29
Ein Plädoyer für die Zuversicht
Wenn die ohnehin aus den Fugen geratene Welt uns noch weiter zu entgleiten droht, was bedeutet das für unsere Community und unseren Aktivismus? Text: Janna Kraus, Fotos: TGNS
Wir haben ein hartes Jahr hinter uns. Schon wieder. Eine zermürbende Zeit voller Unsicherheit und Sorge, voller Ungeduld, Frustration, Reibung und Zersplitterung, geprägt von Zerwürfnissen, Verausgabung und Erschöpfung. Und just, als wir dachten, es gäbe Anlass zum Aufatmen, geriet die Welt erneut in eine beängstigende Schieflage, die jegliche Hoffnung auf eine planbare Zukunft im Keim erstickte. Tagtäglich sind wir aufgerufen, uns als Individuen öffentlich zu positionieren, moralische Integrität zu demonstrieren, unser Gesicht zu wahren, zur richtigen Seite zu gehören, Missstände anzuprangern,
ohne dass eine Atempause in Sicht ist. Diese Dynamik macht unseren Aktivismus untrennbar von unserer Identität und unserem Ego; gerät eine unserer Positionen oder Handlungen in die Kritik, werten wir dies als Angriff auf unsere Prinzipien, unser Selbst und wehren sie entsprechend vehement ab. Das ist gefährlich, denn es verlagert die Diskussion vom messbaren, beobachtbaren Schaden oder Nutzen einer Handlung in den unsichtbaren, diffusen Bereich der persönlichen Motivation, die sich jeder Form von Rechenschaft entzieht.