Hausarzt 04/2021

Österreichische Post AG, MZ16Z040661M, 32. Jahrgang, RMA Gesundheit GmbH, Am Belvedere 10 / Top 5, 1100 Wien

Praxis-Magazin für Primärversorgung mit Sonderteil pharmazeutisch

04/2021

7.

DAS VERFLIXTE JAHR

Hausarzt DIALOG Dermatologie Hautkrebs: Eine Epidemie der anderen Art Neurodermitis: Neue Therapien bei schweren Verläufen Narben(bildung): Verbesserungpotenzial rund um OPs

Prophylaktischer Medikamentencocktail?

COVID-Impfung: Die häufigsten Fragen von Patienten kompetent beantworten

Primärversorgungseinheiten etablieren sich in Österreich nur sehr langsam.

Foto: © RMA Gesundheit

Hausarzt extra

Editorial Den Blick über den Tellerrand wagen Der Internetaktivist Eli Pariser definierte 2011 Online-Blasen sinngemäß wie folgt: Es handle sich dabei um Algorithmen, die dafür sorgten, dass Menschen nur die Informationen online bekämen, die ihren Vorlieben entsprächen, sie damit aber beschränkten und entmündigten. Zehn Jahre später spielt der „böse Algorithmus“ nicht mehr die alleinige Rolle. In den Sozialen Medien entscheiden wir Großteils selbst, in welche Gruppen wir eintreten, wem wir folgen usw. Trotzdem finden wir uns irgendwann in unserer eigenen Bubble wieder. Entweder weil auf unserem Display immer mehr Bilder zu einem bestimmten Thema auftauchen. Oder weil wir nur mehr von Gleichgesinnten in unserer eigenen Meinung bestärkt werden.

All jene, die sich außerhalb unserer Bubble herumtummeln, werden schnell zu den „Bösen“ degradiert. In Zeiten der Pandemie hat sich diese mir verhasste Schwarz-Weiß-Malerei noch deutlich verstärkt. Vieles dreht sich dabei natürlich auch um Medizinisches wie COVID-19, die Tests, die Impfungen, Zero-COVID usw.

zu. Ich freue mich über viele spannende Rückmeldungen von Ihnen!

Ihre

Mag.a Karin Martin Redaktionsleiterin RMA Gesundheit GmbH karin.martin@gesund.at

P.S. Dem Mediziner und Ärztekammer-Funktionär Dr. Wolfgang Mückstein wünschen wir in seiner neuen Funktion als Gesundheits- und Sozialminister alles Gute. In unserer aktuellen Coverstory spricht er über seine Erfahrungen im Primärversorgungszentrum Medizin Mariahilf.

Nun gibt es ein solches Blasen-Denken aber nicht nur online.

Unabhängigkeit hin oder her: Auch bei Tageszeitungen macht es einen Unterschied, ob wir uns Die Presse, den Standard oder ein Boulevardblatt „reinziehen“. Ebenso machen es sich Medien von Organisationen, Vereinen und Standesvertretungen – verständlicherweise – gerne in ihren Blasen gemütlich: Schließlich sind sie überzeugt von dem, wofür sie eintreten.

Das birgt allerdings die Gefahr, dass „Schreiberlinge“ und Leser zu wenig über den Tellerrand blicken.

Bei einem Fachmagazin wie dem Hausarzt sind solche (standes-)politischen Einflüsse von vornherein geringer. Als neue Chefredakteurin nehme ich mir fest vor, Ihnen, geschätzte Leserinnen und Leser, eine große Themen- und Meinungsvielfalt zu bieten. Wir wollen wieder verstärkt Hausärzte für Hausärzte sprechen lassen. Aber nicht nur sie. Für Primärversorger kann durchaus einmal die Sichtweise eines Klinikers spannend sein. Oder die eines Kassen-Verantwortlichen, einer Pflegekraft usw. Auch das hilft dabei, die eigene Bubble zu verlassen.

So wird es z. B. immer wieder Aktionen der Ärztekammer oder des Ministeriums geben, die wir kritisch hinterfragen – aber nie in böser Absicht oder um des Nörgelns willen, sondern stets wertschätzend und sachlich. Nach gut 20 Jahren Erfahrung im Medizin- und Gesundheitsjournalismus – mit einem Schwerpunkt auf Gesundheitspolitik – traue ich mir das

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Hausarzt inhaltlich

medizinisch

06 Zielwert häufig kaum erreichbar

34 Schlaganfallvorsorge optimieren

Ein neuer Weg zu einer wirksamen und anhaltenden LDL-Cholesterin-Senkung

Stellenwert der NOAK in Primärund Sekundär­ prophylaxe

08 Verdachtsdiagnose pulmonale Hypertonie

38 Ernährungsmedizin: Teller statt Pyramide

Spezialisierte Zentren und Rechtsherzkatheter als Goldstandard der Diagnostik

Bereits Hippokrates bezeichnete den Darm als „Wurzel aller Gesundheit“. Grund genug, den Fokus auf die Ernährung und ein gesundes Mikrobiom zu legen.

12 Ernährung bei Bluthochdruck Patienten zu DASHDiät und Salzreduktion motivieren

40 Neue Perspektiven für Schmerzpatienten

32 Prophylaktischer Medikamentencocktail?

Die ICD-11 der WHO beinhaltet erstmals Schmerz als Krankheit – eine überfällige Ent­ scheidung

COVID-Impfung: Die häufigsten Fragen von Patienten kompetent beantworten

34

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Dermatologie

43 Fokussierung auf Schmerz­tage reicht nicht Migräne: Lebensqualität gewinnt an therapeutischer Bedeutung

46 COVID-19: Hormon als Hoffnungsträger Neue Studien sprechen für Einsatz von Melatonin bei Impfung und Therapie

politisch

14 Das verflixte siebente Jahr Primärversorgungseinheiten etablieren sich in Österreich nur sehr langsam

18 Virus, Impfungen, E-Health Wie sich die soziale Krankenversicherung durch die COVID-19Pandemie schlägt

extra

Foto: © shutterstock.com/ socrates471

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48 Von Beruf: „Community Nurse“

In der Primär- und Sekundär­ prophylaxe des Schlaganfalls gilt es abzuschätzen, ob der Einsatz von NOAK sinnvoll ist

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Pflegefachkräfte sollen künftig präventive Hausbesuche machen können

49 Risikopatienten im Mittelpunkt

Die Zahl der RagweedpollenAllergiker wird sich voraussichtlich bis 2050 in ganz Europa mehr als verdoppeln

Kontrollschema für chronische Nierenerkrankungen in der hausärztlichen Praxis

65 Impressum

20 Eine Epidemie der anderen Art Hautkrebs: UV-Strahlung gilt als der ätiologisch bedeutsamste Risikofaktor

22 Narbenbild(ung) optimieren Verbesserungsmaßnahmen vor, während und nach der Operation

25 Schwere Verläufe von Neurodermitis, was tun?

Neue spezielle Therapiemodalitäten geben Hoffnung

28 Psoriasis in Zeiten der Pandemie Wechselwirkungen zwischen Biologika, COVID-19-Symptomatik und -Impfung

pharmazeutisch

50 Der onkologische Patient an der Tara Die Highlights des APOkongress 2021

54 Ermüdender Eisen­mangel Frauen im gebärfähigen Alter sind besonders häufig betroffen

56 Das Fortschreiten von allergischem Asthma verhindern Mit spezifischer Immuntherapie Allergiekarriere rechtzeitig beenden

60 Hörminderungen und ihre Folgen verhindern WHO World Report on Hearing: Frühzeitige Diagnostik und Behandlung unerlässlich

Hausarzt informativ

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Zielwert häufig kaum erreichbar Ein neuer Weg zu einer wirksamen und anhaltenden LDL-Cholesterin-Senkung Nach wie vor sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache in Österreich. Die Gründe für diesen Umstand sind bekannt: Immer noch stellen vor allem die koronare Herzkrankheit (KHK) und die arterielle Hypertonie treibende Faktoren dieser ‚Volkskrankheit‘ dar. Die gute Nachricht lautet aber unverändert: Wir alle, Patienten genauso wie Ärzte, können hier primär- und sekundärpräventiv eine Menge leisten.

Leitlinien Cholesterin bei KHK Aus aktuellem Anlass soll hier der Faktor Cholesterin bei KHK im Fokus stehen. Im Jahr 2020 wurden neue Leitlinien zur Behandlung von Fettstoffwechselstörungen unter der Federführung von mehreren europäischen Fachgesellschaften publiziert*. Das fast 200 Seiten umfassende Manuskript enthält einige Kernbotschaften, die wir in der täglichen Praxis umsetzen und vernünftig interpretieren sollten.

Auch wenn es für die meisten Kollegen gelebter Alltag ist, steht am Anfang der

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Behandlung von Hyperlipidämien nach wie vor die genaue Einordnung des jeweiligen Patienten in eine definierte Risikogruppe. Das kardiovaskuläre Risiko kann nach klaren Kriterien bestimmt werden und reicht von sehr hoch (z. B. Patienten mit bereits dokumentierter atherosklerotischer kardiovaskulärer Erkrankung, Diabetespatienten mit Endorganschäden …) bis niedrig. An diese Einteilung angepasst, sollte vor allem der LDL-C-Wert als Maßstab gesehen werden. So hat man für die Gruppe mit sehr hohem Risiko einen Zielwert von < 55 mg/dl festgelegt, für die Gruppe mit niedrigem Risiko dagegen einen Zielwert von < 116 mg/dl. In der Gruppe mit hohem Risiko sollte er bei < 70 mg/ dl liegen.

Uns ist bewusst, dass – abhängig vom unbehandelten Ausgangswert – dieser Zielwert häufig weder mit Lifestylemodifikation noch mit niedrig dosierter solitärer Medikation erreicht werden kann. Insbesondere bei der Gruppe mit sehr hohem Risiko lehrt uns die Praxis, dass sich ein Wert von 55 mg/dl nur selten mit dieser Strategie unterschreiten lässt.

Natürlich gibt es klare Vorgaben, welche medikamentösen Schritte hier zu setzen sind: Der Beginn mit Statinen in steigender Dosierung – bei zusätzlicher Gabe von Ezetimib – führt in diesen Fällen zwar zu einer Senkung der LDL-CSpiegel, jedoch grenzen die Ausreizung der Statindosen sowie die möglichen myopathischen Nebenwirkungen den Behandlungsspielraum oftmals ein. Wir benötigen also in der Gruppe mit sehr hohem und hohem Risiko eine lückenlose, regelmäßige Kontrolle der LDL-CWerte und bei Nichterreichen der Zielwerte eine Eskalation der Therapie.

Neue Therapieansätze und Substanzen Auch bei Nebenwirkungen einer Statintherapie muss an Alternativen gedacht werden. Nach dem Prinzip ‚The lower, the better …‘ wurden sehr umfangreiche Studien, vor allem über Statine und Ezetimib, mit effektiver Lipidsenkung in Relation zu kardiovaskulären Ereignissen durchgeführt und es ergab sich hier eine klare Korrelation zugunsten einer parallelen Senkung des LDL-C

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sowie einer Reduktion von Myokardinfarkten und Schlaganfällen. Tatsächlich erreichen viele Patienten der Hochrisikogruppen in der Regel ihre Zielwerte nicht, doch gibt es die Möglichkeit, mit

neueren Therapieansätzen und Sub­ stanzen erfolgreich einzugreifen. Hierzu gehören die PCSK9-Hemmer, die neue Substanz Inclisiran (beide subkutan in Abständen von drei oder sechs Monaten zu verabreichen) und die Bempedoinsäure (orale Gabe).

Zu den PCSK9-Inhibitoren, zuzüglich zu einer Statintherapie oder als Monopräparat, gibt es bereits sehr positive Sicherheits- und Effektivitätsdaten in Bezug auf ihre Verträglichkeit und hinsichtlich der Verhinderung von klinischen Ereignissen. Inclisiran, ein Wirkstoff, der über den Weg der RNAInterferenz agiert, ist erst seit kurzem zugelassen (rote Box) und muss im Unterschied zu den PCSK9-Inhibitoren nur alle sechs Monate injiziert werden.

Allerdings sind zu diesem Präparat erst mittelfristig randomisierte klinische Daten in puncto kardiovaskuläre Ereignisreduktion zu erwarten.

Die Bempedoinsäure, eine Substanz, welche die Biosynthese von Cholesterin in der Leber supprimiert, kann ebenfalls in Kombination mit Statinen die LDLC-Werte um über 20 % senken. Zu die-

Foto: © Guy Friedrich, privat

Hausarzt medizinisch

Autor: Univ.-Prof. Dr. Guy Friedrich Universitätsklinik für Innere Medizin III, Tirol Kliniken

ser Substanz gibt es bereits erste vielversprechende Daten, aber auch hier gilt es noch die absoluten randomisierten klinischen Ereignisstatistiken abzuwarten.

Fazit Entscheidend wird also sein, dem in die richtige Risikogruppe eingeordneten Patienten regelmäßige Lipidkontrollen anzubieten und aufgrund der erhobenen LDL-CWerte eine individuelle eskalierende Medikation einzuleiten.

Mit Sicherheit können wir dadurch die Wahrscheinlichkeit kardiovaskulärer Ereignisse bei diesen Patienten signifikant reduzieren. < Literatur beim Verfasser. * https://leitlinien.dgk.org/files/Dyslip_Netzseite_DGK_ neu.pdf

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*im Vergleich mit dem Vorgängermodell boso TM-2430 PC 2

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Verdachtsdiagnose pulmonale Hypertonie Spezialisierte Zentren und Rechtsherzkatheter als Goldstandard der Diagnostik KA

Foto: © shutterstock.com/ 3dfoto

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Die Ursachen einer pulmonalen Hypertonie (PH) sind vielfältig, umso bedeutender sind daher eine zielgerichtete Diagnose und die Abklärung von Differentialdiagnosen. Die Belastungsdyspnoe gilt als zentrales Symptom der Erkrankung. Bleibt der Grund für die Beschwerden unklar, erhärtet sich der Verdacht auf eine PH.

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Pulmonale Hypertonie und ihre Ursachen Die PH ist definiert als Druckanstieg in den Lungenarterien von > 20 mmHg, gemessen mittels eines Rechtsherzkatheters. Es wird zwischen einem präkapillären und einem postkapillären Druckanstieg unterschieden. Ersterer

bezeichnet einen Druckanstieg aufgrund einer Verengung der Pulmonalarterien, also einer Erhöhung des Gefäßwiderstandes (festgelegt als pulmonaler Gefäßwiderstand von ≥ 3 Wood Units).

Zu den Ursachen zählen eine Lungengefäßerkrankung (pulmonalarterielle Hypertonie (PAH), z. B. idiopathische PAH, PAH bei Kollagenosen usw.), eine

chronische Lungenerkrankung (Lungenfibrose, Lungenemphysem z. B. bei COPD) und seltene Leiden wie eine hämatologische Erkrankung (z. B. myeloproliferative Erkrankung). Eine weitere präkapilläre Ursache sind chronische pulmonale Thromboembolien, welche bei ca. 0,5 bis 2 % aller Patienten nach einer symptomatischen Lungenembolie zu einer CTEPH (einer chronischen thromboembolischen PH) führen. Die postkapilläre PH ist durch einen Anstieg des Druckes im linken Vorhof gekennzeichnet (indirekt gemessen über den pulmonalarteriellen Verschlussdruck von ≥ 15 mmHg), beispielsweise bei einer Linksherzerkrankung. Dies stellt den häufigsten Grund für eine PH dar. Natürlich ist auch eine kombinierte prä- und postkapilläre Ursache eines Lungendruckanstieges möglich, etwa bei gleichzeitig vorliegender Linksherzund Lungenerkrankung.

Klinische Zeichen der PH Klinisch äußert sich die PH eher unspezifisch durch das zentrale Symptom der Belastungsdyspnoe. Sie kann von Müdigkeit, Angina pectoris, einer Syn-

Autor: Assoz. Prof. Priv.-Doz. Dr. Gabor Kovacs Facharzt für Innere Medizin, Klinische Abteilung für Pulmologie, Universitätsklinik für Innere Medizin, Medizinische Universität Graz

kope oder selten von einem trockenen Husten und von Übelkeit begleitet sein.

Die Ruhedyspnoe sowie Zeichen der Rechtsherzdekompensation (Knöchelschwellung, Aszites) verweisen auf eine fortgeschrittene Erkrankung. Bei sehr hohem intrapulmonalem Druck kann es durch die Ruptur einer Bronchialarterie auch selten zu Hämoptysen kommen. Charakteristisch ist Luftnot bei der Ausübung einer Tätigkeit in gebückter Haltung, z. B. beim Schuhe binden oder Staubsaugen.

Parameter zur Identifikation einer PH Auskultation: Typisch für eine PH ist ein betonter zweiter Herzton bei der Auskultation des Herzens. Des Weiteren kann man ein pansystolisches Herzgeräusch aufgrund einer Trikuspidalklappeninsuffizienz, ein Diastolikum bei Pulmonalklappeninsuffizienz sowie einen dritten Herzton hören. Die Auskultation der Lunge liefert in der Regel einen unauffälligen Befund (außer bei gleichzeitig vorliegender Lungenerkrankung).

EKG: Auffälligkeiten im EKG können die Verdachtsdiagnose der PH weiter

Foto: © Graz Meduni

Autorin: Dr.in Katarina Zeder Ludwig Boltzmann Institut für Lungengefäßforschung, Graz, klinische Abteilung für Pulmologie, Medizinische Universität Graz

Foto: © Graz Meduni

Foto: © Genie Patra

Hausarzt medizinisch Autor: Univ.-Prof. Dr. Horst Olschewski Facharzt für Innere Medizin, Facharzt für Lungenkrankheiten, Klinische Abteilung für Pulmologie, Medizinische Universität Graz

stützen. Typische EKG-Veränderungen sind Zeichen der Rechtsherzbelastung und beinhalten unter anderem eine Achsenabweichung nach rechts (Rechts­typ, überdrehter Rechtstyp), einen rechtsventrikulären Strain (in den Ableitungen V2-V4) und einen inkompletten Rechtsschenkelblock. Ein normales EKG schließt jedoch eine PH nicht aus.

Thorax-Röntgen: Die typischste Veränderung im Thorax-Röntgen ist die Dilatation des Truncus pulmonalis.

Zeichen einer Rechtsherzhypertrophie (Verbreiterung des Herzschattens nach rechts) können im fortgeschrittenen Stadium erkennbar sein. Das ThoraxRöntgen dient auch der Unterscheidung der Ursachen bei bestätigter PH (z. B. vermehrte Lungengerüstzeichnung bei Lungenfibrose oder Linksherzdilatation bei Linksherzerkrankung). Wie im Falle des EKG schließt ein normales ThoraxRöntgen eine PH-Diagnose nicht aus.

Lungenfunktion und Blutgasanalyse: Die Lungenfunktion und die Blutgasanalyse dienen in erster Linie dazu, eine zugrundeliegende Lungenerkrankung zu erkennen, und nicht zur PH-Diagnose per se. Die meisten Patienten mit einer pulmonalarteriellen Hypertonie

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haben eine leicht bis mittelgradig reduzierte DLCO (Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid). Auch eine leichte Restriktion oder Zeichen einer peripheren Obstruktion können vorliegen. Bei PH-Patienten besteht häufig eine alveoläre Hyperventilation, welche in der Blutgasanalyse anhand PaCO2 erkennbar ist. Der verminderte PaCO2 gilt bei der PAH als etablierter Parameter einer schlechten Prognose.

Laboruntersuchungen: Es gibt derzeit keinen zuverlässigen Biomarker für die Diagnose einer PH. Laboruntersuchungen dienen unter anderem der Ermittlung von möglichen Ursachen einer PH (z. B. portopulmonale PH bei Leberversagen, PH bei chronischer Niereninsuffizienz, Immunologie für die Diagnose einer Kollagenose usw.). Der NT-pro-BNP Wert ist in den meisten Fällen einer PH erhöht und fungiert als unabhängiger Parameter der Mortalität.

Die Erhöhung des NT-pro-BNP ist bei Personen mit PAH oftmals nicht so ausgeprägt wie bei solchen mit Linksherzerkrankung.

Echokardiographie: Die Echokardiographie mit Fokus auf das rechte Herz sowie eine Abschätzung des pulmonalen Druckes sind die wichtigsten Maßnahmen, um eine Verdachtsdiagnose zu erhärten. Wesentliche Parameter inkludieren die Größe der rechten Herzhöhlen, die rechtsventrikuläre Funktion (mittels TAPSE und S‘) und den geschätzten systolischen pulmonalarteriellen Druck (sPAP). Der sPAP setzt sich aus dem Druckgradienten des Insuffizienzsignals der Trikuspidalklappe und dem rechtsatrialen Druck (geschätzt anhand der Weite und Atemvariabilität der Vena cava) zusammen. Ist der geschätzte sPAP deutlich erhöht, so besteht der dringende Verdacht auf eine PH. Das Vorliegen eines Perikardergusses gilt als besonders ungünstiges Zeichen. Da die Echokardiographie stark von dem untersuchenden Arzt abhängig ist, und sowohl falsch hohe wie falsch niedrige Ergebnisse vorkommen, kann eine definitive Diagnose nur mittels eines Rechtsherzkatheters gestellt werden.

Thorax-CT, Szintigraphie, Pulmonalisangiographie, Cardiac-MRT: Die Thorax-CT ist eine hilfreiche Methode, welche die Diagnose einer PH (Trun-

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Abb.: Eine gesunde Lunge (links) im Vergleich zu einer Lunge bei pulmonaler Hypertonie (rechts) (Färbung: Masson´s Trichrome).

cus-pulmonalis-Dilatation, Rechtsherzdilatation) erleichtern und gleichzeitig die Ursache der PH ermitteln kann (Fibrose, COPD, CTEPH, pulmonale venookklusive Erkrankung usw.). Typische Veränderungen einer PH umfassen eine Erweiterung des Pulmonalarteriendurchmessers auf ≥ 29 mm sowie ein Verhältnis zwischen Pulmonalarterie und Aorta von ≥ 1.0. Die Ventilationsperfusionsszintigraphie dient zur Diagnosestellung einer CTEPH. Die Pulmonalisangiographie wird verwendet, um die OP-Tauglichkeit eines Patienten mit CTEPH zu prüfen. Die Cardiac-MRT fungiert als aussagekräftiger Prädiktor und erhöht die Chance, eine PH richtig zu erkennen. Ihre prognostische Relevanz ist hoch. Eine Cardiac-MRT kann in Fällen hilfreich sein, in denen die Echokardiographie nicht aussagekräftig war, z. B. bei schlechter Schallbarkeit.

Der Verdacht steht. Was nun?

Der ideale Weg des Patienten, bei dem ein konkreter Verdacht auf PH vorliegt, führt in ein Zentrum mit Spezialisierung auf pulmonale Hypertonie. Um einen Verdacht zu konkretisieren, ist es zuvor nötig, die häufigen Differentialdiagnosen abzuklären. Das erfolgt teilweise beim Hausarzt (Hypertonie, Anämie, Schilddrüsenfunktionsstörung), zum Teil beim Pneumologen (COPD, Restriktion, Asthma) und zum Teil beim Kardiologen (eingeschränkte Pumpfunktion des Herzens, Klappenvitien, KHK). Wird keine alternative Erklärung für die Beschwerden gefunden, lässt sich dadurch der Verdacht auf eine PH bekräftigen. Zusätzlich können z. B.

im EKG, in der Echokardiographie oder im Röntgenbild des Thorax die Zeichen einer PH auffallen.

In der Spezialambulanz werden alle Befunde kritisch beurteilt und weitere Untersuchungen durchgeführt. Erhärtet sich der Verdacht, wird eine Rechtsherzkatheteruntersuchung vorgenommen.

Nur mittels eines Rechtsherzkatheters (Goldstandard) lässt sich die finale Diagnose einer PH stellen. Die Einleitung einer medikamentösen Therapie sowie die weitere Betreuung erfolgen in der Regel durch die PH- Spezialambulanz und in seltenen Fällen durch den niedergelassenen Facharzt. Im Grazer Raum befindet sich die Spezialambulanz der pulmonalen Hypertonie an der Klinischen Abteilung für Pulmologie des LKH Universitätsklinikums/der Medizinischen Universität Graz.

Foto: © Ludwig Boltzmann Institut für Lungengefäßforschung Graz

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Fazit Bei einer Belastungsdyspnoe, welche sich nicht durch häufige Herz- oder Lungenerkrankungen, durch eine Hypertonie oder eine Anämie erklären lässt, soll an eine pulmonale Hypertonie gedacht werden. Die definitive Diagnose und die Einleitung einer gezielten Therapie erfordern jedoch stets eine Rechtsherzkatheteruntersuchung in einem spezialisierten Zentrum. <

Literatur: 1 Simmoneau et al., Europ Respir Journal 2019; 53:1801913.

2 Galie et al., ESC/ERS Guidelines for the diagnosis and treatment of pulmonary hypertension. Europ Respir Journal 2015; 46:903-975.

3 Nathan et al., Europ Respir Journal 2019; 53:1801914.

4 Kovacs et al., Int J Cardiol 2018; 272S(2):11-19.

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Ernährung bei Bluthochdruck Patienten zu DASH-Diät und Salzreduktion motivieren Bekanntermaßen ist Hypertonie ein Toprisikofaktor für vorzeitige Sterblichkeit und verschiedene Krankheiten, etwa koronare Herzkrankheit, Schlaganfall oder Niereninsuffizienz. Eine Hypertonie besteht bei einem RuheBlutdruckwert von ≥ 140 und/oder ≥ 90 mmHg, nach mehrmaliger Messung. Optimal ist der Blutdruck bei Werten unter 120 zu 80 mmHg.1 Neben genetischer Prädisposition, Alter und gewissen Krankheiten spielen Lebensstilfaktoren wie Rauchen, Bewegungsarmut, Übergewicht und ungesunde Ernährung eine wichtige Rolle bei der Entstehung der Hypertonie. Daher fungiert die Optimierung des Lebensstils als grundlegende Maßnahme in der (begleitenden) Therapie von Bluthochdruck. Die Lebensstilinterventionen mit einer Klasse-I-Empfehlung – angelehnt an die ESC-/ESH-Guidelines aus dem Jahr 2018 – sind in der Infobox aufgelistet.1 Außerdem weisen Stressreduktion bzw. Entspannungstechniken eine gewisse antihypertensive Wirkung auf.2

Interindividuelle Salz­ sensitivität Schon seit fast einem Jahrhundert wird Personen mit Hypertonie sinnvollerweise zu einer salzarmen Kost geraten. Auch einzelne Verunsicherungen in der wissenschaftlichen Literatur ändern nichts an dieser Empfehlung. Der natürliche physiologische Salzbedarf eines nicht schwitzenden Erwachsenen beträgt maximal ca. 2-3 Gramm pro Tag. Weltweit wird die

zigfache Menge, in einem Bereich von ca. 6 bis 12 Gramm täglich, konsumiert.

Ohne Übertreibung kann man daher annehmen, dass wir auf so eine hohe Menge Salz wahrscheinlich nicht programmiert wurden. Bereits Ende der 1940er-Jahre gelang es Dr. Walter Kempner, eindrucksvoll zu zeigen, dass eine stark salzarme (< 1 g/d) „Reis-Diät“ den Blutdruck von Patienten mit höhergradiger Hypertonie deutlich senken oder sogar normalisieren kann.3 Jedoch reagierten nur etwa 60 % seiner Patienten auf die Reis-Diät mit einer relevanten Blutdrucksenkung.

Es ist schon seit längerem bekannt, dass die Reaktion des Blutdrucks auf den Salzkonsum starken interindividuellen Schwankungen unterliegt. Die Salzsensitivität steigt mit dem Lebensalter und findet sich häufiger bei adipösen Personen, bei Patienten mit Metabolischem Syndrom oder chronischen Nierenerkrankungen sowie bei Afroamerikanern.4 Relevant ist dabei auch die Tatsache, dass salzsensitive Normotoniker ein höheres Risiko aufweisen, eine Hypertonie zu entwickeln.5 Das ist mitunter ein Grund, warum Normotoniker ebenfalls auf ihren Salzkonsum achten sollten.

Das meiste Salz (etwa 75 %) wird durch industriell gefertigte bzw. verarbeitete Nahrungsmittel konsumiert – und nicht so sehr durch unverarbeitete Lebensmittel oder durch das Salzen bzw. Nachsalzen selbst zubereiteter Speisen. Studien zeigten auch, dass eine Reduktion der Salzaufnahme um ca. 20-25 % meistens ohne Geschmackseinbußen akzeptiert wird. Aus Public-Health-Sicht ist es

X Infobox: Lebensstil-Interventionen mit Klasse-I-Empfehlung für Patienten mit Hypertonie oder hochnormalem Blutdruck Reduktion der Salz(NaCl)-Zufuhr auf weniger als 5 g/d, Begrenzung des Alkoholkonsums auf weniger als 14 Einheiten (E) pro Woche für Männer und auf weniger als 8 E/Woche für Frauen (1 E entspricht 125 ml Wein oder 250 ml Bier), gesunde Ernährung, u. a. eine mediterrane Kost, Vermeidung einer Adipositas bzw. bei Übergewicht/Adipositas eine Gewichtsnormalisierung, regelmäßige körperliche (Ausdauer-)Aktivität nach den Empfehlungen (5-7 Mal/Woche, mind.

30 Min./d in moderater Intensität) und Nikotinverzicht.

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daher nicht nur wichtig, die Menschen zu weniger Salzkonsum zu motivieren, sondern auch den Salzgehalt von verarbeitenden Lebensmitteln zu verringern.

Kalium und Magnesium hilfreich Neben den Effekten der Salzreduktion haben verschiedene Studien und Metaanalysen gezeigt, dass eine hohe diätetische Kaliumzufuhr oder kontrollierte Kaliumsupplementation und bis zu einem geringeren Grad auch eine Magnesiumsupplementation den Blutdruck vor allem von Hypertonikern senken können.6,7 Verschiedene Mechanismen wie eine verbesserte endotheliale Funktion oder eine geringere Sympathikusaktivität werden hinter den günstigen Effekten des Kaliums auf den Blutdruck vermutet.7 Dabei scheint der antihypertensive Effekt des Kaliums bei salzreicher Kost besonders ausgeprägt zu sein.

Eine Erhöhung des Kalium-NatriumQuotienten in der täglichen Kost – vor allem durch Steigerung der Obst- und Gemüsezufuhr bei gleichzeitig reduzier-

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Autor: Ao. Univ.-Prof. Dr. Cem Ekmekcioglu Abteilung für Umwelt­ hygiene und Umwelt­ medizin, Zentrum für Public Health, MedUni Wien

tem Verzehr von salzreichen verarbeiteten Lebensmitteln wie Wurst oder gewissen Fertigprodukten – wird sich nicht nur vorteilhaft auf den Blutdruck auswirken, sondern möglicherweise auch auf das Typ-2-Diabetes-Risiko.7

Foto: © shutterstock.com/ New Africa

Gute Erfolge mit DASH-Diät Bezüglich der Kostformen weisen, in Anlehnung an eine umfangreiche Metaanalyse, verschiedene Ansätze einen günstigen Einfluss auf den Blutdruck von Hypertonikern und Prähypertonikern auf.8 Dabei schneidet die DASH(Dietary Approaches to Stop Hypertension)-Diät am besten ab. Diese basiert auf einer obst-, gemüse- und getreidereichen Ernährung, die zudem Milch und Milchprodukte mit niedri-

„Eine Erhöhung des KaliumNatrium-Quotienten wird sich nicht nur vorteilhaft auf den Blutdruck auswirken, sondern möglicherweise auch auf das Typ-2-Diabetes-Risiko.“

gem Fettgehalt, Geflügel und Fisch umfasst.8 Die stärksten blutdrucksenkenden Effekte erzielt die DASH-Diät bei unbehandelten Hypertonikern9 und bei gleichzeitiger Salzreduktion.10 Zusammenfassend hat der Lebensstil, einschließlich einer salzarmen, kaliumreichen gesunden Ernährung, einen wesentlichen günstigen Einfluss auf den Blutdruck. < Quellen: 1 Williams B et al., 2018 ESC/ESH Guidelines for the management of arterial hypertension. Eur Heart J 2018; 39: 3021-3104.

2 Wu Y et al., Mayo Clin Proc 2019; 94: 432-446.

3 Kempner W, Am J Med 1948; 4: 545-577.

4 Dorner TE et al., Herz 2013; 38: 153-162.

5 Barba G et al., J Hypertens 2007; 25: 1465-1471.

6 Iqbal S et al., Nutrients 2019; 11(6): 1362.

7 Ekmekcioglu C et al., J Physiol Biochem 2016; 72: 93-106.

8 Schwingshackl L et al., Crit Rev Food Sci Nutr 2019; 59: 2674-2687.

9 Filippou CD et al., Adv Nutr 2020; 11(5): 1150-1160.

10 Sacks FM et al., N Engl J Med 2001; 344: 3-10.

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Quellen: 1 Canani RB et al., BMJ. 2007 Aug 18;335(7615):340. 2 Pant AR et al., J Trop Pediatr. 1996 Jun;42(3):162–5. 3 Vanderhoof JA et al., J Pediatr. 1999 Nov;135(5):564–8. 4 Fox MJ et al., BMJ Open.

2015 Jan 14;5(1):e006474. 5 Ohashi Y et al., Benef Microbes. 2015;6(4):451–5. 6 Takahashi et al., Nutr Sci Vitaminol (Tokyo). 1994 Jun;40(3):251–9. 7 Okubo et al., Biosci. April Biotech.2021 Biochem. 1994;58 13 (8), 1364–1369. 8 Carlson et al., Anaerobe. 2016 Dec;42:60–66. 9 Guarino A et al., J Pediatr. 1997 Nov;25(5):516–9. 10 Pant AR et al., J Trop Pediatr. 1996 Jun;42(3):162–5.

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Coverstory Das verflixte siebente Jahr Primärversorgungseinheiten etablieren sich in Österreich nur sehr langsam

Die Gesundheitsversorgung in Österreich ist zu spitallastig, die Babyboomer unter den Allgemeinmedizinern gehen in Pension und es fehlt an Nachwuchs.

Kurzum: In der Primärversorgung brennt der Hut. Primärversorgungseinheiten (PVE) sollen die wohnortnahe, umfassende Betreuung von Patienten garantieren und stärken. Im Zielsteuerungsvertrag von 2017 sind österreich-

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weit 75 solcher PV-Einheiten bis 2021 geplant. Umgesetzt sind erst 24.

Ein kurzer Rückblick: Die WHO formulierte 1978 das PHC(PrimaryHealth-Care)-Konzept, das auch Österreich unterschrieb. Zur Stärkung der Primärversorgung wurde bis zur Gesundheitsreform 2013 nichts unternommen. Im Zielsteuerungsvertrag von Bund, Ländern und Sozialversicherun-

gen aus dem Jahr 2017 wurde dann vereinbart, bis Ende 2021 in Österreich 75 PVE zu etablieren, die zehn Prozent der Bevölkerung versorgen sollen.

Nur zögerliche Umsetzung „Angesichts der demografischen Entwicklung und der Pensionierungswelle vermisse ich bei der Umsetzung von

Foto: © shutterstock.com/ Aleksandar Dickov, Ljupco Smokovski

Hausarzt politisch

Maßnahmen wie der Etablierung des Facharztes für Allgemeinmedizin, der Verlängerung der Lehrpraxis und der Attraktivierung des Berufs des Hausarztes Geschwindigkeit und Nachdruck bei den Verantwortlichen“, sagt Dr. Erwin Rebhandl von der PVE „Hausarztmedizin plus“ in Haslach, OÖ.

PV-Einheiten sollen eine wohnortnahe, nachhaltige und effiziente Gesund-

heits- und Krankenversorgung durch ein multiprofessionelles, interdisziplinäres Team gewährleisten. „Schon Medizinstudenten müssen wieder erleben, wie vielseitig und interessant die Arbeit als Hausarzt ist“, erklärt Dr. Rebhandl, der auch Präsident der OBGAM und Univ.-Lektor für Allgemeinmedizin an der Medizinischen Fakultät der JKU Linz ist.

Kriterien für PV-Einheiten In dem bundesweiten Gesamtvertrag von April 2019, einem Rahmenvertrag, sind die Hauptpunkte der neuen Primärversorgung geregelt. Um regionale Bedürfnisse zu erfüllen, gibt es Spielräume: • Das Kernteam besteht aus drei Allgemeinmedizinern, Pflege- und Ordinationsassistenz und ggf. einem

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Hausarzt politisch Kinderarzt sowie einem erweiterten, bedarfsorientierten Team aus Angehörigen der Gesundheits- und Sozialberufe mit Berufsgruppen wie Hebammen, Klinischen Psychologen,

Psycho-, Ergo- und Physiotherapeuten, Logopäden, Diätologen und Sozialarbeitern. Ein PV-Manager kann die Gründung und das Tagesgeschäft unterstützen.

X Experteninterview: „Die Geschwindigkeit der Umsetzung beschleunigt sich“

Foto: © ÖGK

HAUSARZT: Welchen Stellenwert hat die Primärversorgung aus Ihrer Sicht?

Ist die flächendeckende Primärversorgung in Österreich in Gefahr?

Mag. Franz Kiesl: Der Ausbau und die Sicherung der Primärversorgung sind für unser System enorm wichtig. Wir haben in Österreich Mag. Franz Kiesl, MPM rund 3.900 Planstellen für Allgemeinmedizin, Leiter des Fachbereichs davon sind 65 vakant. Mehr als 98 Prozent der Versorgungsmanagement 1 der Österreichischen Gesundheitskasse Planstellen sind also besetzt. Die Pensionie(ÖGK), sieht die Versorgung nicht rungswelle wird uns bis 2024/2025 noch zusetgefährdet. zen, danach gehen die Pensionierungen deutlich zurück. Aber auch die aktuelle Versorgung sehe ich nicht in Gefahr. Sollte es zu Engpässen in einer Region kommen, wo wir Stellen nicht nachbesetzen können, haben wir auch Alternativmodelle, etwa dislozierte Ambulanzen, im Auge. Das heißt: Krankenhauspersonal deckt vorübergehend die länger vakanten Stellen ab. Solche Modelle gibt es bereits in diversen Fachbereichen und sie sind auch für die Allgemeinmedizin vorstellbar.

Sollen diese dislozierten Ambulanzen mit Spitalsärzten den Hausarzt ersetzen?

Nein, wir wollen damit den niedergelassenen Bereich keinesfalls „aushebeln“, das ist nur als Übergangslösung gedacht.

Was wird getan, um die 75 im Zielsteuerungsvertrag vereinbarten Primär­ versorgungseinheiten doch noch umzusetzen?

Die Geschwindigkeit der Umsetzung beschleunigt sich. Im Jahr 2020 konnten wir – trotz Corona – sieben neue PVE unter Vertrag nehmen, heuer hoffen wir, dass es bis zu zehn sein werden. Am Ende des Jahres wird es auch in Salzburg, Vorarlberg und Kärnten PVE geben. In allen Bundesländern werden bis Ende 2021 „Zielbilder“ erstellt sein – mit der gewünschten Anzahl von PVE und gut geeigneten Standorten. Diese sollen in den jeweiligen Regionalen Strukturplan Gesundheit 2025 aufgenommen werden.

Was wird getan, um die Allgemeinmedizin und die neuen PVE-Modelle für Studenten attraktiver zu gestalten?

Ich weiß aus Erfahrung, dass viele der jungen Mediziner Teamplayer sind und eine Gruppenpraxis oder PVE attraktiver finden als eine Einzelpraxis.

Aber uns fehlt es an Nachwuchs in der Allgemeinmedizin, insbesondere auch deshalb, weil etliche Studenten ein falsches Bild vom Beruf des Hausarztes haben. Alle Stakeholder im Gesundheitssystem sind aufgerufen, mit objektiver Information über die Attraktivität des Hausarztberufes dazu beizutragen, dass die Bevölkerung auch künftig auf engagierte und gut ausgebildete Allgemeinmediziner zählen kann. Wir gehen mit dem Ausbau der PVE auf jeden Fall in die richtige Richtung.

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• PVE können als Zentrum angelegt sein, in dem alle Ärzte und Gesundheitsberufe unter einem Dach arbeiten, oder als Netzwerk, bei dem an unterschiedlichen Standorten strukturiert zusammengearbeitet wird und man nach außen als Einheit auftritt.

• Es besteht ein verpflichtender Versorgungsauftrag mit Akutversorgung, Betreuung chronisch Kranker sowie Schwerpunkten für Kinder und Ältere – inklusive Gesundheitsförderung und Prävention.

• Es gibt bedarfsgerechte längere Öffnungszeiten.

• Grundsätze und Ziele der Honorierung sind vereinbart: Grundpauschale, Fallpauschale und Einzelleistungen.

Details sind auf Landesebene zu vereinbaren.

• Qualitätssicherungskriterien, etwa die Teilnahme an Disease-ManagementProgrammen, Team- und Fallbesprechungen etc., müssen erfüllt werden.

• Die Mitarbeiter sind zur Diagnosedokumentation und Codierung verpflichtet.

Zu den Zielen des neuen Primärversorgungskonzeptes zählen eine erhöhte Compliance der Patienten, mehr gute Lebensjahre für chronisch Kranke, die Senkung der Mortalität bei früh behandelbaren Karzinomen, eine erhöhte Anzahl beschwerdefreier Lebensjahre, die gezielte Überweisung an Fachärzte (Gatekeeper-Funktion), die Vermeidung unnötiger Krankenhausaufenthalte sowie die Senkung der Behandlungsund der Gesamtkosten.

Positive Erfahrungen in Wien-Mariahilf Das erste PV-Zentrum öffnete 2015 in Wien als „PHC Medizin Mariahilf“ seine Türen. „Wie die Evaluierung nach zwei Jahren Pilotphase ergab, sind die Patienten sehr zufrieden: 98 Prozent würden das Zentrum weiterempfehlen.

Ich kann mich wieder voll auf die ärztlichen Aufgaben und den einzelnen Patienten konzentrieren, Bürokratie und Managementaufgaben liegen in der Verantwortung des PV-Managers“, sagt Dr. Wolfgang Mückstein, Mitbegründer des Primärversorgungszentrums in Mariahilf. Für ihn war die Umwand-

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Kurze Wege vom Arzt zur Therapie am Land Dr. Erwin Rebhandl von Hausarztmedizin plus in Haslach, welches 2018 als erstes PV-Zentrum auf dem Land errichtet wurde und heute rund 25 Mitarbeiter zählt, weiß zu berichten: „Bei uns muss niemand wochenlang auf einen Physiotherapietermin warten und viele Kilometer weit fahren. Wir haben den Therapeuten im Haus und können direkt mit ihm das Vorgehen absprechen.“ Den Hausarzt beruhigt es, dass immer einer der beiden Kollegen seine Patienten übernähme, falls er etwa krankheitshalber ausfiele. „Natürlich ist es ein Aufwand, eine PVE auf die Beine zu bringen. Aber es gibt Anschubfinanzierung und Gründungshilfe. Auch die Honorierungsmodelle sind gut“, ermutigt Dr. Rebhandl interessierte junge Kollegen.

Priv.-Doz. Dr. Stefan Korsatko, 1. Bundessprecher des Forum Primärversorgung und Hausarzt in „Medius – Zentrum für Gesundheit“ in Graz, fürchtet, dass es in den nächsten Jahren zu Qualitätseinbußen bei der Versorgung in Tei-

len Österreichs kommen könnte: „Mir fehlt immer noch das nationale Commitment der Stakeholder, um die Stärkung der Primärversorgung effektiv zu forcieren. Vor allem die Versorgung chronisch

Kranker, Alter und auch die Prävention können zum Problem werden.“ Dr. Korsatko wünscht sich für Jungmediziner leicht umsetzbare PHC-Modelle.

Mag.a Christine Radmayr

Foto: © Erwin Rebhandl, privat

X Nachgefragt: Erfahrungen mit Primärversorgung

Foto: © Wolfgang Mückstein, privat

Dr. Erwin Rebhandl Allgemeinmediziner in Hausarztmedizin plus in Haslach

„Die Allgemeinmedizin muss besser in die Ausbildung integriert werden.

Derzeit werden interessierte Studenten kaum dabei, unterstützt, den Beruf des Hausarztes zu ergreifen.

Eine Ausnahme stellt hier die Medizinische Fakultät der JKU Linz dar.“

„Ich möchte die Arbeit im PVE-Team nicht mehr missen. Unser Beruf ist so schön und vielseitig, aber viele Studierende haben ein falsches Bild vom Dasein eines Hausarztes.“

Dr. Wolfgang Mückstein Allgemeinmediziner in PHC Medizin Mariahilf, designierter Gesundheitsminister Foto: © Stefan Korsatko, privat

lung der Gruppenpraxis in eine PVE optimal. „Ich wollte aus fachlicher und organisatorischer Sicht in einem interdisziplinären Team arbeiten“, betont der Allgemeinmediziner und designierte Gesundheitsminister und nennt Vorteile, welche die Patienten schätzen: „Einen niederschwelligen Zugang, gut wahrnehmbare Termine zu TagesrandÖffnungszeiten, das heterogene Team und vielschichtige Leistungen unter einem Dach.“ Dr. Mückstein hofft, dass sich Bewerber für acht PV-Einheiten finden, die 2021 in Wien ausgeschrieben werden sollen.

Bei PHC Medizin Mariahilf wird derzeit die Funktion der Community Nurse installiert. „Sie führt Hausbesuche durch, für welche nicht unbedingt ein Arzt erforderlich ist, und entlastet somit die Mediziner“, erklärt Dr. Mückstein.

Er ist froh, dass er auch eine Sozialarbeiterin im Team hat: „Sie ist vor allem für Senioren ein Segen, die noch alleine leben und etwa Essen auf Rädern und mobile Dienste brauchen oder Pflegegeld beantragen wollen, aber niemanden haben, der ihnen dabei hilft.“

„Meine Work-Life-Balance hat sich durch das PV-Zentrum enorm verbessert. Ich wünsche mir für Jungmediziner leicht umsetzbare PHC-Modelle.“

Priv.-Doz. Dr. Stefan Korsatko Hausarzt in Medius – Zentrum für Gesundheit in Graz

X Abb.: Primärversorgungseinrichtungen in Österreich: geplant und davon bereits umgesetzt

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Quelle: ÖGK

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Virus, Impfungen, E-Health

Foto: © shutterstock.com/ BlurryMe

Wie sich die soziale Krankenversicherung durch die COVID-19-Pandemie schlägt

Die Zeit der Pandemie ist für niemanden einfach. Schon gar nicht für die neue Sozialversicherung. Im Jänner 2020 startete sie mit nur mehr fünf Trägern in eine neue Ära. Zwei Monate nach der Fusion wurde die Corona-Krise zur – aus eigener Sicht gut bestandenen – Feuerprobe.

So sanken bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) die Beitragseinnahmen, aber auch die Ausgaben. Während sie für 2020 fast eine schwarze Null erzielen konnte, rechnet sie für 2021 mit einem Budgetdefizit von 160 Mio. Euro.

Wobei die Prognosen erfahrungsgemäß bewusst vorsichtig gerechnet werden.

Die Ärztekammer konnte z. B. für COVID-19-Impfungen ein höheres Honorar ausverhandeln als für andere Immunisierungen. Inwiefern das die Kassen treffe und gerechtfertigt sei, wollte der HAUSARZT wissen. Die Umsetzung der COVID-19-Schutzimpfung werde vom Bundesministerium gesteuert, heißt es dort. Die Kasse übernehme hier lediglich im Auftrag des Ministeriums die Abrechnung. Aus den Rückfragen lasse sich aber durchaus ein hohes Interesse an der Beteiligung am Impfprogramm seitens der Ärzteschaft ablesen.

Foto: © Foto Wilke

Experte zum Thema: Dr. Andreas Krauter Chefarzt der Österreichischen Gesundheitskasse

Verzögerungen bei der Impfstrategie „Noch besteht das gravierendste Problem darin, dass nicht ausreichend Impfstoff verfügbar ist“, weiß ÖGK-Chefarzt Dr. Andreas Krauter. „Hinzu gekommen ist, dass die Diskussion über die Qualität der Impfstoffe eine beträchtliche Verunsicherung in der Bevölkerung ausgelöst hat, was möglicherweise ebenfalls eine Verzögerung bei der Impfstrategie zur Folge hat.“ Darüber hinaus führe die Verlagerung der Impfkoordination auf Landesebene zu unterschiedlichen Lösungsansätzen – Menschen mit unterschiedlichen Risiken und Erkrankungen würden zu verschiedenen Zeitpunkten geimpft. „Und dadurch entstehen abermals Unklarheiten“, gibt Dr. Krauter zu bedenken.

Um die Bevölkerung für das Thema Impfen zu sensibilisieren und den Menschen ihre Ängste zu nehmen, unterstützt die ÖGK die Impfstrategien der Bundesländer, indem sie räumliche und personelle Ressourcen in ihren Landesstellen und Servicecentern zur Verfügung stellt. Dort will

„Noch besteht das gravierendste Problem darin, dass nicht ausreichend Impfstoff verfügbar ist.“

man auch alle Fragen beantworten, die zur COVID-Impfung aufkommen. „Innerhalb der ÖGK wurde die Impfsprechstunde eingeführt, in welcher Mitarbeiter Fragen zum Thema Impfen stellen können“, konkretisiert Dr. Krauter. „Die Öffentlichkeitsarbeit der ÖGK bietet über die Website und andere Medien ebenfalls Informationen zu diesem Thema an.“ Die häufigsten Fragen von Versicherten, mit denen sie sich an die ÖGK wenden, ähneln wohl jenen in den Arztpraxen. Sie betreffen die Wirksamkeit des Impfstoffes von AstraZeneca im Vergleich, mögliche Nebenwirkungen, die Anmeldung zur Impfung als Angehöriger einer Risikogruppe u. ä. m.

Fortschritte in der Telemedizin Einen Innovationsschub hat die Pandemie in puncto E-Health mit sich gebracht. Hier stellt sich die Frage, ob etwa Krankschreibungen und Medikamentenverordnungen per Telefon sowie das papierlose Rezept bleiben werden. „Entsprechend der Entwicklung der Pandemie, werden diese Maßnahmen fortgesetzt“, erklärt Dr. Krauter. „Das papierlose Rezept soll zweifellos weiterhin genutzt werden.“ Auch telemedizinische Anwendungen wie die elektronische Visite sind im Zuge der Pandemie forciert worden. „Wir gehen davon aus, dass solche Leistungen in Zukunft unabhängig von der Pandemie ausgebaut werden“, so der Chefarzt. „Diesbezüglich gibt es Pilotregionen und die notwendigen Rahmenvereinbarungen werden entwickelt bzw. zur Umsetzung gebracht.“ Last, but not least ist auch der e-Impfpass durch die verbindliche Eintragung der COVID-Impfung rasch in den Alltag integriert worden. Dr. Krauter: „Es entsteht damit ein Instrument mit dem der so wichtige Bereich des Impfens – umfassend und steuerbar – in den medizinischen Versorgungsalltag Einzug hält.“ Mag.a Karin Martin

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DIALOG

DERMATOLOGIE

Präventionsmaßnahmen Hautkrebs UV-Strahlung gilt als der ätiologisch bedeutsamste Risikofaktor

Narben(bildung) optimieren Verbesserungsmaßnahmen vor, während und nach der Operation

Neue Therapien bei schwerer Neurodermitis Spezielle Therapiemodalitäten geben Hoffnung April 2021

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Eine Epidemie der anderen Art Hautkrebs: UV-Strahlung gilt als der ätiologisch bedeutsamste Risikofaktor epithelkarzinoms binnen 30 Jahren um das Vierfache,2 jene des Melanoms in 40 Jahren um das Siebenfache.1 Die Leitlinienautoren sprechen sogar von einer „Hautkrebsepidemie“, 2 die aber auch auf die verbesserte Hautkrebsfrüherkennung zurückzuführen ist. Letztere zog einen Anstieg der Erkrankungsraten um 15-20 % nach sich.1

Foto: © shutterstock.com/ Ed Connor

Prävention und Früherkennung forcieren

+++ Aufklärung über Präventionsmaßnahmen innerhalb der Primärversorgung wichtig +++ Ausschlusskriterien helfen dabei, benigne Hautläsionen zu erkennen +++ Neue Therapien erhöhen die Überlebensrate bei metastasierten Melanomen +++ „Hautkrebs“ ist bekanntlich eine Sammelbezeichnung für verschiedene Krebserkrankungen der Haut. Die drei am weitesten verbreiteten Formen stellen das Basalzellkarzinom, das Plattenepithelkarzinom und das maligne Melanom (schwarzer Hautkrebs) dar.

Die beiden erstgenannten Typen, die als weißer/heller Hautkrebs, nicht melanozytärer Hautkrebs (NMSC) oder keratinozytärer Hautkrebs klassifiziert werden, sind dabei weitaus häufiger an-

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zutreffen als schwarzer Hautkrebs. Jedoch haben die frühzeitige Erkennung maligner Melanome und ihre adäquate Behandlung eine große Bedeutung, da diese Hauttumoren eine sehr hohe Metastasierungsrate aufweisen und für mehr als 90 % der Mortalität durch die verschiedenen Hautkrebsarten verantwortlich zeichnen.1 Insgesamt wird bei Hautkrebs eine zunehmende Inzidenz beobachtet. So stieg in Deutschland die Inzidenz des Platten­

Noch sind nicht alle Details der Induktion, Promotion und Progression von Hautkrebs geklärt, aber die UVStrahlung gilt aufgrund des derzeitigen Erkenntnisstandes als der ätiologisch bedeutsamste Risikofaktor.3 Da mehr als 80 % der Hautkrebsfälle durch UVStrahlung entstehen und somit vermeidbar sind, kommt der Aufklärung der Patienten über Präventionsmaßnahmen – vor allem im Bereich der Primärversorgung – ein großer Stellenwert zu.

Dazu zählen etwa die Vermeidung von Sonnenexposition zwischen 11 und 15 Uhr und der Sonnenschutz durch Kleidung und Kopfbedeckungen sowie Sonnencreme.4 Haus-, Kinder- und Hautärzte stehen somit besonders in der Verantwortung, Patienten bzw. Eltern über die Wichtigkeit dieser Maßnahmen aufzuklären. Das ist vor allem dann wichtig, wenn es sich um Risikogruppen handelt, z. B. um Personen, die einen hellen Hauttyp oder Hautkrebs in der Familienanamnese aufweisen.4 Daten aus dem Vereinigten Königreich zeigen, dass Patienten mit melanomverdächtigen Hautläsionen von Hausärzten sehr rasch an Fachärzte überwiesen werden. Allerdings kristallisierte sich auch eine dürftige Treffsicherheit heraus: Nur 3 % jener überwiesenen Patienten hatten tatsächlich ein malignes Melanom.4 Schwarzer Hautkrebs weist eine derartige Vielfalt auf, dass die Leitlinie zur Hautkrebs-Prävention3 Folgendes zu bedenken gibt: Die klinische Dia­ gnosestellung erfordere eine langjährige Erfahrung, „da eine außerordentlich

Hausarzt DIALOG Dermatologie hohe Anzahl an möglichen Differentialdiagnosen vorliegt“. Jones und Kollegen schlagen für die Triage der Patienten mit melanomverdächtigen Hautläsionen die in der Infobox aufgelisteten Ausschlusskriterien vor, um die Dermatologen zu entlasten.4

Hinweise zur Diagnostik

Die (radikale) Exzision steht sowohl bei weißem als auch bei schwarzem Hautkrebs an erster Stelle – unter Einhaltung der Sicherheitsabstände zum Tumorrand, um lokale Rezidive zu verhindern.1,6 So werden in der Leitlinie zum malignen Melanom folgende Sicherheitsabstände genannt:1

Reguläre Größe, Oberfläche und Begrenzung Wachstum über Tage statt Wochen (Hinweis für ein pyogenes Granulom) „Aufgeklebtes“, warzenartiges Aussehen (Hinweis für eine seborrhoische Keratose) Dellenbildung, wenn von beiden Seiten Druck auf die Hautläsion ausgeübt wird (Hinweis für ein Dermatofibrom) Pigmentierte Hautläsion bei einem Kind

Die Diagnosestellung und -sicherung erfolgt durch die klinische Untersuchung und Inspektion der Haut. Als nichtinvasive Untersuchungsmethoden können Dermatoskopie, konfokale Lasermi­ kroskopie und optische Kohärenztomographie eingesetzt werden, insbesondere wenn es sich um klinisch unklare Befunde handelt.2,5 In der Leitlinie zum malignen Melanom wird zudem die Methode der sequenziellen digitalen Dermatoskopie genannt, welche eine Speicherung und eine digitale Analyse des Bildmaterials erlaubt. Dank dieser Methode können kurzfristige Veränderungen bei auffälligen Läsionen festgestellt werden, was ein mittel- bis langfristiges Screening ermöglicht.1 Die endgültige Klassifikation der Hautläsion und das TNM-Staging können nach einer histopathologischen Biopsie vorgenommen werden; auf Basis der Ergebnisse erfolgt die Wahl der Therapie.1,2,5 Lediglich beim Basalzellkarzinom wird darauf hingewiesen, dass die TNM-Klassifikation „im klinischen Alltag nicht hilfreich [ist], da die T-Klassifikation zu grob ist und ein positiver N- und M-Status sehr selten vorkommt“. 5

Einsatz von Standardtherapien …

X Infobox: Klinische Anzeichen einer benignen Hautläsion4

• 1 cm bei Stadium pT1 und pT2 mit einer Tumordicke nach Breslow von ≤ 1-2 mm, • 2 cm bei Stadium pT3 und pT4 mit einer Tumordicke von 2,01-4,0 mm.

Daneben existiert noch eine Vielzahl anderer Therapiemöglichkeiten, etwa für den Fall, dass eine Exzision aus kosmetischen Gründen nicht geeignet ist. Dazu zählen z. B. die Kryotherapie sowie eine topische Behandlung mit Wirkstoffen wie 5-Fluorouracil oder Imiquimod.6

… und modernen Behandlungsoptionen In den letzten Jahren gelang es Forschern, zu zeigen, dass Hautkrebs in hohem Maß auf Immuntherapien an-

spricht. Vor allem die Immun-Checkpoint-Inhibitoren – z. B. Ipilimumab, Pembrolizumab und Nivolumab – konnten eine Trendwende bei metastasierten Melanomen herbeiführen. Ebenso wichtig war die Entwicklung von BRAF- und MEK-Inhibitoren, die bei entsprechenden Mutationen wirksam sind. Während die 3-Jahres-Überlebensrate von Patienten mit metastasierten Melanomen zwischen 1974 und 2011 noch rund 13 % betrug, lag die Rate im Jahr 2018 dank der modernen Behandlungsmöglichkeiten schon bei > 50 %.7 Dort endet die Forschung bezüglich neuer Therapien aber noch lange nicht: So wird auch im Bereich der Nanotechnologie viel geforscht. Für einige onkologische Erkrankungen sind bereits Medikamente dieser Klasse zugelassen.

Durch zielgerichtetes Andocken an den Tumor (z. B. mittels Antikörper) können die Wirkstoffe kontrolliert abgegeben werden, was die Toxizität der Behandlung für den gesamten Organismus verringert.6 Mag.a Marie-Thérèse Fleischer, BSc

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Quellen: 1 Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie zur Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms; Stand: 07/2020.

2 Leitlinienprogramm Onkologie: S3-Leitlinie Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut; Stand: 03/2020.

3 Leitlinienprogramm Onkologie: S3-Leitlinie Prävention von Hautkrebs; Stand: 03/2021.

4 Jones OT et al., Advances in Therapy 2020; 37: 603-616.

5 Lang BM et al., S2k-Leitlinie Basalzellkarzinom der Haut; Stand: Aktualisierung 2017/2018.

6 Orthaber K et al., Journal of Nanomaterials 2017; Article ID: 2606271.

7 Paulson KG et al., Int Immunol 2019; 31(7): 465-475.

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Narbenbild(ung) optimieren Verbesserungsmaßnahmen vor, während und nach der Operation Arzt und Patient können den Prozess der Wundheilung und Narbenbildung im Zuge eines Eingriffs gemeinsam positiv beeinflussen. Die Entwicklung einer Narbe hängt dabei von unterschiedlichen Faktoren ab: Adäquat gewählte Operations- und Nahttechniken sowie die richtige prä- und postoperative Versorgung der Narbe spielen eine entscheidende Rolle.

Foto: © Johannes Matiasek, privat

Präoperative Maßnahmen Vor einem geplanten Eingriff empfiehlt sich eine Patientendekontamination.

Experte zum Thema: Priv.-Doz. OA Dr. Johannes Matiasek Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, St. Josef Krankenhaus Wien und Privatpraxis in Wien und Schladming

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So werden etwaige Wundinfektionen, in weiterer Folge Wundheilungsstörungen und ein breitflächiges Narbenbild vermieden. Dies kann beispielsweise in Form von octenidinhaltigen Shampoos und Nasengelen erfolgen, um Hautkeime – die sich oftmals auch in der Nase befinden – zu reduzieren. In der Orthopädie und Kardiologie ist im Zusammenhang mit Implantaten besondere Vorsicht geboten: Hier ziehen Infektionen mitunter einen erneuten Eingriff und somit eine langwierige und schmerzhafte Heilungsprozedur nach sich.

„Die Patienten sollten adäquat informiert und aktiv in den Heilungsprozess einbezogen werden.“

„Zusätzlich ist es wichtig, vor einer Operation den Ernährungsstatus des Patienten zu erheben, um etwaige Defizite an Vitaminen und Spurenelementen auszugleichen“, so Priv.-Doz. Dr. Johannes Matiasek, Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie in Wien und Schladming.

Während des Eingriffs Unmittelbar vor der Operation werden Hautkeime zusätzlich mittels einer Hautantiseptik eliminiert. Die Operationstechniken selbst haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte erheblich weiterentwickelt. So bringt etwa der vermehrte Umstieg auf minimalinvasive Techniken eine Verkleinerung und Verkürzung der Narbe mit sich. „Je kleiner die Narbe, umso unproblematischer die Narbenbildung“, so Dozent Matiasek.

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Bei Wunden mit großer Spannung ist es dem Experten zufolge sinnvoll, „aus der Tiefe in verschiedenen Schichten zu nähen, sodass auf der Haut an sich möglichst wenig Spannung bleibt.“ Dank intrakutaner Nähte werden zudem möglichst wenige Einstiche in die Haut gesetzt, was in weiterer Folge zu einem komplikationsärmeren, ästhetischeren Narbenergebnis führt.

Postoperative Maßnahmen Die positiven Auswirkungen octenidinhaltiger Gele auf die Wundheilung sind laut Dozent Matiasek auch in einer klinischen Studie zum Thema Narbenqualität nach Bauchdeckenstraffungen gezeigt worden. Direkt nach der Operation empfiehlt sich daher die Applikation eines solchen Gels, um verbleibende Keime am Wachstum zu hindern. Des Weiteren führt der Einsatz von Octenidin zu einer verkürzten Entzündungsphase, einer Optimierung der Narbenbildung und einer verringerten Bildung hypertropher Narben.

Verläuft die Wundheilung nicht ordnungsgemäß, kann es zu atrophen oder hypertrophen Narben, Narbenkontrakturen und Narbenkeloiden kommen. Beschwerden der Patienten reichen von starkem Zug, Juckreiz, Brennen bis hin zu stechenden Schmerzen. Atrophe Akne-Narben im Gesicht sind etwa mit Blutplasma behandelbar, das aus zentrifugiertem Eigenblut gewonnen wurde: In die Narben eingespritzt, regt es die Kollagenbildung an. Bei hypertrophen Narben sollte das Einspritzen von Kortison über etwa ein Jahr hinweg erwogen werden. Die operative Entfernung und das erneute Vernähen einer Narbe gelten als Maximalvariante. Handelt es sich um die Bildung eines Narbenkeloids oder einer – oftmals genetisch bedingten – hypertrophen Narbe, so sollten diese rasch operativ entfernt und im Zuge dessen bestrahlt werden, um dem Entstehen eines erneuten Keloids vorzubeugen. Idealerweise bleibt nach einem etwa einjährigen Narbenbildungsprozess ein flacher Strich sichtbar.

Informationsvermittlung an Patienten „Chirurgen tragen bezüglich der optimalen Wundheilung und Narbenbildung nach operativen Eingriffen sehr viel Verantwortung“, betont Dozent Matiasek. Zusätzlich sei es jedoch wichtig, auch die Patienten adäquat zu informieren und somit aktiv in den Heilungsprozess einzubeziehen. In den ersten zwei Wochen nach der Operation greifen octenidinbasierte Wundgele unterstützend in die Wundheilung ein.

Verbandswechsel sollten lediglich unter ärztlicher Aufsicht erfolgen, Wasser ist von der Wunde fernzuhalten. Nach zwei Wochen können Patienten mit der Narbenmassage beginnen; Narbengele auf Silikonbasis fördern die Heilung zusätzlich, indem sie die Umbauprozesse in der Narbe beschleunigen. Patienten ist unbedingt nahezulegen, die Narbe im ersten Jahr nach dem Eingriff durch Abdeckung oder eine Creme mit LSF50 vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen.

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Schwere Verläufe von Neurodermitis, was tun?

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Foto: © Christine Bangert, privat

Neurodermitis oder auch atopische Dermatitis (AD) stellt eine der häufigsten chronisch entzündlichen Hauterkrankungen dar, die bis zu 25 % der Kinder und 1-3 % der Erwachsenen betrifft.

Charakteristisch ist der quälende Juckreiz in Verbindung mit Hauttrockenheit, Erythemen, Erosionen/Exkoriationen, Krustenbildung und Lichenifizierung.1 Die AD geht oft mit anderen atopischen Erkrankungen wie Asthma bronchiale oder allergischer Rhinokonjunktivitis einher. Das Hauptziel der Therapie besteht in der Linderung des Juckreizes und in der Bekämpfung der entzündlichen Hautveränderungen. Um therapeutisch besser auf verschiedene Schweregrade, unterschiedliche Phasen und individuelle Krankheitsverläufe eingehen zu können, wurde ein Stufenplan zur Behandlung der AD entwickelt und dessen Anwendung in den S2-Leitlinien der AD empfohlen (Abbildung 1). Eine Systemtherapie wird bei persistierenden, stark ausgeprägten Ekzemen empfohlen, die nicht oder nur ungenügend auf die applizierten Lokaltherapeutika ansprachen (Stufe 4).

Bislang kamen vor allem verschiedene Immunsuppressiva, etwa Ciclosporin A, Azathioprin, Methotrexat oder Glukokortikosteroide, zur Anwendung.

Die Therapiedauer ist jedoch aufgrund meist starker Nebenwirkungen zeitlich limitiert.

Mittlerweile gibt es immer mehr Berichte über die Anwendung von Biologika, die gezielt einen für die Krankheitsentstehung relevanten Botenstoff blockieren, oder von sogenannten ‚small molecules’, die über eine etwas breitere Blockade der wichtigsten Signalwege in der AD die Erkrankung positiv beeinflussen können.

Autorin: OÄ Dr.in Christine Bangert Universitätsklinik für Dermatologie, Medizinische Universität Wien

Die Zukunft ist vielversprechend: Mehrere solcher Medikamente sind entweder für die Therapie der AD bereits zugelassen oder werden in großen placebokontrollierten Studien getestet.

Dupilumab (anti-IL-4R) Dupilumab, ein monoklonaler Antikörper gegen die gemeinsame Rezeptoruntereinheit der für die Entstehung der Neurodermitis wichtigen T-Zell-Zytokine IL-4 und IL-13, wurde 2017 in den USA und in Europa als erster Antikörper zunächst für Erwachsene, später für Kinder ab sechs Jahren mit moderater bis schwerer therapierefraktärer AD zu-

gelassen. Die großen Zulassungsstudien über vier Monate, welche 671 Patienten mit mittelschwerer bis schwerer AD einschlossen, zeigten bei Verabreichung von 300 mg Dupilumab bei 52 % der behandelten Studienteilnehmer, dass sich das Hautbild um 75 % besserte. Das traf aber nur auf 15 % der Probanden in der Placebogruppe zu.2 In den letzten Jahren wurden die Effizienz und die gute Verträglichkeit in Real-Life-Studien bestätigt.3 Sehr spezifische Nebenwirkungen von Dupilumab sind Blepharitis und Kon-

X Abb. 1: Behandlungsempfehlungen für (a) Erwachsene und (b) Kinder mit Neurodermitis Zusätzliche Therapieoptionen sollten in jeder Phase erwogen werden. Im Falle von Superinfektionen: Zugabe von Antiseptika/Antibiotika. Bei unzureichendem Therapieerfolg gilt es die Compliance und Diagnose zu hinterfragen. Der Guidelinetext weist auf Restriktionen hin, insbesondere bei Therapien, welche mit 1 markiert sind. Lizensierte Indikationen sind mit 2 markiert, off-label Therapieoptionen mit 3. (a) Therapieempfehlung atopische Dermatitis: Erwachsene SCHWERE AD: SCORAD > 50 / oder persistierendes Ekzem

Hospitalisation; systemische Immunsuppression: Ciclosporin A2, kurzer Behandlungszyklus mit oralen Glukokortikoiden2, Dupilumab1,2, Methotrexat3, Azathioprin3, Mycophenolatmofetil3; PUVA1; Alitretinoin1,3

MITTELGRADIGE AD: SCORAD 25-50 / oder rezidivierendes Ekzem

proaktive Therapie mit topischem Tacrolimus2 oder mit topischen Glukokortikoiden der Klasse II oder III3, „Wet-Wrap-Therapie“, UV-Therapie (UVB 311 nm, mäßige Dosis UVA1), psychosomatische Beratung, Klimatherapie

LEICHTE AD: SCORAD < 25 / oder transientes Ekzem

reaktive Therapie mit topischen Glukokortikoiden der Klasse II2 oder abhängig von lokalen Kofaktoren: topische Calcineurin-Inhibitoren2, Antiseptika inkl. Silber2, Silber-beschichtete Textilien1

„BASELINE“: Basistherapie

Schulungsprogramme, Emollienzien, Badeöle, Vermeidung von klinisch relevanten Allergenen (Encasings, sofern positiver Allergie-Test)

(b) Therapieempfehlung: Kinder SCHWERE AD: SCORAD > 50 / oder persistierendes Ekzem

Hospitalisation, systemische Immunsuppression: Ciclosporin A3, Methotrexat3, Azathioprin3, Mycophenolatmofetil1,3

MITTELGRADIGE AD: SCORAD 25-50 / oder rezidivierendes Ekzem

proaktive Therapie mit topischem Tacrolimus2 oder mit topischen Glukokortikoiden der Klasse II oder III3, „Wet-Wrap-Therapie“, UVTherapie (UVB 311 nm)1, psychosomatische Beratung, Klimatherapie

LEICHTE AD: SCORAD < 25 / oder transientes Ekzem

reaktive Therapie mit topischen Glukokortikoiden der Klasse II2 oder abhängig von lokalen Kofaktoren: topische Calcineurin-Inhibitoren2, Antiseptika inkl. Silber, Silber-beschichtete Textilien

„BASELINE“: Basistherapie

Schulungsprogramme, Emollienzien, Badeöle, Vermeidung von klinisch relevanten Allergenen (Encasings, sofern positiver Allergie-Test)

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Hausarzt Hausarzt DIALOG extra Dermatologie junktivitis bei bis zu 40 % der Patienten. Zu weiteren häufiger beobachteten Nebenwirkungen zählen rezidivierende Herpessimplex-Infektionen, das Neuauftreten einer „Head-Neck-Dermatitis“ und eine rosazeaartige Follikulitis.3

Tralokinumab und Lebrikizumab (anti-IL-13) Tralokinumab und Lebrikizumab sind monoklonale Antikörper gegen IL-13, die sich in Studien ebenfalls als wirksam erwiesen haben. Die kürzlich veröffentlichten placebokontrollierten Zulassungsstudien über einen Zeitraum von 4 Monaten demonstrierten die Überlegenheit von Tralokinumab 300 mg s. c. alle 2 Wochen durch die Verbesserung des Hautbildes um 75 % bei bis zu 33,4 % der Teilnehmer gegenüber 12,7 % der Probanden im Placeboarm.4 Ähnlich wie Dupilumab weist Tralokinumab ein gutes Verträglichkeitsprofil auf – mit leicht gehäuft auftretenden Konjunktivitiden. Eine Zulassung wird für 2021 erwartet.

Lebrikizumab war in einer Phase-2b-Studie an 280 AD-Patienten ebenfalls signifikant besser als die Placebo­therapie.5 Die für die Zulassung benötigten Phase-3-Studienergebnisse stehen noch aus.

Nemolizumab (anti-IL31R) Juckreiz ist das quälendste Symptom von Patienten mit AD, an dessen Entstehung IL-31 maßgeblich beteiligt ist. Nemolizumab, ein monoklonaler Antikörper, bindet an den IL-31-Rezeptor, wodurch der Juckreiz bei der AD gezielt gehemmt wird. Dadurch soll der Teufelskreis aus Juckreiz und Kratzen

durchbrochen und in weiterer Folge eine Besserung des Ekzems herbeigeführt werden. Die Ergebnisse der Phase-2b-Studie bei 226 AD-Patienten zeigen einen signifikanten Rückgang des Juckreizes und eine deutliche Verbesserung von Schlaf und Hautbild im Vergleich zu Placebo.6 Die Phase-3-Studien werden derzeit durchgeführt, ein Studienende ist für Dezember 2021 geplant.

Baricitinib Baricitinib ist ein janusassoziierter Kinase(JAK)-1 und -2-Inhibitor, ein sogenanntes „small molecule“, das oral verabreicht wird. JAK spielen eine wichtige Rolle in der Vermittlung unterschiedlicher inflammatorischer Signalwege bei einer Reihe entzündlicher Erkrankungen. Baricitinib ist der erste JAK-Inhibitor, der 2020 für die mittelschwere bis schwere AD bei Erwachsenen in Österreich zugelassen wurde und ab Mai 2021 in der gelben Box erstattet wird. Die placebokontrollierten randomisierten Phase-3-Studien über 16 Wochen zeigen eine Verbesserung des EASI um 75 % bei bis zu 24,8 % der Patienten mit Baricitinib 4 mg täglich gegenüber 8,8 % der Probanden in der Placebogruppe.7 Besonders wirksam ist das Medikament in der schnellen und effektiven Juckreizbekämpfung. In puncto Nebenwirkungsprofil hat sich Baricitinib als akzeptabel erwiesen: Häufige Nebenwirkungen sind Herpes-Infektionen, Übelkeit, Infektionen der oberen Atemwege sowie CK- und Lipid-Erhöhungen. Regelmäßige Laborkontrollen sind erforderlich. Sehr selten treten thrombembolische Ereignisse wie Thrombosen oder Pulmonalembolien auf.

Upadacitinib und Abrocitinib

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26 Gestützte Befragung bezieht sich auf die Marke Cetaphil®, Abbildung der Produkte illustrativ.

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Upadacitinib und Abrocitinib sind zwei weitere JAK-1-Inhibitoren, die in naher Zukunft zugelassen werden. Bei beiden Medikamenten wurden die Zulassungsstudien bereits abgeschlossen und ergaben ein exzellentes Wirksamkeitsprofil: Upadacitinib zeigte bei der Einnahme von 30 mg tgl. über 16 Wochen eine 75-%ige Verbesserung des Hautbildes bei bis zu 80 % der Teilnehmer gegenüber 16 % der Probanden in der Placebogruppe.

Abrocitinib war in der höheren Dosierung von 200 mg tgl. bei 62,7 % der Patienten erfolgreich – versus 11,8 % der Probanden im Placeboarm. Das Nebenwirkungsprofil lässt sich mit jenem von Baricitinib vergleichen, wobei es unter Upadacitinib häufiger zu Akne, unter Abrocitinib öfter zu Übelkeit kommen kann.8 Literatur: 1 Bieber T. Atopic dermatitis. N Engl J Med 2008; 358(14):1483-1494.

2 Simpson EL et al. Two Phase 3 Trials of Dupilumab versus Placebo in Atopic Dermatitis. N Engl J Med. 2016.

3 Quint T et al. Dupilumab for the Treatment of Atopic Dermatitis in an Austrian Cohort-Real-Life Data Shows Rosacea-Like Folliculitis. Journal of clinical medicine 2020;9(4).

4 Wollenberg A et al. Tralokinumab for moderate- to-severe atopic dermatitis. The British journal of dermatology 2021;184(3):437-449.

5 Guttman-Yassky E, et al. Efficacy and Safety of Lebrikizumab, a High-Affinity Interleukin 13 Inhibitor, in Adults With Moderate to Severe Atopic Dermatitis. JAMA dermatology 2020;156(4):411-420.

6 Silverberg JI et al. Phase 2B randomized study of nemolizumab in adults with moderate-to-severe atopic dermatitis and severe pruritus. The Journal of allergy and clinical immunology 2020;145(1):173-182.

7 Reich K et al. Efficacy and Safety of Baricitinib Combined With Topical Corticosteroids for Treatment of Moderate to Severe Atopic Dermatitis. JAMA dermatology 2020.

8 Ferreira S, Guttman-Yassky E, Torres T. Selective JAK1 Inhibitors for the Treatment of Atopic Dermatitis. Am J Clin Dermatol. 2020;21(6):783-798.

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Hausarzt informativ

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Foto: © shutterstock.com/ SNAB, Vector-3D

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Psoriasis in Zeiten der Pandemie Wechselwirkungen zwischen Biologika, COVID-19-Symptomatik und -Impfung

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Schutz vor schweren Verläufen?

Das gilt selbst für immunsupprimierende Behandlungen mit jenen BiologikaKlassen, welche bei Psoriasis eingesetzt werden, etwa mit TNF-α-Blockern, IL17- und IL-23-Blockern. Diese wirken im Zuge des „Inflammatory Storm“ bei schweren Verläufen effizient sowie zielgerichtet gegen Entzündungsstoffe und somit gegen eine überschießende Im-

Experte zum Thema: Dr. Leo Richter Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Dermatologikum Wien

munantwort. Die genannten Biologika sind in den meisten Fällen mit nur sehr geringen Nebenwirkungen verbunden.

Laut aktuellem Wissensstand und neuesten Publikationen besteht keine Notwendigkeit, eine Therapie mit Biologika vorsichtshalber oder präventiv aufgrund der Pandemie auszusetzen. Denn Biologika scheinen im Zusammenhang mit Virusinfektionen aus derzeitiger Sicht keine Probleme zu bereiten – im Ge-

„Therapeutika gegen Psoriasis könnten in Zukunft auch gegen schwere CoronaSymptome verabreicht werden.“

Foto: © Leo Richter, privat

Gerade in Pandemiezeiten ist eine adäquate und konsequente Behandlung der Psoriasis als autoinflammatorischer Systemerkrankung besonders wichtig. Bleibt eine mittelschwere bis schwere Psoriasis unbehandelt und somit aktiv, nimmt auch das allgemeine Infektionsrisiko in Hinblick auf Viren deutlich zu. Daher sollten Patienten vor allem jetzt zu regelmäßigen Arztbesuchen angehalten werden. Das Therapieziel ist eine 90-prozentige Besserung der Symptome etwa drei bis vier Monate nach Behandlungsbeginn.

Denn unter einer geeigneten Behandlung haben Psoriatiker in der Regel kein erhöhtes Risiko, einen (schwereren) Verlauf von COVID-19 zu entwickeln.

Hausarzt DIALOG Dermatologie

genteil: Neueste internationale Studien ergaben, dass derartige Therapeutika Patienten sogar vor schweren Verläufen durch die Infektion mit SARS-CoV-2 schützen können. Nachdem in diesem Bereich allerdings noch Forschungsbedarf besteht, gilt bei bereits vorhandenen Symptomen einer COVID19-Erkrankung dennoch die Regel, die Einnahme von Biologika temporär zu unterbrechen.

Zunehmende Evidenz Die besagten Erkenntnisse stammen ursprünglich aus der Praxis. So haben zahlreiche Psoriasis-Patienten ihre Behandlung mit Biologika trotz vorliegender Infektion mit dem Corona-Virus einfach fortgesetzt, ohne sich ärztlich beraten zu lassen. Das Ergebnis: eine Besserung der COVID-19-Symptome. „Aufgrund der weltweit hohen Infektionszahlen von COVID-19 werden Daten, Studi-

en und Evidenz zunehmend dichter“, erläutert Dr. Leo Richter, Facharzt für Dermatologie am Dermatologikum Wien. Mittlerweile kommt im Rahmen von Testreihen in England und den USA beispielsweise der TNF-Blocker Adalimumab bei schweren COVID19-Verläufen therapeutisch zum Einsatz – mit Erfolg. Fallberichte von Patienten, deren COVID-Symptome sich nach einer Injektion von IL-23-Blockern deutlich besserten, bestätigen das zusätzlich. Zudem gibt eine aktuelle multizentrische Plattformstudie (Doppelblindstudie mit Placebo und Risankizumab) in den USA, an der zahlreiche renommierte Universitäten beteiligt sind, einen Ausblick auf weitere positive Ergebnisse. „Therapeutika gegen Psoriasis könnten und werden also in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit auch gegen schwere CoronaSymptome verabreicht werden“, so Richter.

Totimpfstoffe unbedenklich Bei einem Einsatz von Lebendimpfstoffen während der Behandlung mit Biologika kann es ganz allgemein zu potenziellen Wechselwirkungen kommen. In diesem Zusammenhang wird nach derzeitigem Forschungsstand eine Therapiepause empfohlen. Die aktuell in Europa verfügbaren Totimpfstoffe – ganz gleich ob mRNA- oder Vektor-Vakzine – gelten jedoch als unbedenklich. Experten und internationale Fachgesellschaften sind sich einig: Psoriasis-Patienten können und sollen auch während einer Behandlung mit Biologika gegen COVID-19 geimpft werden. Pausen der Systemtherapie sind nicht erforderlich, da die Exazerbation der Psoriasis als Grunderkrankung ein wesentlich höheres Risiko in Verbindung mit COVID-19 darstellen würde.

Lisa Türk

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Hausarzt medizinisch

Prophylaktischer Medikamentencocktail?

COVID-Impfung: Die häufigsten Fragen von Patienten kompetent beantworten Häufigkeitsbestimmung dieser im Englischen als „Long Covid“ bezeichneten Probleme liegt bislang nicht vor.

Titerbestimmungen

Foto: © shutterstock.com/ Sokolik Anry

Eine routinemäßige Bestimmung des Antikörpertiters zur Überprüfung des Impferfolgs wird derzeit nicht empfohlen, weil noch kein Schutzkorrelat definiert ist. Es gibt also keinen immunologischen Test, der den Schutz sicher nachweist. In Einzelfällen, z. B. bei immunsuppressiver Behandlung, kann eine zweimalige Antikörperbestimmung (Wert vor der Impfung und Wert vier Wochen nach der zweiten Dosis mit einem validierten Antikörpertest) die Interpretation des Impferfolges erleichtern.

Impfreaktionen

Thrombosen und COVIDImpfung Die Europäische Arzneimittelagentur EMA sieht einen möglichen Zusammenhang zwischen sehr seltenen, speziellen thromboembolischen Ereignissen mit Thrombopenie und der COVIDImpfung von AstraZeneca. Bisher konnten keine spezifischen Risikofaktoren für das Auftreten identifiziert werden, daher stellt eine Neigung zu oder Vorgeschichte von Thromboembolien keinen Ausschlussgrund für diese COVID-Impfung dar. Die positive NutzenRisiko-Abwägung der Schutzimpfung wurde in allen Altersgruppen und bei Personen jeden Geschlechts bestätigt.

Foto: © MedUni Wien

Autor: Dr. Daniel Tiefengraber, DTM&H Spezialambulanz für Impfungen, Reise- und Tropenmedizin, Medi­ zinische Universität Wien

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Prämedikation empfohlen? Nach aktuellem Wissensstand wird der vorbeugende Einsatz gerinnungshemmender Medikamente nicht empfohlen.

Risiken der Nebenwirkungen und der Krankheit abwägen Sollten Ängste vor schwerwiegenden Nebenwirkungen der COVID-Impfungen im ärztlichen Gespräch wahrgenommen werden, kann der Mediziner diese evidenzbasiert unter Berücksichtigung der jeweiligen Situation adressieren.

Die potentiellen Risiken einer Schutzimpfung und die bekannten Gefahren einer SARS-CoV-2-Infektion müssen dabei immer abgewogen werden: Neben tödlichen Ausgängen sind auch Langzeitfolgen – sogar bei milderen COVIDVerläufen – zu nennen. Zusätzlich zu organspezifischen Präsentationen kommt es zu unspezifischen Auffälligkeiten wie ausgeprägter Müdigkeit, Gedächtnisproblemen oder Wortfindungsstörungen. Eine einheitliche Definition und

Impfreaktionen wie grippeähnliche Beschwerden zeigen die gewünschte Arbeit des Immunsystems nach einer Impfung und können individuell auch stark verspürt werden. Sie führen mitunter zu einer Einschränkung der gewohnten Aktivitäten für ein bis zwei Tage. Prinzipiell sagt die Intensität der Beschwerden aber nichts über den Impferfolg aus, das heißt: Auch bei fehlenden Nebenwirkungen kann im Regelfall von einer ordnungsgemäßen Schutzwirkung ausgegangen werden.

Aufgrund der Wirkungsweise kommt es bei den Vektorimpfstoffen häufiger bei der ersten Dosis zu stärkeren Reaktionen als bei der zweiten, während bei den mRNA-Impfstoffen die zweite Dosis vermehrt unangenehme Begleitreaktionen verursacht. Allgemein berichten jüngere Impflinge öfter über stärkere Reaktionen, wohingegen diese bei älteren Personen seltener auftreten.

Medikamente vor und nach der Impfung Fiebersenkende Schmerzmittel wie Paracetamol können eingesetzt werden,

Hausarzt medizinisch um grippeähnliche Impfreaktionen wie Fieber, Kopfschmerz, Abgeschlagenheit und Myalgie zu lindern. Hemmstoffe der Cyclo-Oxigenase-2 (COX-Hemmer beziehungsweise NSAR) schwächen über die Unterdrückung der Prostaglandinsynthese die pseudogrippalen Beschwerden durch die Impfung effektiv ab.

Derzeit wird diskutiert, inwieweit der Einsatz von NSAR die Wirksamkeit der neuen COVID-Impfungen beeinträchtigt. Bislang gibt es zu dieser speziellen Fragestellung keine aussagekräftigen Publikationen. In einer randomisierten Studie eines inaktivierten Impfstoffes bei Kindern verminderte die gleichzeitige Einnahme von Paracetamol allerdings die Antikörpertiter im Vergleich zu den Kontrollen signifikant. Dabei ist unklar, ob und wie stark eine solche Reduktion die Immunantwort in der Praxis klinisch relevant beeinflusst.

Eine andere Untersuchung zeigte für Erwachsene, dass Paracetamol nach sechs Stunden keinen Einfluss mehr auf die Immunantwort hatte, während eine sofortige Gabe nach der Impfung diese abschwächte. Viele Detailfragen zu den einzelnen Wirkstoffen und der möglichen Beeinflussung eines Impfschutzes bleiben aber offen.

Fazit für die Praxis: Auf eine generelle prophylaktische Gabe von Paracetamol oder anderen NSAR bei COVIDImpfungen sollte verzichtet werden.

Es kann aber praktische Gründe oder Situationen geben, in denen zur Vermeidung einer Impfreaktion darauf zurückgegriffen werden kann. Ansonsten sollte man erst beim Auftreten der ersten Impfreaktionen therapieren, wenn möglich nicht früher als sechs Stunden nach Gabe des Impfstoffes.

Vorgehen bei Allergien

X Verlässliche Informationen zum Thema COVID-19 und Impfungen Die Corona-Pandemie brachte neben Krankheit und Leid auch ein Überangebot an Informationen vor allem in Sozialen Medien und auf privaten Nachrichtenportalen mit sich. Diese sogenannte „Infodemie“ erschwert Laien und mitunter dem Gesundheitspersonal die Einordnung der teils pseudowissenschaftlichen Meldungen und kann Verunsicherung und eine Verzögerung von Impfungen nach sich ziehen.

Die laufend aktualisierten offiziellen Empfehlungen des Nationalen Impfgremiums Österreich finden Sie auf der Seite des BMSGPK unter sozialministerium.at/Corona-Schutzimpfung/CoronaSchutzimpfung---Fachinformationen.html.

Schutzimpfung---Fachinformationen.html Auch die Initiative „Österreich impft!“ und die Medizinische Universität Wien haben Informationsseiten mit vielen Antworten auf häufige Fragen zur Corona-Impfung eingerichtet: oesterreich-impft.at/faq/ corona-schutzimpfung.at/

nen mit schwerer ASS-, NSAR-Intoleranz oder chronischer Urtikaria können unter erhöhter Observanz geimpft werden. Bei allen Allergien wird laut dem österreichischen Impfplan eine Nachbeobachtungszeit von 30 Minuten empfohlen. Die Bereithaltung von Notfallmedikamenten darf als selbstverständlich angesehen werden.

Bei Anaphylaxie (einem allergischen Schock) in der Anamnese kann eine Prämedikation mit einem Antihistaminikum (z. B. Desloratadin-5-mg-Tablette) mindestens 60 Minuten vor der Impfung erwogen werden. Trat nach der ersten Impfung eine allergische Sofortreaktion auf, die sich mit Antihistaminika und Kortison gut beherrschen ließ, jedoch keine anaphylaktische Reaktion, so wird Folgendes empfohlen: Hier ist nicht auszuschließen, dass eine erneute Exposition stärkere allergische Reaktionen hervorruft. Darum sollte

in derartigen Fällen nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung eine Impfung nur unter intensivierter Beobachtung in klinischen Einrichtungen erfolgen. <

Referenzen: COVID-19-Impfungen: Anwendungsempfehlungen des Nationalen Impfgremiums, Version 3.0, Stand: 24.03.2021 COVID-19-Impfungen: Stellungnahme des Nationalen Impfgremiums und der Arbeitsgruppe Safety Board zum Einsatz von AstraZeneca, Version 2, Stand: 08.04.2021 Lenzen-Schulte, Martina. Nebenwirkungen bei COVID19-Impfung: Nicht zu früh therapieren. Dtsch Arztebl 2021; 118(12): A-620 / B-523 https://www.aerzteblatt. de/archiv/218451/Nebenwirkungen-bei-COVID19-Impfung-Nicht-zu-frueh-therapieren Etminan M, Sodhi M, Ganjizadeh-Zavareh S: Should Antipyretics be used to Relieve Acute Adverse Events Related to COVID-19 Vaccines? Chest 4 Feb 2021 https://doi.org/10.1016/j.chest.2021.01.080 Betsch, Cornelia; von Hirschhausen, Eckart; Zylka-Menhorn, Vera. Impfberatung in der Praxis: Professionelle Gesprächsführung – wenn Reden Gold wert ist. Dtsch Arztebl 2019; 116(11): A-520 / B-427 / C-422 https:// www.aerzteblatt.de/archiv/206062/Impfberatungin-der-Praxis-Professionelle-Gespraechsfuehrungwenn-Reden-Gold-wert-ist

X HAUSARZT-Buchtipps: Pro & Contra Coronaimpfung: Tipps für die persönliche Impfentscheidung, von Kollaritsch, Herwig und Jelincic Silvia, edition a, ISBN: 9783990015117

Elternratgeber Impfen für Dummies, von Tiefengraber, Daniel, Wiley-VCH, ISBN: 9783527717095

Im ärztlichen Aufklärungsgespräch vor der Impfung sollten etwaige Allergien angesprochen werden, der AllergieAusweis ist mitzubringen. Die Fachinformation des entsprechenden Impfstoffes enthält genaue Informationen zu dessen Zusammensetzung. Personen mit bekannten Allergien – beispielsweise gegen Pollen oder Hausstaub – können und sollen ungeachtet dieser Vorgeschichte geimpft werden. Perso-

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Hausarzt medizinisch

Schlaganfallvorsorge optimieren Stellenwert der NOAK in Primär- und Sekundärprophylaxe

Foto: © shutterstock.com/ socrates471

stellt werden. Die Leitlinie unterstreicht die gute Wirksamkeit und Sicherheit der NOAK, vor allem bei Risikopatienten wie älteren Menschen, jenen mit eingeschränkter Nierenfunktion oder solchen, die bereits einen Insult erlitten haben. Jedoch wird davor gewarnt, nach eigenem Ermessen Dosisreduktionen vorzunehmen, da dieses Vorgehen das Risiko in Bezug auf Schlaganfälle bzw. systemische Embolien, Hospitalisation und Tod erhöht, ohne das Blutungsrisiko zu verringern. Eine Dosisreduktion kann bei Vorliegen der in der Tabelle dargestellten Risikofaktoren eingeleitet werden.1

Wann von VKA zu NOAK wechseln?

Nach Jahren des Vorherrschens von Vitamin-K-Antagonisten (VKA) gelten mittlerweile neue (bzw. direkte) orale Antikoagulantien (NOAK bzw. DOAK) als Behandlungsstandard in der Schlaganfallprophylaxe bei Patienten mit Vorhofflimmern. Die 2020 adaptierte Leitlinie der European Society of Cardiology (ESC)1 empfiehlt, NOAK den VKA als vorbeugende Maßnahme vorzuziehen.

Die einzigen Ausnahmen stellen Patienten mit künstlichen Herzklappen bzw. jene mit mäßiger bis schwerer Mitralklappenstenose dar, die weiterhin mit VKA behandelt werden sollen.

Vorteile der NOAK-Therapie In randomisierten, kontrollierten Studien konnten die vier derzeit verfügbaren NOAK-Wirkstoffe – Apixaban, Dabigatran, Edoxaban und Rivaroxaban – mehr als nur ihre Nichtunterlegenheit gegenüber dem VKA Warfarin zeigen.

Die Risikoreduktion betrug bei der Gabe von NOAK im Vergleich zu Warfarin …1 • … 52 % hinsichtlich intrakranieller Blutungen.

• … 51 % in Hinblick auf hämorrhagische Schlaganfälle.

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• … 19 % in Bezug auf die Verhinderung von Schlaganfällen bzw. systemischen Embolien.

• … 14 % hinsichtlich starker Blu­­­ t­ungen.

• … 10 % in Bezug auf die Gesamtmortalität.

Lediglich bei gastrointestinalen Blutungen konnte eine Zunahme derselben um 25 % gegenüber Warfarin festge-

Unter der Therapie mit VKA ist eine engmaschige Therapiekontrolle nötig.

Der INR-Wert sollte sich zwischen 2,0 und 3,0 befinden. Ist er zu niedrig, steigt das Schlaganfallrisiko, während bei erhöhten Werten das Risiko einer Blutung zunimmt.2 Daneben ist die Zeit im therapeutischen Bereich (TTR), welche aus dem Verlauf der INR-Messungen berechnet werden kann, ein wichtiger Parameter für die Therapiekontrolle. Jener

X Tabelle: Wann eine Dosisreduktion empfohlen wird1 Apixaban

Dabigatran

Edoxaban

Rivaroxaban

Standarddosis

5 mg, 2 x tgl.

150 mg, 2 x tgl.

60 mg, 1 x tgl.

20 mg, 1 x tgl.

Reduzierte Dosis

2,5 mg, 2 x tgl.

110 mg, 2 x tgl.

30 mg, 1 x tgl.

15 mg, 1 x tgl.

Kriterien für eine Dosisreduktion

Mind. 2 der 3 Kriterien: Alter von ≥ 80 Jahren,

Reduktion bei: Alter von ≥ 80 Jahren, begleitender Gabe von Verapamil,

Bei einem dieser Kriterien: bei KreatininClearance von 15-50 ml/ Min.,

Bei einer Kreatinin-Clearance von 15-49 ml/Min.

erhöhtem Blutungsrisiko.

bei Gewicht von ≤ 60 kg,

Gewicht von ≤ 60 kg, Serumkreatinin von ≥ 1,5 mg/dl.

bei begleitender Gabe von Dronedaron, Ciclosporin, Erythromycin, Ketoconazol.

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Hausarzt medizinisch

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Hausarzt medizinisch sollte > 70 % betragen. Jedoch können bereits im Vorhinein Hinweise gesammelt werden, welche Patienten ein höheres Risiko haben, nicht ausreichend auf die VKA-Therapie anzusprechen (siehe Infobox). Beträgt die TTR < 70 %, empfiehlt die Leitlinie, die Bemühungen um eine adäquate TTR zu intensivieren oder stattdessen zu einem NOAK zu wechseln.1

Monitoring könnte Adhärenz verbessern Eine routinemäßige Therapiekontrolle ist für NOAK hingegen noch nicht verfügbar. Häufig durchgeführte Gerinnungstests wie aPTT oder Quick werden zwar durch NOAK beeinflusst, jedoch eignen sie sich nicht zum Monitoring.

Soll eine Kontrolle der Wirksamkeit der Medikamente vorgenommen werden, sind Laboruntersuchungen nötig, was ein Selbstmanagement der Patienten (wie beim INR-Wert) verhindert.

Für die Therapiekontrolle von Dabigatran können Ecarin- und Thrombinzeit bestimmt werden – bzw. die Anti-XaAktivität für Apixaban, Edoxaban und Rivaroxaban. Wille3 spricht sich für ein zukünftiges Monitoring unter NOAK aus, da dies auch die Adhärenz der Patienten – 50 % nähmen ihre NOAK nicht regelmäßig ein – verbessern könne.

NOAK nach Schlaganfall NOAK haben in der Sekundärprophylaxe nach einem stattgehabten Schlaganfall einen hohen Stellenwert. Eine Schweizer Publikation hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wann der optimale Zeitpunkt ist, (wieder) mit der

oralen Antikoagulation zu beginnen. Zu beachten ist, dass bei Patienten mit Vorhofflimmern das Risiko eines erneuten Insults besonders hoch ist.4 Allgemein wird der Zeitrahmen für den Beginn der oralen Antikoagulationstherapie nach der Ausprägung des Schlaganfalls berechnet:5 • ein Tag nach transitorischer ischämischer Attacke (TIA), • drei Tage nach einem kleinen Hirnschlag, • sechs Tage nach einem Hirnschlag mittlerer Größe, • zwölf Tage nach einem großen Hirnschlag.

Diese Empfehlungen wurden auch für NOAK ausgesprochen, jedoch erst in der Schweizer Studie praktisch überprüft. Dort wurde im Mittel fünf Tage nach einem Schlaganfall (wieder) mit der Gabe eines NOAK begonnen. Daraus resultierte kein erhöhtes Blutungsrisiko und das Risiko eines Rezidivs war bei einem Beginn der NOAK-Therapie nach sieben Tagen oder weniger gegenüber einem späteren Therapiebeginn leicht reduziert (wenn auch aufgrund der Stichprobengröße nicht signifikant).

Die Autoren plädieren dafür, den Therapiebeginn nicht zu lange hinauszuschieben.4 Mag.a Marie-Thérèse Fleischer, BSc Quellen: 1 Hindricks G et al., ESC Guidelines for the diagnosis and management of atrial fibrillation developed in collaboration with the European Association of Cardio-Thoracic Surgery (EACTS). Eur Heart J 2020.

2 Siebenhofer A et al., Thromb Haemost 2004; 91: 225-232.

3 Wille H, Neue orale Antikoagulanzien (NOAK) in der Therapie des Vorhofflimmerns, Fortbildungsveranstaltung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AKdÄ), 04.11.2015.

4 Seiffge D et al., Cardiovascular Medicine 2018; 21(1): 12-15.

5 Heidbuchel H et al, European Heart Journal 2017; 38: 2137-49.

X Infobox: SAMe-TT2R2 zur Abschätzung, ob der Einsatz von VKA sinnvoll ist1 Sex (Geschlecht): weiblich, Age (Alter): < 60 Jahre, Medical history (Anamnese): zwei oder mehr Komorbiditäten wie Hypertonie, Diabetes, KHK/ Herzinfarkt, pAVK, Herzinsuffizienz, vorangegangener Insult, Lungenerkrankung, Leber- oder Nierenerkrankung, Treatment (Therapie): Medikamente, die mit VKA interagieren, z. B. Amiodaron, Tobacco use (Tabakrauchen), Race (ethnische Zugehörigkeit): nicht kaukasisch.

Ansprechen auf VKA: bei Score von > 2 reduziert.

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Hausarzt informativ

Management chronischer Schmerzen

BEZAHLTE ANZEIGE

Experte zum Thema: Univ.-Prof. Dr. Burkhard Gustorff Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Schmerzmedizin, Klinik Ottakring der Stadt Wien

„Die passende Schmerz­ therapie wird nach unterschiedlichen Gesichts­­punkten bestimmt.“

Apropos Nebenwirkungen Wegen der möglichen Nebenwirkungen ist es wichtig, langsam in die jeweilige Therapie einzusteigen, also nicht sofort in einen Hochdosisbereich zu gehen. Besonders die traditionell starken Opioide haben häufige und teilweise schwerwiegende Nebenwirkungen

* Change.Pain: Compact. Virtuelle Fortbildungs­ veranstaltung, DFP-approbiert, 18. und 19. März 2021, www.changepaincompact.at Foto: © Sissi Furgler Fotografie

Foto: © Anna Rauchenberger

Neuropathische Schmerzen Ein besonderes Augenmerk wird in der Schmerztherapie auf neuropathische Schmerzen gerichtet. Sie entstehen durch Schädigungen oder Entzündungen der Nervenstrukturen. Eine medikamentöse Schmerzminderung kann erreicht werden mit: Antikonvulsiva, Antidepressiva, Opioiden oder auch mit topischen Anwendungen, zu denen etwa Capsaicin- und Lido-

cain-Pflaster zählen. Letztere haben sich in Kombination mit einem systemischen Medikament besonders bewährt. Dazu Univ.-Prof.

Dr. Burkhard Gustorff, Vorstand der Abteilung für Anästhesie, Intensiv- und Schmerzmedizin an der Klinik Ottakring der Stadt Wien: „Die passende Schmerztherapie wird nach unterschiedlichen Gesichtspunkten bestimmt. Dazu zählen etwa die Wirksamkeit, die Verträglichkeit, die Empfehlungen bzw.

Leitlinien, die Zulassung und die Kosten, die Geschwindigkeit des Wirkungseintritts und die Hypothese des Schmerzmechanismus.“ So haben Opioide bei neuropathischen Schmerzen eine hohe Wirksamkeit bei gut einschätzbaren Nebenwirkungen. Sie werden jedoch von mehreren Fachgruppen kontroversiell diskutiert – und deshalb nur als dritte Wahl bei der Schmerztherapie angesehen. Beliebter sind Antikonvulsiva oder Antidepressiva. Bei den lokalen Anwendungen wird Capsaicin-Pflastern der Vorzug gegeben. Ärzte sollten ihre Patienten bei der Therapie von chronischen neuropathischen Schmerzen mitentscheiden lassen: etwa ob ein langsamer oder ein schneller Wirkungseintritt gewünscht ist. Dabei gilt es mit zu bedenken, dass die Nebenwirkungen je nach Medikament und Wirkungseintritt unterschiedlich ausfallen können.

wie Atemstörungen, Obstipation bis hin zum Darmverschluss, Impotenz, Osteoporose und natürlich Abhängigkeit. Eine rezente Analyse zeigt, dass ein Großteil der Nebenwirkungen von Medikamenten vermeidbar gewesen wäre. Die speziellen Empfehlungen der EMA lauten: Wenn möglich soll keine Dauerbehandlung erfolgen. Eine Einzeldosis muss so niedrig wie möglich, aber so hoch wie notwendig sein. Es darf keine Kombination von NSAR und Coxiben erfolgen, außerdem keine intramuskuläre Gabe von NSAR. Die Dosierung sollte an den tageszeitlichen Schmerzrhythmus angepasst werden. Bei Patienten im höheren Lebensalter ist eine regelmäßige Überwachung von GI-Trakt, Nierenfunktion und Herz-Kreislauf notwendig. Bei opioidinduzierter Obstipation ist wichtig: ausreichende Mobilisierung und Flüssigkeitszufuhr; eine Kombination von mehreren Laxanzien ist möglich. Beispielsweise ist Naloxegol mit jedem Opiat frei kombinierbar. Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar von der Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin des Klinikum Klagenfurt am Wörthersee hebt abschließend hervor: „Die Patienten sollen wieder Freude am Leben haben und lernen, mit dem Schmerz zu leben.“ Denn oft wird nur eine Schmerzminderung möglich sein. Eine sehr wichtige Rolle kommt der Schmerztherapie und dem Nebenwirkungsmanagement natürlich auch in der Palliativmedizin zu.

Experte zum Thema: Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Klinikum Klagenfurt am Wörthersee

„Die Patienten sollen wieder Freude am Leben haben und lernen, mit dem Schmerz zu leben.“

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Chronische Schmerzen kann man mittlerweile als Volkskrankheit bezeichnen. Allein in Österreich leiden etwa 1,7 Millionen Menschen darunter. Die Schmerztherapie ist demnach ein wichtiges Thema. Therapeutische Maßnahmen führen meist relativ schnell zu einer Besserung. Dauern die Schmerzen jedoch länger als zwölf Wochen an oder kehren sie ständig wieder, werden sie als chronisch bezeichnet. In diesem Fall ist die Behandlung schwieriger, und nur 20 Prozent der Betroffenen fühlen sich richtig und mit Erfolg therapiert. Dazu kommt, dass chronische Schmerzen extrem hohe direkte und indirekte Kosten für unser Gesundheitssystem mit sich bringen.

Innovative Therapien sind notwendig, um die Lebensqualität betroffener Patienten zu verbessern. Mit Medikamenten alleine ist es aber meist nicht getan. Der Patient muss auch körperlich aktiv werden, denn bei moderater Bewegung werden weniger Entzündungsfaktoren freigesetzt und die Schmerzhemmung des Körpers wird positiv beeinflusst. Insgesamt ist ein gesunder Lebensstil essentiell.

Foto: © shutterstock.com/ Freedomz

Experten informierten über therapeutische Maßnahmen*

Hausarzt medizinisch

Ernährungsmedizin: Teller statt Pyramide Bereits Hippokrates bezeichnete den Darm als „Wurzel aller Gesundheit“. Grund genug, den Fokus auf die Ernährung und damit auf ein gesundes Mikrobiom zu legen.

Gesunde Öle

Flüssigkeiten Wasser und Tee

Getreide aus Vollkorn + stärkehaltiges Gemüse

Der gesunde Teller Bewegung: Täglich körperliche Bewegung!

Flüssigkeit: Nehmen Sie – je nach körperlicher Tätigkeit – ausreichend Flüssigkeit zu sich und bevorzugen Sie Wasser, Mineralwasser und ungesüßte Tees.

Gemüse

Gemüse: Gemüse macht den größten Anteil des gesunden Tellers aus. Wählen Sie frisches Gemüse, nach regionalem und saisonalem Angebot.

Obst: Essen Sie täglich in Maßen frisches Obst aller Art und Farbe, nach regionalem und saisonalem Angebot.

Getreide aus Vollkorn + stärkehaltiges Gemüse: Wählen Sie Getreideprodukte aus Vollkorn (Vollkornbrot, -nudel, -reis, -zerealien). Auch stärkehaltige Gemüsesorten wie Kartoffeln oder Kürbis eignen sich als Beilagen. Achten Sie dabei auf eine kalorienarme Zubereitung.

Eiweißquellen:

Eiweißquellen

Gesunde Fette:

Foto: © OEAIE

Obst Gehirn- und Gedächtnistraining Soziale Kontakte

Bleiben Sie aktiv!

Bevorzugen Sie Fisch, fettarme Milchprodukte, Joghurt, mageres helles Fleisch, Eier, Hülsenfrüchte und Nüsse. Achten Sie daneben auf einen maßvollen Umgang mit rotem, sowie sehr fettem und stark verarbeitetem Fleisch.

Verwenden Sie zum Kochen und Backen hochwertige Pflanzenöle wie Raps- und Olivenöl. Auch Nüsse und Samen liefern gesunde, pflanzliche Fette. Gesunde Fette sind auch wichtig zur Sättigung und als Geschmacksträger. Bei Butter und anderen tierischen Fetten empfiehlt sich hingegen eine sparsame Verwendung.

Der „Gesunde Teller“ zeigt anschaulich, dass die Hälfte der Mahlzeit aus Obst und Gemüse sowie je ein Viertel aus Vollkornprodukten und Proteinen besteht.

Foto: © Kurt Widhalm, privat

Der Lifestyle unsere Zeit ist in vielerlei Hinsicht durch ein Übermaß geprägt.

Besonders in puncto Ernährung. Wir essen zu viel – und dabei häufig vom Falschen. Lange Zeit war die sogenannte Ernährungspyramide bei der Auswahl der Lebensmittel von großer Bedeutung. Mittlerweile wurde sie vom „Gesunden Teller“ verdrängt, der zeigt, in welchem Verhältnis die einzel-

Experte zum Thema: Univ.-Prof. Dr. Kurt Widhalm Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE)

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nen Nahrungsmittel zusammengestellt werden sollen. Dazu meint Univ.-Prof.

Dr. Kurt Widhalm, Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE): „Gesunde Ernährung ist heutzutage sehr gut definiert und zeichnet sich durch einfache Maßnahmen aus. Einer der wichtigsten Punkte ist eine drastische Reduktion des Fleischkonsums. So sollten täglich nicht mehr als 35 g Fleisch verzehrt werden. Bei Obst, Gemüse und Ballaststoffen darf hingegen zugegriffen werden. Der ,Gesunde Teller‘ wurde von der Harvard Medical School entwickelt und zeigt auf anschauliche Weise, dass die Hälfte des Tellers aus Obst und Gemüse besteht,

ein Viertel aus Vollkornprodukten und ein Viertel aus Proteinen. Letztere können auch pflanzlichen Ursprungs sein, etwa Hülsenfrüchte oder Nüsse.

Bei tierischen Produkten sollte Fisch oder Geflügel der Vorzug gegeben werden.“

Wunderwaffe Mikrobiom Dass eine gesunde und damit auf pflanzliche Produkte fokussierte Ernährung auch schonender für unsere Umwelt ist, liegt auf der Hand. Denn für die Produktion von 1 g Fleisch werden 6 g pflanzliches Protein benötigt, der Transport und die Haltung der Tiere erhöhen den CO2-Ausstoß, darüber hi-

Hausarzt medizinisch

„Das Metabolische Syndrom kann nachweislich durch mehr körperliches Training ohne Medikamente rückgängig gemacht werden.“ naus wird viel Stickstoff freigesetzt. Zusätzlich beeinflusst eine gesunde Ernährung unseren Darm positiv, und damit die Darmflora, die auch Mikrobiom genannt wird und aus Bakterien besteht. Prof. Widhalm: „Diese Bakterien können – je nachdem, welche Bakterienstämme vorherrschen – immunologische, aber auch metabolische Wirkungen auf unseren Körper ausüben. Hier ist ein völlig neues Forschungsgebiet entstanden, das Zusammenhänge mit verschiedenen Krankheiten aufzeigt. Etwa mit Asthma, Infektionskrankheiten, Diabetes oder allergischen Erkrankungen.“

ICH SEH, ICH SEH, WAS DU NICHT SIEHST…

Übergewicht – die Geisel unserer Zeit Immer mehr Menschen leiden unter Übergewicht, insbesondere in Krisen wie in der aktuellen. Besonders deutlich zeigt sich das bei Kindern, die im Rahmen der Projektstudie EDDY-Kids des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE) untersucht wurden. So haben die Kids im Jahr 2020 während eines sechsmonatigen Beobachtungszeitraums durchschnittlich 4,5 Kilogramm Gewicht zugenommen. „Kinder müssen auf Grund dieser alarmierenden Zahlen zu sportlicher Betätigung motiviert werden“, so Prof. Widhalm. „Das Homeschooling und der dadurch eingeschränkte Turnunterricht zeitigen schnell negative Folgen. Hier muss dringend gegengesteuert werden.

Etwa mit einem kindgerechten Online-Training, in das die ganze Familie einbezogen wird. Denn auch die Erwachsenen klagen über Gewichtszunahme, da sie im Homeoffice leichter Zugang zu Lebensmitteln und viel mehr Gelegenheiten zum Snacken haben. In Bezug auf das Metabolische Syndrom – also Übergewicht, Insulinresistenz, Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck – ist erwiesen, dass es durch mehr körperliches Training ohne Medikamente rückgängig gemacht werden kann.“ Gabriella Mühlbauer

X Tipps für eine gesunde Ernährung Tierische Produkte in Maßen genießen.

Gesunde Fette bevorzugen.

Pro Tag mindestens 2 Liter Wasser oder ungesüßte Tees trinken.

Natürliche Produkte bevorzugen.

Zucker und Salz einschränken.

HOHE WERTE SIND UNSICHTBAR

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Saisonale Produkte aus der Region bevorzugen.

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Hausarzt medizinisch

Neue Perspektiven für Schmerzpatienten Unter dem Diagnosecode MG 30 wird es ab Jänner 2022 Schmerzdiagnosen geben. Mit dem Inkrafttreten der ICD11 erklärt die WHO Schmerz auch zu einer Krankheit und löst dadurch die 30 Jahre alte ICD-10 ab, in welcher Schmerz lediglich als Symptom galt. Unser Gesundheitssystem wird sich damit auseinandersetzen und die Rahmenbedingungen für eine gut organisierte Behandlung chronisch Schmerzgeplagter neu gestalten müssen.

Allein die Fallzahlen in Österreich sprechen eine deutliche Sprache: Rund 1,6 Millionen Menschen neigen zu Schmerzerkrankungen. Rund 350.000 gelten als schwer Betroffene. Jeder Vierte bis Fünfte zählt zur Klientel „Chronisch Kranker“ eines Allgemeinmediziners und fällt in einen Cluster aus Schmerz, Depression, Angststörung, Schlafstörung und entzündlich degenerativen Problemen. Jede dritte bis vierte Familie teilt ihr Schicksal mit dem eines schwer chronifizierten Schmerzpatienten. Dennoch ist dieser Zustand nicht anerkannt, und vielen der „lästigen“ Schmerzpatienten wird unterstellt,

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keinen „ehrlichen“ Leidensdruck zu haben.

„Verpatzte“ Schmerztherapien sind teuer Der neue Diagnosecode dürfte für den Hausarzt nicht nur einen Mehraufwand, sondern auch eine Bereicherung und Aufwertung mit sich bringen. Seit 20 Jahren ist das Recht auf eine ausreichende Schmerztherapie in Österreich festgeschrieben. Das konnte allerdings bis heute nur für den akuten Schmerz umgesetzt werden, und das oft lückenhaft. Für chronischen Schmerz (= für die „Krankheit Schmerz“) sind jedoch multimodale und interdisziplinäre Verfahren verpflichtend, die in Österreich nur sehr eingeschränkt zur Verfügung stehen.

Autor: Dr. Martin Pinsger FA für Orthopädie, Schmerztherapie SCHMERZ-KOMPETENZ-ZENTRUM, Bad Vöslau

Chronischer Schmerz ist eine langwierige, komplexe, häufig therapieresistente Krankheit. Wird sie nicht multimodal behandelt, kann eine Erkrankung auch invalidisieren. Dessen sind sich bis heute leider weder die Betroffenen noch die Gesellschaft noch die Ärzte und Therapeuten vollends bewusst.

Nach wie vor gibt es nur in wenigen Spitälern „Schmerzabteilungen“, die zudem meist monodisziplinär organisiert sind. Hinzu kommt: Spitäler sind seit der Einführung leistungsorientierter Krankenanstaltenfinanzierung (LKF) zu reinen Leistungserbringern geworden, wobei Einzelleistungen im Vordergrund stehen. Eine längerfristige multimodale und interdisziplinäre und damit nachhaltige The-

„Hausärzte können als Generalisten den Überblick bewahren.“

Foto: © Schmerzkompetenzzentrum

Die ICD-11 der WHO beinhaltet erstmals Schmerz als Krankheit – eine überfällige Entscheidung

Hausarzt medizinisch (2015 in Deutschland ca. 60 Milliarden Euro!). Daher stellen die Früherkennung von Risikopatienten und in weiterer Folge vor allem die ausreichende Begleitung von Schmerzkranken eine der ersten und wichtigsten Aufgaben dar.

ICD-11: Das Beste daraus machen!

rapieform ist dabei nicht angedacht.

Schon während meiner orthopädischen Ausbildung in den späten 1980erJahren umfasste der Ausbildungskatalog 65 Seiten über Operationen

und nur 1,5 Seiten zum Thema „konservativ schmerztherapeutische Ausbildung“.

Die Kosten für „verpatzte“ Schmerztherapien gehen in die Milliarden

Mit der ICD-11 der WHO soll Schmerzpatienten nun eine vermehrt individualisierte Versorgung geboten werden.

Das beinhaltet einerseits die schnellere Behandlung von Akutpatienten, andererseits die multimodale Betreuung von chronisch Schmerzkranken in interdisziplinären Netzwerken. Solche Strukturen sind unbedingt zu fördern und sollten im Gesundheitssystem mit Nachdruck implementiert werden. Eine intensivere Vernetzung und eine stärkere Verdichtung des Betreuungsbedarfs benötigen Organisation, Kommunikation und Zeit.

Mit der Abgeltung von Einzelleistungen ist es nicht getan. Auch eine 5-MinutenMedizin ist diesbezüglich nicht hilfreich.

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Hausarzt medizinisch Die Ärzteausbildung wird überdacht werden müssen, um den bislang „stiefmütterlich“ behandelten Bereich der Schmerztherapie neu auszurichten.

Hierbei geht es nicht nur um Intervention und Pharmakotherapie, sondern auch um psychosozial fürsorgliche Begleitung.

Allgemeinmediziner sollten ermutigt und unterstützt werden, sich mit Therapeuten und anderen Fachkollegen zusammenzutun, um so die Herausforderungen, die eine multimodale Behandlung mit sich bringt, zu meistern.

Dabei kann es nicht um Zwang oder Verpflichtung gehen, denn: Eine gute Schmerztherapie ist immer auf „Augenhöhe“ mit Therapeuten, Kollegen und Schmerzpatienten durchzu­ führen.

Die so dringend benötigte Behandlung chronischer Schmerzen gehört in die Hände der Hausärzte. Diese können als Generalisten den Überblick bewahren und kennen die Zusammenhänge. Mit der klaren Aufwertung der Schmerztherapie beim Hausarzt könnte ein Umschwung von einer Medizin mit Anhäufung von Einzelleistungen hin zu einer wesentlich sinnvolleren Betreuung und Begleitung von chronisch Kranken gelingen. Erst durch die konsequente Verbesserung von Kompetenz und Selbstwirksamkeit des Patienten sind langfristige Verbesserung des Krankheitsverlaufes und die Senkung der hohen Kosten für die Allgemeinheit möglich. Die Erkenntnis darf jedoch nicht „diktiert“, sondern sollte gefördert und auch finanziell belohnt werden.

Eine Verpflichtung, sich in einer Art von „Schmerz PHC“ organisieren zu müssen, wäre kontraproduktiv.

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Umdenken bei Therapien notwendig Im Rahmen dieser Umstrukturierung von Therapiesträngen muss außerdem die ärztlich verordnete Behandlung mit Cannabinoiden überdacht und aufgewertet werden*. Denn NSAR, bei Akutschmerzen sehr effektiv, versagen beim chronischen Schmerz kläglich. Hier ist ein Umdenken erforderlich, da die oft jahrzehntelange Betreuung von Schmerzpatienten mit stark organbelastenden Medikamenten vielfältige negative Auswirkungen zeigt. Ohne Rückvergütung durch die Kassen sind Cannabinoide (THC und CBD) immer noch sehr teuer und somit für viele Schmerzgequälte unerschwinglich.

20 Jahre klinische Erfahrung mit chronischen Schmerzpatienten haben mir vielfach bewiesen: Eine ärztlich kon­ trollierte Gabe von Cannabinoiden ist für chronische Schmerzpatienten oft unverzichtbar. Sowohl CBD (leichte Schmerzen, Entzündung, Schlaflosigkeit und Angst) wie auch THC (starke und stärkste Schmerzen, Schlaflosigkeit, Muskelverspannung und fehlende Distanz zum Leid sowie mangelhafte Regeneration) haben sich bewährt und verhindern nachweislich Multimedikation und Polypharmazie.

ihre Lebensumstände schildern lassen und ihnen Glauben schenken. Häufig sind ihre Biografien seit frühester Kindheit voll von Stresserlebnissen. Viele Patienten öffnen sich jedoch dem Arzt nicht mehr, weil sie schon zu oft erleben mussten, dass sie nicht verstanden wurden. Diese „verprellten Schmerzpatienten“ ziehen sich dann vollkommen zurück und flüchten in eine nicht ungefährliche Selbst- und Multimedikation ohne ärztliche Begleitung. Ergreifen wir daher die Chancen, die sich durch die Neuformulierung der ICD-11 für chronisch kranke Schmerzpatienten und die Gesellschaft insgesamt ergeben werden! <

*Fortbildungsseminar: www.cannabinoide.at

X HAUSARZT-Buchtipp Martin Pinsger, Thomas Hartl: Krankheit Schmerz. Endlich Hilfe für Patienten.

Ennsthaler-Verlag 2021, ISBN-10 3709501261;

Solatio et Salutio Aegrorum „Zum Heil und zum Trost der Kranken“: Chronisch Kranke suchen nicht nur Heilung, sondern auch Verständnis und Trost. Die Identifikation von Schmerzpatienten ist relativ einfach – man muss sie neben den Symptomen einfach nur

Dem Schmerz entkommen.

Goldmann-Verlag 2019, ISBN-10 3442178096

Hausarzt medizinisch

Fokussierung auf Schmerz­ tage reicht nicht

In der Behandlung von Migräne reicht eine Fokussierung auf die Anzahl der Schmerztage nicht aus. Denn diese Kopfschmerzerkrankung geht mit erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität einher und eine rein quantitative Bewertung sagt nichts über Aspekte wie die Ausprägung der Kopfschmerzen, Begleiterscheinungen und -erkrankungen aus. So etablieren sich zunehmend neue Begriffe, etwa „Total Pain Burden“, welche das Befinden und die Lebensqualität des Patienten in Summe erfassen.

Die „Interictal Burden“ beschreibt, wie es dem Patienten zwischen den Migräneattacken geht.

Begleiterscheinungen und -erkrankungen

Foto: © Felix Müller, privat

Wirft man einen Blick auf den Verlauf einer Migräneattacke, wird sogleich ersichtlich, dass nicht nur die Kopfschmerzen an sich die Lebensqualität beeinträchtigen. Dr. Felix Müller, Leiter der Kopfschmerzambulanz am Landesklinikum Mistelbach-Gänserndorf, gibt zu bedenken, dass auch die Phasen, in denen keine Kopfschmerzen bestünden, häufig mit Begleiterscheinungen einhergingen (siehe Grafik, S. 44). „Wenn wir die einzelnen Zeiten zusammenrechnen, dann kann eine einzelne Migräneattacke fünf bis sechs Tage andauern, in denen die Patienten nicht die volle Leistungsfähigkeit haben, und das stellt natürlich eine enorme Belastung für Betroffene dar“, betont der Experte.

Die Migräneattacken haben auch beträchtliche Auswirkungen auf das sozia-

Experte zum Thema: Dr. Felix Müller Abteilung für Neurologie, Leitung der Kopfschmerzambulanz, Landesklinikum Mistelbach-Gänserndorf

le Umfeld und den beruflichen Bereich. „In einer rezenten Untersuchung von Migränepatienten hat ein Drittel angegeben, dass sich die Kopfschmerzerkrankung negativ auf die berufliche Weiterentwicklung auswirke, 45 % verlieren sogar mehr als 20 Tage im Jahr aufgrund der Migräne und nur die Hälfte ist der Auffassung, dass ihnen am Arbeitsplatz Verständnis für ihre Erkrankung entgegengebracht werde. All diese Faktoren führen dann, wenig verwunderlich, zu weiterem Stress und Belastungen bei Patienten mit Migräne bei denen ohnehin gehäuft Erkrankungen wie z. B. Depressionen, Angststörungen, Panikattacken, Adipositas und andere Schmerzsymptome gefunden werden. Auch Schlaganfälle treten ebenfalls etwas häufiger auf, insbesondere bei Migräne mit Aura“, führt der Experte aus. Daher sei es wichtig, dass der behandelnde Arzt gezielt auf die erwähnten Belastungsfaktoren im Gespräch mit dem Patienten eingehe und bei bestehenden Begleiterkrankungen spezifische Therapien in die Wege leite, macht Dr. Müller aufmerksam.

Umfangreiche Anamnese Um eine Migräneerkrankung gezielt behandeln zu können, bedarf es selbstverständlich der richtigen Diagnosestellung. Dafür ist in erster Linie eine umfangreiche Anamnese vonnöten, in einigen Fällen helfen Zusatzbefunde wie eine MRT oder seltener ein EEG um Differentialdiagnosen abzuklären.

Die Patienten werden zu diesem Zweck gebeten, ein Kopfschmerztagebuch zu

„Der behandelnde Arzt sollte gezielt auf Belastungs­ faktoren und Begleit­ erkrankungen eingehen.“

Foto: © shutterstock.com/ Lightspring

Migräne: Lebensqualität gewinnt an therapeutischer Bedeutung

führen. Aufgezeichnet werden sollten alle Kopfschmerztage, also auch jene Schmerzen, die nicht als Migräne empfunden werden, denn „immer wieder leidet ein Migränepatient an mehr als nur einer Form des Kopfschmerzes“, erklärt Dr. Müller. Darüber hinaus werden abgefragt: die Dauer, Stärke und Lokalisation der Kopfschmerzen, Begleitsymp­ tome und jegliche Medikamenteneinnahme (inklusive der Dosierung und der Erfahrung, ob die Schmerzmitteleinnahme zur Linderung der Symptomatik geführt hat). „Idealerweise sollte ein Kopfschmerztagebuch auch immer vom Hausarzt angeregt werden“, so der Experte.

Wirksame Akuttherapie finden Eine effektive Akuttherapie zielt auf eine Besserung der Schmerzsymptomatik binnen zwei Stunden ab. In allen Fällen können Basismaßnahmen empfohlen werden (Schlaf, Entspannung, Reizabschirmung, Liegeposition). Welche medikamentöse Maßnahme greift, ist bei den Patienten individuell unterschiedlich und bedarf daher häufig mehrerer Erprobungsschritte. Allen medikamentösen Maßnahmen ist gemein, dass sie möglichst frühzeitig im Rahmen der

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Hausarzt medizinisch Kopfschmerzattacke und in ausreichend hoher Dosierung eingesetzt werden sollten. Versagen herkömmliche Schmerzmittel in der Akuttherapie, kann auf die Substanzgruppe der Triptane umgestiegen werden. Triptane greifen spezifisch in den Wirkmechanismus der Migräne ein. Ein Vorteil der Triptane sind die unterschiedlichen Darreichungsformen (Tabletten, Nasenspray, Spritze s. c.).

Zeigt das angewendete Triptan keine Wirkung oder wird schlecht vertragen, können andere Triptane eingesetzt werden.

Zu beachten ist das Problem des medikamenteninduzierten Kopfschmerzes.

Zehn Tage Schmerzmitteleinnahme im Monat stellen hierbei die kritische Schwelle dar. Wird jene Schwelle überschritten, sollte spätestens jetzt eine Überweisung an eine neurologische Abteilung – idealerweise mit einer integrierten Kopfschmerzambulanz – erfolgen, wo gegebenenfalls ein Medikamentenentzug eingeleitet werden kann.

rien: ≥ drei Migräneattacken/Monat, besonders lang andauernde Attacken oder stark beeinträchtigende Aurasymp­tome, schlechtes Ansprechen/Vertragen der Akuttherapie, Gefahr eines medikamenteninduzierten Kopfschmerzes oder nach einem migränösen Hirninfarkt.

Zur Indikation und Auswahl der am besten geeigneten Prophylaxe sollten Migränepatienten zum Facharzt für Neurologie überwiesen werden.

Eine Reihe nichtmedikamentöser Prophylaxemaßnahmen hat sich bewährt.

Zu jenen Maßnahmen zählen Ausdauersport, Lifestyle-Modifikation (Stressreduktion, regelmäßige Schlafens- und Essenszeiten etc.) kognitive Verhaltenstherapie, Biofeedback sowie Akupunktur. „Es ist wichtig zu betonen, dass es wissenschaftliche Daten zur Wirksamkeit dieser Maßnahmen gibt. Gerade nicht-medikamentöse Maßnahmen können Betroffenen auch z. B. vom betreuenden Hausarzt niederschwellig empfohlen werden“, so Dr. Müller.

Die Migräneprophylaxe

Medikamentöse Prophylaxe

Die Prophylaxemaßnahmen verfolgen vorrangig das Ziel, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und die Anfallshäufigkeit um mind. 50 % zu reduzieren. Die Indikation zu einer Migräneprophylaxe besteht bei Vorliegen mindestens einem der folgenden Krite-

„Eine Vielzahl von Substanzklassen ist nachweislich in der Migräneprophylaxe wirksam. Zur Verfügung stehen Medikamente aus der Epilepsiebehandlung, Blutdrucksenker, Antidepressiva, Botox sowie Nahrungsergänzungsmittel, beispielsweise Magnesium. Die neuesten Medikamente für die Migränepro-

phylaxe stellen die CGRP-Antikörper dar, die seit drei Jahren auf dem Markt sind“, führt Dr. Müller aus. Jene Antikörper wurden spezifisch für die Migränetherapie entwickelt. CGRP steht für „Calcitonin-gene-related Peptide“. Es handelt sich um ein Neuropeptid, das während einer Migräneattacke deutlich stärker ausgeschüttet wird. „Man hat hier wirklich eine Schlüsselstelle im Migränemechanismus gefunden und es ist gelungen, diese in der Therapie zu nützen“, zeigt sich der Experte überzeugt.

Es gibt derzeit drei Präparate, die allesamt als Spritze zu verabreichen sind, in der Regel einmal monatlich, auch quartalsweise bei einem Präparat. Erstattet wird Migränepatienten die Behandlung, wenn die Erstverordnung durch einen Neurologen erfolgt, mindestens vier Migränetage im Monat vorkommen und mindestens drei vorherige Therapien wirkungslos blieben, nicht vertragen wurden oder andere Prophylaxemedikationen kontraindiziert sind. So sei die Verordnung zwar noch maßgeblich an die Migränetage gebunden, aber „wir wissen, dass auch die ,Interictal Burden’ und die ,Total Pain Burden’ mit diesen Antikörpern sehr gut therapierbar sind und die Lebensqualität unserer Migränepatienten deutlich steigt“, hat Dr. Müller abschließend Erfreuliches zu berichten.

Anna Schuster, BSc

X Grafik: Die Phasen einer Migräneattacke und mögliche Begleiterscheinungen

Mögl. Begleitsymptome, z. B.: Gereiztheit Heißhunger

Bei etwa 20 % der Patienten Aurasymptomatik, z. B.: vorübergehende Sehstörungen, Missempfindungen, Sprachstörungen

Müdigkeit, Konzentrationsstörungen

Typischerweise starker, oft einseitiger pulsierender/ pochender Kopfschmerz Meist Müdigkeit und Erschöpfung Kopfschmerzen

Übelkeit und Er­ brechen

Nackenverspannungen

Licht- und Lärm­ empfindlichkeit Ausgeprägtes Ruhe­ bedürfnis Frühphase

Aura

1-2 Tage

1 Std.

Kopfschmerzphase 4–72 Std.

Kopfschmerzen werden leichter, teils noch starkes Erbrechen Auflösungsphase

Erholungsphase 24 Std. Quelle: Dr. Felix Müller

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Hausarzt medizinisch

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Hausarzt medizinisch

COVID-19: Hormon als Hoffnungsträger Neue Studien sprechen für Einsatz von Melatonin bei Impfung und Therapie

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Zytokinsturm und oxidativer Stress

Wer wenig schläft, zeigt eine erhöhte Anfälligkeit für verschiedenste Krankheiten, z. B. Diabetes oder Hypertonie – diese Tatsache ist schon lange bekannt.

Ebenso verbreitet ist das Wissen, dass sich die Schlafarchitektur mit zunehmendem Alter ändert: Die Dauer der Nachtruhe verkürzt sich, während chronische Schlafstörungen häufiger werden.

Das Hormon Melatonin spielt dabei eine wichtige Rolle. Es steuert den Schlafwach-Rhythmus, aber besitzt auch antiinflammatorische, antioxidative und immunmodulierende Eigenschaften.1 Seit 2020 mehren sich die Studien, die über einen Zusammenhang zwischen Infektionskrankheiten wie COVID-19 und Melatonin berichten. Nachfolgend wird dargestellt, über welche Mechanismen das Hormon Infektionen und schwere Krankheitsverläufe verhindert.

Zudem könnte der Botenstoff sogar dazu beitragen, die Immunantwort im Rahmen der Impfung gegen SARSCoV-2 zu verstärken.2

Gesteigerte Infektionsgefahr Menschen über 60 Jahre – vor allem jene mit kardiovaskulären oder pulmonalen Vorerkrankungen – haben ein höheres Risiko, im Falle einer Infektion mit dem Coronavirus einen schweren Verlauf zu erleiden. Daran ist nicht zuletzt die Im-

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munantwort beteiligt, wie zwei Studien aufzeigen konnten: Bei Patienten, die einen schweren Verlauf hatten oder sogar verstarben, zeigten sich bei der Aufnahme im Krankenhaus eine verminderte Anzahl von Lymphozyten im Blut sowie eine größere Menge des Entzündungsmarkers IL-6.3,4 Als mögliches Bindeglied zwischen der erhöhten Krankheitsanfälligkeit samt verminderter Immunantwort und einem fortgeschrittenen Lebensalter wird nun Melatonin diskutiert, da die nächtliche Produktion des Hormons in der Zirbeldrüse im Verlauf des Lebens abnimmt.

Insbesondere für ältere Menschen mit Komorbiditäten empfehlen die Studienautoren daher eine Supplementation von Melatonin zur Stärkung der Immunabwehr. Auch für Arbeitskräfte im Gesundheitswesen sprechen sie sich für eine solche Prävention aus.1

Bei COVID-19-Patienten ist allerdings nicht nur eine mangelnde Immunantwort, sondern auch eine überschießende Abwehrreaktion, resultierend in einem Zytokinsturm, ein Problem.

Eine Umstellung im Stoffwechsel der Monozyten/Makrophagen führt dazu, dass sehr viele Zytokine – wie auch der zuvor genannte Entzündungsmarker IL-6 – gebildet werden. Diese Umstellung im Zellstoffwechsel hat zugleich einen Einfluss auf die Melatoninproduktion. Denn das Hormon wird nicht nur in der Zirbeldrüse, sondern auch in den Mitochondrien der Körperzellen gebildet – jene intrazelluläre Produktion wird aber gestoppt, sobald sich der Stoffwechsel der Monozyten/ Makrophagen auf aerobe Glykolyse umstellt. Entstehende freie Radikale schädigen das Gewebe, etwa jenes der Lunge.5 Ist allerdings genügend Melatonin vorhanden, kann der Stoffwechsel der Zellen von proinflammatorisch auf antiinflammatorisch umprogrammiert werden.2 Melatonin ist außerdem in der Lage, eine große Anzahl freier Radikale zu binden und so den oxidativen Stress zu reduzieren. Pro Melatonin-Molekül können bis zu zehn freie Radikale gebunden werden – im Gegensatz zu Antioxidantien wie Vitamin C und E, die jeweils nur eine Bindungsstelle besitzen.

Zudem könnte das Hormon dazu beitragen, Spätfolgen wie eine Lungenfibrose zu verhindern.6

Das Wichtigste in Kürze Melatonin stellt ein mögliches Bindeglied zwischen der erhöhten Krankheitsanfälligkeit samt verminderter Immunantwort und einem fortgeschrittenen Alter dar.

Das Hormon vermag es, einerseits die Immunantwort zu stimulieren, andererseits bei einer überschießenden Immunreaktion eine antiinflammatorische Wirkung zu entfalten.

Gerade bei älteren Patienten mit eingeschränkter Immunantwort sprechen sich Forscher für einen adjuvanten Einsatz von Melatonin im Rahmen der Coronaimpfung aus. Zudem könnte das Hormon schwere Verläufe verhindern. Empfohlen wird ein Retard-Präparat mit einer Dosierung von 2 mg pro Tag.

Hausarzt medizinisch Melatonin ist also imstande, zwei verschiedene Effekte zu entfalten: Einerseits stimuliert es die Immunantwort, andererseits ist bei einer überschießenden Immunreaktion auch eine antiinflammatorische Wirkung möglich.7

Adjuvanter Einsatz bei Impfung Die Verabreichung von Melatonin erzielte in Studien über onkologische Impfstoffe bereits nachweislich eine Steigerung der Anzahl von B- und TZellen bei den Patienten. Vor allem die T-Zellen des Typs CD4+ scheinen für eine anhaltende Immunität wichtig zu sein. Gerade bei älteren Patienten, deren Immunantwort ohnehin eingeschränkt ist, sprechen sich Forscher für einen adjuvanten Einsatz des Hormons im Rahmen der Coronaimpfung aus.

Wegen des generell positiven Effekts auf das Immunsystem, etwa durch seine antioxidative Wirkung, könnte Melatonin womöglich auch unerwünschten Impfreaktionen entgegenwirken.2 Die Studienautoren unterstreichen ebenso die positiven Auswirkungen, welche

höhtes Risiko, ein Delir zu erleiden. Bei die Gabe von Melatonin auf die Effekeiner COVID-19-Erkrankung zeigen tivität der Impfung haben könnte. Sie etwa 15 % der Hospitalisierten Zeichen empfehlen eine Dosierung, die eine auseiner Bewusstseinstrübung, manche von reichende Plasmakonzentration des ihnen fallen ins Koma. Auch hier ist die Hormons für zumindest sieben bis acht Anwendung von Melatonin laut ForStunden während der Nacht aufrechtschern zu erwägen, erhält. Da die Halbwertszeit von Mela- Wegen des generell positiven vor allem, da die tonin im Blut gering Effekts auf das Immunsystem Verabreichung von Benzodiazepinen ist, müssen Medikakönnte Melatonin womöglich oder Antipsychotimente mit rascher auch unerwünschten Impf­ ka die Delir-SympWirkstofffreisetzung reaktionen entgegenwirken. tome verschlechtern relativ hoch dosiert kann. Werden Pawerden – allerdings tienten mit Melatonin behandelt, versind suprapharmakologische Mengen zu kürzt sich die Aufenthaltsdauer auf der vermeiden, da sonst die Immunantwort Intensivstation und sinkt die Prävalenz abnimmt. Bei Retard-Präparaten empdes Delirs. Außerdem verbessert sich die fehlen die Forscher eine Dosierung von Schlafqualität.2 2 mg pro Tag.6 Mag.a Marie-Thérèse Fleischer, BSc

Auch Intensivpatienten profitieren Ein weiterer Einsatzbereich von Melatonin scheint im Zusammenhang mit dem Coronavirus sinnvoll: Hospitalisierte ältere Patienten haben bei Infektionen und medizinischen Eingriffen ein er-

Quellen: 1 Reiter RJ et al., Front Med 2020; 7: 226.

2 Cardinali DP et al., Diseases 2020; 8: 44.

3 Dai SP et al., J Nutr Health Aging 2021; 25: 18-24.

4 Trecarichi EM et al., Sci Rep 2020; 10: 20834.

5 Reiter RJ et al., Med Drug Discovery 2020; 6: 100044.

6 Shneider A et al., Int Rev Immunol 2020; 39(4): 153-162.

7 Maestroni G, J Neuroimmune Pharmacol 2020; 15: 572-573.

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Hausarzt extra

Von Beruf: „Community Nurse“ Pflegefachkräfte sollen künftig präventive Hausbesuche machen können

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sein. Wobei wir eine Übergangsfrist von drei bis maximal fünf Jahren andenken, in denen diplomierte Pflegepersonen bereits als Community Nurses aktiv sein können und gleichzeitig die Fortbildung nachholen.“ Viele Pflegekräfte sehen in diesem neuen Berufsfeld eine Aufwertung der Pflege an sich sowie die Ausweitung ihrer Tätigkeitsfelder.

Keine Konkurrenz mit anderen Gesundheitsberufen

In vielen Ländern, etwa im angelsächsischen Raum oder in Skandinavien, können Hausärzte die Durchführung von Hausbesuchen teilweise schon an sogenannte Community Nurses delegieren. Die vorteilhafte Wirkung dieser präventiven Versorgung auf die Gesundheit der Bevölkerung ist wissenschaftlich gut belegt. In Österreich sieht das aktuelle Regierungsprogramm vor, dass bald bundesweit in 500 Gemeinden auch Community Nurses tätig werden. „Wir hoffen auf einen Startschuss noch in diesem Jahr“, sagt Mag.a Elisabeth Potzmann vom Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflege Verband (ÖGKV). „Unterschiedliche Organisationen werden sich mit Projekten beteiligen, so auch wir als Berufsverband.“

Was ist der Mehrwert?

Familiengesundheitspflege lautet der deutsche Begriff für das Tätigkeitsfeld.

Während die mobile Pflege in einem klar definierten Feld mit klar definiertem Auftrag handelt – mit vorgegebenem Zeitkontingent! –, hat die Community Nurse mehr freie Hand. Sie denkt an den Fall, betreibt Case und Care Management: Was braucht der Patient zum jeweiligen Zeitpunkt? Was benötigen die Angehörigen? Im Zuge dessen übernimmt sie die Beratung und Koordination.

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„Die COVID-19-Pandemie hat sichtbar gemacht, wie wichtig die kompetente professionelle Gesundheits- und Krankheitspflege für das österreichische Gesundheitssystem ist“, hebt Mag.a Potzmann hervor. „Community und School Nurses wären auch in der PandemieBewältigung eine wertvolle Struktur, etwa wenn es darum geht, Testungen strukturiert in Angriff zu nehmen oder Hygienemaßnahmen gezielt vor Ort durchzuführen.“

Aufwertung der Pflege Die Details zur bundesweiten Umsetzung sind derzeit noch nicht bekannt.

Mit der Projektierung ist die Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) beauftragt. In puncto Ausbildung reiche zu Beginn das Diplom Gesundheits- und Krankenpflege aus – im Idealfall verfügten Kandidaten außerdem über Erfahrung in der mobilen Pflege, meint Mag.a Potzmann: „Bei Aufgabenerweiterungen wird in einem nächsten Schritt eine zusätzliche Ausbildung vonnöten

Expertin zum Thema: Mag.a Elisabeth Potzmann Österreichischer Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV)

Mag.a Karin Martin

„Wir hoffen, dass der Startschuss für das Projekt Community Nurse noch heuer gegeben wird.“

Foto: © Elisabeth Potzmann, privat

Die Community Nurse könnte künftig dem Arzt Hausbesuche abnehmen.

„Die Vernetzung mit den anderen Gesundheitsberufen ist eine zentrale Aufgabe der Community Nurse. Sie steht aber nicht in Konkurrenz mit anderen Gesundheitsberufen“, betont Mag.a Potzmann. „So wird auch nicht das Hausarztsystem in Frage gestellt. Die Community Nurse ist quasi ein Add-on bzw. eine Ergänzung der bestehenden Strukturen, um Versorgungsmängel zu beheben.“ So müsse beispielsweise in einer Primärversorgungseinheit nicht der Hausarzt alle Hausbesuche machen.

Oft reiche es, wenn die Community Nurse sie übernehme und dem Mediziner Rückmeldung gebe. Allerdings wäre es der Standesvertreterin lieber, wenn die Einrichtungen nicht immer unter ärztlicher Leitung und die Pflegekräfte nicht unbedingt Angestellte wären. „Ich fände es schöner, wenn wir auch freiberuflich agieren und selbst Aufträge annehmen könnten“, führt sie aus. Das funktioniere in anderen Ländern gut, sei in Österreich aber nur eingeschränkt möglich, weil Pflegepersonen keine Verträge mit der Sozialversicherung abschließen und somit keine Leistungen über sie abrechnen könnten. Hier bestehe noch politischer Handlungsbedarf.

Hausarzt extra

Risikopatienten im Mittelpunkt

Foto: © shutterstock.com/ Prakasit Nuansri

Die wissenschaftliche Evaluierung des Programms „niere.schützen“ zeigte, dass das Projekt noch nicht optimal in steirischen Hausarztpraxen implementiert ist. Das bestehende Konzept wurde nun adaptiert und wird unter dem Namen „niere.schützen 2.0“ neu ausgerollt.

Durch den weltweiten Anstieg chronischer Nierenerkrankungen nimmt der Handlungsdruck zu, die Bevölkerung für die – meist lange symptomlose – chronische Niereninsuffizienz zu sensibilisieren. Aufgrund der natürlichen Abnahme der Nierenfunktion ab dem 40. Lebensjahr (um ein bis zwei Prozent pro Jahr) weist mehr als die Hälfte der über 70-jährigen Bevölkerung eine deutliche Einschränkung der Nierenfunktion auf.

Davon sind jedoch jene Hochrisikopatienten zu unterscheiden, deren Nierenfunktion sich wesentlich schneller verschlechtert und die dadurch besonders gezielter, progressionsverzögernder Maßnahmen bedürfen. Dazu zählen vor allem Patienten mit Diabetes und Hypertonie, welche zudem ein erhöhtes Risiko eines kardiovaskulären Ereignisses aufweisen. Daten aus Österreich zeigen, dass ca. 25 % der Diabetiker eine Nierenfunktion unter 60 % aufweisen. Als weitere Risikofaktoren einer chronischen Nierenerkrankung werden Adipositas und eine terminale Niereninsuffizienz in der Familie definiert. Sowohl nationale als auch internationale Guidelines empfehlen daher ein Screening, um Patienten mit den

Autor: Univ.-Prof. Dr. Alexander Rosenkranz Klinikvorstand des Universitätsklinikums für Innere Medizin, Abteilungsleiter der Klinischen Abteilung für Nephrologie, Graz

genannten Risikofaktoren zu identifizieren.

Das Projekt „niere.schützen 2.0“ setzt mit seinem eigens entwickelten Kontrollschema genau bei den genannten Risikofaktoren an und ermöglicht es somit, strukturierte und ressourcenorientierte Maßnahmen zu treffen. Darauf basierend, erfolgt die weitere gemeinsame Betreuung der Patienten im niedergelassenen Bereich sowie in Form einer Beratung durch eine Nephrologin der neu geschaffenen Progressionsambulanz an der Klinischen Abteilung für Nephrologie in Graz. <

Projekt „niere.schützen 2.0“ – steirische Hausärzte gesucht!

Die Früherkennung und Versorgung von CKD anhand vorliegender Risikofaktoren optimieren

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Das Ziel von „niere.schützen 2.0“ ist es, abzuschätzen, wie viele 40- bis 65-Jährige mit vorliegenden Risikofaktoren (z. B. Diabetes, Bluthochdruck) eine chronische Nierenerkrankung (CKD) aufweisen. Ein spezielles Kontrollschema setzt genau an diesen Risikofaktoren an und ermöglicht die Früherkennung und fachgerechte Versorgung der CKD. Das Projekt wird von der Medizinischen Universität Graz und der KAGes im Auftrag des Gesundheitsfonds Steiermark durchgeführt.

Die Vorteile für Hausärzte Pro Patient werden 15 € vergütet (sowohl nach der Baseline-Visite als auch nach der Follow-up-Visite). Die Bestimmung des AlbuminKreatinin-Verhältnisses (ACR) beim herkömmlichen Laborpartner ist kostenlos. Es besteht die Möglichkeit der Nutzung einer eigens eingerichteten Hotline zur Besprechung von

Patienten sowie jene der Überweisung von Patienten an die neu eingerichtete nephrologische Progressionsambulanz am LKH-Univ.Klinikum Graz. Selbstverständlich erfolgt eine Bereitstellung aller relevanten Informationen.

Aufgaben und Ablauf 1. Untersuchung (Baseline) indi­viduell wählbar ab Jänner 2021: • Rekrutierung von 20-40 Patienten innerhalb von acht Wochen anhand vordefinierter Ein- und Ausschlusskriterien (inkl. der Unterzeichnung der Einverständniserklärung durch die Patienten) • Bestimmung der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) und der ACR beim Laborpartner und Planung weiterer Kontrollen laut Kontrollschema • Dokumentation der Patientendaten im Datenerhebungsblatt

2. Untersuchung (Follow-up) nach 12 Monaten: • Bestimmung der eGFR und der ACR beim Laborpartner und ggf. Planung weiterer Kontrollen laut Kontrollschema • Dokumentation der Patientendaten im Datenerhebungsblatt Voraussetzungen für die Projektteilnahme: • § 2-Kassenvertrag für die ärztliche Praxis in der Steiermark • Absolvierung eines Studientrainings – auch online möglich (Dauer: ca. 20 Min.) • Unterzeichnung einer Projektvereinbarung X Kontakt Bei Interesse wenden Sie sich an das Projektniere.schuetzen@medunigraz.at. team unter niere.schuetzen@medunigraz.at

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Foto: © Rosenkranz, ÖGPÄRC Presse

Kontrollschema für chronische Nierenerkrankungen in der hausärztlichen Praxis

Hausarzt pharmazeutisch

KONGRESS & FORTBILDUNG

Der onkologische Patient an der Tara

Foto: © shutterstock.com/ NIKCOA

Die Highlights des APOkongress 2021

Nicht in Schladming, sondern erstmals virtuell trafen sich von 7. bis 9. März rund 600 Teilnehmer des jährlich stattfindenden Apothekerkongresses. Im Mittelpunkt stand drei Tage lang

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der onkologische Patient. Denn in puncto Nebenwirkungsmanagement, Interaktionen sowie bei der Beratung hinsichtlich ergänzender Therapieoptionen gibt es einiges zu beachten.

Hausarzt pharmazeutisch

Update orale Onkologie – pharmazeutische Be­ ratung Mag.a pharm. Katharina Ocko, Wien

Orale Onkologika erweitern zunehmend die konventionelle Chemotherapie (CT). Die eigenverantwortliche Einnahme zu Hause erhöht zwar die Flexibilität und Lebensqualität der Patienten, aber sie birgt auch Risiken. Die eingesetzten Wirkstoffe sind kanzerogen, mutagen und reproduktionstoxisch (CRM-Arzneimittel). Sie haben zudem eine schmale therapeutische Breite und zeigen ein erhebliches Neben- und Wechselwirkungs­ potential.

Erhöhtes Risiko durch Poly­ medikation • Ein Großteil der onkologischen Patienten befindet sich im fortgeschrittenen Lebensalter (> 65 Jahre). Bis zu 80 % der Patienten sind multimorbid, die Liste der regelmäßig einzunehmenden Medikamente ist oft lang.

Dementsprechend hoch ist das UAWRisiko durch Polymedikation.

• Zu den häufigen Komplikationen gehören Neuropathie (z. B. bei Thalidomid, Lenalidomid, Ixazomib), Thrombozytopenie (z. B. bei Melphalan, Ibrutinib, Lenalidomid) oder longQTSyndrom (v. a. bei Tyrosinkinase- und Proteinkinasehemmern). Die Liste ist lang – einen hilfreichen Überblick beinhaltet die Publikation „Polypharmazie“ der Österreichischen Gesellschaft für Geriatrie und Gerontologie (www.geriatrie-online.at www.geriatrie-online.at)

Häufige Komplikationen der oralen Tumortherapie Im Wesentlichen gibt es fünf Arten von möglichen Problemen: 1. Probleme mit der Einnahme: Sehr häufig handelt es sich um Schluckprobleme.

2. Resorptionsstörungen (Food-Effekte) – der Arzneistoff kann nicht in die Wirkform umgewandelt werden.

3. Interaktionen im Metabolismus: beschleunigter oder reduzierter Abbau der Wirkstoffe (CYP, P-Gp).

4. Unverträglichkeiten: Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall.

5. Compliance-Probleme – das Einnahmeschema ist zu kompliziert: Der Patient vereinfacht es oder nimmt die Medikation gar nicht mehr ein.

die therapeutische Wirkung mitunter massiv beeinträchtigt wird. Zielführend sind hier kurzwirksame Antazida (z. B. H2-Antihistaminika) und die zeitliche Trennung der beiden Einnahmen (z. B. TKI morgens, Antazidum abends)

Food-Effekte

Pharmakokinetische Interaktionen durch CYP-Enzyme

Die Bioverfügbarkeit von oralen Zytostatika wird sehr häufig durch die gleichzeitige Nahrungsaufnahme beeinflusst.

Positive Food-Effekte (also eine Resorptionserhöhung bei der Einnahme mit einer Mahlzeit) treten typischerweise bei Arzneistoffen mit schlechter Löslichkeit auf. So steigt z. B. die Bioverfügbarkeit von Lapatinib bei gleichzeitiger Nahrungsaufnahme um 325 %, bei Abirateron sind es sogar 1.000 %.

Für diese Medikamente wird aufgrund einer besseren Kontrollierbarkeit die Nüchtern-Einnahme empfohlen.

Einen negativen Food-Effekt gibt es hingegen im Falle von sogenannten BCS-Klasse-III-Arzneistoffen. Es handelt sich hierbei um gut lösliche Substrate von Aufnahmetransportern. Diese Substanzen werden passiv nicht oder nur sehr schlecht aufgenommen.

Wechselwirkungen in der Onkologie mit OTCPräparaten Mag.a pharm. Evamaria Dedl, Linz

Durch Wechselwirkungen von Zytostatika mit anderen Arzneimitteln, Nahrungs(-ergänzungs-)mitteln, aber auch mit Lifestyle-Faktoren (wie Rauchen, Alkohol) kann die Wirksamkeit einer onkologischen Therapie stark beeinflusst werden – und zwar in beide Richtungen.

CAVE: Tyrosinkinasehemmer (TKI) und PPI Aufgrund der PPI-Einnahme kommt es zu einer langfristigen Erhöhung des pH-Werts im Magen. Dies führt bei einigen TKI (z. B. Erlotinib, Crizotinib, Dasatinib) zu einer drastischen Resorptionsverschlechterung, sodass

• Die CYP450-Familie spielt eine wichtige Rolle im Metabolismus von Xenobiotika, v. a. die Subtypen CYP3A4, CYP2D6 und CYP1A2.

• Große Vorsicht ist in puncto OTCBereich bei Johanniskraut (CYP3A4Induktor) und Grapefruit (CYP3A4Inhibitoren) geboten.

• Beispiel Erlotinbib: Der TKI wird bei bestimmten Arten von Lungenkrebs (EGFR-mutiertes NSCLC) eingesetzt. Metabolisiert wird der Arzneistoff hauptsächlich über CYP3A4 und CYP1A2. Tabakrauch ist ein bekannter Induktor von CYP1A2 und reduziert dementsprechend die Bioverfügbarkeit von Erlotinib. Gerade bei Lungenkrebspatienten sollte bei ausbleibendem Therapieerfolg bzw. bei Intoxikationserscheinungen an eine Änderung des Rauchverhaltens gedacht werden.

OTC-Analgetika • NSAR sollten nicht mit Dasatinib und Trametinib kombiniert werden, da sich das Blutungsrisiko der Arzneistoffe nicht nur addiert, sondern synergistisch kumuliert.

• Auch eine Kombination von NSAR mit hochdosiertem MTX sollte vermieden werden. Der Grund: Die MTX-Ausscheidung wird gehemmt und MTX vermehrt aus der Plasmabindung verdrängt – mit toxischen Effekten.

• Ein moderates Interaktionsrisiko besteht für Imatinib und Paracetamol.

Imatinib hemmt möglicherweise den Paracetamol-Abbau in der Leber, dadurch steigt das Risiko lebertoxischer Effekte.

Probiotika Da während der onkologischen Therapie das Immunsystem supprimiert ist,

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Hausarzt pharmazeutisch können Keime, die normalerweise kein pathogenes Potential haben, ein Ungleichgewicht auslösen. Daher lautet die allgemeine Empfehlung der Deutschen Krebsgesellschaft: Auf Probiotika (ebenso wie auf Lebendimpfungen) sollte während einer laufenden CT verzichtet werden.

Phytotherapeutika Für begleitende phytotherapeutische Maßnahmen fehlen Daten aus großen Studien, alle Empfehlungen stützen sich auf Fallberichte.

• Die gleichzeitige Anwendung von Etoposid und Echinaceae führte in einem Fall zu einer transfusionspflichtigen Thrombozytopenie, die vermutlich durch eine Hemmung von CYP1A2 ausgelöst wurde. Die EMA empfiehlt daher keine Anwendung von Sonnenhut-Präparaten bei Immunsuppression und Erkrankungen des lymphozytären Systems.

• Phytoöstrogenhaltige Arzneipflanzen (v. a. Rotklee, Soja und Hopfen) dürfen aufgrund ihrer östrogenartigen Wirkung nicht mit Tamoxifen kombiniert werden. Sie können sich bei hormonabhängigen Tumoren kontraproduktiv auf den Therapieeffekt auswirken.

• Das in Grünem Tee enthaltene Epigallocatechingallat (EGCG) kann den Therapieeffekt von Bortezomib und Ixazomib beeinträchtigen, wobei die Interaktion erst ab einem Konsum von etwa 3 Liter Tee pro Tag bzw. bei der Einnahme von hochdosierten Extrakten relevant wird.

Foto: © shutterstock.com/ Regina Nogova

Mikronährstoffe in der onkologischen Intervention Uwe Gröber, Essen

Der Therapieerfolg wird bei Tumorerkrankungen wesentlich durch den Ernährungsstatus beeinflusst. Mittels der Supplementierung entsprechender Mikronährstoffe werden Therapien besser vertragen: Das wiederum erhöht die Compliance und ver-

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hindert Therapieabbrüche wegen Nebenwirkungen.

von Komplikationen wie Fatigue, Tumoranämie und Kachexie.

Mangelernährung

Selen

• Mangelernährung ist ein nicht zu vernachlässigender Faktor, wobei der Begriff sowohl Makro- als auch Mikronährstoffdefizite umfasst.

• Je nach Tumorentität haben 30-90 % der Patienten bereits zum Zeitpunkt der Krebsdiagnose ungewollt an Gewicht verloren. Ursachen für eine Anorexie sind Appetitverlust, Aversion gegen bestimmte Nahrungsmittel sowie GIT-Störungen (Übelkeit, Durchfall).

• Die schwerste Form der tumorassoziierten Malnutrition stellt die Tumorkachexie dar.

• Die Mortalität von mangelernährten Patienten ist um ca. 30 % erhöht.

• Der zweite wichtige Leitnährstoff in der Onkologie ist Selen. In Deutschland und Österreich besteht ein weitverbreiteter Selenmangel. Wünschenswert wäre ein Serumspiegel von 130-150 µg/l; tatsächlich lag der Durchschnitt in Deutschland im Jahr 2015 knapp über 70 µg/l.

• Der Selenbedarf kann häufig nicht ausreichend über die Ernährung gedeckt werden. Supplementiert werden sollte jedoch nur bei einem nachgewiesenen Mangel.

• Selen kann die Toxizität von Chemo- und Radiotherapie erheblich reduzieren (z. B. radiogen bedingte Diarrhö, vinorelbininduzierte Phlebitis), ohne jedoch die therapeutischen Effekte zu beeinträchtigen.

• Aufgrund der besseren akuten Bioverfügbarkeit sollte bevorzugt anorganisches Selen in Form von Na-Selenit eingesetzt werden. Bei langfristiger Einnahme von Selenomethionin besteht Akkumulationsgefahr.

Empfohlene Dosierung: • oral: 300-500 µg/d (bei Radiotherapie 1.000 µg/d) • parenteral: 1.000-2.000 µg i. v. als Kurzinfusion etwa 45 Min. vor der CT

Vitamin D • Vitamin D fungiert als DER Leitnährstoff in der Onkologie. Ein Vitamin-D-Mangel (< 20 ng/ml 25(OH) D) ist bei Krebspatienten häufig anzutreffen und korreliert mit der Krankheitsprogression. Drei Metaanalysen kamen zu dem Ergebnis, dass eine Vitamin-D-Gabe die Krebsmortalität um 13 % reduzieren kann. Das Deutsche Krebsforschungszentrum empfahl daher kürzlich eine Supplementierung für alle Deutschen über 50 Jahre: Dadurch ließen sich bis zu 30.000 Krebstodesfälle pro Jahr vermeiden.

• Anzustreben ist ein Serumwert von 50-90 ng/ml 25(OH)D. Bei einer Insuffizienz wird zunächst über 7-10 Tage aufdosiert: Je nach Schweregrad des Mangels sind Dosierungen von 20.000-40.000 IE/d keine Seltenheit. Anschließend wird auf eine Dosierung von 40-60 IE pro Kilogramm KG/d eingestellt.

• Eine Supplementierung ist insbesondere bei schlechtem Ernährungsstatus, Therapie mit Aromatasehemmern und CT mit Anthracyclinen, Taxanen und monoklonalen Antikörpern (z.

B. Rituximab, Trastuzumab) zu empfehlen; zusätzlich im Falle

L-Carnitin • Cisplatin und Ifosfamide steigern die renale Exkretion von L-Carnitin. Die Folge einer L-CarnitinUnterversorgung ist ein erhöhtes Risiko, ein Erschöpfungssyndrom zu erleiden.

• Für diese Patienten gilt folgende Dosierungsempfehlung: - oral: 3 x täglich 1-2 g in Form von L-Carnitintartrat, beginnend drei Tage vor der CT - parenteral: 1-2 g L-Carnitin i. v. am Tag der CT, um peripheren Neuropathien durch Taxane oder Cisplatin vorzubeugen.

Mag.a Dr.in Irene Senn Quelle: APOKongress: Der onkologische Patient an der Tara, 7.-9. März 2021, Österreichische Apothekerkammer

Hausarzt extra

ViruProtect - Schutzbarriere gegen Viren Aktuelle in-vitro Studie bestätigt hohe Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 (1).

Die Effektivität gegen eine Vielzahl von Erkältungsviren (wie z. B. Rhinoviren) aber auch Coronaviren wurde im Rahmen zahlreicher in-vivo(2) und in-vitro Studien(3) bereits eindrucksvoll bewiesen.

Die beiden Hauptinhaltsstoffe Glycerin und Trypsin bilden zusammen eine Barriere im Rachenraum mit folgender 3-fach Wirkung: • Glycerin bildet eine osmotische Barriere, die Viren bindet und somit abfängt.

• Trypsin hemmt die Bindungsfähigkeit der Viren und deaktiviert diese, indem es die zur Infektion notwendigen Proteinstrukturen an der Virusoberfläche teilweise abbaut, sodass sie menschliche Zellen nicht infizieren können.

• Durch die Schutzschicht in Mundhöhle und Rachenraum wird verhindert, dass sich Viren verbreiten und vermehren.

Die physikalische Wirkung bietet den Vorteil, dass kein Eingriff in den menschlichen Stoffwechsel erfolgt.

Bei HCoV-229E, das als Auslöser von mild verlaufenden Erkältungen gilt, gelang dies im Ausmaß von bis zu 99,9 %(1).

Bei keiner der getesteten Verdünnungen wurde eine Zytotoxizität für ViruProtect festgestellt.

Frühere Studienergebnisse zeigten bereits, dass ViruProtect Schutz gegen ein breites Spektrum an Erkältungsviren bieten kann. Alle getesteten Viren konnten um 64,5 % bis 99,9 % deaktiviert werden(3).

ViruProtect ist zur Applikation im Mund-Rachenraum konzipiert. Somit erfolgt die Anwendung gezielt dort, wo sich Viren ansiedeln, vermehren und in den Körper eindringen.

Alle 2 Stunden jeweils 2 Sprühstöße (1 Dosis) bis zu 6-mal täglich in den Mund sprühen.

Wann ist die Anwendung empfehlenswert?

ViruProtect ist zum Schutz und zur Akutanwendung geeignet.

• Mit der Anwendung beginnen, sobald Ansteckungsgefahr besteht.

• Sowie so rasch als möglich bei den ersten Anzeichen einer Erkältung.

• Die Anwendung fortsetzen, solange die Symptome andauern.

• Bereits für Kinder ab 4 Jahren geeignet.

ViruProtect Erkältungsspray ist ein Medizinprodukt. Lösung enthält Glycerin, Wasser, Trypsin (Kabeljau), Ethanol (< 1 %), Calciumchlorid, Trometamol und Menthol.

Ohne Konservierungsstoffe, Zucker und Alkohol.

Studienlage zu ViruProtect Aktuelle in-vitro Daten bestätigen die hohe Wirksamkeit auch gegen Coronaviren(1): ViruProtect kann das für die COVID-19-Pandemie verantwortliche SARS-CoV-2 binnen 20 Minuten um bis zu 98,3 % deaktivieren.

1)

2) 3)

765_VIR_0321

Optimale Kombination mit 3-facher Wirkung

Wie erfolgt die Anwendung?

Gudmundsdottir Á et al. J Med Virol 2020; jmv.26554.

Clarsund M, OJRD 2017; 07(04): 125-135.

Stefansson B et al., Virol Res Rev 2017; 1(5).

Inaktivierung von Viren – in-vitro Daten (1, 3) 100 %

91,7 %

92,8 %

96,9 %

99,9 %

99,9 %

98,3 %

0%

Rhinovirus Typ 1A

Rhinovirus Typ 42

Humanes Influenza A Virus

RSV

Humanes Coronavirus

SARS CoV-2

Kontrollmedium

75 %

Inaktivierung

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50 %

25 %

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Hausarzt pharmazeutisch

Ermüdender Eisenmangel Müdigkeit kann viele Ursachen haben: Sie reichen von zu wenig Schlaf bis hin zur Doppelbelastung, welcher viele Frauen täglich standhalten müssen. Eine sorgfältige Anamnese und die Erhebung des Eisenstatus helfen dabei, einen möglichen Eisenmangel abzuklären. Was dabei zu beachten ist, erläutert Dr. Christian Matthai, Gynäkologe, Ernährungs-, Sport- und Vitalstoffmediziner in Wien, im HAUSARZT-Interview.

HAUSARZT: Wann sollten Ärzte hellhörig werden und an einen Eisenmangel denken?

Dr. Christian MATTHAI: Es gibt einen Satz, den viele Frauen äußern und der wirklich typisch für Eisenmangel-Symptome ist: „Wissen Sie, es ist komisch, aber selbst dann, wenn ich mich am Wochenende ausschlafe, stehe ich morgens müde auf.“ Da sollte man hellhörig werden und genauer nach dem Wohlbefinden fragen: Liegen chronische Müdigkeit, Abgeschlagenheit oder ein Energieverlust vor? Daneben erwähnen Frauen oftmals vermehrten Haarausfall, Frieren oder kalte Extremitäten sowie Konzentrationsstörungen, eine erhöhte Infektanfälligkeit kann ebenfalls vorkommen. Wenn der Eisenmangel ausgeprägter ist, treten zudem Schwindelgefühle auf. Zuletzt sind Schlafstörungen – obwohl für einen Eisenmangel eigentlich untypisch – immer wieder ein Thema.

Welche Frauen sind besonders gefährdet?

Vordergründig sind es junge Frauen.

Hier sollten Ärzte fragen, ob die Mens­ truation stärker oder länger ausfällt oder ob Blutungsstörungen bestehen.

Patientinnen mit Kupferspirale sind oft betroffen, da sie meist etwas stärker

Foto: © Lisa Matthai

Experte zum Thema: Dr. Christian Matthai Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe, Ernährungs-, Sport- und Vitalstoffmediziner in Wien www.matthai.at

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bluten. Ebenso begünstigt eine vegetarische oder vegane Ernährung einen Eisenmangel. Leistungs- oder sehr ambitionierte Hobbysportlerinnen haben ein erhöhtes Risiko, weil durch den Sport größere Mengen an Eisen verbraucht werden. Nach Geburten oder in der Schwangerschaft ist Eisenmangel ebenfalls ein großes Thema.

Wie wird die Verdachtsdiagnose bestätigt?

Durch eine venöse Blutabnahme, bei der man ganz spezielle Parameter betrachtet. Wichtig: Viele praktische Ärzte lassen nach wie vor nur das freie Eisen erheben. Dieser Wert bietet aber überhaupt keine Hilfe bei der Beurteilung der Eisenversorgung. Wenn man nur einen Parameter ermitteln lässt, sollte das der Eisenspeicher, das Ferritin, sein.

Möchte man sich ein ganz genaues Bild vom Eisenstatus machen, lässt man fünf Parameter bestimmen (siehe Infobox).

Sich dabei auch das CRP anzusehen, macht Sinn, weil sich das Eisen bei Entzündungen vom Blut in die Eisenspeicher verschiebt und dadurch ein Eisenmangel kaschiert werden kann.

Besteht der Verdacht, dass die Patientin bereits anämisch ist, wäre zusätzlich ein kleines Blutbild sinnvoll. Darüber hinaus gilt es zu beachten: Schon bei niedrigen Eisenspeicherwerten innerhalb des Normbereichs entwickeln viele Frauen Symptome – hier kann eine Eisentherapie ebenfalls eine Linderung der Beschwerden erzielen.

Was muss bei der Therapiewahl beherzigt werden?

Primär kann man eine orale Behandlung anbieten, aber man muss die Patientin informieren, dass diese oft mit unerwünschten Nebenwirkungen, etwa Magenschmerzen, Übelkeit oder Verstopfung, verbunden ist. Hat eine Frau einen empfindlichen Magen oder Verdauungsprobleme, würde ich davon abraten. Anwenderinnen einer oralen Therapie müssen darauf achten, dass sie die Tabletten auf leeren Magen und auch ohne Kaffee oder Tee einnehmen,

um die ohnehin schon relativ niedrige Resorptionsrate nicht noch weiter zu senken. Wenn der Eisenmangel bereits ausgeprägt ist, kann eine Behandlung über mehrere Monate notwendig sein – in jedem Fall muss kontrolliert werden, ob die Therapie anschlägt.

Daneben besteht die Möglichkeit einer Eiseninfusion: Im Unterschied zur oralen Therapie, bei welcher die Frauen nach rund drei Monaten Verbesserungen verspüren, stellt sich hier bereits nach ca. einer Woche eine Linderung der Symptome ein. Wenn eine Eisenmangelanämie vorliegt oder der Eisenspeicher komplett geleert ist, empfehle ich meinen Patientinnen immer eine Infusion. Keine Frau, die chronisch müde ist und der bereits die Haare ausgehen, will mehrere Wochen warten, bis sie sich besser fühlt. Häufig ist nur eine einzige Infusion nötig, lediglich bei Frauen, deren Menstruation übermäßig stark ausfällt, muss die Eiseninfusion ca. einmal jährlich wiederholt werden.

Was raten Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen abschließend?

Man kann den Patientinnen sehr viel Gutes tun, wenn man auch ohne schweren Verdacht – oft sprechen die Betroffenen ihre Symptome nicht an – den Eisenwert bestimmen lässt. Und wenn dieser auf einen Mangel hindeutet, profitieren Frauen von einem Gespräch über Therapiemöglichkeiten.

Das Gespräch führte Mag.a Marie-Thérèse Fleischer, BSc.

X Infobox: Wichtige Parameter bei Eisenmangel Freies Eisen Ferritin Transferrin Transferrinsättigung CRP Bei Verdacht auf eine Eisenmangelanämie: Zusätzlich ein kleines Blutbild

Foto: © shutterstock.com/ angelo sarnacchiaro, Sylvie Bouchard

Frauen im gebärfähigen Alter sind besonders häufig betroffen

Hausarzt pharmazeutisch

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Hausarzt pharmazeutisch

Das Fortschreiten von allergischem Asthma verhindern

Foto: © shutterstock.com/ Elena Elisseeva

Mit spezifischer Immuntherapie Allergiekarriere rechtzeitig beenden

Laut dem Bericht des FP7-EU Projektes „Atopica“ wird sich die Zahl der Ragweedpollen-Allergiker in ganz Europa von 33 auf vorrausichtlich 77 Millionen bis ins Jahr 2050 mehr als verdoppeln.

Foto: © Michaela Popp, privat

Als einzige krankheitsmodifizierende Behandlung erzielt die spezifische Immuntherapie (SIT), auch Hypo- oder Desensibilisierung genannt, insbesondere bei Pollenallergien sehr gute Resultate. Dr.in Michaela Popp, Fachärztin für Pneumologie, Lungenzentrum

Expertin zum Thema: Dr.in Michaela Popp Fachärztin für Pneumologie, Lungenzentrum Wien 19

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Wien 19, berichtet, dass die SIT über das Hauptziel der Symptomkontrolle hinaus „das Fortschreiten von allergischem Asthma verhindern kann, vor allem bei Kindern, wie Studienergebnisse zeigen.“ Die vielversprechende Prognose steht einem aufwändigen Therapieprozess

„Für die bestmögliche Therapie­

adhärenz ist die gezielte Kommunikation mit dem Patienten wesentlich.“

gegenüber, bei dem es einige Faktoren zu beachten gibt, damit eine Linderung des allergischen Asthmas tatsächlich erreicht werden kann.

Indikation und Ablauf der SIT Das Wirkprinzip der SIT beruht auf einer niedrig dosierten Zuführung des auslösenden Allergens, damit die Reizschwelle auf Dauer angehoben und die überschießende Immunantwort verringert wird. Einen wesentlichen Faktor für die Indikation einer SIT bei allergischem Asthma stellt die Lungen-

Hausarzt pharmazeutisch funktion dar, weil die Therapie mit allergischen Symptomen aller Art als Nebenwirkungen einhergehen kann. Diese reichen von lokalen Reaktionen bis hin zu Asthmaanfällen oder einem allergischen Schock. So ist eine SIT nur bei stabilem Asthma und bei Erwachsenen mit einem FEV1 von > 70 % indiziert.1 Zwei Verabreichungsformen stehen zur Verfügung: sublingual (SLIT) sowie subkutan (SCIT). Die Einnahme der sublingualen Präparate erfolgt täglich und zuhause. Jene Darreichungsform wird in der Regel gut vertragen. Dennoch empfiehlt Dr.in Popp, die Ersteinnahme in der Ordination durchzuführen, und zwar mit einem Nachbeobachtungszeitraum von einer halben Stunde. Die subkutane Applikation erfolgt immer von ärztlicher Seite – mit dem genannten Nachbeobachtungszeitraum. Hier wird mit kleinsten Mengen von Allergenen begonnen. Eine kontinuierliche wöchentliche Steigerung der Dosis findet über etwa sieben bis maximal 16 Wochen statt. Danach wird die Behandlung mit der wirksamen Dosis monatlich (in manchen Fällen alle vierzehn Tage) wiederholt.

Die Dauer einer SIT beträgt drei bis fünf Jahre. „Wir empfehlen einen Therapieversuch über zwei Jahre. Zeigt die

Behandlung ihre Wirksamkeit, setzten wir die Therapie fort. Etwa zehn Jahre nach beendeter SIT lässt die Wirkung häufiger nach, dann empfiehlt sich eine neuerliche Behandlung. In den meisten Fällen treffen wir bei den Patienten hier auf eine klare Bereitwilligkeit, da der Benefit größer als der Aufwand empfunden wird,“ erklärt Dr.in Popp.

Der Beginn der Therapie richtet sich bei Pollenallergien prinzipiell nach der Saison: Im Idealfall wird die SIT vier Monate vor der Hochsaison eingeleitet.

Aktuell sollte dies bei RagweedpollenAllergien geschehen (siehe Abbildung).

Ragweed blüht von August bis September, führt häufig zu einer Asthmasymptomatik und wird aufgrund seiner hohen Allergenität sowie der invasiven Ausbreitung zu einem immer größeren Problem, auch in Österreich.

Hohe Compliance erforderlich „Die regelmäßige Behandlung ist bei dieser Therapieform unerlässlich – wird die Therapie immer wieder ausgesetzt, kann sich hier kein Erfolg einstellen. Daher ist es sehr wichtig für uns, dass wir mit dem Patienten gut zusammenarbeiten“, betont Dr.in Popp. Eine Arbeit aus dem Jahr

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X Abbildung: Pollen im Jahresverlauf

Quelle: pollenwarndienst.at

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Hausarzt pharmazeutisch X Infobox 1: Faktoren, welche die Therapietreue negativ beeinflussen2 Erkrankung beeinträchtigt den Alltag nicht Zweifel an Diagnose schlechte Arzt-Patienten-Kommunikation empfundene Wirkungslosigkeit empfundene Nebenwirkungen hohe Kosten der Medikamente Vergessen

20202 hat Faktoren identifiziert, welche die Therapietreue der Patienten beeinträchtigen (siehe Infobox 1).

Daraus geht klar hervor, dass eine gezielte Kommunikation zwischen dem Arzt und dem Patienten viele dieser Faktoren auffangen kann. Im Idealfall werden jene Themen vom behandelnden Arzt direkt angesprochen. Dr.in Popp führt hier ein Beispiel aus der Praxis an: „Wir fordern unsere Patienten auf, uns eine ehrliche Rückmeldung zu geben, wenn sie das Gefühl haben, dass die Therapie nicht wirkt. Denn meistens kann durch eine Adaptation eine Verbesserung erzielt werden.“ In puncto Therapieadhärenz bei der SLIT wird auch der Faktor Vergessen besonders schlagend. Hier sollte erarbeitet werden, die Gabe der Medikation mit einem fixen Ritual zu verbinden, beispielsweise jene immer vor dem Frühstück einzunehmen.

Abschließend ist zu betonen, dass auch während der SIT die bestmögliche Allergenkarenz und medikamentöse Therapiemaßnahmen, etwa die Antihistamintherapie, nicht ausgesetzt werden dürfen. Beim allergischen Asthma kommt die Anwendung von Inhalatoren hinzu. „Diesbezüglich hat sich vor circa eineinhalb Jahren etwas Grundlegendes verändert: Hat es zuvor geheißen, dass bei leichtem Asthma ein Bronchodilatator als Bedarfsmedikation genüge, hat sich nun gezeigt, dass neben der Bronchienerweiterung die Entzündungshemmung eine zentrale Rolle spielt. Darum wird nun schon bei leichtem Asthma die zusätzliche Anwendung von ICS empfohlen“, erläutert die Pneumologin. Zudem gehöre das Fehlen einer ICS-Therapie zu den Risikofaktoren einer fixierten Obstruktion.3 Anna Schuster, BSc

Literatur: 1 AMBOSS: Allergische Erkrankungen, Stand: 03/21.

2 Amin S et al., Patient Preference and Adherence 2020:14 541–551.

3 Global Initiative for Asthma: Pocket Guide for Asthma Management and Prevention, 2020. pollenwarndienst.at (abgerufen am 07.04.2021).

X Kurzmeldung: Neuer Generalsekretär der Österreichischen Lungenunion (ÖLU) Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Pohl, Facharzt für Lungenkrankheiten und für Innere Medizin, Vorstand der Abteilung für Atmungs- und Lungenkrankheiten an der Klinik Hietzing, ist ab sofort der neue Generalsekretär der Österreichischen Lungenunion. Im Fokus derselben stehen der Dialog mit den Betroffenen sowie die Weiter- und Fortbildung der Mitglieder.

Weitere Informationen finden Sie unter: www.lungenunion.at https://www.facebook.com/lungenunion

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Hörminderungen und ihre Folgen verhindern WHO World Report on Hearing: Frühzeitige Diagnostik und Behandlung unerlässlich Bauwesen zum Einsatz kommen. Mit dem Alter steigt außerdem die Prävalenz von Cerumen obturans. Durch eine adäquate Ohrhygiene, indem beispielsweise keine Wattestäbchen benutzt werden, lässt sich diese reversible Form der Hörminderung abwenden. Hat sich ein „Ohrschmalzpfropf“ gebildet, kann der Arzt jenen leicht entfernen – von jeglichem „Selbstversuch“ ist abzuraten.

Das rasche Aufsuchen eines Arztes sollte allen Personen, die Probleme mit den Ohren oder dem Hörvermögen haben, unbedingt empfohlen werden.

Foto: © shutterstock.com/ park kang hun

Frühe Lebensphase

Bei der Versorgung von Hörstörungen gibt es noch Luft nach oben. Die WHO hat im März 2021 ihren ersten „World Report on Hearing“ veröffentlicht, in dem die Dimension der Problematik aufgezeigt wird. Beispielsweise gelten auf globaler Ebene unbehandelte Hörminderungen als dritthäufigste Ursache für Jahre, die mit einer Behinderung gelebt werden. Derzeit leiden weltweit 1,5 Milliarden Menschen an einer Hörstörung, die WHO prognostiziert, dass diese Zahl bis 2050 auf 2,5 Milliarden steigen könnte. Wichtig ist die Erkenntnis, dass eine Vielzahl von Hörstörungen vermeidbar sei. Darüber hinaus geht es darum, bei bestehenden Hörminderungen rehabilitative Maßnahmen zu treffen, um die weitreichenden Folgen einer Hörminderung bestmöglich abzufangen.

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Risikofaktoren und Prävention Ein großer Anteil der kausalen und Risikofaktoren ist modifizierbar. Altersunabhängig gilt es hier beispielsweise die Lärmexposition zu beachten, beruflich wie privat. Der WHO zufolge sind weltweit 1,1 Milliarden junge Menschen gefährdet, einen permanenten Hörverlust zu erleiden – aus dem einfachen Grund, dass zu laute Musik über lange Zeit gehört wird. Einen weiteren Punkt, der für alle Altersgruppen relevant ist, stellen ototoxische Medikamente dar. Lässt sich ihr Einsatz nicht vermeiden, sollte das Gehör während der Therapie regelmäßig audiometrisch überprüft werden.

Gleiches gilt im Erwachsenenalter für die berufsbedingte Exposition bezüglich ototoxischer Chemikalien, die in Industriebereichen wie dem Druckerei- und

Bei Kindern könnten der WHO zufolge etwa 60 % der Hörverluste verhindert werden. Etwa durch Impfungen der Mütter und Kinder gegen Rubella (Röteln) oder Meningitis. In der prä- und perinatalen Phase gilt es Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft zu beachten. In Zusammenhang mit Hörstörungen stehen beispielsweise Toxoplasmose, Rubella (Röteln), Herpes simplex Typ 1 und 2, HIV, Syphilis und das Zytomegalovirus (CMV). Auch bei Frühgeburten besteht ein erhöhtes Risiko, Hörstörungen zu erleiden. Hier stellen insbesondere ein Geburtsgewicht unter 1.500 g, eine Hyperbilirubin­ ämie sowie schwere intrakranielle Blutungen Risikofaktoren dar.1 Vor allem bei Kindern sind die frühzeitige Identifikation und die adäquate ärztliche Behandlung einer akuten Otitis media ausschlaggebend. Mit einer Prävalenz von etwa 60 % bei Kindern bis sechs Jahre kommt diese Erkrankung auch hierzulande sehr häufig vor.2 Nicht zu unterschätzen ist zudem die Rezidivneigung, die auf einen persistierenden Paukenerguss folgen kann (bei ca. 35-40 % der Fälle nach einem Monat und bei ca. 5-10 % nach drei Monaten).2 Ein Paukenerguss, auch Tubenfunktionsstörung genannt, wird zunächst konservativ behandelt: abschwellende Nasentropfen für max. sieben Tage, bei Verdacht auf allergische

Hausarzt pharmazeutisch Genese Mometason-17-(2-furoat) sowie eine Verbesserung der Tubenbelüftung mittels des Valsalva-Manövers (mehrfach Nase zuhalten und dabei schlucken, auch Gähnen und einfaches Schlucken kann helfen). Während sich der akute Paukenerguss mit einer konservativen Therapie in der Regel gut behandeln lässt, kann bei der chronischen Form eine Öffnung des Trommelfells (Parazentese) inklusive einer Paukendrainage und der Insertion eines Paukenröhrchens erforderlich sein (ggf. zusätzlich eine Adenotomie). Ein persistierender Paukenerguss bei Kindern kann aufgrund des verminderten Hörvermögens über einen längeren Zeitraum Sprachentwicklungsverzögerungen nach sich ziehen.

Überprüfung des Hörvermögens Eine Sprachentwicklungsverzögerung oder -störung im Kindesalter ist nicht die einzige mögliche Folge einer Hörstörung. Andere weitreichende Auswirkungen erstrecken sich über alle Altersgruppen und Lebensbereiche: Bildung, berufliche Beschäftigung, psychische Gesundheit, zwischenmenschliche Beziehungen, Kommunikation und Kognition.

Eine Hörminderung ist beispielsweise der größte potenziell modifizierbare Risikofaktor für eine altersbedingte Demenz.

Das macht die frühzeitige Identifikation einer Hörminderung so wichtig. Daher sollte das Hörvermögen zu strategischen Zeitpunkten überprüft werden – bei Neugeborenen, Vorschulkindern und älteren Personen (einmal jährlich).

Risikogruppen sind ebenfalls regelmäßig audiometrisch zu untersuchen. Bei Risikokindern wird eine halbjährliche Überprüfung des Hörvermögens durch den HNO-Facharzt oder in pädaudiologischen Spezialeinrichtungen empfohlen. Denn viele Hörstörungen sind progredient. Das trifft z. B. auf syndromale Erkrankungen wie das Usher-Syndrom, eine CMV-Infektion der Mutter während der Schwangerschaft oder auf neurodegenerative Erkrankungen zu.

Wurde eine Hörminderung diagnostiziert, sind die rehabilitativen Möglichkeiten vielseitig und bedürfen meist einer inter- und intradisziplinären Zusammenarbeit. Eine besonders häufig indizierte Maßnahme: das Tragen von Hörgeräten. Bedauerlicherweise lehnen viele Patienten Hörgeräte ab, oftmals aufgrund subjektiv wahrgenommener Unwirksamkeit. Als Vertrauenspersonen können Ärzte und Apotheker die Compliance wesentlich beeinflussen. Für die Betroffenen ist es wichtig, zu verstehen, dass eine optimale Einstellung der Hörgeräte mehrere Besuche beim Akustiker sowie die Mitarbeit des Patienten erfordert. Das Hörgerät muss jeden Tag den ganzen Tag getragen werden, sonst kann sich das Gehör nicht auf den neuen Höreindruck einstellen – und die Erfolge bleiben aus. Dennoch kann das Sprachverständnis insbesondere bei hochgradigen sensorineuralen Hörverlusten beeinträchtigt bleiben – ein Hörtraining beim Akustiker oder Logopäden stellt hier eine Verbesserungsmöglichkeit dar.

Anna Schuster, BSc Literatur: 1 AMBOSS: Hörminderung, Stand: 04/21.

2 AMBOS: Akute Otitis Media, Stand: 04/21.

World Health Organisation: World Report on Hearing (2021).

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Kampf gegen die COVID-19-Pandemie Sanofi und GSK: neue Phase-II-Studie zu ihrem COVID-19- Impfstoffkandidaten Sanofi und GSK gaben den Beginn einer neuen Phase- II-Studie mit 720 Studienteilnehmenden ab 18 Jahren bekannt, in der bestimmt wird, welche Antigen-Dosis des adjuvantierten rekombinanten proteinbasierten COVID-19-Impfstoffkandidaten am besten für eine weitere Beurteilung im Rahmen einer Phase-III-Studie geeignet ist. Sofern die Daten der

Phase-II-Studie positiv ausfallen, ist im 2. Quartal 2021 eine weltweite Phase-III-Studie geplant, die bei positivem Ausgang zur Einreichung von Zulassungsanträgen in der zweiten Jahreshälfte führen sollte. Im Falle einer Zulassung wäre zu erwarten, dass der Impfstoff im 4. Quartal 2021 zur Verfügung steht. Angesichts der neuen SARS-CoV-2-Varianten und ihrer

möglichen Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Impfstoffen hat Sanofi parallel zu der neuen Phase-II-Studie Entwicklungen gegen neue Varianten in Angriff genommen. Die Resultate dieser Arbeit werden die Grundlage für die nächsten Schritte des Entwicklungsprogramms von Sanofi/GSK bilden.

Quelle: Sanofi-Aventis GmbH

„Gesundheit für alle“ Genericon Pharma: Wenn das Motto zum Programm wird!

Das österreichische Unternehmen Genericon Pharma überzeugt bereits seit 35 Jahren mit höchster Arzneimittelqualität und bestem Service. ÄrztInnen und ApothekerInnen, aber vor allem auch PatientInnen profitieren vom jahrelangen Know-how des Pharmaunternehmens. Als zuverlässiger Partner zählt

Genericon heute zu den führenden generischen Anbietern in Österreich. Eine Erfolgsgeschichte, die auf Sicherheit, Vertrauen, Service und bester Arzneimittelqualität fußt. Eigene, hochmoderne Labors in Graz stellen die Qualitätskontrolle der unter GMP–Richtlinien (Good Manufacturing Practice) her-

gestellten Produkte sicher. Mit ihrer breiten und bewährten Produktpalette, die rund 115 Arzneispezialitäten umfasst, hat sich Genericon Pharma mit einem Spektrum an hochwertigen und leistbaren Präparaten einen Namen gemacht.

Quelle: Genericon Pharma GmbH

Online Webinar Sa, 24. April 2021 Einladung zur Fortbildungsveranstaltung

in Linz Niedergelassene ÄrztInnen im Dialog mit KlinikerInnen • Kostenlose Teilnahme • Unabhängige Fortbildung

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X Impressum Herausgeber: RMA Gesundheit GmbH, Am Belvedere 10 / Top 5, 1100 Wien. Medieninhaber: RMA Gesundheit GmbH, Am Belvedere 10 / Top 5, 1100 Wien, Tel. 01-74321708114, office@gesund.at. Geschäftsführer: Johannes Oberndorfer, Gerhard Fontan. Redaktionsleitung: Mag.a Karin Martin.

Redaktion: Mag.a Karin Martin, Anna Schuster, BSc, Mag.a Marie-Thérèse Fleischer, BSc. Layout/Konzept: ZORN health, Philipp Wolf.

Lektorat: Mag.a Katharina Maier. Produktion & Grafik: Michael Bauer, MFA. Cover-Foto: shutterstock.com/ Aleksandar Dickov, Ljupco Smokovski.

Verkaufsleitung: Mag.a Birgit Frassl, birgit.frassl@gesund.at. Kundenbetreuung: Mag.a Dagmar Halper, dagmar.halper@gesund.at, Alexander Schunk, alexander.schunk@gesund.at.

Druckerei: Bösmüller Print Management GesmbH &­Co. KG. Verlags- und Herstellungsort: Wien.

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Grundlegende Richtung: Unabhängige österreichische Fachzeitschrift für niedergelassene ÄrztInnen.

Der HAUSARZT – Praxis-Magazin für Primärversorgung – ist ein interdisziplinäres Informations- und Fortbildungsmedium.

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