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Freestyle-Form mit Gänsehaus
von Rafaella Della Santi
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Das Technikteam um Vizepräsident Rainer Tobias ist seit Oktober wieder vollständig: Adrian Wassmuth ist der neue Bundestrainer Freestyle und unterstützt ab sofort die Sportlerinnen und Sportler in dieser Kategorie. Der 30-jährige Wahl-Kölner ist in der Formenszene bestens bekannt: Adrian war als aktiver Formenläufer von 2009 bis 2021 Mitglied des Bundeskaders Technik sowohl in der Recognized- als auch in der Freestyle-Kategorie, und hat in dieser Zeit auch einige Jahre die Belange der Athletinnen und Athleten als Aktivensprecher vertreten. Zu seinen größten sportlichen Erfolgen zählen der Weltmeistertitel (2012) und zwei Europameistertitel (2013, 2015) im Team unter 30 sowie ein weiterer Europameistertitel im Freestyle-Team 2013.
Seine langjährigen und umfangreichen Erfahrungen als erfolgreicher Formenläufer in beiden Kategorien und als Trainer setzt er nun für die deutschen Freestyle-Athleten ein. Wir haben mit Adrian gesprochen:
DTU20: Adrian, Du warst selbst in beiden Disziplinen erfolgreich, sowohl als Freestyler wie auch im Recognized-Bereich. Was hat dir in den beiden Kategorien den Kick gegeben?
Adrian Wassmuth: Beide Disziplinen machen ihren ganz eigenen Reiz aus und sind sich gleichzeitig in einigen Aspekten ähnlich. In beiden Disziplinen bin ich zum Großteil im Team an den Start gegangen, das heißt im Team Male U30 sowie Freestyle Team. Im RecognizedBereich ist es ein besonderer Reiz, als Einheit aufzutreten und in den Bewegungen und Techniken zu verschmelzen. Der entstehende Einklang von Kraft, Dynamik und Ausdruck ist ein tolles Gefühl auf der Fläche. Im Freestyle-Bereich machen Ausdruck und Präsentation einen großen Teil der Begeisterung aus, vor allem in Verbindung mit Musik. Der kreativen Entfaltung stehen hier nur einige rahmengebende Elemente gegenüber und im Team stehen hier noch mehr Gestaltungs- und Choreografie-Spielräume offen. Zusammen mit Akrobatikelementen und Spinkicks macht es unglaublich Spaß, etwas Eigenes und Unverwechselbares zu kreieren.
DTU20: Was sind Deine kurzfristigen, welche Deine langfristigen Ziele mit dem Freestyle-Bundeskader?
Adrian Wassmuth: Zunächst möchte ich die Kadersportler zum Jahresende einmal gesammelt abholen, auf das nächste Jahr einstimmen und zusammen auf der German Open Ende Februar den Grundstein für ein erfolgreiches Jahr 2023 legen. Dazu dient unter anderem der erste anstehende Bundeskaderlehrgang Freestyle unter meiner Leitung Anfang Dezember. Die GOP stellen dabei einen wichtigen Start in das Turnierjahr mit einem internationalen Konkurrenzfeld dar und sind ein erster Gradmesser. Mittelfristig stehen dann die EM und langfristig die nächste WM an. Wir werden systematisch darauf hinarbeiten, stetig den Status Quo zu challengen und Schwierigkeitsgrade weiterzuentwickeln. Betrachtet man die atemberaubende internationale Entwicklung im Freestyle-Bereich in den letzten Jahren, gilt es, weiterhin konkurrenzfähig zu sein. Unsere Sportler haben bewiesen, dass sie das sein können. Jetzt heißt es, weiter hungrig zu bleiben. Mein Ziel ist es, die Sportler langfristig bei der Erreichung ihrer Ziele zu unterstützen. Ich bin sehr motiviert, gemeinsam mit ihnen die nächsten EM- und WM-Medaillen zu jagen.
DTU20: Mit welchen Zielen gehst du in das EM-Jahr 2023?
Adrian Wassmuth: Zunächst einmal freue ich mich riesig auf das anstehende Turnier-Highlight im nächsten Jahr und darauf, dass wir uns mit den besten europäischen Nationen messen können. Ich denke, wir können selbstbewusst genug sein, zu sagen, dass wir dort um die Medaillen mitkämpfen wollen und werden. Bis dahin möchte ich mit den Sportlern zusammen an ihrer Entwicklung und ihren Zielen arbeiten und auf die her-
vorragende Arbeit der Heim- und Landestrainer aufbauen. Das Ziel ist, dass alle zum Jahreshöhepunkt in Bestform sind und selbst zufrieden mit ihrer gezeigten Leistung sind. Das ist das allerwichtigste. Ich freue mich jetzt schon, unsere Sportler auf europäischer Bühne zu sehen.
DTU20: Was macht eine gelungene Freestyle-Form aus?
Adrian Wassmuth: Neben sauberen Grundtechniken und tollen Kicks, die natürlich erst einmal auf der technischen Seite stehen, machen für mich das Zusammenspiel aus Präsentation, Choreografie und spektakulären Akrobatik- und Kickcombos eine gelungene FreestyleForm aus. Eigentlich kann ich es ganz einfach sagen: Wenn mich eine Freestyle-Form umhaut, sitze ich mit Gänsehaut da und alles passt einfach zusammen, von der Choreo bis zur Musik. Der Gänsehautfaktor ist für mich ein wichtiger Punkt (lacht).
DTU20: Wo holst du dir Anregungen für FreestyleFormen und Trainingsmethoden?
Adrian Wassmuth: Ich bin ein Fan von ganzheitlichen Ansätzen und schaue gerne über den Tellerrand hinaus, denn ich bin überzeugt, dass verschiedene und erst einmal „fremde“ Einflüsse immer einen Mehrwert bringen können. So hole ich mir Inspirationen und Anregungen im Tanzen, in der Gymnastik und allgemeinen Bewegungslehre, aber auch Schauspiel und Theater stellen Beispiele dar, von denen wir für unseren Sport viel lernen können. Es geht darum, wie Bewegung, Zeit/ Raum und Ausdruck in anderen Sportarten und Disziplinen gelebt werden und wie wir das für uns anwenden und nutzen können. Adrian Wassmuth: Erst einmal war es eine schöne Sache für mich, zum Jahresabschluss noch einmal die Möglichkeit zu bekommen, alle Sportler live zu sehen und mir einen Eindruck über die Leistungen zu verschaffen. Ich bin sehr zufrieden mit den gezeigten Leistungen und der regen Teilnahme beim Deutschen Jugend-Cup. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit den Sportlern und denke, dass Freestyle-Deutschland gut dasteht und wir einige Leistungsträger vorweisen können. Daher blicke ich schon sehr gespannt auf die anstehenden Turniere und will, dass die Sportler ihre in Gehrden gezeigten Leistungen mit ins neue Jahr nehmen und daran anzuknüpfen.
DTU20: Was wünschst du dir für den Freestyle-Bereich?
Adrian Wassmuth: Ich wünsche mir, dass der Bereich in der Breite noch größer wird und weiter wächst, sodass sich auch das nationale Konkurrenzfeld weiterentwickelt und die Synergien zwischen verschiedensten Stellen noch besser genutzt werden können. Beispielsweise sind hier Kooperationen mit Turnverbänden, entsprechenden Hallennutzungen oder auch medizinische Anlaufstellen zu nennen. Durch professionelle Strukturen und die Nutzung von Netzwerken kann sich der Freestyle-Bereich weiterentwickeln. Genauso wünsche ich mir eine noch größere Förderung des Nachwuchses, damit junge Sportler schon früh in ihren Heimatvereinen in Berührung mit Freestyle kommen und Trainer die Sportler an die Basics heranführen können.
DTU20: Dein Ratschlag an alle, die gerade mit dem Formenlauf anfangen und überlegen, Freestyle auszuprobieren?
Adrian Wassmuth: Machen und ausprobieren! Die Lust auf Freestyle ist dabei schon der erste Schritt. Es dient der kreativen Entfaltung und setzt neue koordinative Impulse, sodass auch der traditionelle Formenlauf von Freestyle-Training profitiert. Dies ist umgekehrt übrigens genauso. Das Wichtigste ist auf jeden Fall, dass Ihr Spaß daran habt. Verschiedene Bereiche in eine Form zu gießen kann sehr aufregend sein, und neu gelernte Skills dabei echte Erfolgserlebnisse. Also: Habt keine Scheu vor der Herausforderung, probiert es aus und habt Spaß dabei!
DTU20: Gibt es Berührungspunkte zwischen deinem Beruf und deiner Aufgabe als Bundestrainer?
Adrian Wassmuth: In meinem Job geht es darum, Sport bestmöglich visuell ansprechend aufzubereiten und darzustellen. Hierbei geht es darum, durch ausdrucksstarke Bilder über den Sport Emotionen zu transportieren. Ein Auge für Ästhetik ist dabei genauso wichtig wie ein Gefühl für mitreißende Inhalte. Das kommt mir bei meiner Aufgabe als Bundestrainer Freestyle zugute.
DTU20: In Gehrden hattest Du deinen „ersten Einsatz“ als Bundestrainer und hast die Freestyler auf der DM und dem Deutschen Jugend-Cup gesichtet. Wo steht FreestyleDeutschland? DTU20: Lieber Adrian, vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg bei der Umsetzung Deiner Ziele mit den Freestylern!
