Hausärzt:in 02/2022

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Hausärzt:in medizinisch

Wenn Schlafstörungen den Atem rauben

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Hypoglossusnerv-Stimulation als Alternative bei CPAP-Intoleranz

Nach operativer Platzierung der Stimulationselektrode an Protrusorästen des

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Februar 2022

Entwicklungen der letzten Jahre Seit Juni 2017 steht das neue Modell Inspire IV™ zur Verfügung, welches deutlich kleiner, flacher und somit leichter ist und eine MRT-Kompatibilität besitzt. Auch die Implantationstechnik wurde weiterentwickelt und seit Mai 2021 sind statt der üblichen drei Inzisionen (siehe Abb. 2) nur noch zwei Inzisionen notwendig, da die Sensorelektrode im Bereich des Pulsgenerators im zweiten bis dritten Interkostalraum positioniert wird. Daraus resultieren kürzere OP-Zeiten und für

© Birte Bender

Aufzeichnung der Druckschwankungen der Atemzyklen

N. hypoglossus und nach Überprüfung der gewünschten Zungenbewegung unter Stimulationsbedingungen erfolgt die Implantation eines Piezo-Atemsensors im Interkostalraum. Dieser zeichnet die Druckschwankungen eines jeden Atemzyklus (Inspiration und Exspiration) auf, um die elektrische Nervenstimulation zu synchronisieren. Sowohl das Elektrodenkabel als auch das Sensorkabel werden mit einem Führungsdraht unter der Haut getunnelt und bis zur rechten Brustseite geführt, wo sie am dort platzierten Schrittmacher (Impulsgenerator) fixiert werden. Durch die muskulöse Verbindung von Zunge und Weichgaumen über den M. palatoglossus wird bei Stimulation nicht nur eine Protrusion der Zunge, sondern auch eine Öffnung des Atemweges auf Höhe des Velopharynx erreicht.

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Die funktionelle Druckluftschienung der oberen Atemwege während des Schlafes mittels Continuous Positive Airway Pressure (CPAP) stellt seit über 30 Jahren die Goldstandardtherapie beim OSAS dar. Allerdings beträgt die Therapieadhärenz und Compliance aus medizinischen und psychologischen Gründen meist nur 30–70 Prozent.1,2 So rücken alternative operative und nicht operative Therapien des obstruktiven Schlafapnoesyndroms (OSAS) in den Fokus weltweiter Forschungsaktivitäten, um die allnächtliche CPAP-Maskennutzung zu umgehen. Seit 1994 wird an der Entwicklung einer Hypoglossus-Schrittmacher-Technologie gearbeitet, welche in der Lage ist, atemsynchron den N. hypoglossus zu stimulieren, ohne die Schlafqualität zu beeinträchtigen. Um als Therapie für OSAS-Patienten in Frage zu kommen, musste ein Zungenschrittmacher-System entwickelt werden, welches voll-implantierbar durch Hals-NasenOhren-Ärzte sowie vom Schlaflabor einzustellen ist und vor allem vom Patienten leicht bedient werden kann. Eines dieser Stimulationssysteme ist das der Firma Inspire Medical Systems, Minneapolis, Minnesota, USA. Es setzt sich aus Atemsensor, Schrittmacheraggregat und Stimulationselektrode zusammen und erfüllt die besagten Anforderungen (siehe Abb. 1).

Seit 2015 werden auch an der Univ.-HNOKlinik der Med Uni Innsbruck Behandlungen mit der Hypoglossusnerv-Stimulation durchgeführt. Die Zuweisung erfolgt hauptsächlich durch das Schlaflabor der Uniklinik für Neurologie. Bisher haben in Tirol zwanzig Patienten diese Therapie erhalten. Nach vorheriger Prüfung der Einschlusskriterien mittels Polysomnographie und Schlafvideoendoskopie wird die rund dreistündige Operation vorgenommen. Von leichten Wundheilungsstörungen abgesehen, wurden postoperative Komplikationen nur sehr selten beobachtet. Nach einer Einheilungsphase von vier bis acht Wochen wird das System aktiviert und nach einer weiteren Testphase schließlich im Schlaflabor therapeutisch im Rahmen einer Polysomnographie titriert.

Abbildung 1: Eine postoperative Röntgen-Thorax-Aufnahme zeigt die implantierten Systemkomponenten (Stim = Stimulationselektrode, Sens = Sensorelektrode).

Abbildung 2: Planung der Inzisionen submental für die Stimulationselektrode, infraklavikulär für den implantierbaren Pulsgenerator und an der rechten Thoraxwand für die Atemsensorelektrode.


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