Hausarzt 03/2021

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Hausarzt Rare Diseases

Fragiles Lungengerüst erkennen Die unspezifischen Symptome der idiopathischen Lungenfibrose erschweren die Diagnose 100.000 Einwohner steigt. Des Weiteren erkranken Menschen, die geraucht haben oder rauchen, eher als jene, für die Nikotinabusus nie ein Thema war.“

Foto: © shutterstock.com/ Aleksandr Simonov

Erschwerte Diagnosestellung

Die idiopathische Lungenfibrose (IPF) ist eine chronische, progrediente, nicht reversible Lungenerkrankung. Sie gilt als häufigste Form der Lungengerüst­ erkrankung bzw. als „häufigste Erkrankung aus der Gruppe der idiopathischen interstitiellen Pneumonien“* und resultiert aus einer gestörten Wundheilung, die mit einer Überaktivität von Fibroblasten und in weiterer Folge mit einer zunehmenden Vernarbung des Lungengewebes assoziiert ist. Dies wiederum führt zu einer eingeschränkten Beweglichkeit der Lunge, was die Sauerstoffaufnahme erheblich erschwert. Zu den pathophysiologischen Prozessen zählen fehlerhafte Reparaturmechanismen bei Dysfunktion der Epithelzellen, die Aktivierung von Fibroblasten, oxidativer Stress, vaskuläres Remodeling, genetische Veränderungen und Alterungsprozesse (Seneszenz).* Die IPF gehört aufgrund ihrer Prävalenz von 8,2 Fällen pro 100.000 Einwohner zu den Rare Diseases.

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März 2021

Höheres Alter, höheres Risiko In Österreich sind etwa 10.000 Menschen von einer Lungengerüsterkrankung betroffen, ca. 1.700 von einer IPF. Der IPF-Spezialist und Oberarzt an der Klinischen Abteilung für Pneumologie am Universitätsklinikum Krems, Dr. Klaus Hackner, erläutert: „Hinsichtlich der Zahlen liegen unterschiedliche Angaben vor. Laut dem ‚European IPF Network‘ leiden in Europa etwa 750.000 Menschen an einer Lungengerüsterkrankung. Wie viele genau an einer IPF erkrankt sind, lässt sich nur schätzen.“ Allerdings stehe fest, dass Männer viel häufiger betroffen seien als Frauen und das Alter eine große Rolle spiele. „Das Erkrankungsalter ist meist höher, nämlich über 60. An den Erkrankungszahlen lässt sich die Altersabhängigkeit gut erkennen, denn vor dem 40. Lebensjahr kommt die IPF kaum vor, während zwischen dem 60. und dem 70. Lebensjahr die Prävalenz auf 150 bis 250 Fälle pro

Da die IPF mit unspezifischen Symptomen assoziiert ist, gestaltet sich die Diagnose oftmals schwierig, was wiederum die Prognose verschlechtert. Dr. Hackner erklärt: „Die Erkrankung geht mit belastungsabhängiger Atemnot und trockenem Reizhusten einher. Diese Symp­ tome treffen bedauerlicherweise auch auf eine Vielzahl anderer Lungenerkrankungen sowie kardialer Krankheiten zu, etwa auf Herzinsuffizienz. Je weiter die IPF fortschreitet, desto eingeschränkter ist die Belastbarkeit. Die Atemnot nimmt zu, meist schon in Ruhe.“ Als zusätzlicher Hinweis für eine IPF gelte das klassische basale, respiratorische, feine Knisterrasseln. „Dieses auch Sklerophonie genannte endinspiratorische Phänomen tritt bei der Auskultation auf und klingt wie ein Klettverschluss.“ Bestehe der Verdacht auf IPF, erfolge die Diagnosestellung, die auf verschiedenen Säulen basiere. „Zunächst ist ein ausführliches Anamnesegespräch unabdingbar, um andere Erkrankungen ausschließen zu können. Man sollte die Patienten dabei nach Auslösern von Lungenfibrosen befragen. Dazu gehören andere Systemerkrankungen, Kollagenosen oder rheumatische Erkrankungen. Medikamente können Lungenfibrosen ebenso hervorrufen wie eine Schadstoffexposition in der Luft.“ Einen weiteren wichtigen Schritt stelle die körperliche Untersuchung dar, die neben der Auskultation die Ermittlung allfälliger Trommelschlägelfinger beinhalte, so Dr. Hackner. „Die Erhebung der Lungenfunktion ist ebenfalls von großer Bedeutung, sowohl die kleine, die der Hausarzt durchführen kann, als auch die komplette beim Lungenfacharzt. Darüber hinaus sollte eine Blutgasanalyse erfolgen.“ Als wichtigstes diagnostisches


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