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Zwischen Stuhl und Bank
INKOMPLETTE QUERSCHNITTLÄHMUNG
Menschen mit einer inkompletten Querschnittlähmung, welche (auch) zu Fuss unterwegs sind, erleben gleich verschiedene Herausforderungen.
Von Alexander Post, Sozialarbeiter
Personen mit einer inkompletten Querschnittlähmung, sei dies eine inkomplette Para oder Tetraplegie, welche zu Fuss unterwegs sind oder nur teilweise einen Rollstuhl benötigen, berichten den Sozialarbeitenden der Lebensberatung des öfteren, dass sie das Gefühl haben, sie würden weder zu den Fussgängern noch zu den Rollstuhlfahrern gehören. Dieses Gefühl der Nichtzugehörigkeit zeigt sich im Alltag, wenn sie sich zum Beispiel im öffentlichen Verkehr setzen müssen, um die Beine bzw. den Körper zu entlasten. Dasselbe Erlebnis haben sie, wenn es um Leistungen von Sozialversicherungen geht. Die Betroffenen stellen fest, dass ihre Einschränkung nicht richtig eingeschätzt wird.
Menschen aus dieser Personengruppe werden von ihrem Umfeld einerseits als «fit» und körperlich kaum eingeschränkt wahrgenommen und andererseits doch als zu wenig mobil, um mit Personen ohne körperliche Einschränkungen mithalten zu können. Wegen dieses Umstandes wird ihre Leistungsfähigkeit oft überschätzt. Entsprechend gibt es wenig bis keine zugeschnittenen Angebote für Menschen mit einer inkompletten Querschnittlähmung. Ihre Repräsentation und ihre Bedürfnisse werden zudem in der Werbung eher selten aufgenommen und porträtiert.
Oftmals erreichen uns die Anfragen um Unterstützung erst, wenn der Leidensdruck der Betroffenen sehr hoch ist und sie keinen Ausweg mehr sehen. Im vorhergehenden Artikel erzählt Mickaël Luternauer von seinen Erfahrungen. Laut seiner Beschreibung klammerte er die Tatsache der körperlichen Einschränkung vielfach aus. So habe er hundert Prozent gearbeitet und Sport getrieben, als ob nichts geschehen wäre. Leider führt diese Überbeanspruchung nicht selten zu einer Erschöpfung des Körpers und kann auch die psychische Gesundheit beeinträchtigen, was wiederum Auswirkungen auf das Berufliche, das soziale Leben sowie auf die Finanzen hat.
Die Sozialarbeitenden der Lebensberatung sind für Interventionen in solchen Situationen geschult. Trotz allem berühren uns Schicksale wie jenes von Mickaël Luternauer sehr. Er hat sich aus eigener Kraft Unterstützung geholt und sich unter anderem bei uns gemeldet. Nach dem inneren Prozess der Akzeptanz und die nötige alleinige und gemeinsame Arbeit konnte er fast zwei Jahre später das Blatt wenden und steht nun an einem anderen Punkt. Es war für ihn bestimmt nicht einfach, sich zuallererst einzugestehen, dass die eigene Situation nicht mehr tragbar ist.
Mit Mickaël Luternauers Erfahrungsbericht auf den Seiten 12 und 13 möchten wir einen Beitrag leisten, damit das Wissen für die spezifischen Problemfelder dieser Gruppe wächst und einladen, sich frühzeitig zu melden.
Fühlen Sie sich durch diesen Artikel angesprochen und sind Sie in einer ähnlichen Situation? Die Lebensberatung der SPV ist gerne für Sie da. HINTERGRUND
Komplette und inkomplette Querschnittlähmung
Komplette Querschnittlähmung
Es sind keine motorischen und sensorischen Funktionen mehr vorhanden. Das Rückenmark ist komplett durchtrennt.
Inkomplette Querschnittlähmung
Es sind noch gewisse motorische und sensorische Funktionen unterhalb der Läsionshöhe vorhanden. Dennoch ist die Verletzung nicht weniger gravierend. Sie kann ebenso erhebliche Schädigungen zur Folge haben.
(Quelle: paraplegie.ch)
Mehr Hintergrundwissen zur inkompletten Querschnittlähmung
(www.spv.ch/inkomplett_d)
Wenden Sie sich an www.spv.ch Tel. 041 939 54 00 lb@spv.ch