Hausarzt Gynäkologie/Urologie/Andrologie
Eine Frage der Balance
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Vaginalinfektionen: Ohne Behandlung können unerwünschte Folgeerkrankungen auftreten
Rund 70 Prozent der Frauen leiden un ter vaginalen Infektionen. Diese wer den häufig durch Krankheitserreger wie Bakterien, Pilze, aber auch durch Chemikalien oder andere Reizstoffe verursacht. Faktoren wie Stress, die Ein nahme von Antibiotika oder orale Kon trazeptiva können eine Kolpitis begüns tigen. Ein geschwächtes Immunsystem, chronische Erkrankungen und hormo nelle Veränderungen (z. B. Wechsel oder Schwangerschaft) können ebenfalls eine vaginale Dysbiose hervorrufen. Je nach Erreger und individuellem Immunoder Hormonstatus fallen die klinischen Symptome sehr unterschiedlich aus und erfordern eine genaue Diagnose.
Prävention Eine Vielzahl von Einflussfaktoren bringt die natürliche Scheidenflora aus dem Gleichgewicht. „Jede Art von Stress, Gefühlslage oder körperlicher Belastung kann sich in Zy klusunregelmäßigkeiten, gehäuften In fektionen oder einer verminderten Im munlage äußern“, weiß Dr.in Christine
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Expertin zum Thema: Dr.in Christine Chung, MPH Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe
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Juni 2021
Chung, MPH. Die Fachärztin für Gynä kologie und Geburtshilfe ist der Über zeugung, dass der „passende Umgang mit unserem Köper“ der Schlüssel dazu sei, mit vielen Erkrankungen fertigzu werden: „Man hat zum Beispiel heraus gefunden, dass Frauen auf der ganzen Welt unterschiedliche Zusammenset zungen des vaginalen Mikrobioms ha ben. Keime, die bei uns als Keime einer bakteriellen Vaginose gelten, sind auf anderen Kontinenten ein Normalbe standteil des Mikrobioms.“ Durch ge sunde Ernährung, genug Schlaf, ausrei chend Flüssigkeit und durch seelische Balance könne man die Regulation der Körperfunktionen beeinflussen und die körpereigene Abwehr stärken.
Anamnese und Diagnose Für die Diagnose von Vaginalinfektio nen wird empfohlen, einen mikrobiolo gischen Abstrich zu nehmen. Mit diesem können Gynäkologen den Erreger ein deutig identifizieren, eine korrekte Di agnose stellen und Keime zielgerichtet behandeln. Dies ist von großer Bedeu tung, denn nur so lassen sich Symptome rasch lindern, Folgeerkrankungen recht zeitig verhindern und Resistenzen ver meiden. Der betroffenen Frau bleiben zusätzliche Therapien erspart, welche in diesem Fall vielleicht nicht angezeigt wären. Grundsätzlich nehme der Hausarzt als erste Ansprechperson eine sehr wichti ge Position ein, so die Fachärztin: „Der Hausarzt kennt meistens die Vorge schichte der Patientinnen gut. Das hilft auch bei der Diagnostik. Eine Informa tion über Operationen an den Harn wegen oder in der Genitalregion als Kind, über Grunderkrankungen, wie
„Der Hausarzt kennt meistens die Vorgeschichte der Patientinnen gut. Das hilft auch bei der Diagnostik.“
zum Beispiel Diabetes mellitus, oder über bereits erfolgte Vortherapien auf der Zuweisung wäre hilfreich. Oftmals weiß der Hausarzt schon Bescheid. Das Problem bei Scheideninfektionen ist häufig, dass bestimmte Symptome, wie beispielsweise die einer Pilzinfektion, imponieren. Es wäre gut, einen Abstrich durch den Gynäkologen machen zu las sen, um so zum Beispiel auch die weitere Verbreitung von STD zu verhindern.“ Allerdings ist der Gynäkologe nicht in al len Fällen der passende Facharzt: „Nicht jeder Gynäkologe hat die Vorrichtung für eine Zystoskopie in der Ordination. Wenn komplexere Fragestellungen be züglich der ableitenden Harnwege oder der Nieren geklärt werden sollen oder eventuell eine operative Intervention in Betracht gezogen wird, dann wäre es besser einen Gynäkologen mit urologi schem Schwerpunkt oder einen Urolo gen aufzusuchen“, erklärt Dr.in Chung.
Bakterielle Vaginose versus vaginale Candidose In etwa 40-50 Prozent der Fälle wird die Scheideninfektion durch eine bak terielle Vaginose verursacht; bei rund 20-25 Prozent handelt es sich um eine vaginale Candidose. Häufig ist auch eine Mischform aus Bakterien und Pilzen möglich. Zu den typischen Symptomen zählen ein Brennen und Jucken im In timbereich, Schmerzen beim Harnlassen und vermehrter Ausfluss. Bei einer bak teriellen Vaginose kann zudem ein übler Geruch auftreten. Im Rahmen der vagi nalen Candidose sind die Geschlechts teile mitunter rötlich gefärbt.
Mögliche Risiken In der Schwangerschaft ist bei Infekti onen besondere Achtsamkeit geboten. Eine unbehandelte bakteriell bedingte vaginale Infektion kann in Richtung der Gebärmutter aufsteigen und das Risiko von Frühgeburten und Fehlgeburten er höhen. Wenn eine vaginale Candidose vorliegt, dann können bei der Geburt
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