Hausärzt:in medizinisch
Vertrauensärzt:innen über Jahrzehnte Alter(n) aus Sicht der Allgemeinmedizin*
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andererseits iatrogene Störungen wie die Polypharmazie. Durch das Wesen unseres Faches und durch unseren hermeneutischen, patientenorientierten Ansatz sind wir gerade beim Altern nicht mit rein medizinischen Problemstellungen, sondern mit komplexen, mehrdimensionalen Herausforderungen konfrontiert. Beispielsweise geht es darum, einen bestehenden Betreuungsbedarf aufgrund gesundheitlicher Verschlechterungen einzuschätzen und eine Hilfestellung bei der Organisation der richtigen Versorgungsnetzwerke rund um Betroffene zu geben.
Vom Heilen zum Helfen
Unser Umgang mit dem Alter(n) ist kulturell geprägt und steht im Kontext der gesellschaftlichen Entwicklung. Wie sich das Altern und das Bild des Alters durch die Digitalisierung dieser Generationen, durch neue Kommunikationsmittel und -wege sowie das geänderte Sozialverhalten wandeln werden, wissen wir noch nicht. Ebenso wenig ist abzusehen, welche Auswirkungen die COVID19-Pandemie auf unsere Wahrnehmung des Alters haben wird. Noch nie wurden Alterskategorien (85 +, 80, 65 etc.) medial so stark betont und mit einer erhöhten Vulnerabilität in Zusammenhang gebracht wie in dieser Pandemie.
20
Dezember 2021
Mehrdimensionale Problemstellungen Alter als „Risikofaktor“ bedeutet aus Sicht der hausärztlichen Primärversorgung neben einer höheren Wahrscheinlichkeit für Multimorbidität und altersassoziierte Erkrankungen – im Wesentlichen sämtliche degenerativen Erkrankungen von der Demenz über die Arteriosklerose bis hin zu degenerativen Veränderungen des Skelett apparates u. v. m. – auch eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für Alterssyndrome. Diese umfassen einerseits die „Giganten der Geriatrie“: Immobilität, Instabilität, Sturzneigung, Gebrechlichkeit, Inkontinenz, Isolation, Intelligenzabbau und Nachlassen der Sinnesleistungen; Autorin: Dr.in Maria Wendler Allgemeinmedizinerin in Graz, Geriatriediplom der ÖÄK, ÖGAM (Österreichische Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin)
„Die hausärztliche Begleitung endet nicht mit der Lösung eines Problems, sondern setzt sich fort – bedarfs- und bedürfnisorientiert.“
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„Unter dem Alter versteht man den Lebensabschnitt rund um die mittlere Lebenserwartung des Menschen, also das Lebensalter zwischen dem mittleren Erwachsenenalter und dem Tod. Das Altern in diesem Lebensabschnitt ist meist mit einem Nachlassen der Aktivität und einem allgemeinen körperlichen Niedergang (Seneszenz) verbunden.“ (Wikipedia)
Einer der wesentlichen Faktoren der hausärztlichen Primärversorgung ist die Kontinuität und Begleitung unserer Patientinnen und Patienten über Jahre und Jahrzehnte. Hausärztinnen und Hausärzte werden Vertrauensärzte, weil eine Person die Ordination betritt und uns für ihre Betreuung wählt. Das geschieht oft, weil die Ordination in der Nähe oder am Weg liegt, weil Angehörige oder Freunde uns empfehlen oder aufgrund von „banalen“ Fragestellungen, die rasch gelöst sind – etwa akuten Erkrankungen, Impfungen, Bagatelltraumen u. ä. Oder aber wegen gezielter Fragestellungen, oftmals schon im jüngeren Alter. Die Zeitspanne des „Alterns“ beläuft sich auf 25 bis 35 Jahre. Nicht selten sind wir als Hausärztinnen und -ärzte mehr als 20 Jahre in unseren Ordinationen am selben Standort tätig. Begleitung ist somit über Jahre und Jahrzehnte möglich. Die Kenntnis unserer Patienten entsteht kumulativ über die Zeit, durch die Begleitung bei vielen