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Gespräch mit Luzia*
* Name geändert
Ich bereite mich auf ein flexibles und improvisiertes Gespräch vor. Aus meiner beruflichen Erfahrung im Bereich der Betreuung von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen weiss ich, dass das starre Festhalten an einem im Voraus definierten Gespächsprotokoll nicht immer zielführend ist. Flexibilität und Anpassungsvermögen kann im Umgang mit Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung in unterschiedlichsten Situationen behilflich sein. Während des Gesprächs konzentrierte ich mich nur auf die Bewohnerin. Meine Erwartungen an die Forschungsziele hatten nicht erste Priorität. Beim Gespräch verwendete ich eine einfache Sprache, kurze Sätze und ich verzichtete auf Fremdwörter. Luzia* ist 60 Jahre alt, hat Epilepsie und eine kognitive Beeinträchtigung. Im Alltag ist sie auf viel Unterstützung angewiesen. Sie kann nicht lesen und nicht schreiben und ihr Wortschatz ist eher klein, Ihre Aussprache ist zum Teil undeutlich und für Aussenstehende schwer zu verstehen. Einfache Zusammenhänge kann sie aber nachvollziehen und verstehen. Wir sitzen gemeinsam im Wohnzimmer an einem Tisch. Luzia wirkt ruhig und konzentriert. Auf meine Frage hin, ob sie wisse, was Unterstütze Kommunikation sei, antwortet sie ohne lange zu überlegen mit einem «Ja». Luzia ist aber nicht in der Lage, zu erklären, was Unterstützte Kommunikation ist. Auf diese Frage folgt ein langes Schweigen. Wahrscheinlich ist die Frage zu komplex. Ich versuche daher, meine weiteren Fragen mit Hilfe von Gesten oder Zeigen zu unterstützen. Im Vorfeld habe ich mich bei den Betreuungspersonen erkundigt, welche Kommunikationshilfsmittel in welcher Form von Luzia angewendet werden. Hieraus entnahm ich, dass Luzia als Unterstützung der Lautsprache und zur Orientierung am häufigsten Piktogramm verwendet. In ihrer Wohngruppe existieren verschiedene Kommunikationstafeln, visualisiert mit Piktogrammen oder Fotos. Unter anderem hat jede Bewohnerin und jeder Bewohner der Wohngruppe einen persönlichen Wochenplan.
GESPRÄCH
Luzia zeigt mir ihren Wochenplan, welcher zum einen in Wochentage und zum anderen in Vormittage und Nachmittage unterteilt ist. Jeder Wochentag ist mit einer anderen Farbe gekennzeichnet. Die Aktivitäten sind mit sogenannten PCS (Picture Communication Symbols) gekennzeichnet. Bezugnehmend auf den Wochenplan stelle ich Luzia konkrete und einfache Fragen zur Bedeutung der einzelnen Piktogramme. Zum Symbol eines Sofas sagt sie unverzüglich «oben bleiben», was bedeutet, dass sie auf der Wohngruppe bleiben kann. Die Wohngruppe befindet sich im Gegensatz zu den sich im Untergeschoss befindlichen Ateliers auf dem ersten Stock.
Abb 38 Wochenplan von Luzia mit Picture Communication Symbols (PCS)
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