Hausärzt:in pharmazeutisch
„Die Dosis macht das Gift“
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Wie die Mikronährstoffversorgung in der Erkältungssituation optimiert werden kann
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Die Aufnahme von Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen hängt von verschiedensten Faktoren ab. Dem Thema immunspezifische Mikronährstoffe widmete sich Pharmazeutin Mag.a Marlene Pribyl-Kranewitter im zweiten Teil ihres Gespräches mit der Hausärzt:in.
Wodurch wird die Aufnahme von immunspezifischen Mikronährstoffen unterstützt bzw. verhindert? Lebensmittel können Substanzen enthalten, welche die Bioverfügbarkeit von Nährstoffen eventuell verringern. Die Phytinsäure, die in der äußeren Schicht des Getreidekorns oder in Hülsenfrüchten vorkommt, bildet gerne Komplexe mit Zink, Eisen und Magnesium. Deshalb ist bei der Einnahme ein großer zeitlicher Abstand empfehlenswert. Die Resorption von Eisen kann bei gleichzeitigem Genuss von Kaffee oder Tee negativ beeinflusst werden. Durch Vitamin C wird sie hingegen begünstigt, während die Selenresorption bei Anwesenheit von Vitamin C oder Zink abgeschwächt werden kann.
Auf was ist bei Qualität und Zusammensetzung der Präparate zu achten? Unterschiede gibt es hinsichtlich der Rohstoffqualität, der Überprüfung auf HAUSÄRZT:IN: Warum ist die MikSchwermetalle und Pflanzenschutzmitronährstoffzufuhr über Lebensmittel tel sowie der Herstellungsstandards häufig unzureichend? (GMP-Zertifizierung). Hierbei ist auf Mag.a PRIBYL-KRANEWITTER: Die die genaue Zusammensetzung zu achten. Nährstoffversorgung der Menschen in Hypoallergene Formulierungen, die auf Österreich ist oftmals lückenhaft, viele erkünstliche Farbstoffe, Laktose, nähren sich von Fast Food oder Gluten und unnötige Konserzu einseitig. Auch für Personen vierungsstoffe verzichten, sind mit erhöhtem Mikronährstoffvon Vorteil. Auch im Hinblick bedarf (Anm.: siehe Infobox) auf die Bioverfügbarkeit und kann es ratsam sein, zusätzlich Verträglichkeit bestehen grozur normalen Nahrung Präpaße Unterschiede. Oft gibt es rate einzunehmen. In Bezug biologisch aktive Formen eines auf die Verwertung gibt es im Vitamins, welche die optimale Grunde keinen Unterschied, EXPERTIN: Resorption auch bei Menschen ob Vitamine über die Nahrung a Mag. Marlene Pribylmit einem Enzymdefekt eroder über ein Präparat aufgeKranewitter Apotheke im Stadion möglichen. nommen werden. Letztere sind Center, Wien aber lediglich als Ergänzung zu Und wie groß ist die Gefahr einer sehen. Im Gegensatz zu Lebensmitteln Überdosierung? lassen sie sich jedoch zielgerichtet dosieGrundsätzlich kann man sagen, dass die ren. Nahrungsmittel können aufgrund Dosis das Gift macht. Fettlösliche Vitaunsachgemäßer oder zu langer Lagerung, mine wie Vitamin D werden im Fett- und falscher Zubereitung oder wegen einer inMuskelgewebe gespeichert und können dustriellen Aufbereitung einen geringeren bei einer falschen Dosierung zur IntoxikaGehalt von Mikronährstoffen aufweisen. tion führen. Tiefkühlprodukte enthalten zum Beispiel Wer dauerhaft zu viel Selen einnimmt, mehr Mikronährstoffe als zu lange gelaläuft Gefahr, eine Selenose zu bekomgertes Gemüse.
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Februar 2022
men, die sich u. a. durch neurologische Störungen, Müdigkeit und im späteren Verlauf einen knoblauchartigen Geruch der Atemluft äußern kann. Eine akute Selenvergiftung führt im schlimmsten Fall zu Kammerflimmern oder Herzversagen. Vitamin C gehört zur Gruppe der wasserlöslichen Vitamine und wird daher über den Urin ausgeschieden. Zu hohe Dosen führen unter Umständen zu Verdauungsstörungen wie Durchfall. Darüber hinaus müssen Personen mit einer Nierenschädigung, einer Veranlagung zu Harn- oder Nierensteinen oder mit einer Störung der Verwertung von Nahrungseisen auf die Dosierung von Vitamin C achten. Jedoch ist auch für sie die Zufuhr von bis zu einem Gramm pro Tag ohne schädliche Nebenwirkungen möglich. Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion sollten außerdem bei einer zusätzlichen Einnahme von Zink Vorsicht walten lassen. Die Vergiftungserscheinungen reichen von Übelkeit und Durchfall bis hin zu einem metallischen Geschmack im Mund. Der aus zu hohen Zinkgaben resultierende verminderte Kupferspiegel kann des Weiteren zu Blutarmut führen. Das Interview führte Mag.a Ines Riegler, BA.
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INFO
Personengruppen mit einem erhöhten Mikronährstoffbedarf Schwangere und Stillende ältere Personen Patienten mit entzündlichen Erkrankungen, im Besonderen im Darmbereich (z. B. Colitis ulcerosa, Morbus Crohn) oder mit Erkrankungen des Magens (z. B. atrophische Gastritis) Jugendliche in der Wachstumsphase Raucher Alkoholkranke Personen, die Medikamente über einen längeren Zeitraum einnehmen Leistungssportler Personen mit erhöhter Stressbelastung Vegetarier, Veganer oder Personen mit einseitiger Ernährung