INDat Report 02_2020

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Symposien & Vorträge

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Konzert mit Mutter und Töchtern Düsseldorf. Am 29.01.2020 fand in Düsseldorf das XVI. Insolvenzverwalterforum der HSBC Deutschland statt, das sich dem Thema »Konzerninsolvenzrecht: Konzert oder Kakophonie?« widmete. In einer Art Rollenspiel veranschaulichten RiAG Frank Pollmächer, RA Dr. Dirk Andres und RA Dr. Wolf-Rüdiger von der Fecht ihre ersten Praxis­erfahrungen anhand eines variablen Ausgangsfalls. Dabei zeigte sich, dass das neue Konzerninsolvenzrecht nicht nur komplex, sondern noch mit einigen offenen Fragen behaftet ist und die Praxis vom angedachten Idealfall des Gesetzgebers nicht selten weit entfernt ist.

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Text: Peter Reuter Über eine bemerkenswerte Quote konnte sich die veranstaltende HSBC Trinkaus & Burkhardt AG freuen, denn von den etwas über 100 Zusagen für das Insolvenzverwalterforum zum Thema »Konzerninsolvenzrecht: Konzert oder Kakophonie?« auf der Düsseldorfer Königsallee sind fast 100 Gäste erschienen. Diese begrüßte der Leiter der Insolvenzverwalterbetreuung, Lars Niggeling, und stellte die drei Diskutanten, RiAG Frank Pollmächer (am AG Düsseldorf kann für den OLG-Bezirk Düsseldorf ein Gruppengerichtsstand begründet werden – in NRW gibt es drei Gruppengerichtsstände) und die vor allem in Düsseldorf verorteten Verwalter und Berater RA Dr. Dirk Andres und RA Dr. Wolf-R. von der Fecht, vor, die ihre ersten praktischen Erfahrungen aus Sicht des Richters, Verwalters, Sachwalters und Beraters schildern und eine Zwischenbilanz des am 21.04.2018 in Kraft getretenen »Gesetzes zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen« ziehen sollten – das unter Einbindung des Fachpublikums. Ausgehend von einer Betrachtung über den Konzern im Allgemeinen drehten sich die 90 Minuten um einen Ausgangsfall, den die Referenten in sechs Abwandlungen bzw. Eskalationsstufen mitunter kontrovers diskutierten. Dabei schlüpfte Pollmächer jeweils in die Rolle des Richters am Gruppengerichtsstand, Andres in die des Konzernlenkers und von der Fecht in die der Geschäftsführer der beiden Konzerntöchter. Auf eine Befassung mit dem Koordinationsverfahren nach §§  269 a ff. InsO, das der Gesetzgeber samt Koordinationsplan und -verwalter als »das Herzstück« der Reform bezeichnet hatte, könne man auch aus Zeitgründen verzichten, da das Koordinationsverfahren bislang in ihrer Praxis noch nicht vorgekommen sei. Auch auf die Frage ins Publikum, ob jemand von einem Koordinationsverfahren gehört oder sich jemand schon als erster Koordinationsverwalter ausgerufen habe, gab es keine positive Resonanz. Begriffe und Zahlen bildeten den Auftakt, man unterschied zwischen vertikalem Konzern (auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette tätig), den der Gesetzgeber beim Reformgesetz wohl vor Augen gehabt habe, horizontalem Konzern (Unternehmen mit ähnlichen Produkten und Dienstleistungen) und

lateralem Konzern (gänzlich unterschiedliche Geschäftsfelder/ Mischkonzern), auf die wiederum das Konzerninsolvenzrecht jeweils mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden anzuwenden sei. Wenngleich eine genaue Zahlenanalyse nicht vorliege, könne man wohl von etwa 345.000 potenziellen Gruppenunternehmen in Deutschland ausgehen, sodass etwa 10 % aller Unternehmen als gruppenangehörig zu betrachten sind. Die maßgeblichen Regelungen stellen die Referenten deshalb detailliert vor, weil sie z. T. immer noch Fragen aufwerfen würden wie z. B. der »sehr verwirrende« §  3 d InsO zur Verweisung an den Gruppengerichtsstand mit der vagen Formulierung: »… kann das angerufene Gericht das Verfahren an das Gericht des Gruppengerichtsstands verweisen.« Zu den §§  13 a, 56 a, b InsO merkte das Trio an, dass hiermit »viele Hausaufgaben« für die Antragsteller verbunden seien, z. B. die Begründung, warum die Verfahrens­konzentration im Interesse der Gläubiger liege.

Gesetzessprache in Verweisregelung »sehr unglücklich« Der Ausgangsfall mit drei verschiedenen Gerichtsbezirken in NRW stellt einen vertikalen Konzern dar mit gegenseitigen Abhängigkeiten einer Mutter (M) in Düsseldorf (100 AN), einer Tochter (T1) in Krefeld (200 AN) und einer Tochter (T2) in Kleve (200 AN). Die Töchter bearbeiten verschiedene Wertschöpfungsstufen für ein Produktportfolio und sind antragspflichtig, die Mutter haftet für deren Verbindlichkeiten. Bei diesem einfachen Musterfall möchte der Konzernlenker ein einheitliches Verfahren bei einem Gericht mit einem Sachwalter installieren, Töchter und Mutter verfolgen gleiche Interessen. Nach dem zulässigen Antrag der M nach §  3 InsO am AG Düsseldorf erfolgt im Anschluss (streng genommen nicht gleichzeitig) der Antrag gem. §  3 a InsO zur Bildung eines Gruppengerichtsstands für M, T1 und T2. Nach Prüfung und Erlass über den Gruppengerichtsstand stellen die beiden Töchter den Insolvenzantrag in Düsseldorf. Die AG in Kleve und


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