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Unbedingt mit einer Beckenbodentherapie beginnen“
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Bei Inkontinenz sollte eine Operation nur die Behandlung der dritten Wahl sein
Viele Patientinnen sprächen mittlerweile offen über Blasenprobleme, berichtet Univ.Prof. DDr. Johannes Huber, Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie Hormonspezialist in Wien. Nicht nur im Rahmen der Geburt können Veränderungen im stützenden Binde und Muskelgewebe rund um die Blase entstehen – auch Hormonstörungen können dafür verantwortlich zeichnen. Darum ist es möglich, Hormone – neben dem Beckenbodentraining – als lokale Therapie der Inkontinenz einzusetzen, was Frauen einen operativen Eingriff ersparen kann, wie Prof. Huber im Gespräch mit dem HAUSARZT erläutert.
Foto: © Johannes Huber, privat
HAUSARZT: Wie können Ärztinnen und Ärzte Inkontinenz im Gespräch mit ihren Patientinnen thematisieren? Univ.-Prof. DDr. Johannes HUBER:
Wenn man bei der Untersuchung des Genitalbereichs bemerkt, dass eine leichte anatomische Veränderung besteht, kann man Inkontinenz diskret ansprechen. Das Problem des Harnverlustes oder des Harndranges ist zwar ein sehr unangenehmes Thema für viele Frauen – aber
Experte zum Thema: Univ.-Prof. DDr. Johannes Huber
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe sowie Hormonspezialist in Wien drhuber.at ich habe den Eindruck, dass die Scheu, darüber zu reden, in den letzten Jahren verschwunden ist. Das Thema wird mittlerweile relativ klar angesprochen. Oft geht den Blasenproblemen eine Scheidentrockenheit voraus. Wird den Patientinnen erklärt, dass man, wenn man die Beschwerden der Scheide lindert, auch etwas für die Blase tut, zeigen ihre Reaktionen, dass die Blase für sie sogar ein wichtigeres Organ darstellt als die Scheide. Urin zu verlieren, das ist für viele Betroffene ein größeres Problem, als Schmerzen beim Geschlechtsverkehr zu haben.
Was können Frauen in puncto Geburt tun, um eine spätere Blasenschwäche zu vermeiden?
Es besteht die Option, den Geburtskanal schon vor der Geburt zu erweitern bzw. erweichen. Das ist jedoch schulmedizinisch nicht so anerkannt wie die Tatsache, dass die Beckenbodengymnastik nach der Geburt einen bedeutenden Aspekt darstellt. In diesem Bereich konnten schon viele wissenschaftliche Erfahrungen gesammelt werden. Man kann den Patientinnen daher gar nicht oft genug sagen, dass sie nach der Geburt unbedingt mit einer Beckenbodentherapie beginnen sollen und diese konsequent umsetzen müssen. Die Frauen meinen zwar im ersten Moment häufig, dass sie, jetzt wo das Kind geboren sei, zu viel zu tun hätten, aber die besagte Art der Gymnastik ist so einfach: Frischgebackene Mütter müssen nur die Gesäßmuskeln anspannen, und das kann sehr gut nebenher gemacht werden – beim Stillen, Sitzen oder Liegen. Aber man muss die Übungen wirklich 500 Mal am Tag durchführen, sonst zeigen sie keine Wirkung. Der Beckenboden ist ein hochinteressantes Organ und wir dürfen nicht vergessen, dass auf ihm oft 40, 50 oder 60 Kilo lasten. Ihn auf Trab zu halten, hat ergo einen hohen Stellenwert.
Erachten Sie es als problematisch, dass aufgrund der Coronapandemie viele Rückbildungskurse nicht oder nur online stattfinden konnten?
Natürlich wäre eine analoge Anleitung besser als eine virtuelle. Aber soweit ich das aus der Ferne verfolgen konnte, sind die Gymnastikkurse, die z. B. vormittags im Fernsehen angeboten werden, extrem beliebt. Also glaube ich, dass viele sich gut an die neuen Gegebenheiten anpassen konnten. Natürlich wäre es unterhaltsamer, wenn man mit anderen Menschen gemeinsam die Übungen erlernen würde. Andererseits muss man jene dann letzten Endes alleine machen und konsequent fortführen. Ärztinnen und Ärzte sollten ihre Patientinnen jeden
Das Wichtigste in Kürze
Man kann den Patientinnen nicht oft genug sagen, dass sie nach der Geburt unbedingt mit einer Beckenbodentherapie beginnen sollen und diese konsequent umsetzen müssen. Östriol und Östradiol haben sich in der lokalen Behandlung bewährt. Daneben gibt es zunehmend Hinweise dafür, dass Progesteron und möglicherweise auch Testosteron positive Auswirkungen auf die Kontinenz haben könnten.
Man sollte sich bei der Behandlung an die Reihenfolge Beckenbodengymnastik – lokale Hormontherapie – Skalpell halten.
falls daran erinnern, dass diese Übungen für den Körper sehr wichtig sind.
Nicht nur Geburten, sondern auch hormonelle Veränderungen spielen bei der Entstehung von Inkontinenz eine Rolle. Können Sie das genauer erklären?
Eigentlich sind alle drei Hormone, die für den weiblichen Körper wesentlich sind, daran beteiligt: Östrogen, Progesteron und Testosteron. Östrogen kommt bei der Kollagenbildung eine große Bedeutung zu – nicht nur in der Haut, sondern auch im Binde und Muskelgewebe. Das Östrogen stärkt also das Gewebe. Das zweite wichtige Hormon stellt Progesteron dar. Jenes Hormon bremst die „biochemischen Scheren“, die Kollagenasen, die das Bindegewebe des Beckenbodens förmlich zerschneiden. Die Kollagenasen sollten diese Arbeit eigentlich nur bei verwundetem Gewebe verrichten, aber bei Hormonstörungen tun sie das auch bei gesundem Gewebe und die Östrogene schaffen es nicht mehr, ausreichend Kollagenfasern nachzuproduzieren. Progesteron hat daher – auch wenn man noch nicht so viel darüber weiß wie über Östrogen – eine gewisse Aktualität. Androgene spielen vor allem bei einer Erkrankung des äußeren Genitales, einer Leukoplakie bzw. einer atrophischen Vulvitis, eine Rolle. Möglicherweise – das wird gerade erst wissenschaftlich untersucht – hat eine Behandlung mit Testosteron auch auf die Blase positive Auswirkungen.
Welche Behandlungsmöglichkeiten ergeben sich daraus?
Man braucht die genannten Hormone nicht systemisch zu verabreichen, sondern man geht lokal vor. Die Hormone werden zumeist als Vaginalsuppositorium in die Scheide eingeführt, von wo aus jene das Bindegewebe und die über der Scheide liegende Blase infiltrieren können. Zwei verschiedene Östrogene stehen hier für die lokale Anwendung zur Verfügung: Östriol und Östradiol. Sie sind auch als Salben erhältlich. Daneben gibt es ProgesteronSuppositorien, welche jedoch nur zehn Tage pro Monat in die Scheide eingeführt werden – im Gegensatz zu den Östrogenen, die durchgehend genommen werden. Die Verabreichung spiegelt somit die Hormonproduktion im Eierstock wider, wo durchgehend Östrogen hergestellt wird, Progesteron jedoch immer nur nach dem Eisprung. Die Androgene zeigen bei der Behandlung der Craurosis vulvae eine gute Wirksamkeit. Man appliziert Testosteron auf der Vulva. Wie es scheint, hat das auch eine positive Auswirkung auf die Blase. Die hormonellen Behandlungsmöglichkeiten können symptomorientiert eingesetzt werden – wenn es der Patientin gut geht, kann die lokale Therapie beendet werden.
Wann ist aus gynäkologischer Sicht doch eine Operation notwendig?
Man sollte sich bei der Behandlung an die Reihenfolge Beckenbodengymnastik – lokale Hormontherapie – Skalpell halten. Wenn die Beschwerden trotz Gymnastik und Hormonbehandlung nicht verschwinden, sollte eine Operation angedacht werden.
Das Gespräch führte Mag.a Marie-Thérèse Fleischer, BSc.
Ganz ehrlich:
Ich war besorgt, dass es mein Sozialleben beeinflussen würde.

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