marie 57/ Februar 2021

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Wissenschaft

Wie umweltfreundlich ist das Elektroauto?

Der Wunsch der Menschen nach Mobilität ist groß und unveränderbar. Viele wollen eine Mobilität, die keinen Schaden anrichtet. Das Elektro-Auto soll diesen Wunsch erfüllen. Jetzt wird es aber zurzeit in der öffentlichen Meinung in Frage gestellt, ja oft regelrecht verdammt. Das führt zu Verunsicherung. Schauen wir da mal genauer hin.

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Text: Eckart Drössler, Icons: Freepik & Good Ware

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Ein E-Motor gibt, wenn er einmal kaputtgegangen ist, durch Neuwicklung und Neulagerung einen neuwertigen Motor.

eider ist auch das Elektroauto kein Veilchenstrauß. Wie ein Auto mit Verbrennungsmotor nimmt es weite Teile der Stahl- und Aluminium- und Buntmetallindustrie in Anspruch, braucht die Glas- und Textil- und Kunststoffindustrie und hat schon mit Tachostand null Kilometer viel hinter sich. Die Herstellung eines Autos mit Verbrennungsmotor braucht so viel Energie, wie das Auto selbst auf seinen ersten 100.000 Kilometern brauchen wird und eine Tonne Auto verursacht, wenn man den Abraum und das tote Gestein des zugehörigen Bergbaus mitbetrachtet, etwa 20 Tonnen Abfall. Das Elektroauto ist da um nichts besser. Im Gegenteil, durch den großen und schweren Akku sind die CO₂-Emissionen der Elektroautoproduktion um etwa 20 bis 30 Prozent höher, obwohl die Herstellung von Verbrennungsmotor und Getriebe entfallen. Wird ein Auto mit niedrigem Kilometerstand in einen Totalschaden verwandelt, ist das mehrfach schade, egal, ob es ein Verbrenner war oder ein E-Auto, weil die Herstellaufwendungen zunichtegemacht wurden, bevor man sie nutzen konnte. Besser wäre es gewesen, für diese Unfallfahrt ein altes, gebrauchtes Fahrzeug einzusetzen. Nachzulesen unter anderem in der Broschüre „Umwelteffekte von Elektromobilität“, die das Land Vorarlberg im September 2017 herausgegeben hat. Der Wegfall des Verbrennungsmotors und des Getriebes erspart dafür nicht nur alle Öl- und Filterwechsel und etwaige Zündkerzen, sondern auch fast alle thermischen Verluste und beschert eine längere Lebensdauer. Verbrennungsmotoren haben nach über 100 Jahren Entwicklung einen Wirkungsgrad von knapp 40 Prozent auf dem Prüfstand erreicht, im Stadtverkehr mit viel Stop-and-go-Betrieb grad mal die Hälfte, während ein Elektromotor bei seiner Erfindung schon einen Wirkungsgrad von 85 Prozent hatte, heute bei 95 bis 97 Prozent hält und die Energie fast vollständig in Bewegung umsetzt. Erzeugt der Verbrennungsmotor je nach Betriebszustand 60 bis 80 Prozent Abwärme, sind es bei E-Motor 3 bis 5 Prozent. Daran wird sich nicht viel ändern können, das liegt daran, dass beim Entzünden von Kraftstoff Kraft UND Wärme frei wird. Der Anteil der Wärme ist dabei größer. Und mit der Wärme, die ein mobiler Motor freisetzt, kann man bis heute nichts Sinnvolles anfangen, das sind einfach nur Verluste. Wer heute mit seinem Verbrenner an der Tankstelle vorfährt und für eine Tankfüllung vielleicht 60 Euro bezahlt, der soll wissen, dass wenigstens 40 Euro davon nur für ungenutzte Abwärme bezahlt wurden. Wirtschaftlich sinnvoll? Beileibe nicht. Zieht man dann nach 300.000 Kilometern eine CO2-Bilanz und vergleicht Verbrenner mit E-Auto und wurde das E-Auto mit Ökostrom bezogen, sind die Gesamt-CO2-Emissionen für das E-Auto für Herstellung und Betrieb um rund 85 Prozent geringer, als die des Autos mit Verbrennungsmotor. Der Nachteil aus der Herstellung wird schnell aufgeholt. 300.000 Kilometer sind für E-Autos kein Problem, sondern aufgrund des geringeren Verschleißes Standard, wenn man den Rost im Griff hält. Ja, für den Akku des E-Autos braucht man Schwermetalle und seltene Erden, die werden unter unmenschlichen Arbeitsbedingungen und mit grober Umweltverschmutzung gewonnen. Das kann man aber nicht der E-Mobilität anlasten. Kaum eine Mine wurde für E-Autos eröffnet, die allermeisten gab es schon vorher, denn viele andere Industriezweige brauchen dieselben Materialien auch, das ist aber aktuell nicht im Ge-


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