2020 04 Asphalt

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2,20 EUR davon 1,10 EUR Verk채uferanteil

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WIR SIND DA! HELDEN

ENGEL

MUSIKER

Wer in der Krise die Obdachlosen st체tzt.

Mehr W체rde durch Kamm und Schere.

Thees Uhlmann 체ber Ruhm und Hosen.


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Notizblock

10 Meine Worte Texte aus der Asphalt-Schreibwerkstatt

7 Helden der Straße Sechs Menschen von sechs Organisationen haben in den vergangenen Wochen Charakter bewiesen. Sie haben die Stellung gehalten. Für die Wohnungslosen. Wir stellen sie Ihnen mal kurz vor.

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Europas dunkle Seite Moria auf Lesbos ist längst Synonym für Flüchtlingselend. Fotografin Alea Horst war vor Ort.

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Kopf oder Bauch Rassismus: Kopfsache oder Bauchgefühl? Eine Betrachtung von Asphalt-Mit­ herausgeber Rainer Müller-Brandes.

26 Aus der Szene 27 Das muss mal gesagt werden 28

Briefe an uns

30 Aus dem Leben von Asphalt-Verkäuferin Andrea

32 Rund um Asphalt/Impressum 34 Zoo-Rätsel

Fünf Jahre ohne neue Musik von Thees Uhlmann sind vorbei. Der ehemalige Tomte-Sänger über späten Ruhm, Tote Hosen, Gerichtsvollzieher und die neue Gelassenheit.

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Gitter mit Gaben Gaben- oder Spendenzäune haben im Moment Konjunktur. Ein Hintergrund.

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Piquardts Genuss des Einfachen Der bekannte hannoversche Gastronom ist Autor, Olivenbauer und Kochanimator. Jetzt kocht er für Asphalt.

42 Buchtipps 46 Silbenrätsel 47 Brodowys Momentaufnahme

Titelbild: Jelca Kollatsch

18 DNA ohne Politik

Das Asphalt-Prinzip

23 Für mehr Würde

Obdach- und Wohnungslose können sich den Besuch beim Frisör oft nicht leisten. Die Barber Angels springen ein. Sie bieten bedürftigen Menschen den Haarschnitt zum Nulltarif.

Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer sind Menschen mit brüchigen Biographien. Irgendwann sind sie in ihrem Leben durch schwere Schicksale, Krankheiten oder traumatische Erlebnisse aus der Bahn geworfen worden. Heute versuchen sie, durch den Verkauf des Asphalt-Magazins ihrem Leben wieder Struktur und Sinn zu verleihen. Viele sind oder waren wohnungslos, alle sind von Armut betroffen. Sie kaufen das Asphalt-Magazin für 1,10 Euro und verkaufen es für 2,20 Euro. Asphalt ist eine gemeinnützige Hilfe-zur-Selbsthilfe-Einrichtung und erhält keinerlei regelmäßige staatliche oder kirchliche Zuwendung. Spenden Sie bitte an: Asphalt gGmbH bei der Evangelische Bank eG, IBAN: DE35 5206 0410 0000 6022 30, BIC: GENODEF1EK1.


die Corona-Krise trifft alle gleich. Heißt es gern. Doch sie trifft medizinisch die Immunschwachen weit mehr als die Starken und die Einkommensschwachen weit mehr als die Wohlhabenden. Und setzt damit wiederum die Ungleichheit fort. Beinahe 40 Prozent aller Beschäftigten mit mehr als 2.500 Euro im Monat arbeiten aktuell relativ sicher von Zuhause. Aber nur sechs Prozent aller mit weniger als 1.000 Euro im Monat. Sie sind an der Front. Beifall und Lieder vom Balkon sind sicherlich eine feine Geste der Anerkennung. Rechtsansprüche auf Mundschutz, Desinfektion, regelmäßige Testungen sowie finanzielle Sicherheit sollten dringend folgen. Und sind sie in Kurzarbeit, verarmen sie aktuell. Noch unabsehbar sind die sozialen Folgen. Stress, Angst, Perspektivlosigkeit und Einsamkeit in der engen häuslichen Isolation wird die Zahl der aus der Bahn geworfenen Menschen steigen lassen. Obdachlosigkeit wird wachsen. Bereits ganz unten und außen vor sind die Gestrandeten, die obdachlosen Männer und Frauen, die in der Hoffnung auf gute Arbeit nach Deutschland kamen, gescheitert sind und auf der Straße landeten. Viele von ihnen sind ohne jeden Anspruch auf Transferleistungen. Sie leben vom Betteln, Flaschensammeln, kleinen Gelegenheitsjobs am Arbeiterstrich. All das findet jetzt in der Krise nicht mehr statt. Das Sozialgericht Düsseldorf hat vor wenigen Tagen wegweisend darauf reagiert und das Jobcenter zur Zahlung von Hartz IV an einen dieser obdachlosen Ausländer bis mindestens September angewiesen. Beispielhaft. Wörtlich heißt es in der Begründung: »Einem ausländischen Obdachlosen, der wegen geschlossener Grenzen in Europa derzeit auch nicht in sein Heimatland zurückreisen kann, um gegebenenfalls dort Sozialleistungen zu beantragen, ist … von deutschen Behörden ein menschenwürdiges Existenzminimum zu gewähren, das sein Überleben in dieser Zeit sichert.« Das ist klug und richtig. Wir hoffen nun auf entsprechende Umsetzung der Jobcenter auch hier in Niedersachsen. Viele helfen auf der Straße in der Krise. Selbstlos, vielfach komplett ehrenamtlich. Wir sagen an dieser Stelle ihnen allen herzlich Danke.

Volker Macke · Redaktionsleiter

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Liebe Leserinnen und Leser,

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Foto: Maren Fischinger/Picture-Alliance/Westend61

Viele Kita-Stellen unbesetzt

Gefahrenzulage für Pfleger? Hannover. Die Präsidentin der Pflegekammer Niedersachsen, Nadya Klarmann, fordert von Politik, Gewerkschaften, Krankenkassen und Arbeitgebern das Versprechen, nach der Corona-Krise über bessere Bedingungen für die Pflegekräfte zu verhandeln. »Wir freuen uns jetzt über die Bonuszahlungen als Anerkennung – aber da muss noch viel mehr geschehen«. Das derzeitig allgegenwärtige Lob für die Pflegekräfte dürfe kein Lippenbekenntnis bleiben. In Niedersachsen gibt es rund 90.000 Pflegefachkräfte. Die angekündigte Einmalzahlung von 1.500 Euro seien nicht mehr als ein Symbol. Zudem sei völlig unklar, ob tatsächlich alle Pflegekräfte von einem Bonus profitierten. Bisher gebe es nur eine entsprechende Vereinbarung zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Bundesvereinigung der Arbeitgeber in der Pflegebranche. Für das Pflegepersonal in den Krankenhäusern oder von Zeitarbeitsfirmen gebe es bislang kein Abkommen. Da die Corona-Pandemie ein akutes Krankheitsgeschehen sei, stünden aus ihrer Sicht die Krankenkassen in der Pflicht, die Bonuszahlungen zu refinanzieren. Klarmann forderte zudem eine Gefahrenzulage für diejenigen, die mit Corona-Patienten arbeiten müssten. EPD

Vechta. In einer von vier Kindertagesstätten in Deutschland ist nach Angaben der Professorin Anke König zurzeit mindestens eine Stelle nicht besetzt. Dies habe eine bundesweite Befragung zur Personalentwicklung in Kitas ergeben, sagte die Leiterin des Arbeitsbereiches Frühpädagogik an der Universität Vechta. Kleinere Kita-Träger investierten aktuell zwar viel, um Fachkräfte zu gewinnen und zu halten, jedoch nur wenig, um sie weiterzubilden, so König. »Die Kita-Landschaft droht unter den unterschiedlichen Bedingungen auseinanderzudriften.« Gerade Personalentwicklung habe aber ein hohes Potenzial, um die Zukunft der Kitas zu sichern, sagte die Professorin. Die Befragung habe deutlich gezeigt, dass Kita-Fachkräfte einen Bedarf an Orientierung hätten. Doch in vielen Kitas fehle die Zeit dafür. Ohne Investition in die pädagogische Betreuung drohe ein Szenario, über das Fachkräfte sich bereits beklagt hätten: »Wir verwahren die Kinder nur noch, für Bildung bleibt keine Zeit.« Laut dem Statistischen Bundesamt gab es 2018 rund 56.000 Kindertagesstätten in Deutschland. Sie sind den Angaben zufolge in der Regel klein. In einer Kita arbeiten im Durchschnitt etwa zwölf pädagogische Fachkräfte zusammen. EPD

75.000 Euro gegen Antisemitismus Hannover. Das niedersächsische Justizministerium stellt in diesem Jahr bis zu 75.000 Euro für Projekte gegen Antisemitismus zur Verfügung. »Antisemitismus geht uns alle an«, sagte Justizministerin Barbara Havliza (CDU). »Wir stehen alle in der Pflicht, jüdisches Leben in Niedersachsen zu fördern und zu erhalten. Genauso stehen wir in der Pflicht, antisemitischen Strömungen in Niedersachsen entgegen zu wirken und sie zu verhindern.« Präventionsarbeit leiste dabei einen ganz wichtigen Beitrag. Der ehrenamtliche Landesbeauftragte gegen Antisemitismus, Franz Rainer Enste, sagte: »Wir brauchen Projekte, die sich alten und neuen Ressentiments und Vorurteilen entgegenstellen. Gerade in einer Zeit, in der die sozialen Netzwerke von Verschwörungs­ theorien überkochen.« EPD


Auf Flüchtlinge vorbereitet

Hannover. Der jüdische Verbandspräsident Michael Fürst unterstützt den Vorstoß des Deutschen Gewerkschaftsbundes, den 8. Mai in Niedersachsen in diesem Jahr zu einem gesetzlichen Feiertag zu machen. »Ich begrüße Ihre Absicht sehr und hoffe, dass Sie die Parteien davon überzeugen können«, so Fürst an den DGB-Landeschef Mehrdad Payandeh. »Hier stehen wir sehr gerne an Ihrer Seite.« Fürst leitet den Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen. Der DGB hatte in einem offenen Brief an die Landesregierung appelliert, den 8. Mai zum Feiertag zu erklären. Zugleich forderte er die Kirchen und die Arbeitgeber sowie weitere Verbände auf, sich der Initiative anzuschließen. In Erinnerung an die Befreiung vom Nationalsozialismus vor 75 Jahren betonten auch die Staatskanzlei und Unternehmerverbände die Bedeutung des Datums. Von einem arbeitsfreien Tag allerdings halten die Unternehmer nichts. Die Staatskanzlei betonte am Mittwoch in Hannover, die Debatte sei nur zielführend, wenn über einen bundesweiten Feiertag nachgedacht werden würde. EPD

Varel/Kr. Friesland. Die Landkreise in Niedersachsen sind nach Ansicht des Geschäftsführers des Niedersächsischen Landkreistages, Hubert Meyer, auf neue Flüchtlinge vorbereitet: »Wir beobachten die Situation an der türkisch-griechischen Grenze mit großer Sorge.« Allerdings erwarte er im Ernstfall eine Vorwarnung durch den Bund, damit die Kommunen entspannt und frühzeitig Maßnahmen treffen könnten. Landesweit stünden rund 5.000 Plätze in Gemeinschaftsunterkünften als »schlafende Reserve« zur Verfügung, so Meyer. Diese seien jedoch für den Notfall gedacht und entsprächen nicht dem Standard der Unterkünfte der Landesaufnahmeeinrichtungen. Viele Einrichtungen seien geschlossen worden, so dass es in einigen Landkreisen keine Notunterkünfte mehr gebe. In anderen Regionen würden sie genutzt, um akuter Wohnungsnot zu begegnen. Allerdings habe man aus den Erfahrungen der Jahre 2015 und 2016 gelernt, als viele Flüchtlinge nach Deutschland kamen und die Kommunen in großer Eile reagieren mussten. Auch auf den Plan des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius (SPD), aktuell unbegleitete jugendliche Flüchtlinge von den griechischen Inseln zu holen, könnten die 36 Landkreise und die Region Hannover angemessen reagieren. EPD

BUND verlangt Moratorium Gorleben. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert wegen der Corona-Krise ein Moratorium bei der Suche nach einem Endlager für den hochradioaktiven Atommüll. Durch die Pandemie hätten für das Suchverfahren wichtige rechtliche Vereinbarungen wie das Geologiedatengesetz nicht verabschiedet werden können, so der Umweltverband. Auch eine breite Öffentlichkeitsbeteiligung sei durch die Kontaktsperre zurzeit nicht möglich. »Die Corona-Krise ist sozial und wirtschaftlich eine enorme Herausforderung. Wir sollten ihr adäquat begegnen«, schreibt der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt in einem Brief an das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung. »Sie darf aber kein Anlass sein, die notwendige Transparenz und Öffentlichkeitsbeteiligung in der Atommülllager-Suche zu konterkarieren.« Konkret verlangt der BUND, dass die für den Herbst dieses Jahres angekündigte Veröffentlichung eines Zwischenberichts über mögliche Standortregionen mindestens in das Jahr 2021 verschoben wird. Die Endlagersuche war 2017 neu gestartet worden. In der Vergangenheit wurde nur der Salzstock Gorleben auf seine Tauglichkeit als Endlager untersucht. Der Standort ist wissenschaftlich umstritten, Umweltschützer bezeichnen ihn überdies als »politisch verbrannt« und fordern, dass der Salzstock aus dem Suchverfahren ausscheidet. EPD

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Fürst will 8. Mai

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Fotos: V. Macke

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HELDEN DER STRASSE »In der Krise beweist sich der Charakter«, soll Altkanzler Helmut Schmidt gesagt haben. Sechs Menschen von sechs Organisationen haben ihn in den vergangenen Wochen bewiesen. Sie haben die Stellung gehalten. An der Straßenfront. Für die Wohnungslosen. Wir stellen sie Ihnen mal kurz vor. Beispielhaft. Hundertfach stehen die Obdachlosen, die Gestrandeten und Armen jeden Abend um fünf hinterm Pavillon am AndreasHermes-Platz. Die Obdachlosenhilfe Hannover (OHH) hat dann ihren Stand aufgebaut. Es gibt Essen, gekocht vom HCC, gespendetes Obst, Getränke, Seifen und dergleichen. Ehrenamtliche geben – mittlerweile mit Mundschutz und Handschuhen ausgestattet – aus, was benötigt wird, andere sorgen

für Abstand in der langen Schlange. Kopf der Hilfe vor Ort ist Mario Cordes (49). Als Tafeln und Treffs schlossen, blieben er und seine Mitstreiter vor Ort und weiteten – gemeinsam mit anderen – ihr Versorgungsangebot aus. »Weil es einfach nicht zu verantworten wäre, die Menschen allein auf der Straße zu lassen«, sagt der einstige Asphalt-Verkäufer, der schon längst so etwas wie ein Manager der Krise ist. Im Schulterschluss mit der


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Pätzold

OHH ist nicht weit entfernt der Bauwagen vom Neuen Land. Die freikirchliche Organisation ist seit Jahrzehnten in der Hilfe für Obdachlose und Süchtige aktiv, bietet Trost, Gespräche, Getränke und Essen. Auch jetzt wieder. Einer von ihnen ist Lothar Baranek (56). Sein Brot verdient er im großen Supermarkt unweit vom ZOB. Seine Freizeit ist Helfen. Seit mehr als 20 Jahren macht er das, im Bauwagen oder im SOS Bistro in der Oststadt, das, weil es so klein ist, in der Krise geschlossen hat. Direkte Hilfe auf der Straße könne man aber immer machen, sagt er. Dazu gehöre nicht mal Gottvertrauen – obwohl er beim Neuen Land aktiv ist, sei er nicht wirklich gläubig. »Menschlichkeit braucht keine Religion, sie schadet aber auch nicht«, sagt er. Ohne Essen ist alles nichts, aber Essen ist nicht alles. Körperliche Gesundheit, Zuspruch, Zuhören, individuelle Unterstützung sind gerade jetzt in der Unsicherheit der Corona-Pandemie wichtig. »Das merken wir jetzt mehr denn je«, sagt Katharina Pätzold (35), Sozialarbeiterin bei La Strada, einer »Beratungsstelle für drogengebrauchende Frauen«, die zumindest teilweise als Sexarbeiterinnen ihr Geld verdienen. Eigentlich bietet La Strada in einem kleinen Café unweit der Langen Laube Hilfe und eine Schlafcouch. Die ist enorm wichtig, denn Prostituierte arbeiten, wenn andere Obdachlose schlafen. Wenn sie schlafen wollen, haben die Notunterkünfte zu. Das ist schon in normalen Zeiten ein Problem. Jetzt in Corona-Zeiten sind die Frauen auch ohne jede Einnahme. Pätzold ist mit ihren Kolleginnen aktuell fast ausnahmslos als Straßensozialarbeiterin unter anderem am Treff der Drogenszene am Fernroder Tunnel unterwegs. »Viele haben Grunderkrankungen. Die haben quasi abgeschlossen, sagen, sie würden ohnehin nur auf »Menschlichkeit die Ansteckung warten und dann vermutlich braucht keine sterben«, erzählt sie von Gesprächen. »Das ist Religion, sie unheimlich traurig.« schadet aber Die fehlende Unterstützung seitens offiauch nicht.« zieller Stellen kritisiert auch Florian Schulz (23) von der Selbsthilfe für Wohnungslose Lothar Baranek (Sewo). Auch die Masken, die er und seine KollegInnen tragen, sind selbstgenähte. »Im Grunde wurden die Einrichtungen – obwohl systemrelevant – anfangs sträflich allein gelassen, da gab es die Abstandsregeln, aber keiner hat gesagt, wie das laufen soll.« Mit einigen Kollegen hat er dann den Tagestreff Nordbahnhof auf eigene Faust und provisorisch wieder aufgemacht, damit Duschen und Kontakt weiter angeboten werden konnten. Denn Corona macht Angst und Unsicherheit, auch gerade bei denen, die ohnehin abgehängt sind. »Anfangs gab es noch Zuversicht in der Szene, auch die Armenspeisungen, die die Stadt mit den Verbänden organisiert hat, war definitiv hilfreich. Aber der Stress und die Unsicherheit machen die Menschen aus der Szene immer ruppiger und verzweifelter.«


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Wem es richtig dreckig geht, geht zu Franziska Walter (56). Seit 28 Jahren ist sie die Krankenschwester im Mecki-Laden der Diakonie. Sie versorgt Stich- und Schnittverletzungen, gibt Tabletten aus, versorgt chronisch offene Wunden, assistiert ehrenamtlichen Ärzten bei medizinischen Untersuchungen der Leute von der Straße. »Eigentlich war immer gut zu tun, aber früher war es ruhiger«, sagt sie. Aktuell versorgt sie täglich 25 bis 30 Personen. Im Moment natürlich immer auch mit Blick auf Lungenerkrankungen. Die ersten beiden Wochen nach dem Shutdown hat sie die Leute an der Tür behandelt, weil Schutz»Anfangs gab es vorkehrungen fehlten. Mittlerweile hat noch Zuversicht sie mit anderen vom Mecki eine »Hygiein der Szene aber ne-Schleuse« improvisiert. »Wir machen die Unsicherheit das aktuell open end, wir sind im Momacht sie immer ment sowas wie die letzte Chance«. Die, die sich an die allgemeinen Vorverzweifelter.« gaben halten, die zuhause in ihren ma­ Florian Schulz roden Unterkünften bleiben, versorgt das mobile Team von Sandra Lüke (50) mit dem Nötigsten. 110 Menschen an der Wörthstraße, rund 50 bis 60 an der Schulenburger Landstraße zum Beispiel. Aber auch obdachlose Familien in speziellen Familienobdächern. Dreimal pro Woche fährt sie mit dem privat finanzierten Transit los, verteilt Tüten und Päckchen mit Essen und Seifen. Denn der Bollerwagen, nach dem sie vor fünf Jahren ihre Organisation Bollerwagen-Café genannt hatte, reicht schon lange nicht mehr aus. »Manchmal backen wir auch Kuchen«, sagt die Wachkomapflegerin. Wir, das sind rund 15 MitstreiterInnen, alle ehrenamtlich. »Der Kuchen ist quasi wie eine Belohnung für die, die sich an die Shutdown-Regeln halten, denn wir wollen doch, dass alle nach der Pandemie noch leben.«

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Volker Macke

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Lüke a r d San

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Meine Worte

Texte aus der Asphalt-Schreibwerkstatt. Diesmal aus den jeweiligen Zuhauses. Denk ich an Corona und Co …

Illustration: Designua/shutterstock.com

Höflich! – Alternativlos? Ja, auch ich gehöre altersbedingt zu der Risiko-Gruppe, die über Vorerkrankungen gefährdet ist. Das gilt nicht nur für das Corona-Virus, sondern für alle ähnlich wirkenden Krankheitserreger wie die jährlich, immer wieder zigtausend Todesopfer fordernde Grippe. Virologen sagen, das Corona-Virus sei aggressiver. Da keine ausreichenden Testreihen durchgeführt bzw. nicht statistisch exakt veröffentlicht sind, stochern die Entscheidungsträger im Dunkeln, halten Kontaktverbote (oder noch schlimmere Freiheitsbeschränkungen) für »alternativ­los«. Die Regierenden haben zuvor das Gesundheitssystem runtergefahren und beklatschen jetzt scheinheilig die Pflegekräfte.

Angst

Für mich und meinem eigenen Schutz gilt also:

halten.

wäre suboptimal,

Asiaten sind so freundlich, mit Gesichtsmasken

ihr Gegenüber nicht mit ihrem Atem zu belästigen. Mehr an

Angst lähmt

»Schutz« bieten diese »Höflichkeit«-Masken leider nicht.

das brauche ich nicht.

Heinz-Dieter (HaDe)

Micha

Schwere Es fällt mir schwer, mich auf das Nötigste zu beschränken. Gute Gespräche, das fehlt mir. Ich bin froh, dass wir uns haben, in dieser schwierigen Zeit nicht alleine sind. Auch unsere Hunde merken, dass sich etwas verändert hat. Wir versuchen uns jeden Tag auf das Möglichste zu beschränken, aber die Angst bleibt. Bleibt Michael

Abstand

gesund!


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Die schwere Zeit Das Leben geht vorbei an mir.

Eingesperrt Vielleicht muss man keine

Meine Kunden sind meine Freunde.

Angst

vor dem Tod

haben. Fast alle machen einfach mit. Den eigenen Verstand ausschalten! Keine Verantwortung übernehmen! Ich übernehme die alleinige

Verant-

wortung für mich. Als Kind hatten sie meine El-

Da sind meine Gedanken.

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Was wünsche ich mir zum Geburtstag? Dass ich alle gesund sehe.

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Wolfgang

tern. War ich anderer Meinung, sperrte meine Mutter mich in die Besenkammer. Erst wenn ich aufhörte zu schreien, ließ sie mich wieder raus. Gab ich ihr nicht recht, wurde ich wieder eingesperrt. Alkoholkrank wurde ich später eingesperrt. Von der Polizei in eine Zelle.

Jetzt soll ich in meiner Wohnung bleiben.

Winken von der Bank

Ich bin 69. Total gesund! Nehme keine Tabletten, Fahrrad. »Keine Macht für Niemand« von Rio Reiser:

Morgen setze ich mich als Tom auf meinen Platz

Das Lied wünsche ich mir zur Beerdigung. Da freue

und winke halt den Leuten zu. Sonst werde

ich mich schon drauf. Habe ja keine Angst vor dem

ich hier in dieser Schrotthütte erst recht krank.

Tod. Kommt ja jede Nacht, wenn ich schlafe. Viel-

Ich glaube, dass sich eine neue

spritze nichts, habe nicht viel Geld. Ich fahre so gern

leicht wird die Erde zum Paradies. Ist ja schon!

Diktatur hier in Deutschland anbahnt. Tom

Inge-Lore

Mit und Für fast still und ich fühle mich leer und völlig verloren. Wir können lernen. Lernen wieder miteinander zu leben, mehr

füreinander da zu sein. Simone

Im Rahmen der Asphalt-Schreibwerkstatt können Menschen in Grundsicherung, mit Sozialhilfe- oder ALG-II-Bezug kreativ Texte produzieren, spielerisch Ausdrucksweise und Wortschatz pflegen und insgesamt ihre sprachlichen und literarischen Kompetenzen verbessern.

Illustration: Robert Kneschke/fotolia.com

Alles hat sich verändert, die Welt steht


EUROPAS DUNKLE SEITE Moria auf Lesbos ist längst Synonym für Flüchtlingselend. Seit Corona ist es der drohende Tod. Fotografin Alea Horst war vor Ort und hat in der Enge und dem Schmutz hoffnungsvolle Menschen in Angst getroffen. Menschen, vor denen niemand Angst haben muss. 58 Kindern aus Moria will Deutschland jetzt eine Chance geben.


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Europa will sie nicht. Und kaserniert sie deshalb hinter Stacheldraht auf einer Insel in der Ägäis. Lesbos. Als Abschreckung für all die anderen auf der anderen Seite, in der Türkei, die darauf warten, weiterziehen zu können. 22.000 Flüchtlinge leben etwa zwei Kilometer vom Bergdorf Moria unweit der Inselhauptstadt Mytilini unter Planen, in Baracken und Zelten, auf den Nachbarinseln nochmal ebenso viele. Für 3.000 Menschen war das Camp und all seine sanitären Einrichtungen mal vorgesehen. 80.000 Griechen wohnen eigentlich auf der Insel. Und lange haben sie all den Fremden – typisch griechisch – so gut es ihnen selbst möglich war, Hilfe geboten. Doch die Stimmung kippt. Die Inselbewohner fühlen sich allein gelassen, die NGOs vor Ort sind überfordert und bei den Flüchtlingen macht sich Verzweiflung breit. Der nasskalte Winter ist gerade vorbei. Die meisten haben ihn in schäbigen Sandalen verbracht. Nicht alle Bewohner des Camps Moria haben es durch die kalten Monate geschafft, sie


Foto: privat

»Ich kann die Sorgen der Menschen um Klopapier und Kinderbetreuung hier zwar verstehen, aber mir fällt es schwer, sie angesichts des Erlebten als wirkliche Probleme wahrzunehmen«, sagt Fotografin Alea Horst (37) nach ihrem Besuch Ende März in Moria. »Die Westenhalde nimmt einem den Atem, wenn man auch nur kurz versucht, sich ein Schicksal hinter jeder Weste vorzustellen.« Und der heimliche Friedhof, den ihr einige Bewohner Morias gezeigt hatten, mache sie »tieftraurig, weil die Menschen selbst nach dem Tod vom Rest der Gesellschaft separiert sind. Nicht mal im Tod sind sie Teil der Gemeinschaft. Die meisten Gräber sind anonym.« Normalerweise fotografiert Horst Hochzeiten in Deutschland, manchmal aber will sie von Unglück und Elend in der Welt Zeugnis ablegen. So wie hier in Asphalt. MAC


Volker Macke

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liegen zusammen mit anderen, die schon tot aus den Fluten geborgen wurden, auf dem heimlichen Friedhof zwischen Macchie und Steineichen in den Bergen. Im Camp liege überall Müll, erzählt Fotografin Alea Horst. Manchmal meterhoch gestapelt, ein Paradies für Ratten. Es fehle an Kleidung, Schuhen und Socken. Strom gibt es – gelegentlich mal. Die Baracken und Zelte seien feucht und schimmlig. Duschen und Toiletten gibt es – zirka je eine für 250 Menschen. Und nun droht ein Virus, in der unhygienischen Enge sein grausames Werk zu verrichten. Eine Evakuierung fordern angesichts der desaströsen medizinischen Versorgung vor Ort jetzt Hilfsverbände. Das Diakonische Werk, die Caritas, Amnesty und viele andere. Sie vereinen sich derzeit hinter der Aktion #LeaveNoOneBehind. Doch ausgerechnet Corona droht aktuell die jüngst keimende Hoffnung zumindest einiger Camp-Kinder von Moria zunichte zu machen. Vor rund sechs Monaten war Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius zu Besuch. Und war offenbar so erschüttert, dass er sogleich zumindest für einige hundert unbegleitete minderjährige Kinder von Moria ein besseres Leben forderte. Etwa 7.000 Minderjährige leben dort, davon 3.000 unbegleitete. »Die betroffenen Kinder könnten zum Beispiel über ein Sofortprogramm schneller in Deutschland und andere Länder gebracht werden«, schlug er im November 2019 dem Landtag vor. Eine Koalition der Willigen in Deutschland und Europa könne sich dafür stark machen und mithilfe von Sonderkontingenten zeitnah Kinder aufnehmen. Wohlwollen gab es. Bei einigen. Nach mehreren Absagen des Bundesinnenministeriums, ein Sofortprogramm aufzulegen, hatten sich Mitte März neun EU-Staaten bereiterklärt, zumindest 1.600 besonders schutzbedürftige Kinder aufzunehmen. Dazu gehören neben Deutschland auch Portugal, Litauen, Frankreich, Luxemburg, Irland, Finnland, Norwegen und Bulgarien. Federführend sollte dabei die EU-Kommission sein. Doch die Corona-Krise legt diese Bemühungen offenbar auf Eis. Nach langem Ringen hat Deutschland jetzt 58 Kindern aus Moria eine Perspektive angeboten. 6.942 aber nicht.

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Foto: Mohssen Assanimoghaddam/dpa/Picture-Alliance

Kopf oder Bauch? Rassismus: Kopfsache oder Bauchgefühl? Eine Betrachtung von Asphalt-Mit­ herausgeber Rainer Müller-Brandes. Über die Ursprünge von Rassismus in uns und den Umgang damit – mit klarem Kopf und gutem Bauchgefühl. Unser Kopf sagt: »Ist doch Unsinn.« Weil jemand eine andere Haarfarbe oder eine andere Hautfarbe hat, soll er anders zu beurteilen sein als ich? Aufgrund weniger äußerlicher Merkmale? Natürlich weisen wir das weit von uns. Nur: Unser Bauch reagiert. Wie gehen wir damit um? Blicken wir zurück: Über lange Jahrhunderte haben wir Menschen keinen Austausch mit dem Fremden, dem Anderen gehabt. Und als es losging, begann sofort das Leid. Die Entdeckung Amerikas, die Eroberung Afrikas durch den Westen, der Beginn von Sklaverei, alles aufgrund eines scheinbar unausweichlichen Reflexes: Sieht jemand anders aus,

hat er andere Bräuche, grenze ich mich ab. Der Bauch reagiert und führt zum Rassismus. Ist die Angst vor dem Fremden oder der Wille Fremdes beherrschen zu wollen, evolutionär angelegt? Vielleicht. Auch wenn ich es nicht gerne zugebe, letztlich scheint es so zu sein: Nur Vertrautes gibt Sicherheit. »Semper idem« – so lautete der Wahlspruch eines Kardinals, der gegen die Neuerungen in der katholischen Kirche kämpfte. »Immer dasselbe, immer derselbe.« Und heute? Millionen Menschen machen sich auf, weil andere Menschen ihnen das Leben zur Hölle machen – und suchen verzweifelt Sicherheit in der Fremde. Die Zukunft ist unabsehbar, die globale Macht des weißen, westlichen Narrativs zerbricht, Autoritäten zerfallen, Geschlechtergrenzen gleich


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mit, wir schreiben Stellenanzeigen mit »m, w, d« – »d« für divers – aus. Kulturelle und religiöse Vermischung überall, die Kraft der Traditionen schwindet dahin. In dieser Situation reagiert der Bauch – und entwickelt einen Plan zur Rettung der eigenen Identität. Eine Identität etwa des Nationalen, obwohl die schon immer von Zuwanderung geprägt ist, denken wir nur an Namen wie Sarazzin oder Kowalski. Eine Identität, die dann im Rückblick schnell glorifiziert wird. Wer erinnert sich schließlich schon gern an die dunklen Zeiten, da würde schon viel Lebenserfahrung dazugehören. Identität ist wichtig, für uns alle, ohne sie geht es nicht. Aber ein übergroßes Interesse an der eigenen Identität wird schnell exklusiv und abweisend. Sie spricht anderen ab, was man für sich selbst behauptet. Immer mehr Menschen aus aller Welt kommen, suchen hier nach einem sicheren, besseren Leben. Der Bauch grummelt und fragt, ob das wohl alles so richtig ist. Deshalb reicht der Bauch nicht. Wir leben in einer Zeit, in der wir mit Flugzeugen in die entlegensten Winkel der Welt fliegen, in einer Zeit, in der Menschen aus aller Welt zu uns kommen. Deshalb muss die Begegnung mit dem Anderen – mit dem Fremden – Teil unserer Kultur werden. Dafür brauchen wir unseren Kopf, Bauchgefühle sind schließlich nicht alles. Aber das Ganze braucht Zeit, weil der Bauch erst mal verdauen muss, dass sich die Zusammensetzung unserer Gesellschaft binnen einer einzigen Generation grundlegend verändert hat. Als ich jung war, hatten wir in meiner Klasse einen Franzosen – für uns Kinder war er sowas von exotisch. Heute bilden Kinder von Eltern, die nicht in Deutschland geboren sind, in nicht wenigen Klassen die Mehrheit. Ja, das Ganze braucht Zeit. Zeit, die wir nicht haben. Deshalb ist es umso wichtiger, den Kopf anzuschalten. Auch bei den gegenseitigen Erwartungen. Kulturelle Gewohnheiten sind manchmal gegensätzlich, Konflikte bleiben dabei nicht aus. Manches ist zu akzeptieren, anderes nicht.

Trotzdem ist klar: Unsere Welt ist ohne Migration nicht denkbar. Auch die Entwicklung der Welt nicht. Unsere jüdisch-christliche Tradition wäre ohne Migration nicht existent. Schon die Bibel weiß: Migration ist vielschichtig. Mal ist sie mit Verheißung verbunden: Abraham wurde eine neue Heimat versprochen, in die er ziehen sollte. Auftrag von oben. Mal ist sie negativ konnotiert, etwa als Folge von Vertreibung: Abrahams Sohn Ismael wurde mit seiner Mutter in die Wüste geschickt. Weil sie störten. Das Volk Israel, der Überlieferung nach aus Abraham hervorgegangen, wurde zum Wirtschaftsflüchtling, weil es zu wenig zu essen hatte. Und selbst Maria und Josef mussten mit dem Jesuskind Asyl suchen, weil sie verfolgt wurden. In solchen Zeiten der Migration seine Wurzeln zu behalten, auf sein Bauchgefühlt zu achten, und (!) den Kopf einzuschalten, um gemeinsam der »Stadt Bestes zu suchen«, wie es Prophet Jeremia ausgedrückt hat, davon berichtet die Bibel. Beides ist wichtig. Uraltes, nur eben manchmal vergessenes, menschliches Wissen ist das, das im Neuen Testament durch Paulus seine christliche Begründung erfährt. »Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann und Frau, denn ihr seid allesamt eins in Christus Jesus.« (Galater 3,28), sagt er. Völlig undenkbar, völlig unmöglich in der damaligen Zeit, so etwas zu sagen. Paulus, das Christentum war seiner Zeit weit voraus. Bis heute? Immerhin, der Gedanke, eine Idee, ein Fundament, das Eingang in viele Köpfe, sogar in unser Grundgesetz gefunden hat. Gleich im ersten Artikel. Darauf will ich setzen.

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Foto: Ingo Pertramer

DNA OHNE POLITIK Fünf Jahre ohne neue Musik von Thees Uhlmann sind vorbei. Jetzt ist sein gefeiertes Album »Junkies und Scientologen« erschienen. Der ehemalige Tomte-Sänger über späten Ruhm, Tote Hosen, Gerichtsvollzieher und die neue Gelassenheit, die – mit Verlaub – unglaublich gut zu seiner neuen Frisur passt. Hi Thees, »Junkies und Scientologen« jetzt also, klingt ziemlich gut. Man hört, du hast jahrelang wie der Teufel Lieder geschrieben und sie dann tatsächlich alle wieder in die Tonne gekloppt. Stimmt das?

Ja, so war das tatsächlich. Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich keine Verbindung mehr zu den Songs hatte, die ich geschrieben habe. Vielleicht hätte ich da mehr auf mich hören sollen und nach dem Schreiben meines Buches »Sophia, der Tod und


Deshalb also dann beispielsweise ein Lied über einen Mann, der Frauen nach Hip Hop-Videodrehs nach Hause fährt? Ist der neue Thees Uhlmann ein Flaneur und Beobachter von Alltagsszenen? Vielleicht. Nimm den Song »Junkies und Scientologen«, nach dem ja auch das neue Album benannt ist. Darin geht es ja wirklich von der größten Ordnungseinheit, Gott bzw. Kirche, bis zur kleinsten Micro-Einheit, Freundschaft. Ich zähle darin Namen von Freunden auf, die keiner kennt. Gut, man könnte mir da vorwerfen, dass ich zu offen bin in meiner Kunst, mich in meinen Texten plötzlich auch an die dunklen Plätze des Lebens traue. Das kannte man so vielleicht nicht von mir. Aber mal ganz ehrlich: Ich lehne es ab, dass Künstler normal und berechenbar sein müssen. Meine erste Aufgabe als Künstler ist es doch nicht erfolgreich zu sein, sondern da hinzugehen, wo sich zwischenmenschliche Phänomene abspielen. Meinetwegen auch menschliche Tragödien. Den Blick dafür zu schärfen und sich dabei selbst auch mal zurücknehmen zu können, das ist eine Art von Gelassenheit, die ich erst an mir entdecken musste.

Du stammst aus dem kleinen Ort Hemmoor in Niedersachsen und hast bereits zu Schulzeiten angefangen, Musik zu machen. Unter anderem wegen deiner Band Tomte, die du 1994 gegründet hast, hast du schließlich dein Lehramtsstudium aufgegeben, um weiterhin nur noch Musik zu machen. Hat es sich gelohnt? Oder: Was bedeutet dir das, dass du jetzt – mit 46 Jahren – soviel Wertschätzung bekommst? Eigentlich habe ich mit Musikmachen angefangen, weil mir einfach unfassbar langweilig war in meinem Nest im Landkreis Cuxhaven. Und dann hatte ich eben – im Nachhinein betrachtet – gut 25 Jahre lang Zeit zu üben. Und das war enorm wichtig. Jeder 27-Jährige will doch heute sofort die große Karriere machen. Auch, wenn ich das nachvollziehen kann, bin ich froh, dass es bei mir – übrigens ähnlich wie bei Marcus Wiebusch und Sven Regener – aus irgendeinem Grund anders gelaufen

ist: Es ist wirklich wunderschön, dass ich mit 46 so berühmt bin wie noch nie. Heute sind Rockbands ja oft zwischen 25 und 35 Jahre alt, powern sich aus, lösen sich auf, weil irgendjemand keinen Bock mehr hat und wenige Jahre später ist von dem ganzen Ruhm und Geld nichts mehr übrig. Da ist es doch um so vieles lustiger, wenn das umgekehrt passiert: Denn das ist normalerweise im Rock‘n‘Roll gar nicht vorgesehen. Wenn bei anderen die Karrieren schon vorbei sind, lege ich los. Und das genieße ich gerade sehr. Und: Ich glaube, dass mein Gehirn inzwischen so gefestigt ist, dass ich den Rummel ganz gut aushalten kann. Ein großer Vorteil, wenn man ein so unstetes Künstlerleben führt und heute mal hier ist und morgen dort.

Aber je berühmter man ist, desto mehr hat man vielleicht auch eine Vorbildfunktion als Künstler. Viele Bands, wie beispielsweise die von dir sehr geschätzten Toten Hosen, nutzen ihre Konzerte, um politische Statements zu verbreiten und vor ihren Fans Haltung zu zeigen. Wie ist da dein Anspruch? Natürlich bin auch ich ein politischer Mensch und habe eine eigene Meinung. Aber – und das habe ich schon häufiger gesagt – sehe ich mich nicht in dieser Tradition von Bands, bei denen die politische Agitation total in der DNA verankert ist und auch zur Bühnenpräsenz gehört. Ich würde es fast als Frevel gegenüber den Toten Tosen oder Bands wie Bessere Geschichten Feine Sahne Fischfilet empfinden, die sich da und schönere Gedichte seit Jahren an der polials auf der AfD-Kundtischen Front engagiegebung. ren, wenn ich ab und zu mal von der Bühne her­ unter ein schlaues Statement loslassen würde. Das käme mir vor wie so ein PR-Gag, eine miese Marketing-Aktion. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich damit sowieso rein gar nichts bewirken würde. Mein Weg ist da ein anderer. Ich versuche meine Kunst so gut zu machen, wie es irgendwie geht. Ich möchte die Menschen einladen, daran teilzunehmen. Und wenn sie verstehen, dass sie auf meinen Konzerten die besseren Geschichten, die schöneren Gedichte und die interessanteren Menschen kennenlernen als beispielsweise auf AfD-Kundgebungen, dann habe ich mein Ziel erreicht. Ich glaube nämlich fest daran, dass viele Menschen, die rechtsradikale Par-

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ich« mal eine Pause machen sollen. Aber irgendwie dachte ich, es muss sofort weitergehen. Es gibt offenbar ein künstlerisches Grundgefühl, das man nicht ignorieren sollte. Auch thematisch habe ich mich zu der Zeit als Mensch in eine ganz neue Richtung entwickelt. Während ich in meinen Songs immer noch die ganz großen Themen angepackt habe, habe ich mich in Wirklichkeit eher für die kleinen, greifbaren Dinge des Lebens interessiert. Je älter ich werde, desto mehr möchte ich mich offenbar an Dingen abarbeiten, die ganz konkret sind. Mal ganz davon abgesehen, dass ich mich seit fünf Jahren nicht mehr verliebt habe. Warum sollte ich also darüber singen? Momentan sind mir meine Freunde beispielsweise vielleicht wichtiger, überlege ich dann.

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Foto: Anemone Träger

Asphalt-Kollegin Christina Bacher findet Thees Uhlmanns neue Frisur ziemlich lässig.

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a m n e s t y a f t e r wo r k Schreiben Sie für die Menschenrechte – gegen Verfolgung, Gewalt und Folter

Gemeinsam für die Menschenrechte Sie können helfen: Wir laden Sie herzlich ein, uns montags zu besuchen. Lassen Sie Ihren Tag mit einer guten Tat bei Kaffee, Tee und Gebäck ausklingen, indem Sie sich mit Faxen, Petitionen oder Briefen gegen Menschenrechtsverletzungen in aller Welt einsetzen. Öffnungszeiten: Montag 18 bis 19 Uhr after work cafe Dienstag 11 bis 12 Uhr, Donnerstag 18.30 bis 19.30 Uhr amnesty Bezirksbüro Hannover Fraunhoferstraße 15 · 30163 Hannover Telefon: 0511 66 72 63 · Fax: 0511 39 29 09 · www.ai-hannover.de Spenden an: IBAN: DE23370205000008090100 · BIC: BFSWDE33XXX Verwendungszweck: 1475

teien wählen, kein politisches, sondern ein psychisches Problem mit sich herumtragen. Denen geht es nicht gut. Man sollte ihnen bunte, farbenfrohe Alternativen …

Dennoch hast du – parallel zum neuen Album – gerade ein neues Buch vorgestellt, das quasi eine Hommage an die Toten Hosen darstellt, deren Fan du bereits als Junge warst. Es ist ja nicht meine Idee gewesen, dieses Buch zu schreiben. Ich wäre niemals so vermessen gewesen, das vorzuschlagen. Ich wurde von meinem Verlag gefragt, habe erst einmal schlucken müssen und lange über das Angebot nachgedacht. Diese Band hat mich, wie keine andere, mehr als 30 Jahre meines Lebens begleitet und mich musikalisch sehr geprägt. Mein allererstes Konzert war ein Hosen-Konzert! Und plötzlich hat es mich selbst interessiert, mein Leben zu erzählen und die Hosen dabei in den Fokus zu nehmen. Das Ganze ist mir fast ein bisschen peinlich, weil es sich wie der bekannte amerikanische Traum anfühlt. Der Deal, auf den ich mich einlassen konnte, lautete: Ich schreibe das Buch, die Band liest das Manuskript und kann es komplett ablehnen – dann erscheint es auch nicht. Das haben sie aber nicht getan.

Du hast nach deinem abgebrochenen Studium zunächst in der Altenpflege gearbeitet und dich dann so durchgeschlagen. Dabei hast du nicht nur rosige Zeiten erlebt und – so habe ich jedenfalls gelesen – sogar mal Besuch von einem Gerichtsvollzieher gehabt. Hast du deshalb vielleicht auch eine Vorstellung davon, wie es sich anfühlt, wenn sich die Abwärtsschraube zu drehen beginnt und man beispielsweise obdachlos wird, wie viele unserer Straßenzeitungsverkäufer? Ja und nein. Grundsätzlich hat Geld in meinem Leben nie eine große Rolle gespielt, ich kann damit einfach nichts anfangen. Ich weiß, dass ich als Altenpfleger damals 100 D-Mark schwarz verdient habe. Dann hört es auch schon auf mit der Einschätzung, was jemals so reingekommen und rausgegangen ist. Ich hatte nie teure Hobbys. Ich besitze kein Auto. So bin ich immer irgendwie über die Runden gekommen. Dafür hatte ich immer schon Probleme damit, meine Briefe zu öffnen. Ich weiß also was passiert, wenn du die Post einfach ungeöffnet liegen lässt. Dann kommt tatsächlich irgendwann der Gerichtsvollzieher. Der hat sich übrigens ziemlich gewundert, dass ich die ausstehen-


Heute bist du Vater einer 14-jährigen Tochter. Welche Werte möchtest du ihr mitgeben? Ich möchte ihr vor allem das Gefühl geben, dass sie sich bei mir sicher fühlt. Und, dass sie es mir immer sagen kann, wenn es ihr nicht gut geht. Meine Tochter hat mich schon häufiger gefragt, wie man auf der Straße landet und wie man aus so einer Situation wieder rausfindet. Wir wohnen ja aktuell in Berlin, da gehört Armut mit zum Stadtbild. Ehrlich gesagt, empfinde ich die Kreuzberger manchmal als so pseudo-liberal und hippiemäßig verpeilt, im Sinne von jeder, so wie er will, dass die ihre direkte Umgebung mit all diesen Problemen noch nicht mal mehr wahrnehmen: Niemand scheint etwas dagegen zu unternehmen, dass es immer mehr Junkies gibt. Exkremente in den U-Bahnstationen, Spritzen auf dem Bahnsteig – alles egal – Heroinrauchen nachmittags um Drei auf Parkbänken. Manchmal denke ich, ich habe in Berlin inzwischen mehr offene Beine gesehen als mein Großvater im Ersten Weltkrieg. Aber scheinbar ist das allen egal. Die Stadt freut sich, dass es sich auf Kreuzberg beschränkt, die Kreuzberger freuen sich, dass sie sich als tolerant wahrnehmen.

Im Grunde ist das ja auch die Botschaft deines Songs über den schwedischen Musiker Avicii, der sich mit 28 Jahren das Leben nahm. Trotz seines großen Erfolgs und seines Reichtums hat er es nicht geschafft, über sein psychisches Tief hinwegzukom-

Ja, davon handelt dieser Song. Selbst wenn die Kacke am Dampfen ist, kann man Hilfe von irgendwoher bekommen, davon bin ich überzeugt. Und ganz ehrlich: Wenn mir jemand erzählt, dass er an einer psychischen Erkrankung leidet oder das Konto mal wieder leer ist, finde ich diesen Menschen automatisch schon besser als vorher. Warum? Weil er seine Furcht vor Sanktionen überwunden hat. Davor habe ich einen großen Respekt. Scham und Angst entstehen ja nur durch die diffuse Angst vor Sanktionen. Und wenn man sich erstmals traut, über seine Probleme zu sprechen, ist das ein guter erster Schritt, sich in Zukunft wieder mehr zuzutrauen.

Apropos Zukunft: Was wünschst du dir? Auch und gerade wenn der Erfolg anhält? Ich möchte mich weiterhin selbst spüren. Als Künstler ist es mir gerade nicht vergönnt, ein normales Leben zu führen – ich meine damit ein bürgerliches Leben, das ja viele anstreben. Und dennoch mag ich mein Leben, so wie es jetzt ist, sehr. Und ich möchte mir die Erkenntnis bewahren: Mal ist das Leben gut und mal ist es schlecht. Mit diesem Wissen kann ich sehr gelassen in die Zukunft schauen. Relativ neu ist für mich auch, dass ich dieses Streben nach Glück komplett aufgegeben habe. Und das macht mich tatsächlich glücklicher – so absurd es klingt. Überhaupt finde ich, dass das Leben durch den drohenden Tod automatisch immer ein bisschen sexier wird. Und das sind doch phantastische Aussichten.

Herzlichen Dank fürs Gespräch. Interview: Christina Bacher/Draußenseiter

Wärst du nur zu mir gekommen Hättest mich gefragt Eine Gallenblase ist nicht wichtig Nur der nächste Tag Wir grüßen dich, Avicii Mit der Faust fest erhoben Spiel noch einen Song Alles Gute kommt von oben Du wartest auf die Liebe Und ich auf das letzte Bier Der Platz am Tresen neben mir bleibt heute leider leer Eine gute letzte Reise, zum Abschied leise winken Elektronische Musik kann man sich so selten schöntrinken Aus: Avicii.

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men. Offenbar hatte er da niemand, an den er sich wenden konnte ….

Foto: Ingo Pertramer

den Rechnungen sofort beglichen habe, als er danach fragte. Und natürlich erinnere ich mich noch gut an Zeiten, in denen ich keine Krankenversicherung hatte und mir mein Freund Marcus Wiebusch Pizza gebacken hat, weil ich nichts zu essen im Haus hatte. Aber: Ich habe auch damals keine wirklich existenzielle Not empfunden, sondern – im Rückblick betrachtet – den Lebensstil eines Künstlers auch ein bisschen zelebriert.

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Foto: Joachim Hasche

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FÜR MEHR WÜRDE Der Besuch beim Friseur – für viele Normalität. Doch gerade Obdach- und Wohnungslose können sich das oft nicht leisten. Die Barber Angels springen ein. Sie bieten bedürftigen Menschen den Haarschnitt zum Nulltarif. Und geben so ein bisschen Würde zurück. Auf den ersten Blick wirken sie wie eine Rocker-Gang. Sie haben schwarze Lederkutten an, besetzt mit Aufnähern. Auf der rechten Seite stehen mit weiß gestickten Buchstaben Land und Bundesland, in dem sie tätig sind. Auf Brusthöhe kann man den Verein B.A.B und den Namen des Mitglieds lesen. Ebenfalls aufgestickt in weißer Schrift. Doch ihr Markenzeichen sind nicht Schopper oder Bikes. Sie benutzen Kamm, Schere und Föhn. Und sie tun Gutes damit, die Mitglieder des Vereins »Barber Angels Brotherhood«. Sie geben obdachlosen und bedürftigen Menschen ein besseres Gefühl. Durch frisch gestylte Haare und gestutzte Bärte. Wie auch Carola Kherfani.

Aufmerksam geworden auf den Club ist die gelernte Friseur-Meisterin durch Facebook-Posts einer Bekannten. Weil sie das Projekt so toll fand, wollte sie unbedingt dabei sein. Vor fast genau zwei Jahren hatte sie schließlich ihren ersten Einsatz. Zunächst als Gast-Engel. Es war der 3. März und die Temperaturen waren extrem niedrig. Minus zwölf Grad hatte das Thermometer damals angezeigt. Frisiert wurde in einem Zelt. »Weil es so bitterkalt war, sind nur sehr wenig Gäste an diesem Tag gekommen«, erinnert sich die 39-Jährige. »Aber ein Gast war dabei, dem durfte ich die Haare schneiden. Als der mir sagte, dass ich das ja ordentlich machen soll, weil ich sonst Ärger be-


Foto: Joachim Hasche

Foto: G. Biele

Barber Angel Carola Kherfani frisiert

Das Chapter in Niedersachsen zählt fast 20 feste Mitglieder. Bei ihnen sind Gäste,

Obdachlose und Bedürftige kostenlos.

aber auch Zuwachs in den eigenen Vereinsreihen herzlich willkommen.

kommen würde, geriet ich erstmal voll in Panik«, erzählt Kherfani. Aber sie lieferte gute Arbeit ab. Nach einem Blick in den Spiegel wollte der Gast sie einfach nur in den Arm nehmen. Aus Dankbarkeit. »Er sagte mir, dass er sich im Spiegel wiedererkannt hat. Dabei hatte er richtig Tränen in den Augen. Ich war fix und fertig«, erinnert sich die dreifache Mutter. Tränen gab es am Abend dann nochmal. Denn der Tag hat Spuren hinterlassen bei Kherfani: »Als ich zuhause war, habe ich mich als erstes in die wärmende Badewanne gelegt. Dabei musste ich an die armen Menschen denken, die nachts draußen schlafen müssen. Ich fing an zu heulen und dachte nur: Und ich mache mir ins Hemd, wegen dreieinhalb Stunden frisieren in der Kälte.« Die Friseurin kommt ins Grübeln, ob sie weiterhin bei solchen Einsätzen mitmachen soll. Ob sie es seelisch verkraften würde. Doch nach ein bisschen hin und herüberlegen steht fest: Kherfani ist dabei. Sie wird ein Barber Angel.

Aktiv in fünf europäischen Ländern Die Idee der Barber Angels stammt von Claus Niedermaier aus Biberach an der Riß. Gemeinsam mit befreundeten Kollegen gründete der Friseur am 27. November 2016 den Club »Barber Angel Brotherhood«. Seit November 2017 ist er als Verein beim Registergericht in Ulm eingetragen. Und als gemeinnützig anerkannt. Niedermaiers Motto: Menschen, denen es nicht so gut geht, die am Rande der Gesellschaft stehen, mit viel Engagement und Herz ein Stück Würde zurückgeben. Sie durch einen

gepflegten Haarschnitt aufrechter gehen lassen. Mittlerweile zählt der Verein mehr als 400 Mitglieder in fünf europäischen Ländern. In Deutschland, Österreich, Spanien, den Niederlanden und der Schweiz. Hauptsächlich gehören ihm Friseurinnen und Friseure an. Aber auch Freiwillige, die sonst nichts mit dem Friseur-Beruf zu tun haben, sind dabei. Sie alle tragen die gleiche Uniform, denn bei ihren Einsätzen sind alle gleich. Vom obersten Chef der Gemeinschaft bis hin zum kleinsten Lehrling. Und die Westen, die eher an eine Biker-Kluft erinnert, soll den Gästen mögliche Berührungsängste nehmen. Deshalb bekommt jeder Vereinskollege Zugriff

Ansprechpartner Einsatztermine der Barber Angels finden Interessierte an den Schwarzen Brettern gemeinnütziger Organisationen wie Caritas und Diakonie oder in Bahnhofsmissionen und Kirchengemeinden. Zuständig für die Buchungen von Einsätzen der ehrenamtlichen Engel sind: - für Hannover, Göttingen, Niedersachsen: Carola Kherfani – 0178-7257118 - für Bremen, Oldenburg, nordwestliches Niedersachsen: Concettina Michaelis – 0177-1907824.


100 Prozent Aufmerksamkeit Über die Ländergrenzen hinaus ist auch Concettina Michaelis im Auftrag der Barber Angels Brotherhood unterwegs. Die 47-jährige Friseurmeisterin ist Zenturio in Bremen. Doch weil es im nördlichen Niedersachsen noch keinen eigenen Barber-Chef gib, bedient sie diesen Teil des Landes mit. Dafür stehen ihr unter anderem Gast-Engel zur Verfügung. Zwei in Oldenburg, in Leer, Aurich und Nordenham. Aber auch hier dürften es gerne noch mehr werden, denn Einsätze und Charity-Anfragen gibt es auch im Norden reichlich. So sind Concettina und ihre sieben festen Engel unter anderem regelmäßig auf dem jährlichen Wohnungslosentreffen in Freistadt, auf dem Bremer Bahnhofsvorplatz, aber auch in der Christuskirche in Vegesack tätig. Erschreckend für Concettina ist, dass nicht mehr nur Obdachoder Wohnungslose die Dienste der Barber Angels in Anspruch nehmen. »Es kommen auch immer mehr ältere Menschen zu uns, die von Altersarmut betroffen sind«, merkt sie an. Eines haben sie aber alle gemeinsam: »Nachdem unsere Gäste einen tollen neuen Haarschnitt bekommen haben, gehen sie gleich viel aufrechter«, so die Bremer Friseurin weiter.

Laut Brotherhood-Satzung soll jeder Engel wenigstens ein Mal pro Monat einen Einsatz mitmachen. Kherfani war im vergangenen Jahr auf 18. So auch beim Sommerfest für Obdachlose im Stadion von Hannover 96. An ein für sie besonders emotionales Ereignis kann sie sich noch ganz genau erinnern: »Ich hatte einen Gast, der war schon vier Jahre nicht mehr beim Friseur. Beim Haare schneiden schlief er immer wieder ein. Dabei viel sein Kopf ständig nach vorne. Meine Kollegin musste mir helfen und seinen Kopf festhalten. Als ich fertig war, meinte der Gast zu mir, dass er schon lange nicht mehr so tief und fest geschlafen habe. Ich war richtig gerührt. Ich musste abbrechen, weil ich mal wieder heulen musste.« Im Gegensatz zu normalen Friseur-Besuchern, bekommen die Gäste der Barber Angels die volle Aufmerksamkeit beim Frisieren. Paralleles Arbeiten an zwei Personen gleichzeitig gibt es nicht. Erst wenn ein Gast fertig ist, kommt der nächste dran. Angeboten wird alles, außer Färben: Waschen, Schneiden, Föhnen, Bart rasieren. Aus versicherungstechnischen Gründen allerdings nicht mit dem Rasiermesser, sondern mit der Haarschneidemaschine. Und eine ausgiebige Kopfmassage ist auch noch drin. Als Lohn bekommen die Engel Umarmungen, Lob und wiederkehrende Gäste. Geld gibt es nicht. »Ehrenamt heißt das Zauberwort«, erklärt Kherfani lachend. »Im Gegenteil. Wir zahlen Beiträge für die Mitgliedschaft im Verein«, so die Friseurin weiter. Monatlich sind das 15 Euro, fürs ganze Jahr 180 Euro. Kherfani ist mit Leib und Seele ein Barber Angel. Und auch die Familie hat sie bereits für ihre Leidenschaft begeistern können. »Mein Mann und meine Tochter sind Orga-Engel und auf vielen Einsätzen mit dabei. Mein 16-jähriger Sohn ist Ocululs, also Fotograf bei den Engeln. Selbst der Kleinste, mein achtjähriger Sohn, macht schon mit«, erzählt die Ehefrau und Mutter stolz. Berührungsängste hat sie bei ihren Einsätzen nicht. »Für mich sind unsere Gäste alles Menschen wie du und ich. Nur hatten die meisten von ihnen einfach nicht so viel Glück gehabt«, merkt die Friseurin an. Deshalb will sie ihnen ein bisschen was von ihrem abgeben: »Wenn es einem selber gut geht, dann kann man auch Menschen, denen es nicht so gut geht, etwas wiedergeben. So ein Haarschnitt gibt ganz viel Selbstwertgefühl wieder. Ehrenamt sollte viel größer geschrieben werden. Das tut nämlich niemandem weh.« Die Dankbarkeit der Gäste und das Leuchten in ihren Augen sind für Kherfani der schönste Lohn für ihre Arbeit als Barber Angel. Grit Biele/StreetLIVE*

*StreetLIVE ist eine Kooperation von und

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auf eigene Barber Angels-Bekleidung. Aber auch Zugang zum Schulungskonzept der Bruderschaft und seinen Barber Angels-Namen. Der Verein finanziert sich durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Lizenzen. Diese Gelder werden ausschließlich verwendet, um Material für Einsätze, Versicherungen, Messeaktivitäten, Mitgliederwerbung, Werbemittel und Verwaltung sowie satzungsbedingte Zuwendungen zu finanzieren. Auf Carola Kherfanis Arbeitsweste steht Kalinka. Sie hat als Engel-Name einen Nickname gewählt. Außerdem prangen noch die Wörter Apostel und Zenturio auf der Kutte. »Jeder von uns ist ein Apostel. Das steht also bei allen drauf. Und Zenturio ist die Bezeichnung der Chefs der jeweiligen Bundesländer. Gemeinsam mit meiner Braunschweiger Kollegin Melli bin ich Zenturio für Niedersachsen. Und ich bin komplett für Hannover zuständig«, erklärt Kherfani. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem die Organisation und Leitung der verschiedenen Einsätze. »Und ich muss auch immer dafür sorgen, dass ich genug Friseurinnen, Friseure und auch Orga-Engel zusammenbekomme«, ergänzt die dreifache Mutter. Dafür kann sie in Niedersachsen auf 19 Vereinsmitglieder zurückgreifen. »Damit sind wir in Hannover zwar ziemlich gut aufgestellt, trotzdem reicht das noch immer nicht aus. Auch deutschlandweit sind wir noch zu wenig Engel«, betont Kherfani. Denn es gibt mittlerweile so viele Aufträge, dass sie fast jedes Wochenende zu irgendwelchen Einsätzen fahren könnte. Deshalb helfen sich die Barber Angels untereinander aus und frisieren ihre Gäste auch mal Bundesland übergreifend.

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AUS DER SZENE

Krankenbetten für Obdachlose

Foto: Monika Nordhorn/Caritas

Hannover. Für Obdachlose, die sich nach einem Krankenhausaufenthalt in einem häuslichen Umfeld kurieren müssten, gibt es eine weitere so genannte Krankenwohnung. Die Caritas in Kirchrode hat jetzt die dritte Einrichtung dieser Art eröffnet. Fünf Zimmer auf 130 Quadratmetern. Die beiden seit längerem bestehenden Einrichtungen der Diakonie »Kurve 1« und »Kurve 2« in Misburg und Döhren sind längst voll belegt. Nach Brüchen, Krankenhausaufenthalt, bei einer körperlichen Einschränkung oder einer Erkrankung, die ein Leben auf der Straße oder in einer Gemeinschaftsunterkunft gänzlich unmöglich machen, dienen Krankenwohnungen bestenfalls zur Genesung. »Unterstützt wird das neue Projekt durch die Region Hannover, den Verein SIDA sowie die Ricarda und Udo Niedergerke Stiftung. »Die Liegezeiten in

Kliniken haben sich in den letzten Jahren dramatisch verkürzt, ja fast halbiert. Blutige Entlassung ist die Folge«, so Udo Niedergerke, selbst Internist. »Für wohnungs- und obdachlose Menschen eine Katastrophe. Wundheilungsstörungen, Infektionen bis zur Blutvergiftung sind die Folge. Da ist eine Krankenwohnung, wo die Nachbehandlung erfolgen kann, lebensrettend.« MAC

Ersatz für Tafeln gefordert Hannover. Menschen, die Transferleistungen beziehen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können, leben während der Corona-Krise in wirtschaftlich noch angespannteren Verhältnissen als sonst. Ein entscheidender Grund ist der Wegfall des Tafel­ angebotes, ein entscheidendes Standbein für Hartz-IV-Bezieher und Menschen in Grundsicherung. Die Linke fordert daher jetzt die Transferleistungen mindestens temporär aufzustocken und Sanktionen bei Verstößen gegen Auflagen während der Dauer der Pandemie auszusetzen. MAC

96plus stärkt „Kultur­ begleiter*innen“ Der Kulturschlüssel Niedersachsen sucht „Kulturbegleiter*innen“. Bereits seit Anfang der Saison 19/20 kooperieren 96plus und der Behinderten-Sportverband Niedersachsen e.V. im Projekt Kulturschlüssel Niedersachsen. Das Konzept ist einfach: Der Kulturschlüssel vermittelt Begleitungen für Menschen mit Behinderungen zu Kultur- und Sportveranstaltungen. Im Mittelpunkt stehen das gemeinsame Erleben von Kultur und Sport und eine Begegnung auf Augenhöhe. Dabei ermöglicht ein Kulturspender wie beispielsweise Hannover 96 den gemeinsamen kostenfreien Besuch der Veranstaltung. So hatte 96plus in dieser Saison schon mehrere begeisterte Gruppen zu Gast, die Heimspiele von Hannover 96 in der HDI Arena besucht haben, zuletzt beim Heimspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden. Das Projekt Kulturschlüssel Niedersachsen sucht aktuell noch „Kulturbegleiter*innen“. Ihr habt Lust, Menschen mit Behinderungen zu Kultur- oder Sportveranstaltungen ehrenamtlich zu begleiten? Dann meldet Euch unter kleier@ bsn-ev.de bei Pauline Kleier.


Ja Hallo? Es ist Corona-Zeit. Inzwischen hat die Ange­ legenheit an Dramatik zugenommen, und die von der Politik getroffenen Maßnahmen haben unseren Alltag einschneidend verändert. Eine Wahl haben wir nicht, wir müssen uns fügen. Damit möglichst viele überleben. Wobei wir meiner Meinung nach so richtig einschneiden­ de Maßnahmen deshalb ertragen müssen, weil es anfangs zu viele Menschen gab, die sich nicht an die geltenden Vorschriften gehalten haben. Dass darunter nun alle leiden müssen, ist schlimm. Jetzt wird wieder gelockert. Darüber können wir froh sein, muss erstmal reichen. Reißt euch mal zusammen! Es gibt wieder einmal so vieles, was ich nicht verstehe. Warum klaut jemand massenweise Mundschutz und Desinfektionsmittel? Wie primitiv ist das denn? Und warum haben Menschen in Krankenhäusern überhaupt Gelegenheit, diese Dinge massenhaft zu stehlen? Warum verschwinden dringend benötigte Schutzanzüge plötzlich oder werden extrem überteuert angeboten? Es gibt so viele Menschen, die dringend einer Hilfe bedürfen. Es wäre wirklich wunderbar, wenn in einer Notsituation wie dieser viele zusam­ menhielten. Karin Powser

Karin Powser lebte jahrelang auf der Straße, bevor ihr eine Fotokamera den Weg in ein würdevolleres Leben ermöglichte. Ihre Fotografien sind mittlerweile preisgekrönt. Durch ihre Fotos und mit ihrer Kolumne zeigt sie ihre ganz spezielle Sicht auf diese Welt.

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Das muss mal gesagt werden …

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BRIEFE AN UNS

Zu Asphalt 01/20 Titelthemen 2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

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Zu Asphalt 02/20 Allgemein 2,20 EUR davon 1,10 EUR Verkäuferanteil

Besonders lesenswert

Der Inhalt dieser Asphalt ist besonders lesenswert. Die drei Titelthemen sind so gut! WIR KINDER VOM LAGER Beispielhaft wird das Obdachlosenlager Vinnhorster Weg in Hannover behandelt. Ich wusste nicht einmal, dass es diese Lager gegeben hat und habe durch diesen Artikel sehr viel gelernt. Das war echt ein tolles Heft diesen Monat! Günther Schneider, Stadthagen

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Super Heft, klasse Beiträge! Gil Koebberling, Hannover AUF DER KIPPE

AUSGEGRENZT

BEGRENZT

ENTGRENZT

FÜR KLIMA

GEGEN KÄLTE

FÜR OBDACHLOSE

Aufwachsen im Obdach: Elend per Verordnung.

Überfälliges Urteil zu Hartz IV: Gericht deckelt Sanktionen.

Mittelschicht am Abgrund: der neue Film von Ken Loach.

Aktion statt Verzweiflung: Eltern für die Zukunft.

Wärme für Wohnungslose: auf Tour mit den Johannitern.

Anwalt der Sprachlosen: neues Projekt will Stimme sein.

Zu Asphalt 01/20 »Armut ohne Ende«

»Hartzer« Ich lese ASPHALT. Regelmäßig und gerne. Wegen der Inhalte, wegen der gut geschriebenen und interessanten Artikel. Weil es einfach eine gute Zeitung ist und mir als vergleichsweise in paradiesischen Zuständen lebendem Menschen (ich habe eine feste Arbeit) Einblick in das prekäre Leben gibt, das so viele Menschen betrifft, von dem ich aber sonst nur ganz wenig mitbekomme. Ich lerne Hannover aus einer ganz anderen Perspektive kennen und erfahre, wie schnell Menschen aus ihrer vermeintlich gesicherten Existenz, oft ohne eigenes Verschulden, in Arbeitslosigkeit, Armut und Abhängigkeit geraten. Und vor allem, wie schwer es ist, da wieder herauszukommen – weil der angeblich so erfolgreiche und alternativlose Kapitalismus diese Armut für Viele zwingend produziert und auch braucht, um an anderen Stellen unfassbaren Reichtum für Wenige zu generieren. Auch den Artikel von Christoph Butterwegge habe ich mit Interesse gelesen. Was mir bei der Berichterstattung über »Hartz IV« oft fehlt, ist der Hinweis, dass sich damals eine rotgrüne Bundesregierung allen Ernstes ihre Sozialgesetze federführend nicht von eigenem Personal schreiben ließ (das dafür bezahlt wird), sondern ausgerechnet von einem Manager aus der bekannt seriösen Automobilindustrie – mit freundlicher Unterstützung weiterer Großverdiener und der Bertelsmann-Stiftung. Dass dieser Herr Hartz kurze Zeit später wegen Untreue in Höhe von 2,6 Millionen Euro in einem erstaunlich kurzen Prozess zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe auf Bewährung und einer Geldstrafe von einer halben Million Euro verurteilt wurde, führte leider nicht dazu, dass »seine« Gesetze hinterfragt wurden. Vielmehr müssen sich seit nunmehr 15 Jahren hunderttausende Menschen als »Hartzer« bezeichnen lassen und werden damit zusätzlich gedemütigt. Ich persönlich zucke jedes Mal zusammen, wenn ich dieses Wort höre. Kai Sommer, Salzhemmendorf

kurz & knapp

Zu Asphalt 02/20 »Alles kippt« u.a.

Ende der Menschheit? Schön, dass Herr Dr. Köhler es in dem Interview den vielen immer noch am Klimaschutz zweifelnden Menschen so eindeutig erklärt: Es wäre der absolute Wahnsinn, wenn in Zukunft auch die Abermillionen Menschen aus den Schwellenländern es uns Europäern gleich täten und auch so häufig so weit Urlaubsflüge machen würden. Das muss man sich einfach nur ausrechnen. Bereits von 2014 bis 2018 hat die Anzahl der weltweiten Flüge pro Jahr von 37 auf 46 Millionen zugenommen. Machen wir so weiter, ist das irgendwann das Ende der Menschheit. Das muss doch nun wirklich in jedermanns Kopf reingehen: Wir müssen unser Leben jetzt und heute ändern, damit unser Leben nicht irgendwann unser Leben ganz anders ändert. Vielen Dank auch für den ungeheuer einfühlsamen und lebendigen Text zu den Eltern für die Zukunft. Asphalt hebt sich wirklich wohltuend von den üblichen Medien ab. Anja Rabenhorst, Hannover

Zu Asphalt 02/20 »Ein Ohr für Obdachlose«

Schnapsidee Geht es eigentlich noch naiver? Glauben Sie wirklich, dass Obdachlose, Trinker und Junkies auf wildfremde Menschen zukommen, die einen Button am Mantel tragen, auf dem ein Ohr abgebildet ist? Was ist denn das für eine Schnapsidee? Trinker trinken, weil sie trinken wollen, später vielleicht weil sie nicht mehr anders können. Bei Drogensüchtigen ist das genau dasselbe. Man wird nicht als Junkie geboren, man entscheidet sich dazu einer zu sein. Ein gutes Gespräch auf der Straße mit einem Ohr-Menschen wird diese gefallenen Individuen ganz bestimmt nicht wieder auf den Pfad der bürgerlichen Tugenden bringen. Dazu braucht es eher eine Mischung aus professioneller Sozialarbeit einerseits und klaren Ansagen andererseits. Viele Grüße mit Kopfschütteln. Caro Brünger, Hannover


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Die Zukunft sieht gut aus

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Die Ausführungen von Dr. Thomas Köhler haben mir nochmals deutlich gemacht, dass die gesellschaftlichen Folgen des Klimaschutzes verheerend sein werden. Armut und die Wiedereinführung einer Klassengesellschaft mit riesigen Unterschieden zwischen Arm und Reich werden dann kommen – so, wie wir es lange nicht mehr kannten. Davon werden die Obdachlosen besonders hart betroffen sein. Mal eben so locker etwas verteilen und mit Autos herumfahren wird es dann nicht mehr geben können. Von den Vertretern des Klimaalarms werden ausschließlich die schlimmsten Horrorvisionen verbreitet, die – fast immer – jeder wissenschaftlichen Grundlage entbehren. So ist bspw. der Eisbär nachweislich nicht bedroht oder auch nur als Art gefährdet. Es geht ihm so gut wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Die Anzahl ist stabil und der allgemeine Zustand gut. Vor Jahrzehnten gab es nur ca. sechstausend Eisbären weltweit. Jetzt sind es geschätzt ca. 25.000. Die Zukunft sieht gut aus. In dieser Tradition der klassischen, alle paar Jahre stattfindenden Weltuntergangsvorhersagen kann dieser Klimaalarm treffend eingeordnet werden. Klaus Öllerer, Hannover

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Zu Asphalt 03/20: »Das muss mal gesagt werden«

Kein Ghetto

Liebe Frau Powser! Ich kenne Sie seit den 70er Jahren und bewunderte Sie damals, weil oder obwohl Sie uns in der Psychia­ trie und Justiz herrliche Streiche gespielt haben, erfreue mich an Ihrem weiteren Lebenswegerfolg, jetzt lese ich gerne Ihre Kolumnen, allerdings muss ich erstmals leichten Widerspruch einlegen bez. der Kolumne in Heft 3/2020. Ich empfinde nämlich die Idee, ein Obdachlosenghetto mit 100 Personen anzulegen, nicht sehr genial, nicht wegen der dortigen Bewohner, sondern im Hinblick darauf, dass eine solche Konzentration mglw. komplizierter Menschen Nachteile mit sich bringen wird. Die Gebäude könnten gemischt belegt werden, z. B. auch mit StudentenInnen oder SeniorInnen, beiden Gruppen könnte »zugemutet« werden, miteinander gut auszukommen. Prof. Dr. Gunther Kruse, Hannover (25 Jahre Direktor der Psychiatrie in Langenhagen) GRENZGÄNGER

DROGENHILFE

STERBEBEGLEITUNG

KÄSSMANN

Backstage: Impressionen aus dem »Stellwerk« Hannover.

Hospizarbeit: Im Vertrauen Abschied nehmen.

Auslandseinsätze: Ex-Bischöfin fordert Augenhöhe für Afrika.

zu Asphalt 03/20 »Abschied im Hospiz«

Sehr bewegend Der Artikel über das Hospiz Luise, bei dem mein Schwiegervater mehrfach erwähnt wurde, hat meine gesamte Familie tief bewegt. Daher möchte ich mich auf diesem Wege bei dem gesamten Redaktionsteam bedanken, dass wir eine weitere schöne Erinnerung erleben durften, die seine positive Lebensart widerspiegelt. Joey-M. Burgdorf, Lehrte

Vielen Dank für Ihre Meinung! Die Redaktion behält sich vor, Briefe zur Veröffentlichung zu kürzen. Bitte vergessen Sie nicht, Ihre Absenderadresse anzugeben. Leserbriefe an: redaktion@asphalt-magazin.de oder postalisch: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover.

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Zu Asphalt 02/20: »Alles kippt«

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»EINFACH ANGST« Aus dem Leben: Im Gespräch mit Asphalt-Verkäuferin Andrea (62). Hallo Andrea, am 26. April war dein Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch! In deinem letzten Interview vor vier Jahren hast du von deinen gesundheitlichen Problemen erzählt. Wie geht es dir aktuell? Nicht so gut. Ich habe viele Angstzustände. Schizoaffektive Psychose nennen die Ärzte das. Und dann habe ich noch eine MS-Diagnose bekommen. Ich kriege auch immer wieder so einen Pfeifton im Ohr, so ein Surren ist das. Das kriege ich, wenn ich Situationen schlecht aushalten kann. Ich kann auch nicht so toll laufen, deshalb werde ich ambulant betreut. Einmal die Woche für zwei Stunden kommt ein netter junger Mann, mit dem ich dann einkaufen gehen kann oder zum Arzt.

Liebe. Das war mir aber nicht klar. Wir haben uns damals auch getrennt. Nach der Abtreibung war alles schwarz, das war, als wäre eine Entwicklung abgebrochen worden. Ich habe gespürt, ich bin Mutter. Ich habe mich auch auf das Kind gefreut, aber ich hatte einfach Angst, ein Kind großzuziehen.

Also hast du die Entscheidung aus Angst getroffen? Ja. Und ich habe damals gedacht, dass ich kein Kind in diese Welt setzen will. Ich dachte: Ich schaffe das nicht – das ist eine Lebensaufgabe. Mein Vater hat auch gesagt, bloß keine Kinder in diese Welt setzen. Und der Arzt hat gesagt, das ist nur ein Fötus. Ich habe das geglaubt. Und dann habe ich gemerkt: So ist es absolut nicht!

Hast du Familie? Ich habe einen Zwillingsbruder. Der lebt in Süddeutschland und ist sehr fit. Er ist ziemlich engagiert gesundheitlich, macht sich Smoothies und so. Und ich habe eine Schwester. Sie ist krank und lebt in der Psychiatrie. Meine Eltern sind schon über 90. Mein Vater lebt alleine, geht aber kaum noch raus. Meine Mutter ist mittlerweile im Altenheim.

Hast du die Entscheidung mit deinem Freund gemeinsam getroffen?

Hast du Kontakt zu deiner Familie?

Bereust du deine damalige Entscheidung?

Ja, aber nicht sehr viel. Kontakte strengen mich an, ich bin ein einsames Kerlchen. Ich war 16 Jahre jeden Sonntag in der Kirchengemeinde und habe keine Kontakte gefunden. Jetzt gehe ich nicht mehr hin, weil ich da Angstzustände bekommen habe – Visionen, in denen ich verfolgt werde. Aber ich glaube immer noch an Gott. Wenn ich meinen Glauben nicht hätte, hätte ich schon längst alles hingeschmissen, weil es so negativ ist. Ich gucke mir auch jeden Tag Joyce Meyer bei Bibel TV an. Sie predigt seit 40 Jahren. Was sie sagt, finde ich immer ganz gut. Ich kann das zwar nicht wiedergeben und nicht behalten, aber es beeinflusst mich positiv. Und ich lese auch gerne in der Bibel. Die Bibel ist doch sehr positiv, finde ich. Einen Kontakt habe ich aber doch aus der Gemeinde, meinen Freund, den habe ich da kennengelernt. Er war der Einzige aus der Gemeinde, der sich mit mir eingelassen hat.

Ja. Ich würde es echt nicht noch mal machen. Das hat was mit mir gemacht.

Freund im Sinne von Partner? Ja. Ich bin froh, dass ich ihn habe. Er hat sehr viel Charme. Wir sind seit 1999 zusammen. Wenn ich ihn nicht hätte, wäre ich wohl schon öfter in der Psychiatrie gelandet. Wir telefonieren täglich und treffen uns auch, aber wir leben nicht zusammen.

Wann fing das mit deinen psychischen Problemen an? Ich hatte eine Abtreibung mit 22, danach hatte ich sofort Depressionen. Vorher ging es mir auch nicht richtig toll, aber besser. Und danach ging es mir immer schlechter. Der Vater des Kindes war mein erster Freund, eigentlich war er meine große

Nee. Das habe ich entschieden.

War das der Trennungsgrund? Ja. Er wollte das Kind haben.

Hast du es schaffen können, deinen Frieden damit zu machen? Eine ganze Weile habe ich mich wie eine Mörderin gefühlt. Der Arzt hatte mich nicht gewarnt, dass so etwas gefühlsmäßig passieren kann. Später, in der Gemeinde, habe ich dann aber das Gefühl gehabt, ganz viel Vergebung von Gott zu erfahren.

Und wie ist es mit deiner Psyche? Du lebst schon viele Jahre mit deiner Erkrankung, hilft dir deine Erfahrung, besser damit leben zu können? Ich bekomme Psychopharmaka, die bekommen mir im Moment sehr gut, auch gegen dieses Rauschen und Pfeifen im Ohr, das ist manchmal nicht auszuhalten. Alle zwei Monate gehe ich zu meinem Psychiater. Und ich weiß mittlerweile ungefähr, wie das ist mit diesen Schüben. Wenn es schlimm ist, muss ich in die Psychiatrie. Es gab aber auch mal eine Phase, in der war ich acht Jahre nicht in der Psychiatrie. Jetzt ist es aber auch schon drei Jahre her, dass ich das letzte Mal auf Station war. Ich bin immer froh, wenn ich gut durch den Tag komme. Der Asphalt-Verkauf hilft mir auch dabei. Drei Samstage im Monat mache ich das, mehr schaffe ich nicht wegen meiner Angstzustände. Manchmal muss ich mich echt zwingen, raus und unter Leute zu gehen, aber das lohnt sich. Interview und Foto: Svea Müller


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Andrea verkauft Asphalt in Meyers Garten in Hannover-Misburg, zwischen »Göing« und »Rossmann«.


RUND UM ASPHALT

Seinen Stammkundinnen hatte er oft Rosen geschenkt. Wir trauern um unseren langjährigen Verkäufer

Er war die Stimme der Selbstvertretung Wohnungsloser. Wir trauern um unseren langjährigen Verkäufer

Gerhard Keppe

Hasso Dietrich

Uwe Kaiser

Er wurde 56 Jahre alt.

Er wurde 54 Jahre alt.

Er wurde 60 Jahre alt.

Das gesamte Asphalt-Team mit allen MitarbeiterInnen und VerkäuferInnen.

Das gesamte Asphalt-Team mit allen MitarbeiterInnen und VerkäuferInnen.

Das gesamte AsphaltTeam mit allen Mitarbeiter­Innen und VerkäuferInnen.

Er hatte für jeden ein nettes Wort, immer nordisch frisch. Wir trauern um unseren langjährigen Verkäufer

Machen Sie bei uns mit! Verkäuferausweise Bitte kaufen Sie Asphalt nur bei Verkäufer­Innen mit gültigem Ausweis! Zurzeit gültige Ausweisfarbe (Region Hannover): Hell-Orange

Die Runde der Ehrenamt­lichen trifft sich an jedem letzten Dienstag im Monat in den hannoverschen Asphalt-Redaktionsräumen. Da werden Veranstaltungen organisiert, Info-Stände geplant und Ideen gesammelt, um die Arbeit von Asphalt engagiert zu unterstützen. Besonders für unsere Asphalt-Verkäuferinnen und -Verkäufer ist es wichtig zu spüren, dass viele Menschen hinter ihnen stehen. Wir freuen uns, wenn Sie sich dieser lebendigen Runde anschließen möchten! Rufen Sie uns einfach vorher an: 0511 – 30 12 69-0. Das nächste Treffen ist am Dienstag, 26. Mai, um 17 Uhr.

Impressum Herausgeber: Matthias Brodowy, Dr. Margot Käßmann, Rainer Müller-Brandes Gründungsherausgeber: Walter Lampe Geschäftsführung: Georg Rinke Redaktion: Volker Macke (Leitung), Grit Biele, Ute Kahle, Ulrich Matthias, Svea Müller Gestaltung: Maren Tewes Kolumnistin: Karin Powser Freie Autoren in dieser Ausgabe: C. Bacher, J. Piquardt, B. Pütter Anzeigen: Heike Meyer Verwaltung: Janne Birnstiel (Assistentin der Geschäftsführung), Heike Meyer

Vertrieb & Soziale Arbeit: Thomas Eichler (Leitung), Romana Bienert, Ute Kahle, Kai Niemann Asphalt gemeinnützige Verlags- und Vertriebsgesellschaft mbH Hallerstraße 3 (Hofgebäude) 30161 Hannover Telefon 0511 – 30 12 69-0 Fax 0511 – 30 12 69-15 Vertrieb Göttingen: Telefon 0551 – 531 14 62 Spendenkonto: Evangelische Bank eG IBAN: DE 35 5206 0410 0000 6022 30 BIC: GENODEF1EK1 redaktion@asphalt-magazin.de

vertrieb@asphalt-magazin.de goettingen@asphalt-magazin.de herausgeber@asphalt-magazin.de Online: www.asphalt-magazin.de www.facebook.com/AsphaltMagazin/ www.instagram.com/asphaltmagazin/ Druck: v. Stern’sche Druckerei, Lüneburg Druckauflage: Ø 26.500 Asphalt erscheint monatlich. Redaktionsschluss dieser Ausgabe: 20. April 2020 Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte, Bilder und Bücher übernehmen wir keine Gewähr. Rücksendung nur, wenn Porto beigelegt wurde.

Adressen werden nur intern verwendet und nicht an Dritte weitergegeben. Unsere vollständige Datenschutzerklärung finden Sie auf www.asphalt-magazin.de/impressum. Alternativ liegt diese zur Ansicht oder Mitnahme in unserer Geschäftsstelle aus. Gesellschafter:

H.I.o.B. e.V. Hannoversche Initiative obdachloser Bürger


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Fitness 2.0 Aufwärmphase zum Start des neuen speziellen Gesundheitsprogramms für Verkäuferinnen und Verkäufer von Asphalt: Seit März trainieren Micha, Martina, Martin, Jörg, Inge-Lore und andere – unterstützt von Vertriebsleiter Thomas Eichler – wieder mit Trainer Timo Jähner in den Räumen des Turn Klubbs zu Hannover (TKH). Nach einer Einführung und Klärung individueller Gesundheitsprobleme geht es nun langfristig um den Erhalt der Bewegungsfähigkeit, um Muskelaufbau und um Gewichtsreduktion. Dabei hilft auch der zweite Baustein des Programms: Gesundes Essen zubereiten in der VHS-Kochlehrküche. Schirmherrinnen des Programmes sind Sportdezernentin der Stadt Hannover Konstanze Beckedorf sowie Dr. Andrea Hanke, Sozialdezernentin der Region. Ohne die Unterstützung der BKK VBU, der VHS Hannover, dem TKH, 96plus sowie denn‘s Biomarkt würde das Programm nicht funktionieren. Großen Dank! MAC

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»Asphalt sollte man weiter­geben« Michael Thürnau, Fernsehmoderator

Foto: V. Macke

»Ich lese als Moderator viele Zeitungen – und Asphalt gehört immer dazu. Ich finde hier Themen, die sonst nirgend­ wo stattfinden, sorgfältig recherchiert, gut aufbereitet. Ich kaufe jeden Monat wenigstens ein Exemplar, und manch­ mal ein zweites, dass ich an Freunde oder Kollegen weitergebe. Und beim Gespräch mit den Asphalt-Verkäufern habe ich schon oft Geschichten erfahren – viele von denen sind ganz besondere Persönlichkeiten.«

gesucht – gefunden Verkäufer Tom: Gesucht wird ein sozialorientierter Notar zwecks Testaments und Urheberrechtswahrung gemäß §§ 7 & 64 des UrhG mehrerer Bücher. [V-Nr. 192] Kontakt: 05141 – 482361. Verkäufer Jörg: Ich suche einen Schreibtisch. [V-Nr. 2117] Kontakt: 0176 – 52758568. Wir grüßen Verkäufer Fred (vor Edeka Ricklingen) und gratulieren ganz herzlich zum Geburtstag. Gesundheit, Glück, und Humor. Familie Knoll.

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regelmäßige seine Arbeit ohne … dass Asphalt e finanziert? chliche Zuschüss öffentliche und kir enerlösen sind aufs- und Anzeig Neben den Verk Förderer die rer Freunde und die Spenden unse ierung. nz zur Gesamtfina wichtigste Stütze ende: indung für Ihre Sp Unsere Bankverb Asphalt-Magazin 30 0410 0000 6022 IBAN: DE35 5206 EK1 BIC: GENODEF1 nk Evangelische Ba ck: Perspektiven Verwendungszwe

… mehr als eine gute Zeitung!

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Foto: G. Biele

RUND UM ASPHALT

Eisbär-Nachwuchs erobert Yukon Bay

Einmal im Monat treffen sich die zehn MitarbeiterInnen der interev GmbH in Langenhagen zu einer gemeinsamen Teamsitzung. »Auf einer der letzten Sitzungen haben wir dann über das Thema Ehrenamt gesprochen. Und dass auch wir was Gutes tun wollen«, erzählt Jürgen Recha, Geschäftsführer des Unternehmens. Die Idee für eine Spende für eine soziale Einrichtung war geboren. Eine Spendenbox wurde aufgestellt. Parallel zu dieser Idee hat der Geschäftsführer (2.v.l.) vom sozialen Stadtrundgang im Asphalt-Magazin gelesen. Nun war klar: Die Spende geht an Asphalt und wird mit einem sozialen Stadtrundgang verbunden. Alle Mitarbeiter werden angemeldet. Mit 500 Euro aus der Spendenbox im Gepäck ist das Team der interev GmbH jetzt zu ihrem sozialen Stadtrundgang und zur Spendenübergabe vorbeigekommen. Dafür sagt das gesamte Asphalt-Team Danke. GB

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Monat für Monat verbrachte die am 20. November 2019 geborene Eisbär-Tochter gut behütet von Mama Milana in der Wurfhöhle. Aus dem einst meerschweinchengroßen Nachwuchs ist inzwischen eine kleine, muntere, gut 20 Kilo schwere Bärin geworden, die mutig ihr Reich in der Kanadalandschaft Yukon Bay im Erlebnis-Zoo Hannover erobert. Bei ihren Ausflügen steckt Hannovers erster Eisbär-Nachwuchs neugierig die Nase in jede Ritze, schnüffelt an den Steinen und Pflanzen und wälzt sich im Mulchbad – wenn sie nicht gleich ins tiefe Wasser springt und kräftig mit den Pfoten paddelt. Stets unter den wachsamen Augen von Mutter Milana. Nach ein paar Runden im Wasser, diversen Jagdversuchen auf Schmetterlinge und einigen gebuddelten Löchern später, macht der Nachwuchs das, was kleine Kinder am besten können: Bei Mama trinken und dann – schlafen. Um die Tierart langfristig zu erhalten und für den Schutz des Lebensraumes zu sensibilisieren, beteiligt sich der Erlebnis-Zoo Hannover am Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für Eisbären. Mit Asphalt können Sie zwei Tagestickets für den Zoo Hannover gewinnen! Auch nach dem Shutdown gültig! Beantworten Sie uns einfach folgende Frage: Wieviel wiegt der Eisbär-Nachwuchs im Erlebnis-Zoo Hannover mittlerweile?

Foto: Erlebnis-Zoo Hannover, Hollemann

Asphalt verlost 10 x 2 Karten für den Zoo Hannover

Gutes tun für Asphalt

Schicken Sie uns eine Postkarte, eine E-Mail oder ein Fax mit Ihrer Antwort und dem Stichwort »Zoo« bis zum 31. Mai 2020 an: Asphalt-Redaktion, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover, gewinne@asphalt-magazin.de, Fax 0511 – 30126915. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Die Lösung unseres letzten Zoo-Rätsels lautet: 20. November 2019.


Foto: G. Biele

Foto: G. Biele

Gurte, Klettbänder, Reißverschlüsse, Schnallen, Klap-­ pen – aus knapp 20 Einzelteilen fertigen die zwölf Beschäftigten der Näherei-Gruppe der Hannoverschen Werkstätten Taschen für die Asphalt-VerkäuferInnen. Mehr als 30 Arbeitsschritte sind nötig, bevor am Ende eine Tasche fertig ist. Insgesamt 200 sollen es werden. Dafür arbeiten die Werkstattmitarbeiterinnen, alles Menschen mit psychischen, geistigen, seelischen und Körper- und Sinnesbehinderungen, in zwei Gruppen. Fünf von ihnen übernehmen vorbereitende Tätigkeiten. Sie zeichnen den Stoff mittels Schablone an, schneiden ihn zu, nehmen Maß und heften Kleinteile an. Die anderen sieben sitzen an den Nähmaschinen. Sie nähen die zuvor gehefteten Kleinteile an, sorgen unter anderem für gerade Zweifachnähte, die den Taschen zusätzliche Stabilität verleihen und sie reißfest machen und nähen letztendlich alle Einzelteile zu einer hochwertigen Tasche zusammen. Eine echte Herausforderung für die Näherinnen ist der feste, sehr robuste Oxford-Stoff, aus dem die Taschen gefertigt werden. Daher werden die Kleinteile auch nicht mit Stecknadeln, sondern mit großen Büroklammern geheftet. »Schön an den Asphalt-Taschen ist, dass ich durch die vielen Reißverschlüsse, die aufgenäht werden müssen, Werkstattmitarbeitende weiterqualifizieren kann. Denn wir haben hier ja auch einen Bildungsauftrag«, freut sich Yvette Köhn, Leiterin der Näherei-Gruppe. Insgesamt beschäftigen die Hannoverschen Werkstätten mehr als 1.000 Menschen mit Behinderung in über 15 Berufsfeldern an fünf Standorten in Hannover. GB

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Was würden Ihre Kolleginnen und Kollegen in drei Jahren über Ihren Masterabschluss in Systemischer Beratung sagen? Systemische Beratung (M. A.) Weiterbildender berufsbegleitender Masterstudiengang 6 Semester, 1.900 EUR pro Semester Der nächste Durchgang startet im Wintersemester 2020/21. Weitere Informationen: www.hs-nordhausen.de/syb

Inhalte: Systemische Prozessanalyse, Diversity Studies, Forschungsmethoden, Reflexion und Evaluation Schwerpunkte: Psychosoziale Beratung oder Institutions- und Organisationsberatung

In Kooperation mit:

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Gehandicapte nähen für Asphalt

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RUND UM ASPHALT

Spendable Bücherwürmer

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Er hat schon Tradition, der von Cornelia Jürgens organisierte Bücherbasar. Seit nunmehr 14 Jahren bestückt die Bibliothekarin am Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin (ITEM) gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen einmal im Jahr die Regale der hausinternen Bibliothek mit Kochbüchern, Krimis, Romanen, Kinderbüchern und vielem mehr. Alle gespendet von der Belegschaft des Instituts, die den Mitarbeitenden gegen eine individuelle Spende ab ein Euro angeboten werden. Mehrere 100 Bücher haben so den Besitzer gewechselt und insgesamt 730 Euro in die Spendenkasse gespült. Der Erlös des Basars ging auch in diesem Jahr wieder zugunsten von Asphalt. Dafür bedankt sich das gesamte Team bei allen Beteiligten herzlich und wünscht den lesebegeisterten Forschern samt Familien viel Spaß beim Schmökern. GB

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Foto: Cornelia Jürgens

Asphalt für die nächsten drei Monate frei Haus. Weil Corona-Zeit ist. Und deshalb für manche Menschen der Kauf eines Heftes auf der Straße schwierig oder unmöglich ist.

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Bestellen Sie für 12 Euro unser Solidaritäts-Abo im Postversand oder als pdf-Datei über vertrieb@asphaltmagazin.de oder per Telefon 0511 – 301269-20. Normalerweise finden Sie Asphalt nur auf der Straße. Weil es ein Augenhöheprojekt ist. Menschen der unterschiedlichsten gesellschaftlichen Gruppen sollen sich begegnen, voneinander erfahren. In Corona-Zeiten aber ist alles anders. Nicht jeder und jede VerkäuferIn kann schon wieder auf der Straße verkaufen. Für sie brauchen wir aber Einnahmen, um sie ersatzweise mit Einkaufsgutscheinen unterstützen zu können. Und auch so manche StammkundInnen können oder wollen vielleicht noch nicht so oft und gern aus dem Haus wie sonst. Daher bietet Asphalt in dieser Zeit die Möglichkeit zum Abo. Mai bis Juli oder Juni bis August. Auch als Geschenk geeignet. Machen Sie davon bestenfalls regen Gebrauch. Weitere Infos unter www.asphalt-magazin.de.


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Das Fahrgastfernsehen. · Goethestraße 13 A · 30169 Hannover · (0511) 366 99 99 · redaktion@fahrgastfernsehen.de


Foto: V. Macke

GITTER MIT GABEN Hilfe für Abgehängte versprechen so genannte Gaben- oder Spendenzäune. Sie haben im Moment Konjunktur. Und sind gut gemeint. Spendenzäune sprießen im Land. In Oldenburg, in Göttingen, in Braunschweig, Dissen, Düren und anderswo in Niedersachsen. Und in Hannover: erst in der Oststadt, bald in Limmer und in der Calenberger Neustadt. Landauf landab hängen Menschen dieser Tage Tüten mit Nahrung und Utensilien an Bauzäune, Absperrzäune, Gartentore. Tüten mit Dingen, von denen sie annehmen, dass Obdachlose oder sonst wie arme Bürger sie vielleicht gebrauchen könnten. Die InitiatorInnen sind ErzieherInnen, StudentInnen, Linke, Rechte, Marketing­ experten und Fotomodelle. Sie alle eint der Glaube zu wissen, dass das gut ist. Hilfsorganisationen und Stadt Hannover sehen den neuen Trend skeptisch.

Der erste Spenden- oder Gabenzaun Deutschlands entstand vor gut vier Jahren in Darmstadt. Am 2. Januar 2016 hatte eine Handvoll Freiwilliger einen Maschendrahtzaun zwischen die Träger einer Pergola gespannt, um ein paar Tüten anzuhängen. Das war der Beginn des »Sozialen Zauns« Darmstadt. Kurze Zeit später folgten ähnliche Beispiele in Hamburg, Frankfurt und Berlin. Unter dem zweifelhaft beschönigendem Begriff »StreetStores« landete die Idee mittlerweile in großen Städten weltweit. Richtig Fahrt aber nahm die Idee erst in den vergangenen Wochen auf. Seit Beginn der Corona-Zeit. Offenbar aus Sorge um die Ärmsten, die in den Straßen des Shutdowns ausharren müssen. Mal sind solche Zäune gut organisiert wie


Foto: G. Rinke

Der erste Zaun in der hannoverschen Oststadt ist von der Stadt bereits untersagt worden.

sie nicht mehr benötigten weggeworfen, da sie nicht wussten wohin damit? Oder sie hatten nicht die Zeit, diese zu entsprechenden Institutionen zu bringen?«, erläuterten Die Macher des Darmstädter Originals seinerzeit ihren Impuls. Der neue Zaun diene dazu, die »Dinge nun unkompliziert und schnell zu verschenken«. Er sei gedacht für »Bedürftige wie Obdachlose, Asylsuchende oder andere Menschen.« Bis heute klingen die häufig selbst gemalten Schilder an den Zäunen ähnlich. Rechtlich verbindlich ist das natürlich nicht. Jeder könnte sich dort bedienen, wenn er denn für sich Interessantes dort fände. Von Asphalt auf die Zäune angesprochen, unterstützt die Stadt Hannover die Idee der Spendenzäune explizit nicht. Im Gegenteil: Der Versuch der Initiatorinnen des ersten Zauns in der List, diesen nachträglich genehmigen zu lassen, scheiterte. Auch weitere Initiativen, »städtische Grundstückseinfriedungen für diesen Zweck« zu nutzen, »würden wir ablehnen«, so eine Stadtsprecherin. Und führt vor allem hygienische und organisatorische Gründe an. Man unterstütze »das Engagement und die Hilfsbereitschaft der BürgerInnen und privaten Initiativen« als »Zeichen großer Solidarität«. Sehe Spendenzäune aber kritisch: »Die Haltbarkeit von Lebensmitteln kann nicht sichergestellt werden und kann unter Umständen zu gesundheitlichen Schäden führen«, so eine Stadtsprecherin. »Auch hygienische Aspekte und die mögliche Abfallentsorgung vor Ort sprechen dagegen. Ferner können die Lebensmittel und deren Abfälle Ratten und Mäuse anziehen.« Sandra Lüke von der ehrenamtlichen Hilfsorganisation Bollerwagen-Café ergänzt noch einen weiteren Punkt: »Hasser könnten Gift in die Lebensmittel packen.« Volker Macke

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HANNOVER KANN DAS BESSER Echte Hilfe für andere, egal wie sie leben, geht nur über das Wissen, was sie brauchen. Es braucht also Nähe, Gespräche, Augenhöhe. Von Mensch zu Mensch. All das fehlt bei den so genannten Gabenzäunen. So nett die Idee auf den ersten Blick ist, Spendenzäune sind nichts anderes als hilflose Almosenwirtschaft. Wollen wir dahin zurück? Nicht nötig! Jedenfalls nicht in Hannover. In der Landeshauptstadt gibt es seit Jahren gut organisierte ehrenamtliche Hilfen für Obdachlose und Arme. Still und leise versorgen sie – auch in Corona-Zeiten – alle Obdachlosen der Stadt mit dem Nötigsten. Mit Essen, Getränken, warmer Kleidung und jeder Menge Wissen über Anschlussversorgung, Unterkünfte, medizinische Hilfen. Das machen sie fair, gleich und nach Bedarf. Dazu kommt ein ordentlich vernetztes professionelles Hilfesystem aus Straßensozialarbeit, Tagestreffs und Beratungsstellen. Das heißt nicht, dass alles gut ist in Hannover. Bei weitem nicht. Es fehlt an menschenwürdigem Wohnraum, an Sucht- und Schuldenhilfe auch für Gestrandete und an Teilhabe und Tätigseindürfen. In einem zweiten oder dritten Arbeitsmarkt. Woran es aber nicht fehlt: an Zäunen mit Almosen. Volker Macke

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Bücherschränke, mal bieten sie ein Bild von Verwüstung und Müllhalde. Stets geht es darum, Menschen, die von anderen als bedürftig wahrgenommen werden, durch milde Gaben zu erfreuen. Und Schenken und Entsorgung so einfach und bequem wie möglich zu machen: »Wie oft haben Sie Dinge, die

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JÜRGEN PIQUARDTS GENUSS DES EINFACHEN

»zukunftsfroh«

Foto: Andrey Elkin/iStock.com

»Nur wer losgeht, ist auf einem Weg.« »Vieles ist schwer, bevor es leicht wird.« Meine beiden Lieblingssprüche könnten uns helfen – beim so unglaublich komplizierten Ändern unserer Gewohnheiten, der Gewohnheiten von Seele, Körper, Geist. Beim Mutig- und Zukunftsfrohwerden oder beim Mutigund Zukunftsfrohbleiben. Die Welt wird untergehen! Bald untergehen! Das sagen einige von uns, immer und immer wieder, oder jede/jeder von uns manchmal in allergrößter Not. Aber das wird nicht geschehen, solange wir an die Kraft und Liebe unserer Kinder glauben. Und an die unserer Enkelinnen und Enkel. Und auch oder gar vor allem: Die älteren oder alten BesserwisserInnen mischen sich, geführt von der »geliebten göttlichen Energie« (Marshall Rosenberg, Gewaltfreie Kommunikation), energievoll unverzagt ein! Die Welt ist sicher schon nicht nachvollziehbar oft untergegangen. Denken wir nur an Großschnecke und Dinosaurier. Sicher ist auch, dass die von uns Menschen vorhergesagte Apokalypse – oft punktpräzise und dämonisch unwiderlegbar angekündigt – nicht stattgefunden hat. Nicht sicher, aber wahrscheinlich ist, dass »unser« Planet irgendwann einmal für die Gattung Mensch nicht mehr bewohnbar ist. Sicher wiederum scheint, dass wir selbst »mächtig genug« sind, »unabhängig« von der kosmischen Logik, unser Ende herbeiführen zu können. Sollten wir selbst die Vernichter unserer Lebensgrundlagen sein, wäre unser »Aussterben« nicht mehr als gerecht. Gott, oder die Götter, wäre/wären dann gefragt, Lebewesen zu zeugen, die immer wieder zurückfinden zur Liebe, die in glücklicher Genügsamkeit leben können, die nicht »beseelt« sind von Gedanken wie »nach uns die Sintflut«, »grande Finale«, »Hauptsache mir gehts gut« … Aber diese Götterhilfe wird nicht nötig sein, s. o. – und: Der Glaube versetzt die Berge.

olfgang Foto: W

Der bekannte hannoversche Gastronom lebt in der Provence, ist Autor, Olivenbauer und Kochanimator. Seine Gerichte: regional und saisonal. Jetzt kocht er für Asphalt. Ein Gericht zu jeder Jahreszeit.

Becker

REGIONALER FRÜHLINGSSALAT

Doch nun, endlich! Endlich kommen wir ausreichend (?) zukunftsfroh angeregt zu der im Januar versprochenen, fabelhaften Fabel vom Kolibri: Eines Tages, so die Legende, gab es einen riesigen Waldbrand. Alle Tiere waren entsetzt und sahen hilflos der Katastrophe zu. Nur der kleine Kolibri war damit beschäftigt, unermüdlich ein paar Tropfen Wasser mit seinem Schnabel auf das Feuer zu werfen. »Du bist nicht verrückt!?«, sagte das Gürteltier aufgebracht und verärgert. »Mit deinen Tropfen wirst du das Feuer nicht löschen können.« »Ich tue meinen Teil«, antwortete der Kolibri. WIR sind es, die »Kolibris« (Pierre Rabhi), die unsere Welt zu einer schöneren, heileren machen können. Wir, die in näherer Zukunft wunderbar vielen unverzagten, aktiven OptimistInnen – anfangs Millionen, später Milliarden – verändern die Welt, lassen das »SYSTEM« friedlich und voller Verständnis für seine letzten Gürteltiere, Kaninchen, Papageien, Haie, Hyänen hilf- und machtlos werden. Diese so sehr lange vom Vergleich, von oben und unten, vom Haben geplagten Mit(!)menschen werden zu liebevollen WeltverbesserInnen. Denn, s.o., die Liebe versetzt die Berge. Fahrrad statt Auto. Gespräche statt Fernsehen. Verstehen statt Verdrängen. Zukunft statt Untergang. Und, da diese Kolumne »Genuss des Einfachen« heißt, natürliche Lebensmittel statt brachialer Industriemast. Erkennbares statt unkenntlich Gemachtes. Fair, regional, saisonal, bio. Das sollten unsere Leitworte sein. Heiteres Einkaufen auf dem Bauernmarkt statt raffinierter Manipulation durch Profitgiganten. Machen wir uns auf den Weg! Jede auf ihren, jeder auf seinen, wir alle auf unseren gemeinsamen! Ein Internet-Wegweiser: Bauernmarkt Niedersachsen | Bauernmarkt Hannover | bio-bauernmarkt-niedersachsen | Hofladen-Bauernladen.info. Viel Spaß beim Zubereiten von Salat und Vinaigrette! Und: »natürlich«-guten Hunger!


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Für vier Haupt­gericht-Salate

Zutaten Salat, Anteile nach Vorlieben: Grüne Salate (R) Bärlauch (R) Radieschen (R) Kartoffeln (R) Spargel (R) Weißkohl (R) Rote Bete (R) Chicorée (R) Löwenzahn (R) Gänseblümchenblüten (R) Sprossen (R) – weitere Zutaten möglich –

Zutaten Vinaigrette (Soße): Olivenöl (E) Rapsöl (D) Leinsamenöl (D) Sonnenblumenöl (D)

Kürbiskernöl (D) – insgesamt: 150 ml, Zusammensetzung nach individueller Zuneigung – 1 EL Senf (E) – da geht leider nur der aus Dijon und kein deutscher Würstchensenf – 1 EL Sojasoße (D) 2 EL Zitronensaft (E) – alternativ: 3 EL Essig Ihrer Wahl – Salz (E) Pfeffer (A) Wasser (R)

Zutaten fakultativ: Ei, gekocht (R) Aprikosen, getrocknet (E) Feigen, getrocknet (E) Anchovis (E)

R = Region | D = Deutschland | E = Europa | A = Andere Erdteile

Prozedere Salat: Zutaten nach Vorlieben zusammenstellen, waschen, rupfen und schneiden | Spargel roh und in dünne Spälten | Kartoffeln und Rote Bete gegart und kalt.

vorsichtig Wasser einrühren | Falls das Prozedere misslingen sollte, noch einmal starten, aber nun Senf und »Säure« verrühren und die vorhandene Vinaigrette einarbeiten.

Prozedere Salatsoße:

Tipps:

In einem geeigneten Gefäß – möglichst hoch – Senf, Zitronensaft, Sojasoße (oder Essig und Senf) mit Schneebesen oder Stabmixer gut verrühren | S & P | bei weiterhin aktivem Verrühren tropfenweise und in dünnem Strahl Öl ein­arbeiten | Sollte die Vinaigrette zu dick werden, ganz

I: Damit der Salat überall von der Vinai­ grette berührt wird, gegebenenfalls die Soße mit Wasser weiter »verlängern«, das reduziert auch die nicht unerheblichen Kalorien der Vinaigrette | II: Unterstützen Sie die Burgdorfer und Nienburger Spargelbauern, kultivieren wir die Vorfreude.

Wichtiger Hinweis: Tierische Lebensmittel sind beim Complementismus, der Ernährungs»philosophie« des Kolumnisten, nicht ausgegrenzt, sondern eingeschränkt. Wild oder bio ist die »Freisprechung« für Tierisches. Aber, aber: Mit Hartz IV ist das nicht finanzierbar. Das ist bedrückend, bedenkenlos oder gar skandalös. Dazu muss uns (!) etwas einfallen.

Menüvorschlag: Frühlingssalat | Rhabarbergrütze und Mandelsahne.

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Foto: S. Müller

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BUCHTIPPS Auftauchen »Der Tim ist tot.« Ein Anruf aus dem Urlaub. Paulas zehnjähriger Bruder ist im Meer ertrunken. Ausgerechnet. Tim, der das Meer über alles liebte, noch die Namen der entlegensten Tiefseefische kannte. Paula rutscht aus der Trauer in eine Depression, tief wie der titelgebende Marianengraben. Als sie sich auf Anregung ihres Therapeuten traut, Tims Grab zu besuchen, nachts, um jeden unnötigen Kontakt zu vermeiden, trifft sie auf Helmut, 83, der hier heimlich die Urne seiner Ex-Frau ausbuddelt, um die Asche in Südtirol zu verstreuen. Das skurrile Paar begibt sich auf einen Roadtrip, um auf die eine und die andere Art abzuschließen. Die Frankfurter Autorin Jasmin Schreiber arbeitet ehrenamtlich als Sterbebegleiterin und Sternenkinderfotografin. Ihren ersten Roman hat sie ihrem Bruder gewidmet. Es ist ein auf seltsame Art gleichzeitig trauriges und leichtes, ernsthaftes und versponnenes Buch. Meerestiefen bilden seine Kapitelüberschriften, beginnend unten im Marianengraben. Das letzte Kapitel heißt »0«, Paula ist aufgetaucht. BP Jasmin Schreiber | Marianengraben | Eichborn | 254 S. | 20 Euro

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Verstehen Wenn eine Buchveröffentlichung kaum mit den Tagesnachrichten Schritt halten kann, zeigt sich die Relevanz und Dringlichkeit ihres Themas. 78 Menschen wurden durch rechte Terroristen getötet, seit Karolin Schwarz die Arbeit an »Hasskrieger« aufgenommen hatte, wenige Tage nach dem Erscheinen tötete der Attentäter von Hanau zehn Menschen. Die Netz- und Rechtsradikalismus-Expertin zeigt, wie Radikalisierung im Netz in Terrorakte mündet und wie ein Tätertypus entstanden ist, der das Internet als Werkzeug nutzt und die Taten für eine weltweite Öffentlichkeit inszeniert. Den Massenmord im neuseeländischen Christchurch mit 51 Toten streamte der Täter bei Facebook, der Attentäter von Halle streamte über die Gaming-Plattform Twitch. Der Hanauer Terrorist betrieb eine rassistische Website und veröffentlichte ein dann umgehend vielfach gespiegeltes Video. Karolin Schwarz gewährt in »Hasskrieger« Einblicke in ein »globales, rechtsradikales Ökosystem«. Sie benennt Akteure, »Spielanleitungen« und Techniken der rechten Mobilisierung im Netz – und nimmt im Schlusskapitel »Was tun?« Politik und Justiz, Internetkonzerne, Medien und die Zivilgesellschaft in die Pflicht. BP Karolin Schwarz | Hasskrieger. Der neue globale Rechtsextremismus | Herder | 224 S. | 22 Euro

Wohnglück + 13.8OO Wohnungen + Durchschnittskaltmiete von 5,76 pro m2 + über 7O% geförderter Wohnraum + nachhaltige Entwicklung der Stadt + ein Herz für unsere Mieterinnen & Mieter

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Von morgen Wer Sibylle Bergs GRM, das wichtigste Buch des vergangenen Jahres, gelesen hat, lebt in einer Art Dauer-Déjà-vu. Der Roman hat eigentlich alles schon erzählt. Den Kollaps der Globalisierung, Daten-Tracking als Gemeinwohlerzählung (heute von Corona-Spreadern), das abrupte Ende der Arbeit und das Grundeinkommen als Sedativum. Nun strahlt in keinem der Bücher von Sibylle Berg die warme Morgensonne, aber wie falsch es ist, bei der vielfach ausgezeichneten Bühnen- und Buchautorin einfach ein Faible für den Weltuntergang zu vermuten, zeigt eindrücklich der soeben erschienene Interviewband »Nerds retten die Welt«. Für das Schweizer Magazin Republik führte sie Interviews mit Expertinnen aus Politologie und Pathologie, aus Neurowissenschaften und Meeresökologie, aus Geschlechterforschung und Robotik. Und diese Interviews vibrieren geradezu vor Begeisterung für Welterkenntnis, sind mitreißend und überraschend und eine Einladung, denn: »Unfertige Zustände reizen zum Denken«. Weil Frau Berg Texte durchkomponiert, lautet das letzte »Optimismus«, und weil sie im Heute lebt, finden sich neben den Texten QR-Codes, die einem Fußnoten und Links aufs Handy schicken. BP Sibylle Berg | Nerds retten die Welt. | Kiepenheuer & Witsch | 336 S. | 22 Euro

Von Solidarität unter Mietern Mit den drastischen Versuchen zur Eindämmung des neuen Coronavirus erwächst unmittelbar eine Einkommenskrise, mit den Folgen für die Gesamtökonomie drohen massive Jobverluste. Die Bundesregierung reagiert früh mit Regelungen zur Stundung von Mietschulden, doch dass Konflikte auf dem Wohnungsmarkt in neuer Form aufbrechen werden, scheint abzusehen. Der Journalist Peter Nowak und der Filmemacher, Fotograf und Soziologe Matthias Coers haben in ihrem kurz vor Corona – und auf dem Höhepunkt der Wohnungskrise – veröffentlichten Band »Umkämpftes Wohnen«, eine Würdigung und gleichzeitig so etwas wie eine »best-practice«-Sammlung zur MieterInnen-Selbstorganisation in den Städten zusammengestellt. Interviews, Manifeste und Selbstbeschreibungen von Stadtteilinitiativen und Nachbarschaftsgruppen werfen Schlaglichter auf die MieterInnenkämpfe in Berlin, Leipzig, Frankfurt, aber auch in Barcelona, Poznań oder Athen. Die Autoren sehen ihren Sammelband als »ermunternden Beitrag zur neuen Solidarität in den Städten«. BP Peter Nowak, Matthias Coers | Umkämpftes Wohnen. Neue Solidarität in den Städten | Edition Assemblage | 144 Seiten | 10 Euro

Von unten – echt! Um mal anders anzufangen: Schönes Thema, die NZZ hätte aber lieber einen Roman gelesen, das sei keiner. Die SZ hätte wie die »taz« gern einen klug reflektierenden Ich-Erzähler angetroffen, aber seine Klasse lasse man ja nicht einfach hinter sich. »Also gerne mehr Unterklassenliteratur. Aber bei der literarischen Durchdringung des Stoffs ist noch Luft nach oben«, motiviert die ZEIT. Wenn das deutsche Feuilleton klingt wie der Studienrat vor dem aufs Gymnasium verirrten Jungen mit den Büchern in der Aldi-Tüte, wird es interessant. Christian Baron, Journalist, aufgewachsen in Kaiserslautern, hat die Geschichte seiner Kindheit aufgeschrieben. Eine je nach Sprachgebrauch des Bewertenden arme, »asoziale« oder bildungsferne Kindheit. Sohn eines prügelnden und saufenden Möbelpackers und einer depressiven und früh versterbenden Mutter, Unterschicht. Aufgeschrieben hat Baron sie nicht als ein Didier Eribon, als reflektierender Intellektueller, der die politische Geschichte seines Landes anhand seiner Biografie entwickelt, sondern unmittelbar, ungeschützt, fast zärtlich und allein mit der Sprachlosigkeit seines ehemaligen Milieus als Material. Empfehlenswert. BP Christian Baron | Ein Mann seiner Klasse | Claassen | 288 Seiten | 20 Euro

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BUCHTIPPS Ein Freibadsommer

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»Ich ließ mich fallen. Durch die eiskalte Luft. Kurz darauf klatschte ich aufs Wasser. Das tat weh. An den Füßen und am Bauch. Aber immerhin war ich gesprungen. Die Omas freuten sich. Katinka und Robbie brachten mir meinen Bademantel, so als wäre ich ein Boxer.« Die Bukowskis sind fünf, leben im Wohnblock hinter den Gleisen, auf drei Zimmern. Sommerferien sind lang, Urlaub heißt Schwimmbad, allenfalls, täglicher Eintritt ist teuer. Gottlob haben die Bukowski-Geschwister Alf, der sich unbedingt vom Zehner trauen will, die rotzige Katinka, die sich kaum vom Französischlehrbuch trennen kann, und der introvertierte Robbie ein Kleinkind vor dem Ertrinken gerettet. Da sind sie Helden. Noch toller als der neue Status aber ist die Dauerfreikarte für das Freibad im Sommer. Der Bremer Will Gmehling, der mit »Yeti in Berlin« vor fast 20 Jahren erstmals als Kinderbuchautor auf sich aufmerksam machte, schreibt leise, gefühlvoll-lakonisch, wie ein Maler. Arm sein ist bei ihm weder nett, süßlich noch revolutionär, es ist einfach so. Die Drei erleben trotzdem Abenteuer. Feine, kleine, auf heißen Steinen. MAC Will Gmehling | Freibad | Peter Hammer Verlag | 160 Seiten | 14 Euro | ab 10 Jahren

Ein Ausrufezeichen »In der Schule lehren sie uns die Regeln von Punkt und Komma. Aber wer erklärt uns, wie man ein Zeichen setzt?«, fragt Jochen Mariss in seinem Gedicht »Zeichensetzung«. Vielleicht »ein mutiges, weithin sichtbares Ausrufezeichen, dort wo tosendes Schweigen ein Unrecht übertönen soll«. Der Sammelband »Wer tanzt schon gern allein« in dem Herausgeberin Karin Gruß neben Mariss weitere 31 namhafte AutorInnen und IllustratorInnen zusammenkommen lässt, ist so ein Ausrufezeichen. Es sind Geschichten und Gedichte zur Demokratie, die zu erodieren droht. Ein Buch das weiß, dass Grundrechte etwas sind, was immerwährend und aktuell, mehr denn je, zu verteidigen und – zu verstehen sind. Liebevoll gestaltet, schön und vielfältig erzählt, ist der Band ein Bildungsund Bilderbuch in einem. Das funktioniert als Lese- und als Vorlesebuch. Kann gut sein, dass das nicht ohne zu diskutieren ablaufen wird. Denn da steckt Wahrheit drin, und »Wahrheit«, das weiß Katze Kicki in der Erzählung von Christa Kožik, »riecht bitter-süß«. So wie dieses Buch. MAC Karin Gruß (Hg.) | Wer tanzt schon gern allein? | P. Hammer Verlag | 120 S. | 22 Euro | ab 7 Jahren

Was brauchst Du? »Es ist lange her«, beginnt der Erzähler, da habe er als Kind sechs Wochen ins Krankenhaus gemusst. Weil er nichts Wichtiges vergessen wollte, packte er drei Koffer, zwei öffnete er erst gar nicht. Seitdem habe er »ab und zu darüber nachgedacht, was man wirklich braucht«, verrät er: »Es ist mehr, als man denkt, und weniger, als man glaubt.« Der da eine Kindheitserinnerung zu Ende denkt, ist Christoph Hein, Philosoph, in der DDR Volksbühne-Dramaturg, erster gesamtdeutscher PEN-Präsident, beinahe jährlich ausgezeichneter Romancier. Mit 75 hat er mal wieder ein Kinderbuch geschrieben. Es ist wunderbar. Auf die Einleitung folgen kurze Kapitel zu den »20 wichtigsten Dingen im Leben« – etwa: ein Freund, Mama, ein Bett, Hoppelpoppel, eine Katze, eine Tante Magdalena, Geschichten, etwas Weiches, ein Fahrrad, Verliebtsein. Und das ist erst die Hälfte. Geschrieben ist das mit einer so freundlichen Klugheit und einem leisen Humor, dass man am Ende gleich von vorn beginnen möchte. »Alles, was du brauchst« ist auch dank der Bilder Rotraut Susanne Berners bereits druckfrisch ein Klassiker. BP Christoph Hein | Alles, was du brauchst | Carl Hanser | 64 S. | 15 Euro | ab 5 Jahren


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Was gehört wem? Annie hat schlechte Laune. Ihre Mutter ist mit ihr in die dümmste Stadt der Welt gezogen, die darüberhinaus noch total hässlich ist, ihre neuen Mitschüler sind alle behämmert und das Wetter ist furchtbar. Auf ihren Streifzügen trifft sie Kurt, der sich ein beheiztes Suppenfahrrad gebaut hat und vor dem Supermarkt Suppe verteilt; wer nicht viel Geld hat, muss nichts zahlen. Annie mag Kurt. Er sei immer dort, wenn Suppenwetter sei, sagt er. »Wenn Suppenwetter ist, spürt man das am ganzen Körper.« Doch als Annie mit Nikita, dem etwas seltsamen Wetterfrosch aus ihrer Klasse, vor dem Supermarkt auf Kurt wartet, kommt der nicht. Als sie ihn schließlich aufspürt, erfährt sie, dass sein Rad gestohlen wurde, was Containern und was ein gepflegter Kräutergarten ist, und dass Kurt ein ganz anderes Leben führt als die Erwachsenen, die sie kennt. Nämlich eins in einem alten Kran am Hafen, mit Kohleofen und Solarzellen. Der Debütroman von Lucie Kolb ist eine zupackend und ohne nervig erhobenen Zeigefinger erzählte Geschichte über Außenseiter, über Armut und Wegwerfgesellschaft. BP Lucie Kolb | Suppenwetter | Südpol | 152 S. | 13,90 Euro | ab 9 Jahren

Ganz. Schön. Traurig. Lea hat es als Letzte erfahren. Weil sie die Sendung nicht gucken durfte, in der Mama aufgetreten ist. So muss sie von ihrer besten Freundin Noa hören, dass Mama sterben wird. Weil der Krebs wieder da ist, schlimmer als je zuvor. Lea macht das wütend. Dass alle es schon wissen. Und dass alle jetzt Mitleid haben. Und dass alles so ungerecht ist: »Mamas dürfen sich nicht verändern. Mamas müssen immer gleich bleiben.« Leas Herz schreit und so werden aus Lea und Noa Nichtfreundinnen und Lea kriegt »Prügelkrebs«. Nicht nur der nette Konrad bekommt das schmerzhaft zu spüren. Als das Patientenbett bei Leas Zuhause einzieht, merkt Lea, was alles nur Mama kann. Und langsam dämmert es, dass Mama ihre Aufgabe mit dem Gesundwerden nicht mehr schaffen wird. Und so packen Lea, ihr großer Bruder Lucas, Papa und Leas kluge, starke und traurige Mama so viel Liebe wie möglich in die letzten Wochen. Moni Nilsson traut sich mit »So viel Liebe« was, beschreibt konsequent aus der Sicht des Mädchens Lea, wie es sich anfühlt, wenn der Krebs die Familie überfällt. In vielen – auch munteren – ehrlichen episodenhaften Kapiteln berührt sie die Druckpunkte, wenn alles relativ wird. Das erzeugt viel Nähe und macht Weinen. Gemeinsam Lesen tut gut. MAC Moni Nilsson | So viel Liebe | Carlsen Verlag | 126 Seiten | 12 Euro | ab 10 Jahren

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SILBENRÄTSEL Aus den nachfolgenden Silben sind 18 Wörter zu bilden, deren erste und vierte Buchstaben (Achtung: ch = 1 Buchstabe) – jeweils von oben nach unten gelesen – ein Sprichwort ergeben: amt – au – au – bi – bisch – chi – deutsch – den – di – eh – ei – ein – eis – er – er – fall – fi – ford – ga – gat – ge – geln – gen – gung – ha – her – hoe – ivan – kiel – kün – kun – land – li – luft – ne – neun – nord – nung – on – re – re – ren – ren – ro – röh – schei – scher – se – se – ser – stern – sur – ta – ti – was

1. Schaumstrom hinter einem fahrenden Schiff 2. Körperteil zwischen Lunge und Kehlkopf 3 freiwillige Tätigkeit ohne Bezahlung 4. Figur aus Roman von Walter Scott 5. dazu gehören u.a. Schleswig-Holstein und Hamburg 6. Heilmittel gegen Husten 7. kochen 8. Idee

Unter den Einsendern der richtigen Lösung verlosen wir dreimal den Roman »Jeder hier nennt mich Frau Bauhaus« von Jana Revedin. Erzählt wird die Lebensgeschichte der Ise Frank, deren Name heute vergessen ist. Doch sie war weit mehr als die zweite Ehefrau von Walter Gropius und Sekretärin der berühmten Designschule. Als Journalistin und Autorin bestimmte sie den emanzipatorischen Kurs des Bauhauses entscheidend mit. Ebenfalls dreimal können Sie das Buch »Die Erfindung des Nordens – Kulturgeschichte einer Himmelsrichtung« gewinnen. Der Norden: Mythos und Sehnsuchtsort. Bernd Brunner unternimmt einen faszinierenden Streifzug durch Kultur- und Wissenschaftsgeschichte. Was er dabei zusammenträgt, reicht von den Wikingern bis zu IKEA und von Eiszeitrelikten bis zu schmelzenden Gletschern. Das Jugendbuch »Sturm« von Christoph Scheuring gibt es insgesamt dreimal zu gewinnen. Eigentlich haben Nora und Johan nichts gemein. Sie ist eine militante Klima- und Tierschützerin. Er ist ein junger, wortkarger Fischer. Als ein Gericht Nora zu Sozialstunden auf seinem Schiff verurteilt, beginnen stürmische Zeiten. Zuerst nur zwischen den beiden. Dann aber gerät das Schiff in den schlimmsten Hurrikan seit Menschengedenken ...

9. Ersatzteil 10. Einwohner einer ost-asiatischen Republik 11. nachforschen 12. fischähnliches Wirbeltier 13. Arbeits- oder Mietverhältnis beenden 14. Wintersport an der Küste 15. Auftauchen eines Phantoms

Die Lösung des März-Rätsels lautet: Deine Absicht erst gibt deinem Werke seinen Namen.

16. Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit

Das Silbenrätsel schrieb für Sie Ursula Gensch. Die Lösung (ggf. mit Angabe Ihres Wunschgewinnes) bitte an: Asphalt-Magazin, Hallerstraße 3 (Hofgebäude), 30161 Hannover; Fax: 0511 – 30 12 69-15. E-Mail: gewinne@asphalt-magazin.de. Einsendeschluss: 31. Mai 2020. Bitte vergessen Sie Ihre Absenderadresse nicht! Viel Glück!

17. Kreisstadt an der Werre 18. Strandvogel


Foto: Tomas Rodriguez

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Als Kind und Jugendlicher hatte ich ein Hobby. Ich war Philatelist! Oder auf Deutsch: Ich habe Briefmarken gesammelt. Marken der Deutschen Post, jeweils einmal postfrisch und gestempelt. Meine kostbarsten Schätze waren allerdings Briefmarken, die ich in der Schweiz oder Österreich erworben hatte und die mich immer an die Urlaube erinnerten. Und noch kostbarer waren die ganz besonderen Marken, die mir mein Vater einmal aus Rom mitgebracht hatte: Von der Vatikanpost. Es waren eigentlich ja nur kleine Papierschnipsel, mir bedeuteten sie unglaublich viel. Heute könntest Du damit keinen Hund mehr hinterm Ofen hervorlocken. Von wegen »Darf ich Dir mal meine Briefmarkensammlung zeigen?« Eines habe ich mir bewahrt. Wenn ich heute einen Brief verschicke, was zunehmend seltener vorkommt, klebe ich immer eine Sondermarke drauf. Das schmückt den Brief und der Empfänger freut sich. Jetzt ist gerade eine neue Marke erschienen. Quasi das Postwertzeichen für meine Generation. Darauf abgebildet: Die Stars der Sesamstraße! Manchmal macht es Spaß, sich in die 70er Jahre zurück zu träumen. Als das Fernsehen in erster Linie ein Testbild zeigte und selbst damit noch mehr Qualität bewies als heute manch anderes Format. Kürzlich warb der Privatsender, der den unseligen Big-Brother-(Verzeihen-Sie-)Scheiß zeigt, mit einer großangelegten Plakatkampagne: »Du bestimmst, was ein Mensch wert ist!« Ich habe mir das Plakat genauer angeschaut, weil ich nach einer Auflösung suchte; weil ich hoffte, die meinten das nicht ernst; weil ich mir die Niedertracht eines solchen Satzes schlicht nicht vorstellen konnte. Aber sie meinten es ernst! Das Voyeurs-TV jagt von einem Tiefpunkt zum nächsten. Da ist es unvorstellbar, dass Anfang der 70er Jahre die Sesamstraße von einigen als skandalös und kinderschädlich betrachtet wurde. Der Bayerische Rundfunk klinkte sich deswegen sogar aus. Dabei war Jim Hensons Puppenwelt so herrlich anarchisch und sympathisch verrückt. Man denke nur an Oskar, das grantelige, grüne Monster, das in einer Mülltonne lebte. Wie viele meiner Generation könnten jetzt sofort dessen Lied »Ich mag Müll« mitsingen. Klar, so anarchisch wollte man seine Kinder nicht erzogen sehen. Pippi Langstrumpf hatte schon zuvor zu kindlichem Ungehorsam aufgerufen. Aber sowohl Astrid Lindgrens wunderbare Schöpfung als auch die Sesamstraßenfiguren hatten in ihrer Anarchie stets etwas zutiefst Fröhliches, verschmitzt Lächelndes und nicht zuletzt uneingeschränkt Humanistisches an sich. Denn bei allem ging es immer darum, sich und den anderen so zu akzeptieren, wie er oder sie ist. Anders als in der eklig-schmierigen Sat1-Werbung wollte die Sesamstraße Kindern vermitteln: Jeder Mensch ist unendlich viel wert! Ich finde, das ist ein guter Grund, diese Briefmarke zahlreich zu versenden. Matthias Brodowy/Kabarettist und Asphalt-Mitherausgeber

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