Taekwondo 20
Ausgabe 14 - Dezember 2022 Gold und Bronze für Lorena Brandl Endlich wieder „Live“ Freestyle mit Gänsehaut Der Herr der Zahlen und Fakten
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Liebe Freunde des Taekwondo, liebe Sportlerinnen und Sportler!
Es gibt Momente im Leben und vor allem im Sport, die immer in Erinnerung bleiben. Zwei solcher Momente erlebte unsere Kämpferin Lorena Brandl. Mehr als ein Traum wurde wahr. Der Gewinn der Goldmedaille beim Weltcup in Manchester und schon kurze Zeit später der Sprung aufs Treppchen und die erhoffte Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft in Mexiko. Wer ähnliche Momente in seiner sportlichen Laufbahn erlebt hat, erahnt, auf welchen Wolken Lorena Brandl schwebte.
Damit Träume wahr werden, das weiß jede erfolgreiche Sportlerin und jeder erfolgreiche Sportler, braucht es ein zielgerichtetes Training, volle Begeisterung und Leidenschaft sowie einer konsequenten Disziplin. Davon berichten wir in einigen der Berichte und Interviews in dieser, der 14. Ausgabe des DTU-Magazins. Weltranglistenturniere und Weltmeisterschaft im Olympischen TaekwondoZweikampf (Seite 4), Kadetten-Europameisterschaft (Seite 34), Deutsche Meisterschaften und Deutscher Jugend Cup (Seite 16).
Über ihre Ziele, Wünsche und manchmal Träume berichten in Interviews Lorena Brandl (Seite 7), Balasz Toth (Seite 9), Marco Scheiterbauer (Seite 10), Janis Dakos (Seite 18), Adrian Wasmuth (Seite 20), Mehran Askari (Seite 26), Karina Fuhrmann (Seite 15), Peter Bolz (Seite 28) und Cem Ünlüsoy (Seite 38).
Abgerundet wird diese Ausgabe mit Berichten und Informationen zu allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der WM in Mexiko, Rücktritten vom Leistungssport (Seite 22 und Seite 38), den regionalen und Breitensport Lehrgängen sowie dem Deutschen Sportabzeichen (Seite 35) sowie der Erneuerung der Kooperation mit dem Deutschen Behindertensportverband (Seite 33).
So bleibt mir noch, Ihnen/Euch allen ein frohes und friedliches Weihnachtsfest und alles Gute für das kommende Jahr 2023 zu wünschen und dass der eine oder andere große Traum wahr wird.
Herzliche Grüße Helena Stanek
Inhalt
■ 4 Mit mentaler Stärke zur Goldmedaille ■ 6 Vor 3500 zu WM-Bronze ■ 10 Interview Marco Scheiterbauer ■ 11 WM-Teilnehmer im Überblick ■ 15 Karina Fuhrmann bei der WM ■ 16 Endlich wieder „Live“ ■ 18 Interview Jannis Dakos ■ 20 Freestyle-Form mit Gänsehaus ■ 22 Dem Taekwondo verpflichtet ■ 25 Jahresabschluss Bundeskader Technik ■ 26 Bundesstützpunkttrainer Mehran Askari ■ 28 Der Herr der Daten ■ 33 Kooperation Behindertensportverband ■ 34 Viktoria Rucinski zweifache U15-Europameisterin ■ 35 Breitensportlehrgänge und Sportabzeichen ■ 38 Cem Ünlüsoy beendet Karriere
Impressum
Herausgeber: Deutsche Taekwondo Union e. V. Georg Brauchle-Ring 93 80992 München Telefon: 089 15 00 21 31
Verantwortlich für den Inhalt: Helena Stanek (hs) Mitarbeiter an dieser Ausgabe: Hermann-J.Hoffe (hh), Raffaella Delli Santi, Arndt Mallepree, Sebastian Finis, Charlotte König
Fotos: DC-Photographie, Peter Bolz, WT-Archiv, Tatjana Scheidt, Binh Doung, DTU-Archiv, Interviewpartner, Sebastian Finis
Redaktionsleitung: Helena Stanek (Fromm) –E-Mail: stanek@dtu-mail.de – Mobil: +49 174 6853194 www.dtu.de www.facebook.com/DeutscheTaekwondoUnion instagram.com/ger_taekwondo/
DTU-Magazin Taekwondo 20 - Ausgabe 14 12/2022 -
3
EDITORIAL
MIT MENTALER STÄRKE ZUR GOLDMEDAILLE
von Helena Stanek
Beim Grand Prix in Manchester gewinnt Lorena Brandl in der Gewichtsklasse über 67 kg als erste deutsche Frau die Goldmedaille. Sie verewigt sich mit diesemhistorischenErfolgindenGeschichtsbüchern der Deutschen Taekwondo Union und fährt nun mit großer Motivation zur Weltmeisterschaft nach Mexiko. Wir sprachen mit der Sportsoldatin der Bundeswehr kurz vor dem Abflug nach Guadalajara.
DTU: Das Jahr fing für dich, sagen wir mal, ziemlich weit unten an. Du warst verletzt, kurz vor der EM warst du noch nicht in der gewohnten Trainingspraxis und hast auch auf der EM nicht das abrufen können, was in dir steckt. Wann würdest du sagen, hat sich das Blatt gedreht und der Weg ging wieder bergauf?
LORENA BRANDL: Der Start nach meiner Verletzung in dieses Jahr war sehr schwer. Nach meiner Reha habe ich sehr individuell mit meinem Heim- und Bundesstützpunkttrainer Bernhard Bruckbauer trainiert. Das war nach Verletzungen auch in der Vergangenheit sehr wichtig und effektiv. So habe ich es geschafft, bis zur EM fit zu werden. Jedoch war es noch nicht zu 100 Prozent Lorena. Ab Juni beim Grand Prix in Rom ging es dann bergauf. Dort habe ich den 5. Platz erreicht.
DTU: Es ist kein Geheimnis, dass ein neuer Bundestrainer erstmal einige Veränderungen bringt, an die man sich gewöhnen muss. Wie würdest du den Verlauf der Zusammenarbeit beschreiben?
LORENA BRANDL: Leider konnte ich die ersten Monate verletzungsbedingt nicht auf High Level mit dem Nationalteam bei unserem neuen Bundestrainer Balazs Toth trainieren. Wir hatten seit Jahresanfang eine komplett neue Situation in Nürnberg. Zu unserem Bundeswehrtrainer und Bundesstützpunkttrainer kamen jetzt die jeweiligen Damen und Herren Bundestrainer als übergeordnetes Personal dazu. Da musste man sich erst ein wenig an die Umstellung gewöhnen, aber ich fand es sehr positiv und dank guter Kommunikation funktionierte das gut.
DTU: Jeder Trainer hat eine Rolle. Welche Rolle hat für dich Bernhard? Welche Balazs?
LORENA BRANDL: Bernhard nimmt eine sehr wichtige Rolle ein, da er mich von Anfang an kennt und ich mit seinem Training groß geworden bin. Bei ihm laufen schon sehr lange alle Informationen zusammen, deswegen beziehe ich ihn in fast alle Entscheidungen mit ein. Aber auch das Training mit meinem Bundestrainer Balazs Toth ist sehr wichtig für mich, da ich mich dadurch noch einmal verbessert habe. Er hat ein gutes Konzept erarbeitet und bringt seit Jahresanfang viele neue Impulse und hilfreiche Übungen mit ein. Man fühlt sich gut geführt. Die Zusammenarbeit ist sehr gut.
DTU: Zweimal Viertelfinale. In Paris eine extrem unglückliche Niederlage. Haben dich diese Platzierungen zusätzlich moti-
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viert, in Manchester vielleicht den nächsten Schritt zu gehen?
LORENA BRANDL: Zweimal Platz 5, knapp an der Medaille vorbei, vorallem in Paris, hat mir einfach gezeigt, dass nur noch ein kleines Stück fehlt, dann schaffe ich diesen Schritt. Also habe ich weiter hart trainiert für diesen Grand Prix in Manchester! Gemeinsam haben wir noch einmal unsere Wochenpläne optimiert. Mein Ziel war es, endlich eine Medaille zu erreichen!
DTU: Wie bist du am 23. Oktober morgens aufgestanden, was waren deine Gedanken?
LORENA BRANDL: An meinem Wettkampftag musste ich früh zur Halle, weil ich Kampfnummer drei hatte. Ich war von Anfang an fokussiert. Ich war gut drauf, habe mich gut gefühlt. Auch beim Warm-up habe ich gemerkt, dass alles gut funktioniert. Meine Beine waren locker und schnell und somit konnte ich gut in das Turnier starten.
DTU: Was ging dir am Abend durch den Kopf?
LORENA BRANDL: Ich konnte es wirklich nicht richtig realisieren, was ich geschafft hatte. Ich habe für diesen Erfolg so hart gearbeitet! Natürlich sind an diesem Abend viele Gedanken durch meinen Kopf geschwirrt, wie wir dieses Ziel nun erreicht haben und was dafür alles notwendig war. Aber ich war, ehrlich gesagt, nach den fünf anstrengenden Kämpfen auch ziemlich k.o.
DTU: Ein historischer Erfolg für Deutschland und natürlich für dich und dein Team. Hast du jetzt realisiert, was du geschafft hast?
LORENA BRANDL: Ja, mittlerweile habe ich es realisiert und bin sehr happy, dass ich als erste deutsche Athletin eine Goldmedaille beim Grand Prix erkämpfen konnte und somit Geschichte für Deutschland geschrieben habe.
DTU: Was lief an diesem Tag für dich so gut? Wie bist du zum Beispiel in den Kampf gegen Bianca gegangen, nachdem du gegen sie schon oft den Kürzeren ziehen musstest?
LORENA BRANDL: Es war einfach mein Tag. Ich war so fokussiert und mental sehr stabil. Das war auch meine Stärke gegen Bianca. Ich wollte diesen Kampf gegen sie endlich gewinnen und wusste, dass ich dafür bereit bin. Es war natürlich ein sehr harter Kampf, aber ich war so fokussiert und von Balazs und Bernhard sehr gut auf diesen Kampf eingestellt.
DTU: Mental stark. So haben wir dich in Manchester von Beginn an gesehen. Was tust du, um deine mentale Stärke zu trainieren?
LORENA BRANDL: Ich arbeite seit zwei Jahren mit meinem Mental Coach Antje Heimsoeth zusammen.
Das Ziel war, bei höheren Turnieren die Nerven zu behalten. Ich bin sehr dankbar für diese Zusammenarbeit, denn dadurch bin ich mental sehr gewachsen.
DTU: Deine langjährige Trainingspartnerin Vanessa konnte leider nicht mehr dabei sein, als du in der Abend-Gala gekämpft hast. Welchen Anteil hat auch sie an diesem Erfolg?
LORENA BRANDL: Es war sehr schade, dass sie am Abend nicht mehr da sein konnte. Vanessa ist ein ganz wichtiger Teil von diesem Erfolg. Täglich arbeiten wir zusammen, um solche Ziele zu erreichen.
DTU: Was zeichnet die Zusammenarbeit und die Freundschaft mit Vanessa aus?
LORENA BRANDL: Seit elf Jahren machen wir diesen Sport zusammen. Ich glaube, ohne sie wäre ich nicht beim Leistungssport gelandet. Ich bin sehr dankbar dafür.
DTU: Du lebst sehr bodenständig in einem kleinen Ort. Was gibt dir dieser Ort, dieses familiäre Leben in der hektischen Sportwelt?
LORENA BRANDL: Mein Zuhause ist der Ort, an dem ich meine Energie wieder aufladen kann. Meine Familie gibt mir viel Kraft und ist ein sehr großer und wichtiger Teil in meinem Leben.
DTU: Die WM rückt näher. Du bist in der letzten Vorbereitung. Mit welchen Erwartungen reist du nach Mexiko?
LORENA BRANDL: Ich fühle mich bereit für diese Weltmeisterschaft in Mexiko. Ich gehe fokussiert in die Kämpfe. Runde für Runde, Kampf für Kampf!
DTU: Spürst du nun einen gewissen Druck, wenn du als Grand-Prix-Siegerin nach Mexiko reist?
LORENA BRANDL: Ab einem gewissen Level im Leistungssport kann man nur sagen: Welcome in the World of Pressure!!! Aber genau dafür arbeite ich auch mit meinem Mental Coach, sodass man in solchen Situationen trotzdem konzentriert und fokussiert ist. Ich sehe das positiv und nehme diese Energie mit nach Mexiko.
DTU: Bei der WM 2013 in Mexiko hat das Damen-Team die letzten Medaillen gewonnen. Wirst du diesen Bann am 17. November brechen?
LORENA BRANDL: Das ist mein Ziel!
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DTU-Magazin Taekwondo 20 - Ausgabe
VOR 3500
ZUSCHAUERN ZU WM-BRONZE –LORENAS TRAUM
WIRD WAHR
von Helena Stanek
Lorena Brandl gewinnt bei der Weltmeisterschaft in Guadalajara/Mexiko die Bronzemedaille. Es ist die erste Medaille für das deutsche Team bei der noch bis Sonntag (20. November) andauernden Weltmeisterschaft. In der Gewichtsklasse + 73 kg gehört die Sportsoldatin der Bundeswehr nun zu den drei besten Sportlerinnen der Welt und geht damit einen großen Schritt in Richtung Olympische Spiele 2024.
Mit viel Power und starkem Selbstbewusstsein gewinnt Lorena ihren ersten Kampf gegen Akram Khodabandeh aus dem Iran souverän mit 2:0 Runden. Der deutliche Sieg in diesem Achtelfinale untermauerte heute schon früh Lorenas Medaillenambitionen. Im Viertelfinale, dem Medaillenkampf, war es vor allem die zweite Runde, in der Lorena ihre gewohnte Stärke gegen die Brasilianerin Gabriele Siquera aufblitzen ließ. Gewinnt die Deutsche Runde eins noch relativ knapp mit 3:0 Punkten, sorgt ein klasse Kopftreffer in Runde zwei für einen deutlichen 7:3 Punkte-Sieg. Mit diesem 2:0 Runden-Sieg sichert Lorena dem deutschen Team die erste Medaille bei dieser Weltmeisterschaft. Zudem beendet sie auch eine 9-jährige Medaillenflaute des Damenteams bei Weltmeisterschaften.
„Ich kann es nicht glauben. Ich habe eine Weltmeisterschaftsmedaille gewonnen“, sagte Lorena unmittelbar nach ihrem Sieg. Nach kurzer Pause wurde der Fokus schnell auf das anstehende Halbfinale gelegt, was mit großer Show und vor vollen Zuschauerrängen ausgetragen wurde.
Das Halbfinale gegen die Israelin Dana Azran verläuft ausgeglichen, mit einem glücklicheren Ende für Israel. Runde 1 wird bei 2:2 unentschieden durch eine höher erzielte Wertung der Israelin gutgeschrieben. Und auch die zweite Runde sichert sich Azran glücklich durch einen Minuspunkt, den Lorena für zu starkes Schieben bekommt. Trotz dieser knappen Halbfinalniederlage überwog beim gesamten Team schnell die Freude über die gewonnene WM-Medaille. Lorena Brandl: „Heute geht für mich ein Traum in Erfüllung. Es ist meine erste WM-Medaille und ich bin einfach nur stolz. Vor dieser Kulisse zu kämpfen, war ein ganz besonderes Gefühl. Es hat leider nicht ganz geklappt, aber ich bin sehr glücklich mit dem Gewinn der Bronzemedaille hier in Mexiko.“
Zitat Bundestrainer Balazs Toth: „It was a tough day. It is a hard world Championship here in Mexiko. Everything can change in one second. We are very sorry for the semifinal, but we will work harder to reach the gold medal. After the gold medal in Manchester this bronze medal is an amazing result. I want to say congratulation to her. ”
Zitat Heimtrainer Bernhardt Bruckbauer: „Man fühlt sich sehr belohnt für all das, was man investiert hat. Es ist heute ein ganz ein toller Tag.“
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Volle Zuschauerränge, spektakuläre Kampfverläufe und Bronze für Deutschland
von Helena Stanek
Die Weltmeisterschaft in Guadalajara hatte einiges zu bieten. Neben den sportlichen Höchstleistungen der Athletinnen und Athleten auf der Fläche, zeigte der Ausrichter in Zusammenarbeit mit dem Weltverband, wie ein professionelles Hallenbild und mediale Begleitung auszusehen hat. Im Centro Acuatico Code Metropolitano – einer riesigen Schwimmhalle – wurden keine Kosten und Mühen gescheut, diese Weltmeisterschaft zu etwas Besonderen werden zu lassen. Hochwertige Lichtanlagen und ein beeindruckender mit Musik und Lichteffekten unterlegter Einmarsch der Halbfinal- und Finalteilnehmer zählten zu den Highlights dieser WM. Spektakuläre Kämpfe, die teilweise in den allerletzten Sekunden eines Kampfes entschieden wurden, werden dem Zuschauer noch lange in Erinnerung bleiben. So gewann die mexikanische Athletin Daniela Souza durch einen spektakulären DrehKick zum Kopf gegen die haushohe Favoritin in der Gewichtsklasse -49 kg, Panipak Wongpattanakit aus Thailand, vor knapp 4.000 Zuschauern die Goldmedaille in der sprichwörtlich „letzten Sekunde.“
Mexiko hat der Taekwondo-Welt gezeigt, welch großen Stellenwert eine Sportart in einem Land haben kann und wie wichtig jubelnde Fans für den Gesamterfolg einer Mannschaft sind. Angepeitscht von phasenweise 5.000 Fans in der Wettkampfhalle gewinnt Mexiko erstmals die Nationenwertung einer Weltmeisterschaft vor China und Korea. Das mexikanische Team hat den Heimvorteil der jubelnden Fans genutzt und beendet ihre WM im eigenen Land als beste Weltmeisterschaft aller Zeiten (dreimal Gold, einmal Silber, zweimal Bronze). Aus deutscher Sicht blicken wir nach diesen Erfahrungen erwartungsvoll auf die Olympiaqualifikation 2024 im eigenen Land. Nicht nur die European Games in diesem Sommer in München haben gezeigt, zu welchen Leistungen Sportlerinnen und Sportler vor heimischer Kulisse fähig sind. Denken wir an die TaekwondoEuropameisterschaft 2006 in Bonn, bei der ich selbst gestartet bin und Silber gewonnen habe, kann auch in unserer Sportart in Deutschland der Kampf vor heimischem Publikum zu besonderen Erfolgen führen. Deutschland gewann 2006 zweimal Gold (Levent Tuncat
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und Pinar Budak), einmal Silber (Helena Fromm) und einmal Bronze (Bashir Adam).
„Für unsere Mannschaft wünsche ich mir eine solche Stimmung für die anstehende Olympiaqualifikation in Deutschland 2024“ – Marco Scheiterbauer
“Guadalajara 2022 is one of the key milestones on your road to the Paris 2024 Olympic Games. With new improved competition rules aimed at generating more excitement and action, I believe that our participating athletes will deliver a truly memorable World Championship.”
Mit diesen Sätzen erklärte WT Präsident Dr. Choue die Weltmeisterschaft in Guadalajara während der imposanten Eröffnungsfeier für eröffnet. Das diese Weltmeisterschaft in vielerlei Hinsicht in Erinnerung bleiben wird, dürfte dem Zuschauer bereits am ersten Tag deutlich geworden sein, als man mit großer Verwunderung bemerkte, dass das elektronische Westensystem der Firma DaeDo nicht so zuverlässig funktionierte, wie man es schon auf anderen Turnieren gesehen hat.
DaeDo räumte in einem Interview nach der Weltmeisterschaft ein, dass es an den ersten vier Tagen der Weltmeisterschaft technische Probleme gegeben habe, diese aber mit aller Kraft für die letzten drei WM-Tage behoben wurden.
Dies war für die Sportlerinnen und Sportler, die an den ersten Tagen der WM kämpften zu spät. Ich als ehemalige Sportlerin kann nur zu gut nachvollziehen, wie frustrierend es sein muss, wenn die Technik nicht einwandfrei funktioniert. Dass dies ausge-
rechnet bei einer Weltmeisterschaft passiert, die, wie Dr. Choue in seiner Begrüßungsrede als sehr wichtig im Olympischen Zyklus beschreibt, ist mehr als ärgerlich.
Wie es mit den elektronischen Westen in unserem Sport weitergeht, wurde auch eingehend bei einem kurzfristig eingeräumten Coach-Meeting am vorletzten Wettkampftag besprochen. Die Coaches wünschen sich eine klare Aussage vom Weltverband, welches Westensystem bei den Olympischen Spielen in Paris zum Einsatz kommen wird.
Das ich, nach der Weltmeisterschaft 2019 in Manchester, nun meine zweite Weltmeisterschaft als Referentin für Medien und Marketing betreuen durfte, erfüllt mich mit großem Stolz. Mit dabei zu sein, wenn unsere Sportlerinnen und Sportler auf den wichtigsten WeltTurnieren kämpfen, lässt meinen Puls stets nach oben schießen. Manchmal ist es schwer, hier eine ruhige Hand zu behalten, um die Momente festzuhalten. Gut, dass ich, wie schon bei der WM in Manchester, Fotograf Peter Bolz an meiner Seite hatte. In einem Team aus Fotograf und schreibender Presse und Verteilung auf den verschiedensten Medienkanälen lässt sich der hohe Anspruch an die unmittelbaren Veröffentlichung der Ergebnisse bewältigen.
Und im Falle eines Medaillengewinns, wie von Lorena Brandl, kann dann dank guter Bilder und unmittelbarer Berichterstattung auch die Presse in der Heimat informiert werden, sodass unsere Sportart zumindest bei solchen Erfolgen einmal erwähnt wird.
Der Bronze-Erfolg von Lorena Brandl (+ 73 kg) bei dieser Weltmeisterschaft ist zu diesem Zeitpunkt im Olympia-
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zyklus Gold wert. Durch den Gewinn der 14-fachen Weltranglistenpunkte bei dieser WM und die sechsfachen Weltranglistenpunkte beim Grand Prix in Manchester hält sich die Sportsoldatin der Bundeswehr nun konstant unter den Top 6 in der olympischen Rangliste. Diese Position benötigt jeder Athlet, um die
direkte Qualifikation für die Olympischen Spiele in Paris zu schaffen. Dass das kommende Jahr entscheidend sein wird, liegt auf der Hand. Dennoch geben die letzten Erfolge eine große Portion Motivation, dass das Ziel realistisch und erreichbar ist.
Historische Erfolge für Balazs Toth im
DTU20: What positive, and also negative, impressions have you collected in Mexico?
Balasz Toth: I have positive and negative feelings about the World Championship. First of all it was terrible to see, that the DaedoSystem didn’t work as good as it has to work on a world championship. It was not only in the first days of the competition. I felt it during the whole competition. It was not to understand for me as a coach that the system didn’t work good at all. But we tried to do our best on the field.
On the one hand I am happy but on the other hand I know we can do better. But my female Team showed again, that we are on the right way.
DTU20: DTU waited for a femalemedal on a world championship nine years. Is this medal a good result for you or did you expect more success?
Balasz Toth: I think the result, that the female team reached one medal after nine years is a big step to our big goal: the Olympic Games. The German Taekwondo Federation waited for this medal nine years, so I think our work during the last eleven month has paid off. For me this medal means something. It means that our Teamwork and our program work well. On the last day we were very close to win another medal. It was very close, and it gives us a reminder, that we have to work more. But of course, I am very happy
Jahr 2022
that we won one medal with Lorena in the HeavyweightCategory.
DTU20: If you look on the whole year: Have you reached your goals at this moment of the Olympic period?
Balasz Toth: If I look on my personal goals for this year I can say: Yes, we reached the goals. Of course, we can always do better and reach more medals as a team. But we won a medal on the European Championship, also the first medal in a Grand Prix at all, we made history with the first gold medal on a Grand Prix and at least we finished the nine-yearswaiting for a WorldChampionship-Medal. I am proud that theses medals are won by two and not only one athlete. Many fifth places through the whole year show, that we have many good female athletes in the team and I am sure, they will bring more medals soon. I really believe that this year showed us, we can reach top positions on big events. But I hope and believe, that next year we will win more medals during the Grand Prix Serie and also at the European Games in June. My biggest goal is, that one athlete will qualify directly for the Olympic games in Paris. This is all together our main goal, and we have to work for it very hard and consequently.
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Marco Scheiterbauer stand nach der Weltmeisterschaft für ein Interview bereit
Für den
war
Weltmeisterschaft keine leichte. Mit einem kleinen Team, bestehend aus drei Sportlern, waren die Aussichten auf einem Medaillenerfolg gering. Doch man sollte niemanden auf einer Weltmeisterschaft unterschätzen, denn schon 2019 auf der WM in Manchester hat uns Jordanis Konstantinidis eindrucksvoll gezeigt, was möglich sein kann. Der Dachauer gewann damals überraschend die Bronzemedaille in der Gewichtsklasse – 63 kg. Durch den Rücktritt von Leistungsträger Eduard Drewlau und der Verletzung von Alexander Bachmann sei man bei dieser WM nur auf drei männliche Athleten gekommen, erklärt Marco Scheiterbauer die geringe Anzahl an Athleten. Andere Gewichtsklassen hatten die vorgesehen Nominierungskriterien leider nicht erreicht.
meistern wird, da bin ich mir sehr sicher. Ich erwarte viel von ihm in Zukunft.
Cemal-Can erkrankte während der unmittelbaren Vorbereitungsphase an einer Covid-19-Infektion. Die medizinischen Checks und die ersten „leichteren“ Belastungstests verliefen danach positiv, sodass er von unserer medizinischen Abteilung grünes Licht für einen Start bekam und wir vorsichtig optimistisch für seine Teilnahme gestimmt waren. Die harte Wettkampfbelastung und das anfangs hohe Tempo des Kampfes forderten jedoch schnell alles von ihm ab und er konnte nichts mehr entgegensetzen. Im Nachhinein betrachtet, werden sicherlich einige Kritiker sagen, man hätte nicht starten sollen, jedoch darf man auch nicht alles unversucht lassen, um zu gewinnen. Cemal Can hat sich dieser Herausforderung gestellt und diese angenommen, was unserem Trainerteam seine Einstellung gezeigt hat. Oftmals werden fehlender Kampfgeist und Wille kritisiert, das kann man diesem jungen Sportler nicht vorwerfen: Er ging trotz sehr widriger Umstände auf die Fläche und war bereit, alles für das Team zu geben.
DTU20: Wie ist die Leistung deiner Jungs im Einzelnen zu bewerten?
Marco Scheiterbauer: Für alle drei Athleten war es die ersten WM-Teilnahme. Mit seinen 17 Jahren war die Teilnahme von Khaled ein sehr positives Zeichen für die Zukunft. Wir brauchen solche Talente, die sich voll und ganz einbringen und diesen Sport leben. Bei seiner WM-Premiere zeigte sehr gute Aktionen. Maßgeblich waren jeweils die letzen 20 Sekunden in Runde eins und in Runde zwei seines Kampfes. Hier muss er noch etwas abgeklärter und präsenter agieren. Das ist aber ein Lernprozess, den er sicherlich
Imran war bei dieser WM in einer sehr guten körperlichen und mentalen Verfassung. Im ersten Kampf besiegte er seinen Gegner aus Palestina klar. Im zweiten Kampf war uns gleich bewusst, dass dies die Vorentscheidung sein wird. Mit dieser sehr klaren und offensiven Haltung besiegte Imran den späteren Weltmeister in der ersten Runde. Die zweite Runde ging sehr schnell an den Chinesen – taktisch investierte Imran danach weniger, um Energie für die entscheidende dritte Runde zu sparen. Sehr ausgeglichen verlief der Beginn der dritten Runde, in der Imran in Führung ging. Bitter für uns, dass der erzielte Kopftreffer des Chinesen trotz starken Haltens nicht annulliert wurde. Daraufhin musste Imran mehr
10 -
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Herrenbundestrainer Marco Scheiterbauer
diese
Risiko eingehen, um den Punktrückstand aufzuholen. Ein knappes 8:9 für den späteren Weltmeister und ein Kampf auf Augenhöhe des jungen Ulmers, der dadurch seine Klasse unter Beweis stellte.
Natürlich ist das nicht das Ergebnis, das ich mir erwartet hatte. Persönlich hätte ich mir gewünscht, dass wir mehr Kämpfe gewinnen und besser abschneiden.
Im Herrenbereich hatten wir ein sehr schwieriges Jahr, in dem wir Verletzungen und Rücktritte kompensieren mussten. Für unser Trainerteam ist es sehr herausfordernd, in Zukunft ein konkurrenzfähiges Team aufzubauen. Wir haben in unseren Reihen noch einige junge Talente, die zur Weltspitze aufschließen können. Das wird aber ein langfristiger Prozess werden, der von unseren Verband, Trainerteam, Sportlern und deren Umfeld alles abverlangen wird. Die Leistungsdichte und die internationale Konkurrenz ist im Herrenbereich sehr stark ausgeprägt. Es gab keinen Weltmeister, der seinen Titel der vergangenen Weltmeisterschaft verteidigen konnte.
DTU20: Welchen positiven, wie auch negativen, Eindruck nimmst du aus Mexiko mit?
Marco Scheiterbauer: Die Mexikaner sind nahezu „Taekwondo-verrückt“. Es war sehr schön zu beobachten, dass unsere Sportlerinnen und Sportler Fotos mit
Fans machten und Autogramme gaben. Auch als Trainer war das eine sehr positive Erfahrung. Wenn es etwas Negatives gab, das ich bemängeln würde, dann hatte ich etwas Probleme mit der „Regelauslegung“ und die oft sehr anfällige Technik, mit der die WM belastet war. Es gab viele Diskussionen, die wir intensiv innerhalb der Mannschaft führten, wie und weshalb manche Entscheidungen/VideoReplays /Ghost- Phantom Points zustande kommen können und wie wir gegebenenfalls in solchen Situationen richtig reagieren können und müssen.
DTU20: Wie hast du Mexiko als Gastgeber und Ausrichter erlebt?
Marco Scheiterbauer: Die Atmosphäre war sensationell. Ein sehr fachkundiges und emotionales Publikum. Sehr hilfsbereite und freundliche Helfer auf dem gesamten WM-Gelände. Zu Beginn hatten wir sehr viel Respekt vor sieben Wettkampftagen, die aber dann doch sehr kurzweilig waren, aufgrund dessen, dass wir eine sehr schöne WM mit vielen bleibenden Eindrücken erlebt haben. Die Leistung der mexikanischen Mannschaft ist besonders hoch anzurechnen, da sie im eigenen Land das richtige Momentum gefunden und eine extrem erfolgreiche WM hatten. Für unsere Mannschaft wünsche ich mir eine solche Stimmung für die anstehende Olympiaqualifikation in Deutschland 2024.
Weltmeisterschaft 2022
Anna-Lena Frömming (- 62 kg) gewinnt ihren ersten Kampf gegen Jui-En Chang aus Chinese Taipeh mit 2:0 Runden. In der ersten Runde ist es ein Gam-Jeon, der Anna-Lena den 1:0-Rundensieg bringt. In der zweiten Runde kann Anna mit einem ihrer starken Westentritte punkten und gewinnt die Runde mit 2:1. Das Achtelfinale gegen die amtierende JugendWeltmeisterin Sarah Chaari aus Belgien war von einigen technischen Störungen geprägt.
In der ersten Runde fällt lediglich ein Kopftreffer zugunsten der Belgierin, die sich dadurch den Sieg in Runde 1
sicherte. In der zweiten Runde führt Anna-Lena lange mit 1:0 Punkten. Dann aber trifft die Belgierin die Weste und geht mit 2:1 in Führung. Sie gewinnt die Runde, trotz Gam-Jeon und 2:2 Ausgleich durch Anna, da sie mit ihrem Westentreffer eine höherwertige Wertung erzielt hat. Anna-Lena verliert unglücklich gegen die spätere Weltmeisterin.
Vanessa Körndl (- 67 kg) startet mit einem starken 2:0Sieg gegen Laila Delo von den Philippinen in diese Weltmeisterschaft. Sowohl in der ersten Runde (5:0) als auch in der zweiten Runde (7:2) war der Sieg für Vanessa zu
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keiner Zeit in Gefahr. Sie besiegt ihre Gegnerin souverän mit 2:0 Runden.
Im Achtelfinale schafft es Vanessa in Runde eins gegen die amtierende Europameisterin Cecilia Castro Burgos aus Spanien nicht, die Weste und den Kopfschutz mit entscheidender Härte zu treffen. Die Runde geht mit 0:5 Punkten verloren. Auch in der zweiten Runde gelingt es Vanessa erst in den letzten 15 Sekunden einen Westentreffer zu landen. Dieser verkürzt die spanische Führung auf 2:4 Punkte, der Gesamtsieg geht aber an die Spanierin. Vanessas viele Tritte in den letzten Sekunden des Kampfes führen leider zu keiner Wertung. So muss sich Vanessa mit 0:2 Runden geschlagen geben.
Supharada „Anya“ Kisskalt (- 49 kg) erwischte keinen guten Tag bei ihrer ersten SeniorenWeltmeister schaft. Nach einer starken ersten Runde , die Anya souverän mit 7:2 Punkten für sich entscheiden konnte, ging die zweite Runde aufgrund eines fragwürdigen Gam-Jeons in den letzten fünf Sekunden mit 2:3 Punkten an Dunya Ali Abutaleb aus Saudi-Arabien. In der dritten Runde wurde unserer Sportlerin ebenfalls ein schöner Kopftreffer im Infight wieder aberkannt und zusätzlich mit einem Gam-Jeon wegen Haltens bestraft. Leider konnte kein Video-Beweis mehr eingesetzt werden, da die Karte zuvor bereits verloren ging. Anya verliert die dritte Runde mit 4:6 Punkten und den Kampf mit 1:2 Runden.
Lorena Brandl gewinnt bei der Weltmeister schaft in Guadalajara/ Mexiko die Bronzemedaille. In der Gewichtsklasse + 73 kg gehört die Sportsoldatin der Bundeswehr nun zu den drei besten Sportlerinnen der Welt und geht damit einen großen Schritt in Richtung Olympische Spiele 2024.
Mit viel Power und starkem Selbstbewusstsein gewinnt Lorena ihren ersten Kampf gegen Akram Khodabandeh aus dem Iran souverän mit 2:0 Runden. Der deutliche Sieg in diesem Achtelfinale untermauerte heute schon früh Lorenas Medaillenambitionen. Im Viertelfinale, dem Medaillenkampf, war es vor allem die zweite Runde,
in der Lorena ihre gewohnte Stärke gegen die Brasilianerin Gabriele Siquera aufblitzen ließ. Gewinnt die Deutsche Runde eins noch relativ knapp mit 3:0 Punkten, sorgt ein klasse Kopftreffer in Runde zwei für einen deutlichen 7:3 Punkte-Sieg. Mit diesem 2:0 Runden-Sieg sichert Lorena dem deutschen Team die erste Medaille bei dieser Weltmeisterschaft. Zudem beendet sie eine neunjährige Durststrecke des Damenteams bei Weltmeisterschaften.
Das Halbfinale gegen die Israelin Dana Azran verläuft ausgeglichen, mit einem glücklicheren Ende für Israel. Runde eins wird bei 2:2 Unentschieden durch eine höher erzielte Wertung der Israelin gutgeschrieben. Und auch die zweite Runde sichert sich Azran glücklich durch einen Minuspunkt, den Lorena für zu starkes Schieben bekommt. Trotz dieser knappen Halbfinalniederlage überwog beim gesamten Team schnell die Freude über die gewonnene WM-Medaille.
Am vierten Wettkampftag ging mit Imran Özkaya (- 63 kg) der erste männliche Sportler unseres Nationalteams auf die Fläche. Als einer von drei Herren hatte Imran die nationalen Qualifikationskriterien für diese Weltmeisterschaft erreicht. Er galt aufgrund seiner Erfolge in diesem Jahr als die größte Medaillenhoffnung im Herrenteam. Mit einem starken 2:0 Runden-Sieg gegen den Palästinenser Omar Yaser Ismail ist Imran bei seiner ersten WM-Teilnahme bei den Senioren ein guter Start gelungen.
Im zweiten Kampf gegen Yushuai Liang aus China wird Imran körperlich und taktisch einiges abverlangt. Imran gewinnt die erste Runde, auch dank eines wunderschönen Drehpaltungs, mit 6:5 Punkten. Es ist, wie wir nun am späten Abend wissen, die einzige Runde, die der Chinese in all seinen Kämpfen auf dieser WM abgibt. In der zweiten Runde trifft der Chinese innerhalb kürzester Zeit mehrfach die Weste, geht schnell mit 9:0 in Führung und gewinnt die Runde vorzeitig. In der dritten Runde ist Imran dem Sieg nahe und hält dem Druck des Chinesen stand. Am Ende ist es trotz großen Einsatzes und viel Action eine knappe 8:9 Niederlage in Runde drei und somit das Ausscheiden aus dem Turnier für unseren Sportler. Der Chinese setzt nach dem knappen Sieg gegen Imran seine Siegesserie fort, besiegt all seine darauffolgenden Gegner mit 2:0 Runden und wird Weltmeister.
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Mit großen Medaillen hoffnungen trat Ela Aydin in der Gewichtsklasse – 53 kg bei dieser WM an. Die Reise begann mit einem 2:0 Runden-Sieg gegen Bouma ferimata Coulibaly von der Elfenbeinküste. Der erste, oftmals so schwierige Kampf, war geschafft. Im Achtelfinale gegen die Taiwanesin Po-Ya Su gelang es Ela jedoch nicht, diesen erfolgreichen Weg fortzuführen. Gegen die sehr agile Taiwanesin konnte Ela ihre Tritte nicht mit der entscheidenden Härte an der Weste anbringen. Sowohl in Runde eins als auch in der zweiten Runde waren es Fausttreffer, mit denen Ela punktete. Unterm Strich reichten die kraftvollen Fausttreffer nicht aus, um zwei Runden zu gewinnen. Ela verliert das Achtelfinale gegen Po-Ya Su mit 0:2 Runden.
Eine klasse Leistung zeigte Yanna Schneider (- 73 kg) in ihrem ersten Kampf gegen Rachel Cuma aus Kanada. Mit schönen Kopftreffern und starken Fäusten besiegt sie die Kanadierin klar mit 2:0 Runden. Die erste Runde gewinnt Yanna deutlich mit 7:2 Punkten. In Runde zwei setzt Yanna ihre Stärken noch effektiver ein und erkämpft einen klaren 14:5 Punkte-Sieg in dieser Runde. Der Weg in die nächste Runde war gesichert.
Im Achtelfinale gegen die amtierende VizeEuropameisterin Nika Klepac (Kroatien) zeigt Yanna bis zum Schluss vollen Einsatz und Siegeswillen. Leider fanden die zahlreichen Tritte zum Kopf keine Wertung für die deutsche Sportlerin. In der ersten Runde geht Yanna zunächst mit einer starken Faust in Führung. Im weiteren Verlauf punktet jedoch nur noch Klepac und dreht den Kampf aus ihrer Sicht in einen 4:1 PunkteSieg. In der zweiten Runde versuchte Yanna, die von Beginn an erkämpfte Führung der Kroatin zu verkürzen. Dies gelang ihr durch einen schönen Paltung-Chagi zu einem 4:2 Zwischenstand. Am Ende behält Klepac aber die Führung bis zur Schlusssekunde und gewinnt die Runde und letztlich den Kampf mit 2:0 Runden.
Der in der Weltrangliste auf Platz 13 gesetzte Khaled Abdel Halim musste in der mit 48 Teilnehmern besetzten Klasse bis 54 kg gegen Tamirlan Tleules aus
Kasachstan auf die Kampffläche. Dass der Kasache eine harte Nuss sein dürfte, hat er bereits vor drei Monaten unter Beweis gestellt. Bei der Jugend-Weltmeisterschaft in Sofia gewann Tamirlan Tleules die Silbermedaille.
Der Dachauer - mit seinen gerade mal 17 Jahren der Jüngste im deutschen Team – ließ sich von den Erfolgen seines Gegners nicht beeindrucken. Mit seinem frechfrischen Kampfstil ging er in der ersten Runde sogar mit 4 zu 2 Punkten in Führung. Vor dem Ende der Runde gelang dem Kasachen aber doch noch der Ausgleich zum 4:4. Nach dem neuen Regelwerk ging die Runde an den zweimal verwarnten Kasachen, der zwei Paltungs anbringen konnte. Da er die höherwertigeren Techniken für sich verbuchen konnte, ging die Runde an ihn.
In der zweiten Runde erhöhte Khaled den Druck. Seine Angriffe wurden aber vom Kasachen geschickt gekontert. Obwohl der Dachauer relativ schnell im Rückstand lag, versuchte er alles, um die Runde zu seinen Gunsten zu drehen. Am Ende verlor er auch die zweite Runde.
Mit vier starken Kämpfen zeigt sich Süheda Celik (- 46 kg) bei dieser Weltmeisterschaft in Top-Form. Erst im Viertelfinale gegen die Kolumbianerin Andrea RAMIREZ
VARGAS wird ihr Siegeszug gestoppt. In beiden Runden kommt Süheda mit ihrem starken Vorderbein nicht so effektiv zum Ziel, wie sie es noch eindrucksvoll in den vorherigen Kämpfen gezeigt hat.
Dennoch war dies heute eine klasse Leistung und ein hervorragender fünfter Platz bei dieser Weltmeisterschaft! Herzlichen Glückwunsch!
Süheda Celik (- 46 kg) gewinnt ihren ersten Kampf gegen Hazel Della aus den USA mit 2:1 Runden. Die Nervosität aus der ersten Runde konnte Süheda in Runde zwei und drei bravourös ablegen und beide Runden mit starken Kopftreffern für sich entscheiden. Zu Beginn der ersten Runde geriet Süheda schnell mit 0:9 Punkten in Rückstand. Doch sie vertraute auf ihre
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Stärke und glich zwischenzeitlich noch zum 9:9 aus. Die Runde ging zwar knapp mit 9:12 Punkten verloren, zeigte aber einen starken Siegeswillen von Süheda. In Runde zwei und drei gab Süheda keinen Punkt mehr ab und gewann jeweils zu null (6:0 und 5:0 Punkte).
Süheda Celik (- 46 kg) glänzt in ihrem zweiten Kampf gegen Michelle Tau aus Lesotho mit wunderschönen Kopftreffern. Süheda gewinnt mit 1:2 Runden und zieht ins Achtelfinale ein. Nur eine Unachtsamkeit in der zweiten Runde machte den Kampf noch einmal spannend. Hier konnte Tau zum 6:6 ausgleichen und sogar die Runde gewinnen. Doch Süheda ließ sich davon nicht von ihrem Weg abbringen und siegte in der dritten Runde klar mit 10:3 Punkten.
Süheda Celik (- 46 kg) gewinnt das Achtelfinale mit einer enorm starken Leistung gegen die quirlige Israelin Rivka Bayech mit 2:1 Runden. Wie schon in den vorherigen Kämpfen setzt Süheda ihr starkes Vorderbein gekonnt ein und trifft die Israelin oft und effektiv am Kopf. Der Kampf bleibt in jeder Runde spannend, da auch die Israelin einige Male punktet. Doch gegen Sühedas starkes Vorderbein konnte Bayech am Schluss nichts
mehr entgegensetzten. Süheda gewinnt verdient mit 2:1 Runden und zieht ins Viertfinale ein.
Cemal-Can Malkoc (- 58 kg) konnte sich gegen Chun Yin Chiok (Hongkong) nicht behaupten und verliert seinen Kampf mit 0:2 Runden. Deutlich war zu erkennen, dass die erst kürzlich überstandene Corona-Infektion seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigte.
Dazu Verbandsarzt Dr. Frank Düren: „Cemal-Can wurde nach Anreise in Mexiko leider positiv auf Covid-19 getestet. Nach der auferlegten Quarantäne, die wir in enger Absprache mit den mexikanischen Behörden durchführten, haben wir uns nach einem ausführlichen Gesundheitscheck dazu entschieden, dass er wettkampffähig ist. Natürlich hat so eine Infektionskrankheit einen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit.“
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KEINE GUTE WERBUNG FÜR DAEDO
Karina Fuhrmann: Kampfrichterin bei der WM
Sie war als einzige internationale Kampfrichterin bei der Weltmeisterschaft in Guadalajara/Mexiko für Deutschland aktiv. Von der imposanten Eröffnungsfeier bis zur Schlusszeremonie konnte sie intensive Eindrücke in Mexiko sammeln.
DTU20: Welche positiven und vielleicht auch negativen Eindrücke hast du aus Mexiko mitgenommen?
Karina Fuhrmann: Positiv war für mich, wieder das gute Miteinander unter den Kampfrichterkollegen. Obwohl sie aus allen Ecken der Welt kamen, war da ein gutes Gemeinschaftsgefühl. Und dann waren da natürlich die tollen Kämpfe, das Mitfiebern im Kampfrichterraum ist da genauso groß, wie wenn man an der Fläche steht. Dieses strickte „Verbot“, nicht mit Coaches oder anderen Offiziellen außerhalb der Wettkampffläche oder in den Pausen zu kommunizieren, ist einerseits gut, andererseits trifft man da viele alte Bekannte und möchte diese da genauso umarmen oder grüßen wie sonst auch. Das ist schon eine große Umstellung für mich gewesen und war nicht einfach. Kurios war für mich auch die Polizeibegleitung auf dem Weg zur Halle und zurück und ihre ständige Präsenz um das Sportgelände herum und in der Halle.
DTU20: Während und nach der WM gab es ziemlich viel Diskussion um das elektronische Westensystem. Wie hast du als Kampfrichterin diese Situation empfunden?
Karina Fuhrmann: Trotz der Technikprobleme waren die Leute alle sehr bemüht, diese Fehler zu beseitigen. Ich fand aber KPNP persönlich besser beziehungsweise nicht so Fehler lastig wie hier in Mexiko Daedo. Die Kritik diesbezüglich war sehr berechtigt und leider sind die Fehler altbekannt und auf fast allen Turnieren anzutreffen, was bei einer WM umso ärgerlicher ist – für alle Beteiligten. Letztendlich war es keine gute Werbung für Daedo.
DTU20: Was war dein Highlight bei den Kämpfen in Mexiko?
Karina Fuhrmann: Für mich war die Eröffnungsfeier das absolute Highlight. Die einheimischen Zuschauer haben die gesamte WM über eine tolle Stimmung verbreitet, was die Kämpfer sicherlich sehr gepusht hat, wenn diese im Halbfinale oder Finale stand. (hs)
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EIN GESCHENK FÜR
Ausgabe 13 Oktober 2022 Sportgeschichte geschrieben: Yanna, Helena und Ela 9 Medaillen bei European Universities Games 2022 Auf dem richtigen Weg: Para-Lehrgänge in Bochum und Düsseldorf Jubel über zwei EM-Medaillen Taekwondo 20 Magazin für olympisches Taekwondo in Deutschland Magazin für olympisches Taekwondo in Deutschland
ENDLICH WIEDER „LIVE“ – DEUTSCHE MEISTERSCHAFT UND DEUTSCHER JUGEND CUP IN GEHRDEN
von Rafaella Delli Santi
Nach zwei Jahren Pandemie-Pause beziehungsweise Austragung im virtuellen Raum war die Freude bei den Teilnehmenden groß, die Deutschen Technik-Meisterinnen und Meister sowie die „Cup“-Siegerinnen und -Sieger endlich wieder in Präsenzläufen zu ermitteln. DTU-Vizepräsident Technik Rainer Tobias zeigte sich sehr zufrieden: „Wir
noch keine konkreten Daten zu Ort und Datum der TechnikEuropameisterschaften 2023 gibt, so waren DM und DJC schon jetzt ein bedeutender Gradmesser, den aktuellen Leistungsstand der Athletinnen und Athleten zu beurteilen. Für die Bundestrainer ist es optimal, ein hervorragend organisiertes Präsenzturnier zum Jahresende zu haben, in dem
haben tolle Wettkämpfe in allen Disziplinen erleben dürfen, in denen sich viele Sportlerinnen und Sportler unserer Poomsae-Community spannende Finale geliefert haben.“
In gewohnt professioneller Art richteten die Niedersächsische Taekwondo Union und der SV Gehrden die Titelkämpfe aus und bereiteten Startern, Kampfrichtern und Zuschauern ein gelungenes Turniererlebnis. Wer es nicht zum Anfeuern in die Halle schaffte, um die Klassen auf den drei Flächen in Echtzeit mitzuerleben, konnte auch dieses Mal wieder alle Wettkämpfe im Livestream verfolgen.
Die beiden Meisterschaften bildeten einen würdigen Saisonabschluss – und einen Meilenstein auf dem Weg zum nächsten Highlight im kommenden Jahr: Auch wenn es
alle aktuellen und potenziellen Bundeskaderathletinnen und -athleten unter Echtbedingungen betrachtet werden können. So war das Bundestrainerteam auch gut damit beschäftigt, die Läufe der Sportlerinnen und Sportler zu verfolgen, diese zu analysieren und die Athletinnen und Athleten in vielen Fällen gleich mit individuellem Feedback zu versorgen. „Man konnte schon viele sehr gute Leistungen und konstante Weiterentwicklung beobachten“, so Bundestrainerin Imke Turner. „Es waren auch einige Überraschungen dabei, was einmal mehr beweist, dass die Konkurrenz nicht schläft – und das ist gut für alle, denn es spornt jeden und jede an, permanent an sich zu arbeiten.“ Das sieht auch der Para-Bundestrainer Bernhard Thomys so, der sich vor allem darüber freut, dass die beiden Meisterschaften weiter zum positiven Blick auf den Para-
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Bereich beigetragen haben und den Sportlerinnen und Sportlern nach einer langen turnierlosen Zeit wieder die Möglichkeit eines Starts geboten haben.
Neben den zahlreichen erfahrenen Poomsaeläuferinnen und -läufern auf der DM traten auf dem DJC auch viele Nachwuchssportlerinnen und -sportler zum ersten Mal bei einem nationalen Wettbewerb an. Bundestrainerin Daniela Koller lobt die gute Stimmung auch am zweiten Turniertag und hebt die tollen Leistungen des Nachwuchs hervor: „Ihre Leistungen zu sehen, ist eine große Motivation für die anstehende Saison 2023.“
die Kampfrichter war es wichtig, endlich wieder „live“ werten zu können. „Die Kampfgerichte waren mit vielen erfahrenen Kampfrichtern besetzt, was von Anfang an einen reibungslosen Ablauf und ein harmonisches Turnier ermöglichte“, so das Fazit von Bundeskampfrichterreferent Andreas Osthoff. Besonders im Bereich Freestyle seien die positiven Auswirkungen der intensiven Online-Lehrgänge erkennbar gewesen, denn trotz der verlängerten Vortragsdauer von bis zu 100 Sekunden waren die Kampfrichter sehr gut vorbereitet und konnten die Bewertung ohne Probleme und zügig durchführen. Für zwei Bundeskampfrichter-Anwärterinnen verlief der Einsatz in Gehrden in doppelter Hinsicht erfreulich: Heekyung
Für Adrian Wassmuth war es der erste Einsatz als Bundestrainer im Freestyle-Bereich. „Ich konnte mir einen guten Eindruck von den Freestylern machen und freue mich auf die weitere Arbeit und vor allem das anstehende EM-Jahr.“ Für die Bundeskadersportler im Recognized und Freestyle-Bereich gab es nach dem Turnierwochenende keine Verschnaufpause: Sie arbeiteten auf den RegionalBundeskaderlehrgängen gleich weiter an ihren Formen. Ein gelungener Jahresabschluss, resümiert auch Bundestrainer Paul Knauthe: „Jetzt geht der Blick wieder nach vorn und die Planungen für ein erfolgreiches Eurojahr laufen auf Hochtouren.“
Doch nicht nur die Aktiven auf der Wettkampffläche waren froh darüber, dass es eine Präsenz-Deutsche gab. Auch für
Reimann (HTU) und
Leberle (TUBW) legten ihre praktische Prüfung erfolgreich ab und verstärken ab jetzt das Team der Bundeskampfrichter.
Den Pokal in der Landesverbandswertung der Deutschen Meisterschaft sicherte sich dieses Mal die Hessische Taekwondo Union mit großem Vorsprung vor der TUBW und der NTU. Beim Deutschen Jugend Cup führt die TUBW das Tableau an, gefolgt von der NTU und der NWTU. Alle einzelnen Ergebnisse können auf der Homepage der DTU nachgelesen werden.
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Stefanie
"WIR HABEN NOCH VIEL ARBEIT VOR UNS"
Helena Stanek
DTU20: Ein Jahresrückblick dient immer dazu, Vergangenes noch einmal Revue passieren zu lassen. Was sind für dich Momente im Jahr 2022 gewesen, auf die du als Vizepräsident mit Stolz zurückblickst?
Jannis Dakos: Natürlich muss ich da als erstes die erkämpften Big Points nennen. Die historischen aufeinanderfolgenden Grand-Prix-Medaillen von Ela Aydin und Lorena Brandl, gefolgt von Lorenas WM-Medaille ein paar Wochen später.
DTU20: Ein neues Bundestrainer-Team hat im Leistungssport im Jahr 2022 neue Wege eingeschlagen. Nach einem Jahr Arbeit: Wie bewertest du den aktuellen Stand im Herrenund Damenteam im laufenden Olympiazyklus?
Jannis Dakos: Wir haben noch viel Arbeit vor uns. Im Damenbereich haben wir ein gutes Team und mit Balazs Toth einen kompetenten hochmotivierten Trainer, dem ich den großen Durchbruch zutraue.
Im Herrenbereich haben wir leider ein noch nie da gewesenes Leistungsloch. Zur WM in Mexico sind wir mit nur drei männlichen Athleten gefahren. Hier werden wir sicher Jahre brauchen, um wieder ein starkes Team aufzubauen. Wir können uns nicht erlauben, erfolgreiche Nachwuchsathleten im Übergangsbereich zu den Senioren wie in der Vergangenheit zu verlieren. Hier muss konsequent die Arbeit verbessert werden.
DTU20: Mit dem Abgang von Bundesstützpunktrainer Rafik Zhori wurde ein kleines Loch in die erfolgreiche Arbeit
gerissen. War der Abgang für dich eine Überraschung und wie konntest du dieses Loch nun füllen?
Jannis Dakos: Rafik für die DTU zu rekrutieren, war für mich persönlich ein hartes Stück Arbeit. Er hat am BSP in Düsseldorf eine hervorragende Arbeit geleistet, deswegen war ich natürlich etwas enttäuscht, hatte auf der anderen Seite auch volles Verständnis, als er sich für einen anderen Weg entschied. Offensichtlich haben wir dem holländischen Verband mit der Verpflichtung von Rafik erst auf seine Qualitäten aufmerksam gemacht und zum Handeln bewegt. Das Angebot als Chef-Trainer der holländischen Nationalmannschaft konnte Rafik nicht ausschlagen.
Die intensive Suche für einen Weltklasse-Trainer für den BSP-Düsseldorf mitten im olympischen Zyklus hat natürlich einige Zeit in Anspruch genommen. Die Wahl fiel auf Mehran Askari aus dem Iran. Mehran war selbst ein Weltklasseathlet, ist diplomierter Sportwissenschaftler und betreute in den letzten Monaten die mexikanische Nationalmannschaft. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden. Seine professionelle Einstellung, seine Fachkenntnisse und die Tatsache, dass er sich die höchsten Ziele für seine Arbeit setzt, passen ganz gut zu unseren Vorstellungen und dem Anforderungsprofil für die Trainerstelle am BSP in Düsseldorf. Er kommt aus einer unglaublich erfolgreichen Trainer-Familie, jetzt hat er einen klaren Auftrag für die DTU. Er hat seine Arbeit am 01.11.2022 in Düsseldorf aufgenommen.
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von
Jannis Dakos im Interview
DTU20: Die DTU-Final-Serie war in diesem Jahr mit neun Turnieren und tollen Teilnehmerzahlen erfolgreich. Wozu dient aus deiner Sicht diese Turnierserie und welches Ziel verfolgt die DTU mit der Durchführung?
Jannis Dakos: Die Serie ist für den Nachwuchs der DTU sehr wertvoll. Hier haben Athleteninnen und Athleten die Möglichkeit, sich national zu präsentieren, Erfahrungen zu sammeln und natürlich von unseren Bundestrainern gesichtet zu werden.
DTU20: Was bedeutet eine erfolgreiche Teilnahme bei diesen Turnieren im Hinblick auf einen Einsatz im Nationalteam?
Jannis Dakos: Für eine Nominierung in die Nationalmannschaft sind aktuell Kriterien aufgestellt, die Erfolge auf G1-Turnieren und Deutsche Meisterschaften berücksichtigen. Die Sieger der Final-Serie werden aber als Talente gesichtet und für Maßnahmen durch die Bundestrainer einbezogen.
DTU20: Die kommenden beiden Jahre sind im Hinblick auf die Olympischen Spiele entscheidend. Was muss sich noch im Leistungssport verbessern, damit wir in Paris 2024 dabei sind?
Jannis Dakos: Die Weichen sind gestellt. Die Betreuungssituation unserer Olympiakandidaten wurde optimiert, die Bundestrainer und Sportlerinnen und Sportler haben ihre Vorgaben und Planung. In Richtung Paris fahren wir zweigleisig. Wir wollen auf der einen Seite direkte Tickets über die olympische Weltrangliste lösen, auf der
anderen Seite haben wir noch die Chance, Athletinnen und Athleten über das Olympiaqualifikations-Event, welches in Deutschland stattfinden wird, zu qualifizieren. So oder so, unsere Athleteninnen und Athleten müssen Weltklasse-Leistungen erbringen, um gegen die harte Konkurrenz zu bestehen. Wir stellen uns dieser Herausforderung aber mit Freude und sind optimistisch, unsere Ziele zu erreichen.
DTU20: Was bedeutet es dir, dass das europäische Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele in Deutschland stattfindet?
Jannis Dakos: Das europäische Qualifikationsturnier nach Deutschland zu holen, war ein gemeinsames Anliegen des DTU-Präsidiums und ich bin sehr froh, dass der europäische Verband sich von unserer Bewerbung überzeugen ließ. Wir werden mit Sicherheit alles daransetzen, ein erfolgreiches Turnier für Europa auf die Beine zu stellen und natürlich auch Sportler für Paris zu qualifizieren.
DTU20: Weihnachten ist die Zeit des Wünschens: Was wünschst du dir für die kommenden zwei Jahre?
Jannis Dakos: Ich wünsche mir, dass wir in den nächsten zwei Jahren mit unserer Senioren-Nationalmannschaft wieder bei einer Welt- oder Europameisterschaft unter den besten Nationen landen und endlich wieder einen Podiumsplatz ergattern. Der andere große Wunsch kann sich nur in Paris erfüllen, bis dahin freue ich mich auf den Weg, der noch vor uns liegt.
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„WENN MICH EINE FREESTYLE-FORM UMHAUT, SITZE ICH MIT GÄNSEHAUT DA“
von Rafaella Della Santi
Das Technikteam um Vizepräsident Rainer Tobias ist seit Oktober wieder vollständig: Adrian Wassmuth ist der neue Bundestrainer Freestyle und unterstützt ab sofort die Sportlerinnen und Sportler in dieser Kategorie. Der 30-jährige Wahl-Kölner ist in der Formenszene bestens bekannt: Adrian war als aktiver Formenläufer von 2009 bis 2021 Mitglied des Bundeskaders Technik sowohl in der Recognized- als auch in der Freestyle-Kategorie, und hat in dieser Zeit auch einige Jahre die Belange der Athletinnen und Athleten als Aktivensprecher vertreten. Zu seinen größten sportlichen Erfolgen zählen der Weltmeistertitel (2012) und zwei Europameistertitel (2013, 2015) im Team unter 30 sowie ein weiterer Europameistertitel im Freestyle-Team 2013.
Seine langjährigen und umfangreichen Erfahrungen als erfolgreicher Formenläufer in beiden Kategorien und als Trainer setzt er nun für die deutschen Freestyle-Athleten ein. Wir haben mit Adrian gesprochen:
DTU20: Adrian, Du warst selbst in beiden Disziplinen erfolgreich, sowohl als Freestyler wie auch im Recognized-Bereich. Was hat dir in den beiden Kategorien den Kick gegeben?
Adrian Wassmuth: Beide Disziplinen machen ihren ganz eigenen Reiz aus und sind sich gleichzeitig in einigen Aspekten ähnlich. In beiden Disziplinen bin ich zum Großteil im Team an den Start gegangen, das heißt im Team Male U30 sowie Freestyle Team. Im RecognizedBereich ist es ein besonderer Reiz, als Einheit aufzutreten und in den Bewegungen und Techniken zu verschmelzen. Der entstehende Einklang von Kraft, Dynamik und Ausdruck ist ein tolles Gefühl auf der Fläche. Im Freestyle-Bereich machen Ausdruck und Präsentation einen großen Teil der Begeisterung aus, vor allem in Verbindung mit Musik. Der kreativen Entfaltung stehen hier nur einige rahmengebende Elemente gegenüber und im Team stehen hier noch mehr Gestaltungs-
und Choreografie-Spielräume offen. Zusammen mit Akrobatikelementen und Spinkicks macht es unglaublich Spaß, etwas Eigenes und Unverwechselbares zu kreieren.
DTU20: Was sind Deine kurzfristigen, welche Deine langfristigen Ziele mit dem Freestyle-Bundeskader?
Adrian Wassmuth: Zunächst möchte ich die Kadersportler zum Jahresende einmal gesammelt abholen, auf das nächste Jahr einstimmen und zusammen auf der German Open Ende Februar den Grundstein für ein erfolgreiches Jahr 2023 legen. Dazu dient unter anderem der erste anstehende Bundeskaderlehrgang Freestyle unter meiner Leitung Anfang Dezember. Die GOP stellen dabei einen wichtigen Start in das Turnierjahr mit einem internationalen Konkurrenzfeld dar und sind ein erster Gradmesser. Mittelfristig stehen dann die EM und langfristig die nächste WM an. Wir werden systematisch darauf hinarbeiten, stetig den Status Quo zu challengen und Schwierigkeitsgrade weiterzuentwickeln. Betrachtet man die atemberaubende internationale Entwicklung im Freestyle-Bereich in den letzten Jahren, gilt es, weiterhin konkurrenzfähig zu sein. Unsere Sportler haben bewiesen, dass sie das sein können. Jetzt heißt es, weiter hungrig zu bleiben. Mein Ziel ist es, die Sportler langfristig bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen. Ich bin sehr motiviert, gemeinsam mit ihnen die nächsten EM- und WM-Medaillen zu jagen.
DTU20: Mit welchen Zielen gehst du in das EM-Jahr 2023?
Adrian Wassmuth: Zunächst einmal freue ich mich riesig auf das anstehende Turnier-Highlight im nächsten Jahr und darauf, dass wir uns mit den besten europäischen Nationen messen können. Ich denke, wir können selbstbewusst genug sein, zu sagen, dass wir dort um die Medaillen mitkämpfen wollen und werden. Bis dahin möchte ich mit den Sportlern zusammen an ihrer Entwicklung und ihren Zielen arbeiten und auf die her-
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vorragende Arbeit der Heim- und Landestrainer aufbauen. Das Ziel ist, dass alle zum Jahreshöhepunkt in Bestform sind und selbst zufrieden mit ihrer gezeigten Leistung sind. Das ist das allerwichtigste. Ich freue mich jetzt schon, unsere Sportler auf europäischer Bühne zu sehen.
DTU20: Was macht eine gelungene Freestyle-Form aus?
Adrian Wassmuth: Neben sauberen Grundtechniken und tollen Kicks, die natürlich erst einmal auf der technischen Seite stehen, machen für mich das Zusammenspiel aus Präsentation, Choreografie und spektakulären Akrobatik- und Kickcombos eine gelungene FreestyleForm aus. Eigentlich kann ich es ganz einfach sagen: Wenn mich eine Freestyle-Form umhaut, sitze ich mit Gänsehaut da und alles passt einfach zusammen, von der Choreo bis zur Musik. Der Gänsehautfaktor ist für mich ein wichtiger Punkt (lacht).
DTU20: Wo holst du dir Anregungen für FreestyleFormen und Trainingsmethoden?
Adrian Wassmuth: Ich bin ein Fan von ganzheitlichen Ansätzen und schaue gerne über den Tellerrand hinaus, denn ich bin überzeugt, dass verschiedene und erst einmal „fremde“ Einflüsse immer einen Mehrwert bringen können. So hole ich mir Inspirationen und Anregungen im Tanzen, in der Gymnastik und allgemeinen Bewegungslehre, aber auch Schauspiel und Theater stellen Beispiele dar, von denen wir für unseren Sport viel lernen können. Es geht darum, wie Bewegung, Zeit/ Raum und Ausdruck in anderen Sportarten und Disziplinen gelebt werden und wie wir das für uns anwenden und nutzen können.
DTU20: Gibt es Berührungspunkte zwischen deinem Beruf und deiner Aufgabe als Bundestrainer?
Adrian Wassmuth: In meinem Job geht es darum, Sport bestmöglich visuell ansprechend aufzubereiten und darzustellen. Hierbei geht es darum, durch ausdrucksstarke Bilder über den Sport Emotionen zu transportieren. Ein Auge für Ästhetik ist dabei genauso wichtig wie ein Gefühl für mitreißende Inhalte. Das kommt mir bei meiner Aufgabe als Bundestrainer Freestyle zugute.
DTU20: In Gehrden hattest Du deinen „ersten Einsatz“ als Bundestrainer und hast die Freestyler auf der DM und dem Deutschen Jugend-Cup gesichtet. Wo steht FreestyleDeutschland?
Adrian Wassmuth: Erst einmal war es eine schöne Sache für mich, zum Jahresabschluss noch einmal die Möglichkeit zu bekommen, alle Sportler live zu sehen und mir einen Eindruck über die Leistungen zu verschaffen. Ich bin sehr zufrieden mit den gezeigten Leistungen und der regen Teilnahme beim Deutschen Jugend-Cup. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit den Sportlern und denke, dass Freestyle-Deutschland gut dasteht und wir einige Leistungsträger vorweisen können. Daher blicke ich schon sehr gespannt auf die anstehenden Turniere und will, dass die Sportler ihre in Gehrden gezeigten Leistungen mit ins neue Jahr nehmen und daran anzuknüpfen.
DTU20: Was wünschst du dir für den Freestyle-Bereich? Adrian Wassmuth: Ich wünsche mir, dass der Bereich in der Breite noch größer wird und weiter wächst, sodass sich auch das nationale Konkurrenzfeld weiterentwickelt und die Synergien zwischen verschiedensten Stellen noch besser genutzt werden können. Beispielsweise sind hier Kooperationen mit Turnverbänden, entsprechenden Hallennutzungen oder auch medizinische Anlaufstellen zu nennen. Durch professionelle Strukturen und die Nutzung von Netzwerken kann sich der Freestyle-Bereich weiterentwickeln. Genauso wünsche ich mir eine noch größere Förderung des Nachwuchses, damit junge Sportler schon früh in ihren Heimatvereinen in Berührung mit Freestyle kommen und Trainer die Sportler an die Basics heranführen können.
DTU20: Dein Ratschlag an alle, die gerade mit dem Formenlauf anfangen und überlegen, Freestyle auszuprobieren?
Adrian Wassmuth: Machen und ausprobieren! Die Lust auf Freestyle ist dabei schon der erste Schritt. Es dient der kreativen Entfaltung und setzt neue koordinative Impulse, sodass auch der traditionelle Formenlauf von Freestyle-Training profitiert. Dies ist umgekehrt übrigens genauso. Das Wichtigste ist auf jeden Fall, dass Ihr Spaß daran habt. Verschiedene Bereiche in eine Form zu gießen kann sehr aufregend sein, und neu gelernte Skills dabei echte Erfolgserlebnisse. Also: Habt keine Scheu vor der Herausforderung, probiert es aus und habt Spaß dabei!
DTU20: Lieber Adrian, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der Umsetzung Deiner Ziele mit den Freestylern!
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DEM TAEKWONDO VERPFLICHTET
Die Vollkontakt-Kämpferin Jasmin Richter erklärt ihren Rücktritt von ihrer aktiven Leistungssportkarriere. Die 23-Jährige ist mehrfache Deutsche Meisterin, EM-Medaillengewinnerin sowie Teilnehmerin an Weltund Europameisterschaften. In Zukunft möchte sie dazu beitragen, dass insbesondere Kinder und Jugendliche in Deutschland Taekwondo als gesunden Sport betreiben können.
Nach 17 Jahren Taekwondo und einem abgeschlossenen Masterstudium in Kommunikationswissenschaft an der Universität Jena begann am 1. Januar 2023 ein neuer Lebensabschnitt für Jasmin Richter. Sie stieg ins Berufsleben ein. Als Channel Manager für das globale Intranet von Carl Zeiss in Jena war sie nach kurzer Unterbrechung in das Team zurückgekehrt, in dem sie bereits als Werkstudentin gearbeitet hatte –mit dem Unterschied, dass sie nun mehr Verantwortung übernimmt. „Ich freue mich sehr auf die neue Herausforderung und über das entgegengebrachte Vertrauen und hoffe, dass ich in dieser Funktion genauso aufgehen kann, wie bei allem, was ich bisher gemacht habe.“
Abgesehen von Zeiss unterstützt Jasmin seit 2017 die Deutsche Taekwondo Jugend als ehrenamtliche Ressortleiterin für den Bereich Dopingprävention. Diese Tätigkeit sieht keine festen Aufgaben oder das Abarbeiten von To-do-Listen vor. „Ich kann selbst gestalten“, sagt Jasmin. Sie gibt unter anderem Online-Seminare, klärt Jugendliche und Trainer auf, erstellt Social-Media-Konzepte, wie man Informationen verbreiten und Aufmerksamkeit für das Thema schaffen kann. Letzteres schließe nicht nur Doping im Sport, sondern auch den Schmerzmittelbeziehungsweise Medikamentenmissbrauch mit ein.
Viele öffentlich gewordene Dopingfälle im Taekwondo gab es bislang nicht. „Es gibt sicherlich andere Sportarten, wo Doping ein wesentlich größeres Problem ist“, glaubt Jasmin. „Aber der Ansatz ist auch
der, dass man es nicht zum Problem werden lässt. Deswegen muss man präventiv arbeiten. Aber, was die Anwendung von Schmerzmittel im Training und Wettkampf angeht, ist es doch schon so, dass viele unbedarft an das Thema herangehen und sich der Risiken nicht bewusst sind.“ Was im Taekwondo außerdem ein großes Problem sei, ist „Gewicht machen“, insbesondere im Jugendbereich. „Es gibt verschiedene Methoden, wie man in kurzer Zeit viel Gewicht verlieren kann“, weiß Jasmin. „Viele davon sind gesundheitlich sehr bedenklich. Diese Problematik möchten wir in der Sportjugend in Zukunft noch stärker in den Fokus rücken.“
Raketenstart an die Spitze Europas
Seit sie fünf oder sechs Jahre alt ist, trainiert Jasmin im Verein TuS Osterburg ’90 Weida bei Papa und Coach René. Mit sieben bestreitet sie ihren ersten Wettkampf. Seit sie zwölf ist, fährt sie mit ihrem Vater auf internationale Turniere.
Ihre ersten Erfolge lassen nicht lange auf sich warten. Mit 13 Jahren gewinnt sie die Bronzemedaille bei der Deutschen A-Jugend-Meisterschaft gegen bis zu drei, vier Jahre ältere Mädchen. Im Folgemonat wird sie in Ingolstadt deutsche Kadetten-Meisterin in der Gewichtsklasse bis 47 Kilogramm. Zwei Monate spä-
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von Sebastian Finis
ter wird sie für die Nationalmannschaft nominiert und gewinnt in der U15-Auswahl prompt ihr erstes internationales Turnier.
Jasmin zählt fortan zu den Top-Talenten in Europa und klettert die Weltrangliste Monat für Monat weiter nach oben. Nebenbei besteht sie mit 14 Jahren die Prüfung zum 2. Dan. Sie ist die erste Thüringer Taekwondo-Sportlerin, die den Sprung in den Nationalkader geschafft hat.
Im Juni 2016 erklimmt die Einser-Schülerin die Spitze der deutschen Rangliste und wird für die JugendWeltmeisterschaft in Kanada nominiert. Im Folgejahr stellt Jasmin bei den Deutschen Meisterschaften der Senioren in Ingolstadt in der Gewichtsklasse bis 57 Kilogramm ihre Klasse unter Beweis und holt sich den Titel. Es ist ihr erster großer Erfolg bei den Damen und ihre zweite Goldmedaille nach 2013. Den Höhepunkt ihrer Karriere feiert sie bei der U21Europameisterschaft 2017 in Bulgarien, wo sie Bronze gewinnt.
Die Perspektive im Blick
Nach dem Abitur am Weidaer Dörffel-Gymnasium mit einem Notenschnitt von 1,0 studiert Jasmin Kommunikationswissenschaft und Psychologie an der Universität Jena. Im Zuge ihres Masterstudiums kickt sie nicht nur auf Pratzen, sondern tobt sich auch im Jenaer Unisport aus. Reingeschnuppert hat sie bereits in Slacklining, Akrobatik, Calisthenics und Kickboxen.
Das Ende des Studiums bedeutet für Jasmin ebenso das Ende des Leistungssports. Bis zum Schluss ist ihr Bruder Rico ihr Sparringspartner in der Wettkampfvorbereitung. Im Juni 2022 bestreitet sie, nach dem Gewinn ihres dritten Deutschen Meistertitels und dem achten Thüringer Landesmeistertitel, in Kroatien ihr letztes internationales Turnier. „Ich habe mich in gewisser Weise gefreut“, reflektiert Jasmin das Ende ihrer internationalen Leistungssportkarriere. „Ich war komplett fein damit, dass ich aufhöre, habe mich damals schon auf
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die kommenden Herausforderungen außerhalb des Leistungssports gefreut.“ Mit einem guten fünften Platz macht sie Schluss. „Nach dem letzten Kampf kamen Emotionen hoch, die ich nicht richtig zuordnen konnte. Unterbewusst ist mir klar geworden, dass es das jetzt war. Es war eine lange, intensive Zeit.“
Eine lange Zeit, in der sie als Spitzensportlerin auf Vieles verzichten musste, wie etwa mit Freunden zusammen zu sein oder in den Urlaub zu fahren. „Es war nicht immer einfach und auch nicht immer alles schön, aber ich würde es nicht anders machen“, zieht Jasmin ein Resümee. „Denn der Sport at großen Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung. Wenn ich mir überlege, wie ich war, als ich mit 13 Jahren ins Nationalteam gekommen bin und mich dann entwickelt habe, würde ich sagen, dass das viel bewirkt hat. Ein wichtiger Punkt, der sich auch jetzt noch auf mein Leben auswirkt, ist die Förderung durch die Stiftung Deutsche Sporthilfe, die ich bekommen habe, seitdem ich im Nationalteam bin. Dazu gehört zum einen die finanzielle Hilfe, aber auch die vielen Programme zur dualen Karriere, das Mentorenprogramm und der Austausch mit Athleten aus anderen Sportarten. Allein dafür hat sich meine Sportkarriere schon gelohnt.“
Über den Autor:
Unabhängig ins „neue“ Leben
Bis es bei Jasmin und ihrem Mann Paul mit der Familienplanung losgeht, will sie ihre neu gewonnene Freiheit genießen und nicht „von der einen Verpflichtung in die nächste Verpflichtung rutschen“. Statt in das nächste Trainingslager will sie in den Urlaub fahren und nach ihrer Hochzeit im vergangenen September die Flitterwochen nachholen: ein Roadtrip durch Skandinavien. „Es sind aber auch die alltäglichen Sachen, die ich nachholen will, wie zum Beispiel mich Donnerstagabend mit einer Freundin verabreden oder am Wochenende mal in Jena zu sein“, ergänzt Jasmin. „Im Vordergrund steht, die sozialen Beziehungen zu pflegen, neue Leute kennenzulernen.“
Dem Taekwondo-Sport bleibt sie dabei treu. Das ist sie den Menschen schuldig, die sie seit ihrer Kindheit aus ihrem Heimatverein und dem Verband kennt. Auf ehrenamtlicher Basis ist sie im Landesverband Thüringen als Pressereferentin tätig sowie im Organisationsteam für Wettkampfturniere. Hinzu kommt ihre Aufgabe in der Deutschen Taekwondo Jugend als ehrenamtliche Ressortleiterin für den Bereich Dopingprävention und Gesunden Sport. Mit Taekwondo wird Jasmin ihr Leben lang verbunden bleiben – in der Fortentwicklung der Sportart und/oder als Praktizierende.
Jasmin Richter lebt seit Anfang 2020 aus tierethischen Gründen vegan. Dieser Text ist eine Kurzversion des Porträts über Jasmin in dem Buch „Der vegane Athlet“ von Sebastian Finis. Es erscheint im Sommer 2023. Unterstütze das Buchprojekt im Vorfeld per Crowdfunding, indem du dir ein handsigniertes Exemplar sicherst oder dich mit deinem Namen im Buch verewigst:
Mehr Infos unter: derveganeathlet.de
Sebastian Finis arbeitet als Personal Trainer, Health Coach und Sportjournalist. Der 42-jährige Berliner studierte Diplom-Sportwissenschaften an der Deutschen Sporthochschule Köln mit dem Schwerpunkt Medien und Kommunikation. Sein Ziel ist es, Menschen dabei zu helfen, ein gesünderes, fitteres und leistungsfähigeres Leben zu führen. Mehr Infos auf seiner Webseite: sebastianfinis.com
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JAHRESABSCHLUSS DES BUNDESKADERS TECHNIK MIT DREI REGIONALEN LEHRGÄNGEN
Das Ende der Wettkampsaison 2022 ist gleichzeitig der Beginn der Saison 2023, in der das nächste Highlight im Technikbereich ansteht: die Europameisterschaften. Um schon jetzt die Weichen für die Vorbereitung auf dieses wichtigste Turnier des nächsten Jahres zustellen, kamen an den beiden Wochenenden nach der Deutschen Meisterschaft die Techniksportler der DTU zum letzten Regionalbundeskaderlehrgang vor dem Jahreswechsel zusammen. Am 2. Advent folgten die Freestyler des Bundeskaders, die zum ersten Mal mit dem neu berufenen Bundestrainer Adrian Wassmuth trainierten.
Motiviert und zielstrebig arbeiteten die Einzelsportler, Paare und Teams mit dem Bundestrainerteam an Technik und Ausdrucksstärke.
Die frischen Eindrücke der Leistungen, die die Bundeskaderathletinnen und -athleten auf der DM beim Trainerstab hinterlassen haben, konnten durch Präsentationsläufe ergänzt werden, sodass der Fokus dieses Mal auf Zielstellungen und Trainingshinweise
für das anstehende Wettkampfjahr gelegt werden konnte. In Einzelgesprächen brachten die Sportlerinnen und Sportler ihre konkreten Ziele mit den Anregungen und Wünschen des Bundestrainerteams in Einklang. Der Input aus den Lehrgängen soll die Basis für die Trainingsarbeit in den kommenden Wochen bilden, denn bereits im Februar steht mit den German Open Poomsae in Hamburg ein international besetztes Turnierhighlight auf dem Plan.
Imke Turner, Daniela Koller und Paul Knauthe schauen zuversichtlich auf 2023: Die guten Leistungen aus den vergangenen Monaten und die Motivation und Zielstrebigkeit der Sportlerinnen und Sportler versprechen ein spannendes Jahr 2023.
Das gesamte Trainerteam möchte sich ausdrücklich für die konstruktive und motivierte Zusammenarbeit mit dem Kader und ihrem Betreuerstab in den Landesverbänden und Heimatvereinen bedanken und freut sich auf die Fortsetzung mit neuen Impulsen 2023.
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von Rafaella Delli Santi
MEHRAN ASKARI IST NEUER BUNDESSTÜTZPUNKTRAINER IN DÜSSELDORF
Der gebürtige Iraner und ehemalige Profi-Sportler hat am 1. Oktober 2022 seine neue Aufgabe am Bundesstützpunkt in Düsseldorf begonnen. Wie es ihm in den ersten Wochen in Deutschland ergangen ist und welche Ziele er mit den Athleten verfolgt, hat er uns in einem ersten Interview erläutert.
DTU20: Willkommen in Deutschland!
Wie geht es dir nach deinen ersten Wochen in Deutschland?
Mehran Askari: Als erstes möchte ich der gesamten Taekwondo-Familie ein freundliches „Hallo“ sagen. Ich hoffe, dass ich als Teil dieser Familie akzeptiert werde. Ich fühle mich bislang sehr wohl und bin glücklich hier in Deutschland. Ich bin sehr motiviert und engagiert, aber wir haben einen langen Weg zu gehen.
DTU20: Was sind deine Erwartungen an deinen neuen Job als Bundesstützpunkttrainer in Düsseldorf?
Mehran Askari: Ich möchte nicht nur über Düsseldorf reden, sondern über alle deutschen Athleten. Es gibt eine gute Arbeitsatmosphäre hier in Deutschland. Mein persönlicher Plan ist es, das gesamte Team auf ihr höchstmögliches Level zu bringen. Ich denke, dass Deutschland eine große Kraft in der Taekwondo-Welt sein kann.
DTU20: Kannst du uns deine ersten Eindrücke über die Räumlichkeiten und die Athleten in Düsseldorf geben?
Mehran Askari: Es sind motivierte, talentierte und sehr nette Athleten in Düsseldorf. Die Räumlichkeiten sind gut. Aktuell teilen wir die Trainingsstätte allerdings mit Athleten aus anderen Sportarten. Ich hoffe, dass wir bald eine eigene Halle haben, um so schnell wie möglich noch konzentrierter arbeiten zu können.
DTU20: Welcome to Germany! How are you after your first weeks in Germany? What are your feelings here?
Mehran Askari: First of all I want to say “Hello” to the whole German taekwondo family and I hope that they except me as a member of this family. I feel very good and happy here in Germany. I am very motivated and committed to my work. We have a long way to go.
DTU20:Whatareyourexpectations to work as a Coach for our national players in Düsseldorf?
Mehran Askari: I don’t want to talk only about Düsseldorf. I want to talk about all German Athletes. We have a good atmosphere for work in the country.Andmyownplanisto move to the highest peak with the whole Team. I believe that German Taekwondo can be a power of the world of Taekwondo
DTU20: Can you describe your first impressions about the facilities and our athletes in Düsseldorf?
Mehran Askari: We have motivated, talented and kind athletes in Dusseldorf. I can see new faces. The facilities make me happy. We have fine and acceptable training areas. At the moment we have to share them with other sports and athletes.Ihopewecanhaveourowntrainingareaassoon as possible to work more concentrated.
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DTU20: Als ehemaliger Profiathlet hast du viele Erfahrungen auf der Wettkampffläche gesammelt. Was ist aus deiner Sicht wichtig, um heutzutage im Taekwondo erfolgreich zu sein?
Mehran Askari: Für mich sind Disziplin und GewinnerInstinkt die wichtigsten Faktoren auf dem harten Weg zum Erfolg. Im Taekwondo gibt es verschiedene Fähigkeiten und Methoden. Aber wenn ich die deutschen Athleten anschaue, müssen wir mehr an den Grundlagen wie Flexibilität, Mobilität und den Techniken arbeiten. Diese Fähigkeiten geben uns bessere Möglichkeiten im Kampf.
DTU20: Wie organisierst du das tägliche Training mit den Profi-Athleten?
Mehran Askari: Im Moment haben wir zwei Trainingseinheiten pro Tag. Aber wir befinden uns am Ende der Saison und alle Athleten werden nun ihre Saison abschließen. Ab Januar werden wir dann einen neuen Wettkampfkalender haben und uns mehr auf das tägliche Training fokussieren.
DTU20:Asaformerathlete,youhavealotofexperienceon the mats. What is your main practical knowledge which you want to teach our athletes? From your point of view: What is important today to be successful in Taekwondo?
Mehran Askari: For me discipline and having a winner mind is some of the most important factors of this tough way. In taekwondo we have a different skills and work types, but when I look at German athletes we need to work moreonthebasics,likeflexibility,mobilityandtechnique. These abilities can give us more opportunities and more options during the fight.
DTU20: How is the training organized on a daily basis for our professional athletes?
Mehran Askari: At the moment we have two sessions of training every day but we are at the end of the season and almost all of the athletes are going to finish up their season as soon as possible. We will have a new calendar after first of January and we will work on the daily training more focused.
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Eine Welt der Zahlen, Daten, Fakten von Helena Stanek
Stellen Sie sich folgende Situation vor: Olympische Spiele 2024. Finale. Lorena Brandl aus Deutschland kämpft gegen Bianca Cook aus Großbritannien. Kurz vor dem Finale bereiten sich die Kommentatoren auf diesen spannenden Finalkampf vor.
„Lorena, wie oft hat sie schon mal bei Olympia gekämpft?“ „Warte, ich checke das mal eben bei TaekwondoData.“
„Und Bianca? Wie oft war sie beim größten Sportereignis der Welt dabei?“
„Warte. Ich schaue mal bei TaekwondoData nach.“
„Haben die beiden denn schon mal gegeneinander gekämpft?“
„Warte, ich prüfe das mal eben über TaekwondoData … Ja, klar. Haben sie, etwa bei den European Games 2019 in Bari und beim Grand-Prix Viertelfinale 2022 in Manchester.“
„Der Sieg in Manchester 2022 beim Grand Prix war für das deutsche Team sicher ein großer Erfolg, oder?“
„Warte, auch das finde ich in TaekwondoData. … Ja, es war die erste Goldmedaille für das deutsche Damenteam.“
„Und Bianca? Wie viele Grand Prix Medaillen hat sie schon gewonnen?“
„Du weißt, was kommt. Ich checke das mal schnell über TaekwondoData.“
„Welche Nation ist denn überhaupt die erfolgreichste Nation bei Olympischen Spielen?“
„Auch hier findest du die Antwort in Taekwondo Data. Es ist Korea mit 12 Gold-, 3 Silber und 7 Bronzemedaillen.“
Nun spulen sie die ganze Situation einmal zurück. Und stellen sich das Gespräch und die Suche nach Informationen über die kämpfenden Sportlerinnen OHNE TaekwondoData vor.
Herr der Daten
Die Vorbereitung wäre mit 100-prozentiger Sicherheit aufwendiger, umfangreicher, länger und vielleicht sogar in diesem Detail unmöglich.
Denn, diese Datenbank, die Peter Bolz erschaffen hat, ist
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Der größte Datenschatz, den die Taekwondo-Welt jemals besessen hat.
vermutlich der größte Datenschatz, den die TaekwondoWelt jemals besessen hat. In keiner Datenbank der Taekwondowelt ist so detailliert und übersichtlich aufgelistet, wann, wer, auf welchem Turnier, mit welchem Ergebnis gegeneinander gekämpft hat. In einem einfachen Design findet der Nutzer mühelos nahezu jede notwendige Information, die er aufgrund von unterschiedlichsten Beweggründen für seine Recherche benötigt. Ob es der ehemalige Athlet ist, der noch mal nachrecherchiert, wie viele Titel er gewonnen hat. Er findet es bei TaekwondoData. Ob es der Trainer ist, der seinen Schüler auf einen bestimmten Gegner vorbereiten will und noch mal prüft, wo dieser besonders erfolgreich war. Er findet diese Info bei TaekwondoData. Es sind aber auch die Reporter, die sich wie im oben genannten Gespräch auf einen spannenden Kampf in der Kommentatoren-Box vorbereiten. Oder es ist die Pressevertreterin eines Verbandes, die Profile für die Mannschaft erstellt und noch mal nachprüft, was die größten Erfolge des Teams waren. Oder es wird recherchiert, wie viele Medaillen die deutsche Mannschaft in der Vergangenheit auf einem bestimmten Turnier, zum Beispiel einer Europameisterschaft, gewonnen hat. All dies und noch vieles mehr findet man in TaekwondoData.
Heute umfasst die Datenbank knapp 60.000 Profile
ten. Ich sagte damals etwas beiläufig: „Ah, wahrscheinlich nutzt du TaekwonodData für deine Vorbereitung.“ John erwiderte damals: “Yes, of course. Always. I always use this platform form my preparation.” Und ich sagte: “And here is the owner. The creator, the Brain of TaekwondoData: Peter Bolz. ” Er war sichtlich überrascht. Ein einziger Mann, der diese Unmengen an Daten sammelt, verarbeitet und pflegt. Eine „one-man-show? Really? Unbelievable“, wie John sagte. Unglaublich, das ist es wirklich, was Peter Bolz der Taekwondo-Welt mit seiner Idee zur Verfügung stellt. Wir sprechen gar nicht mal von dem finanziellen Wert, den diese Plattform hat. Sondern auch der ideelle, historisch wertvolle und wohl einzigartige Wert an Daten, den womöglich niemand mehr in dieser Form nachrecherchieren könnte.
Es keimte die Sorge, was passiere, wenn Peter Bolz keine Lust mehr habe, diese Datenbank zu führen? Was passiert, wenn Peter Bolz es vielleicht körperlich nicht mehr schafft, sich die Nächte nach einem G2-Turnier um die Ohren zu schlagen, um die Ergebnisse von rund 1.000 Kämpferinnen und Kämpfern in sein Access-Programm zu tippen?
Doch nicht nur Daten geben TaekwondoData diesen unbezahlbaren Wert. Es ist ein Schatz aus tausenden Fotos von Sportlerinnen und Sportlern aus den unterschiedlichsten Generationen. Die Porträtfotos der älteren Generation sind meist nur in Schwarz-Weiß-Qualität und zeigen schon damit, wie weit diese Datensammlung zurückgeht. Heute umfasst die Datenbank knapp 60.000 Profile, von denen die meisten mit mindestens einem, viele sogar mit mehreren Fotos zu finden sind. Eine solch umfangreiche Fotosammlung ist auch, Sie ahnen es, in der TaekwondoWelt einmalig.
Fotos von allen Sportlerinnen und Sportlern
Das oben von mir beschriebene Gespräch ist fiktiv, hätte aber in der Tat so stattfinden können. Denn, auf der Europameisterschaft 2022 in Manchester habe ich den TV-Medien Chef von World Taekwondo, John Cullen, mit Peter Bolz zusammengebracht. Die Verwunderung seitens des Medienchefs war groß, dass dieser Mann der Erfinder von TaekwondoData ist. John war in Manchester gerade auf dem Weg in seine Kommentatoren-Box, um sich auf die anstehenden Halbfinal- und Finalkämpfe vorzuberei-
Wir haben dazu mit Peter Bolz gesprochen und sind der Frage „Was passiert, wenn … ?“ und vielen anderer Fragen in einem spannenden Interview nachgegangen.
Interview mit dem Erfinder von TaekwondoData
DTU20: Die EM 2012 in Manchester. Ich war als Kämpferin auf der Fläche, du damals als Fotograf für die DTU im Einsatz. Welch besonderes Ereignis hat im Zuge dieser Europameisterschaft ebenfalls stattgefunden?
Peter Bolz: An diese Europameisterschaft kann ich mich noch sehr gut erinnern. Damals wurden zum ersten Mal bei einer Taekwondo-Meisterschaft die besten Wettkämpfer nach dem Ranking der TaekwondoData gesetzt.
Heute ist das Setzen ganz normal. Das war aber nicht immer so. Früher wusste man nicht, wer die Besten in den jeweiligen Gewichtsklassen waren. Mit dem Ranking in der TaekwondoData konnte ich den ETU-Präsident Sakis Pragalos davon überzeugen, dass es ein riesiger Vorteil für den Taekwondosport wäre, wenn man die besten Acht setzen würde. Ich bin Sakis Pragalos heute noch dankbar, dass er sich auf dieses Experiment eingelassen hat. Ich selbst war natürlich mächtig stolz.
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Ein paar Jahre später hat der Weltverband dann ein eigenes Rankingsystem aufgebaut und setzt seit dieser Zeit nach diesem Ranking. Für mich war das vollkommen in Ordnung, denn so ein Ranking gehört in die Hände eines Weltverbandes.
DTU20: 2012 war der erste große Einsatz der Datenbank. Doch wann ist die Idee entstanden, Daten im Zweikampf zu sammeln und vor allem auch, warum?
Peter Bolz: Vor über dreißig Jahren habe ich zugestimmt, für die Bayerische Taekwondo Union in einem Presseteam zu arbeiten. Da ich in den Presseberichten auch schreiben wollte, wie erfolgreich der Gegner oder die Gegnerin war, gegen die jemand gewonnen oder verloren hatte, habe ich damit angefangen, Ergebnislisten zu sammeln und abzuheften. Das Ganze war recht umständlich. Eine andere Lösung gab es für mich damals nicht, damals gab es zwar die ersten Computer, aber noch keine vernünftige Software.
Ein Freund von Udo Wilke, der Geschäftsführer Jürgen Walter von der Firma Bizline aus Kaufbeuren, hat dann eine übersichtliche Datenbank fürs Internet programmiert, die einfach zu bedienen war. Die neue TaekwondoData war so erfolgreich, dass das damals zur Verfügung gestandene Datenvolumen überschritten wurde und die Firma über 500 Euro draufzahlen musste. Danach wollte niemand mehr was mit der TaekwondoData zu tun haben. Die Firma Bizline hat die TaekwondoData dann noch bis 2008 weiter betrieben.
DTU20: Du betreibst diese Plattform ohne Profit. Alle Infos stehen dem Nutzer kostenlos zur Verfügung. Was war deine Motivation, solch eine Plattform zu kreieren?
10.000 Videos von den Video-Replays der Firma Dartfish verlinkt.
DTU20: Erinnerst du dich an deinen ersten Eintrag in die Datenbank?
Peter Bolz: Ja, daran kann ich mich noch gut erinnern. Am Anfang habe ich die Ergebnislisten von den Deutschen Meisterschaften und den Europameisterschaften in die Excel-Tabelle eingetragen. Nachdem ich dort aber keine Fotos einfügen konnte, habe ich nach einer Alternative gesucht. Letzten Endes habe ich mich dann für das Access-Programm entschieden, in das ich heute noch alle Daten eintrage und von dort aus ins Internet hochlade.
DTU20: Wer dich kennt, weiß, dass du kein Programmierer bist und in deinem normalen Leben als Polizeikommissar lange Zeit Verbrecher gejagt hast. Wo hast du Unterstützung für deine Idee gefunden? Wer hat dir gerade in den Anfängen geholfen, deine Idee zu realisieren?
Peter Bolz: Für mich war das damals ein großes Problem. Mir wurde zwar von verschiedenen Seiten erklärt, dass eine Access-Datenbank für meine Pläne optimal geeignet wäre. Mir hat aber auch jeder gesagt, er hätte keine Ahnung, wie Access funktioniert.
Ich habe mir deshalb mehrere Bücher gekauft und mir selbst beigebracht, wie man so eine Datenbank aufbaut. An der Datenbank von damals arbeite ich übrigens heute noch.
Der Sprung von Access ins Internet kam dann 2003. Der damalige Sportdirektor Udo Wilke war Leiter für die Organisation der Weltmeisterschaft in GarmischPartenkirchen. Ich habe mit Udo Wilke darüber gesprochen, dass es doch eine großartige Idee wäre, wenn man auf der Internetseite für die Weltmeisterschaft eine Datenbank zur Verfügung stellen könnte.
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Peter Bolz: Für mich war die kostenlose Nutzung der TaekwondoData ein logischer Schritt, über den ich heute noch sehr froh bin. Ich wollte nicht, dass jemand nur deshalb nicht auf die TaekwondoData zugreift, weil er sich anmelden und bezahlen muss. Seit vielen Jahren ist mein einziger Sponsor die Firma KWON-Sport. Mit dem Geld, das ich von KWON-Sport bekomme, kann ich meine Unkosten decken. Wenn man nicht so viel Geld hat, ist alles ein bisschen komplizierter, aber es ist machbar.
DTU20: Vielen bist du ein Gesicht im Taekwondo. Nicht nur auf politischer Ebene. Auch so kennen dich viele Sportlerinnen und Sportler, weil schon tausende bei dir vor der Kamera standen. Doch wenige verbinden dich mit TaekwondoData. War es stets dein Wunsch, keinen großen Hehl aus der Sache zu machen?
Peter Bolz: Es ist tatsächlich so, dass ich alles ein bisschen trennen wollte. Ich schreibe auch Artikel über die nicht so schönen Dinge, die in unserem Sport passieren. Ich wollte von Anfang an vermeiden, dass die TaekwondoData in eine mögliche Schmutzkampagne gegen mich hineingezogen wird. Heute weiß ich, dass meine Befürchtungen unbegründet waren. Wer nicht immer dem Geld oder einem Amt hinterherjagt, wirkt glaubwürdiger.
DTU20: Hast du damals gedacht, dass diese Plattform einmal so umfangreich und auch bedeutend für die Taekwondo-Welt wird?
Peter Bolz: Nein, auf keinen Fall. Ich glaube, wenn ich eine Ahnung davon gehabt hätte, hätte ich wohl die Finger davon gelassen.
DTU20: Was waren die größten Meilensteine von TaekwondoData?
Peter Bolz: Der größte Meilenstein war sicherlich, dass von der Firma Bizline für die Weltmeisterschaft 2003 eine
internetfähiges Programm entwickelt wurde. Als die TaekwondoData am 6. November 2002 seine Internetpremiere feierte, bin ich vor Stolz fast geplatzt.
Als 2008 die Zusammenarbeit mit der Firma Bizline zu Ende ging, habe ich Marius Mühlberger kennengelernt. Mit ihm ging die TaekwondoData in eine neue kreative Phase. In dieser Zeit haben wir nicht nur ein Rankingsystem aufgebaut, sondern auch in jede Profilseite einen Medal count eingefügt, ein Coach-Ranking aufgebaut und über 10.000 Videos von den Video-Replays der Firma Dartfish verlinkt. Als der Weltverband den Vertrag mit Dartfish beendete, schaltete Dartfish den Server ab. Ein weiterer Meilenstein war für mich, dass mit dem Ranking der TaekwondoData bei Taekwondo-Turnieren das Setzen in den Pool-Listen eingeführt wurde. Seit der Euro 2012 ist das Seeding absolut normal und eigentlich auch nicht mehr wegzudenken.
DTU20: Nimm uns doch mal mit in deine Arbeit. Am Wochenende fand die German Open in Hamburg statt. Was passiert danach bei dir zuhause am Computer?
Peter Bolz: Als erstes kopiere ich die Fotos, die ich während des Turniers gemacht habe, auf meinen Server. Ob ich dann auch gleich damit anfangen kann, die Namen der Medaillengewinner in die Datenbank einzutragen, hängt davon ab, ob ich mit den Einträgen von anderen Turnieren im Rückstand bin. Aktuell dürfte ich mit ungefähr zehn
Meisterschaften im Rückstand sein. Wenn ich die Daten eintrage, fange ich mit den Senioren an, danach die Junioren und dann die Kadetten.
Neben dem Eintragen der Medaillengewinner muss ich viel Zeit dafür aufwenden, um Fotos von den Meisterschaften herauszusuchen. Die bearbeiteten Fotos werden dann in die entsprechenden Profilseite verlinkt. Aktuell dürfte ich wohl deutlich mehr als 100.000 Fotos auf meinem Server abgespeichert haben, die ich noch auswerten und bearbeiten könnte.
DTU20: Eine unvorstellbare Zahl an Daten, die du händisch in ein System eintippst. Wie lange brauchst du im Schnitt für ein Turnier?
Peter Bolz: Für ein komplettes G2-Turnier mit 176 Medaillengewinnern brauche ich ungefähr zwei bis drei Tage. Wenn ich viele neue Profilseiten anlegen muss, zieht sich das ganz schön in die Länge.
Bei Turnieren auf der Weltebene und bei den kontinentalen Meisterschaften trage ich neben den Medaillengewinnern auch alle Teilnehmer ein. Bei der aktuellen Weltmeisterschaft in Guadalajara waren ungefähr 800 Teilnehmer am Start. Das kann dann schon eine Woche oder etwas länger dauern, bis alles komplett in der Datenbank steht. Je nachdem, was sonst noch anfällt, beispielsweise die Pressearbeit für die Bayerische Taekwondo Union.
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Für ein komplettes G2-Turnier mit 176 Medaillengewinnern brauche ich ungefähr zwei bis drei Tage.
DTU20: Was sind die größten Herausforderungen für dich nach einem Turnier? Wo bekommst du all deine Infos her? Gehst du selbst auf die Suche oder werden dir Listen automatisch zugeschickt?
Peter Bolz: Die Suche nach den Ergebnis- und Pool-Listen ist tatsächlich ziemlich nervig und zeitraubend. Ich habe mich schon oft gefragt, weshalb manche Nationen ihr Turnier in den höchsten Tönen anpreisen, danach aber nicht daran interessiert sind, dass die Namen der Medaillengewinner veröffentlicht werden.
Wenn ich die Ergebnislisten nicht finden kann, schreibe ich die Organisatoren auch mal an. Meistens werden mir dann die Listen zugeschickt. Es gibt aber auch Nationen, die nicht einmal antworten. Da frage ich mich dann, weshalb sich jemand wählen lässt, wenn er kein Interesse am Wettkampf hat.
DTU20: Hast du jemals darüber nachgedacht, Aufgaben abzugeben oder zu verteilen?
Peter Bolz: Natürlich denkt man mal darüber nach. Da aber nur einer an der Access-Datenbank arbeiten kann, ist das Abgeben und Verteilen schwierig.
DTU20: Du bist noch fit und es sieht nicht so aus, als wäre das morgen anders. Doch wir alle wissen, dass das Leben endlich ist. Wie geht es mit TaekwondoData weiter, wenn du es nicht mehr schaffst?
Peter Bolz: Bis vor kurzem war das für mich kein großes Thema. Ab und zu wurde mir diese Frage schon mal gesellt, richtig interessiert hat mich das aber bis jetzt nicht. Für die Benutzer war das auch kein Thema. Die TaekwondoData war da – und fertig. Ich vermute mal, dass die meisten annehmen, die TaekwondoData gehört zum Weltverband.
Bei der Euro 2022 in Manchester hat mich DTU-Präsident Stefan Klawiter auch gefragt, wie es mit der TaekwondoData einmal weitergehen würde. Seine Frage hat mich ein bisschen überrascht, da ich mir über dieses Thema noch keine großen Gedanken gemacht hatte. Eine richtige Antwort konnte ich ihm deshalb auch nicht geben. Stefan Klawiter hat diese Frage vor einigen Wochen auch beim Weltverband vorgetragen. Seitdem steht das Thema auch bei mir stärker im Fokus.
DTU20: Hast du schon Angebote bekommen, die Plattform zu verkaufen?
Peter Bolz: Nein, ich wurde noch nie gefragt, ob ich die TaekwondoData verkaufen möchte. Überrascht bin ich darüber nicht, denn der Zugriff auf die TaekwondoData ist weltweit kostenlos möglich.
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DTU20: Es haben ja bereits Gespräche mit der WT stattgefunden. Denkst du der WT-Präsident weiß, wie wertvoll diese Datenbank wirklich ist?
Peter Bolz: Während der Weltmeisterschaft in Guadalajara habe ich mich intensiv mit John Cullen unterhalten, der für die großen Meisterschaften als Kommentator für den Fernsehsender BBC arbeitet. Er hat mir sehr offen erklärt, dass er sich seine Arbeit als Kommentator ohne die Datenbank nur schwer vorstellen könne. So wie er würden auch viele seiner Kollegen denken.
John Cullen hat mir mitgeteilt, dass der Weltverband an einer Zusammenarbeit mit der TaekwondoData interessiert wäre. So wie ich es verstanden habe, geht es vor allem darum, dass der Zugriff auf die Datenbank auch dann gewährleistet bleibt, falls mir etwas passieren sollte. Wir haben auch schon mal angedacht, wie so eine Kooperation ausschauen könnte. Konkrete Absprachen gibt es aber noch nicht. Alles in allem empfand ich das Gespräch als sehr positiv.
DTU20: Was wünschst du dir für die Zukunft für die TaekwondoData?
Peter Bolz: Ich habe einige Wünsche im Hinterkopf, die ich als Ein-Mann-Unternehmen aber nicht realisieren kann. Wenn es nach mir ginge, würde den Fotografen die Möglichkeit geben, ihre Top-Fotos auf den Profilseiten der TaekwondoData zu veröffentlichen. Ich würde dort auch wieder Videos und Sportportraits oder Interviews verlinken, damit sich die Medien über die besten Wettkämpfer der Welt informieren könnten. Ich bin mir sicher, dass mehr über Taekwondo berichtet werden würde, wenn die richtigen Informationen jederzeit zur Verfügung stehen würden. Es gibt aber noch ein Projekt, an dem ich gerade arbeite. Neben dem Zweikampf liegt mir nämlich auch der Poomsae-Wettkampf am Herzen. Deshalb habe ich noch eine weitere Datenbank aufgebaut, in der ich weltweit die Erfolge der Formenläufer eingetragen habe. In dieser „Poomsae-TaekwondoData“ befinden sich 10.000 Profilseiten von Formenläufern aus über 120 Nationen. Ich habe schon vor einiger Zeit meinen Programmierer damit beauftragt, zu prüfen, ob man die TaekwondoData so umprogrammieren kann, dass dort auch die Erfolge der Formenläufer eingetragen werden können. Meiner Meinung nach müsste das möglich sein, denn der Unterschied zwischen Zweikampf und Poomsae besteht eigentlich darin, dass es beim Zweikampf Gewichtsklassen gibt und beim Poomsae die Altersklassen. Vor zwei Wochen hat mir mein Programmierer mitgeteilt, dass er das Projekt aus beruflichen Gründen absagen muss. Ich hoffe, dass es bald eine Möglichkeit gibt, diese Idee umzusetzen.
Neben dem Zweikampf liegt mir nämlich auch der PoomsaeWettkampf am Herzen
Kooperation mit dem Deutschen Behindertensportverband erneuert
von Arndt Mallepree
Die Deutsche Meisterschaft Technik in Gehrden bot im November den idealen Rahmen für Vertreter des DTU-Präsidiums und des Deutschen Behindertenverbands, ihren zwischenzeitlich ausgelaufenen Kooperationsvertrag zu erneuern.
Der Erneuerung gingen lange Verhandlungen voraus, die auch davon geprägt waren, dass die DTU den Para-Vollkontaktsportler Haşim Çelik als aktiven Athleten „verloren“ hat: Çelik galt nach einer Regeländerung der Para WT als nicht mehr klassifizierbar und schied daher aus der Nationalmannschaft aus. Glücklicherweise bleibt Çelik der DTU aber als Bundestrainer Vollkontakt - Para erhalten und kann sein Wissen und seine Erfahrungen, die ihn in seiner aktiven Zeit zum Vorzeigesportler gemacht haben, nun gewinnbringend an die nächsten Generationen weitergeben.
Für die Unterzeichnung waren DTU-Präsident Stefan Klawiter, Vizepräsident Wirtschaft und Finanzen Gerd Kohlhofer, Generalsekretär Andreas Rahn sowie der Para-Beauftragte Arndt Mallepree nach Gehrden gereist, um dieses wichtige Dokument gemeinsam mit Dr. Karl Quade, Vizepräsident Leistungssport des DSB, zu unterschreiben.
„Als Para-Beauftragter der DTU freut es mich, dass wir nicht nur einen neuen Kooperationsvertrag
haben, sondern insbesondere, dass es gelang, eine Kooperation auf Augenhöhe zu manifestieren“, resümiert Arndt Mallepree. „Im Bereich Sichtung und Strukturen rund um das Para Vollkontakt Taekwondo hat die DTU ihre Hausaufgaben gemacht und blickt in eine gute Zukunft.“ Dr. Karl Quade nutzte den Termin auch, um sich zum ersten Mal Formenwettkämpfe im Parabereich live anzuschauen: „Die Deutschen Meisterschaften in der Disziplin Poomsae im Taekwondo haben mich begeistert, großer Sport von Menschen mit und ohne Behinderung. Gerade auch die Para Sportlerinnen und Sportler haben ihr Können eindrucksvoll präsentiert“, zeigte er sich begeistert und ergänzte: „Die Zweikampfvariante im ParaBereich konnte ich schon in Tokio verfolgen. Aber die Poomsae Disziplin verlangt noch viel mehr Präzision der Athletinnen und Athleten.“ Seinen Dank sprach er nicht nur der ausrichtenden Niedersächsischen Taekwondo Union und der DTU aus, sondern auch vor allen den vielen Helferinnen und Helfern vor Ort.
Die Zusammenkunft wurde auch bereits dazu genutzt, anstehende Events anzusprechen. Hier ragt vor allem das europäische Qualifikationsturnier zu den Olympischen- und Paralympischen Spielen in Paris heraus, das im Frühjahr 2024 von der DTU ausgerichtet wird. Auch der Para-Vollkontakt wird dort die Möglichkeit haben, sich für das große Sporthighlight in der französischen Hauptstadt zu qualifizieren.
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VIKTORIA RUCINSKI KRÖNT SICH ZUR ZWEIFACHEN U15-EUROPAMEISTERIN
von Helena Stanek
Das war ein Tag, der nicht hätte besser laufen können für die Sportlerin vom TSV 1865 Dachau. In der Gewichtsklasse – 59 kg besiegt Victoria in allen vier Kämpfen ihre Gegnerinnen mit 2:0 Runden. Gegen Dania Jasaragic aus Österreich, Marila Leonova aus der Ukraine, Fatima Mendy aus Frankreich und Rocio Anahi Hernandez aus Spanien verliert Viktoria keine einzige Runde und gewinnt hochverdient die Goldmedaille bei der Kadetten-Europameisterschaft in Malta.
Das Erfolgsduo – Viktoria Rucinski und Demirhan Aydin –hatte bereits 2021 bei der Kadetten-EM in Tallinn den Titel erkämpft. Viktoria ist die erste Sportlerin der Deutschen Taekwondo Union, die bei einer Kadetten-EM zweimal Gold gewinnen konnte.
Somit feiert die DTU nicht nur im Senioren-Bereich aktuell historische Erfolge in der Grand Prix-Serie – auch im Nachwuchsbereich war dies ein Erfolg für die Geschichtsbücher. Herzlichen Glückwunsch an das gesamte Team und ganz besonders an Viktoria und ihren Trainer Demirhan!
Unser Team bei der Kadetten-EM in Malta bestand aus 21 Kaderathleten. Die Goldmedaille von Viktoria Rucinski ist die einzige Medaille, die Deutschland in diesem Jahr bei der Kadetten-EM gewinnen konnte. Fünf Mal sind unsere Athleten erst im Viertelfinale ausgeschieden und waren somit oft sehr nah dran, weitere Medaillen für das Team zu erkämpfen. Die Ergebnisse im Einzelnen:
UNSERE WEITEREN TEILNEHMER:
MÄNNLICH:
Miguel Pereira Machado (- 33 kg) Platz 9
Nicolai Yuma Sparre (- 37 kg) Platz 5
Rayyan Zeynel Dumlu (- 37 kg) Platz 5
Christos Rafail Nitsas (- 41 kg) Platz 5
Christos Papathanasiou (- 41 kg) Platz 9
Batu Özkan Yasar (- 45 kg) Platz 9
Enes Ali Gürel (- 49 kg) Platz 17
Aslan Eyman Cavusman (- 53 kg) Platz 9
Dennis Sievert (- 57 kg) Platz 9
Filip Szeja (- 61 kg) Platz 9
Abdullah Bilgin (- 65 kg) Platz 9
Johannes Bruckbauer (+ 65 kg) Platz 9
WEIBLICH:
Emma Mariela Kahlhofer (- 33 kg) Platz 5
Johanna Carlotta Zander (- 37 kg) Platz 9
Ela-Eylül Celik (- 41 kg) Platz 9
Dina Kamandi (- 44 kg) Platz 9
Zümra Yazici (- 47 kg) Platz 5
Yara Hamzeh (- 51 kg) Platz 9
Tugce Nigdeli (- 51 kg) Platz 9
Viktoria Rucinski (- 59 kg) Platz 1
Angelina Melzenbach (+ 59 kg) Platz 9
Die Kadetten-EM ist eine Ländermaßnahme. Das heißt, dass unser Bundestrainer Boris Winkler dem Team unterstützend zur Seite stand, die Hauptaufgabe allerdings den zuständigen Landestrainern zugeteilt wurde. Auch die Finanzierung wird aufgrund des Fördersystems des DOSB (NK2Maßnahmen sind Ländersache) in die Hand der Länder gegeben.
Wir bedanken uns an dieser Stelle für die gute Zusammenarbeit mit den mitgereisten Heimtrainern: Dimitrios Lautenschläger, Norman Jargow, Ugur Kücük, Demirhan Aydin, Özer Gülec, Mustafa Gürel, Cihan Cavusman, Felix Worbis, Markus Krein, Levent Tuncat, Taoufik Skandrani
34 - DTU-Magazin Taekwondo 20 - Ausgabe 14 12/2022
Werde Du selbst!
Breitensport: Selbstverteidigung, Selbstsicherheit, Selbstdisziplin und Selbstwertgefühl stärken
Der Bereich Breitensport steht bei der DTU an erster Stelle. Jedenfalls, wenn man auf der Webseite der DTU auf den Button „Bereiche“ klickt. Dort heißt es und so ist es auch gemeint: Beim Breitensport wird Taekwondo hauptsächlich zur Verbesserung der körperlichen Fitness, dem Ausgleich von Bewegungsmangel sowie dem Spaß am Training ausgeübt. Und weiter: Fairness und Respekt vor dem Trainingspartner stehen an erster Stelle und sind wichtiger als Sieg und Niederlage. Durch gezieltes Training in der Disziplin Selbstverteidigung sollen Selbstsicherheit, Selbstdisziplin und das Selbstwertgefühl der Sportlerinnen und Sportler gestärkt werden.
Seit dem Frühjahr sind Stefanie Wiechert und Klaus Hagenmüller als Referenten für den Breitensport bei der DTU verantwortlich. Im DTU-Magazin Frühjahr 2022 haben sie ihre Pläne und Vorstellungen für die zukünftige Arbeit und besonders für die Breitensportlehrgänge und das Sportabzeichen dargelegt. Wie waren die ersten Erfahrungen und Erkenntnisse? Was hat es mit dem Sportabzeichen auf sich? Wie geht es 2023 weiter?
Erfolgreiche
Bundesbreitensportlehrgänge
konsequent weiterführen
„Die super erfolgreichen Lehrgänge unseres Vorgängers Hermann Benz haben wir ohne Abstriche und Änderungen so weitergeführt. Das sind etablierte Lehrgänge mit einem festen Teilnehmerkreis. Hier galt es, diese Lehrgänge ordentlich zu planen und organisatorisch perfekt vorzubereiten und durchzuführen.“ Klaus
Haggenmüller hebt dies zu Beginn unseres Gespräches besonders hervor. „Gleiches galt und gilt für das Thema Sportabzeichen, was in der DTU-Lehrgangsplanung hervorragend eingeführt und etabliert ist.“ Stephanie Wiechert meint in diesem Zusammenhang, dass es für Kinder und Jugendliche außerordentlich wichtig sei, dass sie einen Leistungsnachweis erhalten. „Für Kinder bedeutet eine Urkunde sehr viel. Sie bringen sich und Gleichalterige im Verein dadurch zu besseren Leistungen. Das Sportabzeichen erfüllt diese Funktion bestens. Man holt mindestens Bronze und weiß dann selbst, was man tun kann, um besser zu werden.“ Stephanie Wiechert weiter: „Das ist eine wichtige Botschaft, die wir in die Verbände und Vereine senden. Mit der Einbindung des Sportabzeichens in die Vereinsarbeit und in die Lehrgänge steht ein tolles Instrument zur Verfügung, um viele Mitglieder weiter für Taekwondo zu begeistern.“
Sportabzeichen als Brücke zum Training
Jeder Heimtrainer kann die Lizenz für die Prüfung des Sportabzeichens, unabhängig von allen anderen Lizenzen, bekommen. „Damit erhalten die Vereine ein attraktives Angebot an die Hand, mit dem die Mitglieder des Vereins angesprochen werden können“, lobt Klaus Haggenmüller dieses attraktive Breitensportangebot. „Hatten wir früher 220 Prüfer, die das Sportabzeichen prüfen können, sind es aktuell über 300 Prüferinnen und Prüfer. Wir mussten vor zwei Monaten schon neue Abzeichen bestellen, weil nicht nur die Goldabzeichen ausgegangen waren. Das beweist, wie erfolgreich hier gearbeitet wurde.“ Stephanie Wiechert sieht in der Lizenz und Prüfung für das Sportabzeichen auch eine Brücke für
DTU-Magazin Taekwondo 20 - Ausgabe 14 12/2022 - 35
von Hermann-J. Hoffe
Klaus Haggenmüller
das Taekwondo-Training. „Wenn es aus den verschiedensten Gründen bei Kindern und Jugendlichen leistungstechnisch mal nicht so läuft, dann kann das Erringen des Sportabzeichens oder die nächste Stufe eine Brücke für das Leistungstraining sein.“
Folgen der Pandemie bemerkbar
Bei der Durchführung der Breitensportlehrgänge stellten Klaus Haggenmüller und Stephanie Wiechert in diesem Jahr eine unterschiedliche Akzeptanz fest. Im ersten Jahresdrittel war die Angst vor Covid deutlich spürbar. Es gab weniger Teilnehmer als vor Corona. „Über den ganzen Zeitraum betrachtet gab es Lehrgänge mit einem Plus von 15 Prozent, aber auch Veranstaltungen mit 30 bis 40 Prozent weniger Anmeldungen oder entsprechend mehr Absagen. Die Angst vor großen Veranstaltungen mit vielen Menschen war spürbar. Dazu kamen in der zweiten Jahreshälfte die steigenden Spritkosten. Und nicht auszuschließen ist eine zunehmende Bequemlichkeit der Menschen. Man hat gelernt, das Vieles auch von zuhause aus machbar ist“, sagt Klaus Haggenmüller.
Gemeinsam alle Potenziale nutzen
Von Bad Segeberg bis Pfaffenhoffen gibt es für die beiden Breitensportreferenten tolle Beispiele für außerordentlich erfolgreiche und motivierende Lehrgänge. Eine ganze Reihe der in diesem Jahr durchgeführten Veranstaltungen wurden bereits für das kommende Jahr 2023 wieder gebucht und fest terminiert. „Die Resonanz in diesen Lehrgängen beflügelt uns in unserer Arbeit“, freut sich Stephanie Wiechert. Ziel ist es allerdings, dass die Lehrgänge in allen Regionen, beziehungsweise mit und in allen Landesverbänden durchgeführt werden. „Wir wünschen uns, dass die Breitensportreferenten oder Verantwortlichen in den Landesverbänden unsere Angebote prüfen und überlegen, wie sie diese in ihre Planungen integrieren können“, sagt Klaus Haggenmüller. „Dabei ist es allerdings wichtig, dass sich die in den Landesverbänden oder Vereinen für Breitensport Verantwortliche oder das Präsidium mit uns in Verbindung setzt und unsere Leistungen anfordert“,
ergänzt Stephanie Wiechert. „Diejenigen, die bei den monatlichen Zoom-Konferenzen regelmäßig mitmachen, haben gespürt, dass wir uns gegenseitig gut ergänzen. Der Meinungsaustausch führt zu neuen Ideen und hilft, dass wir koordiniert an die Themen und Aufgaben herangehen.“ Klaus Haggenmüller sieht in dem gemeinsamen Gedanken- und Meinungsaustausch auf der jeweiligen Fachebene eine wichtige Grundlage für eine erfolgreiche Lehrgangsarbeit im Breitensport.
Mehr. Besser. Gemeinsam.
„Wir müssen in der Kommunikation nach innen und außen besser werden!“ Klaus Haggenmüller spricht einen, aus seiner Sicht wunden Punkt an. „Unsere Aufgabe ist es auch, dass innerhalb der DTU der Breitensport einen breiteren Raum einnimmt.“ Stephanie Wiechert ergänzt: „Mehr und bessere Information über und aus dem Breitensport an die Präsiden und sonstigen Verantwortlichen halte ich für sehr wichtig. Der Ideen- und Gedankenaustausch ist wichtig. Daher ist es unsere Aufgabe, den Dialog untereinander zu forcieren.“ Neben der internen Kommunikation sehen die beiden Breitensportreferenten es ebenso als wichtige Zukunftsaufgabe an, die Motive und Möglichkeiten von Taekwondo der Öffentlichkeit insgesamt näher zu bringen. „Wie können wir das Ehrenamt vor Ort in der Informations- und Kommunikationsarbeit unterstützen. Und wie gelingt es uns, Taekwondo als sportliche und persönlichkeitsstärkende Disziplin weiter bekannt und beliebt zu machen?“ Klaus Haggenmüller nennt die Ziele und weiß zugleich, dass es hierbei auf das gemeinsame, abgestimmte Vorgehen ankommt. „Daran wollen wir im kommenden Jahr arbeiten, damit Taekwondo als attraktiver und über den Sport hinausgehende Freizeitbeschäftigung einen starken Platz in unserem Land erhält.“ Stephanie Wiechert und Klaus Haggenmüller haben einen Koffer voller Pläne dabei und genaue Vorstellungen, wie sie die Breite der Mitglieder besser erreichen und mitnehmen können. Ihr einheitlicher Tenor: „Gemeinsam können wir besser werden und mehr erreichen.“
36 - DTU-Magazin
Taekwondo 20 - Ausgabe 14 12/2022
Stefanie Wiechert
BREITENSPORT IST MEHR ALS DU DENKST!
Grundschule – Gibon Yeonseup
Unter der „Grundschule“ versteht sich das Erlernen der Ausweich-, Block-, Schlag- und Kicktechniken, das Beherrschen von Gleichgewicht und von zeitlichen und räumlichen Vorgaben. Die Grundschule wird manchmal auch als traditionelles Taekwondo bezeichnet, da sie neben dem Formenlauf die ursprünglichsten Techniken beinhaltet. Sie bildet die Basis für alle anderen Disziplinen des Taekwondo.
Formenlauf – Poomsae
Der „Formenlauf“ entspricht einem Schattenkampf. Entsprechend der Leistungsstufe des Taekwondoin (Gürtelfarbe) wird eine vorgegebene Bewegungsform eingeübt, insgesamt gibt es 17 Formen. Die Poomsae ist wichtig für Bewegungsschulung, Gleichgewicht und Atemrhythmus. Durch den symmetrischen Aufbau der Formen erlernt der Sportler die Techniken beidseitig, also rechts und links. Formenlauf wird auch auf Wettkämpfen ausgetragen. Ziel ist hierbei eine möglichst korrekte und optisch ansprechende Präsentation der Poomsae. Es gibt dabei drei Disziplinen: Einzel-, Synchron- und Paarlauf.
Wettkampf – Gyeorugi
Im „Wettkampf“ behauptet sich der Taekwondoin gegen einen Partner. Um Verletzungen bei dieser VollkontaktÜbung vorzubeugen, ziehen beide Sportler Schutzausrüstung an. Diese besteht aus einer Kampfweste, Schienbein-, Unterarm-, Hand-, Spann-, Tief- und Kopfschützer sowie Zahnschutz. Der Wettkampf läuft nach klar definierten Regeln ab. Gewertet werden Treffer, die mit korrekten Techniken die reguläre Trefferfläche (Kampfweste oder Kopf) erreichen. Faustangriffe zum Kopf sind beispielsweise verboten. Ziel ist es, entweder durch Punktevorsprung oder durch einen K.O.-Sieg den Kampf zu gewinnen. Der Wettkampf ist die einzige olympische Disziplin im Taekwondo.
Selbstverteidigung – Hosinsul
Unter „Selbstverteidigung“ versteht man die Abwehr von Angriffen mit Hand, Fuß oder Waffen. Dabei steht eine verhältnismäßige, effektive Verteidigung gemäß §32 des StGB und seinen Erläuterungen im Vordergrund. Im Taekwondo werden hierfür Schläge, Tritte, Hebel und Würfe gelehrt, die Verteidigung erfolgt grundsätzlich ohne den Einsatz von Waffen. Das Abwehren und Festlegen des Gegners zählt ebenso zu den Zielen wie das Erlangen eines sicheren und selbstbewussten Auftretens.
Bruchtest – Kyokpa
Beim „Bruchtest“ zeigt der fortgeschrittenere Taekwondoin die praktische Anwendung der erlernten Techniken. Dabei zeigt sich sowohl, ob die gewünschte Wirkung einer Technik erzielt wird, als auch ob der Ausführende die Technik soweit beherrscht, dass er sie punktgenau auf ein Ziel und ohne eigene Verletzungen ausführen kann. Mit möglichst geringem Kraftaufwand werden dabei Bretter mit einem und drei Zentimeter Dicke (geschlechts-, altersund technikabhängig) zerschlagen
Sportabzeichen
Mit dem Taekwondo Sportabzeichen stellt die Deutsche Taekwondo Union seinen Mitgliedsvereinen ab sofort ein zusätzliches Instrument zur Verfügung, mit dem sie ihren Vereinsmitgliedern Ziele und Anregung bieten können, Taekwondo als Gesundheits- und Fitnesssport zu betreiben.
Das Sportabzeichen orientiert sich am allgemeinen Sportabzeichen des DOSB und ist seit 2020 vom DOSB anerkannt.
In regelmäßigen Abständen organisiert die DTU Breitensportlehrgänge in ganz Deutschland. Qualifizierte Referenten sorgen für ein abwechslungsreiches Trainingsprogramm während der Lehrgänge. Eine besonders freundschaftliche Atmosphäre ist Kennzeichen der Breitensportlehrgänge.
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BIELEFELD. BUNDESKADER. BUNDESWEHR.
Bei Cem Ünlüsoy steht Taekwondo von Anfang an im Mittelpunkt
von Hermann-J. Hoffe
Cem Ünlüsoy, Deutscher Meister, EM- und WM-Teilnehmer, hat, für manche Fachleute überraschend, seine sportliche Karriere beendet. Den 1994 in Bielefeld geborenen Westfalen mit türkischen Wurzeln zieht es in das benachbarte Pferdeparadies Warendorf und an die dortige Sportschule der Bundeswehr. Wir haben mit dem sympathischen Sportler und engagierten Vater eines fünf Monate alten Sohnes gesprochen. Wie ist er zum Taekwondo gekommen? Wie verlief die sportliche Entwicklung und was waren vor allem die Gründe für das überraschende Karriereende?
DTU 20: Wann und wie bist Du überhaupt zum Taekwondo gekommen?
Cem: Ich bin, wenn man so will, in der Halle geboren. Schon vor der Geburt war ich mit meiner Mutter immer dabei, wenn mein Vater als Trainer arbeitete. Und als ich das Licht der Welt erblickte, ging es nahtlos weiter. Ich habe auch später keine andere Sportart kennengelernt. Unsere Familie, Vater, Mutter, meine
DTU 20: Wann war Dein erster Einsatz in der Nationalmannschaft?
Cem: Das war 2010/11 im Jugendbereich, zunächst ein Bundeskaderlehrgang und dann im gleichen Jahr der Einsatz auf einem Turnier. Mein Vater hat alles getan, damit ich vorankam. Hin und wieder mal Freunde treffen war da schon eher die Ausnahme. Mit zwölf, dreizehn Jahren war ich schon drei- bis viermal in der Woche zum Training in der Halle und am Wochenende waren meist Turniere. Ab sechszehn Jahren hat sich das Training schon auf fünfmal in der Woche erhöht und dann kamen am Wochenende auch Turniereinsätze im Ausland dazu.
DTU 20: Was würdest Du als den größten Erfolg in deiner Karriere beschreiben?
Cem: Mein erster großer Erfolg war der Deutsche Meister-Titel in der Jugend (U18). Der emotionalste Erfolg war danach der dritte Platz
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Schwester und ich, haben immer Taekwondo gemacht.
bei der Jugend-Europameisterschaft. Aber das ist alles Ansichtssache. Stolz bin ich auch darauf, dass ich in zwei Gewichtsklassen erfolgreich war. Zunächst habe ich in der Olympischen Klasse bis 80 kg und dann in der höheren über 87 kg gekämpft. Auch in der nicht-olympischen Klasse bis 87 kg war ich erfolgreich. In Absprache mit meinem damaligen Bundestrainer Georg Streif bin ich dann aber fest in die Klasse + 87 kg gewechselt.
DTU 20: Was war für Dich ein besonders schöner Moment bei einem Wettkampf?
Cem: Im Nachhinein betrachtet waren vor allem die Wettkämpfe, bei denen ich mit meinem Vater zusammen war, besonders schöne und auch sehr emotionale Momente. Wenn mein Vater zum Beispiel bei Deutschen Meisterschaften hinter mir stand, war das ein starkes Gefühl. Ob Erfolg oder Niederlage, anschließend spüren wir, wie wertvoll und großartig die familiäre Verbindung ist.
DTU 20: Welche Meilensteine haben Deine sportliche Karriere geprägt?
Cem: Das war sicherlich der Erfolg bei der JugendEuropameisterschaft. Danach hatte ich einen nennenswerten Erfolg in der Tasche, der mich auch immer bei anderen großen Wettkämpfen gestärkt hat und mich antrieb. Schön war auch, dass ich an der Weltmeisterschaft 2019 in Manchester teilnehmen durfte. Auch wenn ich leider im ersten Kampf ausgeschieden bin, ist eine WM-Teilnahme auch stets ein Erfolg. Nur wenn man die Nominierungskriterien der DTU erfüllt und international erfolgreich ist, erhält man eine Nominierung zur WM.
DTU 20: Wie kam es, dass Du dich für eine Laufbahn bei der Bundeswehr entschieden hast?
Cem: Das stand für mich nach meiner abgeschlossenen Ausbildung schnell fest. Als das Angebot kam, den Leistungssport mit dem Dienst in der Bundeswehr zu verbinden, habe ich nach Rücksprache mit meinem Vater sofort zugesagt.
DTU 20: Was war das Besondere am „SportsoldatenLeben“?
Cem: Das Besondere ist natürlich, dass der Leistungssport ermöglicht wird. Man kann sich voll auf seinen Sport konzentrieren, ist finanziell abgesichert und man hat schon früh eine Zukunftsperspektive.
DTU 20: In diesem Jahr bist Du Papa geworden. Hat dies auch dazu geführt, dass Du die Sport-Karriere beenden möchtest?
Cem: Die Sport-Karriere habe ich offiziell Ende September beendet. Am Anfang des Jahres bestand für mich die Möglichkeit, eine Stelle an der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf als Sport-
Feldwebel zu beginnen. Ich habe mich beworben und im Sommer Bescheid bekommen, dass ich angenommen worden bin. Danach habe ich alles in die Wege geleitet, um den Wechsel aus dem Leistungssport in den Beruf bei der Bundeswehr zu realisieren. Ich bin noch bis 2027 bei der Bundeswehr verpflichtet und unterstütze nun als Sportfeldwebel die Trainer und das Training, vor allem bei den ÜbungsleiterLehrgängen.
Ein weiterer wichtiger Punkt, die Karriere zu beenden, war auch die Geburt meines Sohnes. Ich möchte nicht verpassen, wie mein Sohn aufwächst. Seine Geburt war kurz nach der EM. Als ich dann das Angebot an der Sportschule der Bundeswehr bekam, war klar, dass mit dem Leistungssport, so sehr ich ihn auch geliebt habe, Schluss war.
DTU 20: Was wünscht Du Dir und uns für die Zukunft? Cem: Unserem Team wünsche ich natürlich alles Gute. Ich werde dem Taekwondo nicht verloren gehen. Im nächsten Jahr will ich als Trainer und Coach aktiv werden. Ich wünsche und hoffe, dass es im Taekwondo weiter bergauf gehen kann, dass Taekwondo populärer wird und größere Anerkennung bekommt.
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INTERVENTION BEI INTERPERSONALER GEWALT IM SPORT
von Charlotte König
Im Herbst 2022 haben die Mitgliedsverbände der dsj und des DOSB, auch die DTU, einstimmig eine Resolution mit dem Titel „Schutz vor Gewalt im Sport im Zukunftsplan Safe Sport als nachhaltige Gesamtstrategie verankern!“ verabschiedet. Für den gelebten Sport ist es essenziell, dass solche Resolutionen aktiv ausgestaltet und umgesetzt werden.
Es gibt bereits viele Maßnahmen, um Gewaltprävention in der DTU zu leben: der Ehrenkodex, Einsichtnahme in das erweiterte Führungszeugnis, Fortbildungsveranstaltungen. Wir haben eine Risikoanalyse zum
Themengebiet durchgeführt und veröffentlicht (www. dtu.de/jugend/downloads). Diese zeigt uns sportartspezifische Risikofelder auf, welche es Täterinnen und Tätern ermöglichen können, ihre Stellung gegenüber Kindern und Jugendlichen im Taekwondo auszunutzen.
Ein großer Faktor, um sicheren Sport für Heranwachsende zu gewährleisten, ist zusätzlich eine praktikable Interventionsstrategie. Diese Strategie muss die Frage beantworten: Was ist bei einem Vorfall von interpersonaler Gewalt zu tun?
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Dafür ist es wichtig zu verstehen, welche Formen von Gewalt im Sport auftreten können. Unter dem Begriff interpersonale Gewalt lassen sich folgende Gewaltformen zusammenfassen:
• Grenzverletzungen wie anzügliche Witze oder Kommentare
• Körperliche Gewalt in Form von Schlägen oder Tritten
• Sexualisierte Gewalt ohne Körperkontakt, beispielsweise Exhibitionismus während der Umkleidesituation
• Sexualisierte Gewalt mit Körperkontakt im Sinne von Berührungen bis hin zur Vergewaltigung
• Psychische Gewalt, wie Beschimpfungen, Spott oder Ausgrenzungen
Für Personen, die selbst von interpersonaler Gewalt betroffen sind, oder gewalttätige Situationen beobachten, sind Hilfsangebote von zentraler Bedeutung. In der DTU bin ich als Ansprechperson erste Anlaufstelle für alle Fragen rund um Gewaltprävention und -intervention. Neben meiner aktiven Rolle als Sportlerin und Trainerin im Taekwondo arbeite ich als Ärztin in der Allgemeinmedizin. Verbandsunabhängige Beratungsstellen sind unter anderem das Hilfe-Portal sexueller Missbrauch oder das Hilfetelefon. Herauszuheben ist, dass sowohl ich als Ansprechperson für die DTU als auch die externen Beratungsstellen die Anliegen der meldenden Personen ernst nehmen.
Jeder Fall von interpersonaler Gewalt ist individuell und muss daher auch flexibel betreut werden. Auch
ohne konkreten Vorfall darf eine Beratung in Anspruch genommen werden. Diese Beratung kann auch anonym erfolgen.
Präventionsmaßnahmen, wie Fortbildungen und Aufklärungsarbeit, können durch das Ressort Safe Sport in der DTU selbstständig organisiert werden. Die Intervention, also die Hilfestellung im Ernstfall, basiert auf der Zusammenarbeit zwischen einer meldenden Person und der Ansprechperson. Infolge eines Beratungsgesprächs wird gegen niemanden ein Generalverdacht erhoben. Oberstes Gebot in der Intervention bei potenziellen Gewaltvorfällen ist dabei ein ruhiges Vorgehen und die Sicherung des Kindeswohles. Zunächst werden Gespräche mit den Betroffenen oder meldenden Personen geführt und die folgenden Schritte gemeinsam besprochen. Die Ansprechperson nimmt eine zurückhaltend beratende Rolle ein, also nicht die einer Ermittlungsbehörde.
Dieser Artikel soll auch ein Aufruf sein, sich zu trauen hinzusehen. Bei offensichtlichen Verletzungen wie Prellungen oder Verstauchungen werden Sportler und Sportlerinnen selbstverständlich gefragt, was passiert ist und wie es ihnen geht. Genauso können die Heranwachsenden, die interpersonelle Gewalt durchgrenzverletzende Kommentare erfahren, unterstützt werden. Derjenige, der solche Kommentare äußert, sollte auf dieses Fehlverhalten aufmerksam gemacht werden. Bei gröberen Verstößen gegen den korrekten Umgang mit Kindern und Jugendlichen stehen verschiedene Beratungsmöglichkeiten offen.
Kontakt: jugend@dtu-mail.de
14 12/2022 - 41 Hilfe in der DTU: Charlotte König, koenig@dtu-mail.de www.dtu.de/ erste-hilfe-bei-gewalt-und-grenzverletzungen Externe Hilfsangebote: www.hilfe-portal-missbrauch.de www.Hilfetelefon.de oder 0800 116 016
DTU-Magazin Taekwondo 20 - Ausgabe
Berliner Taekwondo Verband www.btv-berlin.de
Bayerische Taekwondo Union www.btu-online.de
Taekwondo Union Hamburg www.taekwondo-hamburg.de
Hessische Taekwondo Union www.h-t-u.de
Nordrhein-Westfälische Taekwondo Union www.nwtu.de
Niedersächsische Taekwondo Union www.ntu.de
Taekwondo Landesverband Bremen www.tlvb.info
Taekwondo Union NRW www.tunrw.de
Taekwondo Union Thürigen www.tut-ev.de
10: Taekwondo Union Saar www.tut-ev.de
Taekwondo Union Sachsen-Anhalt www.tu-sa.de
Taekwondo Union Sachsen www.taekwondo-union-sachsen.de
Taekwondo Union Südwest www.tusw.de 14: Taekwondo Union Rheinland-Pfalz www.turp.de
Taekwondo Union Mecklenburg-Vorpommern www.tumv.de 16: Taekwondo Union Baden-Württemberg www.tubw.de 17: Taekwondo Verband Schleswig-Holstein www.tv-sh.de 18: Taekwondo Verband der Länder Berlin/Brandenburg www.tvbb.info
3
7
Die Landesverbände in der DTU 1 2
4 5 6
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Winterliche Rezepte
Vanillekipferl:
Zutaten
FÜR DIE KIPFERL 300 g Weizenmehl (Type 405) 100 g gemahlene Mandeln (blanchiert) 120 g Puderzucker
1 Vanilleschote 1 Prise Salz 225 g kalte Butter 3 Eigelbe (Gr. M)
FÜR DIE PUDERZUCKERMISCHUNG 120 g Puderzucker zum Wälzen 1 Pck. Bourbon-Vanillezucker
Mehl mit Mandeln und Puderzucker in einer Schüssel mischen. Vanilleschote längs aufschneiden und das Mark herauskratzen. Zusammen mit Salz, Butter in Würfeln und Eigelben zugeben. Alles mit den Händen rasch zu einem glatten Teig kneten. In Folie gewickelt eine Stunde kaltstellen. Backofen auf 180 Grad Ober-/Unterhitze (Umluft: 160 Grad) vorheizen. Backbleche mit Backpapier belegen. Teig in vier Teile teilen. Portionsweise den Teig aus dem Kühlschrank nehmen und aus jeweils walnussgroßen Stücken Hörnchen formen und mit Abstand auf das Blech legen. Die Vanillekipferl im vorgeheizten Ofen ca. 8 Minuten backen. Währenddessen Puderzucker und Vanillezucker in einer Schale vermischen. Die Vanillekipferl nach dem Backen direkt vorsichtig in der Puderzucker-ZuckerMischung wälzen und auf einem Gitter komplett erkalten lassen.
Butterplätzchen:
Das Mehl mit dem Puderzucker, Salz und Vanillezucker auf die Arbeitsfläche häufen. Das Ei in die Mitte geben, die kleingeschnittene Butter rundherum verteilen. Alles mit einem Messer oder der Teigkarte durchhacken, dann mit den Händen rasch zu einem glatten Teig verkneten. In Frischhaltefolie wickeln und ca. 30 Minuten kalt stellen.
Den Backofen auf 180°C Unter- und Oberhitze vorheizen. Ein Backblech mit Backpapier belegen. Den Teig auf bemehlter Arbeitsfläche ca. 3 mm dünn auswellen. Sterne ausstechen und auf das Backblech legen. Im Backofen 10 bis 12 Minuten goldbraun backen. Die Plätzchen dann vorsichtig auf ein Kuchengitter setzen und auskühlen lassen. Mit Puderzucker bestäuben.
Zutaten 250
100
1
2
1
150
g Mehl
g Puderzucker
Prise Salz
EL Vanillezucker
Ei
g Butter Mehl zum Bearbeiten Puderzucker (zum Bestäuben)
FÖRDERER UND SPONSOREN DER
JEDE MENGE
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GLÜCKSMOMENTE. 11.09.19 12:42