Hausarzt 11/2021

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Hausarzt pharmazeutisch

Der multimorbide Patient im Fokus

Foto: © shutterstock.com/ solarseven

Was umfassendes Medikationsmanagement leisten kann

Die klinische Pharmazie stand im Mittelpunkt des zweitägigen VAAÖ-Fortbildungskongresses in Wien.* Erklärtes Ziel der Veranstaltung war es, die Apotheker­ innen und Apotheker auf die Herausforderungen der Zukunft optimal vorzubereiten. Im Folgenden eine kompakte Zusammenfassung der wichtigsten Inhalte.

spricht, ist akademisch. Per definitionem umfasst sie üblicherweise mehr als fünf Medikamente pro Tag. Es gibt durchaus Polypharmazie, die angebracht und indiziert ist – man denke beispielsweise an Menschen mit Herzinsuffizienz. Nicht ideal ist es hin-

gegen, wenn keine Indikation besteht, wenn sich jene mittlerweile geändert hat oder die Person nicht davon profitiert. Anschaulich demonstrieren lässt sich dies anhand der „sieben Sünden der Medikamentenverordnung“ (siehe Tabelle).1

X Tabelle: Die sieben Sünden der Medikamentenverordnung Mit steigendem Alter wird die Liste von Beschwerden und Erkrankungen länger, die Anzahl täglich einzunehmender Arzneimittel erhöht sich. Über die im Laufe der Jahre angesammelten Verschreibungen fehlt häufig der Überblick. Hierbei kann in den Apotheken ein wichtiger Beitrag geleistet werden. Einerseits kann die Medikationsliste gezielt durchforstet und „entrümpelt“ werden, andererseits oft besser verträgliche Therapiealternativen für den einzelnen Patienten gefunden und empfohlen werden. Und davon profitieren letztlich alle.

Deprescribing im Kontext der Geriatrie Dr.in Birgit Böhmdorfer-McNair, aHPh Die Diskussion darüber, ab wie vielen Medikamenten man von Polypharmazie

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November 2021

„Sünde“

Beispiel

1

Verordnung eines Medikaments, um die Nebenwirkungen eines anderen zu behandeln

Typische Verschreibungskaskaden

2

Behandlung eines Leidens, das primär nicht pharmakologisch therapiert werden sollte

Benzodiazepine bei erstmaligen Schlafstörungen

3

Behandlung eines Problems, das selbstlimitierend ist oder bei dem eine Therapie nicht wirkt

Antibiotika bei viralen Infekten

4

Unangemessene Medikamente (PIM-Listen)

Benzodiazepine bei geriatrischen Patienten

5

Verordnung zweier Arzneimittel, die zwar indiziert sind, aber eine gefährliche Interaktion aufweisen, welche nicht monitiert wird

Trimethoprim (HWI) und Marcoumar (Indikation: IVT): Blutungsgefahr!

6

Zwei oder mehr Arzneimittel der gleichen Wirkstoffgruppe in unterschiedlichen Indikationen

β-Blocker: Carvedilol (Tachykardie, Kardiologie), Propranolol (Tremor, Neurologie)

7

Indiziertes Medikament in zu hoher Dosierung für den individuellen Patienten

z. B. GFR, Alter, Gewicht

Quelle: Frühwald T et al., ÖAZ 2017;15:46-49.


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