
11 minute read
COVID-19 unter andro genem Einfluss
Hausarzt Gynäkologie/Urologie/Andrologie COVID-19 unter androgenem Einfluss
Zu wenig oder zu viel? „Der Rost macht erst die Münze wert“*
In vielen Studien wurde beschrieben, dass bei geschlechtsspezifischer Stratifizierung der Inzidenzen Männer eher häufiger von einer SARSCoV2Infektion bzw. von COVID19 betroffen sind. Dies gilt insbesondere für die Altersgruppe der über 60jährigen hospitalisierten Männer bzw. für Patienten mit schwerwiegendem Verlauf. Auch eine rezente Übersichtsarbeit mit internationalen Vergleichsdaten zur Mortalität und zur länderspezifischen Übersterblichkeit zeigt gleichsam für Österreich einen Genderaspekt zu Ungunsten der Männer. Weltweit scheint eine hohe Variabilität bei COVID19Erkrankungen in verschiedenen Populationen und ethnischen Hintergründen zu bestehen. Selbstverständlich beeinflussen der sozioökonomische Faktor sowie gewisse Lebensstilfaktoren die COVID19Erkrankung bzw. die Genderspezifität ebenfalls: Doch selbst nach statistischer Berücksichtigung und Würdigung derartiger Faktoren bleibt für gewisse ethnische Gruppen ein erhöhtes Risiko einer SARSCoV2Infektion bzw. eines kritischeren Krankheitsverlaufs. Interessant ist die Beobachtung, dass die Inzidenz einer COVID19Erkrankung präpupertär ausgesprochen gering ist. Wenn eine Infektion in dieser Altersgruppe vorkommt, so verläuft sie im Allgemeinen milder. Darüber hinaus verwundert es, dass sich bei Kindern oder Jugendlichen – anders als bei Erwachsenen – keine geschlechtsspezifischen Differenzen zeigen. Somit stellt sich die Frage, ob gemäß dieser epidemiologischen Daten evtl. die Geschlechtshormone die unterschiedliche Erkrankungshäufigkeit bei Männern und Frauen begründen können und ob die Testosteronkonzentration bzw. ein Hormonmangel wie im Falle eines Hypogonadismus die Pathogenese, den Krankheitsverlauf oder gar die Mortalität bei COVID19 beeinflussen kann.
Androgenrezeptoraktivität entscheidend
In den letzten Monaten konzentrierte sich die Forschung auf den Infektionsweg von SARSCoV2 und es konnte nachgewiesen werden, dass SARSCoV2 in den Lungen wie auch in anderen Organzellen über einen AngiotensinConvertingEnzym2(ACE2)Rezeptor eindringen kann. Hinlänglich bekannt ist: Der genannte ACE2Rezeptor stellt ein Schlüsselglied im ReninAngiotensinAldosteronSystem dar und greift damit in die endokrinologischmetabolische Achse, die Blutdruckregulation bzw. Flüssigkeitsbilanz entscheidend ein. Die Bindung von SARSCoV2 an den ACE2Rezeptor erfolgt über spezifische SProteine. An diesem Andockmanöver sind noch weitere enzymatische Prozesse in modulierender Weise beteiligt – in erster Linie das transmembrane ProteaseSerin 2 (TMPRSS2) oder Furin. Ein durch TMPRSS2 vermittelter Prozess ist entscheidend für das Eindringen von SARSCoV2 in die menschliche Zelle und spielt somit eine Schlüsselrolle bei der Infektion mit dem Virus bzw. bei der Krankheitsprogression von COVID19. Das TMPRSS2Membranprotein steht seinserseits unter der regulativen Kontrolle durch den Androgenrezeptor (AR). Es konnte nachgewiesen werden, dass die Androgenrezeptoraktivität
Autor: Univ.-Prof. h. c. OA Dr. Germar-Michael Pinggera, PLL.M, F.E.C.S.M.
Abteilung für Urologie, Medizinische Univ.Klinik Innsbruck
entscheidend für die Transkription des TMPRSS2kodierenden Gens ist. Bis dato wurden diesbezüglich keine weiteren GenPromotoren bei Menschen gefunden.
Androgene wie das Testosteron wirken prinzipiell über drei pathophysiologische Mechanismen: einerseits intrazellulär nach Konversion von Testosteron in das endokrinologisch hochpotente Dihydrotestosteron (DHT), dann als intrazelluläres Testosteron bzw. freies Testosteron selbst, anderseits nach intrazellulärer Umwandlung von Testosteron in das Östradiol durch ein AromataseEnzym. Die Aktivität des Androgenrezeptors ist präpubertär gering, was mit einer geringen Inzidenz schwerer COVID19Infektionen bei Kindern assoziiert wurde. Darüber hinaus lässt sich die niedrige Rate schwerer COVID19Infektionen bei Patientinnen evtl. in Zusammenhang mit einer geringeren AndrogenrezeptorExpression bzw. Aktivität bringen. Zukünftige Studien werden zeigen, welchen Einfluss der Polymorphismus des Androgenrezeptors selbst hat. Verschiedene Mutationen sind im Genabschnitt des Androgenrezeptors (siehe CAG oder GGN repeats) bekannt, hierbei sollte bedacht werden, dass die biologische Aktivität von Testosteron mit der Länge der CAGRepeats auf dem Androgenrezeptor korreliert. Somit könnte eine androgenvermittelte ACE2Expression und testosterongetriggerte TMPRSS2Aktivität auf einen geschlechtsspezifischen Unterschied für eine COVID19Erkrankung bzw. COVID19Mortalität hinweisen. Weiters ließen sich die weltweit unterschiedlichen Erkrankungs bzw. Mortalitätsraten eventuell durch genetische Variationen in der AndrogenrezeptorExpression bei unterschiedlichen ethnischen Gruppen erklären. Derartige Überlegungen stützen sich auf experimentelle Studien, deren Forschungsgegenstand der Zusammenhang zwischen SARSCoV2 und Testosteron, aber auch zwischen dem Androgenrezeptor und dem TMPRSS2 ist. In einer Studie über LungenAdenoKarzinomzellen wurde nachgewiesen, dass eine Androgenverabreichung zu einer doppelt so hohen TMPRSS2Transkriptionsrate führte. Die obigen Daten untermauernd ließ sich – zumindest in vitro – zeigen: Eine selektive TMPRSS2Inhibition oder pharmakologische Blockade bewirkt eine geringere Infektionswahrscheinlichkeit für SARSCoV2.
„Aktuelle präliminäre Studien bestätigten die Annahme, dass Androgene an der Pathogenese von COVID-19 beteiligt sind.“
Testosteron & COVID-Pathogenese – neue Studien
In ersten – wenngleich präliminären – klinischen Studien wurde folgende interessante Beobachtung zum Haarverlust bei Männern beschrieben. Die sogenannte androgenetische Alopezie stellt die häufigste Form des Haarverlustes bei Männern dar. Diese Alopezieform geht mit einem Polymorphismus im Androgenrezeptor einher. Einer (kleinen) Studie zufolge wurde eine klinisch signifikante androgenetische Alopezie in 71 % der männlichen COVID19Patienten gefunden. Interesse weckten jüngst zwei voneinander unabhängig durchgeführte präliminäre Studien, an welchen Männer mit metastasiertem Prostatakarzinom teilnahmen. So wurde beschrieben, dass durch eine Androgendeprivationstherapie die Konzentration von TMPRSS2 signifikant reduziert ist. Während andere onkologische Patienten vermutlich ein erhöhtes Risiko für eine SARSCoV2Infektion haben, zeigte sich bei den Männern mit einem Prostatakarzinom unter Androgendeprivationstherapie ein eher geringeres SARSCoV2Infektionsrisiko. Dies bestätigt die Annahme, dass Androgene wie das Testosteron an der Pathogenese von COVID19 beteiligt sind. Zukünftige Studien werden genauere Erkenntnisse darüber liefern müssen, eine wichtige Anforderung an die medizinische Wissenschaft insofern, als es diesbezüglich auch kontroversielle Kohortenstudien gibt, wonach eine ADT keinen Einfluss hat auf eine SARSCoV2 Infektion (unklare Dauer der ADT?, stattgefundene Chemotherapie, Unterschied bei GnRH Agonisten oder Antagonisten). Eine humangenetische Untersuchung von Männern, die wegen einer COVID19Infektion hospitalisiert waren, legte nahe, dass eine erhöhte Anzahl der CAGRepeats am Androgenrezeptor (siehe oben) mit einem schwererem Krankheitsverlauf assoziiert ist. Diese Daten deuten auf die mögliche Rolle von Testosteron in der Pathogenese eines komplizierteren Verlaufes hin. Im März dieses Jahres publizierte eine Arbeitsgruppe Erkenntnisse, wonach die Anzahl der CAGRepeats von ≤ 22 am Androgenrezeptor günstig und protektiv gegen einen schweren Krankheitsverlauf nach SARSCoV2Infektion wirkte. Eine Medaille hat aber – wie
immer – zwei Seiten.
Nach wie vor sind der exakte Zusammenhang im Pathomechanismus und die Verbindung zwischen einer SARSCoV2Infektion und einem Testosteronmangel nicht zur Gänze erklärt. Gesichert ist aus vielen Studien der letzten Jahre, dass bei Männern mit zunehmendem Alter ein Abfall des Serumtestosterons vorliegt. Es handelt sich um einen chronischen Verlauf, der gleichzeitig häufiger eintritt wie andere Komorbiditäten in der männlichen Bevölkerung (DD: kausales oder gleichzeitig chronolgisches oder in Wechselwirkung stehendes Vorkommen?). So sind neben kardiovaskulären Erkrankungen endokrinologische Störungen wie Diabetes mellitus oder chronisch obstruktive Lungenerkrankungen häufiger bei älteren Männern zu finden. Dieser altersabhängige Hy
pogonadismus (LOH) kann nun durch einen primären Hypogonadismus bei einer testikulären Insuffizienz bedingt sein – oder durch einen sekundären Hypogonadismus aufgrund einer hypothalamischhypophysären Insuffizienz. Allerdings gilt es an dieser Stelle zu bedenken: Ein derartiger funktioneller Hypogonadismus ist bei älteren Männern sehr häufig unterdiagnostiziert und infolgedessen seltener als notwendig adäquat therapiert. Studien zufolge findet sich bei über 60 % der Männer über 65 Jahre eine geringere Konzentration an freiem Testosteron – beispielsweise verglichen mit Männern zwischen 30 und 35 Jahren. Daher schätzen einige Autoren die real diagnostizierte Rate an Hypogonadismen bei älteren oder alten Männern auf 2,1 % bis 12,3 %. Zu betonen ist, dass ein Hypogonadismus viel häufiger bei nachgewiesenen Komorbiditäten vorliegen dürfte (zwischen 2269 %).
Kausalität – Orchitis und COVID-19
Da die Testosteronbiosynthese fast ausschließlich im Hodengewebe stattfindet, galt das Forschungsinteresse in COVIDZeiten auch der Hodenphysiologie bei COVIDPatienten. Und zur großen Überraschung konnten tatsächlich jüngste Studien belegen, dass eine ACE2Expression in Spermatogonien, Leydig und SertoliZellen im Hoden in beträchtlichem Ausmaß vorliegt: In der Tat ist der Hoden jenes Organ mit der höchsten Genexpression von ACE2 im menschlichen Körper, während die Expression von TMPRSS2 um ein Vielfaches geringer ist. Eine EinzelzellmRNASequenzierstudie (scRNAseq) zeigt ebenfalls eine hohe Expression von ACE2 in Spermatogonien, Leydig und Sertoli Zellen, aber nicht in Spermatozyten. Hohe TMPRSS2 Expression konnte nur in Spermatogonien und Spermatiden festgestellt werden. Diese Erkenntnis legt eine Beteiligung der genannten Organe an einer COVID19Erkrankung nahe. Zumindest konnte nach einer SARSCoV2Infektion in einigen Fällen eine Kausalität bezüglich der Entstehung einer Orchitis und damit einer verminderten Testosteronsynthese nachgewiesen werden. Betreffs Fertilität & COVID19: Es ist bekannt, dass Infektionen mit humanpathogenen Viren, wie z. B. Hepatitis B und C, HIV, Herpes (HSV), Zika Virus oder Cytomegalievirus (HCMV) zu einer Beeinträchtigung der Spermatogenese führen können, was zu einer männlichen Sub/Infertilität führen kann, bedingt durch eine Verringerung der Spermienanzahl, und –motilität im Ejakulat. Manche Virusspezies konnten dabei im humanen Ejakulat nachgewiesen werden – dies zeigt, dass manche
X Grafik: Zellulärer Eintrittsweg von SARS-CoV-2 via ACE2 und mögliche zelluläre wie transzelluläre Faktoren
SARS-CoV-2
lösliches Furin Ang (1-7)
Testosteron TMPRSS2 Furin

ACE-2
Endozytose
Mas-R
Entzündungshemmung Antifibrose Vasodilatation Antihypertrophie
AR
TMP RSS2- Promotor
Chrom. X
Nukleus
Freisetzung und Translation des viralen Genoms
Replikation des Genoms
Zielzellen: reproduktive-, muskuloskeletale-, kardiovaskuläre Zellen, Immun-, Nerven-, hämatopoetische Systeme
Translation der viralen Strukturproteine
Ang II (1-8) Ang II (1-8)
AT1R
Testosteron Hypogonadismus Ang I (1-10) Komorbiditäten
Alter Diabetes Adipositas Kardiovaskuläre Erkrankung
ACE
ACE-2
ACE-2
Golgi
Furin
Formation des reifen Virions
Exozytose
ER
Zellulärer Eintrittsweg von SARS-CoV-2 via ACE2, ein Schlüsselenzym im Renin-Angiotensin-Aldosteron System (RAAS). ACE2 ist im menschlichen Körper weit verbreitet und verantwortlich für die Bildung von Angiotensin 1-7 aus Angiotensin II. Das Coronavirus hat an seiner Oberfläche Spike Proteine zum spezifischen Andocken an den ACE2-Rezeptor, welche durch TMPRSS2 und Furin geändert werden, und somit eine Membranverschmelzung zwischen Virus und humaner Zelle im Rahmen der Zellinfektion stattfindet. TMPRSS2 steht unter Kontrolle vom Androgenrezeptor (AR) und damit ist Testosteron an einer Corona-Virusinfektion mitbeteiligt. Ein Hypogonadismus hat verschiedenen Auswirkungen im menschlichen Körper und bedingt etliche Komorbiditäten. Betreffs SARS-CoV-2 besteht aber auch einen Einfluss via ACE2.
modifiziert nach Younis J et al
Viren im Stande sind die BlutHodenSchranke zu überwinden. Derzeit wird an der Innsbrucker Klinik, Abteilung für Urologie, genau dieses Infektionsrisiko in einem Studienprotokoll untersucht. Die Fragestellung in dieser prospektiven Analyse ist, ob in männlichen COVID19 Patienten eine Beeinträchtigung der Spermatogenese stattfindet und wie lange eine solche Beeinträchtigung nach überstandener Krankheit anhält. Weiters ob in Ejakulatproben von COVID19 Patienten infektiöse SARSCoV2 VirusPartikel enthalten sind.
Von den allgemein bekannten physiologischen Testosteronfunktionen betreffend Fertilität und Sexualität abgesehen, gilt es im Zusammenhang mit Coronainfektionen weitere physiologische Funktionen dieses Sexualhormons zu beachten: Beschrieben wurden ihre antiinflammatorischen und immunmodulatorisch protektiven Funktionen, zum Beispiel über die regulative Beeinflussung in der Differenzierung von TLymphozyten. Somit dürften Androgene an der antiviralen Antwort beteiligt sein – und damit an der Bekämpfung von Infektionserkrankungen, zumindest bei Männern. Darüber hinaus scheint Testosteron zur vaskulären Integrität insbesondere bei Männern im höheren Alter beizutragen. Studienergebnisse aus jüngster Zeit zeigten, dass ein Hormonmangel beim alternden Mann klar mit einer endothelialen Dysfunktion, einer arteriellen Gefäßsteifigkeit sowie einer Thrombozytendysfunktion einhergeht und als prädisponierender Faktor für eine COVID19bedingte venöse oder arterielle Thromboembolie fungiert: Sämtliche jener Faktoren bedingen eine erhöhte Mortalität. Zusammengefasst scheint es somit, dass ein zu geringer Testosteronspiegel als ein pathognomonischer Biomarker des alten Mannes betrachtet werden sollte (Stichwort LOH), nicht zuletzt auch deshalb, weil ein derartiger Testosteronmangel in direkter Verbindung mit einem schweren Krankheitsverlauf nach SARSCoV2Infektion bzw. mit einer erhöhten Mortalität steht. Entscheidend könnte das gerade für Männer mit einer oder mehreren Komorbiditäten sein, welche auf der Intensivstation behandelt werden müssen.
In der Tat konnte in einer rezenten Studie an der Universitätsklinik von Innsbruck für 230 stationär behandelte Männer mit einer im PCRTest nachgewiesenen SARSCoV2Infektion belegt werden, dass jene Männer mit einem geringeren Testosteronspiegel nach einer SARSCoV2Infektion einen schlechteren klinischen Verlauf hatten. Betrugen die Testosteronwerte < 100 ng/dl, so war die Mortalitätsrate über 19 Mal so hoch – im Vergleich zu jenen Patienten mit einem normalen Testosteron von < 230 ng/dl. Bei einem Testosteronmangel waren signifikant auch andere Parameter deutlich schlechter, etwa auszugsweise das CRP (p < 0.001), IL6 (p < 0.001), Cholesterinspiegel (p < 0.001) (accepted data, in press, Arbeitsgruppe um Prof. Dr. BellmannWeiler R). Diese Innsbrucker Studienergebnisse bestätigen die Erkenntnisse einer italienischen Arbeitsgruppe um Rostrelli G, gewonnen aus einer Untersuchung von 32 Patienten. Auch diese Arbeitsgruppe wies nach, dass ein Testosteronmangel prädiktiv für einen schlechteren klinischen Verlauf und die Prognose ist. Ähnliche Schlussfolgerungen zog die Arbeitsgruppe um Okçelik (n = 44 Männer) oder Kadihasanoglu et al. anhand 89 an COVID19 erkrankter Männer mit einem mittleren Alter von 49,9 ± 12,5 Jahren (der Testosteronwert betrug in der Kontrolle 332 ng/dl vs. 185,52 ng/dl im COVID19 Arm). Insgesamt stellt sich die Frage, welche klinische Bedeutung eine Testosteronersatztherapie (TRT) bei einer SARSCoV2Infektion haben könnte. Wie bereits dargelegt, haben Männer mit einem Androgenmangel nachweislich eine höhere Konzentration an verschiedenen proinflammatorischen Zytokinen wie Il1, Il2, TNFα und CRP. So wäre es denkbar, dass ein proinflammatorischer Status bei Männern – bedingt durch ihre geringe Testosteronkonzentration – zumindest provisorisch durch eine exogene TRT kompensiert werden könnte. Es gibt Hinweise dafür, dass eine TRT im Vergleich zu Kortikosteroiden gewisse Vorteile bei der Kupierung der inflammatorischen Antwort auf eine SARSCoV2Infektion bringen könnte. Im Falle einer TRT könnte dies ohne Behinderung der zellulären Immunantwort gegen das Virus funktionieren, ein negativer Effekt lässt sich bei Steroidgebrauch beobachten. So könnte eine TRT für gewisse Kohorten im klinischen Alltag erwogen werden. Ein Beispiel wären hypogonadale COPDMänner, welche generell mit einem schlechteren Outcome im Falle einer SARSCoV2Infektion zu rechnen haben.
Fazit
Es bleibt nach wie vor ungeklärt, warum Männer eine höhere Infektionsrate und Mortalität während dieser COVID19Pandemie aufweisen. Bis dato liegt der direkte Nachweis, dass Testosteron direkt verantwortlich für eine erhöhte Suszeptibilität bei Männern ist, nicht vor. Jedoch scheinen die Studienergebnisse darauf hinzuweisen, dass Testosteron durch Moleküle wie ACE2 und TMPRSS2 an der viralen Infektion beteiligt ist. Während das Testosteron möglicherweise eine SARSCoV2Infektion und Fusion erhöhen könnte, scheint es andererseits in der Abwendung einer Immundysregulation protektiv zu sein. Demgegenüber dürften Männer mit einem Hypogonadismus vermutlich mit einer überschießenden inflammatorischen Antwort auf das Virus reagieren und könnten vielleicht von einer Testosteronersatztherapie profitieren. In Diskrepanz der Erkenntnisse bleibt es somit abzuklären, ob eine Testosteronersatztherapie wirklich von Vorteil wäre. Diesbezüglich sind weiterführende klinische Studien notwendig, um die Applikabilität einer TRT bei den besagten Männern nach SARSCoV2Infektion zu eruieren. <
* Johann Wolfgang von Goethe, Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Faust II, Vers 8224 / Thales Dramen, Faust. Der
Tragödie zweyter Theil (1832).