Sonderheft 06/2021

Page 27

Hausarzt Gynäkologie/Urologie/Andrologie

Jede zweite Patientin mit Dysmenorrhoe hat Endometriose

Foto: © shutterstock.com/ Ioannis Pantzi, Kamil Hajek

Ein häufiges, vielfach unerkanntes Frauenleiden

Foto: © Albert Knauder, privat

„Das mittlere Intervall bis zur Diag­ nosestellung einer Endometriose be­ trägt immer noch um die sieben Jahre – es umfasst also eine sehr lange Zeit, in der es zur Verschlechterung der Le­ bensqualität, der Fertilität und zu einer Stadiumerhöhung kommen kann“, be­ tont Prim. Dr. Albert Knauder, Leiter der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Landesklinikum Neun­ kirchen. In diesem Kontext ist ein Blick auf die Epidemiologie jener gynäkologi­ schen Erkrankung von Bedeutung. Die geschätzte Prävalenz liegt laut Prim. Knauder bei 10-15 % der weiblichen Bevölkerung. Betrachtet man jedoch epidemiologische Subgruppen, wird sogleich ersichtlich, dass der Endome­ triose mehr Aufmerksamkeit im klini­ schen Alltag zukommen sollte. „Leidet

eine Frau unter Dysmenorrhoe, so kann man davon ausgehen, dass zu 50 % eine Endometriose dahintersteckt, ebenso trifft das auf chronisch rezidivierende Unterbauchschmerzen zu. Wenn mit einem Therapieansatz keine Besserung der Symptomatik erzielt wird, handelt es sich bei bis zu 70 % um eine Endometri­ osebeteiligung“, legt Prim. Knauder dar.

Unterschiedliche Erscheinungsformen Endometriose kann wie folgt unterglie­ dert werden: in die peritoneale- und ova­ rielle Endometriose, in die Adenomyose sowie in die tief infiltrierende bzw. retro­ zervikale Endometriose (TIE). Letztere ist durch eine Infiltration von ≥ 5 mm unter das Bauchfell definiert. Die häu­

figsten Lokalisationen einer Endometri­ ose können der Infobox 1 entnommen werden. Des Weiteren wird zwischen einer klinisch aktiven und einer klinisch inaktiven Form unterschieden. „Im typi­ schen Verlauf geht eine aktive in eine in­ aktive Form über – dazwischen können Jahre liegen. Durch die entzündliche Komponente der aktiven Form kann es zu Verwachsungen mit Beeinträchtigung der Organfunktionen kommen. Die TIE kann nach einer Wachstumsphase in eine stationäre Phase übergehen. Die inaktive Form lässt Narben zurück und kann sich durch Schrumpfungsvorgänge X Infobox 1: Lokalisationen einer Endometriose und ihr Anteil in % Ligamentum sacrouterinum: 60 % Ovar: 50 % Douglasraum: 30 %

Experte zum Thema: Prim. Dr. Albert Knauder Leiter der Abteilung für Gynäkologie und Ge­ burtshilfe, Landesklinikum Neunkirchen, klinisches Endometriosezentrum

„Die Therapie der Endometriose muss immer patientinnenbezogen und zielgerichtet sein.“

Ligamentum latum: 16 % Harnblase: 15 % Rektum: 12 % Ligamentum rotundum: 10 % Tubae uterinae: 8 %

Juni 2021

27

>


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.