Kongresse & Tagungen
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Wieder flüssig werden in Zeiten der Dürre Hamburg. Unter dem Motto »Finanzierung in Krise und Insolvenz« stand der 22. Norddeutsche Insolvenzrechtstag in Hamburg am 14./15.02.2020, unterteilt in die fünf Themen Bankenregulatorik, Massekredite, Finanzierungssicherheit, Sanierungskredite sowie die Zukunft des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit Fokus auf Stundung und Verfahrenskostendeckung. Dabei wurde deutlich, dass man um verschärfte Rahmenbedingungen und ein dogmatisch schwieriges Terrain rund um die nahezu unverzichtbaren Geldspritzen in der Krise wissen sollte.
Der Norddeutsche Insolvenzrechtstag beginnt traditionell mit einem 75-minütigen Einführungsvortrag am Abend, dem Gespräche, Snacks und Drinks am Veranstaltungsort Grand Elysée Hotel Hamburg folgen. So auch dieses Mal. Der Vorsitzende des Norddeutschen Insolvenzforums (NIF e. V.), RA Dr. Gideon Böhm, konnte wieder über 200 Teilnehmer begrüßen und stellte das Programm und dessen Referenten, den Leiter Intensive Care einer Großbank, einen aktiven sowie einen BGHRichter im Ruhestand, einen Hamburger Universitätsprofessor
INDat Report 02_2020
NIF-Vorsitzender RA Dr. Gideon Böhm und einen Kölner Insolvenzrichter, kurz vor. Besonders hob Böhm die Herausforderungen für die Sanierungskreditgeber im Hinblick auf die Anfechtungs- und Insolvenzfestigkeit ihrer Finanzierungen und die Bedeutung des unechten Massekredits für die Sanierungspraxis hervor. Bei den Ausführungen zur Verbraucherinsolvenz werde es sich um einen Blick in die Glaskugel handeln, da zum Zeitpunkt des Kongresses der RefE noch nicht publik war. Der Referent und der Co-Moderator verrieten aber am Folgetag auf dem Podium, dass sie in einen Vorabentwurf des BMJV schon einen Blick hätten werfen können.
Zur Tradition gehört es auch, dass die Justizbehörde ein Grußwort spricht, das dieses Mal der Leiter des Amts für Justizvollzug und Recht der Hansestadt Hamburg, Dr. Holger Schatz, überbrachte. Er streifte die aktuellen einschlägigen Gesetzesvorhaben von Restschuldbefreiung bis EU-Richtlinie sowie ergangene Rechtsprechung, wobei kundige Teilnehmer dem nichts Neues entnehmen konnten. Hamburg wolle sich mit seinen drei Stimmen im Bundesrat an den genannten Gesetzesvorhaben intensiv beteiligen. Den Eröffnungsvortrag von Hans Joachim Weidtmann, Head of Group Credit Risk Management Corporates Intensive Care der Commerzbank AG, moderierte Vorstandsmitglied RA Frank Grell an, der sich mit dem Thema »Kredite in der Krise – Bankregulatorik, Kostendruck und andere Entscheidungsfaktoren« befasste. Dass es sich dabei um einen komplexen Kosmos handelt, spiegelte sich in dem detailreichen Vortrag rund um die zunehmenden regulatorischen und bilanziellen Anforderungen an das (Sanierungs-)Kreditgeschäft der Kreditinstitute wider, der die These untermauern sollte, dass für Banken ein Umdenken im Restrukturierungsumfeld bzw. im Umgang mit sog. Krisenunternehmen dringend erforderlich ist. Einer der Auslöser ist das von Basel II und Basel III auferlegte Regelwerk, das einen Anstieg der Risikokapitalkosten von Krediten in Abhängigkeit von deren Risikoprofil und damit eine zusätzliche Kapitalbelastung der Banken zur Folge hat. So führen z. B. verbriefte Kredite zu einem niedrigen RWA (Risk Weighted Asset), Beteiligungen hingegen zu einem hohen RWA, sodass ein Debt-Equity-Swap der Bank »extrem wehtue«. Aus diesen Gründen sei eine frühzeitige und schnelle Restrukturierung – die Abteilung Intensive Care sei i. d. R. nach einem Ertragsrückgang ihrer Kunden eingebunden – nicht nur im Interesse der Unternehmen, sondern auch der Kreditinstitute. Vor allem im Automobilbereich, bei dem sich die Ratings für 2020 nochmals verschlechtert hätten, müsse man viel früher gegensteuern. Mit dicht bepackten Schaubildern verdeutlichte Weidtmann, wie sich die Komplexität des Stakeholder-Managements und der Verrechtlichung verändert hat, wie der Einsatz neuer Finanzie-
Fotos: Nicolas Doering
Text: Peter Reuter

















