Hausärzt:in medizinisch
Realistische Wege statt „Quit or Die“
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Harm-Reduction im Sinne der ganzheitlichen Betreuung von Raucher:innen
ren“ oder seltener auftretenden – Schadens. Einige Beispiele aus dem täglichen Leben: Schifahren – aber mit Sturzhelm; Autofahren – aber mit Sicherheitsgurt; Sonnenexposition – aber unter Verwendung von Sonnencremen. Das gesamte Suchtprogramm mit der ganzheitlichen Betreuung von Drogenkranken, ohne den apodiktischen Ansatz der „Heilung“, ist eine Erfolgsgeschichte.
Strategien der Sekundär- und Tertiärprävention Die WHO setzte zuletzt auf eine fast kategorische Verbannung von Tabak sowie Nikotin und verfolgte damit eine Strategie, die ein „Quit or Die“ propagiert. Durch seine prohibitorischen Züge ist
E-Zigaretten als Möglichkeit des Rauchausstiegs Nikotinersatztherapien stellen ein wichtiges Mittel zur Behandlung der Nikotin-
Autor: Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Popp Facharzt für Pneumologie im Ordinationszentrum Döbling, Wien
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Dezember 2021
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Foto: © Wolfgang Popp privat
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Modell der gesundheitlichen Auswirkungen von RRP - Die Kurven sind krankheitsspezifisch - Hier abgebildet: Lungenkrebs
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X Abbildung: Harm-Reduction-Konzepte bei Raucher:innen Erkrankungsrisiko
Rauchen und Tabak sind in der medizinischen Betreuung immer wieder ein bedeutendes Thema. Zweifelsfrei stellen sie die Ursache für viele pulmonale und kardiovaskuläre Erkrankungen dar, etwa für Karzinome – nicht nur betreffend Lungenkrebs –, für COPD oder Infektanfälligkeit. Auch als Auslöser von persönlichem Leid können sie fungieren. Jeder, der sich mit dem Thema Rauchen und wieder Nichtrauchen aus unterschiedlichster Sicht und mit individueller Betroffenheit auseinandergesetzt hat, kennt die Probleme, die durch Nikotinabhängigkeit entstehen. Die komplette Raucherentwöhnung steht in zahlreichen Fällen wie der Gipfel eines hohen Berges vor Augen. Vergleichbar mit der Spitze des Himalajas, bleibt dieses Ziel für viele Betroffene unerreichbar. Daher hat das Thema „Harm-Reduction“ in die Pulmologie – ebenso wie in weitere medizinische Gebiete – Einzug gehalten, und zwar in Anlehnung an andere Themen der Suchtbetreuung. HarmReduction oder Schadensreduktion ist ein alltägliches Thema. Sie besteht zu einem gewissen Teil aus Risikoreduktion und aus der realistischen Inkaufnahme eines möglichen – wenngleich „kleine-
dieses Konzept für viele Forscher und Suchtbetreuer unrealistisch geworden. Deswegen haben über hundert Forscherinnen und Forscher einen wirklichkeitsnahen und stärker patientenbezogenen Weg der Risiko- und Schadensreduktion vorgeschlagen. Harm-Reduction ist ein signifikantes Thema bei Tabak- und Nikotinabhängigkeit geworden. Weltweit gibt es Bemühungen, den Rauch- und Nikotinkonsum durch weniger schädliche Substanzen oder Darreichungsformen zu verringern. Harm-Reduction versteht sich im Rahmen der Sekundär- und Tertiärprävention. Es geht nicht nur um die Nikotinabhängigkeit, welche kaum organische Schäden hervorruft, sondern auch um die toxischen Tabakeffekte vor allem von Verbrennungszigaretten. Die TabakHarm-Reduction-Strategien bei Raucherinnen und Rauchern setzen auf die Verwendung alternativer, weniger schädlicher Möglichkeiten der Nikotinzufuhr. Diese gibt es in Form von Nikotinpflastern, Nikotin-Pouches, Snus (Tabakbeutel zur oralen Anwendung), Elektrozigaretten oder Tabakerhitzern.
Zeit (Alter) Quelle: Baker G et al., srtn annual meeting florence, march 2017, poster. Das Erkrankungsrisiko für Lungenkrebs bei Raucherinnen und Rauchern kann durch Verwendung eines Produkts mit reduziertem Risiko (RRP) vermindert werden. Der stärkste Effekt wäre durch einen Rauchstopp zu erzielen, ähnliche Effekte sind bei COPD und Infekten zu erwarten.