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Freundschaft auf Rädern Der gebürtige Tessiner Gianpaolo Cecchin, seit neun Jahren wohnhaft in Fräschels im Kanton Freiburg, begleitet den Tetraplegiker Rolf Landolt auf seinen Handbike-Touren. Von Gabi Bucher
Fräschels zählt knapp 500 Einwohner. Zwei davon sind Gianpaolo Cecchin und Rolf Landolt. Ab und zu begegneten sich die bei den, bis Gianpaolo beschliesst, den Mann im Rollstuhl an einem der alljährlichen Dorffeste anzusprechen. Je besser er Rolf kennenlernt, desto beeindruckter ist er. «Er muss so viel organisieren, wenn er etwas unternehmen will. Ein Ausflug im Roll stuhl ist eine riesige Herausforderung.» Gianpaolo beschliesst, Rolf mal zu beglei ten. «Lass uns doch zusammen etwas un ternehmen», schlägt er ihm vor. Und so fahren sie zusammen aufs Schilthorn. «Das war anstrengend, aber eine tolle und wert volle Erfahrung», erinnert sich Gianpaolo. Der Beginn einer wunderbaren Freundschaft Es folgt ein Besuch im Verkehrshaus Lu zern, dann die gemeinsame Teilnahme am slowUp in Murten. «Rolf ist sehr gerne mit dem Handbike unterwegs», erzählt Gian paolo. «Aber am slowUp tummeln sich vie le Leute, da muss er ständig aufpassen, was rund um ihn läuft». Und im Seeland gebe es zwar schöne Strecken, «aber oft queren Bewässerungsschläuche die Strasse. Die können für Handbiker zur unüberwindbaren Barriere werden.»
Herausforderung angenommen «Ich habe da was, würdest du mich beglei ten?», fragte Rolf und sprach vom Testevent für den Giro Suisse im Jahr 2019. «Zwei Etappen à 40 km?» Gianpaolo sagt zu. Trotz technischer Schwierigkeiten mit dem Bike am zweiten Tag war die zwei tägige Tour für beide eine tolle Erfahrung. Dann trifft die Ausschreibung des Giro Suisse ein. «Alle 13 Etappen», beschliessen sie irgendwo zwischen Spass und Ernst. Das Duo intensiviert das Training, die Runden werden länger, schneller, beide fühlen sich fit und bereit und melden sich an. Teamgeist Und dann folgt der fatale Samstag im Juli. Auf einer leicht abschüssigen Strasse will Rolf bremsen, die Hand-Rücktrittbremse reagiert nicht und er fällt hin. Gianpaolo erinnert sich: «Rolfs erster Satz war: ‹Oh nein, der Giro Suisse ist für uns vorbei.›»
Gianpaolo bleibt nur noch, die Ambulanz zu rufen, welche Rolf ins Spital bringt. Diagnose: Trümmerfraktur im Oberarm, mindestens drei Monate keine Belastung. Eine harte Prüfung für Rolf, die Teilnah me am Giro Suisse ist definitiv nicht mög lich. Die Enttäuschung ist gross. Allein der Gedanke, nicht am grossen Ereignis dabei zu sein, ist mehr als demoralisierend. Doch ein Team wie die beiden lässt sich nicht unterkriegen, sie wissen, was sie wollen. «Ein Erfolg kommt nicht von alleine, er muss verdient werden», meint Gianpaolo. Und sie lassen es sich nicht nehmen, bei der Zieleinfahrt des Giro Suisse in Nottwil mitzufeiern. Begleiter wie Gianpaolo helfen mit, Barrie ren abzubauen, körperliche und mentale. Das gegenseitige Vertrauen ermöglicht es, Herausforderungen gemeinsam zu meis tern.
Rolf und Gianpaolo gemeinsam unterwegs
Gianpaolo beschliesst, Rolf auf seinen Touren mit dem elektrischen Handbike zu begleiten. Sie drehen ihre ersten gemein samen Runden, und mit der Zeit wird aus den beiden ein perfektes Team. Rolf coacht Gianpaolo sportlich beim Velofah ren, Gianpaolo coacht Rolf mental. Aber vor allem hilft er Rolf, unerwartete Hürden zu überwinden oder das Fahrrad zu rich ten, welches manchmal nicht anspringt. Paracontact I Winter 2020
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