2021 12 Asphalt

Page 1

2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

12 21

ZUM FEST DER LIEBE AM RAND

IM ROLLSTUHL

IM GRENZBEREICH

Europa: Interview über Mieten, Migration und Mindestlohn.

Bethlehem: Wie Sali (7) über Schotter fährt.

Hannover: Obdachlosen mit mehr »Zwang« helfen?


7

Europa am Rand

Obdachlosigkeit ist überall. In nur acht Jahren aber will die EU sie überwinden. Kann das klappen? Wir sprechen darüber mit Nicolas Schmit, EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration.

4

Notizblock

16

Briefe an uns

18

Aus der Szene

23

Das muss mal gesagt werden

24

Aus dem Leben von Asphalt-Verkäufer Karle

26

Rund um Asphalt

28

Zoo-Rätsel/Impressum

29

documenta fifteen

11 Im Rollstuhl auf Schotter Sali ist krank. Ihre Muskeln wollen nicht so wie sie. Das einzige Kinderkrankenhaus des Landes hilft. Und ihre Familie unterstützt die selbstbewusste 7-Jährige. Nach Kräften. In Bethlehem.

33

Buchtipps

34

Spieletipps

35

Kulturtipps

38

Silbenrätsel

39

Brodowys Ausblick

Titelbild: malerapaso/iStock.com

Ein Faltgedicht der mini-majelis Kawan, eine der kleinen Gruppen von lumbung-­ KünstlerInnen, die die documenta fifteen ausmachen.

Das Asphalt-Prinzip

19 Freiheit oder Leben?

Wer hilft psychisch kranken Menschen, die sich nicht mehr selbst helfen können? Wer entscheidet, wozu sie noch in der Lage sind? Eine Spurensuche im Grenzbereich von Moral, Ethik und Recht.

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung. Spenden Sie bitte an: Asphalt gGmbH bei der Evangelische Bank eG, IBAN: DE35 5206 0410 0000 6022 30, BIC: GENODEF1EK1.


Foto: Markus Lampe

ASPHALT 12/21

Liebe Leserinnen, liebe Leser, wofür steht bei Ihnen der Advent? Früher hätten wir doch gesagt: für gemütliche Stunden bei schöner Musik, Plätzchen und Kerzenschein. Aktuell drängeln sich aber andere Themen in den Vordergrund. 2 G, 2 G plus beim Weihnachtsmarkt? Dazu: Klimagipfel mit überschaubaren Ergebnissen im November. Flüchtlinge an der polnisch-weißrussischen Grenze auch im Dezember. Und wir? Sehnen uns manchmal nach der heilen Welt, die uns die Werbung suggeriert: mit der glücklichen Familie unter dem Weihnachtsbaum. Dabei wissen wir: Unsere heutige Welt ist nicht heil. Wir erleben es. Und neben den großen politischen Themen, die uns umtreiben, gibt es noch ein anderes Thema, das viele Menschen beschäftigt: statt »glücklicher Familie« Einsamkeit. Auf der Straße. In den Wohnungen und Häusern. Ein viel zu leises Thema. Immer noch. Was können wir tun – gerade im Advent? Advent heißt »Ankunft«. Schaffen wir Gelegenheiten, uns zu treffen, anzukommen. In dieser Welt – und bei uns selbst. Auch und gerade in diesen Zeiten. Deshalb macht Asphalt beim ersten großen Stadionsingen – in anderen Städten längst Kult – in Hannover mit. Zwei Tage vor dem Heiligen Abend: am 22.12. um 18 Uhr. Damit wir uns treffen können. Draußen in der Arena ein Kerzenmeer entzünden. Gemeinsam singen. Hoffnung mitnehmen. Anderen helfen. Weil alle Einnahmen Menschen zu Gute kommen, denen oft nicht nur innerlich, sondern auch äußerlich kalt ist. Weil sie kein warmes Essen haben. Wofür steht der Advent? Für mich auch dafür: Dass wir in diesen Zeiten zusammenrücken – mit Hygienekonzept, was denn sonst – und zusammenhalten. Feiern. Ein Licht anzünden. Für uns. Für andere. Ich hoffe sehr, dass wir uns sehen und ein solches Zeichen setzen.

2 3

Eine gesegnete Adventszeit wünscht Ihnen Ihr

Rainer Müller-Brandes · Stadtsuperintendent und Asphalt-Mitherausgeber

JUNE

ASPHALT IST OFFIZIELLER MEDIENPARTNER DER

18

SEPTEMBER

25,

2022

DOCUMENTA FIFTEEN Kassel

DIE LISTE KÜNSTLER VORAB!


Foto: Picture-Alliance/dpa/Julian Stratenschulte

NOTIZBLOCK

Demo für Kunst und Kultur Hannover. Rund 2.000 Beschäftigte aus Theatern und Orchestern in Niedersachsen haben gegen offenbar beabsichtigte Mittelkürzungen der rot-schwarzen Landesregierung demonstriert. Mit einem bunten Protestzug zogen sie von der Oper durch die Innenstadt zum Landtag. Der Haushaltsentwurf des Landes für 2022/23 sehe Streichungen in Millionenhöhe vor, kritisierte das Aktionsbündnis »#RetteDeinTheater«. Die Teilnehmenden protestierten auf Plakaten und Spruchbändern mit Slogans wie »Ohne Knete kein Goethe«, »Ohne Groschen keine Dreigroschenoper« oder »Von Applaus kann man nicht leben«. Das Bündnis bemängelte vor allem, dass die anstehenden Tariferhöhungen des öffentlichen Dienstes vom Land nicht übernommen werden sollten. Zudem solle die seit 2021 bestehende Spielstättenförderung für die freien Theater nicht verstetigt werden. »Das bringt uns ganz schnell in finanzielle Schwierigkeiten«, sagte Versammlungsleiter Thomas Huppertz vom Staatsorchester in Hannover. 85 Prozent der Kosten an Theatern seien Personalkosten. Kulturminister Björn Thümler und Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU, beide vorn im Bild) bestritten die Kürzungen. »Wir haben keine großen Aufwüchse bei den Theatern, aber wir nehmen ihnen auch nichts weg«, so Hilbers. Das Land habe wegen Corona große Herausforderungen zu schultern. »Deswegen ist die Decke etwas kleiner geworden. Und deswegen müssen wir uns alle etwas nach der Decke strecken.« Nach Angaben des Aktionsbündnisses »#RetteDeinTheater« betreffen die ausbleibenden Tarifsteigerungen neben dem Staatstheater in Hannover die Theater und Orchester in kommunaler Trägerschaft in Celle, Göttingen, Hildesheim, Lüneburg, Osnabrück und Wilhelmshaven. EPD

Land will mehr Luft reinigen Hannover. Die Niedersächsische Landesregierung hat weitere Mittel für die Beschaffung von mobilen Luftreinigern in Schulen und Kitas bereitgestellt: 19 Millionen vom Bund und elf Millionen Euro aus Landesmitteln. Zusätzlich habe das Land einen Fördertopf für technische Lüftungsunterstützung in Unterrichtsräumen in Höhe von 20 Millionen Euro aufgelegt, aus dem CO2-Ampeln, Lüftungsgeräte sowie Fensterventilatoren finanziert werden könnten, so das Ministerium. Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) sagte: »Mit den unterschiedlichen Förderkulissen sind wir im Bereich Lüftung, Lüftungsanlagen und mobile Luftreiniger an Schulen breit aufgestellt«. Dennoch ersetzten Luftfilter nicht konsequentes Lüften, Masken und regelmäßigen Corona-Tests. »Der Schutz des Präsenzunterrichtes und der Gesundheitsschutz der Kinder und der Schulbeschäftigten ruht auf mehreren Säulen – beides hat für uns allerhöchste Priorität«, betonte Tonne. EPD

Diakonie fordert Impfpflicht Hannover. Die Diakonie in Niedersachsen fordert mit Blick auf die Corona-Pandemie eine verpflich­ tende Impfung für Soziale Berufe. »Es wird höchste Zeit, all jene zu schützen, die sich nicht schützen können oder deren Immunsystem schwach ist«, so Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke. Die Impfpflicht sei eine Frage der berufsethischen Verantwortung. »Es kann nicht sein, dass Menschen, deren Immunabwehr nachlässt oder eingeschränkt ist, in Gefahr gebracht werden.« Auch Kinder, für die es noch keinen Impfstoff gibt, sollten so geschützt werden. Wenige Tage zuvor hatte sich noch der Vorstandvorsitzende des diakonischen Arbeitgeberverbandes in Niedersachsen (DDN), Hans-Peter Daub, gegen eine Impfpflicht für Pflegekräfte ausgesprochen. In den Heimen würden die Vorschriften penibel eingehalten, so dass für die Bewohner keine Gefahr bestehe. EPD


ZAHLENSPIEGEL »ARMUTSSCHWELLE«

Pistorius will mehr Europol

Hannover/Oldenburg. In Geflügelmastbetrieben in mehr als 20 Landkreisen in Niedersachsen grassiert eine Vogelgrippe. Betroffen ist vor allem der Nordwesten des Landes. Die Übertragung auf Säugetiere ist belegt, die Übertragung auf den Menschen kann nicht ausgeschlossen werden. Nach Auskunft des Landwirtschaftsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen gab es »Todesfälle unter Seehunden im deutschen Wattenmeer, die vermutlich auf eine Infektion mit dem hochpathogenen aviären Influenzavirus vom Subtyp H5N8 (HPAIV H5N8) mit einer hohen Viruslast im Gehirn betroffener Tiere zurückzuführen ist.« Aktuelle Untersuchungen sollen nun klären, ob die bei Seehunden nachgewiesenen HPAIV genetische Anpassungen an Säugetiere aufweisen. Eine Übertragung auf den Menschen sei bereits aus Russland bekannt. »Die Landesregierung muss die Gefahr für die menschliche Gesundheit mehr in den Blick nehmen. Seit Corona ist es Allgemeinwissen geworden, dass Tierkrankheiten mutieren und so auf den Menschen übertragen werden können«, so Miriam Staudte, Sprecherin der Grünen für Landwirtschaft und Tierschutz. 80.000 Mastenten und Puten wurden bisher vorsorglich getötet. MAC

Hannover. Koordiniert von Europol haben Polizeikräfte weltweit in einem konzertierten Schlag insgesamt 150 mutmaßliche Verdächtige im illegalen Darknet-Handel festgenommen. Auch in Niedersachsen. Diese Personen waren laut Innenministerium am Kauf oder Verkauf illegaler Waren auf der Plattform »DarkMarket« maßgeblich beteiligt. Neben Drogen und Schusswaffen konnten bisher über 26 Millionen Euro beschlagnahmt werden. Innenminister Boris Pistorius, der zugleich auch Mitglied der Europol-Kontrollgruppe ist, sagte: »Rechtsfreie Räume nehmen wir nicht hin, auch nicht in der digitalen Welt. Dieser Fall zeigt, wie wichtig länder­ übergreifende und internationale Arbeit der Strafverfolgungsbehörden ist. Darum setze ich mich dafür ein, Europol mit deutlich mehr Ressourcen und Kompetenzen auszustatten. Da haben wir großen Nachholbedarf in Europa. Kriminelle vernetzen sich immer mehr auf digitalen Plattformen und agieren immer digitaler – diese Herausforderungen müssen wir mit mehr Europa und einem starken Europol annehmen.« MAC

Die Armutsgefährdungsquote lag im Jahr 2020 in Niedersachsen bei 17,0 %. Laut Landesamt für Statistik (LSN) waren damit circa 1,3

Mio. Menschen betroffen. 2017

lag die Quote bei 15,8 %. Als armutsgefährdet

Anzeige

WOLLNY

Personal GmbH

gilt, wer weniger als 60 % des durchschnittlichen Haushaltsnettoeinkommens hat. Für 1-Perso-

nenhaushalte sind das 1.109 Euro, für eine 4-köpfige Familie 2.230 Euro. Für Allein­ erziehende mit 1 Kind unter 14 Jahren 1.442

Euro. Fast jede(r) zweite Alleinerziehende war betroffen (45,7 %). Von den Kindern und minderjährigen Jugendlichen waren 2020 mehr als ein Fünftel (22,2%) armutsgefährdet.

Nutzen Sie die Vorteile von Zeitarbeit und Arbeitsvermittlung! Kontaktieren Sie uns jetzt unter 0511 306466 für ein unverbindliches Beratungsgespräch.

ASPHALT 12/21

Vogelgrippe im Anmarsch

4 5


Gra fik : Ha n n over 9 6

Anzeige

Mittwoch, 22. Dezember 2021, 18 Uhr, HDI Arena Seien Sie dabei, wenn Hannover die Premiere für das große Charity-Weihnachtsfest zu Gunsten der Wohnungslosenhilfe feiert.

18 Songs, tausend Stimm en, ein Stadion.

Gemeinsam mit: Posaunen und Trompeten Solistinnen und Solisten Gospelensemble PrayStation Wohnungslosenchor

Tickets hie r buchen:

Dr. Margot Käßmann liest die Weihnachtsgeschichte Es gilt die 2G-Regel. Es gelten die Abstands- und Hygieneregeln gemäß der Nds. Corona-Verordnung. Halten Sie Ihre Nachweise bitte bereit.

Vera n s ta lter:

www.das-stadionsingen.de Ko o p era ti ons par tn er:

G es ta ltung: she - me d ien.d e

Kinderchor von KIKIMU


Obdachlose liegen in Rom in einem weih-

ASPHALT 12/21

nachtlich geschmückten Durchgang unweit des Petersdoms.

6

Foto: Picture-Alliance/Lena Klimkeit/dpa

7

EUROPA AM RAND Obdachlosigkeit ist überall. In nur acht Jahren aber will die EU sie überwinden. Kann das klappen? Der Luxemburger Nicolas Schmit ist seit 2019 EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration. Wir sprechen mit ihm über Obdachlosigkeit als europäisches Problem, Mindestlöhne, SaisonarbeiterInnen und explodierende Mieten. Herr Schmit, es gibt mehr als 700.000 wohnungslose Menschen in der EU, zehntausende schlafen auf Europas Straßen. Ist das nicht ein dramatisches Zeugnis für eine gescheiterte Sozialpolitik?

Gründen hat zu dieser dramatischen Entwicklung geführt, und wir können dieses Problem nur mit einer sehr breiten Herangehensweise bekämpfen.

Auch in Deutschland haben die Zahlen in den letzten Jahren stark zugenommen. Das ist eine dramatische Entwicklung und in einem gewissen Sinn auch ein Misserfolg der Sozialpolitik. Es zeigt, dass das soziale Netz Löcher hat und immer mehr Menschen durch diese Löcher fallen. Eine ganze Reihe von

Haben Sie denn das Gefühl, dass genug dafür getan wird? Angesichts steigender Zahlen könnte man den Eindruck gewinnen, dass Obdachlosigkeit eher verwaltet statt bekämpft wird. Wir sehen die Obdachlosen, wir sehen aber auch an ihnen vor-


bei – das ist nicht normal, da muss etwas geschehen. Wenn die Bürger verlangen, dass diesen Menschen geholfen wird, wird die Politik vielleicht noch energischer handeln. Obdachlosigkeit ist zu einer reellen politischen Frage geworden, da haben auch das Europäische Parlament und sehr viele NGOs mitgeholfen. Ich glaube wir sind an einem Punkt, wo jeder bereit ist, mehr zu tun.

Die Wohnung ist zentral, aber sie alleine genügt nicht.

Sie haben als EU-Sozialkommissar leicht reden – zuständig sind ja die Länder. Was kann die EU tun, um Obdachlosigkeit zu bekämpfen?

Foto: Picture-Alliance/Fotoagentur Kunz

Es gibt keine europäische Kompetenz für Obdachlosigkeit, aber es ist ein europäisches Problem. Sie finden Obdachlosigkeit in Stockholm, in Hamburg, in Luxemburg und in Rom – in fast allen Großstädten Europas. Im Juni haben wir die Europäische Plattform zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit gestartet. Hier bringen wir alle Akteure zusammen, verbessern die Daten und werten aus, was bislang gut funktioniert hat und was verbessert werden kann. Jeder Mitgliedstaat und jede

Stadt kann von diesem Erfahrungsaustausch profitieren. Und wir können Projekte und NGOs finanziell unterstützen.

Das Europaparlament hat ja beschlossen, dass Obdachlosigkeit bis 2030 überwunden sein soll. Um das zu schaffen, müssten immense Anstrengungen unternommen werden. Haben Sie den Eindruck, dass das passiert? Ich bin Optimist und würde sagen, dass wir in den nächsten Jahren mehr Anstrengungen unternehmen werden. Natürlich kann man nicht einfach beschließen, dass es ab 2030 keine Obdachlosigkeit mehr gibt. Ich glaube nicht so richtig daran, aber wir müssen alles dafür unternehmen. Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen, die obdachlos sind, wieder auf eigenen Füßen stehen und ein »normales« Leben führen können. Außerdem müssen wir präventiv handeln, damit weniger Menschen in Obdachlosigkeit fallen.

Von allen EU-Ländern ging nur in Finnland die Zahl der Wohnungslosen in den vergangenen Jahren zurück – dank Housing First. Ist es ein Patentrezept gegen Obdachlosigkeit, Wohnungen ohne Vorbedingungen zu vergeben? Wir wissen alle: Die Wohnung ist zentral, aber sie alleine genügt nicht. Menschen, die jahrelang auf der Straße gelebt haben, müssen während einer Übergangszeit von sozialen Diensten begleitet werden. Wir müssen ihnen helfen, wieder autonom zu werden. Das funktioniert aber nicht in einer Notunterkunft mit Hunderten anderen.

Woher sollen die Wohnungen dafür kommen? Berlin hat angekündigt, jährlich bis zu 2.000 der städtischen Wohnungen an Wohnungslose zu vergeben. Das gilt als ambitioniert, aber bei rund 50.000 Menschen in öffentlichen Unterkünften und schätzungsweise 10.000 auf der Straße reicht das ja bei Weitem nicht aus.

SaisonarbeiterInnen auf einem deutschen Acker. »Die schlechten Arbeitsbedingungen und die mangelnde Transparenz sind völlig inakzeptabel«, sagt Schmit zur Situation der Wanderarbeiter in Europa.

Diese Frage stellt sich ja nicht nur für die Obdachlosen. In vielen Teilen Europas sind Wohnungsnot und die Preisentwicklung auf dem Wohnungsmarkt zentrale Probleme. So wichtig Mindestlöhne auch sind – wenn gleichzeitig die Preise auf dem Wohnungsmarkt explodieren, dann kann ich mir damit keine Wohnung mehr leisten. Das ist skandalös. Wir haben aus dem Wohnungsmarkt einen spekulativen Markt gemacht. Wir brauchen mehr Wohnungen,


Foto: Picture-Alliance/AA/Dursun Aydemir

Der luxemburger Sozialdemo­ krat Nicolas Schmit (68) ist EU-Sozialkommissar und damit quasi Minister im Kabinett von EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Zu seinen Aufgaben zählt die Entwicklung eines europaweiten Rechtsinstruments zur Gewährleistung eines gerechten Mindestlohns, die Reform der Arbeitsbedingungen in der EU sowie die Gründung eines Europäischen Sozialfonds+.

Selbst wenn es genügend Wohnungen geben sollte – den meisten Menschen aus Osteuropa, die hierzulande auf der Straße leben, würde das nicht helfen. Anders als erhofft, finden sie hier keine Arbeit und haben dann auch keinen Anspruch auf Sozialleistungen, also auch nicht auf Housing First. Hamburg hat in der Vergangenheit dutzende Obdachlose abgeschoben. Damit ist niemandem geholfen. Wir können aber auch nicht sagen, dass alle, die nach Hamburg kommen, vom ersten Tag an Sozialleistungen bekommen. Das hört sich gut an, würde aber eine ganze Reihe von Problemen in den Mitgliedsstaaten schaffen. Es müssen pragmatische Lösungen für diese Menschen gefunden werden.

seren Grundsätzen und Werten. Die Rechte der Arbeitnehmer, einschließlich Saisonarbeitskräfte oder mobiler Arbeitnehmer, müssen uneingeschränkt geachtet werden, unabhängig davon, welche Art von Vertrag sie haben. Einige Länder haben bereits Maßnahmen ergriffen und sind gegen schlechte Arbeitsbedingungen vorgegangen, aber es sind noch weitere Fortschritte erforderlich.

Wo stehen wir denn bei der Angleichung der Mindest­löhne? Die Kommission hat Vorschläge zu einem Rahmen für Mindestlöhne gemacht. Darüber wird verhandelt. Es wird keinen einheitlichen Mindestlohn geben, das wäre nicht realistisch. Aber wir senden damit ein Signal aus. Einen derartigen Vorschlag hätte sich vor zehn Jahren niemand vorstellen können. Ich bin optimistisch, dass wir das in den nächsten Monaten hinbekommen und eine positive Dynamik bei den Mindestlöhnen auslösen.

Einen Aufwärtstrend gibt es gerade auch bei den Energiepreisen. Wie kann verhindert werden, dass arme Menschen in Ihren Wohnungen frieren und ihnen der Strom abgestellt wird, weil sie die Rechnung nicht mehr bezahlen können?

Anzeige

Fachkräfte aus dem EU-Ausland werden gerne genommen, aber mit den sozialen Problemen will sich offenbar niemand auseinandersetzen ... … und die Heimatländer bedauern, dass so viele junge Menschen abwandern. Natürlich ist die Lösung, dass wir jungen Menschen gute Perspektiven in ihrem Heimatland geben. Wir arbeiten daran, eine Aufwärtskonvergenz der sozialen Standards zu erreichen, bei Mindestlöhnen zum Beispiel. Wenn die Unterschiede sehr hoch sind, kann man verstehen, dass die Menschen ihre Zukunft eher woanders sehen. Die Pandemie hat auch ein Schlaglicht auf die teils prekären Wohn- und Arbeitsbedingungen ausländischer Saisonarbeiterinnen und -arbeiter geworfen. Hunderttausende Saisonarbeiterarbeiter unterstützen jährlich wichtige Bereiche der europäischen Wirtschaft, etwa in der Landwirtschaft und der Lebensmittelindustrie. Die schlechten Arbeitsbedingungen, die unmenschliche Behandlung der Arbeitnehmer und die mangelnde Transparenz sind völlig inakzeptabel und stehen im Widerspruch zu un-

Beratung sofort nach Beitritt! Jetzt Mitglied werden! Kompetente Hilfe bei allen Fragen zum Mietrecht. Herrenstraße 14 · 30159 Hannover Telefon: 0511–12106-0 Internet: www.dmb-hannover.de E-Mail: info@dmb-hannover.de Außenstellen: Nienburg, Soltau, Hoya, Celle, Neustadt, Springe und Obernkirchen.

ASPHALT 12/21

durch private und öffentliche Investitionen. Und wir brauchen ein Minimum an Regulierung. Ohne das werden wir das Problem nicht meistern.

8 9


Auch hier hat die Kommission Vorschläge gemacht. Wenn Gas- und Strompreise um 30 Prozent oder mehr steigen und Menschen wirklich in einer Notsituation sind, kann es nicht sein, dass wir ihnen den Strom abstellen. Das können wir als Kommission nicht veranlassen, aber wir haben den Mitgliedstaaten empfohlen, dass Ausnahmen gemacht werden können. Und wir brauchen Zuschüsse für die Menschen, die niedrige Einkommen haben. Ohne die wird es nicht gehen. Längerfristig müssen Wenn Gas- und Wohnungen renoviert und besStrompreise ser isoliert werden. Wichtig ist allerdings, dass die Mieten daum 30 Prozent durch nicht ansteigen und die steigen, können Mieter anschließend darin wohwir nicht den nen bleiben können. Das ist eine Strom abstellen. Frage der Regulierung des Wohnungsmarkts.

umverteilt. Das ist unbedingt notwendig. Im Dezember wird die Kommission weitere Empfehlungen machen, wie der Wandel sozialverträglich gestaltet werden kann und wie beispielsweise der »Social Climate Fund« in diesem Sinne eingesetzt werden kann. Und wir müssen massiv in energiefreundliche Techniken investieren und brauchen Instrumente, damit Menschen mit niedrigem Einkommen das auch finanzieren können. Viele Menschen können sich keine neue Heizung leisten – wenn eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes ein öffentliches Ziel ist, müssen die öffentlichen Finanzen dazu beitragen, diese Transformation hinzubekommen.

Hoffen wir, dass das besser gelingt, als bei der aktuellen Krise. Durch die Coronapandemie sind die Armen noch ärmer geworden. Ebenfalls kein gutes Zeugnis für die Sozialpolitik.

Energie wird in Zukunft noch teurer werden, wenn der Klimawandel gebremst werden soll. Wie können die Regierungen den CO2-Ausstoß reduzieren, ohne die Armen damit zu belasten?

Wir werden den Europäischen Grünen Deal nur hinbekommen, wenn er sozial abgesichert ist. Klimapolitik und Sozial­ politik müssen eng miteinander verzahnt werden. Die Bekämpfung von Ungleichheiten ist ein wichtiges Anliegen dieser Kommission. Wir haben ein neues EU-weites Ziel festgelegt, um die Zahl der von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen bis 2030 um mindestens 15 Millionen zu senken, darunter fünf Millionen Kinder.

Indem man die Einnahmen aus dem CO2-Preis zugunsten von Menschen mit niedrigem Einkommen

Interview: Benjamin Laufer

Anzeige

Kommt von der Elbe. Passt. Überall.

100 % Wolle Troyer | Jacken | Mützen | Shirts Online oder direkt ab Werk in Stade

www.rymhart.de


ASPHALT 12/21

10 11

IM ROLLSTUHL AUF SCHOTTER Sali ist krank. Ihre Muskeln wollen nicht so wie sie. Das einzige Kinderkrankenhaus des Landes hilft. Und ihre Familie unterstützt die selbstbewusste 7-Jährige. Nach Kräften. In Bethlehem. »Drei, zwei, eins – ich komme!« Schnell und geschickt jagt Sali über den Platz vor ihrem Elternhaus nach ihren Cousinen und Cousins. Versteckspiel steht auf dem Nachmittagsprogramm. Dass die zierliche 7-Jährige im Rollstuhl sitzt, tut der Spiel-

freude der Kinder, die zugleich beste Freunde sind, keinen Abbruch. Dabei ist der abgelegene Ort Dura südwestlich von Hebron alles andere als ein Paradies für RollstuhlfahrerInnen. Die anderthalb Kilometer zur Schule zum Beispiel fahren Salis


Für Salis Freunde spielt ihre Krankheit keine Rolle. Die Schaukel hinter dem Haus ist ihr Spielplatz.

Eltern sie mit dem Auto – die hügelige Schotterpiste wäre mit dem Rollstuhl nicht zu bewerkstelligen. Sali ist an spinaler Muskelatrophie (SMA) erkrankt, einer seltenen neuromuskulären Erbkrankheit mit verschiedenen Erscheinungstypen, die zu Muskelschwund, Lähmungen und verminderter Muskelspannung führt. Statistisch gesehen ist einer von 10.000 lebendgeborenen Menschen betroffen. Im Caritas Baby Hospital in Bethlehem ist sie die einzige Patientin mit SMA-Typ 2. Auch von Salis jüngeren Schwestern Siwar (6), Sila (4) und Gheena (2) hat keine von den Eltern das mutierte Gen auf Chromosom 5 geerbt, das für SMA verantwortlich ist. Dem Krankheitsbild entsprechend kann Sali frei sitzen, aber nicht laufen. Das Engagement der Familie macht viele von Salis alltäglichen Schwierigkeiten wett. Alle fassen mit an, damit das Mädchen so normal wie möglich aufwachsen kann: Den Platz vor dem Haus hat Vater Nizar rollstuhlgerecht gestaltet. Aufmerksam achten die Kinder darauf, dass keine Hindernisse

auf der Spielfläche liegen, die den Reifen des kleinen Elektrorollstuhls zum Verhängnis werden könnten. Und selbstverständlich werden wie beim Versteckspiel die Spielregeln an Salis Behinderung angepasst. Bestimmte Verstecke sind mit dem Rollstuhl tabu. Soll auf der Schaukel oder dem kleinen Karussell gespielt werden, helfen Salis Eltern. Auch um ins Haus zu kommen, muss die 7-Jährige getragen werden.

»Alle sind Dickköpfe« Meistens fühlt sie sich »ganz normal wie alle anderen Kinder, nur manchmal fehlen mir meine Beine«, erzählt Sali der Sozialarbeiterin Hiba Sa‘di bei einem ihrer Hausbesuche – beim Spielen mit Freundinnen etwa oder auf dem Weg zur Schule, in die sie so gerne geht. Dann wieder gewinnt das Selbstvertrauen. »Gott hat mich so gemacht«, sagt sie, und beendet mit diesem


lernen, aber es ging nicht. Damit begann für die junge Familie eine Odyssee von Arzt zu Arzt. Nur langsam wachsen Wissen und Bewusstsein über die Erbkrankheit in der palästinensischen Gesellschaft, die Diagnostik steht vielfach noch am Anfang. Sogar in Jordanien wurde das kleine Mädchen ein paar Monate behandelt, ohne Erfolg. In Salis Fall brachte schließlich ein Gentest die Diagnose SMA, mit der sich die Familie 2020 an das Kinderkrankenhaus in Bethlehem wandte. Seither wurde Sali drei Mal stationär aufgenommen, einmal sogar für mehr als zwei Wochen. Immer waren Lungenentzündungen der Grund für die Aufnahme, für die Patienten mit SMA besonders anfällig sind.

Sali kann sich nicht allein in den Roll-

Schwere Lungenentzündungen

stuhl setzen, das müssen ihre Eltern übernehmen.

Dass ihre Erstgeborene anders ist als andere Kinder, merkten die Eltern Iman und Nizar etwa zehn Monate nach Salis Geburt. Die Tochter wollte laufen

Pater Schyndrigs Vermächtnis Es ist Heiligabend 1952 in Bethlehem. Pater Ernst Schyndrig sieht auf dem Weg zur Geburtskirche, wie ein verzweifelter Vater sein totes Kind in der Nähe eines palästinensischen Flüchtlingslagers im Morast begräbt. Schnydrig ist tief erschüttert und handelt: Gemeinsam mit der schweizerischen Krankenschwester Hedwig Vetter und dem palästinensischen Arzt Dr. Antoine Dabdoub mietet er ein Haus, stellt 14 Betten hinein und nennt es »Caritas Baby Hospital«. Nie wieder soll einem Kind am Geburtsort Jesu medizinische Hilfe verwehrt bleiben. Zusammen mit dem Deutschen und dem Schweizer Caritasverband gründet Schnydrig 1963 die Kinderhilfe Bethlehem, um die Arbeit in Bethlehem finanziell zu sichern. Schnell entwickelt sich das anfängliche Provisorium zu einem modernen Kinderkrankenhaus. 1978 wird ein Neubau mit 82 Betten eingeweiht. Pater Schnydrig erlebt diesen Festtag nicht mehr. Er stirbt wenige Tage vorher. Sein Vermächtnis steht im Grundstein des Neubaus: »Wir helfen den Ärmsten, so gut wir können, und fragen dabei nie nach Nationalität oder Religion.« Die Arbeit im Caritas Baby Hospital ist so bis heute lebendiger Ausdruck christlicher Nächstenliebe. Sie ermöglicht den Kindern Bethlehems seit fast 70 Jahren einen besseren Start ins Leben. Bis heute ist es das einzige auf Kleinkinder spezialisierte Krankenhaus im gesamten Westjordanland/Palästina. AK

ASPHALT 12/21

Satz jede Diskussion über ihre Krankheit. »Sali ist unsere kleine Königin, sie steht im Mittelpunkt und alle kümmern sich um sie«, erzählt Mutter Iman. »Wenn sie etwas nervt, beschwert sie sich.« Damit komme sie »ganz nach dem Rest der Familie, denn alle hier sind Dickköpfe.« Sali weiß, was sie will. Wagt es zum Beispiel jemand, sein Auto auf ihrem Weg zu parken, macht die zierliche Schülerin ihrem Unmut ganz ohne Scheu Luft. Neben dem Tummelplatz draußen steht der niedrige Holztisch im Wohnzimmer der Familie bei den Mädchen zum Spielen hoch im Kurs. Dann sitzt Sali im Schneidersitz auf dem Tisch, die Beine unter dem Körper verschränkt, so, wie es nur Kinder können, und gibt ihrer Schwester Sila Anweisungen. »Lila, rosa, grün«, ruft sie – ihre Lieblingsfarben – und aus den Steckbausteinen entsteht ein fantasievoller Turm. Oder die beiden Mädchen vertiefen ihre Gesichter in Malbücher und Hefte und vergessen die Zeit. Himmelblaues Shirt mit der Aufschrift »I love you«, die passenden Shorts, die dunklen Haare mit derselben perlengeschmückten Schleife hochgebunden: Auf Salis Lieblingsplatz gleichen sich die Mädchen aufs Haar. Dass Salis Beine sie nicht tragen können, davon merkt man hier zwischen Bausteinen und Buntstiften nichts.

12 13


Die anfängliche Angst des Mädchens vor dem Krankenhaus hat sich inzwischen gelegt. Aufmunternde Zimmerbesuche von Sozialarbeiterin Hiba haben das Eis gebrochen – und das Spielzimmer, in dem sich Sali zwischen ihren Behandlungen besonders gern aufhält. Sogar für das Blutabnehmen hat das Team in Bethlehem inzwischen einen guten Weg gefunden, der Sali die verhasste Prozedur erträglich macht.

Familienbesuch ist wichtig

Salis Familie liebt den einen großen Olivenbaum hinter dem Haus.

Dass Mutter Iman im Caritas Baby Hospital übernachten kann, wann immer Sali stationär behandelt werden muss, ist dabei eine wichtige Hilfe für die tapfere Patientin. Für Iman ist klar: Allein lassen will sie ihre Tochter auf keinen Fall, auch wenn sie sich Sorgen macht, wie die zu Hause gebliebene Familie ohne sie zurechtkommt. Gespräche mit Sozialarbeiterin Hiba helfen Iman beim Umgang mit dem Zwiespalt, den viele Elternteile spüren, wenn ein Kind ins Krankenhaus muss, die Geschwister aber auch versorgt werden müssen. Auch Sali leidet darunter, wenn ihre Krankenhausaufenthalte das Zusammensein mit ihren Schwestern, Cousinen und Cousins unterbricht. Sie alle haben ein enges Verhältnis. Umso mehr strahlen ihre dunklen Augen, wenn es die gesamte Familie schafft, die oft mehr als einstündige Fahrt von Dura zum Krankenbesuch nach Bethlehem auf sich zu nehmen.

Sozialarbeiterin Hiba Sa’di vom Caritas Baby

Täglich macht Sali mit ihrer Mutter Übungen,

Hospital hat Sali Schulhefte mitgebracht.

um die Lunge zu stärken.


Sali will später selbst helfen Sali sei eine glückliche Patientin, betont Dr. Handal, und meint damit nicht nur das fröhliche Gemüt der jungen Palästinenserin. Ihre Familie hat die Herausforderungen der Krankheit gut verstanden und kümmert sich aufmerksam um das Mädchen. Zum Beispiel versuchen sie, Sali möglichst vor Ansteckungen zu schützen. Jede Grippe etwa könnte für das geschwächte Immunsystem der Patientin schwerwiegende Folgen haben. Seit das Coronavirus aufgetaucht ist, vermeidet die Familie jegliche Familienfeiern. Wie sich Salis Erkrankung konkret entwickeln wird, lässt sich laut Dr. Handal nur bedingt vorhersagen. Der für SMA symptomatische Muskelschwund wird sich fortsetzen, was besonders die Lunge betrifft. Der Schutz der Patientin vor Infektionskrankheiten ist deshalb einer von vielen wichtigen Faktoren, die sich auf die Gesundheit Salis auswirken. »Ich danke Gott für meine Tochter und ich möchte mich so gut um sie kümmern, wie es nur geht«, sagt Mutter Iman. Oft holt sich die 27-Jährige deshalb den Rat von Sozialarbeiterin Hiba ein: Wie können die Lebensumstände von Sali verbessert werden? Was tut ihr gut? Einen der wichtigsten Ratschläge hat die Mutter dabei bereits verinnerlicht: die regelmäßige Lungenphysiotherapie. Im Caritas Baby Hospital hat Iman gelernt, wie sie Salis anfällige Lunge am besten stärken kann. Physiotherapie und Atemübungen gehören seither auch zu Hause zum täglichen Mutter-Tochter-Programm. Sali macht nicht nur die Übungen mit voller Motivation mit. Auch in der Schule glänzt sie mit besten Noten, denn später will sie Ärztin werden, und zwar am liebsten im Kinderkrankenhaus in Bethlehem. Sali: »Ich will allen Armen helfen, die kein Geld für die Behandlung haben!« Text und Fotos: Andrea Krogmann

ASPHALT 12/21

Gegenwärtig wird im Caritas Baby Hospital geprüft, ob bei Sali neben den Besuchen der Sozialarbeiterin auch eine multidisziplinäre Hausbetreuung möglich und machbar wäre. Dann könnten Ärzte und Physiotherapeutinnen mit der Familie zu Hause in Salis gewohnter Umgebung zusammenarbeiten, erklärt Dr. Nader Handal, Salis behandelnder Kinderarzt, der auf pädiatrische Neurologie spezialisiert ist. Multidisziplinäre Betreuung sei für Patientinnen wie Sali unverzichtbar.

Die aktuelle Lage 47 Prozent der Bevölkerung Palästinas leben in absoluter (!) Armut. Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Im Gazastreifen liegt diese bei 48,6 Prozent, im Westjordanland bei 18,7 Prozent. Die Jugendarbeitslosigkeit mit über 50 Prozent noch höher. Die hohen Arbeitslosenzahlen sind auch eine Folge der Beschränkung der von Israel erlaubten Mobilität und der wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie. Palästina ist massiv von ausländischer Hilfe abhängig. Die EU leistet hierfür den mit Abstand größten Beitrag von rund 1 Milliarde Euro pro Jahr. Im Jahr 2000 waren in Palästina 800.000 Menschen auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen, 2020 eine Million. Die Menschenrechtssituation ist hoch problematisch. Es gibt willkürliche Verhaftungen, Folter, Missachtung des Rechts auf ein faires Verfahren und zu Gewalt an und zu Diskriminierung von Frauen. Antidemokratische Tendenzen innerhalb der Regierungen wie die Verschiebung von Wahlen auf unbestimmte Zeit und die häufig als Willkür empfundene Besatzungspolitik Israels haben zu einer innenpolitischen Depression geführt. MAC

14 15

Anzeige

Schütze die Menschenrechte mit deiner Unterschrift, deiner Spende, deinem Einsatz.

So erreichen Sie uns: https://amnesty-hannover.de Gruppe Oststadt-List Amnesty International Bezirk Hannover Fraunhoferstr. 15 · 30163 Hannover E: info@amnesty-hannover.de T: 0511-66 72 63 · F: 0511-39 29 09 Spendenkonto: Bank für Sozialwirtschaft DE23 3702 0500 0008 0901 00 Stichwort 1475


BRIEFE AN UNS

Ausgabe 10/21

2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

Zu Asphalt 10/21 »Wissen und Wünsche«

Zu Asphalt 10/21 documenta

Trügerische Sicherheit

Längst fällig

Ich habe in der Oktober-Asphalt von den Umfragen über Obdachlose gelesen und DOCUMENTA dabei habe ich mich sozusagen ertappt geFIFTEEN fühlt. Ganz richtig finde ich, schreibt Herr Macke dort, dass es ganz einfach jeden treffen kann, dass man obdachlos werden könnte. Auch ich weiß überhaupt nicht Bescheid, was ich in so einem Fall tun würde, wo ich Hilfe bekommen könnte. Wir wiegen uns alle in einer wahrscheinlich sehr trügerischen Sicherheit. Wir vertrauen darauf, dass wir uns in Fällen von Arbeitslosigkeit oder Kündigung zu helfen wüssten. Das ist bestimmt auch so bei den meisten. Aber wüssten wir das auch noch, wenn uns Schicksalsschläge ereilen, wir schwer krank würden, womöglich auch psychisch erkranken würden? Die Idee mit dem Solidaritätszuschlag von einem Euro für den Bau von Wohnungen für Obdachlose finde ich übrigens brillant. Passen Sie unbedingt weiter auf! Solche Artikel findet man sonst kaum. Katja Müller, Hannover JUNE

18

SEPTEMBER

25,

2022

DIE LISTE DER HIER ZUERST: DIE KÜNSTLER*INNEN KÜNSTLERiNNEN VORAB! DER AUSSTELLUNG

Kassel

Nicht nur als Gästeführerin in Kassel bin ich total begeistert, dass der ehemalige Tagessatz und die zukünftige documenta fifteen verschmelzen, was schon längst fällig war. Viel Erfolg! Marita Rehbein, Kassel

Vielen Dank für Ihre Meinung! Die Redaktion behält sich vor, Briefe zur Veröffentlichung zu kürzen. Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Absenderadresse anzugeben. Leserbriefe an: redaktion@asphalt-magazin.de oder postalisch: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover.

Anzeige

Zu Asphalt 11/21 »Thesen-Anschlag« 2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

11 21

Ohne Sozialpädagogen geht es nicht

Wichtiges Thema! In den Blick zu nehmen bitte auch und besonders die Jugendlichen zwischen 18 und 21, für die die Jugendhilfe nicht mehr – und die Erwachsenenhilfe noch nicht das Richtige oder schwer zugänglich ist. Mehr Projekte wie ›bed by night‹ bitte. Ohne Sozialpädagogen nah an den Kids geht es nicht! Claudia Bax, Hannover IM NETZ DER DROGEN

GELIEFERT

GEFEIERT

GESCHEITERT

Substanzen, Tipps und Überdosis via Internet.

Dreißig Jahre ein »Dach überm Kopf«.

Der »Krieg gegen Drogen« in den Vereinigten Staaten.

Auf der Straße gelandet Wer glaubt noch an Recht? Ich sowie meine kranke Mutter mit Rollator wurden zwangsgeräumt und das nur durch ein falsches Urteil. 11 Jahre illegale Mietverträge angeblich. Jeder hatte seine eigene Wohnung. Berufung läuft, werden wir wohl auch gewinnen, dennoch geräumt sind wir. Hätte uns nicht ein Freund aufgenommen wären wir auf der Straße gelandet. Daniela Letzelter, Saarbrücken

Das Fahrgastfernsehen. · Goethestraße 13 A · 30169 Hannover · (0511) 366 99 99 · redaktion@fahrgastfernsehen.de


ASPHALT 12/21

Foto: RomoloTavani/iStock.com

Anzeige

16 17

Weihnachtsbäume – eigener Anbau – Frisch aus dem Weserbergland

ck ab €

pro Stü

Alle Größen zu super Preisen, Nordmann, Blaufichte u. a., auch auf Bestellung.

14,95

ederang n o S im reich botsbe

Verkaufsplätze: Kollenrodtstr. 10 / List, Schützenplatz, Werftstr. 2 / Lohnde, Kastanienplatz / Letter Verkaufszeiten: täglich 9:30 – 18:30 Uhr (auch sonntags) Sievers GbR · Am Wasser 2 · 31860 Emmerthal Tel. 0172 5608418 / 0176 96929696


AUS DER SZENE

Foto: J. Kollatsch/Asphalt-Archiv

NEU: Nachtcafé für Obdachlose

Mobiler Obdachlosen-Einsatz Hannover. Johanniter, Caritas und Malteser sind wieder mit ihren sogenannten Kältebussen unterwegs. Sie versorgen Obdachlose ambulant mit Essen, Getränken und Kleidung. Die Busse sind keine Rufbereitschaft für den Notfall, sondern haben feste Plätze und Standzeiten. Die einheitliche Rufnummer für die Kältebusse lautet: 0800 – 0 84 84 88. In Notfällen, also wenn Obdachlose krank, unansprechbar oder erfroren wirken, ist immer die 112 zu wählen. Obdachlosen von den Kältebusangeboten zu erzählen ist aber in jedem Fall sinnvoll. Gerade im Winter kommen viele Obdachlose ortsfremd aus kleineren Kommunen oder von einstigen Landarbeitgelegenheiten in die Landeshauptstadt. MAC Die aktuellen Standzeiten der Busse: Johanniter: Mo/Mi/Fr 18.15 Uhr Goseriede und 19.15 Uhr Kröpcke. Caritas: Di 17 Uhr Goseriede und 18.30 Uhr Kröpcke. Malteser: Do 18.30 Uhr Goseriede und 20 Uhr Kröpcke. Bei langandauernden Minustemperaturen würden die Einsätze ausgeweitet werden, so die OrganisatorInnen.

Hannover. Für Menschen, die – aus Gründen – auch im Winter nicht in die Notschlafstellen gehen wollen, bietet die Stadt jetzt in Kooperation mit Diakonie und Obdachlosenhilfe Hannover ein Nachtcafé. Weil der einstige Trinkraum ›Kompass‹ nicht so erfolgreich betrieben werden konnte wie gewünscht, wurde er abgewickelt und der Kontaktladen Mecki in die Räume schräg gegenüber vom ZOB am Endpunkt der Linie 10 erweitert. Diese Mecki-Räume werden ab sofort in der Nacht zusätzlich für das neue Projekt Nachtcafé genutzt. Das Nachtcafé wird ausschließlich im Ehrenamt betrieben werden, professionelle Sozialarbeit ist nicht vorgesehen. Das Café ist täglich von 20 Uhr bis 6 Uhr geöffnet und bietet unter Beachtung des gültigen Hygienekonzeptes rund zehn Personen gleichzeitig Platz. Angeboten werden kostenlos heiße Getränke und Suppe. »Mit dem Nachtcafé geben wir den Menschen innenstadtnah einen Treffpunkt zum Aufwärmen und zum Austausch. Ich danke allen Beteiligten und besonders den Ehrenamtlichen für die große Bereitschaft zu helfen. Ich bin überzeugt, dass viele wohnungslose Menschen sehr dankbar für diese neue Anlaufstelle in der Nacht sind«, sagte Sylvia Bruns, Sozialdezernentin der Landeshauptstadt Hannover zum Start des Projekts. Die Stadt Hannover finanziert die mit dem Café verbundenen Mehrkosten wie Heizung, Strom, Reinigung sowie den Sicherheitsdienst. Die Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche HelferInnen – 6,50 Euro pro Stunde – wird aus dem Interventionsfond des Sozialdezernats der Landeshauptstadt Hannover finanziert. MAC

Anzeige


ASPHALT 12/21

Foto: Picture-Alliance/dpa | Bernd Weißbrod

18 19

FREIHEIT ODER LEBEN? Wer hilft psychisch kranken Menschen, die sich nicht mehr selbst helfen können? Wer entscheidet, wozu sie noch in der Lage sind, nach welchen Kriterien und mit welchen Folgen? Eine Spurensuche im Grenzbereich von Moral, Ethik und Recht. Ein kalter Wintertag vor drei Jahren. StraßensozialarbeiterInnen treffen am hannoverschen Hauptbahnhof eine Frau an, die einen verwirrten Eindruck macht. Maria (die in Wirklichkeit anders heißt) ist nicht das erste Mal auffällig geworden. Für die Nacht ist Frost angesagt und die Streetworker sorgen sich, ob Maria noch in der Lage ist, sich der Witterung gemäß zu verhalten. Doch ihre Bedenken werden nicht geteilt, weder von den Ordnungsbehörden, noch von den ärztlichen Notdiensten. Am nächsten Morgen wird Maria gefunden, mit schweren Erfrierungen. Schließlich müssen ihr beide Beine amputiert werden. Wie konnte das passieren? Hilfe für psychisch Erkrankte, die nicht von selbst den Weg in

die Praxen finden, die in prekären Verhältnissen leben, vielleicht sogar auf der Straße: Das ist Aufgabe des Sozialpsychiatrischen Dienstes (SPDi) der Region Hannover. Jan Ruitman ist Facharzt beim SPDi. »In solchen Fällen, wenn wir dazu gerufen werden, sind meistens unterschiedliche Stellen beteiligt, wie Straßensozialarbeit, Angehörige, Polizei. Dann prüfen wir zunächst, ob überhaupt eine psychische Störung vorliegt. Wenn jemand bei klarem Verstand ist und sagt, ich möchte aber draußen bleiben und wenn es zu kalt wird, gehe ich in den Bahnhof, dort ist es warm, dann können wir gegen den erklärten Willen des oder der Betroffenen auch nichts unternehmen. Schon gar keine Zwangseinweisung befürworten, was ja auch ein erheblicher Eingriff wäre.«


Foto: U. Matthias

Damit möchten sich viele Sozialarbeitende, aber auch ehrenamtlich Engagierte nicht zufrieden geben. Janine Sadler, Straßensozialarbeiterin der SeWo (Selbsthilfe für Wohnungslose) erinnert sich noch an den Fall. »Es stimmt, die Frau wollte keine Hilfe. Sie konnte sich zum Teil noch orientieren und einen klaren Willen formulieren. Aus Sicht der sozialen Arbeit war aber klar, dass die Dame nicht imstande war, ihre Lage sicher einzuschätzen.« Warum hat man die Frau also sich selbst überlassen? »Hinterher stellt sich das immer als völlig klar heraus«, sagt Ruitman, »auch in Fällen von Suiziden meint immer irgendjemand, das hätte man vorher sehen müssen. Aber das ist nicht der Fall. Wenn wir in hundert Fällen 99 mal richtig liegen – und das wäre schon viel – dann rutscht trotzdem noch einer durch die Maschen. Hundertprozentige Sicherheit kann es nicht geben«. Sadler vermutet dagegen eher eine zu geringe Wertschätzung der Sozialen Arbeit. »Wenn wir eine betroffene Person seit langem kennen, sollte unserer Meinung auch mehr Gewicht beigemessen werden.« Eine Kritik, die sich nicht in erster Linie gegen den SPDi, sondern eher gegen die Rettungsdienste richtet. »Die fahren auch mal schulterzuckend wieder weg, wenn eine Person keine Kranken»Wenn wir eine beversicherung hat oder alkoholitroffene Person seit siert ist.« Und einer ihrer Kollegen langem kennen, sollte mutmaßt, dass manche wohl auch unserer Expertise auch glaubten, die Wohnungslosen seimehr Gewicht beigeen ein zähes Völkchen, da müsse man nicht so genau hinsehen. Gute messen werden.« Erfahrungen habe man dagegen Janine Sadler, SeWo mit der Polizei gemacht, berichtet

Sadler. »Und wenn die den Notruf absetzen, kümmern sich die Sanitäter auch.« Aber nicht immer ist eine unmittelbare Notlage gleich erkennbar. Im Januar dieses Jahres wurde der wohnungslose Jim tot an einer Litfasssäule in der Bödekerstraße gefunden. Immer wieder hatten AnwohnerInnen, PassantInnen und Sozialarbeitende die Behörden zuvor auf ihn aufmerksam gemacht. Seine zunehmende Verwahrlosung war offensichtlich. Dennoch hat man ihn in seinem Elend belassen. Müsste Soziale Arbeit in solchen Fällen nicht tatsächlich mehr Gehör finden?

Nichts weniger als Lebensgefahr Thorsten Sueße, Leiter des SPDi, sieht das Problem eher auf einer anderen Ebene gelagert. »Also, ich glaube nicht, dass es daran liegt, dass die Sozialarbeit kein Gehör findet. Ich denke, dass dort einfach die Helfersicht mit der gesetzlichen Lage auseinander klafft. Der erste Impuls ist es natürlich zu sagen, da ist ein hilfebedürftiger Mensch, erkennen sie das nicht? Das muss man doch was tun! Und ich denke, das ist unstrittig, dass es in manchen Fällen gut wäre, wenn man da etwas machen könnte. Aber wenn keine akute Lebensgefahr besteht, reicht das eben nicht aus.« Sueße betont, der SPDi sei auch gar nicht berechtigt, Menschen gegen ihren Willen in die Klinik zu bringen. »Wenn wir sehen, da ist jemand in Not und vielleicht auch psychisch krank, dann versuchen wir, ihm Beratungsangebote zu machen, empfehlen vielleicht Medikamente.« Aber häufig sei es ja so, dass der Betroffene sage: ›Ich bin gar nicht krank oder ich will das nicht, lassen sie mich in Ruhe‹. »Wenn dennoch eine unmittelbare Gefährdung erkennbar ist, wenn einer vielleicht in der Kälte über-

Was macht der SPDi? Der Sozialpsychiatrische Dienst der Region Hannover (SPDi) richtet sich an psychisch Kranke, die nicht oder nicht ausreichend vom vertragsärztlichen System erreicht werden. Dazu zählen oft auch Menschen in akuter Wohnungsnot, die kurz davor stehen, ihr Zuhause zu verlieren oder bereits auf der Straße leben. In der Region ist der SPDi in elf Sektoren aufgeteilt, in denen sich jeweils eine Sozialpsychiatrische Beratungsstelle befindet. Sechs dieser Sektoren befinden sich in der Stadt Hannover. Zudem gibt es eine Beratungsstelle für Kinder und Jugendliche. Der SPDi zählt rund 100 Mitarbeitende, darunter 23 sozialpsychiatrische Fachärzte sowie SozialarbeiterInnen mit sozialpsychiatrischer Zusatzausbildung. Sie führen Beratungsgespräche durch, bieten alternierend einen Notfalldienst an und bei Bedarf auch Hausbesuche. In Krisensituationen mit Verdacht auf eine zugrundliegende psychische Störung wird der SPDi von Ordnungsbehörden oder sozialen Einrichtungen hinzugezogen und ggf. um eine Stellungnahme gebeten.


Foto: U. Matthias

Zwangseinweisung nach jedem 5. Notfall Sueße möchte daher nicht für eine Gesetzesänderung plädieren, wie es von Sozialarbeitenden mitunter gefordert wird. Tatsächlich kommt es auch immer wieder zu Zwangseinweisungen von psychisch Kranken, eben wenn Eigen- oder Fremdgefährdung festgestellt wird. In immerhin 21 Prozent der Notfälle, zu denen der SPDi gerufen wird, ergeht anschließend die Empfehlung, die betroffene Person notfalls auch gegen deren Willen in eine Klinik zu bringen. Kein hoher Anteil, wie Sueße betont, schließlich betreffe dies nur die hochdramatischen Fälle und selbst da gelinge es zu fast vier Fünfteln eine Einweisung

zu vermeiden, sei es, weil die Person einsichtig ist, sich wieder beruhigt, Medikamente einnimmt oder von selbst bereit ist, eine Klinik aufzusuchen. Muss man sich also damit abfinden, dass es immer wieder solche Fälle wie die von Maria oder Jim geben wird? »Manche sagen, wir müssten das aushalten«, sagt ein Straßensozialarbeiter, »aber das stimmt ja nicht. Die Betroffenen müssen es aushalten!« Und das schaffen sie nicht immer. Sadler würde sich beim SPDi eine eigene Stelle für Wohnungslose wünschen, die niedrigschwelliger erreichbar ist, ohne Termin. »Auch in der Sanitäterausbildung könnte Wohnungslosigkeit einen größeren Stellenwert einnehmen«, regt sie an. Positiv zum Schluss: Am Bonifatiusplatz in der List konnte der psychisch kranken Obdachlosen, die sich monatelang hinter Schirmen versteckt hatten, geholfen werden. Gemeinsam. Noch rechtzeitig. Ulrich Matthias

Anzeige

Mobilität fängt in deinem Kopf an. Hier losflitzen. Dort stehenlassen.

ASPHALT 12/21

haupt nicht adäquat bekleidet ist oder andere Leute angreift oder sogar ankündigt, sich umzubringen - dann könnten wir eine ärztliche Stellungnahme abgeben und dann würde der Betroffene von der Ordnungsbehörde oder vom Gericht eingewiesen.« Doch sicher ist das nicht. Die Hürden, die der Gesetzgeber vor einer Zwangseinweisung errichtet hat, sind hoch. Aus gutem Grund. Da sind vor allem die Erfahrungen aus der NS-Zeit, als Einweisungen auch aus rassistischen Gründen erfolgten und oft ein Todesurteil darstellten. Aber auch in »Wenn keine akute den ersten Jahrzehnten der BunLebensgefahr desrepublik wurden Menschen in besteht, reicht das die Psychiatrie gesperrt, weil sie als eben nicht aus.« sozial unangepasst galten, wurden Thorsten Sueße, Leiter des SPDi Versuche an ihnen durchgeführt, wurden sie für den Rest ihres Lebens unter Verschluss gehalten. Ist die Hürde inzwischen aber vielleicht schon zu hoch geworden? Sueße ist da skeptisch. »Der Trend geht eher dahin, die Hürde noch zu erhöhen. Manche sagen ja, früher wurden die Leute viel zu schnell weggesperrt und das stimmt ja auch. Aber inzwischen ist die Hürde so hoch, dass doch auch viele darunter durchrutschen, denen eigentlich besser geholfen werden müsste. Ich würde mir schon wünschen, man könnte Menschen auch zu ihrem eigenen Schutz in die Klinik bringen, aber ich glaube, der Weg geht eher in die andere Richtung. Grundsätzlich finde ich es in Ordnung, dass da auch drauf geguckt wird und dass Ärzte nicht einfach jemand wegsperren dürfen. Gewaltenteilung ist da ganz wichtig.«

20 21


AUS DER SZENE

NICHT ALLEIN UNTERM BAUM Kirchengemeinden, Wohlfahrtsverbände sowie Beratungs- und Hilfestellen laden an Heiligabend und zwischen den Jahren ein. Offene Angebote für Wohnungslose Kontaktladen »Mecki« Raschplatz 8c 23.12.: 8 – 11 Uhr 24.12.: 8 – 11 Uhr 27.-30.12.: 8 – 11 Uhr Arbeitsgemeinschaft Resohelp – Hilfe für Haftentlassene Berliner Allee 8 23.12.: 9 – 11 Uhr 27.-28.12.: 9 – 11 Uhr 30.12.: 9 – 11 Uhr Zentrale Beratungsstelle Berliner Allee 8 23.12.: 9 – 11 Uhr 27.-30.12.: 9 – 11 Uhr Szenia – Tagestreff für Frauen Volgersweg 8 23.12.: 9 – 14.30 Uhr 24.12.: 9 – 12 Uhr 27.-28. 12.: 9 – 14.30 Uhr 29.12.: 13 – 16 Uhr 30.12.: 9 – 14.30 Uhr Treffpunkt Kötnerholzweg Kötnerholzweg 9 23.12.: 9 – 13 Uhr 27.-31.12.: 9 – 13 Uhr

Tagesaufenthalt Nordbahnhof Schulenburger Landstra­ ße 34 23.12.: 12.30 – 17.30 Uhr 26.12.: 10 – 14 Uhr 27.-30.12.: 12.30 – 17.30 Uhr 02.01.: 10 – 14 Uhr Tagestreffpunkt »DüK« Berliner Allee 8 23.12.: 8.30 – 14 Uhr 27.-28.12.: 8.30 – 14 Uhr 29.12.: 8.30 – 12.30 Uhr 30.12.: 8.30 – 14 Uhr »Saftladen« Podbielskistr. 136 23.12.: 10 – 16 Uhr 27.12.: 10 – 17 Uhr 28.12.: 10 – 14 Uhr 29.12.: 12 – 16 Uhr 30.12.: 10 – 16 Uhr Caritas Leibnizufer 13-15 23.12.: 8.30 – 13 Uhr 27.12.: 8.30 – 13 Uhr 28.12.: 13 – 16 Uhr 29.12.: 8.30 – 17 Uhr 30.12.: 8.30 – 13 Uhr Kontaktladen »Mecki 2« Lister Meile 2 23.12.: 8 .30 – 12.30 Uhr 13 – 15 Uhr 27.12.: 8.30 – 12 Uhr 28.12.: 8 .30 – 12.30 Uhr 13 – 15 Uhr 29.12.: 8.30 – 12 Uhr 30.12.: 8 .30 – 12.30 Uhr 13 – 15 Uhr

Weihnachtsstuben am 24.12. Vahrenwalder Kirchengemeinde Vahrenwalder Straße 109 (Vahrenwald) 17.30 – 21 Uhr, Anmeldung: 3 50 66 36

Kommunaler Seniorenservice Hannover Begegnungsstätte für Senioren, Rodewaldstr. 17 (Kleefeld), 14 – 16 Uhr, Anmeldung: 168 – 4 36 84

Titusgemeinde Weimarer Allee 60 (Vahrenheide) (bitte erfragen), Anmeldung: 63 26 09

Diakonisches Werk Burgstr. 10 (Hof ) (Mitte) 15 – 17 Uhr, Anmeldung: 36 87-0

Johanniter Wohnen plus Pfarrlandstraße 5 (Linden-Nord) 15 – 18 Uhr, Anmeldung: 2 13 42 41 Stadtteilladen Stöcken Eichsfelder Str. 101 (Stöcken) Anmeldung bis 20.12. 15 – 17 Uhr, Anmeldung: 0163 – 4 58 11 55 Privatinitiative in Firma Gundlach Warburghof 1 (Groß-Buchholz) 16 – 22 Uhr, Anmeldung: 0176 – 51 12 86 43

Ka:punkt Grupenstraße 8 (Mitte) 16 – 18 Uhr. Anmeldung: 27 07 39-10 Drogenkontaktcafé Neues Land e. V. Bauwagen (Mitte, unter Raschplatzbrücke) 16 – 19 Uhr, Anmeldung: 9 99 26 99 Die Heilsarmee Am Marstall 25 (Mitte) 16 – 18 Uhr. Anmeldung vor Ort donnerstags AWO Misburg Waldstr. 9 (Misburg) 14 – 16 Uhr, Anmeldung: 0171 – 9 39 44 04 Seniorenzentrum Hilde-Schneider-Allee 6 (Südstadt), 14 – 19 Uhr. Anmeldung: 98 19 10


Wenn ich die Kommentare zu einer autofreien und grünen Innenstadt lese, wundere ich mich über die Argumente. Es klingt ja geradezu so, als sei Hannover die erste und einzige Stadt auf der Welt, die so etwas plant. Dabei könnte mit relativ einfachen Mitteln hier etwas Positives für den Klimawandel getan werden. Eine belebte Innenstadt käme allen zugute, den Geschäftsleuten und den Besucherinnen und Besuchern. Ich bin privilegiert, wohne in der Nähe des Bahnhofs MisburgAnderten und bin in 10 Minuten am Hauptbahnhof. Wenn ich mir vorstelle, ich ginge von dort aus geradewegs in die Innenstadt, und überall dort würde – wie früher –, der Verkehr fließen, am Kröpcke, am Georgsplatz, Richtung Steintor usw. überall Autos, wie schrecklich. Wenn ich mir aber andererseits vorstelle, dort wären grüne Plätze, lüden Bänke zum Verweilen ein, das fände ich wirklich reizvoll. Und das geht sicher nicht nur mir so. Das zeigt ja auch die bevorstehende Weihnachtszeit. Sobald sich die Innenstadt schmückt, ist es für die Menschen interessant, dort zu bummeln, etwas zu sich zu nehmen, und zu verweilen. Alle fühlen sich pudelwohl, die Stadt lebt. Aber warum nur zur Weihnachtszeit? Das könnte doch zu jeder Jahreszeit zu sein, aber dazu gehört eben eine schöne Umgebung, keine »Betonwüste«. Das würde ich mir wünschen. Und Ihnen, meinen lieben Leserinnen und Lesern, wünsche Ihnen ein wundervolles Weihnachtsfest und ein gesundes neues Jahr. Ihre Karin Powser Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

ASPHALT 12/21

Das muss mal gesagt werden …

22 23


»ZUFRIEDEN WIE ES IST« Aus dem Leben: im Gespräch mit Asphalt-Verkäufer Karle (80). Hallo Karle, du bist ja einer unserer Asphalt-Verkäufer, die von Anfang an dabei sind. Ein Asphalt-Verkäufer der ersten Stunde sozusagen. Ja, ich bin jetzt schon über 25 Jahre dabei. Damals bin ich nach Hannover reingefahren, um mir die Innenstadt mal anzugucken. Und da war dann die Asphalt-Zeitung. Das war so Mitte ’94. Ich habe dann die Verkäufer angesprochen und die haben mir erzählt, wo ich mich melden kann. So bin ich zu Asphalt gekommen. Und seitdem verkaufe ich die Zeitung. Ich wurde von den Leuten gleich gut aufgenommen. Die waren alle sehr nett.

Kannst du dich noch erinnern, wo du deine erste Asphalt verkauft hast? Das war am Lindener Markt. Da habe ich sehr gut verkauft. Damals war das noch ganz anders, da wurden mir die Zeitungen mit dem Fahrrad zum Verkaufsplatz gebracht. Die brauchte ich nicht irgendwo abholen. Das war wie so eine große Familie.

Du bist ja nicht nur einer der ersten Verkäufer, du bist auch einer der ältesten Verkäufer. Stimmt, ich werde jetzt schon 81. Am 10. Dezember. Immer wenn das Jahr rum ist, werde ich wieder älter. (lacht)

81 Jahre – stolzes Alter. Dafür bist du aber noch recht gut unterwegs. Naja, es geht. Die Beine wollen nicht mehr so richtig. Die Durchblutung ist nicht mehr so gut durch den Herzinfarkt, den ich 2013 hatte. Da fing das mit den Beinen an. Eigentlich müsste ich nochmal operiert werden. Aber ich weiß nicht so recht.

Bis sechs Uhr musste ich fertig sein, weil dann der Milchwagen kam. Danach war erstmal Pause, und um 13 Uhr ging es mit der Stallarbeit weiter. Bis abends um acht. Das war schon hart, aber ich habe das gerne gemacht. Wir hatten früher unseren eigenen Hof. Dann wurde meine Familie aber enteignet. In der DDR war das ja so üblich. Ohne zu fragen. Deshalb bin ich später auch rüber gemacht, in die BRD. Hier kannte ich mich aber mit den Gesetzen nicht aus. Ich hatte zwar auch hier immer Arbeit, aber ich hatte keine Rentenversicherung. Alles ohne, die ganzen Jahre. In der DDR gab es sowas alles nicht. Deshalb kannte ich mich damit auch nicht aus und habe nur wenig in die Rentenkasse eingezahlt. Jetzt habe ich dadurch nur die »DDR-Rente«.

Deshalb verkaufst du auch mit 81 Jahren noch Asphalt. Ja. Ich verkaufe immer weiter. Aber ich mache das nicht nur wegen dem Geld. Ich sage ganz ehrlich: Wenn ich jetzt nicht arbeiten gehe, dann bin ich bald gestorben. Ich brauche das. Ich muss mich bewegen. Wenn ich mich nicht mehr bewege, dann schlafe ich ja den ganzen Tag bloß. Und ich brauche auch die Menschen, mit denen ich mich dadurch jeden Tag unterhalte. Das ist für mich sehr wichtig. Zum Glück gibt es viele, die sich mit mir unterhalten. Auch junge Menschen. Durch Corona kommen aber leider nicht mehr viele, weil viele von ihnen jetzt von daheim arbeiten. Früher, als es Corona noch nicht gab, da konnte ich mich manchmal kaum retten. Da wusste ich manchmal gar nicht, mit wem ich mich zuerst unterhalten soll. Heute sind es lange nicht mehr so viele. Das ist für mich sehr schlimm. Das ist für mich nicht so einfach.

Alle Jahre wieder … Wie feierst du Weihnachten? Und trotzdem stehst du jeden Tag, bei jedem Wetter, an deinem Verkaufsplatz und verkaufst das Magazin? Ja, ich fange morgens so um sechs Uhr an und stehe dann bis nachmittags. So bis halb vier, vier etwa.

Wow, Respekt. Und das mit 81 Jahren. Andere Menschen in deinem Alter haben sich da schon längst zur Ruhe gesetzt und genießen ihr Rentendasein. Das geht bei mir leider nicht. Das Sozialamt bezahlt zwar meine Miete, ansonsten bekomme ich aber nur 350 Euro Rente im Monat. Davon geht noch einiges ab, wie Lichtgeld zum Beispiel, und dann bleiben gerade mal noch 200 Euro übrig. Was willst du damit machen. (Schulterzucken) Gar nichts.

Das ist wirklich nicht viel. Nein. Und das, obwohl ich mein ganzes Leben lang gearbeitet habe. Damals, in der DDR, war ich in der Landwirtschaft. So etwa 30 Jahre lang. Da habe ich nachts um zwei Uhr angefangen, die Kühe zu melken. Anfangs noch mit der Hand. 30 Kühe.

Die letzten Jahre habe ich nie gefeiert. Weihnachten ist ja doch eher was für Kinder. Vielleicht kaufe ich dieses Jahr zu Weihnachten aber mal wieder einen Baum. Früher, als wir noch Kinder waren, haben wir immer groß gefeiert. Wir sind jedes Jahr in die Kirche gegangen und erst danach gab es dann die Geschenke. Zu essen gab es immer Klöße mit Entenbraten. Oder Kaninchen. Und der Baum wurde erst am 24. Dezember aufgestellt. Bevor der Baum nicht stand, durften wir auch nicht mehr in die Stube rein. Aber das ist lange her.

Und was steht auf deinem Weihnachts-Wunschzettel? Im Moment wohne ich ja in einer Zwei-Zimmer-Albtauwohnung. Die ist aber zu teuer. Deshalb hätte ich gerne eine neue Wohnung. Bis etwa 500 Euro dürfte die ruhig kosten. Und sie muss Parterre sein oder einen Fahrstuhl haben. Das Problem ist, dass ich die Treppen eben nicht mehr hochkomme. Aber leider sieht es mit Wohnungen eher schlecht aus. Ansonsten bin ich zufrieden, so wie es ist. Interview und Foto: Grit Biele


ASPHALT 12/21

24 25

Karle verkauft Asphalt vor Saturn am Ernst-August-Platz, vor der Ernst-August-Galerie in der Kurt-Schumacher-Straße und vor McDonald’s in der Niki-de-Saint-Phalle-Promenade.


RUND UM ASPHALT

Gesuch & Gruß

Verkäuferin Heidi: Ich wünsche allen Asphalt-KundInnen eine schöne Adventszeit, Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch! Und bleiben Sie gesund! [V-Nr. 1786/Hannover]

Foto: Daniel Pflieger

Verkäufer Thomas: Ich suche eine 1-Zimmer-Wohnung/Apartment, bis 50 m2, Warmmiete 400 Euro in Hannover oder Region. Ich bin gepflegt, vertrauenswürdig und freundlich. Keine Mietschulden, positive Vermieter-Bewertung. Bitte mit guter ÖPNV-Anbindung und hundefreundlich. [V-Nr. 2214/ Hannover] Kontakt: 01590 – 5111783 (9 – 14 Uhr).

Georg Rinke mit Anja Münder, die das Portrait ihres verstorbenen Bruders Ferdinand Münder gekauft hat, und Künstler Michael Strogies.

Verkäuferin Simone: Liebe Kunden und Kundinnen, in erster Linie möchte ich mich bei allen Lesern, die an unserer kirchlichen Trauung teilgenommen haben, recht herzlich für die rege Anteilnahme und die Großzügigkeit bedanken. Sie alle haben unseren schönsten Tag unvergesslich gemacht. Außerdem möchte ich Ihnen eine schöne Adventszeit, besinnliche Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue – hoffentlich gesunde – Jahr wünschen. Ihre Asphalt-Verkäuferin Simone und Shanti. [V-Nr. 2334/ Hannover]

Geldwerte HeldInnen 3.750 Euro sind durch die Kunstaktion »Heroes in Hannover« zusammengekommen, der Erlös kommt nun dem Asphalt-Magazin zugute. Ein Jahr lang hat Künstler Michael Strogies 40 Portraits der »Heroes« angefertigt – dabei waren Prominente genauso vertreten wie der sprichwörtliche Nachbar von nebenan. Alle haben eins gemeinsam: Sie wurden aufgrund ihres sozialen Engagements für die Aktion nominiert. Die Organisatoren wollen so Menschen würdigen, die sonst eher wenig Dank für ihre Arbeit erfahren. Vom 21. Oktober bis 03. November konnten die Portraits in den Räumen des SofaLOFTs betrachtet werden. »Gerade die Vernissage war ein toller Erfolg«, so Asphalt-Geschäftsführer Georg Rinke, der selbst auch einer der Heroes ist. Zu den verkauften Bildern gehören unter anderen Portraits von Doris Schröder-Köpf, Belit Onay und Stefan Weil. Mit dem Ende der Ausstellung ist das Projekt keinesfalls vorbei: »Es werden weitere Heroes nominiert. Auch diese werden dann mit einer Ausstellung geehrt«, so Rinke. LD

ASPHALT 08/17

Verkäufer Fred: Auf diesem Wege möchte ich mich bei Ihnen/Euch bedanken für die vielen netten Worte, aufmunternden Gespräche und die Treue. Ihnen/ Euch allen wünsche ich von Herzen eine besinnliche Adventszeit, eine schöne Weihnacht im Kreis der Lieben sowie einen guten Rutsch ins Jahr 2022, welches hoffentlich für jeden von uns Gesundheit, Freude und endlich wieder ein maskenbefreites Leben parat hält. Ihr/Euer Asphalt-Verkäufer Fred (vor dem EDEKA-Wucherpfennig-Markt in Ricklingen). [V-Nr. 332/Hannover]

Verkäufer Michael: Liebe Kunden und Kundinnen, ich möchte mich ganz herzlich für Ihre Treue in diesem nicht einfachen Jahr bedanken. Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest sowie ein gesundes neues Jahr 2022! Ihr Asphalt-Verkäufer Michael und Mailo (Lidl/Raute Wettbergen, Wochenmarkt Langenhagen. [V-Nr. 2309/Hannover]

24

Wir trauern um unseren langjährigen Verkäufer

25

Olaf Beyer Er wurde 52 Jahre alt. Das gesamte Asphalt-Team mit allen MitarbeiterInnen und VerkäuferInnen.

Olaf verkauft vor Edeka in der Mendelssohnstraße, Hannover-Südstadt.


Das Standbild aus einem Banksy-Video zeigt das Kunstwerk mit dem Titel »God Bless Birmingham« (»Gott segne Birmingham«) in der Vyse Street.

Meine Worte Stell Dir vor, der Weihnachts­ mann ist obdachlos! In dunklen Zeiten unbemerkt ob all dem umfassenden Thema mit dem großen »C« hat niemand mitbekommen, dass sich in Himmelspforten eine Tragödie der Gentrifizierung abspielte. Unbemerkt und nicht einmal eine Nachricht war es wert, dass findige Finanzinvestoren klammheimlich das kleine Weihnachtsdorf Himmelspforten aufgekauft haben. Ich weiß es aus erster Hand, denn ich habe den Weihnachtsmann zufällig getroffen. Er lebt jetzt auf der Straße, heruntergekommen, jeden Tag eine Flasche Rentier-Schnaps zum Frühstück und hoffnungslos für dieses Weihnachtsfest. Ich sprach ihn an und er erzählte mir von seinem Schmerz und der Trauer, dass die Menschen nicht mehr an den Weihnachtsmann glau-

ASPHALT 12/21

Foto: picture alliance/dpa/Press Association Images /Banksy/Instagram

Anzeige

26

Bunte Tüte für eine bunte Gesellschaft Mit dieser Aktion setzt sich 96plus gemeinsam mit Hauptpartner Clarios für eine noch buntere hannoversche Stadtgesellschaft ein. Für jeden an einem SOCIAL KIOSK verkauften KioskKlassiker (mancherorts auch gemischte Tüte genannt) spendet die CSR-Initia­ tive von Hannover 96 zehn Cent an Projekte, welche sich für Vielfalt und Inklusion in Hannover einsetzen. Zum Auftakt der Aktion verteilten die 96-Profis Linton Maina und Sebastian Kerk zusammen mit dem 96plus-Team, Clarios und dem „Medinetz“ 500 bunte Tüten im SOCIAL KIOSK am Kröpcke in Hannovers Stadtmitte. Das „Medinetz“ ist ein Zusammenschluss aus Medizinstudierenden, die sich für eine medizinische Versorgung von Menschen ohne Leistungsbezug engagieren. Sie erhalten die Spenden aus den ersten drei Monaten, danach wird ein anderes inklusives Projekt aus der Stadt unterstützt. So werden insgesamt vier Projekte im Jahr gefördert.

ben und auch nicht mehr an Christus, unseren Retter, denn das große

»C«

Corona wird auch dieses Jahr wieder Einzug in die Stuben halten.

Ich fühlte nach diesem Gespräch dunkle Zeiten ohne Lichter, Liebe und Hoffnung! Doch es gibt Hoffnung! Ich habe darüber geschrieben! Asphalt-Verkäufer Thomas Der Text von Thomas zum großen »C« wurde in der Asphalt-Ausgabe 12/2020 in der Rubrik »Meine Worte« veröffentlicht. https://www. asphalt-magazin.de/das-magazin/archiv/

Apropos SOCIAL KIOSK: Wohnungsund Obdachlose können sich ab sofort auch ohne Gutscheine mit kostenfreien Hygieneartikeln eindecken.

27


RUND UM ASPHALT

iel

Gewinnsp

Asphalt verlost 10 x 2 Karten für den Zoo Hannover

Ganz nah dran und doch mit respektvollem Abstand – erstmals wurden die TierpflegerInnen und TierärztInnen des Erlebnis-Zoo Hannover bei ihrer Arbeit vor und hinter den Kulissen von einem Kamerateam begleitet. Den ganzen Sommer über lief die Kamera: Beim Einzug der neuen Baumstachler, beim Training der Kuba-Baumratten, beim Futterschneiden, Misten, Tauchen, beim Geburtstag von Schimpanse Max, bei der Visite der Zooärzte und auch beim schweren Abschied von Känguru Polly. Die Geschichten sind berührend, hochinteressant und mal lauthals lachend lustig, dann wieder stirnrunzelnd ernst und – auch das gehört zum Zoo-Alltag – tieftraurig. Sechs 50-minütige Filme und zwei 90-minütige Spezialfolgen sind entstanden, die ab dem 20. Dezember montags bis freitags um 17.10 in der neuen TV-Serie »Seelöwe & Co. – tierisch beliebt« im NDR Fernsehen zu sehen sind. Für ein hautnahes Erlebnis im Zoo Hannover können Sie mit Asphalt zwei Tagestickets gewinnen! Beantworten Sie uns einfach folgende Frage: Ab wann werden die neugedrehten Filme über die Arbeit im Erlebnis-Zoo Hannover ausgestrahlt?

Foto: Erlebnis-Zoo Hannover

Seelöwe & Co. – tierisch beliebt

Schicken Sie uns eine Postkarte oder eine E-Mail mit Ihrer Antwort und dem Stichwort »Zoo« bis zum 31. Dezember 2021 an: Asphalt-Redaktion, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover oder gewinne@asphalt-magazin.de. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Die Lösung unseres letzten Zoo-Rätsels lautet: »Fine«.

Richtigstellung Verkäuferausweise Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei Verkäufer­Innen mit gültigem Ausweis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover und Göttingen/Kassel): Rosa

In der Novemberausgabe haben wir geschrieben, dass Asphalt-Verkäufer Wolfgang seine Frau 2012 geheiratet hat. Diese Zeitangabe stimmt so nicht. Geheiratet haben sie bereits im Jahr 2000. Die Angabe, dass Wolfgangs Ehefrau zwei Monate nach der Hochzeit verstarb, ist hingegen korrekt. LD

Impressum Herausgeber: Matthias Brodowy, Dr. Margot Käßmann, Rainer Müller-Brandes Gründungsherausgeber: Walter Lampe Geschäftsführung: Georg Rinke, Katharina Sterzer (Stellv.) Redaktion: Volker Macke (Leitung), Grit Biele, Ute Kahle, Ulrich Matthias Gestaltung: Maren Tewes Kolumnistin: Karin Powser Autoren in dieser Ausgabe: L. Dreesch, A. Krogmann, B. Laufer, B. Pütter, T. Rosenbohm, W. Stelljes Anzeigen: Heike Meyer Verwaltung: Heike Meyer, Stefani Wehaus

Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Sophia Erfkämper, Ute Kahle, Kai Niemann Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Vertrieb Göttingen: Telefon 0551 – 531 14 62 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1

redaktion@asphalt-magazin.de vertrieb@asphalt-magazin.de goettingen@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Online: www.asphalt-magazin.de www.facebook.com/AsphaltMagazin/ www.instagram.com/asphaltmagazin/ Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 26.500 Asphalt erscheint monatlich. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 22. November 2021 Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung

nur, wenn Porto beigelegt wurde. Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Unsere vollständige Datenschutzerklärung finden Sie auf www.asphalt-magazin.de/impressum. Alternativ liegt diese zur Ansicht oder Mitnahme in unserer Geschäftsstelle aus. Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger


Asphalt ist offizieller Medienpartner der documenta fifteen, der Weltkunstausstellung in Kassel im Sommer 2022. Exklusiv gibt es an dieser Stelle Monat für Monat Beiträge, harvests (Ernten) der künstlerischen Entwicklung der unterschiedlichen mini-majelis. Diesmal: Kawan. FreundInnen, GenossInnen, WeggefährtInnen: Das bedeutet das indonesische Wort Kawan. Und Kawan haben die Künstlerinnen und Künstler der in diesem Monat in Asphalt präsentierten mini-majelis ihren Arbeitszusammenhang überschrieben. Die Arbeitsgruppe ist Teil der an der Weltkunstausstellung documenta fifteen in Kassel ausstellenden KünstlerInnen. Die Beteiligten der mini-majelis Kawan sind: der Indonesische Performancekünstler Agus Nur Amal PMTOH, das KünstlerInnen-Netzwerk Arts Collaboratory, der in Kapstadt gegründete Arbeitszusammenhang Chimurenga, Jumana Emil Abboud, die sich mit Praxen des Geschichtenerzählens beschäftigt, der Comic-Autor Nino Bulling sowie das in Ramallah und Brüssel ansässige Filmforschungskollektiv Subversive Film. Die KünstlerInnen wollten einen Beitrag entwerfen, der keine Standard-Präsentation einer künstlerischen Praxis ist. Wichtig sei gewesen, so die Arbeitsgruppe auf Nachfrage, einen spielerischen Umgang miteinander und mit dem Prozess zu finden. Die palästinensische Künstlerin Jumana Emil Abboud verwendet häufiger die Praxis des Faltgedichts und die Gruppe habe das für diesen Anlass passend gefunden. Es gehe dabei auch darum, einander zuzuhören, aufmerksam zu sein für das, was die andere sagt. So könne Vertrauen innerhalb der Gruppe weiterwachsen, gestärkt werden. Vertrauen ist einer der wesentlichen Grundwerte der lumbung-Praxis, die die gesamte documenta fifteen durchziehen wird. Ein Faltgedicht sei dafür bestens geeignet, hieß es. Außerdem erkenne es die Verbindungen an, die zwischen den einzelnen Beteiligten bestehen und die sonst unsichtbar sind, aber hier in diesem gemeinsamen Ergebnis zutage treten. Die Gruppe hat die Reihenfolge vorher festgelegt, und dann hat jeder und jede immer nur den Beitrag der vorangegangenen Person gesehen und hat darauf mit dem eigenen Beitrag reagiert. In Pandemie-Zeiten diente ein Mix aus E-Mails und Whatsapp als Vehikel. Zeitraum: zwei Monate. Nach einem ersten »Testlauf«, gab es den finalen zweiten Durchgang. Dabei ist das folgende hier erstmals gezeigte Faltgedicht entstanden. Volker Macke

ASPHALT 12/21

FREUNDSCHAFT

28 29


AAFolding FoldingPoem Poembybymini-majelis mini-majelisKawan, Kawan,one one ofofthe themini miniassemblies assembliesofoflumbung lumbungartists artists that thatmake makeup updocumenta documentafifteen. fifteen. I'mhearing hearingthe thesound soundofofwater waterdropping, dropping, I'm causedbybythe theair, air,I'm I'mseeing seeingthe thewind windflying flying caused theleafs, leafs,than thani'm i'mwalking walkingon onthe thesoil soilwhere where the thelight lightshadowing shadowingme, me,and andI'm I'musing usingeveryeverythe thingmade madefrom fromthem, them,transforming transformingmy myarts arts thing maylife, life, may Alsotransforming transformingyou youdears. dears. Also

Waterwater waterfrom fromthe theeye eye‫'ع ع ع ع‬Aaaa, 'Aaaa,who whoisis Water thethirstiest thirstiestofofthem themall? all?Across Acrossthe thetalestalesthe capeofoftime, time,multiple multiplenames nameshave havebirthed birthed cape you,and andfrom fromthe thedepth depthofofyour yourthroat throata afirst first you, soundcomes comes - imploringthe theimagination. imagination. sound - ‫ع‬--‫ع‬imploring Asking: Asking: Howfar farwill willyou yougo gototosee seewhat whatI’ve I’veenvienviHow sionedfor foryou? you? sioned I amlooking lookingatatthe theblack blacksoil soilasasmy mytoes toessink sink I am intothe theearth. earth.I feel I feelhere. here. into Themud mudunder undermy myfeet feetfeels feelssoft softand andcold. cold. The Windswhistle whistlethrough throughthe thewater waterwillows. willows. Winds


Sharp Sharpand andFlat Flat

They Theyregulate regulatespace spaceonontop topofofcommunities communities playgrounds playgroundsonontop topofofgraves, graves, homes homesonontop topofoflandfills, landfills, prisons prisonsonontop topofofschools schools distorting distortingmemory, memory, collapsing collapsingtruth, truth, rendering renderinguncertainty uncertainty

This Thisdon’t don’tbelong belongtotoyou you This Thissecret, secret,from frombefore before this thishidden hiddenfor forthe thefuture future a aquantum quantumevent, event,charting chartingthe thememory, memory, the thejourney, journey, the theway wayout out Quantum Quantummapping mappingthe thetruth truth So Sothat thatthe thepast pastmay maylearn learnfrom fromthe thefuture future

The Thelocation: location:Ronnie RonnieScott’s Scott’sjazz jazzclub, club,London. London. The Thelate latesixties. sixties.Charles CharlesMingus Mingusisisinintown. town.The The larger-than-life larger-than-lifebassist bassistmakes makesthe theacquainacquaintance tanceofofanother anotherpowerful powerfulbass bassindividualist: individualist: Johnny JohnnyDyani. Dyani.Somehow, Somehow,the theSouth SouthAfrican African manages managesthe thenear-impossible: near-impossible:totoconvince convince Mingus Mingustotolet lethim himplay playwith withhis hisgroup. group.We Wedon’t don’t have haveMingus’ Mingus’version versionofofthis thisencounter. encounter.Dyani’s Dyani’s story storygoes goesasasfollows: follows: Mingus Minguscame cametotome meand andhehesaid saidtotome, me,“Can “Can you youread?” read?” I said, I said,“No”. “No”. He Hesaid, said,“I“Ican canread”. read”. I said, I said,“Good “Goodfor foryou,” you,”and andhehewas wasmaking makingallall funny funnycomments. comments.Then Thenwe weplayed. played. When Whenwe wefinished finished(and (andititwas wasa ahelluva helluvanight, night, I’m I’mtelling tellingyou), you),hehesaid saidtotome, me,“You “Yousounded sounded sharp”. sharp”. So SoI said, I said,“You “Yousounded soundedflat”. flat”.

Thewriting writingchain: chain: The AugusNur NurAmal AmalPMTOH PMTOHtotoJumana JumanaEmil EmilAbboud Abboud Augus JumanaEmil EmilAbboud AbboudtotoSyafiatudina Syafiatudina(Arts (Arts Jumana Collaboratory) Collaboratory) SyafiatudinatotoSari SariDennise Dennise(Arts (ArtsCollaboratory) Collaboratory) Syafiatudina Sari SariDennise DennisetotoNino NinoBulling Bulling NinoBulling BullingtotoJazael JazaelOlguín OlguínZapata Zapata(Arts (Arts Nino Collaboratory) Collaboratory) JazaelOlguín OlguínZapata ZapatatotoSubversive SubversiveFilm Film Jazael SubversiveFilm FilmtotoBlack BlackQuantum QuantumFuturism Futurism Subversive BlackQuantum QuantumFuturism FuturismtotoChimurenga Chimurenga Black Chimurenga Chimurenga


EIN

FALTGEDICHT DER MINI-MAJELIS KAWAN, EINER DER KLEINEN GRUPPEN VON LUMBUNG-KÜNSTLER*INNEN, DIE DIE DOCUMENTA FIFTEEN AUSMACHEN.

Ich höre den Klang von Wasser, wie’s tropft, das kommt von der Luft, ich seh den Wind fliegen die Blätter, als ich über den Boden gehe, wo das Licht mich beschattet, und ich verwende all das, was aus ihnen gemacht ist und meine Künste verwandelt mag Leben, Auch euch, meine Lieben, verwandeln. Wasser Wasser aus dem Auge ‫' ع ع ع‬Aaaa, wer ist der Durstigste unter all denen? Durch alle Geschichten und Zeitläufte waren es viele Namen, die dich gebaren, und aus der Tiefe deiner Kehle dringt ein erster Laut - ‫ ع‬-, der die Fantasie beschwört. Und fragt: Wie weit wirst du gehen, um zu sehen, was ich mir vorgestellt habe für dich? Ich blicke auf den schwarzen Boden, während meine Zehen in die Erde sinken. Ich fühle (mich) hier. Der Schlamm unter meinen Füßen fühlt sich weich an und kalt. Winde wispern durch die Wasserweiden. Wo finden wir Schatten? Text auf dem Bild

Es gibt eine Zeit an einem Tag, da niemand von uns Schatten hat. Ist eine Finsternis ein riesiger Schatten? Text auf dem Bild

Sie bestimmen den Raum über Gemeinschaften Spielplätze auf Gräbern, Häuser auf Deponien, Gefängnisse auf Schulen verzerren die Erinnerung, reißen die Wahrheit ein, schaffen Verunsicherung

Die Zukunft vorhersagen Text auf dem Bild

Scharf und Flach Der Ort: Ronnie Scott’s Jazz Club, London. Die späten Sechziger. Charles Mingus ist in der Stadt. Der legendäre Bassist macht die Bekanntschaft eines anderen starken Individualisten am Bass: Johnny Dyani. Irgendwie gelingt dem Südafrikaner das geradezu Unmögliche: Er überredet Mingus, ihn mit seiner Gruppe spielen zu lassen. Wir kennen nicht Mingus’ Version dieser Begegnung. Dyanis Geschichte geht folgendermaßen: Mingus kam zu mir und sagte zu mir: „Kannst du lesen?“ Ich sagte: „Nein.“ Er sagte: „Ich kann lesen.“ Ich sagte: „Schön für dich“, und er machte lauter spaßige Bemerkungen. Dann spielten wir. Als wir fertig waren (und es war ein höllischer Abend, ich sag’s euch), sagte er zu mir: „Du klangst scharf.“ Also sagte ich: „Du klangst flach.“.

Die Schreibkette: Agus Nur Amal PMTOH an Jumana Emil Abboud

Das gehört euch nicht Dies Geheimnis, von früher dies Verborgene für die Zukunft ein Quantenereignis, das die Erinnerung kartiert die Reise, der Weg hinaus eine Quantum-Vermessung der Wahrheit Sodass die Vergangenheit von der Zukunft lernen kann

Jumana Emil Abboud an Syafiatudina (Arts Collaboratory) Syafiatudina an Sari Dennise (Arts Collaboratory) Sari Dennise an Nino Bulling Nino Bulling an Jazael Olguín Zapata (Arts Collaboratory) Jazael Olguín Zapata an Subversive Film Subversive Film an Black Quantum Futurism Black Quantum Futurism an Chimurenga Chimurenga


ASPHALT 12/21

BUCHTIPPS Heldenreise Die Kommunikationswissenschaftlerin und Medienjournalistin Samira El Ouassil und der Soziologe und Journalist Friedemann Karig haben ein so gewichtiges wie vor Anekdoten und Hollywood-Zitaten sprühendes Sachbuch verfasst: Es erzählt in den zwölf Kapiteln einer Heldenreise die Geschichte des Erzählens. Beginnend beim Affen, der lernte, Vergangenes in Geschichten zu sichern und sich damit Zukunft und die Fiktion erschloss, über die Turbo-Selbsterzählung der sozialen Medien, zu Verschwörungserzählungen, Geschlechterfragen bis zum Klimawandel beschreiben sie die »Macht der Narrative«. Auch wenn man immer wieder mal auf den Tisch hauen und etwa eine materialistische Analyse z.B. von Macht einfordern möchte, ist das ein mitreißendes, kluges Buch. BP Samira El Ouassil, Friedemann Karig | Erzählende Affen. Mythen, Lügen, Utopien – wie Geschichten unser Leben bestimmen | Ullstein | 528 S. | 25 Euro.

32 33

Anzeige

Laut fluchen Schon »Superheldinnen«, der 2016 erschienene zweite Roman der serbischen, in Wien lebenden Schriftstellerin Barbi Marković erzeugte so etwas wie einen Schwindel. »Die verschissene Zeit« ist ähnlich irritierend und großartig. Es ist die Geschichte von Vanja, ihres Bruders Marko und die von Sandra aus der Romasiedlung, die im postsozialistischen Belgrad die ganze Härte der Transformation erleben. Die Verrohung im Wohnblock, Nationalismus und Turbokapitalismus, Mangel und Nato-Bombardierung. Und es ist die Geschichte ihrer »Quest«, wie es in Rollenspielen heißt. Ein solches liegt tatsächlich als Broschüre dem Buch bei. Ihre Mission sind Zeitreisen durch die 1990er Jahre. Ein böses, wildes, anarchisches »nicht jugendfreies Jugendbuch« (Marković), das am ehesten an die russischen Nachwenderomane von Pelewin und Sorokin erinnert – oder wie eine feministische Antwort darauf. BP Barbi Marković | Die verschissene Zeit | Residenz | 304 S. | 24 Euro.

WER WIR SIND

WAS WIR MACHEN

Die IG BAU – das ist die Industrie­ gewerkschaft Bauen­Agrar­Umwelt. Wir sind eine starke Gemeinschaft: mehr als eine Viertelmillion Beschäftigte aus der Bauwirtschaft, der Baustoffindustrie, der Forst­ und Agrarwirtschaft, der Gebäudereini­ gung und Dienstleistungen sowie dem Umwelt­ und Naturschutz.

Mitmischen im Betrieb, sich ein­ bringen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft – das ist die Aufgabe der IG BAU. Wir handeln Tarifver­ träge aus, unterstützen unsere Mitglieder im Arbeitskampf und bieten ihnen Beratung und Rechts­ schutz sowie viele Möglichkeiten der Weiterbildung.

SOLIDARITÄT! WAS UNS AUSMACHT Wir leben Solidarität in den Betrieben, auf den Baustellen und in den Objekten. Wir setzen uns für eine faire Arbeits­ welt ein, die sinnerfüllte Arbeit, soziale Sicherheit, ein gutes Einkommen sowie eine gesunde und lebenswerte Umwelt bietet. Das alles ist möglich, weil sich unsere Mitglieder für diese Ziele im Verbund einsetzen. Stark sind wir nur gemeinsam!

IG BAU-Mitgliederbüro Hannover Otto-Brenner-Straße 1 30159 Hannover Telefon 0511 911170

Mehr unter www.igbau.de

BAU_ANZEIGE_Niesax_76,4x125mm.indd 1

11.11.21 11:33


SPIELETIPPS Tang Garden Während der Tang-Dynastie (618–907) war das goldene Zeitalter der chinesischen Gärten. In diesem Spiel ist es die Aufgabe der SpielerInnen, einen Garten anzulegen und weiterzuentwickeln. Dazu bietet das Spiel in seiner schönen und hochwertigen Ausstattung viele dekorative Elemente und eine abwechslungsreiche Pflanzen- und Tierwelt. Mit einer großen Auswahl an Pavillons und Brücken sowie Vögeln und Fischen. Mithilfe von Panoramakarten entsteht in jeder Partie ein einmaliges und buntes Gebilde, das den SpielerInnen erlaubt, sich im historischen Garten von Kaiser Xuanzong zu bewegen. Es kommen die Mitglieder der kaiserlichen Familie zu Besuch, um die atemberaubenden Landschaften und die Harmonie der Naturelemente zu bestaunen. Für Solo-SpielerInnen gibt es auch einen spannenden Einzelmodus. Tang Garden, Skellig Games, Familienspiel für 1 bis 4 Spieler ab 14 Jahren, ab 34,99 Euro.

Anzeige

Beyond the Sun

Wohnglück + 14.6OO Wohnungen + Durchschnittskaltmiete von 5,84€ pro m2 + über 7O% geförderter Wohnraum + nachhaltige Entwicklung der Stadt + ein Herz für unsere Mieterinnen & Mieter

Das Ende der Welt ist absehbar und im Space-­ Zivilisationsspiel Beyond the Sun können die SpielerInnen kollektiv über den technologischen Fortschritt der Menschheit entscheiden. Dabei treten sie an, die führende Fraktion in wirtschaftlicher Entwicklung, Wissenschaft und galaktischem Einfluss zu werden. Nicht nur die Anzahl der Runden variiert, auch ist es durch diverse Strategien, die alle zum Erfolg führen können, eine Herausforderung an den einzelnen Spieler, seine Fraktion gut zu platzieren und das Rennen um die Planeten zu machen. Ressourcenmangement, Workerplacement und kluge taktische Entscheidungen lassen dieses Spiel zu einem strategischen Meistergriff werden. Wer die meisten Siegpunkte erzielt, gewinnt das Spiel und schafft ihn, den Blick hinter die Sonne. Beyond the Sun, Strohmann Games, Weltraum-Zivilisationsspiel für 2 bis 4 Spieler ab 12 Jahren, ab 59,99 Euro.

hanova.de Getestet von Ute Kahle


ASPHALT 12/21

KULTURTIPPS Foto: Norbert Czybulka

Musik Adventskonzert des Extrachors

34

Motetten von Brahms und Poulenc erklingen neben Werken des Italieners Giuseppe Verdi. Außerdem interpretieren die SängerInnen des Extrachors der Staatsoper Hannover unter der musikalischen Leitung von Tammo Krüger persische und türkische Volkslieder, eigens für den Chor von Mohsen Rashidkhan arrangiert, und kontrastieren diese gegen die bekanntesten Choräle aus Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium. Freitag, 17. Dezember, 20 Uhr, Apostelkirche Hannover, Celler Straße 78, Hannover, Eintritt 15 Euro, erm. 9 Euro.

Around Christmas

Southside Jam feat. Stein-Schneider Er hat unter anderem mit musikalischen Größen wie Jürgen Zöller von BAP und Klaus Büchner von Torfrock zusammengearbeitet. Als Gitarrist der Rockband Fury in the Slaughterhouse hat er deutsche Musikgeschichte mitgeschrieben. Und gemeinsam mit Fabian Schulz alias B-Man Mayor spielt er seit 2002 in seinem eigenen Projekt Wohnraumhelden. Eingefleischte Musikfans wissen es sofort – es geht um Christof Stein-Schneider. Im Dezember ist der rothaarige Vollblutmusiker zu Gast beim Southside Jam und heizt dem Publikum gemeinsam mit der Southside Jam Houseband mal wieder so richtig ein. Montag, 06. Dezember, 20.30 Uhr, SV Arminia, Bischofsholer Damm 119, Hannover, 2G-Veranstaltung: Zutritt nur mit Impf- oder Genesungsnachweis, Eintritt frei.

Stilsicher wandelt das Künstlerduo auf dem Grat zwischen andächtiger und fröhlich mitreißender Musik. Zwischen Tradition und Moderne. Zwischen Wohlvertrautem und unbekannten Schätzen der Weihnachtsmusik. Ob englisches Christmas Carol, amerikanischer Spiritual, skandinavische Folklore, deutsches Weihnachtslied oder grooviger Rhyth’m & Blues – warmherzig moderiert verbinden Ulrike Wahren und Peter Stolle die Songs unterschiedlichster Herkunft zu einem harmonischen Ganzen, verknüpfen sie mit adventlichen Texten und stimmen auf das bevorstehende Weihnachtsfest ein. Donnerstag, 16., und Freitag, 17. Dezember, jeweils 20 Uhr, Lalu im HefeHof, HefeHof 29, Hameln, 2G-Veranstaltung, Eintritt 15 Euro, erm. 7,50 Euro.

Anzeige

in b ra u c h t e H a n n ov e r – nenradio in * r e g r ü B

UKW 106.5

z.fm

www.leibni

Leibniz.fm leibniz.fm

35


iel

Lesung

Gewinnsp

Sie hat ihr früheres Leben hinter sich gelassen. Sie ist ans Meer gezogen, in ein Haus für sich. Ihrem Exmann schreibt sie kleine Briefe. Briefe, in denen sie erzählt, wie es ihr in diesem neuen Leben im Norden geht. Sie schließt vorsichtige Freundschaften, versucht eine Affäre und fragt sich, ob sie hier heimisch werden könnte oder weiterziehen soll. Autorin Judith Hermann erzählt auf ihrer Lesereise im Rahmen der LiteraTour Nord 2021/2022 von einer Frau, die vieles hinter sich lässt, Widerstandskraft entwickelt und in der intensiven Landschaft an der Küste eine andere wird. Donnerstag, 09. Dezember, 19.30 Uhr, Literaturhaus Hannover, Sophienstraße 2, Hannover, Vorverkauf telefonisch unter 0511 – 16 84 12 22 oder im Künstlerhaus, Eintritt 12 Euro, erm. 6 Euro.

Bühne »Wir beide wussten, es war was passiert« Irgendwo in einem kleinen Kaff in Australien beschließt der 16-jährige Billy Luckett seinen alkoholabhängigen und gewalttätigen Vater zu verlassen. Er haut von Zuhause ab, springt auf einen vorbeifahrenden Güterzug und landet in einem kleinen Städtchen irgendwo im Osten des Landes. In einem leerstehenden Waggon auf dem Bahnhof richtet sich Billy ein und begegnet dem Säufer Old Bill, der im Waggon neben ihm haust. In einem Fastfood-Restaurant, in dem er heimlich die Essensreste der Gäste verzehrt, lernt er Caitlin kennen, die dort als Bedienung arbeitet. Langsam freundet sich Billy mit beiden an, bis er eines Tages der Polizei in die Arme läuft. Die Theaterinszenierung beruht auf dem Roman des australischen Jugendbuchautoren Steven Herrick »Wir beide wussten, es war was passiert«. In ihm erzählt Herrick die Geschichte einer Freundschaft zwischen drei sehr verschiedenen Menschen. Drei Menschen, die sich brauchen, weil sie an einem Punkt in ihrem Leben angekommen sind, wo es ohne jemand anderes nicht mehr weitergehen kann. Freitag, 10. Dezember, 19.30 Uhr, deutschsprachige Uraufführung, weitere Termine: 15., 17., 18. Dezember jeweils 19.30 Uhr, 12. und 19. Dezember jeweils 18 Uhr, Theater im Pavillon, Lister Meile 4, Hannover, Eintritt 15 Euro, erm. 10 Euro.

Foto: Jens Hauer

Daheim

Asphalt verlost 3 x 2 Karten für einen Tanz auf dem Vulkan

Berlin Berlin Die Damen tragen glitzernde Paillettenkleider, fesche Stirnbänder schmücken ihre Bubiköpfe. Die Herren stürzen sich in Knickerbockern und mit Schiebermütze ins Dickicht der Nacht. Die Zeichen stehen auf »Amüsemang«. Auf Absinth-Gelage, wilde Musik und entfesselte Tänze. Die Nacht ist eine Sünde wert. Frei nach dem Motto: »Es geht doch nichts über einen kleinen Skandal!« entwickelt Berlin Berlin einen starken atmosphärischen Sog – in der charakteristischen Form einer Revue, basierend auf wahren Begebenheiten und gespickt mit Original-Zitaten aus jener Epoche. Die zeitgemäß arrangierte Musik von Komponisten wie Friedrich Hollaender und Irving Berlin und Tänzen wie Charleston, Lindy Hop, Tango, Foxtrott und Swing lassen das Publikum das ausschweifende Lebensgefühl dieser Epoche noch einmal neu erleben. Für diese atemberaubende Reise zurück in die Goldenen 20er Jahre können Sie mit Asphalt 3 x 2 Karten gewinnen. Beantworten Sie uns einfach folgende Frage: Wer hat die Musik für die Revue Berlin Berlin arrangiert? Schicken Sie uns eine Postkarte oder eine E-Mail mit Ihrer Antwort und dem Kennwort »Berlin Berlin« an: Asphalt-Magazin, Hallerstr. 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover oder gewinne@asphalt-magazin.de und gewinnen Sie mit etwas Glück die begehrten Tickets. Einsendeschluss ist der 31. Dezember 2021. Absenderadresse und ggf. Telefonnummer nicht vergessen! Dienstag, 11. Januar 2022, 19.30 Uhr, (weitere Termine unter www.berlinberlin-show.com), Theater am Aegi, Aegidientorplatz 2, Hannover, Tickets gibt’s online unter www.berlinberlin-show.com, www.tickets-direkt.de, über die Tickethotline 0511 – 12 12 33 33 sowie an allen bekannten VVK-Stellen, Eintritt ab 30,90 Euro zzgl. Gebühren.


ASPHALT 12/21

Anzeige

Für Kinder Alma, ganz klein Alma ist anders. Alma denkt sich ständig Sachen aus. Tolle Sachen, wie sie selbst findet. Leider sieht das die Clique der »Coolen Mädchen« anders, weshalb Alma bei ihnen nicht mitmachen darf. Das macht sie zur Außenseiterin. Als sich dann auch noch ihre Freundin Sarah den Coolen Mädchen anschließt, wünscht sie sich ganz klein. Und plötzlich schrumpft Alma. Sie fällt in ein Mauseloch und trifft dort auf eine Gesellschaft von kleinen Tieren, die ebenfalls anders sind. Keiner von den kleinen Tieren findet Almas Ideen komisch. Sie begreift, dass sie gut ist, wie sie ist. In ihrer Lesung für Kinder ab 6 Jahren erzählt Kinderbuchautorin Nikola Huppertz wie es sich für Alma anfühlt, wie es im Bauch kribbelt. Sonntag, 12. Dezember, 15.30 Uhr, Sprengel Museum, Kurt-Schwitters-Platz 1, Hannover, Anmeldung bis spätestens Freitag vor der Veranstaltung telefonisch unter 0511 – 168 4 46 46 oder über petra.sollorz@hannover-stadt.de, Lesung kostenlos, zzgl. Museumseintritt 7 Euro, erm. 4 Euro, bis 18 Jahre frei.

DEZEMBER 2021

Das Geheimnis der Wunderlampe

Freitag | 03.12. | 19:30 u. 21:45 Uhr

Shlomo bekommt von seiner Klassenfreundin Ayshe zu Chanukka eine geheimnisvolle Wunderlampe aus Istanbul geschenkt. Schon bald springen drei drollige Chanukka-Geister aus der Lampe. Sie erzählen von einem Lichtwunder im jüdischen Tempel von Jerusalem. Am Ende lüftet die Lampe ein Geheimnis, das alles in ein neues Licht wirft. Mit jüdischem Witz erzählt diese bunte Show für Kinder ab 6 Jahren von den Bräuchen und der antiken Geschichte des Chanukka-Festes. Sonntag, 19. Dezember, 14 Uhr, Gedenkstätte Ahlem, Heisterbergallee 10, Hannover, 2G-Veranstaltung, Eintritt frei.

Hamburg Eintritt: 20 Euro zzgl. Gebühren

STEPHANIE LOTTERMOSER

Mittwoch | 15.12. | 20:30 Uhr

STEPHAN ABEL - ELMAR BRASS QUARTETT Eintritt: 20 Euro zzgl. Gebühren Donnerstag | 16.12. | 20:30 Uhr Freitag | 17.12. | 20:30 Uhr

Sonstiges

BONITA & THE BLUES SHACKS Eintritt: 20 Euro zzgl. Gebühren

Menschenrechte zuhause Es gibt keinen besseren Tag im Jahr als den 10. Dezember, um auf Menschenrechtsverletzungen hinzuweisen. Den Tag, an dem 1948 die Generalversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet hat. Seit 2014 nutzen Amnesty International und das Haus der Religionen diesen Tag, um weltweite Verletzungen der Menschrechte aufzuzeigen. Gunda Opfer, Sprecherin der Koordinationsgruppe »Menschenrechtsverletzungen an Frauen« von Amnesty International in Deutschland, legt in diesem Jahr den Fokus auf das Thema Häusliche Gewalt – Menschenrechte zuhause. Freitag, 10. Dezember, 19 Uhr, Hybridveranstaltung im Tagungshaus St. Clemens, Clemensstraße 1, Hannover, Zugangsdaten über www.haus-der-religionen.de oder www. amnesty-hannover.de, Teilnahme frei.

Am Lindener Berge 38 30449 Hannover www.jazz-club.de

36 37


SILBENRÄTSEL Aus den nachfolgenden Silben sind 17 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben – jeweils von oben nach unten gelesen – ein Zitat von Henri-Frédéric Amiel ergeben:

1. Vorrichtung in der Küche

2. Staat in den Pyrenäen ab – an – an – be – be – dau – de – der – dom – dor – dunst – ein – ent – er – erd – es – fer – ge – gen – glie – hau – ir – ka – kei – keit – kel – la – le – lich – mit – ni – nie – nung – nung – nuss – ra – ra – re – ret – ros – rung – ser – si – sinn – span – span – tar – tür – tungs – use – vant – wa – zug – zugs

3. Erotik

4. Angleichen an die Umgebung

5. mit medizinischem Gerät ausgestattetes Auto

6. Hauptstadt der Türkei

7. Integration Unter den EinsenderInnen der richtigen Lösung verlosen wir viermal das Buch »Ein Jahr voller Ideen« von Anna Austruy, Catherine Delprat und Anne Loiseau. Erleben Sie ein Jahr mit vielen tollen Ideen und entdecken Sie Monat für Monat kreative und leckere Dinge, Aktivitäten des Wohlfühlens und Ideen für den Garten. Insgesamt dreimal gibt es das Buch »Wenn der Schnee ans Fenster fällt/ Winterliche Geschichten und Gedichte« herausgegeben von Heide Franck zu gewinnen. Die ideale Lektüre für gemütliche Winterabende – Gedichte und Geschichten von Thomas Mann, Robert Gernhardt, Judith Hermann, Peter Stamm und vielen anderen. Ebenfalls dreimal können Sie »Das offizielle Harry Potter Koch- und Backbuch für Partys und Feste« gewinnen. Jede Veranstaltung wird einfach magisch, wenn sie von der geheimnisvollen Zaubererwelt der Harry-Potter-Filme inspiriert ist! Und schon beim Lesen und Anschauen dieses umfangreichen, liebevoll gestalteten Handbuches steigt einem förmlich der Duft köstlicher Speisen in die Nase … Die Lösung des November-Rätsels lautet: Diene deinen Freunden ohne zu rechnen. Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 31. Dezember 2021. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

8. Ostsee-Insel

9. Unreinheit der Haut

10. Bewältigung von Konflikten

11. verlorener Kampf

12. unbedeutend

13. sehr junges Schwein

14. früher: osmanisches Reich

15. Abonnement

16. Kulturpflanze

17. italienischer Komponist im 19. Jahrhundert


Foto: Tomas Rodriguez

Selbst gebastelt Astronomen gehen davon aus, dass seit Entstehung des Universums etwa 13,8 Milliarden Jahre vergangen sind. Unser Sonnensystem ist etwa viereinhalb bis fünf Milliarden Jahre alt. Vor etwa dreieinhalb Milliarden Jahren entwickelte sich auf unserer Erde das Leben. Der Mensch allerdings kam erst sehr spät ins Spiel: Wollte man die gesamte Erdgeschichte auf einer Uhr darstellen, dann tauchte der Mensch erst kurz vor Mitternacht auf. Warum diese ganze Rückrechnerei? Erstens, weil man doch sagen muss, dass die letzten 13,8 Milliarden Jahre ganz schön schnell rum gegangen sind. Und zweitens, wenn man sich fragt, warum die Zeit gerade in letzter Zeit so verfliegt: Das muss an Weihnachten liegen! Es ist doch verblüffend, oder? Wir haben doch gerade erst den alten Tannenbaum rausgetragen. Und schon ist wieder Weihnachten. Ist Ihnen schon einmal aufgefallen: Je älter man wird, umso häufiger ist Weihnachten! Und dann kommt immer wieder die Frage auf: Was sollen wir schenken? Früher als Kind, da hatte man es einfach. Da hieß es immer, man solle ein Bild malen oder was basteln. Ich konnte weder malen noch basteln, aber alle haben sich immer überschwänglich gefreut. Ich kann immer noch nicht malen und basteln. Aber vielleicht freuen sich alle ja heute auch noch überschwänglich. Also bastle ich dieses Jahr mal Mobiles aus Zahnstochern und Tonpappe. Oder Origami-­ Dinosaurier. An dieser Vorstellung kann ich mich diebisch erfreuen. Das ist fast schon perfide, wenn ich tatsächlich meine Bastelwerke überreichte. Wobei sie wahrscheinlich als moderne Kunst sogar durchgehen würden. Ich könnte auch etwas stricken. Beziehungsweise, ich kann es ja nicht. Ich verliere sämtliche Maschen. Ich habe ein einziges Mal tatsächlich probiert, einen Schal zu stricken. Das ist mindestens ein Jahrhundert her und das Ergebnis war ernüchternd bis beängstigend. Drei Reihen und mehrere Knoten waren es. Ich habe es dann nie wieder probiert und auch nicht vermisst. Überhaupt nenne ich zwei linke Hände mein Eigen. Ich kann grad mal so ein Loch in die Wand bohren. Manchmal auch erst im dritten Anlauf. Insofern sind auch sämtliche handwerklichen Tätigkeiten zum Scheitern verurteilt. Dafür kann ich Gedichte und Lieder schreiben. Also, vielleicht wäre das ja was. Ansonsten ist mein Tipp, falls Sie noch etwas suchen: Insbesondere Männern kann man eigentlich immer Schlüpfer schenken. Denn die meisten Männerunterhosen sind eher Schlübber, also wenig formschön, dafür zutiefst elastisch und luftig. Ausnahmen bestätigen die Regel. Übrigens, in etwa fünf Milliarden Jahren wird der Wasserstoffvorrat der Sonne aufgebraucht sein. Damit wäre dann auch auf der Erde Schicht im Schacht. Insofern basteln Sie, was das Zeug hält, schreiben Sie Gedichte und Lieder, stricken Sie Schlüpfer und genießen Sie die Weihnachtszeit. Matthias Brodowy | Kabarettist und Asphalt-Mitherausgeber

ASPHALT 12/21

.com utterstock ekop/sh

Ausblick

hiyasa Foto: ad

Brodowys

38 39


Führerschein dauerhaft abgeben und mit Seniorennetzkarte 1 Jahr gratis unterwegs sein. ZT UMSTEIGEN: JETZT UMSTEIGEN

HÜSS AUTO, ALLO GVH!

Tschüss Auto, hallo GVH!

MSTEIGEN:

HÜSS TO, LLO GVH!

JETZT UMSTEIGEN

Tschüss Auto, hallo GVH!

B-GVH-21005_Fahrschein_statt_Fuehrerschein_Anzeige_Asphalt_189x257mm_5mm-Beschnitt_RZ.indd 1

18.11.21 09:14


Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.