Hausärzt:in 03/2022

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Hausärzt:in extra

„Ausbau der niedergelassenen Pflege ist nötig“

© Daniel Peter Gressl, privat

Das Pilotprojekt Community Nursing eröffnet neue Wege

Daniel Peter Gressl, „Die Ö-Nurse“ (oe-nurse.at), freiberuflicher Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger in Judenburg und Wien, Akademischer Pflegemanager sowie erster Vizepräsident des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbandes (ÖGKV) im Gespräch.

Im Herbst 2021 wurde in Österreich der Beruf der Community Nurse eingeführt. Daniel Peter Gressl ist mit seiner Praxis für Gesundheits- und Krankenpflege an diesem Pilotprojekt beteiligt und erklärt im Interview mit der Hausärzt:in, was Community Nursing auszeichnet und welches Potenzial darin steckt. HAUSÄRZT:IN: Mit Ihrer Marke „Die Ö-Nurse“ sind Sie als Gesundheitsund Krankenpfleger im niedergelassenen Bereich tätig. Worin unterscheiden sich die Definition der Community Nurse und die Ihrer beruflichen Tätigkeit? DGKP GRESSL: Eine genaue Definition der Community Nurse für Österreich wird derzeit im Zuge der Pilotprojekte erarbeitet. International kann man sich schon auf verschiedene Definitionen berufen. Diesen Beispielen folgend, sollen Community Nurses in Österreich ihren Beruf niederschwellig, bedarfsorientiert und bevölkerungsnah auf Gemeinde-

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ebene ausüben. Einen Unterschied zwischen einer gewöhnlichen freiberuflichen Gesundheits- und Krankenpflegeperson und einer Community Nurse gibt es jetzt schon. Letztere benötigt in Österreich einen Auftrag der Gemeinde, um dort tätig zu werden. Im Rahmen EU-geförderter Pilotprojekte nimmt das Sozialministerium zu Beginn eine Auswahl vor bzw. ermöglicht eine Finanzierung.

Und welche Unterschiede gibt es bezüglich des Arbeitsspektrums? Als freiberuflicher DGKP arbeitet man meist nur auf der Individualebene. Das bedeutet: direkt mit dem Kunden. Kunden sind meist Privatpatienten, für die professionelle pflegerische Leistungen erbracht werden. Aber auch Unternehmen und andere Institutionen können Auftraggeber bestimmter Leistungen sein, zum Beispiel: • Architekturbüros, um bei neuen Bauvorhaben den Rat einer Pflegeperson einzuholen; • 24-Stunden-Betreuungsagenturen, um die Qualität der Personenbetreuungen zu gewährleisten; • Firmen in Pandemiezeiten, um COVIDTests durchführen zu lassen; • Schulen und Universitäten, die externe Referenten engagieren. Im Bereich der Community Nurse vergrößert sich das Arbeitsspektrum. Man hat das Ziel, im Auftrag der Gemeinde auf drei unterschiedlichen Ebenen zu arbeiten. Welche sind diese Ebenen? Auf der Individualebene führen wir beispielsweise verschiedene Pflegeinterventionen direkt in der Bevölkerung durch. Auf der Kommunalebene hat man etwa die Aufgabe, das interprofessionelle Netzwerk in einer Gemeinde aus- bzw. neu aufzubauen. Auf der Systemebene wird zum Beispiel das Ziel verfolgt, gemeinsam mit der Politik die Gesundheit der Gesamtbevölkerung durch systematische Veränderungspro-

AKTUELL Anfang Februar 2022 wurden 123 Pilotprojekte mit über 190 Community Nurses in ganz Österreich zur Finanzierung freigegeben. Insgesamt 54,2 Millionen Euro stehen Österreich von der Europäischen Kommission für die Umsetzung von Community Nursing für den österreichischen Aufbauund Resilienzplan zur Verfügung. Die Fördervergabe ist zeitlich begrenzt. Die Projekte sollen für einen Zeitraum von drei Jahren konzipiert sein, beginnend frühestens mit Jänner 2022, endend spätestens mit Dezember 2024. Die meisten Projekte mit Community Nurses wurden in Niederösterreich (34), gefolgt von Oberösterreich (33) und der Steiermark (27) eingereicht. Die wenigsten in Wien (4) und Vorarlberg (5). Geprüft wurden die eingereichten Projekte von der Gesundheit Österreich GmbH und dem Fonds Gesundes Österreich – die Gesamtzahl der Anträge betrug 145.


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