FOKUS
IM GESPRÄCH
Lobbyistin für eine inklusive Welt Mirjam Gasser macht sich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Armutsgebieten stark. Von Gabi Bucher
Mirjam Gasser absolvierte einen Bachelor als Übersetzerin und schloss anschliessend einen Master in Politikwissenschaft ab. Seit vier Jahren arbeitet sie als Leiterin Advo cacy bei der Non-Profit-Organisation CBM Christoffel Blindenmission. Die 34-Jäh rige ist für die politische Arbeit im Bereich der internationalen Zusammenarbeit zu ständig. Du engagierst dich für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Armutsgebieten. Was heisst das genau? Im April 2014 hat die Schweiz die UNOBehindertenrechtskonvention (BRK) rati fiziert, die auch die Entwicklungszusam menarbeit (Art. 32) und die humanitäre Hilfe (Art. 11) umfasst. Somit ist sie ver pflichtet, die Rechte von Menschen mit Be hinderungen in der Entwicklungszusam menarbeit und humanitären Hilfe zu be rücksichtigen. Mit meiner Arbeit setze ich mich dafür ein, dass sie dies tut. Im Zen trum stehen das Lobbying gegenüber der Direktion für Entwicklung und Zusam menarbeit (DEZA) und dem Parlament als 46
Schweizer Entscheidungsträger wie auch die Zusammenarbeit mit schweizerischen NGO, die in diesem Bereich tätig sind. Im Unterschied zu anderen Lobbyisten vertre ten wir aber nicht unsere eigenen Interes sen, es sind gesamtgesellschaftliche Anlie gen, für die wir einstehen. Wie gehst du dabei vor? Ich stehe in direktem Kontakt mit Parla mentarierinnen und Parlamentariern, um sie im Namen der CBM auf die Situation der Menschen mit Behinderungen in Ar mutsgebieten aufmerksam zu machen. Wir zeigen auf, was die DEZA gut und was sie weniger gut macht, was noch passieren müsste. Wir führen Gespräche, knüpfen Kontakte, regen politische Vorstösse an und leisten Überzeugungsarbeit. Es geht also sehr oft um 1:1-Kontakte, um Kon zeptpapiere, Hintergrundrecherchen und Forderungen. Gleichzeitig arbeiten wir in verschiedenen thematischen Netzwerken und mit zahlreichen Partnern zusammen, um Synergien zu nutzen und unseren An liegen Nachdruck zu verleihen. Gerade die
Zusammenarbeit mit Organisationen von Menschen mit Behinderungen ist für uns ein zentrales Prinzip unserer Arbeit. Ich erstelle ausserdem Vernehmlassungsant worten, in welchen wir als CBM Stellung beziehen und unsere Position darlegen zu gewissen Strategien, die der Bund im Be reich der internationalen Zusammenar beit oder der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung beschliesst. Du wirkst also vor allem auf die Schweizer Politik ein? Ja, aber darauf, was die Schweiz im Ausland macht, in ihrer internationalen Zusammen arbeit, damit sie inklusiver wird. Ich mache keine nationale Politik. Wir arbeiten aber eng mit Organisationen von Menschen mit Behinderungen in der Schweiz und mit anderen Partnern zusammen, um unsere Ziele zu erreichen. In welchen Ländern ist die Schweiz aktiv? Die Schweiz konzentriert sich mit ihrer neuen Strategie in ihrer Entwicklungszu Paracontact I Herbst 2021