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Tückische Lungenembolie
Unterschiede in der Behandlung je nach Schwere und Ursache
Herzinfarkt und Schlaganfall stellen die häufigsten Todesursachen unter den kardiovaskulären Erkrankungen dar, gefolgt von der akuten Lungenembolie. „Die Lungenembolie ist ein Paradebeispiel für die vielen Wechselwirkungen zwischen Herz und Lunge. Viele Menschen wissen nicht, dass Lungenerkrankungen zu lebensbedrohlichen Belastungen für Herz und Kreislauf werden und umgekehrt viele Erkrankungen des Herzens die Lunge bedrohen können“ , betont Kardiologe Prof. Dr. Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung in einer Aussendung*. Eine Aufklärung von Patientinnen und Patienten über die Lungenembolie sei daher dringend notwendig. Insbesondere bei Frauen im Alter zwischen 15 und 55 Jahren ist die akute Lungenarterienembolie für bis zu 13 von 1.000 Todesfällen verantwortlich, bei Schwangeren gehört sie zu den häufigsten Todesursachen. Die Gesamtzahl der Todesfälle von älteren Menschen über 80 Jahre liegt bei über 80 Fällen pro 100.000 Einwohner.
Häufig diffuse Symptome
Tückisch an der Lungenembolie ist bekanntlich Folgendes: Sie verläuft oftmals ohne merkliche Beschwerden und kann – im Einzelfall – zum kardiogenen Schock führen. Die Symptome einer Lungenembolie seien vielfältig und recht uneindeutig, berichtet DDr. Lukas Hobohm vom Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz. „Häufig stehen Luftnot, Schmerzen in der Brust und Schmerzen beim Einatmen, eine Herzfrequenz von über 100 Herzschlägen pro Minute oder eine Synkope im Vordergrund.“ Die Akutbehandlung unterscheidet sich je nach Schwere der Lungenembolie. Bei Patienten mit kardiogenem Schock ist eine systemische Thrombolyse erforderlich. Alternativ kommen eine kathetergestützte Thrombolyse oder eine chirurgische Embolektomie in Frage. Bei stabilen Patienten mit nachgewiesener Lungenembolie reichen Antikoagulanzien aus, meistens in Tablettenform oder vorübergehend subkutan in die Bauchhaut. „Die gerinnungshemmende Medikation sollte Patienten nach erstmaliger akuter Lungenarterienembolie mindestens drei bis sechs Monate lang verabreicht werden. Dann wird die Fortführung der Therapie erneut sorgfältig geprüft“ , erklärt Prof. Dr. Stavros Konstantinides, Ärztlicher Direktor des Centrums für Thrombose und Hämostase der Universitätsmedizin Mainz.
Anwendungsdauer von Antikoagulanzien
Die Dauer der antikoagulativen Behandlung gestaltet sich individuell unterschiedlich. Die Therapie kann binnen drei Monaten nach Entlassung aus dem Krankenhaus beendet werden, wenn die akute Lungenembolie durch bestimmte Risikofaktoren einer Thrombose ausgelöst wurde – beispielsweise durch Operationen mit einer Narkosedauer von mehr als 30 Minuten oder durch ein schweres Trauma mit Knochenfrakturen. Oder aber es bedarf einer dauerhaften Therapie auf Basis von Neuen Oralen Antikoagulanzien (NOAK), etwa Apixaban, Dabigatran, Edoxaban und Rivaroxaban. Diese Behandlung auf unbestimmte Zeit ist aufgrund des verbesserten Sicherheitsprofils der NOAK und des Ziels, das Wiederauftreten von Thrombosen zu verhindern, gerechtfertigt. Bei aller Notwendigkeit einer Behandlung mit einem NOAK sollte mitbedacht werden: Eine unbefristete blutgerinnungshemmende Therapie birgt ein Blutungsrisiko. Es ist im ersten Monat der Therapie erhöht, nimmt dann ab und bleibt über die weitere Zeit hinweg stabil. Als typische Risikofaktoren für Blutungskomplikationen gelten ein Lebensalter über 75 Jahre, frühere Blutungen oder Schlaganfälle, aktive onkologische Erkrankungen, eine bereits länger bestehende (chronische) Niereninsuffizienz oder eine anderweitige blutverdünnende Therapie, z.B. Thrombozytenhemmung.
PA/AS
* Deutsche Herzstiftung e. V., 20. Dezember 2021.
Literatur: Konstantinides S et al. (2019): The 2019 ESC Guidelines on the Diagnosis and Management of Acute Pulmonary Embolism. European Heart Journal. doi: 10.1093/ eurheartj/ehz726 Keller K, Hobohm L et al. (2020): Trends in thrombolytic treatment and outcomes of acute pulmonary embolism in Germany. European Heart Journal. doi: 10.1093/ eurheartj/ehz236