BAUMAGAZIN-STANDPUNKT
»Stehen wir am Anfang eines ›Goldenen Jahrzehnts‹ der Bauwirtschaft?«
GASTAUTOR
Als Vorsitzender der Geschäftsführung des ZeppelinKonzerns hat sich Peter Gerstmann entschieden dafür ausgesprochen, die »Herausforderungen der ökologischen Umgestaltung unserer Industrielandschaft« optimistisch und mutig anzugehen. Der Chef des langjährigen Handelspartners des USBaumaschinenherstellers Caterpillar reagiert damit auf verschiedene Berichte und Einschätzungen in der jüngsten Zeit, nach denen sich die Konjunkturaussichten in der Bau und Baumaschinenindustrie verschlechtern könnten. Für ihn ist das Gegenteil der Fall. Laut Peter Gerstmann bieten sich der Bauindustrie durch den ökologischen und gesellschaftlichen Wandel große Chancen in den kommenden Jahren, stehe man doch vor einer »enormen Wachstumsperiode«. Das bauMAGAZIN veröffentlicht Peter Gerstmanns Gastbeitrag leicht gekürzt, bei baumagazinonline erscheint er in voller Länge. rotz der CoronaPandemie sind die Auftragsbücher der Bauwirtschaft immer noch voll. Die momentan größte Herausforderung sind fehlende Baustoffe und der Mangel an qualifizierten Mitarbeitern. Der Optimismus hinsichtlich der Zukunft in der Baubranche nimmt laut den Konjunkturaussichten des ifoInstituts allerdings ab. Dies deutet eher auf eine Verschlechterung der wirt schaftlichen Entwicklung hin als auf ein »goldenes Jahr zehnt«. Vor diesem Hintergrund von einer weiteren Wachstumsdekade zu sprechen, erscheint gewagt. Und dennoch scheue ich mich nicht, diese mutige Zukunfts prognose zu stellen. Die Gründe für eine solche Prognose liegen auf der Hand und resultieren vornehmlich aus einem – politisch bedingten – Rückstau notwendiger Investitionen in die bestehende Infrastruktur und den Herausforderungen der ökologischen Umgestaltung unserer Industrielandschaft.
T
Was ist mit der deutschen Infrastruktur los? Deutschland war bekannt für eine erstklassige Infrastruk tur in allen Industriebereichen, seien es Straßen, Auto bahnen, Eisenbahnstrecken, Wasserwege, Stromtrassen oder Gasleitungen. Nach der deutschen Wiedervereini gung konzentrierte man sich notwendigerweise auf den Aus und Aufbau in den neuen Bundesländern. Der ewige Streit um die vorhandenen Mittel führte zu einer Vernach lässigung der bestehenden Infrastruktur im Rest der
ZEPPELIN
»Die Beschleunigung bei der Bauausführung wird es ermöglichen, mehr und größere Bauvorhaben zu realisieren.«
Peter Gerstmann ist seit dem Jahr 2000 für den weltweit agierenden Zeppelin-Konzern tätig. Nach unterschiedlichen Management-Positionen übernahm der Diplom-Betriebswirt 2010 als Vorsitzender der Geschäftsführung die Leitung des Konzerns.
34 OKTOBER 2021
Republik. Und diese Vernachlässigung erfolgte nicht nur kurzfristig, sondern über Jahrzehnte. Hinzu kommen neben BudgetVerschiebungen in den Haushalten auch »holperige« Kompetenzverlagerungen für den Autobahn bau von den Ländern auf die bundeseigene Autobahn GmbH, die zu Verzögerungen bei der Vergabe von Sanie rungs und Neubauprojekten führen. So befindet sich das Fernstraßennetz in einem bemitleidenswerten Zustand – viele Brücken werden bereits zu einem ernsten Sicher heitsrisiko.