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LOS – Lesbenorganisation Schweiz

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Bühnenprogramm

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Die Gesprächsrunde: «Lesbisch, trans und stolz darauf!»

Das Wort «lesbisch» hat viele Bedeutungen: Kampfbegriff, Pornokategorie, Lieblingslabel und Schimpfwort. Zum Glück gibt es viele, die es mit Stolz und Freude verwenden, nicht zuletzt trans Frauen und nicht-binäre Menschen. Die LOS hat vier von Ihnen zu einer Gesprächsrunde gebeten.

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Welches Lesbenklische erfüllt ihr?

Ray: Bei mir sind es die kurzen Fingernägel, und die Docs! Franziska: Alle Frauen in meiner Umgebung haben Angst, dass ich etwas von ihnen will, und das ist auch nicht immer ganz unberechtigt. Joh: Ich habe seit 5 Jahren fast durchgehend einen Buzzcut. Stephenie: Ich gerade auch – aber ich oszilliere immer ein wenig zwischen chapstick lesbian und femme.

Was bedeutet das Wort «Lesbe» für euch?

Franziska: Bis vor kurzem hat es für mich bedeutet: Als Frau auf Frauen zu stehen. Mittlerweile musste ich das für mich revidieren. Der Hauptaspekt ist für mich auf jeden Fall die romantische Zuneigung. Ray: Lesbisch-Sein hat für mich auch mega viel mit Zärtlichkeit zu tun. Liebe ist immer ein grosses Wort. Aber für mich ist «Lesbe» eine Identität, mit der ich nach aussen zeigen kann, wie ich mich innen fühle. Stephenie: Auch als ich mit 42 eingesehen habe, dass ich trans bin, habe ich mich immer noch mehrheitlich zu Frauen hingezogen gefühlt. Früher hiess es, du bist hetero, aber jetzt: du bist lesbisch. Darum finde ich den Begriff für mich eher schwierig, ich mag eher das Wort frauenliebend oder «gynophil». Joh: Wenn ich das Wort Lesbe höre oder sagen darf, ist es immer so warm, und es fühlt sich gut an. Seit ich dieses Wort habe und für mich benutze, fühle ich mich sicher. Lesbisch sein hat für mich mit Geschlecht, Sexualität und Anziehung zu tun. Und es beschreibt eine Sicht auf die Welt, die Männer nicht zentriert. Ray: Für mich war das Wort früher sehr negativ besetzt: Du bist als Lesbe entweder ein Lustobjekt oder eine wütende Feministin. Ich musste mich an den Begriff annähern. Seit ich mich als nicht-binär geoutet habe, will ich den Begriff noch viel mehr für mich zurückgewinnen. Weil der Begriff eben so viel Zärtlichkeit beinhaltet und ich finde es schade, dass er von dieser patriarchalen Welt so fremdbesetzt wird. Stephenie: Wie geht ihr mit der Konnotation um, dass nur cis Frauen, die auf Frauen stehen, Lesben sind, was uns ja alle ausschliesst? Ray: Ich finde es hat niemand das Recht, dir ein Label zu geben mit einer eigenen Interpretation. Identität ist schlussendlich, was ich mir selber gebe, mit meinem eigenen Verständnis. Joh: Ich habe für mich die Regel, dass ich mich anderen Leuten gegenüber nicht rechtfertige, was meine Identität und mein Geschlecht, und auch das Wort «Lesbe» angeht. Es ist wichtig zu sehen, dass «Lesbe» nicht immer nur auf Sexualität fokussiert war – das haben vor allem feministische cis Frauen so geprägt. Ich rechtfertige mich anderen gegenüber nicht, warum ich als nicht-binäre Person das Wort Lesbe benutze. Ray: Wir wollen uns gar nicht auf Diskussionen einlassen, es geht darum, diese Labels selbst zu setzen. Franziska: Unbedingt. Und manchmal sind sie auch nicht relevant: Ich möchte das Label trans zum Beispiel gar nicht so viel sehen. Es gibt ganz wenige Kontexte, wo dieses Adjektiv wirklich relevant ist – eigentlich sollte es das oft gar nicht sein!

Ray (keine Pronomen):

Ist angehende Biologielehrperson und gibt beim «queeren ah u& oh» Workshops zu geschlechtlicher und sexueller Vielfalt an Schulen.

Joh (keine Pronomen):

Ist Teil der Co-Geschäftsleitung bei der Milchjugend und steht nachts gerne hinter dem DJ-Pult.

Franziska (sie / ihre):

Arbeitet als Softwareentwicklerin und schreibt neben Code auch Geschichten.

Stephenie (sie / ihre):

Arbeitet beim Bund in der IT und widmet sich in ihrer Freizeit gerne ihren zwei Katzen und ihrer eigenen Sendung auf Radio RaBe.

Das diesjährige Motto stellt trans Menschen in den Vordergrund: Was findet ihr dazu? Und wie soll die Community unterstützen?

Joh: Dass die Zurich Pride dieses Thema endlich einmal aufgreift, ist gut, aber halt auch längst überfällig. Die Zurich Pride ist ein sehr wichtiges Medium - sie sollte gegen aussen Forderungen stellen und die Ressourcen schaffen, dass diese auch umgesetzt werden. Die trans Community soll gestärkt werden, mit Ressourcen, und auch mit Geld. Schlussendlich möchte ich mehr sehen, als ein Motto. Franziska: Genau, wir müssen Handlungen einfordern. Denn Sichtbarkeit kann nicht das Einzige sein! Eigentlich will ich gar keine Sichtbarkeit haben müssen. Es ist schade, dass wir Sichtbarkeit brauchen, um respektiert zu werden. Joh: Wir müssen uns bewusst sein, dass Sichtbarkeit Menschen auch vulnerabel machen kann. Zu viel Sichtbarkeit mit zu wenig Schutz: das kann lebensbedrohlich sein. Gerade bei trans Themen müssen wir aufpassen: Die Zurich Pride hat nun eine riesige Verantwortung, innerhalb der Community, wie auch gegen aussen. Stephenie: Sichtbarkeit schaffen wir ja auch in unserem Umfeld; indem wir da sind, jeden Tag. Die Zurich Pride gibt uns nun die Möglichkeit, ins Rampenlicht zu stehen und das ist toll. Aber das Problem ist tatsächlich das was du sagst: Es wird eine Sichtbarkeit geschaffen, die für manche bedrohlich sein kann. Darum braucht es an dieser Pride auch den Support von der gesamten Community, auch von den Ls, den Gs, den Bs, den Qs, den Is und den +! Ray: Genau, denn gerade weil trans Menschen jetzt Sichtbarkeit kriegen, ist das jetzt auch ein Aufruf an die, die nicht im Rampenlicht stehen, trotzdem Arbeit zu leisten. Nicht einfach nur an der Pride sein, und unsere Sichtbarkeit beklatschen, sondern auch darüber hinaus Einsatz zeigen!

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Stolz, sichtbar, feministisch. Die Lesbenorganisation Schweiz (LOS) ist die nationale Dachorganisation für Lesben, Bisexuelle und queere Frauen. Schliess dich uns an: los.ch/mitmachen

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