Hausarzt DIALOG Dermatologie
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Schwere Verläufe von Neurodermitis, was tun? Neue spezielle Therapiemodalitäten geben Hoffnung
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Neurodermitis oder auch atopische Dermatitis (AD) stellt eine der häufigsten chronisch entzündlichen Hauterkrankungen dar, die bis zu 25 % der Kinder und 1-3 % der Erwachsenen betrifft. Charakteristisch ist der quälende Juckreiz in Verbindung mit Hauttrockenheit, Erythemen, Erosionen/Exkoriationen, Krustenbildung und Lichenifizierung.1 Die AD geht oft mit anderen atopischen Erkrankungen wie Asthma bronchiale oder allergischer Rhinokonjunktivitis einher. Das Hauptziel der Therapie besteht in der Linderung des Juckreizes und in der Bekämpfung der entzündlichen Hautveränderungen. Um therapeutisch besser auf verschiedene Schweregrade, unterschiedliche Phasen und individuelle Krankheitsverläufe eingehen zu können, wurde ein Stufenplan zur Behandlung der AD entwickelt und dessen Anwendung in den S2-Leitlinien der AD empfohlen (Abbildung 1). Eine Systemtherapie wird bei persistierenden, stark ausgeprägten Ekzemen empfohlen, die nicht oder nur ungenügend auf die applizierten Lokaltherapeutika ansprachen (Stufe 4). Bislang kamen vor allem verschiedene Immunsuppressiva, etwa Ciclosporin A, Azathioprin, Methotrexat oder Glukokortikosteroide, zur Anwendung. Die Therapiedauer ist jedoch aufgrund meist starker Nebenwirkungen zeitlich limitiert. Mittlerweile gibt es immer mehr Berichte über die Anwendung von Biologika, die gezielt einen für die Krankheitsentstehung relevanten Botenstoff blockieren, oder von sogenannten ‚small molecules’, die über eine etwas breitere Blockade der wichtigsten Signalwege in der AD die Erkrankung positiv beeinflussen können.
Autorin: OÄ Dr.in Christine Bangert Universitätsklinik für Dermatologie, Medizinische Universität Wien
Die Zukunft ist vielversprechend: Mehrere solcher Medikamente sind entweder für die Therapie der AD bereits zugelassen oder werden in großen placebokontrollierten Studien getestet.
Dupilumab (anti-IL-4R) Dupilumab, ein monoklonaler Antikörper gegen die gemeinsame Rezeptoruntereinheit der für die Entstehung der Neurodermitis wichtigen T-Zell-Zytokine IL-4 und IL-13, wurde 2017 in den USA und in Europa als erster Antikörper zunächst für Erwachsene, später für Kinder ab sechs Jahren mit moderater bis schwerer therapierefraktärer AD zu-
gelassen. Die großen Zulassungsstudien über vier Monate, welche 671 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer AD einschlossen, zeigten bei Verabreichung von 300 mg Dupilumab bei 52 % der behandelten Studienteilnehmer, dass sich das Hautbild um 75 % besserte. Das traf aber nur auf 15 % der Probanden in der Placebogruppe zu.2 In den letzten Jahren wurden die Effizienz und die gute Verträglichkeit in Real-Life-Studien bestätigt.3 Sehr spezifische Nebenwirkungen von Dupilumab sind Blepharitis und Kon-
X Abb. 1: Behandlungsempfehlungen für (a) Erwachsene und (b) Kinder mit Neurodermitis Zusätzliche Therapieoptionen sollten in jeder Phase erwogen werden. Im Falle von Superinfektionen: Zugabe von Antiseptika/Antibiotika. Bei unzureichendem Therapieerfolg gilt es die Compliance und Diagnose zu hinterfragen. Der Guidelinetext weist auf Restriktionen hin, insbesondere bei Therapien, welche mit 1 markiert sind. Lizensierte Indikationen sind mit 2 markiert, off-label Therapieoptionen mit 3. (a) Therapieempfehlung atopische Dermatitis: Erwachsene SCHWERE AD: SCORAD > 50 / oder persistierendes Ekzem
Hospitalisation; systemische Immunsuppression: Ciclosporin A2, kurzer Behandlungszyklus mit oralen Glukokortikoiden2, Dupilumab1,2, Methotrexat3, Azathioprin3, Mycophenolatmofetil3; PUVA1; Alitretinoin1,3
MITTELGRADIGE AD: SCORAD 25-50 / oder rezidivierendes Ekzem
proaktive Therapie mit topischem Tacrolimus2 oder mit topischen Glukokortikoiden der Klasse II oder III3, „Wet-Wrap-Therapie“, UV-Therapie (UVB 311 nm, mäßige Dosis UVA1), psychosomatische Beratung, Klimatherapie
LEICHTE AD: SCORAD < 25 / oder transientes Ekzem
reaktive Therapie mit topischen Glukokortikoiden der Klasse II2 oder abhängig von lokalen Kofaktoren: topische Calcineurin-Inhibitoren2, Antiseptika inkl. Silber2, Silber-beschichtete Textilien1
„BASELINE“: Basistherapie
Schulungsprogramme, Emollienzien, Badeöle, Vermeidung von klinisch relevanten Allergenen (Encasings, sofern positiver Allergie-Test)
(b) Therapieempfehlung: Kinder SCHWERE AD: SCORAD > 50 / oder persistierendes Ekzem
Hospitalisation, systemische Immunsuppression: Ciclosporin A3, Methotrexat3, Azathioprin3, Mycophenolatmofetil1,3
MITTELGRADIGE AD: SCORAD 25-50 / oder rezidivierendes Ekzem
proaktive Therapie mit topischem Tacrolimus2 oder mit topischen Glukokortikoiden der Klasse II oder III3, „Wet-Wrap-Therapie“, UVTherapie (UVB 311 nm)1, psychosomatische Beratung, Klimatherapie
LEICHTE AD: SCORAD < 25 / oder transientes Ekzem
reaktive Therapie mit topischen Glukokortikoiden der Klasse II2 oder abhängig von lokalen Kofaktoren: topische Calcineurin-Inhibitoren2, Antiseptika inkl. Silber, Silber-beschichtete Textilien
„BASELINE“: Basistherapie
Schulungsprogramme, Emollienzien, Badeöle, Vermeidung von klinisch relevanten Allergenen (Encasings, sofern positiver Allergie-Test)
April 2021
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