Aus den Abteilungen / FrauenAlpin
von Franziska Stowasser und Anne Spangenberg Durch die Gemeinschaftsfahrten von FrauenAlpin der Sektion Augsburg kamen wir in die Lage uns mit dem Thema Gruppendynamik auseinander zu setzen. Ziel ist es, gemeinsam, doch jeder eigenverantwortlich – nicht geführt – eine Tour zu gehen.
Foto: Archiv FrauenAlpin
Erst dadurch, dass wir uns aufmachen in die Berge und die Natur, können dort herrschende Gefahren für uns zum Risiko werden. Daher ist es wichtig, das Menschenmögliche zu tun, um mit möglichst geringem Risiko und möglichst hoher Sicherheit auf Tour zu gehen, sich selbst, die eigenen Fähigkeiten und das Können für das Vorhaben zu kennen
und Touren dementsprechend auszuwählen. Aus diesem Grund sind die Themen Selbstreflexion, Vorbereitung und Planung, Kommunikation und Offenheit, wie auch die eigene Haltung und Rolle auf Tour sehr wichtig. Im Näheren bedeutet gemeinsam eine Tour zu gehen eigenverantwortliche Vorbereitung: Wetter, Gefahrenpotenzial, Dauer, Geländeart, Lawinenlagebericht (Winter), Expositionen, Checkpunkte, Materialliste und Ausrüstung, Notfall- und ErsteHilfe-Ausrüstung. Die nächste Frage, die sich jede*r stellen sollte, ist: Bin ich der Tour konditionell, dem technischen Anspruch wie auch mental (vor allem bei ausgesetztem Gelände, Steilheit, Kletterpassagen) grundsätzlich gewachsen? Hier ist eine realistische Selbsteinschätzung wichtig. So sollte man sich vor der Tour unbedingt mit verschiedenen Komponenten auseinandersetzen. In erster Linie sollte entsprechend der Ausschreibung der Gemeinschaftsfahrt die Frage gestellt werden, ob ich der Tour gewachsen bin. Habe ich eine vergleichbare Tour schon einmal gemacht? Falls nicht, gehöre ich nicht auf diese Gemeinschaftsfahrt. Hier gilt es nicht nur Kondition, sondern auch ausreichend Erfahrung und Kenntnisstand mitzubringen, wie auch die Verantwortung zu übernehmen, wenn dies notwendig ist. Welche technischen Kenntnisse (Sicherungs- und Seiltechnik, Schnee-, Lawinen- und Wetterkunde, Orientierung im weglosen Gelände) besitze ich und reichen diese aus, um für mich und andere ausreichend Sicherheit zu gewährleisten. In Bezug auf die Gruppe ist entscheidend, ob ich mir die Tour mit meinen Berg- und
Seilpartner*innen zutraue und ob sich alle eine Tour in dieser Konstellation vorstellen können. Wichtig ist, vor der Tour Aufgaben zu verteilen: Wer übernimmt Verantwortlichkeiten (Zeitmanagement, Materialcheck, finale Wetterlage/Lawinenlagebericht, Ausrüstungskontrolle, Orientierung …)? Eine Vorbesprechung zur gemeinsamen Planung ist notwendig und ratsam, um sich hier über Erfahrungen und Kenntnisstände wie auch Material und mögliche Touren auszutauschen und abzustimmen. So gilt es, sich auch in der Vorbesprechung, unbedingt mit dem Berg, der Region, Gefahrenpotenzialen, Sicherungsmaßnahmen auseinanderzusetzen, um dementsprechend sein Material abzustimmen. Auch die Tourenpartner*innen sollten über eventuelle Einschränkungen, Krankheiten (benötigte Medikamente, Vorerkrankungen usw.), Ängste bekannte Blockaden usw. unbedingt aufgeklärt werden. Wichtig: Telefonnummern, Hütten, wie auch Notrufnummern, möglichst auf allen Geräten einspeichern. Auf der Tour ist es von großer Wichtigkeit, sich und die eigenen Ängste und Grenzen wahrzunehmen und zu erkennen sowie diese den Tourenpartner*innen offen zu kommunizieren. Auch wenn ich Bedenken habe oder ein eigenartiges Bauchgefühl. Oft kann es in einer Gruppe passieren, dass andere dieses Gefühl auch haben, es aber nicht ansprechen. Schließlich möchte man als einzelne Person die Gruppe nicht daran hindern den Gipfel zu erreichen. Durch solche „hinunter geschluckten“ Ängste, Bauchgefühle bringen wir uns oder auch andere in Gefahr. Oft ist das Umkehren, Abbrechen oder der Rückzug bei den ersten Anzeichen noch möglich. Manövriere ich jedoch mich und meine Tourenpartner*innen in eine Situation, aus welcher ich selbst nicht mehr herauskomme, nimmt das Gefahrenpotenzial stetig zu.
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FAKTOR MENSCH – Selbsteinschätzung auf Tour und am Berg in Gemeinschaftstouren
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alpenblick 3 | 2022
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