Hausärzt:in 03/2022

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Hausärzt:in pharmazeutisch

Die Mistel in der Forschung

© shutterstock.com/MaijaGrandane

dizin. Seine große Passion ist die Anthroposophische Medizin – und hier spezifisch die Integrative Onkologie und die Misteltherapie. Er meint: „Die Mistel ist eine ganz spezifische Pflanze, weil sie auf verschiedenen Ebenen wirkt. Einerseits kann sie die Lebenszeit verlängern, andererseits die Lebenskräfte steigern und damit die Lebensqualität verbessern. All das lässt sich durch geschickt gemachte klinische Studien abbilden.“

Studie Pankreaskarzinom Die Heilkraft der Mistel, insbesondere bei onkologischen Erkrankungen, gilt als wesentlicher Bestandteil der ganzheitlichen bzw. integrativen Krebstherapie. Als Ergänzung zur schulmedizinischen Behandlung wird sie seit mehr als hundert Jahren eingesetzt. Mittlerweile liegen rund 140 klinische Studien vor, die den Erfolg von Mistelpräparaten bei den verschiedensten Tumorarten dokumentieren. Das FFN®, das Fortbildungsforum Naturheilkunde, veranstaltete Anfang Februar 2022 ein Webinar mit dem Titel „Lebenskraft Mistel. Grundlagen und Anwendung“ mit Dr.in Andrea Diehl, Fachärztin für Allgemeinmedizin und Anthroposophische Medizin in Saarbrücken, und Dr. Stephan Baumgartner, Vorstand der Gesellschaft für klinische Forschung e. V. in Berlin, als Referent:innen.*

Lebensqualität und Lebensdauer Dr.in Diehl hat viel Erfahrung mit der Misteltherapie und ist von ihrer Wirksamkeit überzeugt: „In der klassischen Medizin arbeiten wir mit der sogenannten Pathogenese. Das bedeutet, wir achten darauf, was uns krank gemacht hat, und versuchen, es mittels Bestrahlung oder Operation mehr oder weniger zu entfernen“, erklärt sie die Hintergründe. „Dem steht das Prinzip der Salutogenese gegenüber, das wir bei vielen komplementären Therapieverfahren anwenden. Also die Anregung der Selbstheilung.

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Dabei geht es nicht um das Defizit, sondern darum, was uns gesund hält bzw. gesund macht. Beides kann man natürlich auch kombinieren und damit eine neue Qualität erlangen. Der synergistische Effekt der Integrativmedizin ist dabei besser als jedes Einzelverfahren.“ Die Patienten suchen Dr.in Diehl in der Regel mit dem Wunsch auf, zusätzlich zur Schulmedizin etwas zu tun. Wichtig ist ihnen dabei, dass die Methode wissenschaftlich mehr oder weniger erforscht ist, sich also nicht gänzlich im spirituellen Bereich befindet. Das Ziel besteht darin, die Lebensqualität zu verbessern, aber auch die Lebensdauer zu verlängern. Der Erfolg einer Misteltherapie zeigt sich in diversen Studien. „Wichtige Lebensqualitätsmerkmale sind eine Linderung der Schmerzen und Verbesserung des Schlafes, eine Appetitsteigerung oder dass Betroffene wieder am sozialen Leben teilnehmen können“, erläutert die Ärztin. Darüber hinaus könne mit der Misteltherapie tumorreduzierend, metastasenreduzierend und rezidivvorbeugend gearbeitet werden. Dr.in Diehl: „Stärkend wirkt, dass die Patienten, ihre Erkrankung selbst in die Hand nehmen können. Sie sind quasi der Kapitän. Das ist eine sehr wichtige Wahrnehmung.“

Integrative Onkologie Dr. Baumgartner forscht seit 25 Jahren auf dem Gebiet der Komplementärme-

So wurde etwa im Rahmen einer großen klinischen Studie1 (siehe Literatur) die Überlebenszeit von Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Pankreaskarzinom untersucht. Diese Diagnose geht zumeist mit einer kurzen Überlebenszeit einher. Gleichzeitig ist die Lebensqualität eingeschränkt. Die Patienten leiden unter starken Schmerzen und einer ausgeprägten Fatigue. Oft kann die Schulmedizin außer Analgetika oder Antiemetika nichts mehr anbieten. Dr. Baumgartner: „An der randomisierten Studie, die zwölf Monate dauerte, durften – laut Ethikkommission – nur Patienten mit Pankreaskarzinom teilnehmen, für die es keine medizinische Option mehr gab. Die Patienten wurden durch Zufallsprinzip in zwei Gruppen aufgeteilt. Beide bekamen Best Support of Care, also Schmerzmittel, Antiemetika usw. Der zweiten Gruppe wurde zusätzlich eine subkutane Behandlung mit einem fermentierten Eichenmistelextrakt verabreicht. Die traurige Wahrheit: In der Kontrollgruppe waren nach zweieinhalb Monaten bereits die Hälfte der Patienten verstorben und nach zwölf Monaten nur mehr zwei am Leben. Bei den Patienten, die zusätzlich zur Standardtherapie die Misteltherapie erhielten, sah man eine Verdopplung der Lebenszeit und nach zwölf Monaten waren noch 17 Patienten am Leben. Das war bei dieser Diagnose völlig unerwartet!“ Untersucht wurde auch die Lebensqualität der teilnehmenden Patienten.

© redtenbacher

Seit fast einem Jahrhundert wird die Heilpflanze komplementär bei Krebserkrankungen eingesetzt – mit großem Erfolg


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