2020 06 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

06 20 ARTEN OHNE SCHUTZ? LEISES LAND

URLAUB IM OBDACH

CORONA-KRISE

Vögel und Insekten sterben aus.

Hannovers Obdachlose können frei atmen.

Margot Käßmann will Generationen-Deal.


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»Rote Liste gebietet« Der Landesvorsitzende des Naturschutzbundes Nabu, Holger Buschmann, zu den Chancen und Konflikten des »Volksbegehrens Artenvielfalt«.

6 Zu leise im Land Mit Unterschriften für den Artenschutz: Ein Volksbegehren soll im Juni in Niedersachsen für mehr Pflanzen-, Insektenund Vogelvielfalt starten. Druck hat schon allein die Ankündigung erzeugt.

Notizblock

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Ankerplatz in der Fremde Die Deutsche Seemannsmission in Bremerhaven unterstützt Seeleute aus aller Welt. Asphalt hat die Helfer begleitet.

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Gut zu wissen

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Aus der Szene

23 Das muss mal gesagt werden 24 Aus dem Leben von Asphalt-Verkäufer Klaus

26 Zoo-Rätsel/Impressum 27 Rund um Asphalt

14 Deal der Generationen Sie ist eine Instanz: Ex-Bischöfin und Asphalt-Herausgeberin Margot Käßmann. Vierteljährlich besprechen wir mit ihr die Themen der Zeit. Diesmal: Corona, Würde, Kinderleben und was man erwarten kann.

Schreiben, lesen, singen Rolando Villazón ist ein Multitalent. Mit Asphalt spricht der Künstler über seine Leidenschaften, Heimat und Glauben.

34 Buchtipps 38 Silbenrätsel 39 Brodowys Momentaufnahme

Titelbild: Rainer Michalski

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Das Asphalt-Prinzip

19 Pilotprojekt planen!

Mehr als ein Dach überm Kopf: Wegen der Corona-Krise sind Obdachlose in der Jugendherberge Hannover untergebracht. Auf Zeit. Die die Politik jetzt nutzen sollte.

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung. Spenden Sie bitte an: Asphalt gGmbH bei der Evangelische Bank eG, IBAN: DE35 5206 0410 0000 6022 30, BIC: GENODEF1EK1.


Foto: Markus Lampe

als Kind habe ich den roten Mohn und die blauen Kornblumen an den Rändern der Felder geliebt. Sie mussten auch schon mal als Entschuldigung für eine verpasste Stunde bei der Klavierlehrerin herhalten. Heute sehe ich sie kaum noch. »Amsel, Drossel, Fink und Star und die ganze Vogelschar«, wir alle kennen das Lied – die Fortsetzung allerdings kaum noch, wo es heißt: »wünschen Dir ein frohes Jahr, lauter Heil und Segen«. Der Volksmund hat es gewusst, Heil und Segen hängt mit einer intakten Natur zusammen. Der Fortschrittswunsch, uns unabhängig von der Natur zu machen – Erdbeeren am liebsten das ganze Jahr – geht inzwischen mit der Erkenntnis einher: So geht es nicht weiter. Längst sind für den überlieferten Satz »Machet euch die Erde untertan« dank hebräischer Exegese angemessenere Übersetzungen wie »urbar machen« gefunden, seit Jahren wird die Bewahrung der Schöpfung gepredigt, die »Fridays for Future«-Bewegung knüpft hier an. Nur, was sind die Konsequenzen? Wir wollen unseren Lebensstil halten, wir wollen (endlich wieder) reisen und müssen gleichzeitig die Weichen für einen veränderten Umgang mit der Natur stellen. Die Energiewende ist für mich bei allem Ruckeln ein Zeichen dafür, dass es geht, wenn es nur gewollt wird. Deshalb bleibe ich optimistisch. Das jetzt beginnende Volksbegehren in Niedersachsen für die Artenvielfalt wird mit dazu beitragen, dass sich auch unsere Landwirtschaft weiter verändern wird. Kompromisse müssen gefunden, Ausgleichszahlungen überlegt werden, denn uns allen ist inzwischen klar: Wir sägen den Ast ab, auf dem wir sitzen. Außerdem geht es gar nicht, aber das nur am Rande, dass die Bayern uns Norddeutschen mit ihrer Initiative »Rettet die Bienen« vormachen, wie es geht. Kurz: Wir müssen uns um die Erde kümmern, auch aus christlicher Verantwortung. Oder anders gesagt: Schmetterlinge im Bauch sind schön, aber nicht ausreichend. Einen schönen Juni wünscht Ihnen

Ihr

Rainer Müller-Brandes · Diakoniepastor und Mitherausgeber von Asphalt

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Liebe Leserin, lieber Leser,

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NOTIZBLOCK

Foto: Picture-Alliance/Bernd Wüstneck/dpa

Gesetz gegen Schrottvermietung

Härtere Kontrolle gefordert Hannover/Oldenburg. Das »Agrarbündnis Niedersachsen« hat die Landesregierung aufgefordert, sämtliche Betriebe mit Leih- und Werkvertragsarbeitern in der Ernährungsindustrie auf Einhaltung des Sozial- und Infektionsschutzes zu kontrollieren. Auch die Unterbringung von Beschäftigten in Schlachthöfen sowie bei Spargel- und Erdbeeranbauern müsse überprüft werden, mahnte das Bündnis. Eigenen Angaben zufolge ist das Bündnis ein Zusammenschluss von 19 Verbänden aus Landwirtschaft, Umwelt- und Tierschutz, aus Verbraucherorganisationen und der Entwicklungszusammenarbeit. Ein Sprecher forderte Konsequenzen für Betriebe, die nicht für eine menschenwürdige Unterbringung sowie faire Löhne und sichere Arbeitsbedingungen sorgten. Außerdem müsse der Schutz vor Infektionen gewährleistet werden. Eine Schließung von Betrieben dürfe nicht nur dann erfolgen, wenn der Tierschutz nicht eingehalten wird. Guido Grüner von der Arbeitslosenhilfe Oldenburg sagte, die Politik müsse sicherstellen, dass die von Ministerpräsident Stephan Weil angekündigten Corona-Tests in den Schlachthöfen wirklich alle Mitarbeitenden erreicht. Grüner berät Menschen in prekären Arbeitsverhältnissen in der Ernährungsindustrie. Ihm zufolge müssten die Arbeiter in den Schlachthöfen trotz der Pandemie weiterhin dicht an dicht arbeiten. EPD

Hannover. Vermieter, die bauliche und soziale Mindeststandards ihrer Immobilien vernachlässigen, sollen bald zur Kasse gebeten werden. Das sieht der Entwurf eines Niedersächsischen Wohnraumschutzgesetzes vor. Schlechte Belüftung, schlechte Heizung, defekte Toiletten, Überbelegung – zehn Quadratmeter pro Kopf sind Minimum: Bei gravierenden Verstößen kann das Vermieter künftig bis zu 50.000 Euro Bußgeld kosten. Notfalls können Kommunen künftig Wohnungen für unbewohnbar erklären und Vermieter verpflichten, auf eigene Kosten Ersatzwohnungen für betroffene Mieter zu stellen. Schon 2019 hatte die Landesregierung ein Gesetz angekündigt, um Kommunen eine rechtliche Handhabe gegen Zweckentfremdung und Wucher im angespannten Mietmarkt zu bieten. Der Entwurf wurde jetzt in erster Lesung im Landtag beraten. Auch Teile der Opposition haben ihre Zustimmung signalisiert. MAC

Mieten gestiegen Hannover. Der Preis für eine freie Mietwohnung in Hannover ist im vergangenen Jahr auf durchschnittlich 9,16 Euro pro Quadratmeter gestiegen. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Victor Perli (DIE LINKE) zur Mietenentwicklung in Niedersachsen hervor. Hannover ist damit von starken Mietsteigerungen betroffen. Die Angebotsmieten sind seit 2012 um 47,2 Prozent gestiegen. Damals betrug die durchschnittliche Kaltmiete lediglich 6,22 pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Am teuersten sind die Wohnungen mit 9,50 Euro pro Quadratmeter in Lüneburg. Am stärksten gestiegen sind die Mieten seit 2012 in Wolfsburg (plus 68 Prozent). »Durch die Corona-Krise ist jetzt eine wirtschaftliche Notlage entstanden. Das verschärft die Situation«, sagte Perli und forderte eine Zwangsdeckelung der Mieten durchs Land. MAC


ZAHLENSPIEGEL »CORONA & KLIMA«

Mehr Hafthilfe gefordert

Hannover. Angesichts einer Forderung der Grünen nach einer grundlegenden Reform der Fleischproduktion in Deutschland mahnt die Landesarmutskonferenz Niedersachsen (LAK), dass Lebensmittel für Arme bezahlbar bleiben müssen. »Hartz-IV-Beziehern stehen pro Tag lediglich 5,02 Euro für die Ernährung zur Verfügung. Die Preise für Nahrungsmittel sind aber im April um über fünf Prozent gestiegen«, sagte LAK-Geschäftsführer Klaus-Dieter Gleitze. Bereits jetzt seien viele Arme auf das Angebot der Tafeln angewiesen, weil ihr Geld für Lebensmittel nicht ausreiche. »Wenn sich die Preise aufgrund einer Reform der Fleischproduktion noch weiter erhöhen, wird dieses Grundnahrungsmittel für Millionen Menschen unbezahlbar. Das darf nicht sein«, betonte Gleitze. Deshalb fordere die LAK eine sofortige Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze um 100 Euro im Monat. EPD

Hannover. Häftlinge in Niedersachsen, die kurz vor der Entlassung stehen, sollten nach Auffassung der Diakonie auch in der Corona-Krise geregelt auf den Schritt in die Freiheit vorbereitet werden. »Wir schlagen vor, Sprechzimmer nach den gültigen Hygieneregeln in den Justizvollzugsanstalten einzurichten, um so die wichtigen Vorbereitungsgespräche zwischen Inhaftierten und den Mitarbeitenden der Anlaufstellen zu ermöglichen«, sagte Diakonie-Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke. Die Inhaftierten litten derzeit sehr darunter, kaum Kontakt zur Außenwelt zu haben. Die Sorge um Familienangehörige und die ungewisse Lage außerhalb der Haftanstalten verunsichere sie – ebenso die Ungewissheit, ob sie nach ihrer Entlassung Wohnung und Arbeit fänden, sagte Lenke. Hintergrund des Vorschlags ist die Schließung der niedersächsischen Justizvollzugsanstalten für Besucher seit Beginn der Corona-Pandemie, die eine umfassende Begleitung von Häftlingen erschwere. Gerade in der ersten Zeit nach der Haftentlassung sei die Gefahr besonders groß, erneut straffällig zu werden, wenn existenzielle Fragen nicht umfassend geklärt seien. In Niedersachsen unterstützen 14 Anlaufstellen für Straffällige entlassene und vor der Entlassung stehende Häftlinge bei der Resozialisierung. EPD

59 % aller Deutschen halten die Klima-Krise für langfristig gravierender als die Corona-Krise.

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So eine repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag der DBU unter Bundesbürgern ab 14 Jahren. 23 % halten beide Krisen für gleich

gefährlich,

17 % die Corona-Krise am bedrohlichsten. Gleichzeitig finden es nur 40 % »sehr wichtig«, dass der Staat in Klimaschutz investiert, 51 % finden Investitionen ins Gesundheitssystem »sehr wichtig«,

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LAK will Fleisch für Arme

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Foto: Avalon_Studio/iStock.com Foto: Picture-Alliance/blickwinkel

Foto: Picture-Alliance/Zoonar

Von den gut 500 in Deutschland vorkommenden Wildbienenarten sind laut Roter Liste mittlerweile 31 akut

Die Kornweihe, ein kleiner Greifvogel, braucht ruhige Feuchtgebiete,

vom Aussterben bedroht, 197 gefährdet und 42 Arten

um zu brĂźten. 1990 gab es in Niedersachsen noch 55 Brutpaare,

stehen auf der Vorwarnliste.

mittlerweile gilt sie als nahezu ausgestorben.


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ZU LEISE IM LAND

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Wenn es am Acker rot wird, kommt der Sommer. Doch das Rot des Klatschmohns wird trotz Sommer weniger. Zusammen mit vielen anderen Ackerwildpflanzen verschwindet der Klatschmohn allmählich aus seinem Lebensraum. Moderne Landwirtschaftstechnik und Spritzmittel haben in den letzten Jahrzehnten viele Ackerwildpflanzen erst an den Rand der Äcker und dann an den Rand des Aussterbens gedrängt. Manche der rund 350 am und im Acker lebenden Wildpflanzenarten sind so spezialisiert, dass ihr Ende nicht mehr aufzuhalten ist. Sie können nicht anderswo hin ausweichen. Mit ihrem allmählichem Sterben sterben auch zahlreiche Insektenarten und damit unsere Vögel – im Land wird es leiser. Ein Volksbegehren vieler Naturschutzverbände will die Entwicklung in Niedersachsen jetzt stoppen, bestenfalls umkehren. Doch Bauern und Politik halten wenig von gesetzlichen Vorgaben. Die Faktenlage ist eindeutig. Gleich ein ganzer Schwung wissenschaftlicher Studien der letzten Jahre kommt zu dem Schluss: Weltweit nimmt die Vielfalt der Insekten rapide ab. Jede dritte Art ist vom Aussterben bedroht. Eine viel diskutierte Krefelder Langzeitstudie, die die Gesamtmasse an Insekten in 60 vorher bestimmten deutschen Gebieten regelmäßig gemessen hat, kommt gar zu dem Ergebnis, dass heute gut 70 Prozent weniger Insekten fliegen als vor 30 Jahren. Auf der roten Liste des Bundesamtes für Naturschutz, das seit 40 Jahren die Artenvielfalt in Deutschland untersucht, stehen viele Tagfalterarten, Eulenfalter, Spanner, Spinnen, Ohrwürmer, Ameisen, Köcher-, Tanz- und Raubfliegenarten und jede Menge Bienen. Etwa die Hälfte aller 500 Bienenarten weisen rückläufige Bestände auf. Für die Schwebfliegen, neben den Bienen die wichtigsten Bestäuber im Garten und im Obstanbau, werden in Studien

Populationsrückgänge von bis zu 85 Prozent erwähnt. Verantwortlich für das Sterben der Nützlinge sei der ständige Rückbau der Lebensräume und der Einsatz hochgiftiger Pestizide und Herbizide im konventionellen Ackerbau. Aber auch die Monokultur der deutschen Wälder. Eine ganz gezielte Untersuchung zu Ursache und Schuld am Artensterben verspricht eine neue Studie namens DINA – Diversität von Insekten in Naturschutzgebieten, die im vergangenen Jahr als Verbundprojekt unterschiedlicher Uni- und Forschungsinstitute startete und Endergebnisse für 2023 verspricht. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat zunächst knapp fünf Millionen Euro in die Studie investiert. »Die Honigbienen gehören zu unseren wichtigsten Nutztieren. Wildbienen und andere Insekten erfüllen auf unserer Erde für den Menschen überlebenswichtige Aufgaben: sie bestäuben Blüten, sorgen für die Fruchtbarkeit des Bodens und sichern damit unsere Ernährung«, so Bundesforschungsministerin Anja Karliczek. »Die Ursachen sind vielfältig. Unstrittig ist, dass etwa der Klimawandel und eine veränderte Landnutzung Gründe für das Insektensterben sind«, sagt DINA-Forscherin Livia Schäffler. Eine ihrer Hypothesen: Pestizide aus der Landwirtschaft dringen auf verschiedenen Wegen sogar bis in strenge Schutzgebiete vor. Messungen sollen das jetzt verifizieren. Im Ergebnis müssten dann große »Pufferzonen« zwischen landwirtschaftlichen Nutzflächen und Schutzgebieten eingerichtet werden, so die Biologin des Leibniz-Instituts für Biodiversität der Tiere in Bonn. Damit zum Beispiel Kiebitz, Star, Feldsperling, Zippammer, Kornweihe und Braunkehlchen nicht endgültig aus Niedersachsen verschwinden.

Foto: MriyaWildlife/iStock.com

Mit Unterschriften für den Artenschutz: Ein Volksbegehren soll im Juni in Niedersachsen für mehr Pflanzen-, Insekten- und Vogelvielfalt starten. Druck hat schon allein die Ankündigung erzeugt. 610.000 Niedersachsen müssten bis Jahresende zustimmen, um daraus ein Gesetz zu machen.


Foto: Picture-Alliance

Der Schutz der bestehenden Naturschutzgebiete in Niedersachsen ist entsprechend auch Teil des »Volksbegehrens Artenvielfalt«, das BUND, NABU, WWF sowie Otter-, Imker- und Tierschutzverbände in diesem Monat auf den Weg bringen wollen. Das Volksbegehren hat einen langen, detaillierten Gesetzentwurf im Ge»Das Volksbepäck. Dieser soll juristisch das Niedersächsische Wasser- und das Niegehren könnte dersächsischen Waldgesetz sowie die Fronten das landeseigene Ausführungsgeverhärten.« setz zum Bundesnaturschutzgesetz Karin Logemann, ändern. Faktisch würde es den PesSPD-Agrarsprecherin tizideinsatz in Naturschutzgebieten ausnahmslos verbieten, Land und Bauern zu mehr Ackerrandstreifen, Hecken und Randgehölzen verpflichten, Gewässer und kleine Gräben mit schützenden Rändern versehen, Wiesen vernässen und den Wald in Niedersachsen langfristig von Monokultur befreien. Ein Drittel des Waldes in Niedersachsen gehört dem Land, ein weiterer großer Anteil der Klosterkammer Hannover. Politik und Bauernverbände sind wenig begeistert vom ›Volksvorstoß‹ der Naturschutzverbände. »Die Landwirtschaft ist überrascht vom Vorstoß, weil Naturschutzverbände, Politik und Landwirtschaft einen auch in großen Teilen der Landwirt-

Raps soweit das Auge reicht. Monokultur und Pestizide machen Artensterben.

schaft und Politik unterstützten Maßnahmenkatalog für den Natur-, Arten- und Gewässerschutz vereinbart haben«, so der Landvolk-Präsident Albert Schulte to Brinke, selbst Landwirt in Bad Iburg gegenüber Asphalt. Gemeint ist der so genannte »Niedersächsische Weg«, ein erst kürzlich mit Eile gezimmerter Maßnahmenkatalog, quasi eine freiwillige Selbstverpflichtung von Land- und Forstwirtschaft zu mehr Naturschutz. Darin stünden bereits »viele gezielte und effektive Maßnahmen, die zudem sehr rasch umgesetzt werden können«, so der Landvolk-Präsident weiter. Konkrete Inhalte des Maßnahmenpakets: Ein Aktionsprogramm zu Insektenschutz, Aufstockung der Landesmittel zur Finanzierung von Maßnahmen in Schutzgebieten, Schaffung neuer Biotope sowie die Ausweisung neuer Gewässerrandstreifen. Auch die regierende SPD setzt auf die Freiwilligkeit der Bauern und Forstbesitzer. »Wir stehen dem Volksbegehren und dem damit verbundenen Verfahren skeptisch gegenüber und befürchten anhaltenden politischen Stillstand«, so Karin Logemann, agrarpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion. »Der Niedersächsische Weg kann hingegen konkrete Ergebnisse liefern und Verbesserungen in allen berührten Feldern bringen. Nur im gemeinsamen Dialog der zentralen Akteure können wir den Artenschutz und die Biodiversität in unserem Bundesland vorantreiben. Das Volksbegehren birgt die Gefahr, dass sich Fronten verhärten.« Ähnlich verlautet es bisher aus der CDU. Grüne und Linke wollen sich am Volksbegehren beteiligen. Volker Macke

Volksbegehren Jenseits der üblichen parlamentarischen Entscheidungswege können Niedersachen mittels eines so genannten Volksbegehrens zu ihnen wichtigen Sachverhalten Gesetze einbringen. Zunächst muss für den Gesetzentwurf über eine so genannte Volksinitiative die Zulassung zum Volksbegehren erwirkt werden. Dafür müssen 25.000 wahlberechtige Niedersachsen unterschreiben. Ist diese erste Hürde genommen, bleiben sechs Monate Zeit das eigentliche Volksbegehren zu erwirken. In dieser Zeit müssen 610.000 in Niedersachsen gemeldete Wahlberechtigte den genauen Wortlaut des Gesetzentwurfs unterschreiben, die zuerst gesammelten 25.000 Unterschriften zählen dabei mit. Nach erfolgreicher Unterschriftensammlung wird der Gesetzentwurf automatisch ins Parlament eingebracht. Dieses kann zustimmen und den Entwurf mit allen rechtlichen und finanziellen Folgen annehmen oder ablehnen. Lehnt das Parlament mehrheitlich ab, wird der Gesetzentwurf automatisch allen Niedersachen zum so genannten Volksentscheid vorgelegt. Die Unterschriften können nur auf vorgedruckten Formularen geleistet werden. Sie können über info@artenvielfalt-niedersachsen.jetzt bestellt werden. Eine Online-Unterschriftensammlung lässt das Landesrecht nicht zu. MAC


Foto: Mareike Sonnenschein

Einer der federführenden Verbände beim künftigen Volksbegehren ist der Naturschutzbund NABU, mit rund 110.000 Mitgliedern größte Umweltorganisation in Niedersachsen. Der Landesvorsitzende Holger Buschmann (47) zu den Chancen und Konflikten.

Herr Buschmann, warum gerade jetzt ein Volksbegehren? Weil die Zeit drängt. Noch bedrohlicher als die zugegeben ernste aktuelle Pandemie sind zwei weitere aktuelle Krisen, die zuletzt ja nicht in der Sache, sondern nur in der öffentlichen Wahrnehmung etwas verdrängt wurden. Der Verlust der Artenvielfalt muss jetzt gestoppt und das Erreichen der Klimaziele jetzt angegangen werden. Wenn wir noch lange warten, dann ist Schicht im Schacht. Die Ökosysteme kollabieren gerade. Als Biologe schaue ich mir das Dilemma seit 30, 40 Jahren an. Wir gelangen an die Kipppunkte der Systeme. Was in den letzten zehn Jahren bei den Insekten passiert ist, ist derart dramatisch, dass wir uns, wenn wir nochmal zehn Jahre warten, keine Gedanken mehr um unsere Zukunft machen müssen.

die dortige Landesregierung das Gesetz akzeptiert und somit übernommen. Dort wollte man sich nicht die Blöße geben, im Zweifel in einem Volksentscheid zu verlieren. Wie unsere Landesregierung damit umgehen wird, wird spannend werden. Sie hat natürlich auch schon jetzt jederzeit die Chance, unseren Gesetzentwurf zu übernehmen. Tut sie aber bisher nicht.

Ist der Landesregierung die Faktenlage nicht bekannt? Die Fakten sind natürlich bekannt. Aber nach wie vor sind in den Regierungsfraktionen offenbar andere Interessen als Arten- und Klimaschutz wichtiger. Vorneweg die Agrar- und Forstlobby, die in ihrer bisherigen, für die Natur kritischen, intensiven Wirtschaftsweise weitermachen wollen.

Kann man denn auf Landesebene in der Hinsicht überhaupt sinnvoll etwas bewirken?

Sie wollen den Bauern ja letztlich auch das freie Wirtschaften erschweren.

Niedersachsen hat als großes Agrarland Nummer eins sogar eine ganz besondere Stellung. Eine Vorbildfunktion. Wir können zeigen, wie Wohlstand und funktionierende, nachhaltige Landwirtschaft zusammengehen können. Zudem hat Deutschland und damit auch Niedersachsen die längsten roten Listen der Welt. Das verpflichtet.

Weil es nötig ist. Der Gesetzentwurf ist aber nicht die reine Lehre, kein Wunschkatalog der Umweltverbände, sondern da stehen vernünftig gemachte Kompromisse drin. Wir haben im Vorfeld mit vielen Agrarverbänden und Landwirten gesprochen und Hinweise auch eingearbeitet. So haben wir zum Beispiel zugesehen, dass es für die betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe für alle nötigen wirtschaftlichen Einschränkungen einen entsprechenden Erschwernisausgleich geben muss.

Die längsten roten Listen der Welt? Ja, gemeinsam mit den Niederlanden und Belgien. Die Menschen schauen immer gern Richtung Amazonas oder sonstwie weit weg, wenn es ums Artensterben geht. Und ja, da ist es auch dramatisch. Aber wir haben hier vor der Haustür die meisten bedrohten Arten auf der Liste. Die Hälfte aller Tier- und Pflanzenarten in Niedersachsen sind bedroht. Wenn wir uns hinstellen und dem brasilianischen Präsidenten vorwerfen, dass er die Urwälder abbrennen lässt, dann sagt er uns: Und was habt ihr? Und da hat er recht. Jede Menge Monokultur und kein bisschen Urwald.

Gibt es Erfahrungswerte oder Hinweise, wie Politik auf ein erfolgreiches Volksbegehren dann reagieren könnte? In Bayern, wo es ein ähnliches Volksbegehren schon gab, hat

Gleichwohl gibt es genau von der Seite teilweise massiv Kritik. Der Dissens bezieht sich aus meiner Sicht hauptsächlich auf das Gesetz an sich. Die Landwirte fordern, dass es überhaupt keine weiteren ordnungsrechtlichen Vorgaben geben dürfe, wohl aber freiwillige Verabredungen. Das ist aber angesichts der Dramatik des Artensterbens und damit des bevorstehenden Zusammenbruchs unserer Ökosysteme nicht hinreichend zielführend. Zudem ist mir die Sicht einiger Bauernverbände unverständlich, weil gerade ein Gesetz das Land zu den von den Bauern oft gewünschten Ausgleichzahlungen verpflichten wird, genau diese Sicherheit hat man bei freiwilligen Maßnahmen nicht.

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»ROTE LISTE GEBIETET«

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ANKERPLATZ IN DER FREMDE Die Deutsche Seemannsmission unterstützt Seeleute aus aller Welt, unter anderem in Bremerhaven, dem zweitgrößten deutschen Hafen. Asphalt hat die haupt- und ehrenamtlichen Helfer begleitet. Nicht jeder darf in den Hafen von Bremerhaven. Rüdiger Zimnik schon. Er hat eine besondere Chipkarte, mit der sich die Schranken öffnen. Seit dem 11. September 2001, dem Anschlag auf das World Trade Center, ist vieles anders in den Häfen dieser Welt, es gilt der »Internationale Code für die Gefahrenab-

wehr auf Schiffen und in Hafenanlagen«. Zimnik kennt das Regelwerk und hält sich daran. Er passiert die Schranke und befestigt ein rotes Blinklicht auf dem Dach seines Wagens. Der 68-Jährige war 35 Jahre Berufssoldat bei der Marine, seit 2011 macht er ehrenamtlich Bordbesuche. Begleitet wird er von


ins Plaudern, Zimnik erkundigt sich nach der Besatzung, drei Filipinos, zwei Inder und neun Ukrainer. José erzählt von seinen beiden Kindern, vom Schulgeld, das er bezahlen muss. Als Bootsmann verdient er rund 1.500 US-Dollar, »drei Mal soviel wie einer mit einem Landjob«, schätzt Zimnik. »Die Seeleute sind die Ernährer ihrer Familien.« Am Ende lässt Zimnik noch ein paar Zeitungskopien zurück, in den Sprachen der Besatzungsmitglieder, denn kaum etwas interessiert den Seemann so sehr wie Nachrichten aus der Heimat. Drei Bordbesuche schaffen Zimnik und Hilbrand an diesem Vormittag. Vor allem der auf der »APL Norway« lohnt, denn das Schiff ist zum ersten Mal in Bremerhaven. Und die 22 Besatzungsmitglieder haben noch nie vom »Welcome« gehört, dem Club der Seemannsmission. Auf einem Flyer notiert Hilbrand eine Handynummer. Wenn die Seeleute anrufen, holt ein Shuttle-Bus sie ab.

Der Club mitten im Hafen Deutschlands zweitgrößter Seemannsclub – nur der »Duckdalben« in Hamburg ist größer – liegt an der Nordschleuse, zwischen Lloyd-Werft und Con­tainer-Terminal. Sein Name ist Programm. An 365 Tagen im Jahr ist »Welcome« Anlaufpunkt für Seeleute aus aller Welt. Mehr als 500.000 sind seit Eröffnung 2003 zu Gast gewesen. Im vergangenen Jahr wurde der Club modernisiert. Gleich hinter dem Eingang ist nun ein Rondell mit sieben bequemen Sitzgelegenheiten. Hier können Seeleute ihre Beine hochlegen und die Handys aufladen. Dahinter ein Raum mit Billardtisch,

Bordbesuch auf der Magnus F: Rüdiger Zimnik und Neele Hilbrandt

Seit 2003 ist Deutschlands zweitgrößter Seemannsclub

unterhalten sich mit Seeleuten im Mannschaftsraum.

»Welcome« in Bremerhaven 365 Tage im Jahr geöffnet.

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Neele Hilbrand, 18, sie leistet ein Freiwilliges Soziales Jahr bei der Seemannsmission. Die beiden haben Telefonkarten dabei, ein »Schlüssel« zu den Seeleuten. 90 Prozent aller Handelsgüter gelangen per Schiff aus Übersee zum deutschen Kunden. Die Seemannsmission kümmert sich um faire Transportund gute Arbeitsbedingungen. Das ist in den letzten Jahrzehnten nicht leichter geworden. Neben dem Anschlag von New York hat vor allem die Einführung des Containers die Arbeit der Seemannsmission entscheidend verändert. Ende der 1960er Jahre legten die ersten Containerschiffe in deutschen Häfen an, und schon bald danach gehörten die Zeiten, in denen man Kisten und Säcke noch am Haken aus dem Bauch eines Frachters hieven musste, der Vergangenheit an. Heute ist der Container das Maß aller Dinge. Mit der Folge, dass die Liegezeiten der Schiffe immer kürzer werden und Seeleute kaum noch von Bord kommen. Also besuchen die Mitarbeiter der Seemannsmission sie auf ihren Schiffen. Mit Tempo 30 zuckelt Zimnik hinter einem langbeinigen Vancarrier (Hubwagen) her. Er parkt beim Containerterminal 4, schnappt sich seinen Helm und eine leuchtend orange Jacke und geht die wippende Gangway der »Magnus F« hinauf, an deren Ende eine Wache die Personalausweise sehen möchte. Der Erste Offizier winkt uns wortlos durch. In der Crew-Messe sitzt José, 51, »die Stimme der Mannschaft«. Er bietet dem Überraschungsbesuch einen Kaffee an. Die beiden Männer kommen

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Sinnbild für festen Boden unter den Füßen und unverzichtbar in Häusern der Seemannsmission. Zur Linken ein Verkaufs­ tresen, ein Karaoke-Raum, schallisoliert, und ein »Raum der Stille«, interkonfessionell. Und draußen ein Sportplatz, »ganz wichtig für Leute, die lange in immer wiederkehrende Ar»Die Seeleute kommen beitsabläufe eingebunden sind und nach Feierabend nicht mal wegen der Atmosphäre, eben raus können«, sagt Thoder Geborgenheit.« mas Reinold, der Clubleiter. Annette Moritz, Vor allem Basketball ist beliebt, Mitarbeiterin im portside. »die sind richtig hungrig«. Einmal ist ein russischer Seemann auch einfach nur barfuß über den Rasen gegangen. Andere sind fasziniert von einem Apfelbaum – Naturerfahrungen, auf die sie oft monatelang verzichten müssen. Wenn Thomas Reinold etwas auf die Palme bringt, dann ist es das Klischee vom Akkordeon spielenden Matrosen. »Die flicken auch keine Netze.« Nein, die Lebens- und Arbeitsbedingungen

sind andere, härtere, und wer wirklich mehr erfahren will, der schaut einfach mal abends rein. Meist sind ein paar Dutzend Gäste da, so wie die fünf Filipinos, die an einem Tisch hocken, vor sich Bier und »Speck Krusten«, eine Chips-Variante. Und natürlich das Handy. »Das ist das erste, was sie wollen: nach Hause telefonieren«, sagt Annette Moritz, eine Mitarbeiterin. »Früher waren wir total wichtig, weil wir Telefone zum Ausleihen hatten. Heute kommen die Seeleute wegen der Atmosphäre, der Geborgenheit.« Gegen 22 Uhr kehren die Filipinos zurück zur »Brasilia Highway«, einem Autotransporter ganz in der Nähe. Das Schiff kommt von Emden, liegt zwei Tage in Bremerhaven und fährt weiter nach Südafrika. An Bord 2000 Pkws. Die Filipinos sind seit sieben Monaten unterwegs und haben einen Vertrag für neun Monate. Danach sind sie rund drei Monate zuhause, je nach Position an Bord. Und dann geht alles wieder von vorne los.

Herberge nicht nur für Seeleute

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a m n e s t y a f t e r wo r k Schreiben Sie für die Menschenrechte – gegen Verfolgung, Gewalt und Folter

Gemeinsam für die Menschenrechte Sie können helfen: Wir laden Sie herzlich ein, uns montags zu besuchen. Lassen Sie Ihren Tag mit einer guten Tat bei Kaffee, Tee und Gebäck ausklingen, indem Sie sich mit Faxen, Petitionen oder Briefen gegen Menschenrechtsverletzungen in aller Welt einsetzen. Öffnungszeiten: Montag 18 bis 19 Uhr after work cafe Dienstag 11 bis 12 Uhr, Donnerstag 18.30 bis 19.30 Uhr amnesty Bezirksbüro Hannover Fraunhoferstraße 15 · 30163 Hannover Telefon: 0511 66 72 63 · Fax: 0511 39 29 09 · www.ai-hannover.de Spenden an: IBAN: DE23370205000008090100 · BIC: BFSWDE33XXX Verwendungszweck: 1475

1896 wurde die Seemannsmission in Bremerhaven gegründet. Seit 1900 unterhält sie ein Haus mitten in der Stadt. Im Seemannshotel »portside« in der Schifferstraße übernachten Seeleute, wenn ein Crew-Wechsel ansteht. Wenn noch Zimmer frei sind, was fast immer der Fall ist, können hier auch Touristen nächtigen. Das »portside« liegt nur gut fünf Fußminuten vom Auswandererhaus und dem Klimahaus entfernt, die Lage könnte kaum besser sein. »Und dann ist eine Übernachtung im Seemannshotel für viele so ein i-Tüpfelchen«, sagt Dirk Obermann, Diakon und Leiter des Hauses. Es geht entspannt zu. Ein paar Gäste lümmeln sich in den Sesseln neben dem Tresen, drei Crew-Mitglieder der MS »Artania« vertreiben sich die Zeit mit einer Partie Billard. Das Kreuzfahrtschiff liegt in der Werft und wird überholt, bevor es mit 1.200 Passagieren an Bord wieder auf Weltreise geht, fast fünf Monate sind sie dann am Stück unterwegs. Macht ein Kreuzfahrtschiff nur kurz an der Columbuskaje fest, dann wird es unruhig im Haus. Dann beginnt der Run auf SIM-Karten, Instant-Suppen und – ganz wichtig – Schokolade, erzählt Lea Schlüter, 24, die eine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement macht. Um die 11.000 Tafeln gehen pro Jahr weg. Manchmal kommen Filipinos mit einem Koffer und »packen ihn randvoll«. Oder prä-


Text und Fotos: Wolfgang Stelljes

Das Seemannsheim der Seemannsmission: Für viele Seeleute ein Ankerplatz in der Fremde.

Anm. d. Redaktion: Unser Ortstermin mit der Seemannsmission fand vor der Ankunft des Coronavirus in Deutschland statt. Derzeit sind Bordbesuche leider nur bis zur Gangway möglich, der Club »Wel­ come« ist geschlossen und das Seemannshotel bleibt ausschließlich für Seeleute geöffnet. Wann die Betreuung wieder in vollem Umfang aufgenommen werden kann, ist derzeit noch nicht abzusehen.

Freundlicher Empfang an der Rezeption des Seemanns­

Lea Schlüter betreut im portside den Kiosk und präsentiert hier einen

hotels »portside«.

Verkaufsschlager: Instant-Suppen.

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sentieren ihren Lieben daheim das Süßwarenangebot per Skype oder WhatsApp, die ganze Familie darf dann ein Wörtchen mitreden. Kurze Zeit später sind die Hausgäste dann wieder unter sich. Wer möchte, findet Gesprächspartner, abends am Tresen oder morgens im Frühstücksraum. Einer der Gäste ist Hartmut Maat. Der 76-Jährige lebt in Südamerika und hat früher als Matrose für die »Hansa-Reederei« gearbeitet, die 1980 pleiteging. Einmal im Jahr treffen sich die ehemaligen Mitarbeiter, bis heute. Maat übernachtet dann immer bei der Seemannsmission. »Der maritime Stil ist eine feine Sache. Es ist einfach, aber funktional. Und die Leute sind sehr freundlich.«

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Foto: Picture-Alliance/Wolfgang Kumm/dpa

KAFFEE MIT KÄSSMANN

Eine Demonstrantin sorgt sich um die Menschenwürde in Kliniken und Altenheimen.

DEAL DER GENERATIONEN Sie ist eine Instanz: Ex-Bischöfin und Asphalt-Herausgeberin Margot Käßmann. Vierteljährlich besprechen wir mit ihr die Themen der Zeit. Diesmal: Corona, Würde, Kinderleben und was man erwarten kann. Liebe Margot, die Corona-Krise dominiert alles. Doch die Einigkeit schwindet. Wir erleben gerade ein sozialdarwinistisches Aufbegehren der Ungefährdeten. Sind wir auf lange Sicht gemeinsam untauglich als solidarische Gesellschaft? Nein, ich finde schon, dass in den vergangenen Monaten viel Solidarität da war, mehr als ich mir hätte vorstellen können. Aber dass Belastungsgrenzen erreicht sind, ist offensichtlich. Sei es in den Pflegeheimen mit ihrer strikten Isolationsvorgabe oder im Kita- und Schulbereich. Und natürlich sind Menschen am Existenzrand. Jeder vierte hat Angst, bald seine Miete nicht

mehr zahlen zu können. Deshalb ist es in einer Demokratie Teil der Solidarität, Fragen zu stellen, ob die Maßnahmen angemessen sind.

Wenn man sich die Plakate auf den so genannten Hygiene-Demos ansieht, dann sind da vor allem Leute, die Antworten haben und nicht Fragen stellen. Teils ganz eigentümliche Antworten. Natürlich sehe ich auch diese kruden Verschwörungstheorien. Ob wir denn nicht begriffen hätten, dass eine neue Weltordnung droht, dass Bill Gates uns was implantieren wolle, dass


der Sterbenden aus Bergamo und die Kühllaster in New York einen Schock ausgelöst. Doch mit der Zeit wurden die Bilder weniger und die Belastungen größer. Menschen brauchen immer eine Perspektive, Hoffnungsziele. Daher kippt das jetzt.

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Angela Merkel von Adolf Hitler abstamme, dieses alles gemischt mit Antisemitismus. Natürlich gilt das Demonstrationsrecht in Deutschland. Aber jeder, der dahingeht, muss gucken, mit wem er da marschiert.

Wie trennen wir das?

Und wie sollte die Öffentlichkeit mit Menschen umgehen, die behaupten, Deutschland sei aufgrund seiner Corona-Maßnahmen ein NS-Staat? Wir sollten die nicht einfach als Spinner abtun und stehen lassen. Irgendwann sind das dann zu viele Spinner. Das wäre beängstigend für die Demokratie. Wir müssen argumentieren, was anderes geht nicht. Wer sich nicht impfen lassen will, das müssen wir sagen, muss sich nicht impfen lassen, wenn er nicht will. Doch noch gibt es den Impfstoff nicht. Wer also seine Freiheit überdehnen will und damit andere gefährdet, muss argumentativ gestellt werden.

Eine Telefonseelsorgerin erzählte mir jüngst, den Menschen fehle vielleicht einfach die Krisenerfahrung. Gut möglich. Schon ich habe Krieg, Hunger und Vertreibung nicht mehr erlebt, kenne es aber zumindest noch von hautnahen Schilderungen meiner Eltern. Jüngere Leute haben ihr Leben bisher als relativ sicher erlebt. Sie meinten, ihr Leben im Griff zu haben, es ginge immer höher, schneller, weiter, der Urlaub ist geplant. Und auf einmal werden sie eingeschränkt, der Arbeitsplatz ist nicht mehr sicher, der Lebensstil aus Clubs, Bundesliga, Fitness-Studio infrage gestellt. Ich denke, dass das eine echte Erschütterung sein kann, die auch ein Ohnmachtsgefühl auslöst. Plötzlich empfinden sie sich nicht mehr als Herr ihres eigenen Lebens.

Was fehlt, damit man dieses sehr temporäre Andere als so bedrohlich empfindet? Dankbarkeit? Demut? Ja, gewiss. Demut bedeutet: Ich bin nicht die Macherin meines Lebens, nicht diejenige, die alles im Griff hat. Wenn es jetzt so viel Sehnsucht nach Normalität gibt, dann ist das vielleicht auch ein Zeichen dafür, dass wir den Alltag früher gar nicht wertgeschätzt haben. Jeden Tag zumindest optional alles einkaufen zu können, jeden Tag frei bewegen, wohin du willst, das alles in einer der reichsten Nationen der Welt. Das wurde für selbstverständlich genommen, ist es aber nicht. Zuerst haben die Bilder

Ist das das Fundament, auf dem Bundestagspräsident Schäuble steht, wenn er sagt, es gebe keinen Vorrang des Artikels 2, Satz 2 als den Staat bindendes Recht vor anderen Grundgesetz-Artikeln? Also, was ist mein Recht auf möglichst umfassende körperliche Unversehrtheit wert? Der erste Artikel besagt, die Würde des Menschen ist unantastbar. Wir dürfen und müssen fragen, was passiert, wenn der Staat teils restriktiv Isolation hinter verschlossenen Türen bestimmt. Wenn die Fälle von gemeldeten Schütteltraumata bei Kleinkindern steigen, dann wird die Würde der Kinder verletzt hinter diesen Türen. Und die Würde wird auch verletzt, wenn ich nicht zu meiner sterbenden Mutter ins Altenheim darf. Da hat Wolfgang Schäuble recht, der Würdeschutz darf nicht zugunsten eines Lebensschutzes geopfert werden. In diesem Jahr werden laut Robert-Koch-Institut statistisch 520.000 Menschen eine Krebsdiagnose bekommen. Davor kann uns der Staat auch nicht schützen, niemand würde das erwarten. Doch jetzt wurde wegen Covid-19 eine solche Isolation verhängt. Plötzlich empfinden Einsamkeit, die so brutal ist, dass zeitweise gar kein Konsich die Leute nicht takt möglich ist, die führt zu mehr als Herr ihres schweren Depressionen. Das eigenen Lebens. greift die Würde massiv an. Foto: V. Macke

Gute Frage. Manche schimpfen, sie seien keine Antisemiten, sie stünden da für ihre Freiheitsrechte. Da müssen wir antworten: Guck dich um, neben wem du stehst und was auf der Bühne geäußert wird. Wenn neben mir jemand skandiert, dass Weltjudentum sei an allem schuld, dann muss ich den ansprechen und in die argumentative Auseinandersetzung gehen. Vor Ort. Das erwarte ich.

Können wir uns auf mehr Suizide einstellen, wenn es im Herbst und Winter zu einer zweiten Infektionswelle kommen wird? Kann gut sein, dass die Zahl der Suizide steigen wird. Aber insgesamt werden die Folgen der Isola­ tion und der Angst erst mit der Zeit offenbar werden. Ich fürchte, sie werden gravierender sein, als bisher angenommen. Eine Mitarbeiterin eines Frauenhauses hat mir erzählt, sie bereiten sich auf eine ganze Welle neuer Fälle vor.

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Foto: Picture-Alliance/Geisler-Fotopress

KAFFEE MIT KÄSSMANN

an bedacht, weil niemand bisher eine solche Krise erlebt hat. Aber tatsächlich zeigt sie uns viele Schwachstellen, ja auch die ganze Fragilität der Gesellschaft. Und dann vergessen wir hier in Deutschland in der ganzen Öffnungsdiskussion auch noch die Allerschwächtsen, die kleinen Kinder.

In Dänemark werden die Kitas viel früher wieder aufgemacht. Und hier in Hannover-Land heißt es, dass vielleicht nach den Sommerferien wieder aufgemacht wird. Das muss man sich mal vorstellen. Gerade die Kita- und Grundschulkinder sind doch die, die am meisten auf den Kontakt mit ihresgleichen und den Freiraum, das Vertrauen in Kita und Schule angewiesen sind. Die älteren Kinder, die Jugendlichen, die kennen sich notfalls aus mit elektronischen Kommunikationsmitteln, die Kitakinder aber werden übersehen. Also bitte, verkürzt die Sommerferien nach diesen acht Wochen Shutdown jetzt auf drei Wochen, seid kreativ in den Ministerien und Schulen und sorgt dafür, dass die Kinder endlich wieder ihr Kinderleben haben.

Ist die Unbeschwertheit der Jüngeren wichtiger als das Leben der Alten? Wenn ich wüsste, dass die Kleinen und Jüngeren wieder rauskönnen, wenn wir, die über Sechzigjährigen, die Risikogruppen, zuhause blieben, wenn das der Deal wäre, dann würde ich mich darauf einlassen. Das kann meines Erachtens von uns erwartet werden.

Der einstige Obergrüne Christian Ströbele hat bereits angekündigt, er würde sofort klagen, wenn er eingesperrt würde, damit die Jüngeren früher ihr bisheriges Leben zurückbekämen.

Sich wissend wähnende Kritiker der Krisenpolitik versammeln sich wöchentlich auch in Hannover.

Nur weil man den Männern bisher und normalerweise gestattet hat raus zu gehen, überleben ihre Frauen und Kinder? Die Krise zeigt uns aktuell einfach, wo die Schwächsten der Gesellschaft sind. Die Krise ist ein Brennglas. Es erschreckt mich, wie viele Kinder geschlagen und misshandelt werden, wie viele Frauen pro Jahr von ihren Partnern getötet werden. Niemand in der Politik hat die sozialen und psychischen Folgen von Anfang

Das finde ich ziemlich unsolidarisch von ihm. So ein alter Kerl, der viel gelebt hat, sich viel bewegt hat in einem langen Leben, der kann jetzt durchaus mal ein bisschen zurückstecken, damit jetzt die Kinder raus können. Wir Alten haben ein gutes Leben gelebt. Solidarität ist doch gerade zu sagen: Ich verzichte zugunsten von anderen. Gerade wir Älteren sind doch – mehrheitlich – die Luxusgeneration, die es so gut hatte, wie keine Generation vorher und keine danach. Und wir sind jetzt von den wirtschaftlichen Folgen der Krise zudem am wenigsten betroffen. Wir bekommen unsere Rente, unsere Pension weiter, müssen keine Kurzarbeit oder den Arbeitsplatzverlust fürchten, müssen keine Kinder versorgen und auch keine Alten, weil wir selber die Ältesten sind. Müssen aber von allen anderen geschützt werden. Das hat etwas Ungerechtes.

Vielen Dank für das Gespräch. Interview: Volker Macke


Zecken

Energieberatung per Video

Der milde Winter war perfekt für Zecken. Die Wahrscheinlichkeit von einer Zecke befallen zu werden, ist in diesen Tagen in der Natur daher größer. Stechen die winzigen Blutsauger zu, können sie die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) und Lyme-Borreliose übertragen. Laut Robert Koch-Institut (RKI) sind deutschlandweit bis zu 30 Prozent der heimischen Zecken Träger sogenannter Borrelien. FSME ist in Niedersachsen weniger weit verbreitet. Gegen Borreliose gibt es keinen Impfstoff. Zur Vorbeugung helfen nur lange Kleidung und Zeckenschutzmittel. Wer dennoch von einer Zecke gestochen wird und einige Tage bis Wochen danach rund um die Einstichstelle eine ringförmige Rötung beobachtet, sich außerdem abgeschlagen fühlt, Fieber und Kopfschmerzen bekommt, sollte einen Arzt aufsuchen, rät die KKH. Borreliose lässt sich vor allem im Frühstadium gut antibiotisch behandeln. RED

Die Energieberatung der Verbraucherzentrale Niedersachsen erweitert ihr Beratungsangebot. Tipps zum Energiesparen, eine Einschätzung der Heizkosten-Abrechnung oder Informationen zu Fördermitteln sind ab sofort auch per Videoberatung möglich. Ratsuchende können das neue Angebot nach vorheriger Terminvereinbarung nutzen – kostenlos und ganz bequem von zu Hause. Die Videoberatung ermöglicht es, Dokumente während des Gesprächs mit den Energie-Fachleuchten zu übermitteln. So können auch Rechnungen und Vertragsunterlagen – bis zu einem gewissen Umfang – gesichtet werden. Im Internet kann man sich unter der Adresse www. verbraucherzentrale-niedersachsen.de/videoberatung für die Beratung anmelden. RED

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on-hannove

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Foto: Santje09/iStock.com

GUT ZU WISSEN

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Foto: V. Macke

AUS DER SZENE

First Housing-First Hannover. Grundsteinlegung für Hannovers erstes offizielles Housing-FirstProjekt: Kein Behelfsplatz, keine Notunterkunft, kein Wohnheim, »Ein Zuhause« heißt das Projekt, das heute manifest auf den Weg gebracht wurde: 15 Wohnungen für Obdachlose, dauerhaft. Im Beisein von Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay, Sozialdezernentin der Region Andrea Hanke (li.) sowie Architekten, Baufirma und Spendern hat Stiftungsgeschäftsführer Andreas Sonnenberg (re.) heute in Hannover-Vahrenwald feierlich den Grundstein gelegt. In den Grundstein eingemauert wurden der den Weg freimachende Ratsbeschluss, Pläne, Zollstock, gute Wünsche und eine Asphalt-Zeitung. »Mit dem Bau dieser Wohnungen gelingt ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der sozialen Infrastruktur in Hannover«, lobt OB Onay das Projekt, für das die Stadt den Baugrund in Erbpacht zur Verfügung gestellt hatte. »Dieses Konzept zum Abbau der Wohnungslosigkeit setzt hier punktgenau an, denn es kombiniert zwei wichtige Bereiche – Wohnen und individuelle Betreuung.« Finanziert wird das Projekt aus Mitteln der sozialen Wohnraumförderung von Land, Stadt und Region, der Eigenanteil der Stiftung beträgt 400.000 Euro, weitgehend realisiert über Spenden. Rund 30 Prozent davon kommen von der Marktkirchengemeinde. »Nicht aus Kirchensteuern sondern aus Erberlösen«, betonte Pastorin Hanna Kreisel-Liebermann. »In der Corona-Pandemie wird sichtbar, dass die Armen in Deutschland und weltweit am meisten leiden, Wohnungslose können ja gar nicht zuhause bleiben«, so die Pastorin weiter. Für Regions-Sozialdezernentin Hanke könne dieses erste Projekt nur ein erster Schritt sein, die »Basis, um wieder Fuß zu fassen und am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.« Mehrere Hundert leben aktuell in Hannover auf der Straße, einige Tausend sind in Unterkünften, Notschlafstellen oder ›bei Bekannten‹ untergebracht. Das Haus soll laut Professor Eckart Güldenberg, Vorsitzender der Stiftung »Ein Zuhause«, im kommenden Herbst bezugsfertig sein. Es kostet rund zwei Millionen Euro, die Mieterbegleitung jährlich rund 102.000 Euro. Das Projekt wird schon in der Planungsphase wissenschaftlich begleitet. MAC

Kein Geld für Masken Hannover. Immer noch gilt Maskenpflicht in Bussen, Bahnen und Läden. Arme Menschen haben aber keinen Anspruch auf Kostenübernahme. Und dies, obwohl viele Arme gesundheitlich vorbelastet sind. Das hat das Niedersächsische Landesamt für Soziales und Familie jetzt festgelegt. Der Hartz-IV-Regelsatz von monatlich 432 Euro sei ein Pauschalbetrag, der auch für zwischenzeitlich zusätzliche Aufwendungen ausreiche, so das Ministerium in einem Schreiben von Anfang Mai. Es sei »nicht erkennbar, dass mit der Einführung einer Maskenpflicht Anforderungen gestellt werden, die den Leistungsberechtigten übermäßige Kosten auferlegen, die nicht durch interne Ausgleiche möglich sind«, so das Amt weiter. »Sofern Leistungsberechtigte dennoch eine hochwertige FFP2- oder FFP3-Maske benutzen möchten, wären die Kosten dafür aus dem Barbetrag zur persönlichen Verfügung zu finanzieren.« Ein Urteil des Sozialgerichts Aurich bestätigt die restriktive Haltung der Behörde. Eine Bedarfsgemeinschaft aus dem Rheiderland hatte beim Jobcenter wegen der Corona-Pandemie einmalig 350 Euro beantragt. Sie begründete dies mit der notwendigen Beschaffung amtlich empfohlener Notbevorratung, Schutzmasken und dem Kauf wegen Hamsterkäufen teurerer Waren. Die beantragte Einmal­ unterstützung hat das Sozialgericht Aurich Mitte Mai abgelehnt. »Dieses Urteil geht an der Lebenswirklichkeit von Hartz-IV-BezieherInnen vorbei und sendet ein falsches politisches Signal«, kommentiert Thomas Uhlen, Sprecher der Landesarmutskonferenz Niedersachsen, das Urteil. MAC


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Foto: Holger Hollemann/dpa/Picture-Alliance

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PILOTPROJEKT PLANEN! Mehr als ein Dach überm Kopf: Wegen der Corona-Krise sind Obdachlose in der Jugendherberge Hannover untergebracht. Auf Zeit. Die die Politik jetzt nutzen sollte. »Es ist ruhiger, sauberer und wir werden wirklich gut versorgt. Ich habe ein eigenes Zimmer und mein eigenes Bett. Und vor allem können wir auch tagsüber rein. Es ist einfach tausendmal besser in der Jugendherberge als in der Notunterkunft am Alten Flughafen«, schwärmt die 45-jährige Nina von ihrer neuen temporären Bleibe. Und auch Karl ist von seiner neuen Unterkunft begeistert. »Ich fühle mich da wirklich wohl. Ich habe sogar ein eigenes Bad mit einer Dusche und einer Toilette bei mir im Zimmer«, erzählt der 57-Jährige stolz. Anders als am Alten Flughafen, müssen die obdachlosen Menschen hier nicht schon morgens spätestens um acht Uhr das Haus verlassen und dürfen abends erst ab 18 Uhr wieder rein. Hier dürfen sie kom-

men und gehen wann sie wollen und haben somit einen ganztägigen Rückzugsort, in dem sie endlich mal die Tür hinter sich zu machen und ihre Privatsphäre genießen können.

Alternative Rückzugsmöglichkeit Seit dem 15. April bietet die Stadt Hannover Menschen, die auf der Straße leben und keine Covid-19-Symptome aufweisen, in der Jugendherberge in der Calenberger Neustadt ein Dach über dem Kopf. Dafür hat die Stadt mit dem Caritasverband einen Betreibervertrag geschlossen. Die soziale und ärztliche Betreu-


der Straße sind, machen sie das nicht«, weiß Cordes aus Gesprächen mit Obdachlosen zu berichten. Und auch Jan Ulrichs von der Selbsthilfe für Wohnungslose (Sewo) sieht bereits positive Effekte: »Gerade jetzt wird offensichtlich, wenn wir eine engmaschigere Arbeit vor Ort anbieten können, so wie in der Jugendherberge, um Bedarf und Rechtsansprüche klären zu können, wird nochmal ein ganz anderer Hilfeprozess in Gang gesetzt. Dann kann man auch perspektivisch schauen, wo soll die Reise hingehen. Am Alten Flughafen ist das aufgrund der Ausstattung nicht möglich.«

Foto: privat

Positive Signale für Vertragsverlängerung

In ihren Einzelzimmern in der Jugendherberge in Hannover finden die Obdachlosen einen ganztägigen Rückzugsort und viel Privatsphäre.

»Man sollte sich Gedanken machen, aus dieser sehr positiven Geschichte ein landesweites Modellprojekt zu machen.«

ung vor Ort übernehmen Caritas und Diakonie gemeinsam. Die Kosten für Anmietung, Versorgung und Warmverpflegung werden Robert Nicholls, sozialpolitischer zu je einem Drittel Sprecher der CDU-Ratsfraktion vom Land Niedersachsen, der Region Hannover und der Landeshauptstadt Hannover übernommen. Die Jugendherberge an der Ihme bietet Platz für rund 200 Menschen ohne festen Wohnsitz. Wer nicht drinnen schlafen möchte, der kann auf dem Außengelände zelten. »Die Zelte werden sogar von der Jugendherberge gestellt. Besonders für Obdachlose mit Hunden ist dieses Angebot sehr interessant« erzählt Mario Cordes von der Obdachlosenhilfe Hannover. Etwa 100 Menschen ohne festen Wohnsitz nutzen das Angebot in der Jugendherberge zurzeit. Und auch das Außengelände ist bereits gut belegt. Neben dem Schutz vor Corona hat die Unterbringung in der Jugendherberge noch weitere positive Auswirkungen. »Viele Leute, die jetzt in der Jugendherberge sind, müssen sich tagsüber nicht mehr volllaufen lassen, um den Tag zu überstehen. Wenn sie zu uns in die Essensausgabe kommen, laufen sie viel gepflegter rum und sind auch mal nüchtern. Sie nehmen ihre Umwelt wieder wahr. Wenn sie auf

Ab Mitte Juni könnte damit aber schon wieder Schluss sein. Zum einen dürfen die Jugendherbergen unter Einhaltung bestimmter hygienischer Maßnahmen für den Tourismus dann regulär wieder öffnen, zum anderen laufen die Verträge mit der Stadt und dem Caritasverband aus. Für viele würde das eine Rückkehr in Notunterkünfte oder Notschlafstellen wie den Alten Flughafen bedeuten. Aber es gibt Hoffnung. Sowohl der Betreiber der Jugendherberge als auch die Stadt haben sich bereits positiv über die Möglichkeit einer Vertragsverlängerung geäußert. »Zuerst einmal freuen wir uns, dass wir zusammen mit der Stadt Hannover, der Region und auch dem Sozialministerium hier in Hannover dieses attraktive Angebot für Menschen umsetzen konnten, die wirklich Unterstützung und Hilfe brauchen. Daher würden wir das Angebot auch gerne über den Juni hinaus aufrechterhalten«, betont Norbert Dettmar, Geschäftsführer im DJH Landesverband Hannover. Dafür gebe es bereits Gespräche zwischen der Landeshauptstadt Hannover und der Jugendherberge. Ob und wie lange die Verträge verlängert werden, das stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest. »Ich vermute aber, dass es um den Zeitraum bis Mitte Juli gehen wird. Wir wären aber auch zu einem längerfristigen Vertrag bereit. Da kennen wir nix«, versichert Dettmar. Auch Hannovers Stadtpolitik würde eine Fortsetzung der Unterbringung der Obdachlosen in der Jugendherberge befürworten. »Es ist sicherlich eine win-win-Situation, sowohl für die Betroffenen als auch natürlich für die Jugendherberge, der die Einnahmen Corona bedingt weggebrochen sind. Bevor man sich dort als Jugendherberge unter einen Schutzschirm begeben muss, ist es natürlich besser, auf diese Weise eine Amortisation zu bekommen«, zeigt sich Hannes Hellmann, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Ratsfraktion, einer Vertragsverlängerung positiv gegenüber. Sein SPD-Kollege von der entscheidenden Ampel-Koalition Robert Nicholls geht noch einen Schritt weiter. Ihm haben die »außergewöhnlich positiven Effekte von Obdachlosen in der Jugendherberge eines sehr deutlich gemacht:


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Es geht nicht allein darum, für die Zeit der Corona-Krise eine Lösung zu finden. Man sollte sich vielmehr Gedanken machen, in Zusammenarbeit mit dem Land, der Region und der Stadt aus dieser wirklich sehr positiven Geschichte ein landesweites Modellprojekt zu machen. Eines, was wirklich neue Perspektiven jenseits von Notunterkünften für Obdachlose bietet. Dieses wäre im Sinne einer sozialgerechten Politik«.

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Langfristige Alternativen finden

Foto: privat

Und auch im Sinne von Sewo-Geschäftsführer Ulrichs. Der plädiert schon lange dafür, dass Jede und Jeder einen abschließbaren Raum für sich hat. Einen Raum für ein Stück Privatsphäre. Einen Raum, wo man einfach sein kann. In Notunterkünften ist das nicht möglich. Diese seien nicht würdevoll genug und entsprächen nicht dem Menschsein. Und mit einem Platzangebot für über 100 Menschen auch viel zu groß. »Meiner Meinung nach sollte man grundsätzlich schauen, dass wir nur noch Unterbringungsformen mit maximal 50 Plätzen schaffen. Eher sogar nur 20 Plätze. Und dass die Menschen dort auch bleiben können und nicht tagsüber raus und sich irgendwie versorgen müssen«, regt Ulrichs an. Deshalb sollte die Stadtpolitik die Zeit jetzt nutzen, um angemessene Unterbringungsmöglichkeiten für Obdach- und Wohnungslose auch nach der Corona-Krise zu finden. Denn, auch wenn es zu einer Verlängerung des Mietvertrages mit der Jugendherberge kommt, ist und bleibt es ein Aufschub auf Zeit, bevor die jetzigen Gäste der Jugendherberge wieder zurück auf die Straße müssen, sollte die Stadt in der Zwischenzeit nicht aktiv werden. Für Sewo-Geschäftsführer Ulrichs gibt es noch eine andere, längerfristige Alternative zur Jugendherberge, um Obdach- und Wohnungslose sicher vor Corona unterzubringen. »Ich würde versuchen, Hotels über einen längeren Zeitraum zu pachten. Beispielsweise für »Viele Leute, die drei Jahre. Denn ich gehe jetzt in der Jugenddavon aus, dass Messen herberge sind, müserstmal nicht stattfinden sen sich tagsüber werden. So könnte man nicht mehr volllaugleichzeitig auch einem anderen Gewerbe unter fen lassen, um den die Arme greifen. Mit eiTag zu überstehen.« ner Belegung von etwa 20 Mario Cordes, Leuten könnte man zudem Obdachlosenhilfe Hannover Perspektiven für die Menschen schaffen«, so Ulrichs. Und Dettmar könnte sich vorstellen, dass neben dem normalen Tourismus-Betrieb auch Obdachlose weiterhin in der Jugendherberge wohnen. »Da haben wir mit der Diakonie und der

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Viele Zimmer in der Jugendherberge sind mit eigenem Bad und eigener Toilette ausgestattet. Viele Obdachlose kennen das schon seit Jahren nicht mehr.

Caritas auch schon Gespräche aufgenommen. Als Jugendherberge sind wir ja ein gemeinnütziger Verein. Von daher haben wir uns in unserer Satzung selbst eine sozialverpflichtende Aufgabe gestellt«, verrät der DJH-Geschäftsführer. Sollte die Stadt es nicht schaffen, während der Corona-Krise bessere Unterbringungsmöglichkeiten für die Menschen von der Straße zu finden, ist sich Nina sicher: »Wenn die Jugendherberge wieder dicht macht, dann bin ich weg aus Hannover. Zum Alten Flughafen gehe ich auf keinen Fall wieder zurück. Definitiv nicht.« Und auch für Karl steht fest: »Zum Alten Flughafen gehe ich nicht mehr hin. Dann würde ich lieber auf der Straße bleiben, als dort nochmal zu schlafen.« Grit Biele/Claudia Fyrnihs/StreetLIVE* *StreetLIVE ist eine Kooperation von und


AUS DER SZENE

Programm für die Drogenszene Hannover. Mit viel Lob hat die Politik ein Konzept der Stadt zur besseren Betreuung suchtkranker Menschen jetzt im Sozial­ ausschuss bedacht. Für 200.000 Euro sollen in den nächsten Monaten Einrichtungen zur Tagesstruktur auf- und ausgebaut werden, mehr Beratung und aufsuchende Sozialarbeit angeboten werden. So sieht es das Programm »Suchtkranke in der Innenstadt« vor. Zentral sollen dabei zwei Organisationen mitwirken: das freikirchliche »Neues Land« mit seinem »SOS Bistro« und dem Hochstraßen-Bauwagen in der Oststadt sowie die katholische Caritas mit neuen angemieteten Räumlichkeiten im Warmbüchenviertel. Sozialarbeiterisches Instrument ist ein Ansatz namens KISS. KISS steht für Kontrolle im selbstbestimmten Substanzkonsum, dabei geht es nicht um kalten Entzug, nicht um den Ausstieg aus der Sucht, sondern um bewussten, reduzierten »Konsum« von Drogen. 47.000 Euro soll das Programm kosten. 62.000 Euro sind für die Erweiterung der Angebote im »SOS Bistro« vorgesehen. Dritte Komponente im neuen Suchthilfeprogramm ist die »Pflegerische Betreuung suchterkrankter Obdachloser im Innenstadtbereich«. Konkret sollen ambulante Pflegekräfte der Organisation SIDA suchterkrankte Obdachlose, die nicht durch andere Maßnahmen erreicht werden, an den Szeneplätzen versorgen: Offene Behandlung auf offener Straße – mit Sichtschutz und unterstützt von Straßenambulanz und Zahnmobil. Kostenpunkt: 45.000 Euro. Zudem soll der Szenetreff an der Fernroder Straße hinterm Amtsgericht umgebaut werden. Ob alle Angebote auch in 2021 fortgesetzt werden können, sei unklar, so die Verwaltung auf Nachfrage: »Im Moment haben wir Geld für dieses Jahr.« MAC

Keine Chance für Little Homes Hannover. Die AfD-Fraktion ist im Bau- sowie im Sozialausschuss des Rates von Hannover mit einem Vorstoß gescheitert, die rollenden Verschläge »Little Homes« auf öffentlichen Plätzen und auf Parkflächen zu legalisieren. Ein entsprechender Antrag, die Sondernutzungssatzung der Stadt entsprechend zu ändern, fand keine Mehrheit. Die Begründung der AfD, dass es sich bei den rollenden Bretterhäuschen um zumindest »rudimentäre Privatsphäre und Eigenverantwortung« handele, wird zwar von vielen Ratsfraktionen geteilt, gleichwohl versagten diese mit unterschiedlichen Begründungen die Zustimmung zum Antrag. Der Linken ging der Antrag nicht weit genug, die regierenden Grünen lehnten ab, weil Einzelfallentscheidungen sinnvoller seien. MAC

#geMAInsamstark Monat bei 96 Im Monat Mai widmet sich die CSR-­ Initiative 96plus über das Tagesgeschäft hinaus noch stärker sozialen Einrichtungen und bedürftigen Menschen. Unter der Kampagne #geMAInsamstark werden Aktionen gebündelt und neu ins Leben gerufen, die mehrere Einrichtungen übergreifen und alle ein Ziel haben: dort zu helfen, wo aktuell Hilfe dringend notwendig ist. So spendet 96plus im Rahmen der Kampagne #geMAInsamstark unter anderem für jeden Einkauf ab 30 Euro in den beiden Fanshops, im Onlineshop oder bei der Buchung von besonderen, exklusiven Paketen und Gutscheinen der 96-Fußballschule 5 Euro an eine soziale Einrichtung. Überdies werden auch wöchentlich soziale Einrichtungen besucht, um jene direkt vor Ort mit Sachspenden zu unterstützen unter anderem hat 96plus auch Asphalt besucht. Mehr Informationen über 96plus und den aktuellen Aktionen auf dem 96plus-Instagram-Profil (@h96plus) und der Facebookseite (@96_plus). Ebenfalls sind nochmal alle durchgeführten #geMAInsamstark Aktionen auf der Homepage zu finden unter www.hannover96.de. 96plus bedankt sich bei seinem Hauptpartner Clarios für die Unterstützung.


Da hat er sich mal wieder was geleistet, der OB Boris Palmer aus Tübingen. Lockerungen der Corona-Auflagen hat er ge­ fordert – so weit, so gut – das tun viele. Aber dann musste er hinzufügen, dass wir in Deutschland gerade Menschen retten, die aufgrund ihrer Vorerkrankungen möglicherweise sowieso keine lange Lebenserwartung mehr hätten. Das ist schon dreist. Dass ich in seinen Augen offenbar kein Recht habe, noch länger zu leben, ist eine Seite. Wenn ich an viele Menschen in meinem Bekanntenkreis denke, die die 70 überschritten haben, trotz bestehender »Vorerkrankungen« wie (mit Medikamenten bestens eingestellt) Diabetes oder Bluthochdruck, munter und aktiv am Leben teilnehmen, bin ich fassungslos über die Gedankenwelt dieses Oberbürgermeisters. Und wenn er sich hinterher entschuldigt, tut er das ganz sicher nicht aus Überzeugung, sondern unter dem Druck der Öffentlichkeit. Es ist nur folgerichtig, wenn sich die Grünen von diesem Mitglied ihrer Partei distanzieren und eine erneute Kandidatur von ihm nicht unterstützen. Ein Mensch mit dieser Einstellung muss unbedingt dorthin verschwinden, wo er kein Unheil mehr anrichten kann. Da ich annehme, dass auch er Eltern oder alte Verwandte hat, kann er sich dann in aller Ruhe mit deren überflüssiger Lebenserwartung auseinandersetzen. Bleiben Sie gesund und wie sagt Frau Käßmann: wohlbehütet.

Karin Powser Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden …

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»RISIKOMENSCH« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäufer Klaus (61). Hallo Klaus, die letzten Wochen waren turbulent. Das Thema »Corona« bestimmt unser aller Leben. Wie geht es dir damit? Ganz gut jetzt. Ich kann wieder verkaufen! Das war eine Scheißzeit, als ich zuhause rumgammeln musste. Aber was sollte ich machen? Naja, ich bin trotzdem zu meinem Verkaufsplatz vor »Penny« gegangen und habe da meinen Kaffee getrunken, damit die Leute auch wissen, dass ich noch da bin und irgendwann wieder Asphalt verkaufe.

Also hast du gar nicht so viel an deinem Tagesablauf geändert? Ich war schon mehr zuhause, aber eigentlich habe ich meinen Ablauf beibehalten. Ist ja auch kein Problem. Ich wohne um die Ecke, »Penny« ist nicht weit weg. Da sind meine Leute: Bekannte und Kunden – ein bisschen klönen, mit Abstand von zwei Metern natürlich! Hätte ich nur alleine in der Wohnung gehangen, wäre ich verrückt geworden. Ich habe hier nur meine Katze Chanel. Die ist super, aber mit der kann ich mich nicht unterhalten.

Hast du Angst vor dem Virus? Ich habe mir meine Gedanken darüber gemacht … Ein bisschen Angst habe ich schon, aber eigentlich nicht so richtig. Ich lasse mich nicht verrückt machen, habe mich nicht anstecken lassen von der Panik.

Hast du gehamstert? Nein. Was meinst du, was bei »Penny« los war! Sollte mir mal das Klopapier ausgehen, gibt es Leute, die mir eine Rolle geben, da mache ich mir keine Sorgen. Viele machen sich verrückt. Es ist jetzt aber so: Das Virus ist überall, daran lässt sich nichts ändern. Ich lebe mein Leben weiter, ich weiß, wie weit ich gehen kann. Ich gebe keinem die Hand, ich halte Abstand, ich nehme keinen in den Arm. Und ich war auch letztens erst bei meinem Lungenarzt: Alles im grünen Bereich!

Du hast COPD, eine chronische Lungenerkrankung. Ja. Ich bin ein Risikopatient – oder sagen wir lieber: Risikomensch. Ich bin ja gar kein Patient. Ich könnte schon größere Probleme bekommen, sollte ich mich anstecken, aber bisher ist das nicht passiert. Ich habe zwar keine Angst, aber ich nehme das auch nicht auf die leichte Schulter – ich halte mich an die Empfehlungen der Virologen und auch an die der Kanzlerin. Ansonsten lebe ich mein Leben so weiter wie gehabt. Aber es hat sich schon viel verändert, die Menschen haben sich seit Corona verändert.

Wie denn? Sie sind ruhiger, mehr in sich gekehrt, auch höflicher, als könnten sie morgen schon sterben. Ich nehme an, dass sie nach-

denklicher sind. Das geht mir auch ein bisschen so. Manchmal ist es aber auch so, dass die Leute genervter sind, aggressiv sogar. Das habe ich bei mir zwischendurch auch beobachtet, aber dann habe ich zu mir selbst gesagt: »Klaus, bleib ruhig!« Auch das mit den Masken ist ja jetzt eine neue Erfahrung, da müssen sich auch alle erst mal dran gewöhnen. Angenehm ist das nicht, ich kriege auch schlecht Luft dadurch, noch schlechter als sonst, aber ich schütze andere, vielleicht auch mich – und das ist gut.

Du bist trockener Alkoholiker. Fiel es dir in dieser besonderen und auch psychisch herausfordernden Zeit schwerer, standhaft zu bleiben, nicht zu trinken? Nein! Einen Grund zum Trinken kann man immer finden. Man ist ja auch immer irgendwie von Alkohol umgeben, alleine beim Einkaufen schon. »Nein, Klaus, das machst du nicht«, denke ich dann immer. Ich weiß, was ich mir dadurch alles kaputtgemacht habe, dass ich mich selbst kaputtgemacht habe – körperlich. Mir ging es am Ende nur noch schlecht: Ich konnte nicht richtig stehen oder gehen und hatte Schweißausbrüche, Angstzustände, habe gezittert … das darf nicht wieder anfangen. Das habe ich immer im Hinterkopf. Seit drei Jahren trinke ich nicht mehr. Und ich musste viel lernen seitdem.

Was denn? Wenn ich getrunken hatte, hatte ich so etwas wie einen Schutzpanzer, da kam ich mehr aus mir raus und hatte nicht solche Hemmungen, war nicht so schüchtern, aber das war es nicht wert. Und das mit dem Schüchtern sein wird auch langsam besser, ich werde abgebrühter (lacht). Jetzt geht es mir doch so gut! Ich habe eine Wohnung für mich, tolle Vermieter …

Du wohnst in einer kleinen Wohnung seit einem Jahr, oder? Bei unserem letzten Gespräch warst du ja noch in einer Psychotherapeutischen Wohneinrichtung für Suchtkranke und hast dort in einer WG gelebt. Ja, jetzt wohne ich in meiner eigenen kleinen Wohnung bei meinem Vermieter im Haus – und ich gehöre praktisch zur Familie. Sie haben mich aufgenommen wie ihren Sohn. Die Mutter meines Vermieters ist und war ja meine Asphalt-Kundin. Wir kamen ins Gespräch und sie hat mir die Wohnung angeboten. Einen großen Garten habe ich auch noch und eine Katze, die Familienkatze Chanel. Tagsüber ist sie draußen und abends kommt sie immer zu mir und guckt ins Fenster, dann lasse ich sie rein und sie schläft bei mir auf der Couch. Ich habe Asphalt viel zu verdanken: dass ich trocken bin und bleibe, dass ich diese Wohnung gefunden habe. Ich bin sehr froh, dass es Asphalt gibt und ich jetzt auch wieder verkaufen kann – das ist meine Aufgabe! Interview: Svea Müller


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Fotos: privat

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Klaus verkauft Asphalt vor »Penny« im Tempelhofweg in Hannover.


RUND UM ASPHALT

Artenschutz – Made in Hannover Eisbär, Tiger und auch die Wüstenantilope Addax – sie alle sind neben einer Vielzahl anderer Tiere vor dem Aussterben bedroht. In seiner Kampagne mit ausdrucksstarken hochformatigen Bildmotiven will der Erlebnis-Zoo Hannover auf den dramatischen Schwund der Artenvielfalt und den Verlust der Lebensräume aufmerksam machen. Neben dem beliebten Eisbär- und Tigerjungtier hat sich der Erlebnis-Zoo bewusst für die Wüstenantilope Addax entschieden. Er führt das Zuchtbuch für die bedrohte Addax und hat bereits wiederholt die Ansiedlung von zoogeborenen Jungtieren in bewachten Nationalparks in Nordamerika organisiert. Mit seinem Slogan »Made in Hannover« will der Zoo zum einen auf die Tiere hinweisen, die im Rahmen der Europäischen Zuchtprogramme in Hannover geboren wurden. »Zugleich möchten wir zeigen, dass die Menschen in Hannover und Region stolz auf die Artenschutz-Erfolge sein können, die wir mit ihrer Hilfe bislang erreichen konnten«, erklärt Zoo-Geschäftsführer Andreas M. Casdorff. Mit Asphalt können Sie zwei Tagestickets für den Zoo Hannover gewinnen! Beantworten Sie uns einfach folgende Frage: Mit welchen drei Tieren macht der Erlebnis-Zoo Hannover auf die bedrohte Tierwelt aufmerksam?

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Foto: Zoo Hannover

Asphalt verlost 10 x 2 Karten für den Zoo Hannover

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Schicken Sie uns eine Postkarte, eine E-Mail oder ein Fax mit Ihrer Antwort und dem Stichwort »Zoo« bis zum 30. Juni 2020 an: Asphalt-Redaktion, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover, gewinne@asphalt-magazin.de, Fax 0511 – 30126915. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Die Lösung unseres letzten Zoo-Rätsels lautet: »20 Kilogramm«.

gesucht – gefunden Verkäufer Thomas: Ich suche einen gebrauchten Laptop sowie eine Waschmaschine. Bleibt alle gesund und Danke! [V-Nr. 1909/Hannover] Kontakt: 0177 – 7095483.

Verkäuferausweise Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei VerkäuferInnen mit gültigem Ausweis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Hell-Orange

Impressum Herausgeber: Matthias Brodowy, Dr. Margot Käßmann, Rainer Müller-Brandes Gründungsherausgeber: Walter Lampe Geschäftsführung: Georg Rinke Redaktion: Volker Macke (Leitung), Grit Biele, Ute Kahle, Ulrich Matthias, Svea Müller Gestaltung: Maren Tewes Kolumnistin: Karin Powser Freie Autoren in dieser Ausgabe: L. Bolyos, M. Boysen, C. Fyrnihs, W. Kaiser, M. Laumann, I. Müller-Münch, O. Neumann, N. Nissen, S. Rizvi, K. Schwingshandl, W. Stelljes, K. Zempel-Bley Anzeigen: Heike Meyer

Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Ute Kahle, Kai Niemann Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15 Vertrieb Göttingen: Telefon 0551 – 531 14 62 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30

BIC: GENODEF1EK1 redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de goettingen@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Online: www.asphalt-magazin.de www.facebook.com/AsphaltMagazin/ www.instagram.com/asphaltmagazin/ Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 26.500 Asphalt erscheint monatlich. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 25. Mai 2020 Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung

nur, wenn Porto beigelegt wurde. Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Unsere vollständige Datenschutzerklärung finden Sie auf www.asphalt-magazin.de/impressum. Alternativ liegt diese zur Ansicht oder Mitnahme in unserer Geschäftsstelle aus. Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger


ASPHALT 06/20

Foto: Jelca Kollatsch

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»Teil der Familie« Christian Schulz, Hannover 96

Großer Marathon-Scheck Sport total sozial: 29.254,50 Euro hat jetzt Stefanie Eichel, Event­ agenturchefin und Macherin des Hannover Marathon im Beisein von Oberbürgermeister Belit Onay sowie Asphalt-Herausgeber Rainer Müller-Brandes und Matthias Brodowy an Asphalt-Geschäftsführer Georg Rinke übergeben. Asphalt war so genannter Sozial­partner des HAJ Hannover Marathon 2020. Bekanntlich konnte der wegen der Corona-Krise nicht in geplanter Form an den Start gehen. Doch die Marathonmacher waren findig. Die virtuelle Solidaritäts- und Gemeinschaftsinitiative des #stayathome-Marathon, zu dem sich am 26. April weit über 10.000 Aktive registriert und somit zum »Laufbotschafter Hannovers« gemacht hatten, hat regio­nal, national aber auch international größte Beachtung gefunden und für überwältigende Emotionen gesorgt. Und für Spenden sehr vieler Läuferinnen und Läufer für unser Straßenzeitungsprojekt. Für Veranstalterin Stefanie Eichel ein einmaliges Signal: »Uns ist es gelungen, mit dem #stayathome-Marathon alle Teilnehmende zu Vorbildern und einer großen mentalen Gemeinschaft zu machen. Wir haben niemals damit gerechnet, unserem diesjährigen Sozial­ partner nach der Absage der Veranstaltung eine solche Summe überreichen zu können. Das ist sogar noch mehr als in den letzten Jahren mit einem Marathon.« Auch Stadtoberhaupt Onay zeigte sich beeindruckt: »Der Marathon ist aus dem Jahreskalender der Stadt nicht mehr wegzudenken«, so der OB. »Wie die Verantwortlichen die sehr schmerzliche Absage mit viel Kreativität in positive Energie bei allen Beteiligten umgewandelt haben, ist mehr als bemerkenswert.« Georg Rinke zeigte sich überwältigt. »Die Gelder werden dafür verwendet, dass wir unsere gut 200 VerkäuferInnen niedersachsenweit weiterhin wöchentlich mit Einkaufsgutscheinen von 25 Euro ausstatten können«, sagte er. MAC

»Asphalt ist in Hannover eine absolute Institution und einzigartig durch die Verbindung von hochwertigem Journalismus und sozialer Hilfe. Die Verkäuferinnen und Verkäufer gehören zum Stadtbild wie Rathaus und Maschsee. Ich denke, wir können stolz darauf sein, dass Asphalt auch ein Teil unserer 96-Familie ist, und man – sobald es wieder erlaubt ist – bei jedem Heimspiel in der HDI Arena die neueste Ausgabe erwerben kann.«

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… mehr als eine gute Zeitung!

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RUND UM ASPHALT

Foto: privat

Danke!

TUI-Mitarbeiterin Barbara Mikolajek rief ihre KollegInnen zu Spenden auf und übergab den Erlös an Asphalt-Verkäufer Manfred gleich persönlich.

Mit ihrer Kampagne #geMAInsamstark will 96plus wöchentlich soziale Einrichtungen besuchen und mit Sachspenden unterstützen. Bei Asphalt haben sie auch schon

Foto: 96plus

vorbeigeschaut.

Solidarität in der Krise Millionen Menschen leiden unter den Auswirkungen der Corona-Krise. Sei es durch Job-Verlust, fehlende soziale Kontakte oder durch eingeschränkte Hilfsangebote. Doch gerade in der Krise rückt die Gesellschaft näher zusammen und zeigt sich solidarisch. Das hat auch Asphalt in den letzten Wochen mehrfach erfahren dürfen. So spendeten zum Beispiel die Mitglieder des Kollegiums des Landeskirchenamtes sowie der Bischofsrat im Mai fünf bis zehn Prozent ihrer jeweiligen Nettogehälter zugunsten von Asphalt. Und auch für Juni und Juli haben sie diese Spende schon eingeplant. Mehrere Unternehmen sammelten für Asphalt in der Stammbelegschaft, wie die TUI beispielsweise, die damit »ihren« Asphalt-Verkäufer Manfred unterstützte. Der freute sich über die Solidarität »seiner« TUI-Leute riesig. Andere riefen per Rundmail im Verband, im Unternehmen, in der Firma zu Spenden auf. Unter anderem die Gewerkschaft ver.di. Aber auch die VGH, die Sparkasse, Mitarbeiter der Staatskanzlei, unterschiedliche Lions Clubs sowie RegionspolitikerInnen verschiedener Parteien haben Asphalt schon mit einer Geldspende bedacht. Von den Wirtschaftsjunioren Hannover gab es für jeden, im Zuge des #stayathomemarathon gelaufenen Kilometer, zehn Euro für Asphalt. Viele Engagierte riefen zudem über Facebook zu Spenden für Asphalt auf. Wieder andere waren zu Hause kreativ und nähten Masken bis Stoff und Gummibänder alle waren, verkauften diese dann unter Freunden und spendeten den Erlös, wie zum Beispiel Peggy Keller. Drei Pakete voll mit selbstgenähten Mundmasken gab es von Bärbel Wittmershaus und auch die Asphalt-Ehrenamtlichen vorsorgten unsere VerkäuferInnen mit den wertvollen Hilfsmitteln. Nützliches gab es zudem von 96plus. Ein Teil der Geldspenden sind bereits investiert: »Die Gelder wurden dafür verwendet, dass wir unsere gut 200 Verkäuferinnen und Verkäufer niedersachsenweit wöchentlich mit Einkaufsgutscheinen ausstatten konnten«, freut sich Asphalt-Geschäftsführer Georg Rinke über die Solidarität der Gesellschaft. Wir sind überwältigt und möchten uns bei allen SpenderInnen und Unterstützern für die entgegengebrachte Solidarität ganz herzlich bedanken. GB


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SEEMANNSMISSION Hilfe, Sport und Heimattelefonate.

LEISES LAND Vögel und Insekten sterben aus.

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Foto: privat

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Soli-Ab Für unsere VerkäuferInnen gab es 10-Euro-Gutscheine vom TauschTreff.

Asphalt für die nächsten drei Monate frei Haus. Weil Corona-Zeit ist. Und deshalb für manche Menschen der Kauf eines Heftes auf der Straße schwierig oder unmöglich ist.

Foto: V. Macke

Bestellen Sie für 12 Euro unser Solidaritäts-Abo im Postversand oder als pdf-Datei über vertrieb@asphalt-magazin.de oder per Telefon 0511 – 301269-20.

Den Erlös aus ihren selbstgenähten Masken hat Peggy Keller an Asphalt-Vertriebsleiter Thomas Eichler übergeben. Oben drauf gab es noch einige Mundmasken für die VerkäuferInnen.

Normalerweise finden Sie Asphalt nur auf der Straße. Weil es ein Augenhöheprojekt ist. Menschen der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen sollen sich begegnen, voneinander erfahren. In Corona-Zeiten aber ist alles anders. Nicht jeder und jede VerkäuferIn kann schon wieder auf der Straße verkaufen. Für sie brauchen wir aber Einnahmen, um sie ersatzweise mit Einkaufsgutscheinen unterstützen zu können. Und auch so manche StammkundInnen können oder wollen vielleicht noch nicht so oft und gern aus dem Haus wie sonst. Daher bietet Asphalt in dieser Zeit die Möglichkeit zum Abo. Juni bis August. Auch als Geschenk geeignet. Machen Sie davon bestenfalls regen Gebrauch. Weitere Infos unter www.asphalt-magazin.de.

Foto: G. Biele

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58 Kilometer sind die Wirtschaftsjunioren Hannover beim #stayathomemarathon für Asphalt gelaufen.

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Foto: dpa

SCHREIBEN, LESEN, SINGEN Rolando Villazón ist ein Multitalent: Er singt, inszeniert Opern, nimmt Platten auf und schreibt Romane. Am 16. Juni erscheint sein Neuester, »Amadeus auf dem Fahrrad«, der durch seine Tätigkeit als Intendant der Mozartwoche in Salzburg inspiriert wurde. Mit Asphalt spricht er über seine Leidenschaften, Heimat und Glauben. Herr Villazón, Sie leben in einem Vorort von Paris. Sind die Straßen in Ihrem Viertel menschenleer? In meiner Straße sind eigentlich nie viele Menschen. Gestern war ich wählen, da waren noch viele draußen. Ich finde es ein bisschen schade, dass wir Polizei brauchen, um sicherzustellen, dass die Leute zuhause bleiben. Aber viele machen es freiwillig. Es ist schwierig, diese Pause vom normalen Leben zu akzeptieren. Jetzt müsste eigentlich jeder »Die Pest« von Albert Camus lesen.

2021 wollen Sie mit Claudio Monteverdis wegweisender Oper »L‘Orfeo« in konzertanter Aufführung auf Tour gehen. Die Tournee musste wegen der Corona-Pandemie ins nächste Jahr verlegt werden. In der Titelrolle werden Sie gemeinsam mit dem Ensemble L‘Arpeggiata unter der Leitung von Christina Pluhar auf der Bühne stehen. Sie haben jetzt viel Zeit, sich intensiv mit Monteverdi zu beschäftigen. Ich habe meine Rolle natürlich schon gesungen, aber diese


Es interessiert mich, ich bin aber noch nicht sehr tief in diese Zeit eingetaucht. Ich habe ein Buch mit Briefen von Monteverdi. Man muss das aber nicht gelesen haben, um etwas wirklich gut zu singen. Die Briefe von Mozart habe ich allerdings gelesen, bevor ich die Rolle des Don Ottavio in »Don Giovanni« gesungen habe. Dabei habe ich mich in den Menschen Mozart verliebt und seine Musik mit anderen Ohren gehört. Auch Monteverdi begleitet mich schon lange, ich habe von ihm bereits Orfeo, Ulisse, »Il combattimento di Tancredi e Clorinda« und die Madrigale gesungen. Die ganze Information, die ein Darsteller braucht, kommt aus dem Stück selbst – und aus den anderen Künstlern, mit denen er singt und spielt. Bücher und Kunst helfen einem, ein Gefühl für die jeweilige Zeit zu bekommen, aber man ist ja kein Teil der Gesellschaft von damals. Wir leben heute.

Wie bereiten Sie sich generell auf eine Rolle vor? Vielleicht ist es für einen Sänger oder Musiker hilfreich, ein philosophisches Essay oder einen Roman von Diderot zu lesen, wie »Jacques der Fatalist und sein Herr«. Bei einem Regisseur ist das anders, weil man verantwortlich ist für ein Universum, das man aufbaut. So viel Information wie möglich macht dieses Universum reicher und genauer. Christina Pluhar ist für unsere »L‘Orfeo«-Aufführung musikalisch verantwortlich. Sie ist quasi die Regisseurin. Wenn ein Sänger mit zu vielen Ideen ankommt, kann es auch ein Problem für das Projekt sein, weil es dann schon zu sehr definiert ist. Man muss flexibel sein.

Heute berührt sie uns sogar noch mehr als vor 100 Jahren. Monteverdi und die ganze »Musica Antica« wird von großen modernen Orchestern aufgeführt. Natürlich gibt es auch eine Bewegung, die alte Musik mit alten Instrumenten spielt. Diese frühen wunderschönen Harmonien und Dissonanzen sind in der klassischen und der romantischen Periode verschwunden. Aber mit der zeitgenössischen Musik sind sie zurückgekehrt. Bei Puccini ist die Oper eine Kunstform mit großer Vokalgeste Ich habe mich und gezielter Übertreibung – aber bewusst dazu von einem Meister komponiert. entschieden, Wir fühlen diese Welt. Bei Monteverdi gibt es diese große musikanicht religiös zu lische Gestik nicht, weshalb seileben und tiefer ne Opern am alltäglichen Leben in die Kunst dran sind. Viele spätere Kompoeinzutauchen. nisten haben sich an seiner Oper »L‘Orfeo« orientiert, sie ist der Archetyp einer Geschichte von Liebe und Tod. Monteverdi bringt das Einfachste mit dem Schwierigsten zusammen. In diesem Mythos steckt von jedem von uns etwas drin. Das zeichnet große Unterhaltungskunst aus. Sie ist in diesen Zeiten unglaublich wichtig.

Was genau macht also das Stück so zeitlos? Seine moderne musikalische Sprache, der theatralische direkte Kontakt und die archetypischen Figuren.

Rolando Villazón Geboren als Rolando Villazón Mauleón am 22. Februar 1972 in Mexiko-Stadt, besucht er in den 1970er und 1980er Jahren eine deutsche Schule. Nach einer Gesangsausbildung am nationalen Musikkonservatorium startet Rolando Villazón Ende der 1990er Jahre seine Europakar­riere. Zu den Höhepunkten gehören die Rolle des Nemorino in der Oper »L‘elisir d’amore« an der Winter Staatsoper 2005. Ebenfalls an der Seite von Anna Netrebko singt er die Rolle des Alfredo in »La Traviata« bei den Salzburger Festspielen 2005. Netrebko und Villazón gelten jetzt als das Traumpaar der Oper. 2007 nimmt er die französische Staatsbürgerschaft an. 2011 inszeniert er seine erste Oper (»Werther«) an der Opéra de Lyon. 2014 erscheint mit »Kunststücke« sein erster Roman in deutscher Übersetzung. Nach »Lebenskünstler« (2017) folgt nun, im Juni 2020, sein neuester Roman: »Amadeus auf dem Fahrrad«. Bis heute hat er rund 35 Schallplatten veröffentlicht. Als Intendant der Mozartwoche in Salzburg wird er das weltweit wichtigste Mozartfestival bis 2023 künstlerisch gestalten. Rolando Villazón hat mit seiner Frau Lucia zwei Söhne und lebt im Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine. ON

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Sie haben früher als Geschichtslehrer gearbeitet. Haben Sie sich bei der Vorbereitung auf die Oper »L‘Orfeo« mit Monteverdi und seiner Zeit befasst?

Als »Geburtsstunde des abendländischen Musiktheaters« gilt der 24. Februar 1607 – der Tag der Uraufführung von Claudio Monteverdis »L‘Orfeo« am Hof des Herzogs von Mantua. Warum berührt uns diese frühe Oper heute noch?

Foto: Felix Broede/Deutsche Grammophon

Pause ist eine Möglichkeit, noch tiefer in diese wunderbare Musik einzutauchen.

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Foto: APA/picturedesk.com/Picture-Alliance

Rolando Villazón, seine Frau Lucia und die Söhne Matteo (re.) und Dario bei der diesjährigen Mozartwoche in der Salzburger Residenz.

Hat Monteverdi unsere abendländische Musik grundlegend verändert? Absolut! »L‘Orfeo« wird als die allererste Oper bezeichnet. Aber er war ja nicht der einzige Komponist seiner Zeit, sondern Teil einer Bewegung, die auf der Suche war. Damals war die große Frage, ob man Musik mit Worten überhaupt zusammenbringen darf. Aber Monteverdi hat es getan, und zwar so, dass Unsere ganze Gejedes seiner Stücke aus heuschichte macht uns tiger Sicht ein echter Schatz zu dem, der wir ist. Er war ein Genie. Für mich ist sein »L‘Orfeo« so sind. Die Heimat ist magisch wie eine Erzählung nur ein Teil von von Jorge Luis Borges. Es unserer Geschichte. gibt darin keinen Punkt und kein Komma zu viel oder zu wenig. Und dennoch hat Monteverdi genügend Platz für Kreativität gelassen. Unsere Regisseurin kann zum Beispiel entscheiden, wer was mit wem spielt. Die Proben mit Christina Pluhar und L‘Arpeggiata sind fantastisch. Man spielt einfach neun Stunden ohne Pause durch.

Welche Herausforderungen musikalischer Art kommen da auf einen Sänger zu? Jede Rolle hat ihre eigene Herausforderung. Bei Orfeo kommt es darauf an, die Balance zu finden zwischen dem, wer ich als Sänger und Künstler bin und

dem, was die Musik von diesem Sänger und Künstler braucht. Man kann diese Rolle nicht wie den Alfredo in »La Traviata« singen. Es gibt andere Stücke, bei denen man die Musik nutzen kann. Hier geht es darum, ernsthaft in der Rolle zu bleiben und sich auf die Geschichte zu konzentrieren. Es reicht nicht, nur schöne Töne zu machen, man muss Farben finden zusammen mit all den anderen Kollegen, Sängerinnen und Sängern. Das hat etwas mit Stil zu tun. Schreibt man Variationen von Themen und neue Noten oder hält man am Original fest. Christina Pluhar möchte es gern pur machen und nur kleine Kadenzen hinzufügen.

Weil das Stück in seiner Urform perfekt ist? Ja, aber man hat das Gefühl, dass Monteverdi Sängern und Musikern auch Freiheiten lässt. Ich mag es, ein Stück so nah wie möglich am Original zu singen. Hier und da gibt es bei Monteverdi die Möglichkeit, einen Ton höher zu gehen. Aber nur zwei, drei Noten lang und dann wieder zurück, um zum Beispiel ein Gefühl von Licht zu verstärken, (trägt singend ein Beispiel vor) Koloraturen zu singen, wäre hier nicht angemessen.

Wo proben Sie? Hier in Paris. Ich hoffe für unsere Welt, dass wir jetzt proben können. Alles andere würde heißen, dass das Virus nicht mehr unter Kontrolle ist. Dies ist die größte Krise unseres Lebens. Und trotzdem sind wir jetzt angehalten, für ein paar Monate auf unserem Sofa zu bleiben und uns von unseren Lieben vorübergehend zu verabschieden. Ich stamme aus Mexiko, meine Eltern haben dort auch schlimme Krisen erlebt, aber eher wirtschaftlicher Art. Natürlich gibt es auch Menschen, die durch das Virus Angehörige verloren haben. Das ist schlimm. Zufällig habe ich letztes Jahr »Die Pest« von Albert Camus noch einmal gelesen. Es ist ein starkes Buch. Camus ist ein Philosoph der Realität und nicht der Hoffnung.

Gerade Opernstars achten besonders auf ihre Stimme und haben Angst vor Ansteckungen aller Art. Wie gehen Sie mit der Corona-Panik um? Jetzt fühlen alle Menschen, was wir Sänger unser ganzes Leben fühlen. Jemand hustet oder niest und man denkt: Vorsicht! Aber ehrlich gesagt bin ich als Sänger im Moment nicht wichtig. Es ist viel wichtiger, dass wir als Menschen Solidarität zeigen und diejenigen unterstützen, die jeden Tag 20 Stunden im Krankenhaus arbeiten oder die ganze Zeit alleine sein müssen. Manchmal helfen schon Kleinigkeiten, indem man alten Leuten Lebensmittel vorbeibringt. Wir müssen alle aufpassen, uns nicht anzustecken und andere nicht zu gefährden. Keine Angst zu haben, ist nicht der richtige Weg, wir sollten Angst um den anderen haben. Also deshalb lieber zuhause bleiben, das ist für viele gar nicht so schlimm.


uns verhalten, hängt vom Leben ab und Keine Angst zu nicht vom Tod. Ich glaube an Mozart. Ich Sie fehlt mir schon, aber ich habe mich mit habe mich bewusst dazu entschieden, nicht der Situation arrangiert. Ich liebe es auch, haben, ist nicht der religiös zu leben und tiefer in die Kunst einzu schreiben und zu lesen. Ich habe viele richtige Weg, wir zutauchen. Ich habe eine atheistische Vision andere Aktivitäten. Was würde ein Bühsollten Angst um von der Welt entwickelt. Demnach könnte es nenkünstler vermissen? Wahrscheinlich den anderen haben. vielleicht einen Gott geben. Ist dieser Gott den Kontakt mit dem Publikum. Aber jeder jemand, der uns beschützt? Nein, das glaube Mensch vermisst gerade den Kontakt mit Familie und Freunden. Wenn du den Applaus vermisst, bist du ich nicht. Ich vertraue der Wissenschaft, habe aber auch FraNarzisst und hast jetzt ein Problem. Singen kann ich aber auch gen. Am Ende sind mir die Daten wichtiger. In der Corona-Krise ohne Bühne. Diese Situation zeigt uns, was wirklich wichtig ist. sollten Entscheidungen nach Zahlen und Fakten getroffen werden, statt nur auf Gott zu vertrauen.

Sie müssten eigentlich wissen, was Einsamkeit ist: Nach dem Schulabschluss wollten Sie Priester werden und verbrachten einige Monate in den Bergen in einem Kloster. Es war ein großes Haus mit vielen Brüdern. Aber ich hatte die Möglichkeit rauszugehen. Ich musste nicht die ganze Zeit an einem Platz bleiben.

Welche Rolle spielt der Glaube heute in Ihrem Leben? Keine. Ich habe viel gelesen, nicht nur in der Bibel, sondern auch über andere Religionen und Philosophen. Auch atheistische Literatur. Entweder man hat Glauben oder man hat ihn nicht. Das ist ein Gefühl, das hat nichts mit Intelligenz zu tun. Und wenn es weg ist, ist es weg. Es gibt Zeiten, in denen ich es vermisse, in anderen nicht. Es ist vielleicht schwieriger, ohne die Hoffnung zu leben, dass nach dem Tod noch etwas kommt. Aber ich glaube, das ist die Realität. Die Entscheidung, wie wir

Wie würden Sie Ihr mexikanisches Temperament umschreiben? Mein Temperament ist nicht so, wie es ist, weil ich Mexikaner bin. Es ist so, weil ich ich bin. Zum Beispiel ist das Temperament von jemandem wie dem lateinamerikanischen Tenor Juan Diego Flórez, den ich bewundere, komplett anders als meines. Er wurde als der Roger Federer der Oper bezeichnet. Das ist ein super Satz, einen genialen Künstler zu beschreiben. Aber nicht alle Peruaner sind so wie Juan Diego, und nicht alle Mexikaner so wie ich. Natürlich bin ich geprägt durch meine Herkunft, aber ich bin jetzt fast so lange in Europa wie ich in Mexiko war. Die Kindheit ist eine besonders wichtige Zeit, aber unsere ganze Geschichte macht uns zu dem, der wir sind. Die Heimat ist nur ein Teil von unserer Geschichte. Interview: Olaf Neumann

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Wie wichtig ist die Bühne für Sie?

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BUCHTIPPS Die Lehren des Zehnmeisters Klimawandel, Umweltverschmutzung, Rechtsextremismus, Fakenews, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz, Flucht und Einwanderung … – in »Realitätsschock« nimmt Bundes-Iro-Träger Sascha Lobo sich vieler Gegenwartsprobleme an. Und obwohl er im Vorwort einräumt, es wegen der durch die Buchform vorgegebenen Kürze nur in Auswahl, schlaglichtartig und subjektiv tun zu können, macht er es wohl gerade deshalb immer sachlich und fundiert und bringt sie auf den Punkt. Punkt. Hier bemerkt man seine langjährige Tätigkeit als Kolumnist angesehener Zeitungen und Zeitschriften. Der Name des Buches ist Programm. Lobo scheut sich nicht, auch Tabus anzusprechen und den Leser womöglich zu schockieren. Beispielsweise wenn er von der Frauenverachtung eines Teils der Einwanderer berichtet oder betont, dass ein Großteil der aus Afrika in die EU einwandernden Menschen vor allem aus wirtschaftlichen Gründen diese Strapazen auf sich nimmt. Dabei grenzt er sich aber deutlich zum rechten Rand ab und zeigt dessen widersprüchliche und heuchlerische Argumentation auf. NIN Sascha Lobo | Realitätsschock – Zehn Lehren aus der Gegenwart. | Kiepenheuer & Witsch | 400 Seiten | 22 Euro

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Einst führten sie ganz unterschiedliche Leben in ganz unterschiedlichen Kontinenten: Maisoun aus Syrien, Samsam aus Somalia und Zahra aus Afghanistan. Jetzt leben die drei Mütter in Baden-Württemberg. Autorin Heike Trojnar hat die drei Geflüchteten besucht. Trojnar ist Journalistin mit Erfahrung in der sozialen Arbeit. Mit Engagement und Einfühlungsvermögen gibt sie den Frauen eine Stimme und macht mit Worten – und eigenen Zeichnungen – anschaulich, was Bomben, Krieg oder eine drohende Zwangsverheiratung bedeuten können. Maisoun aus Syrien und ihre Familie lebten im Wohlstand. Als die Bomben fielen, wagten sie die Flucht übers Mittelmeer und durch völlig überlastete Flüchtlingslager wie Idomeni in Griechenland. Die Englischlehrerin Zahra wurde von ihrem Vater vor einer Zwangsehe gerettet, die ein mächtiger Paschtune der Familie aufdrängen wollte. Außer sich vor Zorn trachtete der Paschtune der Familie nach dem Leben – Zahra musste fliehen. Und die Somalierin Samsam wurde Opfer ihrer Liebe, die den Hass der Clans verursachte. Heike Trojnar gelingt es, Vertrauen zu ihren Interviewpartnerinnen aufzubauen und schmerzliche Erinnerungen vorsichtig zu berühren. Da kann man über ihre zuweilen sehr blumige Ausdrucksweise hinwegsehen. SYR Heike Trojnar | Es bleibt nur noch die Flucht | Oeverbos Verlag | 200 Seiten | 11,90 Euro


Menschenfüchslein Am linken Unterarm spannt die Haut, die Sylvia sich übergezogen hat. Auf einer Wäscheleine nahe dem Wald hat sie die gefunden, schlüpft rein, wird Mensch. Lernt, durch die Stadt zu gehen, mit dem schlechten Geruchssinn, den schärferen Augen zu hantieren, ein Smartphone zu bedienen mit ihren langen Krall …, nein, Nägeln. Wenn sie im Himmelwärts tanzt, sind das eher Sprünge als Schritte, ein bisschen raufen, ok, aber nicht zu fest in Menschenohren beißen. Sie muss lernen, was die Menschengesellschaft von ihr verlangt: »Du musst dich gut um ihn kümmern, sagt er. Ach so, denkt sie, überrascht. Muss ich das? Warum?« Aber sie schafft auch das: sich kümmern. Zum Beispiel um Jonathan, der aus Brasilien nach Wien zurückkommt, weil ihm die Liebe nicht so recht gelungen ist und der Aktivismus zu viel wurde. Am Rücken wachsen ihm zwei Tumore. Oder sind das Flügel? In Himmelwärts erzählt Elisabeth Klar von einem liebevollen FreundInnenkreis: Trans, Drag und auch die Grenzen des Menschseins selbst überschreitend, leben sie in einem Land, dessen Grenzen indes unangenehm eng werden. LIB Elisabeth Klar | Himmelwärts | Residenz | 160 Seiten | 20 Euro

Lügende Algorithmen »Internet, Sprache, Alltag, Kunst, Momente« würde man aufzählen, müsste man Sonja Harters Themen auf den Punkt bringen. Die Grazer Autorin geht in ihrem vierten Gedichtband neue Wege ins Internet: Zu all ihren Gedichten findet sich eine virtuelle Entsprechung, die mittels QR-Code aufrufbar ist. Mit einem oft flapsig lakonischen Ton – im besten Sinne, versteht sich – nimmt uns Harter in einzelne Ausschnitte ihres Lebens mit und geht so verspielt und kreativ mit Sprache um, dass die eigene Kreativität bei der Lektüre geradezu angekurbelt wird. Und nichts Besseres kann in Corona-Zeiten passieren. »Bis die Lügen sich aus ihren Algorithmen schälen, kocht die Milch längst über«, liest es sich im titelgebenden Gedicht **#catporn** und während man noch darüber nachdenkt, welchen Lügen man in letzter Zeit so verfallen ist, schmunzelt man bereits bei Versen wie jenen über die »Lebenslüge, dass es etwas zu erleben gebe«. Zumindest da lässt es sich widersprechen, denn solange wir brav zuhause bleiben, sind Sonja Harters Gedichte Erlebnis genug. KATSCH Sonja Harter | katzenpornos in der timeline | Gedichte | luftschacht verlag | 104 Seiten | 15 Euro

Ermordung der Metapher »Seit zwei Whiskyflaschen versuche ich nun schon / zu schreiben über: / eine Mutter, die versucht, den brennenden Sohn / mit ihren gestutzten Armen zu löschen […].« Die gewaltsame Zerstörung des menschlichen Körpers wird dem irakischen Lyriker und Aktionskünstler Kadhem Khanjar, geboren 1990 und wohnhaft bei Bagdad, als Leitmotiv durch seine Lebensrealität unablässig aufgedrängt. Die zerbröckelten Schädel, klebenden Hirne und kullernden Augen aus San­ dra Hetzls Übersetzung für den mikrotext-Verlag sind hier nicht als Bilder, sondern wortwörtlich zu verstehen. Das Ich ist Mörder, Verräter, Trauernder, Hassender, Opfer. Durch Beschreibungen von Alltagshandlungen im Krieg fragen Khanjars Gedichte auch danach: Wie Mensch sein in der moralischen Verrohung, als Erbe eines Kinderfahrrads, als Überlebender? Ein Einzeiler trägt den Titel Ficken. Er lautet: «Ich knipse das Fleisch ab, bis zum Fingernagel.« Khanjars Gedichte sind keine Versuche. Sie sind, als poetische Zerstörungen von Heldentum und anderen Sinnangeboten martialischer Praxis, radikal im besten Wortsinn. BOY Kadhem Khanjar | Dieses Land gehört euch | Gedichte | mikrotext | 136 Seiten | 14,99 Euro

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Hart gegen alle(s) Gewalt und Messerstechereien sind im Problemviertel Pollock, Glasgow, an der Tagesordnung. Gefühle und Armut werden so gut es geht versteckt. Hier wächst Darren McGarvey unter vier Geschwistern auf, seine Mutter, eine Säuferin, schlägt. Als er zehn ist, lässt sie die Familie im Stich, mit 36 Jahren ist sie tot, Darren da gerade mal 18. Er beginnt, sich politisch im Viertel zu engagieren und wird zum Publikumsmagnet in den öffentlichen Medien. Darren ist talentiert in Kurzgeschichten, liest aber nicht, hat zu viel Respekt vor der Größe eines Buches mit tausenden von Wörtern. Lesen gilt eh als weibisch bei seinen Altersgenossen, die wie er arbeitslos, besoffen und emotional gestresst sind. Doch McGarvey kämpft sich heraus, ihm gelingt ein großer Wurf, das vorliegende Buch. Kaum eine Lektüre, die besser Empathie herstellt zur unterprivilegierten Schicht. Es helfe nichts, nur das System ändern zu wollen, sondern jeder sich selbst, radikal in seinen verkrusteten Ansichten – sowohl die Geldgeber für soziale Projekte, die häufig keine Ahnung von Basisarbeit haben, als auch Unterprivilegierte, die sich in ihrer Lethargie immer wieder nur als Opfer sehen. WIK Darren McGarvey | Armutssafari | Luchterhand Literaturverlag | 320 Seiten | 15 Euro

Ohne Plastik Kunststoffe ermöglichen Fortschritt und Innovation. Ihre größten Vorteile bergen gleichzeitig die größten Gefahren für unseren Planeten. Plastik ist längst in unserer Nahrungskette angekommen, ein kurzlebiger Wegwerfartikel. Aus Erdölerzeugnissen gewonnen ist die Auflistung der veredelten Kunststoffe schier unüberblickbar. Die verschiedensten Kunststoffe trennen zu wollen gelingt kaum noch und es bleibt im Downcycling ein minderwertiges Produkt übrig wie in Sitzbänken verarbeitet. Der Rest wird in Müllverbrennungsanlagen unter Entstehung giftiger Gase zu Schlacke verbrannt. Das »Plastik Sparbuch« liefert detailliert Wissen und Tipps, wie Plastik vermieden und ersetzt werden kann. Ohne Untergangsstimmung oder erhobenen Zeigefinger. Wir entdecken Rezepte für knackige Gemüsechips, für alternative Kaffeekapseln bis hin zur Frischkäse-Alternative oder den Küchenschwamm aus Paketschnur, all das selfmade, plastikfrei. Ein Buch mit vielen Anregungen zum praktischen Umsetzen im Alltag. Für ein Bewusstsein in Richtung Nachhaltigkeit. WIK smarticular (Hrsg.) | Plastik Sparbuch | smarticular Verlag | 288 Seiten | 16,95 Euro

Ohne Unbeschwertheit Kinderarmut in Deutschland bedeutet Armut in einem der reichsten Länder der Erde. Dabei geht es nicht um absolutes Elend oder Hungersnot, sondern um Entbehrungen und Benachteiligungen im Verhältnis zum allgemeinen Lebensstandard. Michael Klundt beschreibt in seinem Buch häufige Merkmale, Erscheinungsformen und Strukturen von Kinderarmut. Stigmatisierungen und Diffamierungen sind für die betroffenen Familien demnach oft schmerzhafter als materielle Einschränkungen. In Deutschland sind 19,6 Prozent aller Kinder von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht. Der Autor erklärt dieses Ausmaß mit der ungerechten Einkommensverteilung. Die obersten 30 Prozent der Gesellschaft besitzen laut Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung 91 Prozent des gesamten Vermögens in Deutschland. Klundt kritisiert, Bildung, Gesundheitsvorsorge und Renten würden – falsch – immer mehr privatisiert und stellt Gegenmaßnahmen vor. Ein spannendes und facettenreiches Sachbuch. MALA Michael Klundt | Gestohlenes Leben | Papy Rossa Verlag | 197 Seiten | 14,90 Euro


Amanda Lund ist Unterhändlerin. Die beste, die Schweden hat. Der Auftrag: Sie soll in den Kosovo reisen und einen offenbar entführten Polizisten wieder frei bekommen. Vor Ort muss sie feststellen, dass sich der Kollege, der am engsten mit dem Entführungsopfer zu tun hatte, in illegale Drogengeschäfte verstrickt hat. Zu Hause in Stockholm versuchen derweil die Kollegen, das Leben des Entführten unter die Lupe zu nehmen, von dem außer ein paar entsetzlichen Schmerzensschreien beim Anruf der Geiselnehmer seit Tagen kein Lebenszeichen gekommen ist. Dann erreicht alle die Nachricht: das Lösegeld habe schon jemand bezahlt. Parallel hierzu jagt Ellen, eine ehemalige Polizistin, in einem Chrysler, dessen Kofferraum sie nicht öffnen kann, vom Kosovo aus nach Stockholm. Die Puzzleteile fügen sich, aus Episoden, Einsätzen, Zeugenaussagen und korrupten Kollegen wird nach und nach ein Gesamtbild. Das wiederum ist so überraschend in der Auflösung, so gut getimt, dass der Leser mit angehaltenem Atem liest. Dabei ist klar, dass die Autorin weiß, wovon sie schreibt: Sie war zwanzig Jahre bei Polizei und Militär, hat Auslandseinsätze mitgemacht und ist Politologin. IMM Anna Tell | Nächte des Zorns – Die Unterhändlerin | Rowohlt-Polaris | 347 Seiten | 16 Euro

Krimi conchiert Der Luxemburger Koch Xavier Kieffer auf neuer Ermittlertour. Diesmal lädt ihn seine Jugendliebe Ketti Faber, inzwischen eine berühmte Patisseurin, die die köstlichsten Schokoladen und Pralinés herstellt, zum Besuch ihrer Herstellungsstätten bei Brüssel ein. Bei dieser Begegnung erzählt ihm Ketti von ihren Plänen, aus Afrika nicht nur weltklasse Kakaobohnen zu importieren, sondern dort auch eine Produktionsstätte für Kakao auszubauen, den Leuten dort unten Arbeit zu geben, etwas ganz Neues zu gestalten. Kurz darauf wird Ketti Faber ermordet. Und Xavier Kieffer kann es nicht lassen: Er will wissen, ob ihre Pläne in Zusammenhang mit ihrem Tod stehen. Ob da irgendwas gelaufen ist, was nicht koscher war und Ketti mordbereite Feinde machte. Die Spur, die er verfolgt, bringt nicht nur ihn selbst in Gefahr, sondern deutet auf Machenschaften hin, deren Realisierung für viele ein einträgliches Geschäft geworden wäre. Ein Krimi – licht, locker, schmackhaft. IMM Tom Hillenbrand | Bittere Schokolade | KiWi | 480 Seiten | 11 Euro

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Spannung im Kosovo

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SILBENRÄTSEL Aus den nachfolgenden Silben sind 22 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben – von oben nach unten gelesen – ein Zitat von Konfuzius ergeben: arm – bach – bahn – bell – ben – ben – ber – buh – bur – by – che – dat – der – do – eber – eind – em – eman – er – far – gal – ge – gen – gu – hal – haus – ho – il – il – ir – isa – ken – kran – lär – lauf – le – ler – li – masch – mie – me – me – me – na – nau – ne – nez – not – on – pa – pal – rell – re – rich – ruf – sand – tel – ter – ti – tu – un – ven – win – zi

1. Gebilde am Strand 2. Teil eines Körpergliedes 3. eine Naturwissenschaft 4. eine essbare Pilzsorte 5. Nebenfluss des Don 6. grau-gelb 7. Stadt am Rhein 8. Klinik 9. Vorrichtung in der Leichtathletik

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir viermal den Ratgeber »Die Küchen-Apotheke«. Dr. Annette Kerckhoff hat in ihrem Buch zwölf gängige Lebensmittel charakterisiert und dazu über 100 passende Heilrezepte aus aller Welt gesammelt. Espresso mit Zitrone bei Kopfschmerzen, Fußbad mit Salz bei Blasenentzündung oder Kartoffelauflage bei Nasennebenhöhlenentzündung: Rezepte, die man leicht umsetzen kann. Insgesamt dreimal können Sie das Sachbilderbuch »Warum Pinguine nicht frieren« von Pavla Hanácková gewinnen. Nicht nur Pinguine haben gelernt, wie man sich an seinen Lebensraum anpasst, auch andere Tiere sind sehr einfallsreich. Bären verschlafen den Winter, Käfer stehen auf dem Kopf und Anglerfische schwimmen nie im Dunkeln. Einfach wird erklärt, wie sich Tiere an ihren Lebensraum angepasst haben. Für Kinder ab 6 Jahre. Das spannende Hörbuch »Neuschnee« von Lucy Foley gibt es fünfmal zu gewinnen. Winter in den schottischen Highlands: Neun Freunde verbringen den Jahreswechsel in einer abgelegenen Berghütte. Was als unbeschwerter Ausflug beginnt, wird bitterer Ernst, als heftiger Schneefall das Anwesen von der Außenwelt abschneidet. Dann wird einer der Freunde tot draußen im Schnee gefunden. Und die Situation in der Hütte eskaliert … Die Lösung des Mai-Rätsels lautet: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft. Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 – 30 12 69-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 30. Juni 2020. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

10. Kurort im Neckartal 11. Fluss durch Lüneburg 12. seelische und körperliche Veranlagung 13. niederländische Stadt 14. Rivale 15. Pferderennen 16. unregelmäßig 17. Telefonat in Gefahr 18. Austeiler beim Kartenspiel 19. männlicher Vorname 20. Gewächs in Nordafrika 21. gesetzwidrig 22. Gleichberechtigung der Frauen


Foto: Tomas Rodriguez

n f u a t n Mome

Am Anfang war die Geschichte mit dem Apfel. Und der Schlange. Und Adam und Eva, die einfach Appetit auf Obstsalat hatten. Die hatten ihren Spaß und wir müssen den Mist jetzt ausbaden! Die ganze Vertreibung aus dem Paradies hätten wir uns schenken können. Tja, wäre da nicht die Schlange gewesen. Mit ihrem leisen, einfühlsamen, steten Flüsterton. Mit ihrer Überzeugungskunst. Die Einflüsterer schweigen bis heute nicht. Durch die ganze Weltgeschichte hindurch treiben sie ihr Unwesen, um zu spalten und die Menschen auseinanderzudividieren. Mit Tricks, Täuschung und Lügen im Gepäck haben sie stets leichtes Spiel. Gerade unsichere Zeiten sind für sie ein willkommenes Fressen. Denn wenn der Mensch verunsichert ist oder Angst hat, kommt ihm die einfache Lösung sehr gelegen. Und dann blühen sie auf: Die Verschwörungstheorien! Wann immer die Menschheit vor unerklärlichen Ereignissen stand, wie es zum Beispiel im Mittelalter bei der Pest war, hat man nach Erklärungen gesucht und ganz schnell Sündenböcke gefunden. In der Folge kamen im Laufe der Zeit hunderttausende Menschen ums Leben. Sie wurden ermordet, weil man sie als Brunnenvergifter verleumdete oder als Hexen auf dem Scheiterhaufen brennen sehen wollte. Es gab auch harmlosere Verschwörungstheorien, gerade auch im letzten Jahrhundert, wie zum Beispiel die angeblich im Studio gedrehte Mondlandung oder aber die Tatsache, dass Elvis noch lebe. Und nun haben wir es mit einem Virus zu tun. Nicht sichtbar, gerade bei schönem Sonnenscheinwetter geradezu surreal und unwirklich, aber vorhanden. Ein Virus, das nicht nur Deutschland, sondern nahezu die ganze Welt lahmgelegt hat. Reflexartig wurde manch einer zum Hobby­ virologen und Sofaexperten. Während einige jahrzehntelang studierten und forschten, reichen dem Sofaexperten zwei oder drei YouTube-Videos, um alles zu verstehen und zu erklären. Und dann irgendwann schlug die Stunde der Verschwörer, in deren Augen alles ein großer Plan von Bill Gates sei, um die Menschheit zu dezimieren und zu unterjochen. Nun denn, wenn es danach geht, wie wäre es mit dieser Replik: Was, wenn Steve Jobs hinter allem steckte? Wenn der Gründer von Apple seinen Tod nur vorgetäuscht hat und in Wirklichkeit in einer Unterwassergarage im Bermudadreieck an der Weltherrschaft arbeitet? Bill Gates, seinen alten Widersacher, hat er nur zwecks Ablenkung vorgeschickt. Im entscheidenden Augenblick stürzt der wie gewohnt ab. Deuten wir die Zeichen: Der Apfel! Da ist er wieder! Und haben Sie IPod schon einmal rückwärts gelesen? Was kommt da raus? Genau: Hier geht es offensichtlich um: Gedopte Eier! Eiweiße! Proteine! Und ein Virus ist nichts anderes als eine DNA, bzw. RNA in einer Protein-Kapsel! Tadaaa! Fertig ist die Verschwörungstheorie! Und wenn Sie sich jetzt fragen, was soll denn dieser Unsinn? Dann darf ich antworten: Genau! Unsinn! Nichts anderes! Bleiben Sie gesund! Matthias Brodowy/Kabarettist und Asphalt-Mitherausgeber

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