2030 die dritthäufigste Todesursache sein wird. In diesem Kontext spielen Apotheker:innen eine immer wichtigere Rolle, die weit über die reine Medikamentenausgabe hinausgeht. Sie sind unverzichtbar für die Patient:innenaufklärung und Wissensvermittlung, verbessern die Therapietreue und fungieren als niederschwellige Ansprechpartner:innen innerhalb eines multidisziplinären Teams im österreichischen Gesundheitswesen. Ziel ist es, die Gesundheit und Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig zu verbessern.

Korrekte Anwendung von Inhalatoren

Ein essenzieller Bestandteil der Arbeit von Apotheker:innen ist die Aufklärung der Patient:innen über ihre Erkrankung sowie über die richtige Anwendung der verordneten Medikamente. Studien zeigen, dass viele Menschen mit Lungenerkrankungen, insbesondere mit COPD und Asthma, Schwierigkeiten haben, ihre Behandlungspläne zu verstehen und korrekt umzusetzen. Dies betrifft vor allem die Handhabung von Inhalationsgeräten, die ein zentraler Bestandteil der Therapie sind. Untersuchungen ergaben, dass die korrekte Applikation der Inhalatoren von vielen Patient:innen nicht vollständig beherrscht wird und beinahe 70 % ihren Inhalator falsch benutzen. Hier setzen Apotheker:innen an: Im Rahmen des Kund:innengesprächs erläutern und demonstrieren sie nochmals die korrekte Inhalationstechnik und stellen somit sicher, dass die Geräte richtig benutzt werden. Das dreimalige Erklären konnte laut Studien die Quote der Falschanwendungen auf 5,6 % senken. Ein hilfreiches und praxisrelevantes Instrument ist dabei das Booklet „I nhalative Therapie Asthma und COP D “ , das von der Österreichischen Gesellschaft für Pneumo-

Referent Pharmazeutische Abteilung, Österreichische Apothekerkammer >

© Christian Husar

logie (ÖGP) auch unter Mitarbeit der Österreichischen Apothekerkammer erstellt wurde. Es bietet eine Übersicht über die Anwendung verschiedener zugelassener Inhalationssysteme und darüber hinaus eine Hilfestellung in puncto Auswahl eines Inhalators, Vergleichbarkeit, Austauschbarkeit und Ökonomie. Die über QR-Codes verlinkten Videos können an der Tara mit Hilfe eines Tablets oder Smartphones den Patient:innen mühelos präsentiert werden.

Therapietreue und Lebensqualität

Zudem informieren Apotheker:innen über Erkrankungen, Wirkungsweise der Medikamente und präventive Maßnahmen wie körperliche Aktivitäten, Schutzimpfungen und Raucher:innenentwöhnung. Hierzu gibt es auch alljährliche Aktionen, auf die Kund:innen in den Apotheken aufmerksam gemacht werden. Eine strukturierte Beratung erweitert nachweislich das Wissen der Patient:innen über ihre Erkrankungen und Therapien. Die Therapietreue, also die konsequente Einnahme der verschriebenen Medikamente,

ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Behandlung chronischer Lungenerkrankungen. Apotheker:innen tragen durch gezielte Interventionen dazu bei, die Adhärenz der Patient:innen zu verbessern: Regelmäßige Beratungsgespräche können eine signifikante Steigerung der Medikamententreue und der Lebensqualität von Patient:innen bewirken und somit die Häufigkeit von akuten Exazerbationen und Krankenhausaufnahmen deutlich reduzieren.

Apotheker:innen sind dabei wichtige Mitglieder multidisziplinärer Teams, die sich mit der Behandlung von Lungenerkrankungen befassen. Sie besprechen sich mit Hausärzt:innen, Fachärzt:innen und anderen Gesundheitsdienstleister:innen, um eine umfassende und effektive Versorgung zu gewährleisten. Dieser Austausch ist vor allem in Zeiten zahlreicher Lieferschwierigkeiten relevant.

Die Funktion der Apotheker:innen in der Lieferkette stellt sicher, dass die Patient:innen rechtzeitig die richtigen Medikamente erhalten und somit die Therapie bestmöglich umgesetzt werden kann.

Arzneimittelsicherheit und „Sauerstofftankstelle Apotheke“

Apotheker:innen spielen eine unverzichtbare Rolle bei der Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit, insbesondere durch die frühzeitige Erkennung von potenziellen Wechsel- oder Nebenwirkungen. Werden beispielsweise einer Asthmapatient:in Augentropfen mit einem Betablocker neu verordnet, ist aufgrund der möglichen systemischen Wirkung eine Rücksprache mit der behandelnden Ärzt:in vor Abgabe des Medikaments unerlässlich. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie Apotheker:innen durch ihre pharmazeutische Expertise aktiv dazu beitragen, Medikationsfehler zu vermeiden und die Patient:innensicherheit zu garantieren.

Ein Highlight der Unterstützung für COPD-Patient:innen sind die sogenannten „ S auerstofftankstellen“, die hierzulande in etlichen Apotheken eingerichtet wurden. Derzeit gibt es rund 50 dieser Tankstellen, die es Betroffenen ermöglichen, ihre mobilen Sauerstoffbehälter kostenlos aufzufüllen und damit ihre Mobilität und Lebensqualität zu steigern. Dieses Gemeinschaftsprojekt der Österreichischen Apothekerkammer, der Österreichischen Lungenunion und der Firma Vivisol ist ein Musterbeispiel für die patient:innenorientierte Versorgung durch Apotheken.

„Ob

Husten, Asthma oder COPD: Die Rolle der Apotheker:innen in der Beratung und Betreuung von Patient:innen mit Lungenerkrankungen ist facettenreich und unverzichtbar.“

Mag. Dr. Gerhard Kobinger, Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer, betont: „ Die Sauerstofftankstellen in Apotheken sind ein wichtiger Schritt, um die Versorgung von COPD-Patient:innen zu verbessern. Sie zeigen, wie Apotheken innovative Lösungen anbieten können, die direkt den Bedürfnissen der Patient:innen entsprechen.“

Selbstmedikation bei Husten

Husten zählt zu den häufigsten Beschwerden, mit denen Patient:innen in die Apotheke kommen, insbesondere im Bereich der Selbstmedikation. Apotheker:innen spielen hierbei eine zentrale Rolle, indem sie nicht nur geeignete Präparate für die Linderung der Symptome empfehlen, sondern auch ermitteln, ob eine ärztliche Abklärung erforderlich ist. Von Bedeutung sind hier standardisierte Beratungsleitfäden, die von der Österreichischen Apothekerkammer gemeinsam mit Fachärzt:innen/Fachgesellschaften laufend zu verschiedenen Themen erarbeitet werden. Gleichzeitig informieren Apotheker:innen über die richtige Auswahl und Anwendung von Hustenmitteln wie schleimlösenden oder hustenstillenden Präparaten und klären darüber auf, wann welche Mittel sinnvoll sind. Durch diese kompetente Beratung wird nicht nur eine Übermedikation vermieden, sondern auch die Selbstbehandlung sicherer und effektiver.

Fazit

Die Rolle der Apotheker:innen in der Beratung und Betreuung von Patient:innen mit Lungenerkrankungen ist facettenreich und unverzichtbar. In durchschnittlich 300 Beratungsgesprächen pro Tag und Apotheke leisten sie nicht nur einen wichtigen Beitrag für die Verbesserung der Therapietreue und Lebensqualität, sondern sind auch zentrale Akteur:innen bei der Information über Selbstmedikation. Projekte wie die Sauerstofftankstellen zeigen beispielhaft, wie Apotheken innovative und patient:innenorientierte Lösungen finden können. Angesichts der wachsenden Bedeutung von Lungenerkrankungen ist es entscheidend, die Kompetenzen und Ressourcen der Apotheker:innen als Teil eines multidisziplinären Teams im österreichischen Gesundheitswesen zu nutzen und auszubauen.

Eine verstopfte Nase, Niesattacken oder Atembeschwerden können Anzeichen für die weit verbreitete, jedoch oft unterschätzte Hausstaubmilbenallergie sein. Die mikroskopisch kleine, lichtempfindliche Verwandte von Zecken und Spinnen ist nach Pollen eine der häufigsten Ursachen für allergische Reaktionen – und kann Asthma bronchiale begünstigen. „ Nicht die Milbe selbst löst Allergien aus, sondern die Eiweiße in ihrem Kot und Panzer besitzen eine hohe allergische Poten z“, weiß Dr. Markus Berger, Leiter des Österreichischen Polleninformationsdienstes1 und Sekundararzt im Allergiezentrum Wien West. „Wenn in der kalten Jahreszeit die Heizung aufgedreht wird und die Luftfeuchtigkeit abnimmt, sterben viele Tiere ab. Die Allergene werden aufgewirbelt und verbinden sich mit der Atemluft “ Mögliche Folgen: verstärkte Beschwerden wie morgendliche Niesattacken, tränende Augen, Hautausschläge und Atemprobleme.

Zunehmende Belastung

„Hausstaubmilben bevorzugen Dunkelheit, eine hohe Luftfeuchtigkeit von 65-80 % und warme Temperaturen von 20-30 °C “ , erläutert der Experte. „ A ndererseits überleben Milben nicht bei kaltem und trockenem Klima. Eine Er-

INFO

Die Hausstaubmilbe lebt zwischen zwei und sechs Monaten. Trotz ihrer kurzen Lebensdauer legen die paarungsfreudigen Weibchen bei optimalen Bedingungen (bei 20 bis 25°C und 70 bis 75 Prozent relativer Luftfeuchte), wie sie in unseren Betten herrschen, bis zu 300 Eier. Die Vermehrung findet vor allem von Mai bis Oktober statt. Dabei legt ein Weibchen zwei bis drei Eier pro Tag. Im Spätsommer tummeln dann bis zu zwei Millionen Milben in unseren Matratzen.

EXPERTE:

Dr. Markus Berger Leiter des Österreichischen Polleninformationsdienstes, Sekundararzt im Allergiezentrum Wien West

FOKUS UMWELT MEDIZIN

höhung der Temperatur und Luftfeuchtigkeit aufgrund des Klimawandels könnte daher zu einer Zunahme der Hausstaubmilbenpopulation führen “ Dadurch könnten sich Milben zunehmend in kälteren Regionen ansiedeln, die bisher weniger betroffen waren.2

Sollte sich ihr Verbreitungsgebiet aufgrund steigender Temperaturen ausweiten, ist laut Dr. Berger auch mit höheren Sensibilisierungsraten weltweit zu rechnen.

Allerdings sei noch unklar, in welchem Ausmaß der Klimawandel langfristig die Population der Hausstaubmilben beeinflussen wird.

Ähnliche Symptome

Oft verwechseln Betroffene eine Hausstaubmilbenallergie mit einem grippalen Infekt oder einer Influenza. Daher ist es wichtig, länger andauernde Beschwerden ärztlich abklären zu lassen, damit eine allergische Ursache frühzeitig behandelt und der Kontakt mit den Auslösern vermieden werden kann. Eine erste Orientierung bietet etwa der Allergierisiko-Fragebogen des Österreichischen Polleninformationsdienstes*, mit dessen Hilfe die Wahrscheinlichkeit einer etwaigen allergischen Erkrankung berechnet werden kann.

© Georg Wilke

Quelle: polleninformation.at

ALLERGIE ODER ERKÄLTUNG? DEN UNTERSCHIED SICHER ERKENNEN

Allergie gegen Hausstaubmilben

Beginn Ganzjährige Beschwerden v.a. in der kalten Jahreszeit

Augen Tränende, juckende, rote Augen

Nase Verstopfte und/oder laufende Nase

(Sekret: klar, eher wässrig)

Jucken im Nasen-Rachen-Raum

Niesattacken

(besonders in der Früh, ca. 15-20 Min. nach dem Aufstehen)

Atemwege Atemnot bis Asthma

Keine Halsschmerzen

Fieber

Schmerzen

Sonstiges Müdigkeit

Anmerkung: Nicht alle Symptome treten in jedem Fall auf

Reduktion der Milbenbelastung

In der Therapie stehen Allergenvermeidung und die Gewöhnung des Immunsystems an die Allergie-Auslöser im Vordergrund. Entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung ist, die erforderlichen Maßnahmen konsequent umzusetzen. „Die sogenannte Milbensanierung ist die erste Therapiewahl für Personen

Grippaler Infekt (Erkältung)

Schleichend mit Frösteln

Schnupfen mit verstopfter und laufender Nase

(Sekret: gelblich, grünlich, dickflüssig)

Niesen

Husten

Halsschmerzen

Fieber möglich

Glieder-, Kopf- und Muskelschmerzen

Schüttelfrost, Krankheitsgefühl, Müdigkeit, Appetitlosigkeit

mit einer kürzlich diagnostizierten HSMAllergie“, erklärt der Experte und verweist auf zahlreiche Tipps (siehe rechts), um den Haushalt milbenfeindlich zu gestalten. Die wichtigste Maßnahme sei die Reduzierung der Allergene in Innenräumen. Moderne zentrale Lüftungssysteme hätten beispielsweise eingebaute Filter für Pollen und Luftschadstoffe, was sich ebenfalls positiv auswirken würde.

Tipps für Betroffene:3

• Raumklima optimieren: Mehrmals täglich 5-10 Minuten stoßlüften, Luftfeuchtigkeit unter 50 % und Raumtemperatur unter 20 °C halten.

• Bett milbensicher machen: Matratzen, Polster und Decken mit milbendichten Bezügen (Encasings) versehen.

• Hygiene beachten: Bettwäsche und Kleidung regelmäßig heiß waschen oder in den Trockner geben.

• Allergenquellen reduzieren: Teppiche, Vorhänge und Polstermöbel möglichst vermeiden, Staubsauger mit Allergenfilter verwenden.

• Schlafumgebung anpassen: Pflanzen und Haustiere aus dem Schlafzimmer verbannen.

Weitere Tipps für Betroffene und ausführliche Informationen sind abrufbar unter allergenvermeidung.org

Justyna Frömel, Bakk. MA

* abrufbar unter: polleninformation.at/services/ allergierisiko-fragebogen

Quellen:

1 polleninformation.at

2 Acevedo N, Zakzuk J, Caraballo L. Allergy Asthma Immunol Res. 2019 Jul;11(4):450-469.

3 allergenvermeidung.org/allergen-vermeidung/ im-wohnbereich

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Gefährlicher Etagenwechsel

Warum unbehandelte Symptome einer Allergie zu Asthma führen können

Der Etagenwechsel bei Allergien stellt eine ernstzunehmende Gesundheitsgefahr dar, die oftmals unterschätzt wird. Während viele Personen zunächst nur unter den typischen Symptomen der allergischen Rhinitis leiden, beispielsweise unter einer laufenden Nase und juckenden Augen, kann sich die Allergie bei unzureichender Behandlung auf die unteren Atemwege ausweiten und zu asthmatischen Beschwerden führen. Dieser sogenannte Etagenwechsel betrifft weltweit eine wachsende Zahl von Menschen mit Allergien. Laut aktuellen Studien haben von allergischer Rhinitis Betroffene ein dreifach erhöhtes Risiko, innerhalb eines Jahrzehnts allergisches Asthma zu entwickeln. Besonders alarmierend ist, dass auch Kinder und Jugendliche vermehrt von dieser Problematik betroffen sind. Bei Buben, die frühzeitig

Symptome einer allergischen Rhinitis zeigen, steigt das Risiko um das 3,6-Fache, bei Mädchen um das 2,3-Fache. Trotz dieser besorgniserregenden Zahlen erhalten nur wenige Betroffene eine adäquate Therapie, was die Wahrscheinlichkeit eines Etagenwechsels beträchtlich erhöht.

Bronchialsystem überempfindlich gegen Reize

Die Ursachen für den Etagenwechsel sind vielfältig und noch nicht vollständig geklärt. Wissenschafter:innen vermuten, dass entzündliche Prozesse, die durch die allergische Reaktion in den oberen Atemwegen ausgelöst werden, sich auf die Bronchien ausweiten. Dadurch wird das Bronchialsystem überempfindlich gegen Reize, was bei erneuter Allergenexposition zu den ty-

pischen Symptomen von Asthma führt, etwa zu Atemnot, Hustenanfällen und pfeifenden Atemgeräuschen. Besonders besorgniserregend ist, dass ein Etagenwechsel nicht nur aus schweren Fällen einer allergischen Rhinitis resultieren kann. Auch leichte und scheinbar harmlose Symptome bergen das Risiko, in allergisches Asthma überzugehen.

Frühzeitige und konsequente Behandlung unerlässlich

Um einen Etagenwechsel zu verhindern, ist eine frühzeitige und konsequente Behandlung unverzichtbar. Expert:innen empfehlen, bereits bei den ersten Anzeichen einer allergischen Rhinitis eine umfassende Diagnostik durchzuführen und eine individuell abgestimmte Therapie zu beginnen. Neben der Identifi-

zierung und Vermeidung der auslösenden Allergene ist die medikamentöse Therapie ein zentraler Bestandteil der Behandlung. Medikamente wie Antihistaminika, Leukotrienrezeptorantagonisten und intranasale Kortikosteroide helfen, die Entzündungsprozesse zu kontrollieren bzw. die Symptome in Schach zu halten.

Ein weiteres wirksames Mittel zur Vorbeugung eines Etagenwechsels ist die allergenspezifische Immuntherapie/ Hyposensibilisierung. Diese Therapieform zielt bekanntlich darauf ab, allmählich eine Toleranz gegenüber dem auslösenden Allergen herzustellen und so den Krankheitsverlauf nachhaltig zu verbessern. Die Hyposensibilisierung ist besonders effektiv, wenn sie frühzeitig begonnen wird, also bevor die allergische Reaktion stark ausgeprägt ist oder bereits durch mehrere Allergene verursacht wird. Der Prozess der Hyposensibilisierung ist langwierig und erfordert Geduld, doch die langfristigen Erfolge sprechen für sich: Viele Patient:innen berichten von einer deutlichen Reduktion der Symptome und einer verbesserten Lebensqualität.

Mehr als ein harmloser „Heuschnupfen“

Trotz der vorhandenen Therapiemöglichkeiten bleibt der Etagenwechsel eine oft unterschätzte Gefahr. Viele Betroffene und auch Ärzt:innen neigen dazu, die Symptome der allergischen Rhinitis als harmlosen „ Heuschnupfen“ abzutun. Diese Verharmlosung führt dazu, dass notwendige Behandlungen

zu spät oder gar nicht eingeleitet werden, was das Risiko der Entwicklung von Asthma erheblich erhöht. Es ist daher bedeutend, das Bewusstsein für die Gefahren des Etagenwechsels zu schärfen und frühzeitig therapeutische Maßnahmen zu ergreifen.

Engin Günder/Red*

* PresseBox/ApoRisk GmbH (adaptiert).

„Ein Weckruf, der nicht ignoriert werden sollte“
Allergische Rhinitis als ernsthafte Erkrankung anerkennen

Der Etagenwechsel bei Allergien ist ein alarmierendes Phänomen, das in der öffentlichen Wahrnehmung und im medizinischen Alltag oft unterschätzt wird. Es ist beunruhigend, dass trotz der bekannten Risiken viele Patient:innen ihre Symptome als harmlos abtun und nur selten eine adäquate Therapie erhalten. Diese Nachlässigkeit hat gravierende Folgen, denn der Übergang von allergischer Rhinitis zu allergischem Asthma ist keine Ausnahme, sondern eine realistische Gefahr für jede betroffene Person. Es ist an der Zeit, dass sowohl Patient:innen als auch Ärzt:innen ihre Haltung gegenüber Allergien grundlegend überdenken. Allergische Rhinitis sollte nicht als lästiges, aber

harmloses Problem eingestuft werden. Stattdessen muss sie als ernsthafte Erkrankung anerkannt werden, die ohne eine angemessene Behandlung zu einer signifikanten Verschlechterung der Gesundheit führen kann. Der Etagenwechsel ist nicht unvermeidlich, sondern erfordert entschlossenes Handeln.

Therapiemöglichkeiten nutzen

Die Wissenschaft bietet uns heute eine Vielzahl wirksamer Therapieoptionen, die das Risiko eines Etagenwechsels deutlich reduzieren können. Dennoch bleibt die Frage, warum diese Möglichkeiten so selten konsequent genutzt werden. Es mangelt nicht an Wissen,

sondern an der Bereitschaft, Wissen auch in die Praxis umzusetzen. Hier sind sowohl Ärzt:innen gefragt, die ihre Patient:innen besser aufklären und die Notwendigkeit einer frühzeitigen Therapie betonen müssen, als auch die Patient:innen selbst, die die Schwere ihrer Symptome nicht unterschätzen sollten.

Der Etagenwechsel ist ein Weckruf, der nicht ignoriert werden darf. Nur durch ein Umdenken und konsequent gesetzte therapeutische Maßnahmen können wir verhindern, dass eine vermeintlich harmlose Allergie zu einer lebenslangen Atemwegserkrankung wird. Zeit zu handeln ist jetzt.

Engin Günder/Red

06.-08.03.2025

27. Kardiologie Kongress Innsbruck

Ort: Congress Innsbruck

20.-21.03.2025

42. Ernährungskongress des Verbandes der Diaetolog:innen Österreichs

Ort: Vienna Marriott Hotel

04.-06.05.2025

Dreiländertagung „Schlaf als Kinderrecht“

Ort: Europahaus Wien & Online (cr2s.org)

12.-15.03.2025

19th St. Gallen International Breast Cancer Conference 2025

Ort: Austria Center Vienna

04.-05.04.2025

1. DACH Kongress für Seltene Erkrankungen

Ort: Congress Innsbruck

25.-30.05.2025

34. Ärztetage Grado

Ort: Grado (arztakademie.at/grado)

20.03.2025

Kühler Kopf bei Hitze –Auswirkungen des Klimawandels auf die Psyche

Ort: Webinar (arztakademie.at)

13.-16.04.2025

ECIO – Annual European Conference on Interventional Oncology

Ort: Rotterdam Ahoy Convention Centre

Weitere Infos und Veranstaltungen finden Sie in unserem Kongresskalender unter:

gesund.at/ kongresskalender

Familiäre Hypercholesterinämie

Screening bei Kindern laut

Expert:innen notwendig

Familiäre Hypercholesterinämie (FH) ist die häufigste genetische Stoffwechselerkrankung. Sie verursacht einen zu hohen Cholesterinspiegel von Kindheit an. Da betroffene Kinder meist keine Beschwerden haben, bleibt die FH oft lange unbemerkt.

Studien konnten jedoch zeigen, dass sich bereits ab dem Alter von acht bis zehn Jahren bei Betroffenen ohne Behandlung Gefäßveränderungen nachweisen lassen. „ Da FH eine genetische Erkrankung ist, gilt: Wenn ein naher Verwandter früh einen Herzinfarkt – Männer vor 55 und Frauen vor 60 Jahren – erlitten hat, ist dies ein Hinweis, dass in der Familie möglicherweise eine Veranlagung für die Fettstoffwechselstörung vorhanden ist“, erklärt Univ.Prof.in Dr.in Susanne Greber-Platzer, MBA, Leiterin der Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde an der MedUni Wien sowie des Spezialbereichs Adipositas und Fettstoffwechselstörungen im Kindesalter. „ H ier ist ganz klar eine Untersuchung auf Blutfette bei allen Verwandten indiziert, insbesondere auch bei den Kindern, um bereits präventiv die Erkrankung therapieren zu können.“ Verwandte ersten Grades von Betroffenen, d. h. Eltern, Geschwister, Kinder, haben ein 50%-iges Risiko, ebenso betroffen zu sein. Manchmal können Sehnenverdickungen durch Fetteinlagerung (Sehnenxanthome) oder orangegelblich erhabene Einlagerungen in der Haut (Xanthome) bzw. auch um die Augen (Xanthelasmen) als Warnzeichen für die Erkrankung zu finden sein.

Die European Society of Cardiology (ESC) hat bereits 2022 darauf hingewiesen, dass ein Screening auf FH bei Kindern dringend nötig wäre, da es der Gesundheit der ganzen Familie dient. In ganz Österreich werden aktuell Volksschulkinder der 1. Klassen im Rahmen der FHkidsStudie*, einer Initiative der Uniklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MedUni Wien, eingeladen bei hohem FH-Risiko in der Familie ihre Blutfette an den zentralen Kinderabteilungen messen zu lassen. Die Österreichische Atherosklerose Gesellschaft hat zudem ein FH-Register** eingerichtet, um möglichst alle Betroffenen einer Familie zu erfassen.

PA/red

* kinder-jugendheilkunde.meduniwien.ac.at/forschung/forschungsprojekte/ projekte-der-paediatrische-pulmologie-allergologie-und-endokrinologie/ fhkids-oesterreich

** (aas.at/fh-register-2)

Quelle: kinderaerzte-im-netz.at (inkl. Studienverweise).

Gastrointestinale Neoplasien

Praxisrelevante Studienergebnisse

Am 9. Jänner 2025 trafen sich führende Expert:innen beim zweiten „C onnected in GI Cancer“ in Wien*, um praxisrelevante Studienhighlights aus dem vergangenen Jahr im Bereich der Diagnostik und Therapie gastrointestinaler Karzinome zu präsentieren.

Oberer Gastrointestinaltrakt

Assoc. Prof.in Dr.in Aysegül Ilhan-Mutlu, MedUni Wien, betonte in ihrem Vortrag die Bedeutung neuer immunonkologischer Ansätze für gastroösophageale Tumoren. Sie stellte u. a. die SkyscraperStudie vor, in der erstmals der TIGITInhibitor Tiragolumab in Kombination mit Chemo- und Immuntherapie untersucht wurde. Die Ergebnisse deuten auf eine Verlängerung des Gesamtüberlebens (OS) und des progressionsfreien Überlebens (PFS) bei Patient:innen mit fortgeschrittenem gastroösophagealem Adenokarzinom hin. Dennoch sind weitere Daten nötig, um den klinischen Stellenwert dieser Therapie zu bestätigen. Ebenfalls erwähnenswert war laut der Expertin die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Phase-III-Studie FRUTIGA aus China, die den Einsatz von Fruquintinib in der Zweitlinientherapie von Adenokarzinomen des Magens und des gastroösophagealen Übergangs evaluierte. Obwohl die Studie den primären Endpunkt nicht erreichte, deutet sie auf ein Potenzial dieses VEGFR-Inhibitors hin. „Es handelt sich hierbei zwar um eine Negativstudie, dennoch möchte ich sie als Highlight präsentieren, da Fruquintinib zur Therapie von Patient:innen mit metastasiertem kolorektalem Karzinom (KRK) zugelassen ist“, unterstrich Prof.in Ilhan-Mutlu, „Wir verwenden es derzeit bereits in unserem klinischen Alltag, und es könnte auch eine Option für gastroösophageale Tumoren in unterschiedlichen Settings werden.“

Die ESOPEC-Studie, eine prospektive, randomisierte Phase-III-Studie, verglich

Connected

die perioperative Chemotherapie (FLOTProtokoll) mit der neoadjuvanten Chemoradiation (CROSS-Protokoll) bei Patient:innen mit nichtmetastasiertem Ösophaguskarzinom. Die Ergebnisse zeigten einen signifikanten Überlebensvorteil des FLOT-Schemas gegenüber CROSS. Beide Ansätze verbessern die Heilungsaussichten, da eine alleinige chirurgische Tumorentfernung meist nicht ausreicht.

Die formale Negativstudie RENAISSANCE lieferte nach Einschätzung der Onkologin dennoch wertvolle Erkenntnisse. Ziel war es herauszufinden, ob Patient:innen mit limitiert metastasierten gastroösophagealen Tumoren von einer chirurgischen Resektion nach systemischer Induktionstherapie profitieren würden. Der primäre Endpunkt (OS) wurde aufgrund erhöhter Frühmortalität im chirurgischen Arm nicht erreicht. Patient:innen mit RPLN-Metastasen profitierten am meisten, während ein fehlendes Ansprechen auf die Chemotherapie oder eine peritoneale Beteiligung mit einer schlechteren Prognose assoziiert war. Postoperative Komplikationen traten häufiger auf als in früheren FLOT-Studien.

Pankreatikobiliäre und hepatale Tumoren

Assoc. Prof. Dr. Lukas Weiss, PhD, Uniklinikum Salzburg, stellte neue Ansätze bei der Therapie von cholangiozellulären Karzinomen vor. In der Erstlinientherapie hat sich die Kombination von Chemothe rapie und Immuntherapie bewährt: Mit der KEYNOTE-966-Studie und der TOPAZ-1-Studie konnte nachgewiesen werden, dass die Ergänzung der Chemotherapie um Checkpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab oder

v.l.n.r.: Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Lukas Weiss; Assoc. Prof.in Priv.-Doz.in Dr.in Aysegül IlhanMutlu; Prim.a Univ. Prof.in Dr.in Birgit Grünberger; Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Gerald Prager (Chair der Veranstaltung).

Durvalumab das OS bei Patient:innen mit biliären Tumoren signifikant verlängern kann. „Die Studienergebnisse untermauern, dass die Integration von Immuntherapien zunehmend zum Standard wird“, betonte Prof. Weiss.

Ein weiteres Highlight waren neue zielgerichtete Therapien. Beispielsweise bieten bei HER2-positiven Gallengangskarzinomen Antikörper-Wirkstoff-Konjugate wie Trastuzumab Deruxtecan oder bispezifische Antikörper wie Zanidatamab neue Möglichkeiten. In der Phase2b-Studie HERIZON-BTC-01 zeigte die Monotherapie mit Zanidatamab bei HER2-überexprimierenden Tumoren vielversprechende Ansprechraten und ein medianes PFS von 5,5 Monaten. Dabei wurden Diarrhö und kardiale Nebenwirkungen beobachtet, die laut dem Experten jedoch gut handhabbar waren. Auch beim Pankreaskarzinom gibt es Fortschritte: Die NAPOLI-3-Studie evaluierte NALIRIFOX, eine Triplechemotherapie, bestehend aus 5-Fluorouracil, nal-Irinotecan und Oxaliplatin, als Erstlinientherapie. Die Ergebnisse zeigten eine Steigerung des OS auf 11,1 Monate im Vergleich zu 9,2 Monaten unter Gemcitabin plus Nab-Paclitaxel. Prof. Weiss resümierte: „M it NALIRIFOX verfügen wir neben mFOLFIRINOX über eine weitere potente Erstlinientherapie.“ Große Umwälzungen in der Therapielandschaft des Pankreaskarzinoms werden vor allem durch die verschiedenen KRASInhibitoren erwartet, die sich derzeit aber noch in klinischer Prüfung befinden.

Justyna Frömel, Bakk. MA

Innovationen beim Lungenkarzinom

Ein Update aus der Praxis

Am 14. Jänner 2025 fand in Wien das Symposium „C onnected in Lung Cancer“ statt. Die Veranstaltung bot Einblicke in aktuelle Entwicklungen im Bereich der Diagnostik und Therapie von Lungenkarzinomen.

Frühes Stadium des NSCLC

OÄ Dr.in Romana Wass, PhD, Kepler Universitätsklinikum, gab Einblicke in die aktuelle Therapielandschaft bei der Behandlung früher NSCLC-Stadien und erklärte, welche Faktoren die Therapiewahl beeinflussen.

Besonders hervorzuheben waren laut der Expertin die Ergebnisse der CheckMate 816- und KEYNOTE-671-Studien, deren Ergebnisse zeigten, dass eine neoadjuvante beziehungsweise perioperative Immunchemotherapie mit anschließender Operation das krankheitsfreie Überleben signifikant verbessern kann.

„ Die Integration von Checkpunktinhibitoren in die neoadjuvante und perioperative Behandlung hat das Potenzial, nicht nur das krankheitsfreie Überleben, sondern auch die Heilungschancen zu steigern“, erklärte OÄ Wass.

Sie betonte, dass derzeit PD-L1 als entscheidender Biomarker für die Therapiewahl in frühen Stadien zunehmend Berücksichtigung findet. Eine perioperative Immuntherapie könne für bestimmte Subgruppen klinisch von Vorteil sein, während in anderen Fällen – vor allem bei Vorhandensein von onkogenen Treibermutationen – weiterhin eine rein adjuvante Therapie bevorzugt werde. Die Messung zirkulierender TumorDNA (ctDNA) könnte sich in Zukunft als Monitoring-Tool zur Identifikation minimaler Tumorreste etablieren – jedenfalls werden weitere prädiktive Biomarker gesucht, um das Ansprechen auf eine neoadjuvante Therapie besser vorhersagen zu können. Besonders Patient:innen mit EGFR- oder ALK-Mutationen profitieren laut der

*

Onko-Pneumologin von zielgerichteten Therapien, die das Rezidivrisiko senken. Die ALINA-Studie zeigte etwa erstmals, dass eine adjuvante ALK-Inhibition mit Alectinib gegenüber der Chemotherapie einen Überlebensvorteil bietet.

Spätes Stadium des NSCLC und SCLC

Prim. Dr. Rainer Kolb, Klinikum WelsGrieskirchen, stellte neue Entwicklungen zur systemischen Therapie des metastasierten NSCLC und kleinzelligen Lungenkarzinoms (SCLC) vor. Trotz Fortschritten bleiben die Prognosen vieler Patient:innen herausfordernd.

Ein Meilenstein war die Keynote189-Studie, die einen signifikanten Überlebensvorteil durch die Kombination von Pembrolizumab und Chemotherapie zeigte. Nach fünf Jahren lebten noch 19,4 % der Patient:innen – eine zuvor undenkbare Zahl.

Besonders für Plattenepithelkarzinome und PD-L1-negative Tumoren bieten neue Kombinationstherapien wie jene der CheckMate-9LA-Studie (reduzierte Chemotherapie plus Immuntherapie) vielversprechende Ansätze.

Auf der Suche nach innovativen Medikamenten wurden in aktuellen Kongressen mehrere neue Ansätze vorgestellt.

Die HARMONi-2-Studie untersuchte den bispezifischen Antikörper Ivonescimab, der sowohl PD-1 als auch VEGF hemmt. Während erste Daten vielversprechend sind, fehlen noch direkte Vergleichsstudien mit etablierten Kombinationstherapien.

„ Die Idee, Immun- und Angiogenesehemmung zu kombinieren, ist spannend, aber wir brauchen bessere Vergleichsdaten“, erklärte der OnkoPneumologe.

Auch in der Behandlung von SCLC gibt es neue The

v.l.n.r.: Prim. Dr. Rainer Kolb; OÄ Dr.in Romana Wass, PhD; Prim.a Dr.in Dagmar Krenbek; OA Dr. Maximilian Hochmair

rapieansätze: Bispezifische Antikörper und T-Zell-Engager könnten zukünftig eine Schlüsselrolle bei therapieresistenten Tumoren spielen. Die ADRIATIC-Studie untersuchte erstmals eine postradiochemotherapeutische Immuntherapie für lokal fortgeschrittenes SCLC, die das Überleben der Patient:innen verlängern könnte.

Zielgerichtete Therapie beim NSCLC

OA Dr. Maximilian Hochmair beleuchtete die steigende Komplexität der Behandlungsoptionen und stellte zu Beginn die LAURA-Studie vor, die belegt, dass eine konsolidierende EGFR-TKI-Therapie mit Osimertinib nach definitiver Radiochemotherapie das progressionsfreie Überleben signifikant verlängert. Für Patient:innen mit NSCLC im Stadium III ist dies der neue Therapiestandard. Die FLAURA-2-Studie zeigte, dass Osimertinib plus Chemotherapie mit 25,5 Monaten progressionsfreiem Überleben die bisher beste Überlebensrate in dieser Indikation liefert. In der MARIPOSAStudie erwies sich die Kombination aus Amivantamab und Lazertinib als überlegen gegenüber Osimertinib, mit einer PFS-Verbesserung auf 23,7 gegenüber 16,6 Monaten. „ Diese Daten sind wirklich motivierend“, kommentierte OA Hochmair.

Justyna Frömel, Bakk. MA NACHBERICHT

SPRECHStunde

Patient:innen-Fragen kompetent beantworten

EXPERTE:

Univ.-Prof. Dr. Ronald Dorotka OrthopädieZentrum Innere Stadt und medCLINIC, 1010 Wien

„Erneut Schmerzen im Knie – was tun?

Anna P. (28) zog sich vor vier Jahren beim Schifahren eine Verletzung des Kniegelenks zu. Sie hatte nach Abschwellen des Gelenks nur mehr fallweise Beschwerden im Alltag, Sport vermied sie. Doch seit zwei Monaten machen ihr auch im Alltag wieder zunehmend Schmerzen zu schaffen, es kam zu Gelenkergüssen und Schwellungen. In der MRT zeigte sich neben einem Riss des vorderen Kreuzbands noch ein ausgeprägter Knorpelschaden am Oberschenkelknochen. Was kann dahinterstecken und was ist zu tun?

Prof. DOROTKA: Was ist geschehen?

Frau P. erlitt offenbar schon vor vier Jahren beim Schifahren einen Riss des vorderen Kreuzbands. Das kommt gerade bei Schifahrern relativ häufig vor, und die subjektiven Symptome können danach sehr unterschiedlich sein. Bei manchen Patient:innen können massive Beschwerden wie starker Hämarthros, mehrwöchige Bewegungseinschränkungen und andauernde Schmerzen fast völlig fehlen. Bei einigen Betroffenen kann das Knie sogar symptomfrei werden. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit persistierender Beschwerden umso höher, je größer die sportliche Beanspruchung ist.

Das Knie von Frau P. war seit dem Unfall auch nie wirklich beschwerdefrei. Es bestanden fallweise Alltagsbeschwerden und sportliche Aktivitäten hat sie vermieden, wohl wissend, dass die vermehrte Belastung das Knie stärker reizen würde. Durch den Verletzungsmechanismus beim Riss des vorderen Kreuzbandes kommt es häufig zu einer starken Kontusion an den Femurkondylen. Diese Knorpelprellung und Stauchung des subchondralen Knochens ist je nach Heftigkeit der einwirkenden Kräfte im

Anfangsstadium noch reversibel. Nicht selten entwickelt sich jedoch bereits beim oder kurz nach dem Trauma eine strukturelle Knorpelschädigung, die in einem Knorpeldefekt mündet. Eine anhaltende Bandinstabilität des Kniegelenks wie bei Frau P. begünstigt das Fortschreiten der Schädigung.

Operative Stabilisierung des Kniegelenks

Nach entsprechender klinisch-orthopädischer Untersuchung, zusätzlichem Einholen von Nativröntgen in zwei Ebenen wird man im Fall von Frau P. die operative Stabilisierung des Kniegelenks empfehlen. Also eine Kreuzbandplastik. Dabei gibt es verschiedene Techniken. Am häufigsten kommt der Ersatz durch kniegelenknahe Sehnen (Semitendinosus/Gracilis, Patellarsehne oder Quadrizepssehne) zur Anwendung, die durch exakt gesetzte und orientierte Bohrkanäle im Schienbein und Oberschenkelknochen gezogen werden. Die Fixierung kann mit verschiedenen verklemmenden Schrauben, Schlaufen, Pins oder Metallplättchen erfolgen. Liegt wie bei Frau P. zusätzlich ein ausgeprägter Knorpelschaden vor, sollte dieser ebenfalls operativ adressiert werden. Die zu verwendende Methode hängt dann von der Größe des Knorpelschadens, etwaigen begleitenden Knochenveränderungen (z. B. Zysten), dem Patientengewicht und Achsfehlstellungen des Beins ab. So müsste etwa bei einem Knorpelschaden medial und zusätzlich vorliegender Varusstellung des Beins eine Umstellungsosteotomie empfohlen werden. Wenn wir nun bei Frau P. davon ausgehen, dass die Beinachse gerade ist, ist keine Geradstellung nötig und es kom-

men prinzipiell für die operative Knorpelbehandlung folgende Methoden in Frage: Knochenmarkstimulation (z. B. Mikrofrakturierung, Mikrodrilling), matrixaugmentierte Knochenmarkstimulation und Knorpelzelltransplantation. Aufgrund der Beschreibung des Falls mit einem ausgeprägten Knorpelschaden müssen wir von einem Defekt ausgehen, der sich über mehrere Quadratzentimeter erstreckt, weswegen die Methode der Wahl die Knorpelzelltransplantation ist. In der Standardmethode werden bei einem arthroskopischen Eingriff geringe Mengen an Knorpelgewebe aus nicht belasteten Gelenkanteilen entnommen, im Labor werden die Chondrozyten auf mehrere Millionen hochgezüchtet und in einem zweiten arthroskopischen oder offenen Eingriff in den Defekt eingebracht. Als Trägermaterial für die transplantierten Zellen stehen verschiedene Biomaterialien (sog. Vliese) zur Verfügung. Bei anderen Methoden werden die Chondrozyten in kleinen Kügelchen, sog. Sphäroiden, aus Eigenblut gezüchtet und transplantiert. Neuere

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Methoden können einzeitig durchgeführt werden. Dabei werden bei einer Gelenkspiegelung kleinste mit einem speziellen Operationsgerät „ zerhackte“ Knorpelstücke („m inced cartilage“) aus dem Gelenk gewonnen, mit patienteneigenen Blutanteilen zu einer Paste vermischt und sofort in den Knorpelschaden eingebracht.

Bei Vorliegen kleiner, tiefgehender Knorpeldefekte mit einer Ausdehnung bis ca. 1,5 cm² kommen auch einzeitige Methoden wie die Mikrofrakturierung oder das Mikrodrilling, bei grenzwertiger Ausdehnung außerdem das zusätzliche Einbringen eines Biomaterials in Frage. Allen Methoden gemein ist, dass speziell wie bei Frau P. eine operative Bandstabilisierung für eine gute Prognose unverzichtbar ist. Ebenso wichtig ist eine entsprechende sorgfältig geplante Nachbehandlung, damit die Operation ein zufriedenstellendes Ergebnis zeitigt.

Konservative Therapie als Alternative

Was aber, wenn Frau P. trotz eingehender Aufklärung keine Operation wünscht? Ein unerlässlicher Teil der weiteren konservativen Behandlung ist sicherlich eine intensive Physiotherapie, um das Gelenk muskulär so stabil wie möglich zu bekommen. Kniebandagen sind nur während stärkerer Belastungen sinnvoll, wären aber als Dauertherapie

bei Frau P. kontraproduktiv. Echte limitierende und stabilisierende Orthesen wären vermutlich mit einem langfristig normalen Alltagsleben nicht vereinbar. Bei Vorliegen eines starken Reizzustandes mit Ergussbildung muss das Knie auch punktiert und eventuell bei der Gelegenheit mit einer Kortisonmischung therapiert werden. Es sind weiters infiltrative Behandlungen mit intraartikulärer Hyaluronsäure und/oder plättchenreichem autologem Plasma indiziert. Während die Hyaluronsäuren bereits seit Jahrzehnten bei Kniegelenkschäden häufig zur Anwendung kommen, ist die Instillation von autologem Plasma („ Eigenbluttherapie“) noch nicht ganz so gängig. Hyaluronsäurepräparate werden je nach Herstellungsform einmalig oder im Rahmen von Kuren mit bis zu fünf Injektionen verabreicht. Prinzipiell ist die Studienlage zu

mehrmaligen Anwendungen umfangreicher. Umstritten ist die Hyaluronsäure aber immer noch. Groß angelegte Metaanalysen wie jene in der Cochrane Database haben jedoch günstige Effekte auf das Gelenk zeigen können, ein echter Knorpelaufbau ist trotzdem fraglich.

Bei Eigenblutinjektionen werden aus dem entnommenen Patient:innenblut unter anderem Thrombozyten im Plasma mit all ihren verschiedenen Wachstumsfaktoren gewonnen und unmittelbar danach ins Gelenk gespritzt. Dafür stehen verschiedene Methoden einiger Firmen mit unterschiedlichen Herstellungsprotokollen zur Verfügung. Üblicherweise erfolgt die Anwendung in einer Serie von drei bis fünf Mal. In den letzten Jahren wurden zunehmend positive Vergleichsstudien publiziert. Auch hier kann ein echter Knorpelwiederaufbau aufgrund der bisherigen Daten nicht erwartet werden, sehr wohl aber eine Besserung der Beschwerden sowie eine Reizhemmung.

Trotz aller konservativen Möglichkeiten ist jedoch im speziellen Fall von Frau P. ein operatives Vorgehen am sinnvollsten.

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Quelle: sigmapharm.at

Ergebnisse der COVARI-2-Studie publiziert

ELOM-080 in der ambulanten Behandlung von COVID-19

Pohl-Boskamp stellte am 11. Februar 2025 im Rahmen einer Online-Pressekonferenz die Ergebnisse der COVARI-2-Studie1 vor. Die randomisierte, doppelblinde und placebokontrollierte, explorative Phase-II-Studie untersuchte die Wirksamkeit von ELOM-080 bei der Behandlung von COVID-19-Patient:innen im hausärztlichen Umfeld. Dabei zeigte sich: Die ambulant versorgten COVID-19-Patient:innen mit Verdacht auf eine gestörte mukoziliäre Clearance (MCC) zeigten unter ELOM080 eine signifikante Reduktion der

Die Artischocke

Hustenanfälle (p = 0,007) und einen Rückgang der Kurzatmigkeit unter Belastung (p = 0,0252). Für diese Symptome konnte zudem ein Heilungsvorsprung von ein bis drei Tagen gezeigt werden. Nach Ende des 14-tägigen Behandlungszeitraumes beurteilten in der Verumgruppe im Vergleich zu Placebo deutlich mehr Patient:innen ihre COVID-19-Symptome als geheilt. Prof. Dr. Michael Dreher von der Uniklinik Aachen betonte: „Diese Studienresultate verdeutlichen, wie wichtig eine gezielte Therapie in der ambulanten Versorgung

Arzneipflanze des Jahres 2025 in Österreich

Die Herbal Medicinal Products Plattform Austria, bestehend aus Expert:innen österreichischer Universitäten, kürt bereits traditionell die Arzneipflanze des Jahres in Österreich. Diesmal fiel die Wahl auf die Artischocke (Cynara cardunculus L.), eine Arzneipflanze der europäischen Heilkunde aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Während die Blätter seit der Antike zur Behandlung von Leber- und Gallenfunktionsstörungen sowie bei Verdauungsbeschwerden eingesetzt werden, sind die knospigen Blütenköpfe der Artischocken ein beliebtes Gemüse.

Die Artischockenblätter enthalten eine Vielzahl von Wirkstoffen, darunter Caffeoylchinasäuren (CCS), Flavonoide und Sesquiterpenlactonbitterstoffe. Unterschiedliche Untersuchungen bestätigen, dass Extrakte aus Artischockenblättern u. a. die Bildung und den Fluss der Gallenflüssigkeit fördern oder erhöhte Cholesterin- und Triglyceridwerte senken können. Darüber hinaus weisen Extrakte aus Artischockenblättern antioxidative und zellschützende Eigenschaften auf.

Quelle: HMPPA

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Eine Reise durch die Welt der Herz-Kreislauf-Themen!

Erleben Sie mit der Podcast-Serie „Cardio Talk on Tour“ interessante Einblicke und praxisnahes Wissen quer durch kardiovaskuläre Themen, mit besonderem Fokus auf Vorhofflimmern und Dyslipidämie, präsentiert von führenden Expert:innen aus ganz Österreich. In kurzen, informativen Episoden beleuchten Ärzt:innen der Fachrichtungen Innere Medizin, Kardiologie und Allgemeinmedizin diese beiden zentralen Themen aus unterschiedlichen, praxisrelevanten Perspektiven. Freuen Sie sich auf lebendige Gespräche und einen

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von COVID 19-Patient:innen ist. Gerade die Besserung besonders belastender Symptome wie Hustenanfälle und Kurzatmigkeit unter Belastung kann einen entscheidenden Beitrag zur Lebensqualität und zum Genesungsverlauf leisten.“

1 Dreher et al., Randomized, placebo-controlled, double-blind trial to assess efficacy and safety of ELOM-080 in outpatients with COVID-19. Adv Ther. 2025 Feb;42(2):1237-1250.

Quelle: G. Pohl-Boskamp GmbH & Co. KG

Quelle: Daiichi Sankyo Austria GmbH (daiichi-sankyo.at )

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